Die sieben Zeichen des Zorns: Kraftlinien - Alexandra Balzer - E-Book

Die sieben Zeichen des Zorns: Kraftlinien E-Book

Alexandra Balzer

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Beschreibung

Fluch und Magie sieben Zeichen der Macht. Verbindet die Kraftlinien und beendet die ewige Nacht. Ein letztes Mal müssen Maondnys Krieger aufbrechen, um das siebte Zeichen des Zorns zu beschwören. Während sie noch mit sich ringen, ob Zoi’ron wirklich die beste Wahl ist, um dem Nordernreich Frieden und Ruhe zu schenken, müssen sie aufbrechen, um die magischen Kraftlinien zu verbinden, die das Land durchziehen. Getrennt marschieren, vereint zuschlagen – das Ziel immer vor Augen. Doch was genau ist eigentlich das Ziel? Ca. 53.000 Wörter Im gewöhnlichen Taschenbuchformat hätte dieser Roman ca. 268 Seiten

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Fluch und Magie

sieben Zeichen der Macht.

Verbindet die Kraftlinien

und beendet die ewige Nacht.

Ein letztes Mal müssen Maondnys Krieger aufbrechen, um das siebte Zeichen des Zorns zu beschwören. Während sie noch mit sich ringen, ob Zoi’ron wirklich die beste Wahl ist, um dem Nordernreich Frieden und Ruhe zu schenken, müssen sie aufbrechen, um die magischen Kraftlinien zu verbinden, die das Land durchziehen. Getrennt marschieren, vereint zuschlagen – das Ziel immer vor Augen. Doch was genau ist eigentlich das Ziel?

 

Ca. 53.000 Wörter

Im gewöhnlichen Taschenbuchformat hätte dieser Roman ca. 268 Seiten

 

 

 

von

Alexandra Balzer

Inhalt

 

Zusammenfassung

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Epilog

Glossar

 

Zusammenfassung – was bisher geschah

 

Meine lieben geduldigen Leser,

 

nun ist es soweit, das 7. Zorneszeichen steht an.

Ich weiß, es sollte bis zum 31.12. 2017 fertig sein. Und ich habe alles gegeben, damit es auch klappt! Leider war „alles“ nicht ganz ausreichend, darum hat es nun drei Wochen länger gedauert …

Diese Serie habe ich rein zum Vergnügen begonnen. Ich wurde dann von meinen beiden Teenie-Töchtern gezwungen, auf jeden Fall weiterzumachen – und musste irgendwann erstaunt feststellen, dass es mittlerweile einige Fans gibt. Das freut mich ungemein, denn Maondny, Sayid und der Rest der Truppe liegen mir sehr am Herzen.

Die Zusammenfassung vom letzten Teil füge ich wieder dazu, damit ihr jederzeit nachschauen könnt, was da abgelaufen war. Auf die Geschehnisse von Teil 6 werde ich in der Geschichte selbst mehrfach ausführlich eingehen, darum ist dafür keine Zusammenfassung notwendig. Ich danke euch allen, die ihr die lange Reise mit mir gemeinsam gewagt habt und hoffe sehr, dass ihr die letzte Etappe sowohl genießen als auch einen würdigen Abschluss nennen werdet. Scheut euch nicht, Lob und Kritik in Rezensionen zu hinterlassen, von dieser Form des Künstlerapplauses ziehen wir Autoren sehr viel Kraft!

 

Alles Liebe,

Alexandra Balzer

Teil 1: Todfeinde

P’Maondny, die Traumseherin, wurde von den Göttern in diese Welt geholt, um Zoi’ron zu beschwören. Der gerechte Gott soll jeden strafen, der seine Magie missbraucht, um anderen Lebewesen vorsätzlich und ohne Not Schaden zuzufügen. Damit dieses scharfe Kontrollinstrument nicht missbraucht werden kann, haben die Götter hohe Hürden gesetzt, die von Normalsterblichen eigentlich nicht überwunden werden können.

Maondny wurde gerufen, um das Volk der Pashatvas – auch Tyrannen oder schlicht Magier genannt – aufzuhalten. Diese haben das gesamte Nordernreich unterworfen, Elfen, Drachenreiter und Drachen mittels Fluchmagie vernichtet und sowohl Menschen als auch die magielosen Halbelfen zu ihren Sklaven und Spielzeugen erkoren. Anash, der geheime Führer dieses Volkes, ist seelenlos geboren. Er lässt sowohl nach dem letzten Drachenreiter der Welt als auch der Traumseherin suchen, und dies bereits seit vielen, vielen Jahren.

Sayid ist dieser letzte Drachenreiter. Er hat keinen Seelengefährten, da die Drachen ausgestorben sind, darum fehlt ihm jeder Zugang zur Magie. Er lebt als Dieb in den Städten der Menschen und zieht dabei von einem Ort zum nächsten, immer auf der Flucht vor den Pashatvas. Eines Tages wird er von der Halbelfin Yllanya aufgespürt. Sie zwingt ihn mithilfe eines Fluchsteins dazu, die letzte Elfensiedlung aufzusuchen und dort nach den Zorneszeichen zu fahnden. Anash hat sie geschickt. Er will Yllanya als Spionin in den Umkreis der Traumseherin einschmuggeln, um eine gewisse Kontrolle zu behalten.

