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Mitten in den Weihnachtsurlaub von FBI-Agentin Sadie platzt die Bitte eines Kollegen: In seiner Obhut befindet sich die vierzehnjährige Liberty, die aus einer polygamen Mormonensekte geflohen ist. Das FBI erhofft sich, das Mädchen als Belastungszeugin gegen die Sekte einsetzen und aufgrund ihrer Aussagen ermitteln zu können, doch Liberty hat Angst und weigert sich, mit ihnen zu sprechen. Behutsam nähert Sadie sich dem verschreckten Mädchen, das bislang keinerlei Kontakt zur Außenwelt hatte und sich allmählich zurechtfinden muss. Nach und nach erfährt Sadie von schrecklichen Praktiken, die sie sich kaum vorzustellen wagte. Darüber verliert sie fast aus den Augen, welche Probleme ihren Mann Matt quälen …
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Veröffentlichungsjahr: 2017
Dania Dicken
Die Seele des Bösen
Flucht in die Freiheit
Sadie Scott 12
Psychothriller
Es gibt keinen Menschen, der nicht die Freiheit liebte;
aber der Gerechte fordert sie für alle,
der Ungerechte nur für sich allein.
Ludwig Börne
Beim Verlassen der Küche wäre Sadie beinahe mit Joanna zusammengeprallt, die sich beeilte, über die Treppe nach oben zu kommen. Die beiden grinsten einander an, bevor Joanna sich abwandte und nach oben lief. Michelle weinte herzzerreißend laut, das war trotz Weihnachtsmusik und dem allgemeinen Stimmengewirr im Wohnzimmer noch gut zu hören.
Sadie ging am Esstisch vorbei zum Sofa und setzte sich neben Matt, der es sich mit einer Dose Bier bei Gary gemütlich gemacht hatte. Unter dem Weihnachtsbaum fuhr Ben Wettrennen mit seinen neuen Spielzeugautos.
Tessa, die gerade von der Toilette zurückkehrte, durchquerte das Wohnzimmer und ließ sich schwungvoll neben Sadie auf das Sofa fallen. Sie stöhnte theatralisch und strich sich über den Bauch.
„Schon wieder überfressen“, stellte sie nüchtern fest.
„Trotzdem bist du dürr“, sagte Gary, nachdem er sie mit einem Seitenblick bedacht hatte.
„Wir waren eben nie füreinander bestimmt.“ Tessa grinste ihn breit an, woraufhin Gary lauthals lachte. Matt verzog kurz die Lippen zu einem Lächeln und nahm dann noch einen Schluck Bier. Nachdem er die Dose wieder weggestellt hatte, verlor sein Blick sich im Nichts.
Bens Rennauto kollidierte mit Sadies Turnschuh. Betroffen blickte er zu ihr auf und sie nutzte die günstige Gelegenheit, sich ihren Neffen zu schnappen.
„Komm her, du“, sagte sie und hob ihn auf ihren Schoß. Mit seinem schönsten und breitesten Milchzahnlächeln grinste Ben seine Patentante an, die seine Nase mit ihrer anstupste und dann begann, ihn ohne Ankündigung durchzukitzeln. Lautes Kreischen übertönte alle anderen Geräusche im Wohnzimmer.
„Wer wird hier geschlachtet?“, fragte Norman, während er aus der Küche kam und sich den anderen gegenüber in seinen Sessel setzte. Inzwischen war seine Haarpracht wieder deutlich dichter, er wirkte gesünder. Wenn alles so blieb, hatte er den Krebs besiegt.
„Schlachten ist eine gute Idee“, sagte Sadie, drehte Ben auf den Bauch und winkelte sein linkes Bein an. Der Kleine begann zu johlen und zu quieken, als sie vorgab, seine Wade anknabbern zu wollen. In diesem Moment erschienen Sandra und Joanna wieder im Wohnzimmer, die beide nach ihren Kindern geschaut hatten. Michelle und Nicolas schliefen oben – zumindest war das der Plan.
Sandra setzte sich lächelnd neben Gary auf das kleinere Sofa und beobachtete, wie Sadie Ben bis zur Atemlosigkeit lachen und schreien ließ. Schließlich ließ sie Gnade walten und strich ihm über den Kopf. Joanna gesellte sich zu Sandra und lächelte Sadie zu.
„Schläft die Kleine wieder?“, fragte Norman.
„So gut wie“, erwiderte Joanna. „Ist wahrscheinlich die fremde Umgebung.“
„Das ist Nicolas ja völlig egal, der schläft überall wie ein Stein“, sagte Gary zufrieden und bedachte Ben mit einem skeptischen Blick. „Anders als der kleine Rabauke hier ...“
„Sei nicht so hart zu meinem Neffen“, nahm Sadie Ben in Schutz.
„Du bist seine Patin, du bist voreingenommen“, sagte Gary nicht ganz ernst gemeint. Im Augenwinkel beobachtete Sadie Joanna, die jedoch nicht darauf reagierte. Das musste sie auch nicht, denn sie war Patentante von Nicolas – so wie Matt sein Patenonkel war.
Ben rutschte von Sadies Schoß und lief hinüber zu seiner Mutter. Sadie entging nicht, mit welch liebevollem Blick Norman seinen Enkel dabei beobachtete.
„So ein süßer Fratz“, murmelte auch Tessa.
Sadie nickte zustimmend. Sie hatte eine Schwäche für ihren Neffen – und er umgekehrt für sie. Schon an Thanksgiving hatte sie festgestellt, dass sie ihn plötzlich mit anderen Augen sah.
„Was macht das Studium?“, erkundigte Norman sich bei Tessa.
„Sagen wir so: Es ist zum Glück nicht mehr lang“, erwiderte sie und lachte.
„Du kannst stolz auf dich sein.“
„Danke.“ Sie errötete.
„Doch, im Ernst. Ich weiß, wie schwierig das ist. Ich habe auch erst spät und neben dem Beruf studiert“, sagte Norman.
„Ja, das hat Sadie mal erzählt.“
Während die anderen sich über die verschiedensten Dinge unterhielten, stand Sadie auf und ging an Rusty vorbei nach draußen auf die Veranda. Im Wohnzimmer war es ihr deutlich zu warm. Sie schob die Tür hinter sich wieder zu, verschränkte die Arme vor der Brust und atmete tief durch. Draußen war es angenehm frisch, der dunkle Garten lag still vor ihr. Unwillkürlich musste sie an ihre Katzen denken, die jetzt zu Hause waren und von den Nachbarn versorgt wurden. Sie hätte sich ein Leben ohne die beiden gar nicht vorstellen können. Sie gehörten einfach dazu.
Es war schön, in diesem Moment in der alten Heimat zu sein. Norman hatte noch Tessa eingeladen und er hätte sich auch über Besuch von Phil gefreut, aber der war mit Amelia bei ihrer Familie. Sadie, Matt und Norman würden Matts Vater und Tammy am nächsten Tag in Patterson besuchen, darauf freute sie sich auch schon. Sie war nur nicht sicher, ob das ebenso für Matt galt.
Als die Tür hinter ihr geöffnet wurde, war sie nicht überrascht, Tessa zu sehen. Wortlos trat Tessa neben sie und lehnte sich bäuchlings an das Geländer der Veranda.
„Alles okay mit Matt?“, fragte sie.
Sadie nickte stumm und starrte in die Dunkelheit. „Weitgehend.“
„Ist ja auch noch nicht so lang her. Und bei dir?“
„Mir geht es gut“, sagte Sadie.
„Vorhin hatte ich das Gefühl, er weicht mir aus.“
„Kann sein. Ich habe ihm ja gesagt, dass du es weißt.“
„Der kann sich vielleicht anstellen.“
Sadie seufzte. Damit hatte es nichts zu tun, sie konnte Matt verstehen. Und ehrlicherweise hätte sie sagen müssen, dass nicht alles okay mit ihm war. Er litt noch immer unter Schuldgefühlen, hatte Alpträume. Er hatte nicht durchblicken lassen, ob ihm klar war, dass sie es wusste, denn er redete mit ihr nicht darüber. Wann auch immer sie es angesprochen hatte, hatte er es abgeblockt, deshalb hatte sie es irgendwann gelassen.
„Wir müssen ja nicht darüber reden, dass die Frau mehr als nur eine Schraube locker hatte“, sagte Tessa ins Schweigen hinein.
„Nein, sicher ... aber das hat seine Welt zerstört. Ich weiß, wie sich das anfühlt.“
„Ja ... schon klar.“ Die Blicke der beiden trafen sich und Sadie wusste, sie musste Tessa nicht sagen, dass sie den Tod ihrer Familie meinte. Den und ihre Entführung durch Sean. Sie wusste, wie es sich anfühlte, in seinem eigenen kleinen Mikrokosmos fremd zu sein.
„Er hat mich heute nicht einmal angesehen“, stellte Tessa fest.
„Vielleicht ist dir aufgefallen, dass es bei Norman kaum besser ist.“
Die Tür wurde erneut geöffnet, zum Vorschein kam Joanna. Tessa ließ sich nichts anmerken, während Sadie ihrer Cousine zulächelte.
„Ich hoffe, ich störe nicht“, sagte Joanna.
„Gar nicht“, behauptete Sadie.
„Plötzliches Schweigen“, stellte Joanna trotzdem fest. Sie setzte sich hinter den beiden auf die Hollywoodschaukel. „Angenehm hier draußen.“
„Ziemlich.“ Sadie drehte sich zu ihr um und lehnte sich gegen die Brüstung.
