Die Sonnenblume - Sahar Khalifa - E-Book

Die Sonnenblume E-Book

Sahar Khalifa

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Beschreibung

Jerusalem: Melodien mischen sich, Sprachen mischen sich, die ganze Stadt ist ein Gemisch. Und doch herrscht die Konfrontation. Die palästinensischen Frauen leiden doppelt unter dem Druck. Die Näherin Sadija, die Intellektuelle Rafif, Chadra, die Prostituierte - sie alle haben sich durchzusetzen gegen die oft brutalen traditionellen Wertvorstellungen. Sie stehen allein, weil auch die Revolutionäre die Zukunft besingen und der Moral der Vergangenheit nachhängen.

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Seitenzahl: 616

Veröffentlichungsjahr: 2015

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Über dieses Buch

Jerusalem: Melodien mischen sich, Sprachen, die ganze Stadt ist ein Gemisch. Und doch herrscht die Konfrontation. Die Näherin Sadija, die Intellektuelle Rafif, Chadra, die Prostituierte - sie alle haben sich durchzusetzen gegen die oft brutalen traditionellen Wertvorstellungen, weil auch die Revolutionäre der Moral der Vergangenheit nachhängen.

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Sahar Khalifa (*1941) ging mit achtzehn Jahren eine traditionelle Ehe ein, die dreizehn Jahre dauerte. Nach der Scheidung widmete sie sich verstärkt dem Schreiben, studierte in den USA und arbeitete an der Universität Bir Zeit. In Nablus gründete sie ein palästinensisches Frauenzentrum.

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Hartmut Fähndrich (*1944) ist seit 1978 Lehrbeauftragter für Arabisch und Islamwissenschaften an der ETH Zürich. Neben seiner Übersetzertätigkeit arbeitet er auch als Herausgeber und Publizist.

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Edward Badeen (*1944) studierte Literatur- und Islamwissenschaft und Psychologie in Jerusalem und Basel. Er ist Lektor für Arabisch am Asien-Orient-Institut der Universität Zürich.

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Dieses Buch gibt es in folgenden Ausgaben: Taschenbuch, E-Book (EPUB) – Ihre Ausgabe, E-Book (Apple-Geräte), E-Book (Kindle)

Mehr Informationen, Pressestimmen und Dokumente finden Sie auch im Anhang.

Sahar Khalifa

Die Sonnenblume

Roman

Aus dem Arabischen von Hartmut Fähndrich und Edward Badeen

E-Book-Ausgabe

Unionsverlag

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Impressum

Die arabische Originalausgabe erschien 1980 unter dem Titel Abbad al-schams.

Originaltitel: Abbad al-schams (1980)

© by Sahar Khalifa 1980

© by Unionsverlag, Zürich 2022

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Martina Heuer

ISBN 978-3-293-30690-5

Diese E-Book-Ausgabe ist optimiert für EPUB-Lesegeräte

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Version vom 14.06.2022, 03:38h