Maondny lebt in dieser Elfensiedlung. Sie ist noch ein Kleinkind, eigentlich viel zu jung, um das große Spiel um die Macht zu beginnen. Dennoch lässt sie sich darauf ein, weil die von ihr ausgewählten Spieler größtenteils sterben würden, wenn sie noch länger wartet. Sie schickt Anthanael, den einzigen noch geistig gesunden Elf des Nordernreiches in den Wald. Auch er steht unter einem Fluch, genau wie alle Mitglieder seines Volkes, doch er wird auf besondere Weise beschützt. Sayid kann Anthanael vor einem Rudel Magierhunden retten. Dabei kommt er zwar selbst zu Tode, als Drachenreiter stört ihn das nicht weiter. Anthanael entdeckt, was er ist und will ihn eigentlich töten. Stattdessen raufen sie sich zusammen – sie sind tatsächlich Halbbrüder – und nehmen Maondnys Queste zur Erweckung der Zorneszeichen an. Unterwegs stößt Yllanya zu ihnen, außerdem ein überlebender Magierhund. Sie nennen ihn Khun und er wird zu einem wertvollen Mitglied ihrer Gemeinschaft.

Aus einem von Pashatvas vernichteten Bauerndorf retten sie Hojin. Auch er ist ein Magier, der sich gegen Anashs Befehle gewehrt hatte, schuldlose Menschen zu foltern und zu töten, um den Drachenreiter zu suchen. Hojin hatte sich in eine menschliche Bäuerin verliebt und einige Jahre mit ihr zusammengelebt, bis seine ehemaligen Gefährten kamen, alle Menschen umgebracht und Hojin grausam gequält und verflucht haben. Auch er ist bereit, sich der Mission anzuschließen.

Ohne es zu wissen, haben sie damit das erste Zeichen des Zorns erfüllt – Todfeinde aus verschiedenen Völkern mussten sich finden und zusammenarbeiten, um den wahren Feind besiegen zu können.

 

Teil 2: Magiesuche

Nur wer selbst Zugang zur Magie besitzt, kann ein Geweihter des Zoi’rons sein. Hojin und Anthanael verfügen darüber, Yllanya und Sayid hingegen nicht.

Auf Maondnys Befehl trennen sich die Gefährten. Anthanael fällt dabei einer Gruppe Pashatvas in die Hände. Bei der Befreiung verschont Sayid einen sehr jungen Magier, der fast noch ein Kind ist und gegen seinen Willen in den Kampf gezwungen wurde. Sein Name lautet Kiomy, ein verstörter Junge, der die Gelegenheit zur Flucht gerne nutzt.

Hojin und Yllanya begegnen hingegen einem Elementargeist. Diese Geschöpfe waren einst zu den Wächtern über die Naturelemente bestimmt worden. Als sie begannen, sich gegen die Sterblichen zu wenden, erschuf Shilauty Dämonen. Diese Kreaturen sollten die Elementargeister in Schach halten. Dies ist gelungen, doch seitdem haben die Dämonen keine Aufgabe mehr, dafür die Macht von Halbgöttern. Man nennt sie nicht umsonst Schadensdämonen. Auch die Elementare sind sehr gefährlich und sie fürchten zurecht, dass Zoi’ron sie nach seiner Erweckung beseitigen wird. Der Blitzelementar, dem Hojin und Yllanya begegnen, erweist sich allerdings als Verbündeter.

Sayid und Anthanael fallen derweil einem der Schadensdämonen in die Hände. Er treibt grausamste Spiele mit ihnen, versucht ihren Willen zu brechen, foltert sie auf jede erdenkliche Weise. Es stellt sich heraus, dass er unfähig ist, sie tatsächlich sterben zu lassen. Illoziz – den Namen nimmt er willkürlich an – ist der Schöpfung zugetan und er will die Zoi’ron-Geweihten nicht vernichten. Auch dann nicht, wenn es ihn und seinen Geschwistern das Leben kosten wird. Maondny überredet ihn dazu, sich ihnen anzuschließen.

Unterwegs gelingt es ihnen, einen von Pashatvas gefangenen Greif zu befreien. Diese Geschöpfe sind die Erben der Drachen und der besondere Fluch, der auf Drachen und Drachenreitern lag, zwingt den Greif dazu, Sayids Seelenbruder zu werden. Damit erwacht Sayids Magie und er gewinnt sehr viel Kraft dazu. Illoziz beichtet beschämt, dass er diesen Fluch vor langer Zeit versehentlich gewirkt und damit das Volk der Drachenreiter geschaffen hat. Zugleich macht ihn dies zum Hauptschuldigen für die Vernichtung von drei Völkern. Die freien Drachen konnten nicht zwischen Drachenreitern und Pashatvas unterscheiden. Letztere lebten im Upakani-Gebirge, in der Nachbarschaft der Drachen, und wurden immer wieder von den riesigen Geschöpfen angegriffen. Anash hatte sein Volk in die Täler geführt, um diesem Treiben ein Ende zu bereiten. Illoziz‘ Fehler hat somit zum Aufstieg der Pashatvas geführt.

Nach einer heftigen Konfrontation mit den Elementargeistern führt Maondny ihre Truppe in eine Höhle. Dort steht die Statue von Nakoio, dem Gott der Diebe und der Lügen. Er ist ein gefallener Gott, vom Schöpfervater Shilauty verstoßen und in der Statue gefangen. Maondny befreit ihn. Nakoio muss im Körper eines jugendlichen Menschens leben und sich vor seinem Göttervater versteckt halten, der ihn lieber vernichten als frei sehen will. Dennoch ist er bereit, Yllanya magisch zu prägen. Dabei geht Nakoio äußerst brutal vor, womit er sich Hass und Ablehnung der gesamten Gruppe sichert.