„Du warst süß vorhin mit Ben“, sagte Jo.
„Wie meinst du das?“, fragte Sadie irritiert.
„Hat mich an mich selbst erinnert. Ich konnte mit Ben wenig anfangen, bis ich schwanger wurde. Inzwischen ist alles anders.“
„Sicher.“ Sadie lächelte.
„Ich hoffe, es ist okay, dass Dad es mir gesagt hat.“
„Was meinst du?“, fragte Sadie. Sie spürte, wie ihr heiß wurde und auch Tessa neben ihr war plötzlich vollkommen angespannt.
„Dass er fast noch ein Enkelkind gehabt hätte.“
„Oh. Ach so.“ Sadie lachte verlegen. „Hat er gar nicht erwähnt.“
„Nein, wir sind zufällig drauf gekommen. Ich habe dir nie etwas gesagt, weil du es auch nicht angesprochen hast. Ich dachte, es ist dir vielleicht unangenehm.“
„Nein, gar nicht“, sagte Sadie und verschränkte die Arme vor der Brust. Tessa entspannte sich wieder.
„Ist nur eine traurige Sache“, fügte Sadie noch hinzu.
Joanna musterte sie neugierig. „Dass du das so sagen würdest.“
„Schon.“
„Ich sehe uns noch hier stehen und über Paolo und Michelle reden. Damals hätte ich nie geglaubt, dass dir das auch mal passiert.“
Sadie lachte kurz. „Da bist du nicht allein. Im ersten Moment war es auch ein Schock. Wie das ist, weißt du ja ... aber dann ...“
„Ja, ich weiß. Ging mir ja auch so.“ Joanna lächelte und ergänzte: „Wollt ihr es wieder versuchen?“
Sadie nickte stumm. Tatsächlich hatte sie schon vor Weihnachten die Pille abgesetzt – Matt zuliebe. Sie hatte es da nicht eilig, aber in einem seiner schwachen Momente hatte sie ihm ganz konkret gesagt, dass sie sich immer noch vorstellen konnte, mit ihm eine Familie zu gründen. Jederzeit. Sie hatte es von sich aus angeboten und er hatte genickt. Sie hoffte, dass ihm dieser Gedanke ein wenig Zuversicht gab. Außerdem sollte es ihm beweisen, dass sie immer noch an ihre Liebe glaubte.
„Viel Glück“, sagte Joanna. „Es würde mich für euch freuen. Aber das ist schon eine ziemliche Überraschung. Wie wollt ihr das machen?“
Sadie erzählte ein wenig von dem, was sie sich schon überlegt hatten, als sie Matt das positive Ergebnis des Schwangerschaftstests gezeigt hatte. Schließlich seufzte Joanna sehnsüchtig.
„Das klingt toll. Anders als Paolo ...“
„Feigling“, knurrte Tessa.
„Ach, er kümmert sich schon um Michelle. Mehr, als ich erwartet hätte. Aber ganz ehrlich ... selbst wenn er jetzt zu uns zurückkehren wollte – das will ich nicht mehr“, sagte sie kopfschüttelnd.
„Warum nicht?“
„Weil ich ihm diese Flucht nicht verzeihen kann“, sagte Joanna. „Er hat sich mit Händen und Füßen gesträubt. Jetzt, wo Michelle da ist und er sieht, dass es schön sein kann, gefällt es ihm. Aber so einfach ist das alles nicht. Das war ein Vertrauensbruch.“
„Kann ich verstehen“, sagte Sadie.
„Als ob du das kennen würdest“, sagte Joanna stirnrunzelnd. „Matt trägt dich doch auf Händen. Er ist da einfach unglaublich!“
Sadie lächelte bloß, weil sie nicht wusste, was sie erwidern sollte.
„Oder hängt bei euch etwa der Haussegen schief?“, fragte Joanna.
„Nein, wie kommst du darauf?“, behauptete Sadie.
„Ich dachte schon. Matt ist schon ein toller Mann. Du bist zu beneiden!“
Sadie schluckte hart und ballte die Hände zu Fäusten. Sie atmete tief durch und sagte: „Ich muss mal aufs Klo.“
Sie hatte die Tür noch nicht erreicht, als Tessa ihr folgte. „Ich brauche etwas zu trinken.“
Gemeinsam kehrten sie ins Wohnzimmer zurück und Sadie machte tatsächlich Anstalten, in Richtung der Toilette zu gehen. Als sie jedoch merkte, dass Tessa ihr folgte, blieb sie im Flur neben der Küche stehen und lehnte sich gegen die Wand. Tessa blieb vor ihr stehen.
„Vergiss es. Sie weiß es doch nicht.“
„Schon klar ...“ murmelte Sadie. „Trotzdem war das ein Volltreffer.“
Wortlos machte Tessa einen Schritt auf Sadie zu und umarmte sie ganz fest. Sadie erwiderte die Umarmung und genoss dieses sichere Gefühl einfach nur für einen Moment. Schließlich ließ Tessa sie wieder los und legte ihre Hände auf Sadies Oberarme.
„Du hast mir nicht erzählt, dass ihr es wieder versuchen wollt.“
„Nein, ist noch ganz frisch ... ist keine große Sache“, sagte Sadie kopfschüttelnd.
„Wäre bestimmt gut für ihn.“
„Das ist auch der Grund.“
Tessa seufzte. „Soll ich mal mit ihm reden?“
„Nein, lass mal. Da rennst du nur gegen die Wand. Er redet ja schon mit mir kaum.“
„Oh je, ehrlich?“
„Er redet generell nicht besonders viel“, versuchte Sadie, zu relativieren.
Nachdenklich spähte Tessa in Richtung der Wohnzimmertür. „Das ist doch beschissen. Das hat er nicht verdient.“
„Nein“, sagte Sadie und lachte unwillig. „Nein, hat er nicht ...“
Tessa lächelte, legte Sadie kameradschaftlich eine Hand auf die Schulter und gab ihr zu verstehen, dass sie wieder ins Wohnzimmer gehen sollten. Sadie nickte und folgte Tessa wieder zum Sofa. Matt blickte die ganze Zeit nicht auf. Sadie setzte sich wieder neben ihn und griff unverzagt nach seiner Hand. Sie war warm, was sich wunderbar angenehm anfühlte. Nun hob er doch den Kopf und lächelte sie an.
Es war schwer. Es war ein Kampf – jeden Tag. Sadie versuchte nach Kräften, ihm zu helfen, zeigte sich geduldig und gab ihm alle Zeit der Welt. Er war stark, das wusste sie. Er würde das schaffen und sie würde ihm dabei helfen, denn wenn es etwas gab, das sie kannte, dann war es eine solche Situation. Sie wusste, dass es vor allem Zeit brauchte, wenn man eine so schlimme Erfahrung machte.
Doch dann korrigierte sie sich in Gedanken selbst. Es war ja gar nicht unbedingt nur, was Stacy getan hatte. Matt litt viel mehr unter dem, was er selbst getan hatte. Und das war etwas, wo sie nicht mitreden konnte. Sie hatte zwar schon Menschen erschossen, aber immer in Notwehr. Ihr war keine Wahl geblieben. Was Matt getan hatte, war jedoch etwas anderes. Sie sah jeden Tag, dass es an ihm nagte und er es rückgängig gemacht hätte, wäre es möglich gewesen.
Gary und Sandra machten sich mit ihren Söhnen auf den Heimweg, als Ben müde und unleidlich wurde. Bislang war er aufgedreht gewesen und hatte es genossen, lang aufbleiben zu dürfen, aber irgendwann war Schluss. Joanna und Michelle begleiteten die kleine Familie, Gary hatte seiner Schwester eine Übernachtungsmöglichkeit angeboten. Norman beherbergte immerhin schon Sadie, Matt und Tessa.
„Jo gibt ja eine richtig gute Mutter ab“, sagte Tessa, als die anderen gegangen waren. „Hätte ich nicht gedacht.“
„Ich bin stolz auf meine Tochter“, sagte Norman, während er zu Rusty vor dem Kamin blickte. „Sie hat sich so verändert, und nur zum Guten.“
„Das stimmt allerdings. Ich weiß noch, wie ich damals in den Sommerferien bei euch übernachtet habe ... das war kurz nach Sadies Rückkehr aus dem Krankenhaus“, formulierte Tessa es diplomatisch und vermied es geschickt, das Wort Selbstmordversuch zu benutzen. „Da müssen wir fünfzehn oder so gewesen sein ... und ich weiß noch, dass es Fannys Idee war, mich über Nacht hierzubehalten.“
„Ich erinnere mich“, sagte Norman. „Du warst eine ganze Woche hier, oder?“
„So ungefähr. Sadie wollte schwimmen gehen, aber wegen der Wunden ging das nicht. Deshalb ging nicht besonders viel. Aber das war nicht schlimm, wir hatten keine Langeweile. An diesem einen Abend haben wir uns erst einen Film angesehen und es gab eine riesige Diskussion, weil Jo unbedingt ihre Lieblingsserie ansehen wollte ... eine Wiederholung. Du hast sie weggeschickt, Norman. Später waren wir dann auf Sadies Zimmer und haben uns über Gott und die Welt unterhalten, vielleicht um kurz vor Mitternacht ... und auf einmal stand Jo in der Tür und hat uns angezickt, wir seien zu laut!“
„Das weiß ich noch“, sagte Norman. „Sie selbst hatte ja auch nachts um halb drei die Musik noch laufen ...“
„Und sie hat theatralisch über den Flur gerufen, dass das jetzt mein Selbstmordbonus sei“, sagte Sadie schonungslos. In diesem Moment blickte Matt auf und lehnte sich auf dem Sofa zurück. Sadie konnte seinen Gesichtsausdruck nicht deuten.