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Inhaltsverzeichnis

Cover

Über dieses Buch

Titelseite

Impressum

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Inhaltsverzeichnis

DIE SONNENBLUME

1 – Er stand unter dem Dach der Haltestelle und …2 – Es war die Niederlage nach dem lange währenden …3 – Von Jerusalem nach Nablus – was gibt es …4 – Er verbeugte sich so tief, dass sein Kopf …5 – Sadija stand im Winterschlafrock mitten im Vorhof …6 – Ohne die Ausgangssperre, die die Stadt unvorhersehbar wie …7 – Abu Saber betrachtete überrascht das Gesicht des jungen …8 – Endlich ein richtiges Bett, nicht mehr diese Matte …9 – Am Spätnachmittag ging Basil ins Kaffeehaus hinunter …10 – Basil betrachtete Abu Saber. Sein Gesicht war noch …11 – Die zweite Nacht. Wie aus einer Rose strömt …12 – Das Klackern der Holzschuhe hallte von der nahen …13 – Im Kaffeehaus roch es seltsam. Es gab ihr …14 – Ist das ein Albtraum oder Wirklichkeit? Sie befühlte …15 – Stockfinstre Nacht. Kein Mond, keine Sterne, nichts …16 – Im Versuch, seinen Verstand zusammenzuhalten, presste Adel seinen …17 – Sie wartete. Die Freunde scherzten und waren vergnügt …18 – Was ist los mit dir?«19 – Ihre Gedanken zogen sich über die Erde …20 – Sie saß am unteren Ende des Tisches …21 – Den Arm um Badis Schulter gelegt, betrat der …22 – Weinend und jammernd ergriff sie die Hand ihrer …23 – Die Wasserknappheit war gravierend geworden. Brunnen und Zisternen …24 – Dampf, Nebel und Gesang stiegen von Körpern auf …25 – Die Luken schwebten über ihr wie Planeten …26 – Die Zeitschrift wankte, und sie hielten eine Sitzung …27 – Er beschloss, die Situation von allen Seiten zu …28 – Seine Augen zogen sie an. Sie spürte Ameisen …29 – Er stieg in die Mercedes-Limousine und setzte sich …30 – Sie saß ganz oben auf dem Berg und …31 – Unterwegs nach Jerusalem, zur Zeitschrift. Das Radio und …32 – Sie standen in der Tür; es herrschte Schweigen …33 – Kurz vor Nablus sahen sie überrascht Hunderte von …34 – Eine schmale Asphaltstraße voller Schlaglöcher. Es geht auf …35 – Kaum hatte die junge Frau sich erkundigt …Worterklärungen

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Sie wuchsen auf im Dickicht der trostlosen Nacht,

im Schatten des bitteren Feigenkaktus.

Sie waren erwachsen – über ihr Alter hinaus.

Sie wuchsen auf und wurden eins

mit einem geheimen Liebeswort.

Sie trugen es, unversehrt, gleich einem Evangelium,

gleich einem flüsternd gesprochnen Koran.

Sie wuchsen auf mit Hennabäumen,

verhüllten mit der Kefije sich –

Da wurden sie zur Sonnenblumenblüte.

Aus »Ode vom Werden« von Fadwa Tukan

1

Er stand unter dem Dach der Haltestelle und betrachtete die Egged-Busse und die Menschen. Eine Frau mit einem Korb voller Gemüse – Blumenkohl, Spinat, Rettiche. Ein Geistlicher mit einem Backenbart, der bei jedem Schritt wippt. Ein junger Mann und eine junge Frau, die sich um die Hüfte gefasst halten und neugierig den Orient beschauen. Ein etwa zehnjähriger Junge springt, mit einem Beutel voller Lupinenkerne in der Hand, von einem Bus zum andern und schreit, so laut er kann: »Lupiiiiinen«. Ein paar Verkäufer – Sesamringe, Eier, Gewürze, Halva. Ein Bauchladen, dessen Waren unter Fliegenschwärmen verschwinden. Menschen gehen, andere kommen. Vorne an der Straße eine Nonne mit einer Traube Kinder im Schlepptau; wie eine geschlagene Truppe ziehen sie dahin.

Er sah sie schon von Weitem, ihren Regenmantel, ihren langen Schal, der hinter ihr herflatterte; in der Hand hielt sie einige Bücher.

Sie gingen schweigend. An ihrer Seite hatte er das Gefühl, die Welt sei reicher und weniger kalt. Nein, er liebte sie nicht, er mochte sie. Die Frage nach der Liebe war nicht mehr so wichtig wie früher, als er noch jünger war. Es war genau wie mit der Religion – ob es Gott gibt oder nicht, das ist eine Sache; mich geht die Welt hier unten an.

Sie betrachtete ihn verstohlen. Noch immer kann sie nicht zu ihm finden. Sein Herz ist so abgekapselt. Er hat so eine Art zu diskutieren, dass sie ihn nie völlig durchschauen kann.