Teil 3: Zepter und Schwert

Anash belegt die Gruppe mit einem Schadensfluch, unter dem besonders Sayid zu leiden hat. Damit er eine Chance zu überleben hat, verpflichtet Maondny den Gott Nakoio dazu, das Quinaua-Amulett zu suchen. Es ist das mächtigste Glücksamulett der Welt, das seinen Träger allerdings bei Neumond unausweichlich tötet. Als Drachenreiter hat Sayid mit diesem kleinen Detail kein Problem.

Hojin und Yllanya lernen derweil Blütenfeen und Kobolde kennen und erhalten beide einen Tränenanhänger, in denen ihre tiefe Trauer eingeschlossen wird – Yllanya trauert um ihren Sohn, den sie zurücklassen musste, Hojin um seine ermordete Frau. Auf der Suche nach Zepter und Schwert der Gerechtigkeit lernen sie einiges über die Vergangenheit von Elfen und Kobolden, begegnen Kiomy wieder, der über einzigartige Magie verfügt und belegen Anash mit einem Fluch, um ihn am Massenmord zu hindern: Er wird fortan todkrank werden, sollte er versuchen, einen Blutfluch zu wirken oder einen seiner Getreuen dazu anzustiften.

Neben Zepter und Schwert findet Sayid noch einen Kristall, in dem Jannos, der Fürst der Drachenreiter, einst das gesamte geheime Wissen seines Volkes niedergelegt hat.

 

Teil 4: Wächter des Reiches

Die Gefährten müssen die magischen Wächter des Nordernreiches erwecken. Das geht teilweise mit viel Getöse und Opfern zur Sache, teils ohne weitere Schwierigkeiten. Anthanael lernt die Wahrheit über eine alte Lüge kennen und erfährt, wie seine geliebte Frau, sein bester Freund und das Volk der Drachenreiter tatsächlich vernichtet wurden. Sayids Seelengefährte, der Greif, opfert sich, um Kiomy und Nakoio zu beschützen. Der gefallene Gott und der verstörte Junge sind ein seltsames Paar, das vielleicht gerade deshalb sehr gut funktioniert. Sollte Nakoio in Anashs Hände fallen, hätte dieser damit ein mächtiges Werkzeug, mit dem Maondnys Untergang erzwungen werden könnte. Ein zweiter Schadensdämon betritt die Bühne, der sich auf die Gegenseite schlägt und Marauven wird erweckt – der erste und letzte aller Drachen. Er wird Sayids neuer Seelengefährte.

 

Teil 5: Die versunkene Stadt

Einst haben die Götter eine große Schar aus dem Volk der Rataumi verführt und sie dazu gebracht, ihre gesamte Magie und ihr Leben für den Bau der Stadt des Zoi’rons zu opfern. Nach Fertigstellung ist diese Stadt im Nichts zwischen Raum und Zeit versunken und die Rataumi blieben zurück, um auf den Tag zu warten, an dem das fünfte Zeichen des Zorns beschworen werden soll – ohne zu wissen, ob dies jemals geschehen wird. Die Gefährten müssen diese Stadt aus den Fluten der Ewigkeit bergen. Währenddessen spielt Nakoio ein höchst riskantes Spiel, um seinen Schützling Kiomy vor Schaden zu bewahren. Als Gefangene von Anash, bewacht von einem Dämon, kann der Gott der Lügen dennoch nicht verhindern, dass Maondny durch Kiomys Magie attackiert wird. Er selbst hat keinen Zugriff mehr auf seine Macht, es würde ihn sofort seinem göttlichen Vater offenbaren, der ihn sucht. Sein einziger Schutz ist es, unauffällig unter den Sterblichen zu bleiben, eine Ameise in einem wimmelnden Ameisenhaufen. Am Ende zwingt Kiomy Maondny in ein magisches Koma, ein Schicksal, das er mit ihr teilt. Innerhalb einer Woche müssen die beiden letzten Zorneszeichen beschworen werden, oder Maondny wird sterben – und mit ihr die treuen Gefährten.

Kapitel 1

 

„Wenn du dir über die Zukunft unsicher bist, blicke in die Vergangenheit, betrachte deine Fehler und versuche, sie nicht zu wiederholen. Stattdessen, mein Freund, konzentriere dich auf die Vernichtung derjenigen, die von deinen alten Fehlern profitiert haben.“

Zitat aus: „Der dritte Weg zum Sieg“, vom Nakoiogeweihten Insgar von Arborga, im Jahre 112 vor dem Krieg