„Was auch immer daran ein Bonus sein sollte“, sagte Tessa kopfschüttelnd.
„Du warst die Einzige, die mich nicht mit Samthandschuhen angefasst hat“, sagte Sadie.
„Nein, ich wollte dafür sorgen, dass es dir besser geht und ich wusste noch, dass du es nicht leiden kannst, wenn alle übervorsichtig sind.“
„Wir haben es nur gut gemeint“, sagte Norman.
„Ich weiß. Das habt ihr immer“, sagte Sadie.
„Wenigstens hat Gary dich so schnell gefunden“, sagte Matt auf einmal, ohne dabei irgendjemanden anzusehen.
„Das ist lange her“, sagte Sadie.
„Ich bin froh, dass ihr euch alle so gut um Sadie gekümmert habt“, sagte Matt. „Nur deshalb habe ich heute eine so tolle Frau.“
Niemand wusste, was er darauf erwidern sollte. Unbehaglich rieb Matt seine Handflächen über seine Knie und stand auf.
„Ich denke, ich werde schlafen gehen. Irgendwie bin ich müde. Bleib du ruhig noch hier“, sagte er und hatte den letzten Satz dabei an Sadie gerichtet. Sie wollte schon protestieren, aber während die anderen ihm eine gute Nacht wünschten, ging Matt einfach nach oben und verschwand.
„Das war wohl kein gutes Thema“, sagte Norman.
„Nein, es ist euretwegen“, sagte Sadie. „Ich glaube, er schämt sich vor euch.“
„Ach, das muss er nicht. Er ist in meinem Haus willkommen.“
„Das weiß er, aber er macht sich einfach Vorwürfe.“
„Also, ich mache ihm die nicht“, sagte Tessa. „Die Frau hatte es nicht anders verdient.“
„Du warst ja immer schon kompromisslos“, stellte Norman mit gutmütiger Miene fest.
„Ja, was denn? Die wollte Sadie umbringen und was Matt zu ihrem Liebeswahn meint, war ihr doch völlig egal. Die Frau war doch krank. Oder, Sadie?“
„War sie“, sagte Sadie und nickte.
„Ich meine das nicht als Entschuldigung“, präzisierte Tessa.
„Lass uns davon aufhören.“
„Ich glaube, ich rede morgen noch mal auf der Fahrt mit ihm“, überlegte Norman. Sadie war nicht sicher, ob das eine so gute Idee war, aber sie hatte keine Einwände. Vielleicht half es ja doch.
Sie saß noch ein wenig bei Norman und Tessa und unterhielt sich mit ihnen über Familienangelegenheiten und ähnliche Dinge, bis die Unruhe sie ebenfalls nach oben trieb. Sie wollte wissen, ob bei Matt alles in Ordnung war.
Als sie das Gästezimmer betrat, lag er bereits im Bett. Sadie hörte ruhige, gleichmäßige Atemzüge, die den Eindruck machten, als würde er bereits schlafen. Sie wusste nicht, ob es stimmte, aber sie schnappte sich ihre Sachen und zog sich im Bad um, bevor sie ihre Zähne putzte. Schließlich legte sie sich ins Bett neben Matt und lauschte auf seinen Atem. Unverzagt schmiegte sie sich an ihn und bettete ihren Kopf auf seine Brust. Als er sich dann leicht bewegte, merkte sie, dass er tatsächlich schlief. Wenigstens etwas, dachte sie, bevor sie die Augen schloss.
Sadie erwachte davon, dass es kalt neben ihr war. Im Gästezimmer war es totenstill. Sie streckte ihren Arm aus und stellte gleich fest, dass Matt nicht neben ihr lag. Sie blinzelte schläfrig und lauschte, ob sie ihn vielleicht nebenan im Bad hören konnte, aber es drang kein Geräusch an ihre Ohren. Erst war sie zu müde, um sich darüber Gedanken zu machen, aber dann ließ es ihr doch keine Ruhe. Seufzend stand sie auf, zog schnell ihre Socken an und tappte im Dämmerlicht zur Tür. Oben war alles still und dunkel. Fast geräuschlos schlich Sadie die Treppe hinunter – das hatte sie schon früher immer getan und sie wusste, wohin sie treten musste, um kein Geräusch zu verursachen.
Sie hatte das Wohnzimmer noch nicht erreicht, als sie merkte, dass die Tür zur Veranda offenstand. Sie hörte das Zirpen der Grillen von draußen und es war vergleichsweise kühl, wenn auch nicht unangenehm. Nicht mehr ganz so sehr um Geräuschlosigkeit bemüht, durchquerte sie das Wohnzimmer und trat hinaus auf die Veranda. Matt hatte sich auf die Hollywoodschaukel gesetzt und starrte einfach nur hinaus in den finsteren Garten. Eine Wolke hatte sich vor den Mond geschoben.
„Alles okay?“, fragte Sadie.
Er nickte bloß, ohne etwas zu erwidern. Unverzagt setzte Sadie sich neben ihn und verschränkte die Arme vor der Brust. Einträchtig schweigend saßen sie da. Etwas raschelte im Gebüsch.
„Niemand ist dir böse, Matt“, brach Sadie schließlich das Schweigen.
„Außer mir.“
„Tessa ist aufgefallen, dass du sie gar nicht wirklich ansiehst.“
Er schüttelte den Kopf. „Ich fühle mich wie ein Hochstapler. Ich denke immer, man müsste es mir ansehen ... oder ich frage mich, wie Norman und Tessa es fertigbringen, mich anzusehen, ohne mich zu verurteilen.“
„Sie kennen dich eben besser.“
„Ja, aber das ändert nichts daran, dass ich es wirklich getan habe!“, begehrte Matt auf. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt. Sadie griff nach einer seiner Hände und legte ihre darauf.
„Stimmt, aber das Leben geht weiter, Matt. Unser Leben. Es macht mich fertig, dich so unglücklich zu sehen.“
„Ich weiß. Tut mir leid.“
„Kann ich dir irgendwie helfen?“
„Ich wüsste nicht, wie. Das ist alles zu spät und vorbei. Und weißt du, es ist gar nicht so schlimm, Norman und Tessa anzusehen, weil sie es wissen. Mit dir und Phil schaffe ich es ja auch. Es ist schlimm, auch alle anderen Menschen anzusehen und zu wissen, dass man sie belügt. Dass sie einen für etwas halten, das man gar nicht ist.“
„Du bist jetzt kein anderer Mensch, Matt.“
Plötzlich sah er sie mit einem Blick an, der zwischen Schmerz und Verzweiflung schwankte. „Und das ist genau der Punkt, Sadie: Es fühlt sich aber so an, als sei ich jetzt ein anderer Mensch.“
„Nein. Bist du nicht.“ Sie drückte seine Hand ganz fest und rutschte an ihn heran. „Mach dich nicht so fertig. Wir müssen das einfach vergessen. Lass dir von mir gesagt sein: Es gibt nichts, womit man nicht fertig werden kann.“
„Hm“, machte Matt und Sadie wusste nicht, wie sie es deuten sollte.
„Ich liebe dich“, sagte sie unerschrocken.
„Ich dich auch“, erwiderte er sofort. „Du weißt ja gar nicht, wie sehr.“
„Oh, ich glaube, ich habe da einen Verdacht.“ Sie lächelte und lehnte ihren Kopf an seine Schulter.
„Danke, Sadie.“
„Du weißt, ich meine das alles ernst.“
„Ja, warum auch immer. Bei deiner Geschichte könnte man Anderes erwarten.“
„Matt ...“ Sie seufzte ergeben. „Du bist mein Mann. Und weißt du, warum du das bist? Weil du nichts Besseres zu tun hattest, als mich zu heiraten, obwohl ich ziemlich am Boden war und unsere Beziehung genausogut hätte kaputtgehen können.“
„Ist sie aber nicht. Du hattest etwas Beschissenes erlebt und wir sind gemeinsam darüber hinweggekommen.“
Sie lächelte, ohne ihn anzusehen. „Siehst du ... genau das können wir jetzt auch wieder tun.“
„Okay, du hast mich“, sagte er und küsste sie aufs Haar. „Lass uns wieder ins Bett gehen.“
Sadie war einverstanden und ging mit Matt wieder nach oben ins Gästezimmer. Dort angekommen, nahm er sie von hinten in den Arm und hielt sie ganz fest. Lächelnd schloss Sadie die Augen und schlief im Handumdrehen wieder ein.
Geweckt wurde sie am Morgen vom Geklapper des Geschirrs in der Küche. Norman hantierte bereits mit Tellern und Besteck. Matt sprang im Handumdrehen aus dem Bett und stellte sich unter die Dusche. Sadie hatte sich gerade erst angezogen, als es an der Tür klopfte und Tessa erschien.
„Na“, sagte sie und setzte sich bei Sadie auf die Bettkante. „Alles gut?“
Sadie nickte und sah davon ab, ihr von Matts kleiner Nachtwanderung zu erzählen. Augenblicke später erschien er selbst wieder im Gästezimmer, mit nichts weiter als seinen Boxershorts bekleidet. Tessa pfiff durch die Zähne.