»Du bist heute schweigsam.«

Er lächelte matt. »Ich denke.«

»Woran?«

Er blieb auf dem Gehsteig stehen. Ergriff sie bei der Hand, gerade noch, bevor ein Auto sie erschreckte. Ihr Herz schlug heftig. Der Schreck war ihr in die Glieder gefahren. »Idiot!«, rief sie wütend.

»Aber er hatte Vorfahrt. Für die Fußgänger ist noch immer Rot.«

Seine Ruhe machte sie wütend. »Die Straße gehört auch den Fußgängern«, sagte sie trotzig, »nicht nur den Autofahrern.« Ihre Stimme war lauter als nötig. Die anderen Passanten blickten sich nach ihnen um. Sie fühlte sich allseits von Augen umgeben. Die Fußgänger warteten noch immer auf Grün, eng aneinandergedrückt, aber jeder für sich – verschiedene Persönlichkeiten, unterschiedliche Lebensgeschichten.

»Sogar noch beim Überqueren der Straße wird der Klassenunterschied sichtbar«, murmelte sie in Gedanken, während er sie noch immer am Arm festhielt. Er lächelte, ohne Zustimmung zu zeigen. Sein Blick war umwölkt. Sie fühlte sich erniedrigt. Nie zeigt er Emotionen. Mit nichts konnte sie ihn wütend machen, und das machte sie noch wütender.

»Nur weil du ein al-Karmi bist«, sagte sie zänkisch.

Er blickte sie kalt an. Sie spürte, was er sagen wollte – und konnte sich nicht mehr beherrschen. Erbittert riss sie ihren Arm aus seiner Hand los und rannte über die Straße. Die Reifen eines heranfahrenden Autos quietschten, der Fahrer hupte ärgerlich und fuchtelte drohend mit der Faust.

Er holte sie ein, und nebeneinander gingen sie zum Amud-Tor; er würdigte sie keines Blickes. Als sie die Treppen hinuntergestiegen waren und durch das mächtige Tor schritten, bemerkte er: »Du benimmst dich wie ein kleines Kind.«

Sie schritt weiter aus und ging jetzt einen halben Meter vor ihm her. Die Bücher an die Brust gepresst, sagte sie: »Du bist so kalt, dass du rein nichts begreifst. Ich meinte, dass die Straße in erster Linie für die Fußgänger da ist und erst dann für die Autofahrer. Ich meinte, dass die Ampeln Augenwischerei und ein Komplott sind. Wer hat denn die Ampeln aufgestellt und die Regeln dafür festgelegt? Nur die Einfältigen glauben daran, ich nicht. Und deshalb gehe ich über die Straße, wann es mir passt. Ich bin frei! Ich gehe über die Straße, wann es mir passt. Ich warte nicht auf ein Licht von ihnen. Ich mache mir mein eigenes Licht.«

Er betrachtete ihr verbissenes Gesicht. Ihre weit geöffneten dunklen Augen erschienen noch funkelnder. Ihre leicht vorstehenden Zähne schienen bereit zum Beißen. Ihre Schärfe gefiel ihm. Ihm gab sie Wärme und Vitalität. Er lächelte: »Wenn du das noch mal machst, gehen bei dir alle Lichter aus.«

»Alle die Lichter können mich mal.«

»Auch das grüne?«

»Das grüne Licht ist Augenwischerei und ein Komplott. Sie wollen uns doch nur hindern, schnell zu gehen, damit sie ihre Ziele durchsetzen. Den Rest überlassen sie den Fußgängern.« Sie hob die Faust und schüttelte sie. »Alle die Lichter können mich mal.«

»Und eines Tages wirst du dann überfahren.«

»Jetzt hätte ich die Straße längst überquert.«

»Du wärst mitten auf der Straße überfahren worden und wärst niemals zum Amud-Tor gekommen.«

»Ich hätte den anderen ein Beispiel gegeben.«

Er empfand Ärger und Beklemmung. Streckte seine Hand aus, zog sie am Arm und drückte: »Sei vernünftig!«

»Lass meinen Arm los«, rief sie.