 

akoio erhob sich. Um ihn herum befanden sich Maondnys Krieger. Die Geweihten des Zoi’ron. Sie schliefen friedlich, diese bedauernswerten, beneidenswerten Sterblichen. Keiner von ihnen ahnte, was die Erweckung des gerechten Gottes tatsächlich von ihnen abverlangen würde. Maondny war klug genug gewesen, sich Helden zu suchen, die zu verzweifelt und kaputt waren, um ihre Motive oder die Mission lange zu hinterfragen. Selbstverständlich hegte jeder von ihnen seine ureigenen Zweifel und Ängste zu dem Thema. Sogar Sayid, der am stärksten von Todessehnsucht umgetrieben wurde und darum mit einer gehörigen Portion Gleichgültigkeit in den Kampf gezogen war. Maondny hatte Vaterinstinkte in ihm geweckt. Kein Wunder, war sie doch im metaphorischen Sinn seine Tochter, nachdem er den bereits toten Körper ihres Erzeugers mit seiner eigenen Seele füllen musste, um den Zeugungsakt zu vollziehen. Dieses Band zwischen ihr und ihm hatte nichts mit dem Blut in ihren Adern zu tun und reichte dennoch unvorstellbar tief. Trotzdem blieb er dem Misstrauen treu, mit dem er jedem Lebewesen begegnete, sich selbst eingeschlossen. Ein Leben auf der Flucht hatte ihn gelehrt, dass man gar nicht misstrauisch genug sein konnte … Warum er trotzdem ein solch weites Herz besaß, so bereitwillig verzeihte, was immer man ihm antat, gehörte zu den wahren Wundern, die ausschließlich Sterbliche vollbringen konnten. Nakoio berührte ihn leicht am Kopf.

Der letzte Drachenreiter. Nakoios eifrigster Jünger. Kein einziges Geschöpf unter Shilautys Sonne musste mehr Flüche tragen als er. Die Reisen in die Vergangenheit, die er und seine Gefährten für die Initiierung des sechsten Zeichens unternehmen mussten, sie waren grausam gewesen. Sayid war seinem Neffen begegnet. Anthanaels Sohn. Er hatte seinen Bruder aus der Ferne beobachten können, als er glücklich und froh gewesen und die vollständige Vernichtung des Elfenvolkes noch in der Zukunft gelauert hatte. Sayid hätte Anash töten können, bevor dieser seinen Krieg beginnen konnte … Und er durfte es nicht tun. Es hätte schlimmstenfalls die Zeitlinien zerstört und zur vollständigen Vernichtung dieser Welt geführt – ein magisches Paradox konnte solche Dinge bewirken. Vermutlich hätte Illoziz, der wundervoll verspielte, diensteifrige Dämon, das verhindern müssen und Sayid wäre schlicht wieder an den Anfang seiner Reise zurückversetzt worden.

Nakoio verstärkte Sayids Schlaf und sorgte dafür, dass seine Träume friedlich und glücklich bleiben würden. Es fühlte sich seltsam an, Magie zu nutzen, nachdem er solch lange Zeit darauf verzichten musste. Beinahe, als würde er etwas Verbotenes wagen. Noch seltsamer war dabei nur, dass er einen Zeitraum von mehreren Wochen als lang empfand. Wie leicht es war, die eigene Göttlichkeit zu vergessen, wenn man erst einmal in einem sterblichen Körper gestrandet war!

Nakoio trat zu Anthanael. Ein wahrhaftiger, reinblütiger Elf. Der letzte dieser Welt. Was ein herber Verlust war, gerade für Shilauty. Der Göttervater hatte dieses Volk am meisten von seiner gesamten Schöpfung geliebt. Auch Anthanael hatte vor der Möglichkeit gestanden, Anash auszulöschen, bevor er sein unheiliges Werk beginnen konnte. Der Elf war ihm begegnet, als der große Feind noch ein Kind gewesen war, das gerade Sayids Mutter töten wollte. Ein einsames Kind war er gewesen, mit der angeborenen Unfähigkeit, etwas anderes als Wut, Schmerz und Angst zu empfinden. Anthanael hatte seine Aufgabe mit Bravour bestanden … Ihn rührte Nakoio nicht an. Er wusste, dass Schlaf und Träume ein heikles Konzept für Elfen darstellten. Etwas, was er gut nachvollziehen konnte, denn wie die Elfen besaß er trotz seines menschlichen Körpers ein vollkommenes Gedächtnis mit Erinnerungen an jeden Moment, den er jemals durchlebt hatte – und allmählich entwickelte er auch Verständnis für das Leid, was diese Fähigkeit für sehr langlebige, aber prinzipiell sterbliche Kreaturen bedeutete.

Hojins Schlaf manipulierte er aus demselben Grund nicht, obwohl Pashatvas etwas anders funktionierten als Elfen und aufgrund ihrer eher kriegerischen Lebensweise selten älter als hundert bis hundertzwanzig Jahre alt wurden. Der arme Hojin … Er hatte es bei den Zeitreisen am schlimmsten angetroffen. Immer wieder von Neuem beginnen zu müssen, dabei ständig mit jenen Menschen zu sprechen, die mit ihm mit dem größtmöglichen Schmerz und viel zu viel Schuld verbunden waren … Nein, Maondny scheute sich wahrlich nicht, ihren Kriegern Leid zuzumuten. Interessant hingegen war, wie viel Raffinesse Hojin mittlerweile darin besaß, extrem ausgefeilte und komplizierte Flüche zu wirken. Wie er Turumnák austricksen wollte, indem er Sayids Stimme – auch ohne Magie bereits sehr einnehmend und wohlklingend – zu sphärischer Himmelsmusik verstärkt hatte! Ein wahrer Geniestreich, und ein Fluch, der nach wie vor aktiv war. Tatsächlich war es Sayid gelungen, ihn, Nakoio, von seinem großen Plan abzulenken …