„Wäre ich hetero, wärst du genau mein Typ.“
Matt grinste sie an. „Dann ist es ja gut, dass du nicht hetero bist.“
„Und diese Narben“, fuhr Tessa fort, ohne auf seine Worte einzugehen. „Ohne Narben ist ein Mann kein Mann!“
Sadie lachte laut, während Matt Tessa einen fragenden Blick zuwarf und sich ungeachtet ihrer Anwesenheit in aller Ruhe anzog.
„Wie hat Sadie dich eigentlich all die Jahre ausgehalten?“, stichelte er zurück.
„Weiß nicht“, sagte Tessa und blickte zu ihrer Freundin. „Wie hast du das nur gemacht?“
Sadie zuckte mit den Schultern. „War einfach so. Du bist mir vom ersten Tag an nicht mehr von der Seite gewichen. Die anderen wussten nie, wie sie mit mir umgehen sollen, aber dir war das alles furchtbar egal.“
„Na ja, egal nicht ... aber ich fand immer, die anderen haben sich echt angestellt. Ich war neugierig, wer die Neue wohl ist, und ich fand dich immer in Ordnung.“
Die beiden lächelten einander an und als Matt fertig war, gingen sie alle nach unten zum Frühstück.
„Guten Morgen zusammen“, sagte Norman, während er Gläser und Orangensaft auf den Tisch stellte. „Ich muss wieder in die Küche zum Rührei.“
„Rührei!“, rief Tessa begeistert. Sie erkundigten sich, ob sie helfen konnten, aber Norman scheuchte sie alle aus der Küche und servierte schließlich das fertige Rührei mit Speck. Sofort begannen sie zu essen und es herrschte für einen Moment Stille am Tisch.
„Ich habe mich noch gar nicht bei euch bedankt“, sagte Matt ins Schweigen hinein.
„Bedankt?“, fragte Norman.
„Dafür, dass ihr mich nicht spüren lasst, was passiert ist.“
Tessa verdrehte die Augen und blickte zu Sadie. „Hat er das gerade wirklich gesagt?“
„Ja, das habe ich gesagt“, griff Matt ihre Worte unbeeindruckt auf. „Mit Norman habe ich immerhin schon einmal drüber gesprochen, mit dir ja noch nicht, Tessa. Aber für mich ist das alles andere als selbstverständlich ... nach dem, was ich ausgefressen habe.“
„Du hast vielleicht einen Fehler gemacht, aber in der Hauptsache müssen Sadie und du damit zurechtkommen und ich sehe, dass ihr das schafft“, sagte Norman.
Tessa ließ ihre Gabel sinken und wartete, bis Matt sie ansah. „Weißt du was, Matt Whitman?“
Überrascht zog er die Augenbrauen hoch. „Was kommt denn jetzt?“
Tessa seufzte dramatisch. „Du weißt, dass ich Sadie schon lange kenne. Ich hab sie auch schon sehr lang gern. Aber glücklich war sie eigentlich nie ... jedenfalls nicht, bis du angefangen hast, mit ihr auszugehen. Das wollte euch jemand zerstören und du hast dich dagegen gewehrt. Ende der Geschichte.“
„So siehst du das?“
Sie nickte. „Ich weiß genug über dich, um zu wissen, wie gut du für Sadie bist. Also mach dich nicht immer selbst so fertig.“
Matt lächelte bloß kurz, dann senkte er den Blick und fuhr fort, sein Rührei zu essen.
„Das hast du schön gesagt“, pflichtete Norman Tessa bei.
„Danke“, murmelte Matt leise, sah aber nicht wieder auf. Sadie war es, die Norman und Tessa anlächelte. Schließlich wechselten sie das Thema und machten sich nach dem Frühstück alle auf den Weg. Tessa fuhr nach Livermore zurück, während Matt, Sadie und Norman sich mit dem Challenger auf den Weg nach Patterson zu Matts Familie machten. Unterwegs im Wagen griff Norman das Thema jedoch noch einmal auf.
„Du schämst dich, oder?“, sagte er zu Matt. Die Blicke der beiden begegneten sich im Rückspiegel, aber Matt erwiderte nichts.
„Das spricht für dich, Junge. Es könnte dir auch gleich sein, du könntest es herunterspielen oder schönreden ... das alles tust du nicht. Ich weiß, du wärst bereit gewesen, die Konsequenzen zu tragen, wenn es sich nicht auch auf Sadie auswirken würde.“
„Das könnte ich mir nie verzeihen“, sagte Matt.
„Vergessen wir es einfach am besten. Das wird euch auch guttun.“
Sadie nickte, während Matt nicht wusste, wie er reagieren sollte. Zwar freuten Normans Worte ihn, aber es war ihm auch ein wenig unangenehm. Er blickte weiter geradeaus auf die Straße, schließlich musste er sich aufs Fahren konzentrieren. Niemand sagte mehr etwas dazu und Sadie versuchte, sich gedanklich auf die Ankunft bei Matts Familie in Patterson vorzubereiten. Sie wollte nicht, dass sein Vater oder seine Schwester etwas merkten. Matt hatte seine Familie länger nicht gesehen und sie glaubte, dass er sich auf den Besuch freute. Er sollte ihn genießen.
Nach einer guten Stunde Fahrt trafen sie am Ziel ein. Matts Elternhaus lag in einer ruhigen Seitenstraße in Patterson, die sehr weihnachtlich geschmückt war. Tatsächlich ähnelte Patterson Waterford in vielerlei Hinsicht.
Matt parkte den Challenger vor der Garage. Es war ein unscheinbares, gepflegtes Haus mit einem schmucken Erker und einem hübschen kleinen Vorgarten. Sadie fand, dass sie viel zu selten dort waren.
Sie holten die Geschenke aus dem Kofferraum und wollten erst noch klingeln, aber dazu kam es gar nicht erst. Tammy hatte sie längst entdeckt, riss die Tür auf und fiel Matt stürmisch um den Hals.
„Der beste Bruder der Welt!“, rief sie übermütig und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Matt lachte und drückte sie an sich.
„Hey, Kleines. Du siehst gut aus“, sagte er.
„Du aber auch. Wieder ganz der Alte!“ Tammy strahlte ihn an und wandte sich dann Sadie zu. Sie umarmte ihre Schwägerin und wiegte sie vergnügt in den Armen. Sadie lachte.
„Ist das schön, dich zu sehen! Und deine Haare ...“ Tammy schnappte sich eine Strähne von Sadies langem rotem Haar und ließ es durch ihre Finger gleiten. „Mein Bruder hat so eine hübsche Frau!“
„Danke für die Blumen“, sagte Sadie und errötete. Derweil wurde Matt in der Tür von seinem Vater begrüßt, aber als Tammy mit Norman fertig war, setzten sie die Begrüßung im Flur fort. Matts Vater nahm ihnen die Geschenke ab und deponierte sie erst einmal unter dem Weihnachtsbaum. Auf dem Couchtisch standen bereits Kaffee und Tee, auf dem Tisch wartete Kuchen auf sie. Matt verschränkte die Arme vor der Brust und schaute sich um, während die anderen bereits auf dem Sofa Platz nahmen. Matts Vater sorgte dafür, dass jeder etwas zu trinken hatte, bevor sie nacheinander ihre Geschenke holten und auspackten. Sadie beobachtete Matt im Augenwinkel, konnte seine Gemütslage aber nicht deuten. Sie konnte nicht bestimmen, ob er zufrieden oder unruhig war. Im Augenblick war er gut darin, seine Gefühle für sich zu behalten.
„Ich freue mich, dass ihr alle hier seid“, sagte Matts Vater schließlich in die Runde und blickte dann zu Tammy. „Alle bis auf Joel.“
„Joel?“, fragte Sadie, die gleich hellhörig geworden war.
„Ja ...“ murmelte Tammy und errötete. „Joel ist mein neuer Freund.“
„Da muss man also erst nach Patterson kommen, um davon zu erfahren“, tadelte Matt sie.
„Das ist auch alles noch ganz frisch“, sagte Tammy. „Er ist ein neuer Kollege und erst seit Anfang des Monats bei uns. Aber was soll ich sagen ... es hat gleich gefunkt!“
„Ich will Beweisfotos“, neckte Matt sie weiter. Tammy zog ihr Handy aus der Tasche und zeigte ihrem Bruder das Bild, das sie als Bildschirmhintergrund gewählt hatte. Es zeigte sie mit einem jungen Mann etwa in ihrem Alter. Er hatte frech abstehendes Haar und ein gewinnendes, sympathisches Lächeln.
„Wie sieht sein polizeiliches Führungszeugnis aus?“, fragte Matt.
„Scheusal“, sagte Tammy stirnrunzelnd und reichte Sadie ihr Handy. „Er kommt aus New Jersey, seine Eltern sind geschieden und er hat einen jüngeren Bruder. Und wenn du dich nicht benimmst, stelle ich ihn dir nicht vor.“
„Hey, ich bin dein großer Bruder und ich muss sicher sein, dass der Kerl dich auch verdient hat.“
Sadie grinste, als sie die unbeschwerte Neckerei der beiden beobachtete. Das war wirklich wie immer – und es beruhigte sie ungemein.
„Joel ist okay. Wir waren noch nicht soweit, dass wir uns persönlich bei unseren Familien vorstellen würden ... aber bei seiner bin ich an Neujahr eingeladen.“
„Ich hoffe, du stellst uns den jungen Mann auch bald mal vor“, sagte ihr Vater.
„Ja, bei nächster Gelegenheit, versprochen. Und wehe, mein Bruder macht dann einen auf FBI.“
„Entschuldige, dass ich da arbeite“, sagte Matt trocken.