»Du brauchst Vorschriften.«

»Und du gibst sie mir?«

»Ja, manchmal.«

»Du bist wie das grüne Licht, ein Komplott.«

Er zog den Kopf zwischen die Schultern und schlug den Kragen seines Regenmantels hoch. »Du bist völlig verrückt«, murmelte er.

Tänzelnd sprang sie die Stufen hinunter und stieß dabei andere Passanten mit den Schultern. Ganz außer Atem rief sie: »Du bist wie alle orientalischen Männer und wie all diese alternden Dickwänste der Familie al-Karmi. Du hast mir aber überhaupt nichts zu befehlen, weder als Mann noch als al-Karmi.«

Zum ersten Mal wurde er etwas lauter: »Du bist völlig verrückt.«

Sie entfernte sich von ihm; er folgte ihr. Plötzlich war sie in der Menschenmenge verschwunden. Er blieb stehen und schüttelte den Kopf. Dann ging er allein weiter durch die Gassen. Geruch von Lammfellen, die zu schneeweißen Pelzjacken verarbeitet werden. Krämer beidseits der überdachten Straße. Zerstampfte Oliven, griechische Oliven, Salzheringe, getrocknete Feigen, durchbohrt und in langen Ketten aufgehängt, Gemüse und orientalische Süßigkeiten. Ein Kuchenverkäufer. Kassettenverkäufer, die ihre Waren ausrufen. Melodien mischen sich, Sprachen mischen sich, die ganze Stadt ist ein Gemisch.

Japanische Windspiele aus Messing bewegten sich im Wind, der durch die Gassen strich. Sie klingelten leise. Schmerz über die Klage eines kleinen Kindes, das sich im Markt verirrt hatte. Schließlich erblickte er sie und holte sie ein.

Als er sie am Arm packte, brauste sie auf: »Die Tatsache, dass ich mit dir gehe, gibt dir nicht das Recht, mich an die Kette zu legen. Ich bin dir ebenbürtig, nicht dein Anhängsel.«

»Aber du bringst dich um für nichts und wieder nichts.«

»Ich habe den anderen ein Beispiel gegeben. Ist das nichts und wieder nichts?«

»Blödsinn.«

»Wie kommst du überhaupt dazu, darüber ein Urteil zu fällen?«

»Was schadet es dir, den richtigen Augenblick abzuwarten und erst dann über die Straße zu gehen? Du würdest nicht dein eigenes Leben gefährden und würdest nicht die anderen in Angst und Schrecken versetzen. Außerdem könnte der Verkehr weiterfließen.«

»Ha, das sagen sie alle. Wenn ihnen sonst nichts mehr einfällt, nehmen sie das rote Licht als Vorwand. Aber das Spielchen ist zu durchsichtig.«

Er blieb stehen. »Welches Spielchen?«

Sie drückte ihre Bücher noch fester an sich und pflanzte sich trotzig vor ihm auf: »Das Spielchen vom immer obenauf Schwimmen.«

Am liebsten hätte er sie geohrfeigt. Er ballte die Faust in der Tasche. Spürte, wie ihm der Kopf anschwoll. Dachte an die Zeitschrift, an die hitzigen Diskussionen, an Salem. Das Blut schoss ihm in den Kopf. Er vergaß die Leute um sich herum, die Gasse, die Touristenläden, aus denen ein Duft von fremden Ländern und Reisen drang.

»Du suchst Streit.«

»Und du stinkst nach bourgeoisen Idealen.«

»Du bist völlig verrückt«, knurrte er zwischen den Zähnen hindurch und entfernte sich von ihr mit weitausholenden Schritten. Sie lief ihm hinterher und rief durch die dämmrige Gasse: »Läufst du weg vor mir?«

Er blieb stehen. Sie holte ihn ein. Ihre emotionale Geladenheit hatte einen Höhepunkt erreicht. Sie pflanzte sich vor ihm auf, Tränen in den Augen. Vorwurfsvoll würgte sie hervor: »Du willst dich an mir rächen?«

Er spürte Mitleid; sein Zorn verflog, und er sagte leise: »Weil ich nicht will, dass du überfahren wirst.« Er spürte sie ganz nahe bei sich. Ihre Augen durchbohrten ihn, und seine Stimme bebte: »Warum willst du sterben?«