Er blinzelte und berührte Hojin nun sacht am Kopf. Ein kurzer Blick auf die wirren Träume des gequälten jungen Mannes genügte, dass er sich sofort wieder zurückzog. Noch vor wenigen Wochen hätte er sich nicht weiter darum gekümmert, dass ein Sterblicher leiden musste und wenn doch – er wäre selbstverständlich davon ausgegangen, dass er jedem Problem gewachsen war. Jetzt, wo er die Komplexität der sterblichen Seelen verstand, wusste er, dass gut gemeinte, aber unfähige Hilfe zu verheerenden Katastrophen führen würde – und dass er tatsächlich unfähig sein konnte. Darum vertiefte er lediglich Hojins Schlaf und wandte sich Yllanya zu. Mit einem Seufzen streichelte er über ihr zartes, wunderschönes Gesicht. Sie war kein bisschen weniger zerstört als ihre Gefährten und in mancherlei Hinsicht auch noch mehr als diese – spätestens seit sie ihren eigenen Sohn getötet hatte, um ihn auf sehr endgültige Weise aus der Sklaverei in Anashs Diensten zu befreien. Nakoio bemitleidete sie nicht. Das hatte sie nicht verdient, dazu war sie zu stark. Dennoch wünschte er, das Schicksal wäre sanfter mit ihr umgegangen. Zum Beispiel hätte Maondny sie wahrlich nicht in die Arme eines seit Jahrtausenden gefangenen, wütenden Gottes werfen müssen, nur um ihr Zugang zur Magie zu verschaffen. Nakoio erinnerte sich an diese Wut, die ihn zu diesem Zeitpunkt beherrscht hatte, als hätte sie eine fremde Kreatur in einem anderen Leben statt ihn heimgesucht. So vieles würde er heute anders machen, dabei war erst ein Wimpernschlag seitdem vergangen, selbst wenn man sterbliche Maßstäbe ansetzte.

Yllanya von ihrer Vergiftung zu retten, nachdem sie Kiomy und seine Mutter gerettet hatte, war ebenso grausam wie heilend gewesen; für sie beide. Es war nicht ihre Schuld, dass ihn diese Tat inspiriert hatte, unsägliche Dinge zu tun.

„Schlaf“, flüsterte er zärtlich und half ihr, in eine solch tiefe Bewusstlosigkeit zu versinken, dass kein Traum sie verstören konnte. Bei Menschen und ihren Nachfahren war das möglich.

Es blieb Kiomy, der weiterhin in seinem selbstgewählten Koma dalag, die magische Maondnystatue fest umklammernd. Beinahe hätte Nakoio ihn in seiner Raserei geopfert, seinem verblendeten Glauben, er könnte das Schicksal wenden. Rasch vergewisserte er sich, dass es seinem Schützling körperlich an nichts mangelte. Glasklar hatte er den Weg zur Rettung vor Augen gehabt. Was könnte dem Gott der Diebe würdiger sein, als Zoi’rons Thron zu stehlen? Er wollte einen Blutfluch wirken, der es ermöglicht hätte, die Erweckung zu umgehen und den Platz des gerechten Gottes einzunehmen. Wie er sich selbst davon überzeugen konnte, dass Kiomys schmaler Körper genügend Blut besitzen könnte, um etwas so Gewaltiges zu bewirken? Dazu, ohne dass Shilauty es bemerkte?

Nakoio seufzte erneut. Selbstlügen, Leugnen des Offensichtlichen, Wahnsinn. Menschen neigten dazu.

„Ich bin kein Gott mehr“, murmelte er. „Ich werde auch nie wieder einer sein können, denke ich. Das verstehe ich jetzt, Vater. Shilauty, ich weiß nicht, ob du meine Worte in diesem Moment hören kannst. Wenn ja, so bitte ich dich, mich noch nicht endgültig zu vernichten. Von diesem Plan scheinst du inzwischen abgerückt zu sein, doch ich maße mir nicht an, davon tatsächlich etwas zu verstehen. Bitte lass mich Kiomy beistehen, bis der Kampf endgültig entschieden ist. Danach, ungeachtet wie es endet, sollst du mit mir verfahren, wie du es in deiner Weisheit für richtig hältst. Ich werde mich nicht länger wehren oder zu fliehen versuchen.“

Es erfolgte keine Antwort. Nakoio senkte den Kopf. Selbstverständlich hatte er gehofft, dass sich sein Vater offenbaren und zu ihm sprechen würde.

Statt sich weiter selbst zu quälen, warf er einen letzten Blick auf diese empfindsamen, seltsam starken Geschöpfe, von denen jedes einzelne sein Herz berührt hatte, und verließ den Raum.

Er fand Illoziz am Tisch des Wohnraumes, wo er sich mit den Wundern des unerschöpflichen magischen Vorratsschranks amüsierte und endlose Mengen an Nahrungsmitteln in sich hineinstopfte. Da Nakoio wusste, wie launisch der Dämon war, der ihn nicht allzu gut leiden mochte, bewegte er sich mit angemessenem Respekt auf ihn zu.