„Kannst du ja, aber bei meiner süßen Schwägerin merkt man das auch nicht immer“, stichelte Tammy.
„Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass du eine Verbündete brauchst“, sagte Sadie wie aus der Pistole geschossen.
Tammy klappte der Unterkiefer herunter. „Ich nehme alles zurück. Erstellst du gerade ein Profil von mir?“
Sadie schüttelte den Kopf. „Nein, ich will dich nur ärgern. Ich weiß, dass dein Bruder gemein ist.“
„Das mit dem Verbrüdern gegen mich klappt aber ganz gut“, murmelte Matt stirnrunzelnd. „Oder ist das eher verschwestern?“
Sadie lachte und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Deine Schwester wehrt sich nur gegen dich.“
„Das Privileg des Ärgerns liegt allein bei großen Brüdern“, erklärte Matt todernst.
„Deshalb verstehst du dich so gut mit Gary“, murmelte Sadie trocken und grinste.
„Was dagegen?“
Sie lachten gemeinsam. Es war ein unbeschwerter Moment, wie Sadie ihn mit Matt schon länger nicht erlebt hatte. Es überraschte sie nicht und sie wäre auch nie auf die Idee gekommen, ihm Vorhaltungen zu machen. Er machte das ja nicht mit Absicht. Sein Leben war im Augenblick schwierig genug.
Sie unterhielten sich ungezwungen über die verschiedensten Dinge – über Tammys neuen Freund, über die Kinder im Hause Scott, über Los Angeles. Sie unterbrachen das Gespräch nur, um sich an den Tisch zu setzen und sich Kaffee und Kuchen zu widmen.
„Den hat Tammy gebacken“, verkündete ihr Vater stolz.
„Du hast geholfen.“
„Ja, aber auch nicht mehr als das!“
„Man merkt ja erst, wieviel Arbeit so ein Haushalt macht, wenn man als Witwer dasteht“, sagte Norman nicht ohne einen schuldbewussten Unterton.
„Ja, durchaus. Wenigstens haben wir die Kinder schon groß.“
„Und wie prächtig sind sie geraten!“, fand Norman. Sadie entging nicht, wie Matt wieder den Blick senkte.
Sie wusste, was los war. Er wollte büßen. Er wollte nicht einfach mit dem davonkommen, was er getan hatte. Das war vielleicht kein ungewöhnliches Bedürfnis, aber es gab einfach keine Lösung für dieses Problem. Dass er so dachte, verriet ihr ja genug über ihn, aber sie wusste nicht, wie sie ihm helfen sollte.
Als sie mit dem Kuchen fertig waren, tastete sie unter dem Tisch nach seiner Hand. Sie war eiskalt. Das erlebte Sadie in letzter Zeit öfter. Ja, einerseits war Matt immer noch derselbe, aber andererseits hatte er sich verändert. Sie sah ihn nicht als bösen Menschen, ganz im Gegenteil. Er war verzweifelt.
Wenig später schnitt ausgerechnet Tammy das undankbare Thema an. „Du siehst besser aus als vor zwei Monaten, Bruderherz.“
Matt bemühte sich, zu lächeln. „Gut zu hören.“
„Doch, ehrlich. Du warst so ungesund blass und auf Krücken war das auch nichts. Wobei es ja auch schlimmer hätte ausgehen können.“
„Vielen Dank für die Erinnerung“, knurrte Matt mäßig erfreut.
„Was denn, Großer?“
„Könnten wir bitte nicht über Stacy Gallagher reden?“
„Ich wollte doch gar nicht ...“ murmelte Tammy betroffen und senkte den Blick.
„Es ist nicht Matts Lieblingsthema“, nahm Sadie ihren Mann in Schutz.
„Nein, natürlich nicht. Sorry. Ich wollte nur nett sein.“
„Schon gut“, sagte Matt und nahm noch einen Schluck Kaffee. Für einen Moment herrschte betretenes Schweigen. Als Matts Vater schließlich begann, den Tisch abzuräumen, ging Sadie ihm sofort zur Hand. Die anderen waren noch mitten in einer Unterhaltung. Als sie den zweiten Kuchen auf der Arbeitsplatte abstellte, blickte Mr. Whitman von der Spülmaschine auf.
„Danke, dass du dich so gut um meinen Sohn kümmerst.“
Irritiert sah Sadie ihn an. „Was meinst du?“
„Er macht gerade eine schwere Zeit durch, aber ich glaube, du hilfst ihm dabei, das durchzustehen.“
„Das hat er für mich auch schon getan.“
„Ja, ich weiß. Trotzdem ist das sicher nicht leicht. Ich habe das Gefühl, dass es ihn nicht loslässt.“ Matts Vater stellte sich aufrecht hin und lehnte sich an die Arbeitsplatte.
„Nein“, gab Sadie zu und suchte nach Worten. „Sie hat ihn fast umgebracht. Mich auch. Es war wirklich nicht schön.“
„Ich weiß ... aber so kenne ich meinen Sohn gar nicht, verstehst du? Er hat schon Rückschläge in seinem Leben einstecken müssen, aber er war immer zuversichtlich, hat sich wieder aufgerappelt und weitergemacht. Aber jetzt ... ich habe das Gefühl, er ist noch am Boden und kommt nicht wieder hoch.“
Sadie war nicht überrascht, dass Mr. Whitman seinen Sohn so gut kannte. Das taten wohl alle Eltern. Matts Vater war jetzt Mitte Sechzig und ein sehr warmherziger, freundlicher Mann. Sie hatten sich auf Anhieb gut verstanden. Es fiel Sadie jetzt auch schwer, ihn anzulügen, aber die Wahrheit zu sagen würde auch nicht helfen. Dann würde Matt sich noch bei seiner eigenen Familie schämen.
„Es ist schwierig, das stimmt“, sagte Sadie deshalb. „Aber wir schaffen das. Es hilft ihm, wieder arbeiten zu gehen und einen normalen Alltag zu haben. Für den Rest braucht er Zeit.“
„Ich weiß, das sage ich mir auch alles. Aber trotzdem habe ich das Gefühl, da ist noch mehr.“
Sadie starrte auf den Küchenboden und überlegte, wie sie reagieren sollte. Als Mr. Whitman sie auch weiterhin fragend ansah, begriff sie, dass sie ihm jetzt etwas sagen musste.
„Das war eine traumatische Erfahrung“, sagte sie. „Gewalt und Angst sind nicht unbedingt das, worunter man leidet, wenn man eine solche Erfahrung macht. Dabei hat er auch beides erlebt. Es war eher das Bewusstsein, der Situation hilflos ausgeliefert zu sein. Hilflosigkeit ist das, was traumatisiert.“
Mr. Whitman nickte ernst. „Du weißt ja, wovon du sprichst. Sowohl in beruflicher als auch persönlicher Hinsicht.“
„Allerdings. Matt hat darunter gelitten, zu glauben, dass ich sterbe. Er dachte ja im ersten Moment wirklich, ich sei tot. Und gegen seinen Willen festgehalten zu werden ist wirklich keine schöne Erfahrung ...“
Matts Vater nickte erneut. „Hat er dir von ihr erzählt? Was sie gemacht hat?“
„Ja, sehr ausführlich sogar. Es war ...“ Sadie zögerte kurz. „In gewisser Hinsicht ähnelte es den Erfahrungen, die ich mit Sean machen musste.“
„Oh.“
„Sie war ja völlig vernarrt in ihn und konnte einfach nicht akzeptieren, dass er sie nicht wollte. Er wollte es mir erst gar nicht erzählen, weil er dachte, ich glaube ihm nicht.“
„Du kennst ihn besser“, sagte Mr. Whitman.
Sadie seufzte. „Das ist die ganze Geschichte. Sie ist richtig aufdringlich geworden und er hat begonnen, an sich zu zweifeln. Das ist ein Prozess, das kommt wieder in Ordnung.“
Mr. Whitman lächelte und tätschelte seine Schwiegertochter am Oberarm. „Wie gesagt ... danke, dass du dich so gut um ihn kümmerst.“
„Das hat er auch für mich getan“, sagte Sadie ernst.
„Ich weiß. Er liebt dich. Es ist gut, dass er sich umgekehrt auch so auf dich verlassen kann.“
Sadie lächelte kurz und ging wieder ins Wohnzimmer zu den anderen. Argwöhnisch beobachtete Matt sie, aber als sie ihn unbefangen ansah, entspannte er sich wieder.
Vor ihnen lag noch ein langer Weg, da machte Sadie sich keine Illusionen. Es fühlte sich jedoch auch gut für sie an, Matt nun aktiv helfen zu können. Sie wusste aus eigener Erfahrung, wie wichtig verständnisvolle Unterstützung war und nun konnte sie die selbst liefern. Sie würden das schaffen. Sie mussten es schaffen!
Ohne Vorwarnung beugte sie sich zu Matt vor und gab ihm einen Kuss. Tammy lächelte ihnen zu und auch Norman und Mr. Whitman waren sichtlich gerührt. In diesem Moment war Sadie zuversichtlich, dass sie alles schaffen würden, was nötig war.
Das letzte Stück auf der Interstate 5 vor Los Angeles übernahm Sadie. Sie hatte es Matt angeboten, weil er nicht gut geschlafen hatte und immer noch müde war. Deshalb wunderte sie sich nicht, als er schon nach einer halben Stunde schlafend neben ihr saß. Schweigend betrachtete sie ihn im Augenwinkel und seufzte.
Es war ihm vor Weihnachten einigermaßen gut gegangen, aber die Begegnung mit ihren Familien hatte ihn kalt erwischt. Sadie wusste nur nicht, wie sie ihm da helfen sollte. Sie konnte ihn so gut verstehen.
Sie hatte den Tempomat auf die erlaubten 75 Meilen pro Stunde eingestellt und musste nur noch lenken. Im Radio spielte eine ihrer CDs, sie hatte schon vor Bakersfield ein Album von Kyuss eingelegt und hing nun zu Space Cadet ihren Gedanken nach.
Sie wusste nicht, ob Matt schon einmal ausführlich mit Phil gesprochen hatte. Ihrem Freund hatte es nie etwas ausgemacht, dass er Sean Taylor erschossen hatte, aber Sadie ging davon aus, dass der Vergleich etwas hinkte. Die Situationen ähnelten einander nur bedingt und Matt war anders gestrickt als Phil.
Sadie wünschte, sie hätte ihm irgendwie helfen können. Ihm die Last abnehmen können. Denn sie wusste, er hatte es auch für sie getan. Natürlich hatte sie nie darum gebeten, aber so war es.
Er erwachte erst wieder, als sie das Stadtgebiet von Los Angeles bereits erreicht hatten. Es war früher Abend, die Dämmerung war schon weit fortgeschritten. Der Verkehr wurde dichter, aber Sadie fuhr trotzdem in aller Ruhe nach Hause. Matt richtete sich neben ihr auf und nahm einen Schluck Wasser, sagte jedoch nichts. Als sie zu Hause angekommen waren, trug er wortlos die Tasche nach oben und gab den Katzen etwas zu fressen.
„Was hältst du von einem Anruf bei Gino’s und einem Film?“, fragte Sadie mit der Speisekarte des Lieferdienstes in der Hand.
„Eine Menge“, sagte Matt und lächelte. Nachdem sie beim Italiener das bestellt hatten, was sie ohnehin immer bestellten, widmeten sie sich der Auswahl eines Films. Ungefähr diese Vorstellung hatte Sadie gerade von einem gelungenen Abendprogramm – nichts, was noch irgendwie Arbeit machte. Schließlich waren sie gerade fünf Stunden Auto gefahren.
Sie entschieden sich wie meist für einen unterhaltsamen Actionfilm und starteten ihn, nachdem der Pizzabote geklingelt und ihnen das Essen gebracht hatte. Gino hatte noch ein kleines Weihnachtsgeschenk in Form von zwei Portionen Tiramisu dazugelegt, was Sadie sehr freute. Sie liebte Tiramisu.
Mittens gesellte sich zu ihnen aufs Sofa, während sie ihre Pizza aßen und sich vom Film berieseln ließen. Sadie streichelte die Katze und saß an Matt gelehnt da. Er hatte einen Arm um sie gelegt und machte den Eindruck, ganz gefesselt vom Film zu sein. Gelegentlich nahm er einen Schluck Bier. Nachdem Mittens vom Sofa gesprungen und in den Garten verschwunden war, schmiegte Sadie sich dichter an Matt und legte beide Arme um ihn. Er gab ihr einen Kuss aufs Haar und lehnte seinen Kopf an ihren.
Es war ein vertrauter, geradezu inniger Augenblick. Sadie war froh, dass Matt das zuließ. Anfangs hatte er sich damit sehr schwer getan, aber inzwischen wies er sie nicht mehr ab, wenn sie seine Nähe suchte. Seine Wärme und Nähe reichten vollkommen aus, um Sadie auf andere Gedanken zu bringen. Ihre Umarmung wurde fordernder und sie legte eine Hand auf seinen Oberschenkel, um seine Reaktion abzuwarten. Es dauerte einen kurzen Moment, bis Matt seine Hand auf ihre legte und sie festhielt.
Sadie verstand. Er war nicht in Stimmung. Das war in letzter Zeit häufig der Fall. Es lag nun schon fast zwei Wochen zurück, dass sie ihn morgens nach wilden Träumen geweckt und verführt hatte, bevor sie überhaupt aufgestanden waren. In diesem Moment hatte er sich belustigt und bereitwillig darauf eingelassen, aber seitdem ließ er sie wieder abblitzen, so wie er es auch zuvor immer wieder getan hatte.
Sadie versuchte, dem keine allzu große Bedeutung beizumessen. Er brauchte einfach Zeit, das nahm sie nicht persönlich. Sie wusste, es hatte nichts mit ihr zu tun. Trotzdem war es ungewöhnlich, so kannte sie ihn nicht. Nicht einmal gleich nach seiner Rettung von Stacy hatte er sich so verhalten.
Aber da hatte er auch noch versucht, alles mit sich selbst auszumachen. Manchmal hatte sie regelrecht das Gefühl, es ging ihm schlechter, seit er sich offenbart hatte. Das tat ihr leid, denn ihr ging es besser, seit sie wusste, was mit ihm los war. Sie hatten schon so viel zusammen bewältigt und bislang hatte Matt ihr immer zur Seite gestanden – sie fand, dass sie jetzt an der Reihe war.
Als der Film vorbei war, zappten sie noch ein wenig ziellos durchs Fernsehprogramm, bis Matt vorschlug, schlafen zu gehen. Zwar mussten sie am nächsten Tag nicht früh raus, aber auch Sadie war müde von der langen Fahrt und hatte deshalb nichts gegen den Vorschlag einzuwenden. Sie gingen gemeinsam nach oben, wo sie Figaro im Bett vorfanden, putzten sich gemeinsam die Zähne und gingen ins Bett. Figaro verkrümelte sich bei Sadie ans Fußende. Sie schmiegte sich an Matt und bettete den Kopf auf seine Schulter, während er wieder einmal Profilseiten von Fotografen durchging. Sie liebte es, gemeinsam mit ihm Fotos anzusehen. Ihm fehlte das regelmäßige Fotografieren, das wusste sie.
„Lass uns die Tage noch einen Ausflug machen“, sagte sie. „Vielleicht ans Meer, irgendwo, wo man tolle Fotos machen kann.“
„Gute Idee“, sagte Matt und lächelte ehrlich. „Das wäre schön.“
„Einfach nur wir beide.“
Er küsste sie auf die Stirn, legte sein Tablet beiseite und löschte das Licht. „Mehr brauche ich auch nicht.“
„Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch“, erwiderte er. „Vergiss das bitte nie. Ich weiß, manchmal ist es schwierig ... aber wir kriegen das doch hin.“
„Natürlich“, sagte Sadie und schloss die Augen.
Am Morgen wurde Sadie davon geweckt, dass ein köstlicher Geruch ihre Nasenspitze kitzelte. Noch bevor sie die Augen aufschlug, begriff sie, dass sie Bacon roch. Sofort meldete sich ihr Magen, sie sprang aus dem Bett und machte nur einen kurzen Umweg übers Bad, bevor sie nach unten lief und Matt am Herd vorfand. Er war gerade dabei, Rührei mit Speck zu machen. Wortlos umarmte Sadie ihn von hinten und lehnte den Kopf an seine Schulter.
„Guten Morgen, meine Hübsche“, sagte er und drehte sich halb zu ihr, um einen Arm um sie zu legen. „Du bist ja nicht mal richtig angezogen.“
„Hätte jetzt nicht gedacht, dass dich das stört.“
„Ach was, das stört mich nicht! Im Gegenteil ... aber du in dem dünnen Nachthemd? Es ist Dezember ...“
„Du brätst hier Bacon, Matt. Glaubst du, das bleibt meiner Nase verborgen?“
Er grinste und servierte das Essen auf zwei Tellern, die er galant zum Tisch balancierte. Er rückte Sadie den Stuhl zurecht, hatte ihr schon Orangensaft eingeschenkt und Toast stand auch bereit. Gerührt lächelte sie und setzte sich. Er tat es ihr gleich und sie begannen schweigend, zu essen.
„Großartig“, sagte sie schließlich und hob anerkennend einen Daumen. „Genau das brauche ich jetzt.“
„Siehst du, und weil ich das weiß, dachte ich, ich mache dir ein Frühstück, das du verdient hast.“ Er grinste sie breit über den Tisch hinweg an.
„Danke, Matt“, sagte sie und hoffte, dass er wusste, wie sehr sie sich wirklich freute. Diese Momente gab es immer wieder. Er gab sich wirklich Mühe und versuchte, sie immer wieder spüren zu lassen, wieviel sie ihm bedeutete. Das genügte ihr, zumal sie auf dem Standpunkt stand, dass sie ihm gerade eine Stütze sein sollte und nicht umgekehrt. Das machte ihr nichts aus, umgekehrt hatte er das schließlich auch schon getan. Sie sah ihre Beziehung als ein Wechselspiel von Geben und Nehmen. Und solange Matt mit ihr an einem Strang zog, war für sie alles in Ordnung.
„Wollen wir heute etwas unternehmen?“, schlug Sadie vor.
„Woran hast du gedacht?“
„Einkaufen wollen würde ich nicht, das machen heute schon alle anderen. Wollen wir Amelia und Phil fragen, ob wir uns treffen wollen?“
„Das ist doch keine schlechte Idee“, sagte Matt. Sadie war froh, dass er die Idee mochte. Sie frühstücken in aller Ruhe zu Ende, dann ging Sadie duschen. Als sie in ein Handtuch gehüllt ins Schlafzimmer gehen wollte, um sich frische Kleidung zu holen, begegnete Matt ihr auf der Treppe und lächelte ihr zu.