„Hey“, rief Illoziz entspannt und lud ihn mit einer Geste zu sich an den Tisch. „Setz dich und iss was. Deine Hülle sieht vernachlässigt aus, du musst sie besser füttern.“

„Mag sein. Ich habe nach wie vor Schwierigkeiten, an solche Dinge zu denken“, erwiderte Nakoio. „Die unzähligen Geschmacksvariationen von Nahrung überfordern mich, ich kann mir nur schlecht merken, was für menschliche Körper giftig ist und was nicht und da diese Hülle sich durch meine göttlichen Besonderheiten auch nicht ausschließlich sterblich verhält … Ich weiß nie genau, wie viel sie von was benötigt.“

„Ein allzu verständliches Problem. Hier, nimm Getreidebrei. Er ist mit Wasser und einer Prise Salz angerührt und sollte in seiner geschmacksarmen, einfachen Konsistenz wohltuend für dich sein.“ Illoziz schob ihm fürsorglich eine große Schüssel hin, während er selbst damit beschäftigt war, einen Eintopf zu löffeln, der aus unzähligen Zutaten gefertigt wurde.

„Ich danke dir für deine Freundlichkeit. Es ist erfrischend, mit einem Dämon zu sprechen, der mich füttern statt bespringen will.“

„Ah, mein armer Bruder, er hatte sich da tatsächlich etwas verrannt.“ Illoziz kicherte hämisch. „Kiomys formidable Luststatuen haben die Sache leider eher verschlimmert. Ich bin aber recht zuversichtlich, dass keiner der Beteiligten bleibende Schäden davongetragen hat. Nicht einmal die armen Statuen.“ Er legte den Löffel beiseite, seufzte schwer und nahm einen für ihn ungewöhnlich ernsten Ausdruck an. „Freundlichkeit erleichtert die Kommunikation. Erstaunlich, was man von diesen Sterblichen alles lernen kann, nicht wahr? Wenn ich daran denke, was für eine abscheuliche Pestbeule du nach deiner Erweckung gewesen bist, von oben bis unten erfüllt von Hass, Wut und Arroganz. So absolut sicher, etwas viel Besseres als diese kleinen, süßen Zweibeiner zu sein. Und jetzt? Du hast dich von einem brüllenden Drachen in ein zahnloses, kuscheliges Hauskätzchen verwandelt, das den ganzen Tag schmusen will.“

„Genau wie du.“ Nakoio schaffte es mühsam, keine amüsierte Grimasse über den Katzenvergleich zu ziehen – wie oft hatte er Kiomy in Gedanken mit einem neu geborenen Kätzchen verglichen! „Ich erinnere mich gut an die Zeiten, als du dich mit wahllosen Morden statt Fressorgien vergnügt hast. Mein Vater wollte dich vernichten, doch der Götterrat hat dagegen gestimmt. Schließlich wurdet ihr Dämonen erschaffen, damit ihr die Elementargeister unter Kontrolle bringt. Es wäre ein Zeichen von Schwäche gewesen zuzugeben, dass man euch genauso wenig im Griff hat. Tatsache bleibt, du warst einst gefährlicher für die Schöpfung als sämtliche Erdbeben und Vulkanausbrüche zusammengenommen. Dein grausames Treiben mit Anthanael und Sayid, als die beiden dich aus der Phiole befreit haben, wäre damals nicht einmal das Vorspiel gewesen. Und jetzt? Selbst das zahmste Kätzchen ist weniger unterwürfig als du, Illoziz, einst stolzer Dämon, nun nicht mehr als Maondnys Hündchen.“ Er erwartete halb, dass Illoziz aufbrausen würde, doch der lächelte bloß müde.

„Das ist es, was uns Unsterblichen widerfährt, wenn wir in die Hände der Traumseherin geraten. Sie bringt uns dazu, nett zu sein und zu reden statt herzhaft zuzuschlagen. Eben weil es vernünftig ist und irgendwie richtig. Zumindest, wenn man lieber ihr Freund als ihr Feind sein will und aus diesem Grund die Auserwählten nicht umbringen darf. Und bevor man sich versieht, hat man jeden Einzelnen von ihnen gern und macht nur noch, was Maondny abgesegnet hat.“

„Du jammerst, dabei leidest du nicht wirklich.“ Nakoio schob die noch zur Hälfte gefüllte Schüssel von sich. Getreidebrei war widerlich, hatte er gerade in diesem Moment beschlossen.

„Ich bin mit meiner Rolle in Maondnys großem Spiel zufrieden“, sagte Illoziz. „Insgesamt ist es besser, als sich vollständig aufzugeben, wie meine Brüder es getan haben. Abgesehen von Turumnák, der zumindest versucht hat, um sein Leben zu kämpfen. Inzwischen hat er ebenfalls resigniert, denn er weiß, sein Untergang ist unvermeidlich. Genau wie meiner, gleichgültig, wie diese Zoi’ron-Sache ausgehen wird. Es gibt keine Aufgabe für Dämonen in dieser Welt. Keinen Nutzen im großen Plan. Ich darf jetzt noch ein bisschen Berserkerwut an Sahnetorten auslassen. Das Schicksal, es ist offenkundig mein Freund. Na ja, meine Freundin.“

„Meine Tage sind ebenso gezählt wie deine. Shilauty will mich vernichten. Offenbar hat er gezögert, weil ich einen kleinen Nutzen für Maondny besitze. Wahrscheinlicher ist, dass sie ihn darum gebeten hat.“ Nakoio zuckte mit den Schultern. Es war seltsam wohltuend, mit einem Leidensgefährten am Tisch zu sitzen.