„Ich habe Phil geschrieben. Er kommt gern heute Abend mit Amelia vorbei und hat vorgeschlagen, zusammen zu kochen.“
„Klingt gut“, fand Sadie und ging weiter ins Schlafzimmer. Sie hatte gerade erst frische Unterwäsche aus ihrer Schublade gezogen, als sie merkte, dass Matt hinter ihr stand. Grinsend drehte sie sich zu ihm um.
„Verfolgst du mich?“
„Klar“, sagte er mit Unschuldsmiene. Sadie blieb vor ihm stehen und legte eine Hand auf seine Brust. Matt zog sie an sich heran, legte seine Hände auf ihren Po und küsste sie zärtlich. Sadie genoss es schweigend und schloss die Augen.
Das Klingeln des Telefons schreckte sie auf. Matt verdrehte die Augen und ging nach nebenan ins Büro, während Sadie ins Bad zurückkehrte. Sie hörte mit halbem Ohr zu, verstand aber nicht viel.
„Augenblick, sie ist da“, sagte Matt dann. Sadie erwartete ihn in der Tür und nahm das Telefon entgegen.
„FBI“, wisperte er, woraufhin sie fragend eine Augenbraue in die Höhe zog.
„Whitman“, meldete sie sich.
„Entschuldigen Sie die Störung, Agent Whitman, hier SSA Clarkson. McNamara sagte mir, Sie seien nicht nur eine unserer Profilerinnen, sondern Sie kennen sich wohl auch mit traumatisierten Personen aus.“
Sadie war überrascht. „Ja, das stimmt, ich habe eine traumapsychologische Fortbildung gemacht.“
„Ja, das ist gut ... ich hätte sonst auch Agent Williams fragen können, aber ich denke, wir brauchen hier kundige Hilfe. Ich weiß, Sie haben heute frei, aber ...“
„Gar kein Problem“, unterbrach Sadie ihn. „Worum geht es denn?“
„Wir haben hier eine wichtige Zeugin, die mir ziemlich traumatisiert erscheint. Sie redet kaum ein Wort mit uns.“
„Okay ...“ Sadie überlegte kurz. Er wollte wohl nicht viel verraten, aber sie musste mehr wissen. „Was für eine Zeugin denn?“
„Ich will am Telefon nicht zuviel sagen. Wäre es möglich, dass Sie ins Büro kommen und sich das mal ansehen?“
„Sicher. Ich kann in einer Dreiviertelstunde dort sein.“
„Hervorragend. Danke, Agent Whitman. Ich weiß das zu schätzen.“
„Gern“, sagte sie, verabschiedete sich und legte auf. Neugierig steckte Matt seinen Kopf durch die Tür.
„Wer war es?“
„Kennst du SSA Clarkson?“
Er verzog die Lippen und schüttelte den Kopf. „Noch nie gehört. Nicht, dass ich mich erinnern könnte. Worum geht es denn?“
„Er hat sich ganz kryptisch ausgedrückt ... sagte etwas von einer traumatisierten Zeugin und bat mich, vorbeizukommen.“
„Oh ... was mag das wohl sein?“
„Bin gespannt“, sagte Sadie. „Ich hoffe, es macht dir nichts aus.“
„Nein, ach was ... ich beschäftige mich schon.“
„Ich sehe zu, dass ich bis heute Abend wieder hier bin.“
„Halt mich auf dem Laufenden.“
Sadie nickte, zog sich an und begann ihre Haare zu bürsten. Jetzt musste sie doch noch mal ins Schlafzimmer zurück und sich andere Kleidung heraussuchen.
„Du kannst gern den Challenger nehmen“, schlug Matt vor.
Sie lächelte. „Wenn du das sagst.“
„Sicher. Du fährst doch gut.“ Damit verschwand Matt wieder und Sadie beeilte sich, in ihre Kleidung zu schlüpfen und sich die Haare zu föhnen. Inzwischen war es kurz vor elf. Sie machte sich keine Illusionen, am Boxing Day erwartete sie sicher viel Verkehr auf den Straßen.
Sie hatte sich für eine schicke Hose und einen eleganten Pullover entschieden und gegen einen Hosenanzug. Damit wirkte sie sicherlich zu einschüchternd. Ihr Haar trug sie offen.
Matt stand an den Türrahmen gelehnt da und beobachtete, wie Sadie in Windeseile einige Sachen zusammenpackte und dann nach dem Schlüssel des Challengers griff.
„Was würde Los Angeles nur ohne dich machen?“, sagte er scherzhaft.
Sie grinste. „Wer weiß?“
„Ich bin gespannt, worum es geht.“
„Ich werde berichten.“ Zum Abschied gab Sadie ihm einen Kuss. „Bis später.“
„Ich liebe dich“, sagte er und sah sie geradezu verträumt an. Sadie wusste, dass er es gerade hatte sagen müssen. Er sagte es ihr immer wieder und sie hörte es auch gern. Sie erwiderte die Worte, verließ das Haus und holte den Challenger aus der Garage. Sie fand es süß, dass Matt sie mit seinem geliebten Auto fahren ließ. Natürlich hatte er nie Einwände gehabt, aber besonders seit sie ihn mit dem gebrochenen Fuß immer zur Arbeit gefahren hatte, überließ er ihr das Auto sehr bereitwillig.
Auf dem Freeway stellte sie fest, dass sie zu Recht mit viel Betrieb gerechnet hatte. Am ersten Tag nach den Weihnachtsfeiertagen lockten zahllose Geschäfte mit attraktiven Rabatten und die Leute nutzten die Angebote gern. Sie mochte es nicht, wenn so viel Betrieb war, deshalb ging sie an solchen Tagen ungern einkaufen.
Aber ihr Ziel war jetzt sowieso ein anderes. Weil sie stadtauswärts fuhr, kam sie problemlos voran und erreichte das FBI nach kurzer Fahrt. Am Eingang ließ sie ihren Ausweis scannen und brachte die Sicherheitsschleuse wie gewohnt hinter sich. Auch hier herrschte viel Betrieb, nicht jeder nahm sich an Weihnachten frei.
Beim Sicherheitspersonal erkundigte sie sich, in welcher Abteilung sie SSA Clarkson finden würde und runzelte fragend die Stirn, als sie erfuhr, dass Clarkson in der Ermittlungseinheit für religiöse Organisationen und extremistische Gruppierungen tätig war. Sie fuhr in die vierte Etage und wollte dort auf die Suche gehen, aber sie war noch nicht weit gekommen, als eine junge Frau auf sie zukam.
„Agent Whitman?“
Sadie nickte. „Sie scheinen auf mich gewartet zu haben.“
Die Frau nickte. „Tamara Watts. Folgen Sie mir bitte, Clarkson wartet schon.“
„Worum geht es denn hier?“
Doch die Frau antwortete nicht. Achselzuckend folgte Sadie ihr einen Gang entlang, wo sie an eine Tür klopfte und kurz etwas durch den Türspalt sagte. Augenblicke später erschien SSA Clarkson, ein seriös wirkender Mann mittleren Alters im Anzug, auf dem Flur und schüttelte Sadies Hand mit einem kräftigen Händedruck.
„Agent Whitman! Schön, dass Sie so schnell kommen konnten – und das, obwohl Sie Urlaub haben.“
„Sie hätten nicht angerufen, wenn es nicht wichtig wäre“, sagte Sadie trocken.
„Ja, das stimmt wohl. Bitte folgen Sie mir.“ Er ging voraus in sein Büro, schloss die Tür hinter Sadie und bot ihr etwas zu trinken an, aber sie lehnte ab.
„Entschuldigen Sie meine Geheimniskrämerei am Telefon, aber es geht hier um einen sehr sensiblen Fall“, sagte er dann. „Was sagt Ihnen die Fundamentalistische Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage?“
Da musste Sadie nicht lang überlegen. „FLDS? Die Rocky Mountain-Mormonen?“
Clarkson nickte. „Genau die.“
„Dabei handelt es sich um eine Sekte, die sich vor gut hundert Jahren von der mormonischen Kirche abgespalten hat und seit 2002 von Warren Jeffs geführt wird. Den kennt man deshalb hier besonders gut, weil er es bis auf die Most Wanted-Liste des FBI geschafft hat.“
„Gut“, sagte Clarkson und nickte zufrieden. „Ich sehe, Sie haben schon mal davon gehört.“
„Oberflächlich, ja. Religion ist jetzt nicht gerade mein Steckenpferd.“
„Das ist nicht schlimm, nehme ich an. McNamara sagte mir, dass Sie ein Händchen für Missbrauchsopfer haben. Ich vermute, dass das hier im Vordergrund steht.“
„War das nicht die Sekte, die durch Polygamie aufgefallen ist?“
„So in der Art ... Polygynie ist der richtige Begriff. Die FLDS glaubt daran, höchste Erlösung zu erreichen, wenn ein Mann mindestens drei Frauen heiratet. Die Behörde beobachtet die Vereinigung in Utah ja nun schon sehr lange, was nicht leicht ist, weil sie sich sehr gegen die Außenwelt abschottet. Seit ein paar Jahren gibt es nun einen Ableger hier in den Bergen bei Yucca Valley. Wir beobachten das Treiben dort, so gut es geht und würden den ganzen Laden ja rasend gern dicht machen, aber uns fehlt die Handhabe. Das könnte sich jetzt ändern.“
„Sie haben hier jemanden aus der Sekte?“
Clarkson nickte. „Ein junges Mädchen, eine Jugendliche. Sie ist in der Weihnachtsnacht ausgerissen und einer Highway Patrol fast vors Auto gelaufen. Die Kollegen haben sie dann zu uns gebracht, aber es ist schwierig. Das Kind scheint gar nicht wirklich zu wissen, wo es sich befindet. Sirenen, Funkgeräte, Technik im Allgemeinen – eigentlich macht ihr alles Angst. Wir wissen noch nicht viel über sie und ich bin da kein Profi, aber wenn Sie mich fragen, ist sie traumatisiert, wurde vielleicht missbraucht. Wir brauchen jemanden, der mit ihr redet und als wir McNamara nach unseren Profilern gefragt haben, hat er uns auf Sie verwiesen.“
„Okay“, sagte Sadie. „Da sind Sie wohl grundsätzlich richtig bei mir, außer dass ich mich wirklich mit dieser Sekte nicht auskenne.“
„Ich kann Sie entsprechend briefen, Agent Whitman. Ich bin aber gar nicht sicher, ob das für den Anfang nötig ist.“
„Ein paar Eckdaten wären schon gut.“
„Über das Mädchen kann ich Ihnen nicht viel sagen, wir wissen noch gar nicht, wer sie eigentlich ist. Wir vermuten auch nur, woher sie kommt, weil sie ein ziemlich typisches pastellfarbenes Kleid und Flechtzöpfe trägt. Die Kollegen von der Highway Patrol haben angenommen, dass sie aus der Sekte stammt und ihr Realitätsschock spricht dafür. Sie will ständig beten und rezitiert aus dem Buch Mormon, deshalb sind wir drauf gekommen.“
Sadie nickte ernst. „Ich wusste gar nicht, dass die FLDS neuerdings auch in Kalifornien vertreten ist.“
„Ja, man hat schon eher von der früheren Zentrale in Hildale, Utah und Colorado City, Arizona gehört. Die Zwillingsstädte kennt man auch als Short Creek. Geschätzt leben dort bis zu zehntausend Mitglieder der FLDS. Wir wissen über die Sekte, dass immer wieder junge Männer ausgeschlossen werden, damit die älteren mehr Frauen heiraten können. Jeffs wurde wegen Unzucht und Vergewaltigung Minderjähriger verfolgt ... da herrschen Sitten, die kein normaler Mensch versteht. Tatsächlich sind die allermeisten Mitglieder mindestens entfernt miteinander verwandt. Ich bin wirklich gespannt, was dieses Mädchen uns jetzt sagen kann.“
„Und Sie wissen sonst gar nichts über sie?“
Clarkson schüttelte den Kopf. „Wir haben Sie hergebeten, weil wir sie für traumatisiert halten – und sei es nur, dass die Konfrontation mit der Außenwelt sie schockt. McNamara meinte, sie hätten bisher jeden zum Reden gebracht, auch in Verhören.“
Sadie sparte es sich, ihn darüber aufzuklären, dass sie in Verhören besser war als in Verhandlungen, denn das war hier gar nicht weiter wichtig.
„Und was wollen Sie wissen?“, fragte Sadie.
„Wer sie ist. Woher sie kommt ... und ob sie etwas weiß. Wenn sie tatsächlich von der FLDS in Yucca Valley kommt ...“ Er machte ein bedeutungsvolles Gesicht. „Das wäre enorm wertvoll.“
„Verstehe“, sagte Sadie. „Mal sehen, was ich machen kann.“
„Reicht Ihnen das?“
„Ich habe eine Vorstellung, womit ich es zu tun bekomme“, sagte sie. „Lassen Sie es mich versuchen.“
Clarkson brachte Sadie zurück zu dem Raum, aus dem die Kollegin ihn zuvor geholt hatte. Es war ein schmuckloser Verhörraum, wie Sadie ihn vom FBI kannte. Agent Watts stand neben der Tür und nickte ihnen zu, als sie den Raum betraten. Sowohl Clarkson als auch Watts zogen sich zurück und ließen Sadie allein mit dem Mädchen, das in sich zusammengesunken auf der anderen Seite des Tisches saß. Sie hatte dunkelblondes, geflochtenes Haar, hielt den Blick gesenkt und knetete ihre Finger. Tatsächlich trug sie hellblaue Kleidung, von der Sadie nicht viel erkennen konnte.
Sadie blieb erst einmal stehen und musterte das Mädchen. Ihre ganze Körperhaltung verriet Furcht. Geduldig wartete Sadie auf eine Reaktion, aber als keine kam, brach sie das Schweigen.
„So hast du es dir wahrscheinlich nicht vorgestellt, oder?“
Für einen Moment erstarrte das Mädchen am ganzen Leib und hob dann langsam den Kopf. Sadie setzte ein versöhnliches Lächeln auf und lehnte sich an den Stuhl, der vor ihr stand.
„Ich bin Sadie“, sagte sie. „Wie heißt du?“
Das Mädchen schluckte und verknotete erneut ihre Finger.
„Ich weiß ... sie haben dir gesagt, du darfst hier niemandem vertrauen, nicht wahr?“, versuchte Sadie es weiter. Impulsiv zog das Mädchen die Schultern hoch.
„Darf ich mich setzen?“
Als keine Reaktion folgte, zog Sadie den Stuhl zurück und setzte sich. Eigentlich musste sie aus dem Zimmer raus, aber dafür war es noch zu früh.
Sadie verschränkte ebenfalls die Finger ineinander und beobachtete das Mädchen für einen Moment schweigend. Das würde interessant werden.
„Ich würde dich gern mit einem Namen ansprechen. Willst du ihn mir nicht verraten?“
Nun sahen die beiden einander wieder an. Das Mädchen war sichtlich hin- und hergerissen.
„Ich weiß, du kennst mich nicht. Du weißt gar nicht, wer ich bin. Mein Name ist Sadie Whitman, ich bin achtundzwanzig Jahre alt und lebe zusammen mit meinem Mann und zwei Katzen. Bevor ich zum FBI gegangen bin, habe ich als Polizistin gearbeitet. Ich wollte immer Gutes für Menschen tun.“
Das Mädchen wich Sadies Blick nicht aus.
„Ich weiß, das ist kein Grund, mir zu vertrauen. Das musst du selbst entscheiden. Aber du bist jetzt hier und dafür gibt es einen Grund. Es muss auch weitergehen. Ich kann dir dabei helfen, wenn du möchtest.“
Die beiden sahen einander immer noch an. Nun senkte das Mädchen den Blick wieder und seufzte. „Sie wissen nicht, wie das ist.“
„Nein, das stimmt, aber ich kann es mir vorstellen. Ich habe Psychologie studiert, weißt du? Ich kann mir eine ganze Menge vorstellen.“
„Studiert ...“ murmelte das Mädchen.
„Ja, am College. Da war ich eher eine Außenseiterin, weil ich nicht so viel feiern gegangen bin und nur selten Alkohol getrunken habe.“
„Wann haben Sie geheiratet?“
„Das ist noch keine zwei Jahre her“, sagte Sadie wahrheitsgemäß.
„Sind Sie religiös?“
Sadie schüttelte den Kopf. „Nie gewesen.“
„Dann können Sie mich nicht verstehen.“
„Lass es uns herausfinden. Sag mir wenigstens deinen Namen.“
Das Mädchen seufzte. „Wenn die herausfinden, wo ich bin ...“
„Hast du Angst um jemanden, der dir nahesteht?“, fragte Sadie gezielt, erhielt aber keine Antwort. „Ich verspreche dir, ich kümmere mich um dich. Du hast nichts zu befürchten. Weder du noch deine Angehörigen. Es kann überhaupt nichts passieren, es weiß doch niemand, dass du hier bist.“
„Lassen Sie mich doch einfach gehen.“
„Aber wir können doch nicht sichergehen, ob du in Gefahr bist. Hier bei uns bist du sicher. Willst du mir wirklich nicht deinen Namen verraten?“
„Warum sollte ich?“
„Du bist doch aus einem bestimmten Grund weggelaufen, nicht wahr?“
„Wer sagt denn, dass ich weggelaufen bin?“
„Die Highway Patrol hat dich in Yucca Valley gefunden. Wir wissen, dass dort die FLDS ansässig ist und du siehst aus, als hättest du dort hingehört.“
Die Augen des Mädchens verengten sich zu Schlitzen. „Interessant.“
„Ist es nicht so?“
„Und wenn? Warum bin ich beim FBI?“
„Weil wir dir helfen wollen. Und dir helfen können. Bist du weggelaufen?“
„Vielleicht.“
„Das muss doch einen Grund haben. Lass dir doch helfen. Aber ich muss deinen Vornamen wissen. Bitte. Vertrau mir nur den an.“
„Wirklich nur den?“, fragte das Mädchen.
„Ja, das reicht.“ Sadie lächelte ihr zu.
„Okay. Ich heiße Liberty.“
Erleichtert atmete Sadie aus. „Ein ungewöhnlicher Name. Er hat einen schönen Klang.“
Liberty schnaubte verächtlich. „Ich habe ihn immer gehasst.“
„Aber er hat eine gute Bedeutung.“
„Ja, das hat meine Mutter auch gesagt.“
„Weiß deine Mutter, dass du gegangen bist?“
„Und wenn?“
Sadie seufzte. Das konnte ja noch heiter werden.
„Du bist doch aus einem bestimmten Grund gegangen“, sagte sie erneut und wartete auf Libertys Reaktion, doch es kam keine.