„Traurig finde ich, mein lieber Freund, dass du deine Bestimmung nicht einmal mehr erfüllen könntest, wenn du wirklich wolltest“, sagte Illoziz. „Du kannst nicht mehr lügen und betrügen wie einst. Der Gott der Diebe hat sein Gewissen gefunden und wird es nie wieder los. Es braucht den Willen, unbedingten Schaden anzurichten, in jedem einzelnen Moment den größtmöglichen Vorteil für sich selbst erringen zu können und sich nicht weiter um die Opfer zu scheren, die man hinterlässt. Das alles hast du verloren, Nakoio. Darum bist du nun nichts weiter als ein netter kleiner Junge, der einmal ein grausamer Gott gewesen ist.“

Nakoio nickte seufzend. Seine neu entdeckte Fähigkeit der Selbstlüge war nicht ausgeprägt genug, als dass er Illoziz‘ Worte verleugnen könnte. Darum schwieg er lieber und blieb stumm sitzen.

„Falls du gerade Langeweile haben solltest und nicht weißt, was du mit dir anfangen sollst, geh ruhig mal vor das Zelt“, sagte Illoziz nach einer Weile. „Marauven hockt dort und ist in etwa so fröhlich wie wir. Er würde sich freuen, ebenfalls mit dir plauschen zu dürfen.“

Schulterzuckend erhob sich Nakoio und verließ das Zelt. Ein Plausch mit einem Drachen war ein ebenso guter Zeitvertreib wie jeder andere auch, nicht wahr?

Er spürte die Bedrohung, sah die riesige weiße Pranke, die auf ihn niederging. Dennoch rührte er sich nicht und ließ zu, dass Marauven ihn packte und ziemlich nachlässig auf seinen Rücken warf, wo Nakoio sich abmühen musste, um Halt an den scharfen Schuppenkanten zu finden. Der gewaltigste aller Drachen, der jemals erschaffen wurde, nahm Anlauf. Seine Flügel schlugen, wirbelten Staub und Dreck auf. Träge überwand er die Anziehung der Erde und flog gen Himmel. Augenblicke später befanden sie sich bereits weit über dem Gebirgszug, in dessen Tälern das Heiligtum des Zoi’ron lag.

Nakoio hatte es sich mittlerweile gemütlich gemacht, so gut es ging, und genoss das Spiel der machtvollen Muskeln, den Rausch der Geschwindigkeit, die grandiose Aussicht, die nur von einigen wenigen Wolkenfetzen gestört wurde.

„Quält dich das Nichtstun?“, fragte er höflich. „Dieses Warten darauf, dass irgendetwas geschieht, was deiner Existenz einen Sinn verleihen könnte?“

„So ist es“, erwiderte Marauven auf geistigem Weg. „Es ist wohltuend, mit einem Wesen wie dir reden zu dürfen. Du bist lediglich um ein paar Jahrtausende jünger als ich, während jede andere Kreatur, abgesehen von meinem einstigen Wächter, kaum zu leben begonnen hat. Mein Seelenbruder, er ist ein fröhliches, liebenswertes Geschöpf. Doch was weiß er, wie es ist, unter der Last der Äonen zu ächzen? Zudem wurdest du ebenso von Shilauty verbannt und eingesperrt wie ich.“

„Für eine Zeitspanne, die ich als unerträglich lang empfunden habe“, sagte Nakoio. „Im Vergleich zu dem, was du erleiden musstest, war es kaum ein Wimpernschlag.“

„Es genügt, um mich zu verstehen. Nicht einmal Illoziz ist dies gegeben, denn seine Verbannung war freiwilliger Natur. Ich bin verloren, Nakoio, gefallener Gott. Eingesperrt zu sein war einfacher, als nicht zu wissen, wofür man leben soll. Damals konnte ich die Götter hassen und mich nach Freiheit sehnen. Nun bin ich frei und weiß nicht, wie mir geschieht. Was tue ich hier in dieser Welt, die nicht für mich geschaffen ist? In einer Schöpfung, in der ich ein Irrtum war? Die Götter, die mir meinen Körper und mein Leben schenkten, haben mir jeglichen Sinn für meine Existenz verwehrt. Ich kann keine Nachkommen zeugen, kann mein Volk nicht führen, weil es bereits vor meiner Freisetzung ausgerottet wurde. Ich warte also, welche Rolle die Traumseherin noch für mich in ihrem Spiel mit dem Schicksal vorgesehen hat – und danach?“

„Eine schwierige Frage, auf die es keine einfache Antwort gibt. Die Götter dieser Welt haben viele Fehler begangen. All die Geschöpfe der Vorzeit, die niemals wirklich leben durften. Die Alten, die nun teilweise als Wächter für Zoi’rons Erweckung dienen. Die Elementargeister. Die Dämonen. Diese Gruppe der Rataumi, die Zoi’rons Stadt erbauen und dabei ihre eigene Existenz opfern mussten. Es scheint, dass es ein gewichtiger Fehler war, den Sterblichen Zugang zur Magie zu schenken.“

„Ich stimme zu. Beinahe jeder Fehler der Götter steht im Zusammenhang mit einem Zuviel an Macht und Magie sowie dem verzweifelten Versuch, dies zu kontrollieren. Zoi’ron wird diesen Fehler wohl beseitigen. Vermutlich wird er auch mich auslöschen und ich brauche mir nicht länger Sorgen um Sinn und Zukunft zu machen.“

Nakoio starrte auf den Flickenteppich aus Bergen, Hügeln, Wäldern, Tälern, Ebenen, Flüssen, Seen und Graslanden. Marauven hielt sich von den besiedelten Gebieten fern, sei es aus Zufall oder Absicht. Von hier oben war sie nicht zu sehen, die misslungene Schöpfung. Alles schien friedlich und in sich vollkommen, blühend und schön. Kein Zeichen von Gewalt, Krieg, Tod, Leid, Elend, auf jegliche denkbare Weise missbrauchter Magie.

Marauven erreichte das offene Meer und schon bald gab es nichts als Wasser unter ihnen und den freien Himmel über ihnen. Die Sonne brannte auf Nakoios Haut und blendete seine empfindsamen Menschenaugen. Er fühlte sich freier und ruhiger, mehr in sich selbst als jemals zuvor in seiner gesamten Lebenszeit. Nun gut, die endlosen Jahre als Gott konnten nicht gezählt werden, denn da hatte er abgesehen von Wut, Widerwillen und Abscheu nicht allzu viel empfunden.

„Mehr muss wohl nicht darüber gesagt werden, was in dieser Welt falsch ist – wenn selbst ihre Götter Ekel vor der eigenenBestimmung empfinden“, dachte Marauven.

„Das trifft ausschließlich auf mich zu“, erwiderte Nakoio. „Ich bin offenkundig auch ein Irrtum von Shilautys Schöpfungskraft, zudem der Jüngste in der Götterriege. Er sah, dass es Lüge, Falschheit und Bösartigkeit unter den intelligenten, kulturschaffenden Kreaturen gibt. Hinterlist und Betrug, Diebstahl und Eigennutz. Das hieß er gut, denn nur wo Schatten ist, kann auch Licht sein und ohne Schwäche und Verderbnis entsteht kein Gleichgewicht zwischen den Kräften des Guten und des Bösen. Anstatt sich selbst darum zu kümmern, erschuf er also mich, damit ich … ja, zu einer Art Verwalter dieser Schwäche und Unredlichkeit werde.“

„So wie ich zu viel Drache war, als dass die Welt der Sterblichen es verkraften kann, wurdest du zu böse, schwach, hinterlistig und verlogen, um ein Gott sein zu können“, sagte Marauven. „Ich bin uralt und darum sehr geschwächt, erst jetzt kann ich hier sein, ohne das Gleichgewicht der Mächte mit meiner bloßen Anwesenheit zu zerstören. Du hingegen – ich begreife nicht, was mit dir geschehen ist.“

„Ziemlich genau das, was du sagtest“, entgegnete Nakoio. „Als Gott war ich nicht tragbar, denn ich war ausschließlich bösartig, schwach und verdorben. Shilauty zwang mich, Aufgaben zu übernehmen, wie etwa die Rataumi zum Bau der Stadt des Zoi’ron zu überreden, was sehr viel Lug und Betrug voraussetzte. Das alles wollte ich nicht. Ich war … ausschließlich Schatten. Viel zu wenig für einen Gott. Die Verbannung in einen menschlichen Körper, Jahrtausende des Stillstands und des Zorns haben mich ausgebrannt. Ich bin nicht mehr zornig, dafür bin ich zu müde. Und ich bin nicht mehr böse und eigennützig, denn dafür bräuchte es Ehrgeiz. Ein Ziel, für das ich mit ganzer Kraft kämpfen will. Sterblich zu werden hat mich vielfältig gemacht. Ohne Magie dazustehen hat mich weiter gewandelt. Ich bin zu intelligent, um nicht zu verstehen, dass Bösartigkeit mich nicht voranbringt. Wenn jemand wie ich überleben will, muss er sich anpassen, Gutes tun, anderen helfen, die Wahrheit sagen, gemeinschaftlich denken.“

„Ein bedeutungsloser Sterblicher werden, willst du damit sagen. Größe und Macht erlangen nur diejenigen, die sich über andere erheben, Leben nehmen, den Willen der Schwachen unterdrücken und die Kraft ihrer jämmerlichen Leiber ausbeuten.“

„So ist es.“ Nakoio seufzte, es war schwer, der Wahrheit ins Gesicht zu blicken. Noch schwerer wäre es, sie zu leugnen, obwohl sie ihn lautstark verhöhnte. „Wie sehr ich mich selbst belogen habe! Maondny musste mich mit Gewalt darauf stoßen, damit ich es begreife. Wie konnte ich mir einbilden, dass Shilauty, der Vater der Schöpfung – mein Vater! – zu blind oder vielleicht auch zu dämlich ist, um mich zu finden? Dass er nicht in der Lage ist, er, der diese Welt geformt hat, seinen rebellischen Sohn zu töten, der ohnmächtig in einem Menschenkörper feststeckt? Dass es tatsächlich genügt, auf Magie zu verzichten, um für ihn unsichtbar zu werden?“

„Es war das, was du glauben wolltest, denn es war schließlich auch das, was Maondny dir erzählt hat. Du bist ihrem Rat gefolgt.“

„Ich dachte, ich würde ihre Lügen durchschauen. Ich war eitel, dumm, verblendet. Niemand belügt den Gott der Lügen!“ Er lachte ohne jede Verbitterung. Lachte über das dumme Kind, das er gewesen war. „Natürlich war mir bewusst, dass sie mir viele Dinge verschweigt und bei fast allen anderen Dingen in einem gewissen Ausmaß Lügen mitschwingen.

---ENDE DER LESEPROBE---