»Ich gebe den Leuten ein Beispiel.«

»Dein Beispiel ist furchtbar, weil es verfrüht ist.«

»Ich soll sie also warten lassen? Vielleicht müssen sie lange warten.«

»Dein Vorbild wird sie ängstigen, vielleicht gar ihr Handeln lähmen. Dann machen sie dir Vorwürfe, statt dir zu folgen.«

»Nun bin ich aber über die Straße gegangen und nicht überfahren worden.«

»Zufall. Außerdem bist du allein hinübergegangen. Und was hat das schließlich genützt?«

»Ich bin ihnen vorangegangen.«

»Aber sie sind dir nicht gefolgt.«

»Ja, weil sie feige sind. Weil sie Untertanengeister sind. Weil sie Sicherheit wollen.«

Er ließ verzweifelt ihre Schultern los. Immer dieselben Argumente, derselbe begrenzte Blickwinkel, dieselbe überhebliche prahlerische Logik. Warum mache ich mit alldem nicht Schluss? Die Zeitschrift, die Kollegen, diese aufgeblasene Atmosphäre. Und diese Rafif rundet das Bild ab. Er wollte wirklich weglaufen, aber er beherrschte sich. Vor einem kleinen Kaffeehaus blieb er stehen. Im Fenster standen massenweise Behälter voller Zitronen, Orangen und Tamarinden.

»Willst du etwas trinken?«

»Nein, nichts.«

»Ich gehe etwas trinken.«

Er betrat das von bläulichem Neonlicht erhellte Café, setzte sich in eine Ecke und wartete auf sie. Doch sie blieb stur an der Tür stehen. Er betrachtete ihre kleine Gestalt. Das Gefühl der Verantwortung kam wieder. Kinderrevolution, dachte er.

»Eine Limonade«, rief er, so laut er konnte.

Sie drehte sich weg; er verzog keine Miene. Als der Kellner zwei Gläser Limonade auf den Tisch stellte, folgte sie dem Ruf der Limonade. Mit Katzenschritten kam sie näher.

2

Es war die Niederlage nach dem lange währenden Kampf. Sie wurde stumpf an Gliedern und Gefühlen. Taubheit, Stummheit und völlige Gleichgültigkeit überkamen sie. Auch er war in keiner besseren Verfassung. Nach einem Tag voller Arbeit, Streiterei, Hetze und ständigem Grübeln war er total fertig.

Dennoch trieb er sich noch immer auf der Straße herum mit dieser ständig sprungbereiten Katze, die ihn immer noch gespannter und noch gereizter machte. Allzu gern wäre er von ihr weggelaufen bis ans Ende der Welt, um Ruhe und Sicherheit zu finden. Doch er wusste, er würde die Ruhe nicht ertragen können. Er würde zu ihr zurückkehren, um sich von ihr an die Lebenslust der Jugend und die Unbeschwertheit der Jungen erinnern zu lassen.

Doch manchmal, wenn sie ihre Energien, zu reden, zu tanzen und unablässig von Gehsteig zu Gehsteig, von Ort zu Ort, von Platz zu Platz zu springen, erschöpft hat, überkommt auch sie eine seltsame Ruhe. Doch es ist immer die Ruhe vor oder nach einem Gewitter.

Er wandte sich ihr zu, sah sie an. Sie hatte zu kauen aufgehört. Der halbe Sesamring lag auf ihrem Schoß. Die Papiertütchen mit dem Thymiangewürz waren auf der Erde verstreut.

»Warum isst du nicht mehr?«

»Ich bin satt.« Sie betrachtete noch immer die oben über den Berg verstreuten Straßenlampen und die auf den Dachterrassen und von den Gebäuden Westjerusalems flackernden Lichter. Er hob die Hand und strich ihr übers Haar. Sie wandte sich ihm nicht zu. Starrte weiterhin auf die Lichter und in die Nacht.

»Ist dir kalt?«

»Nein.«

»Was hast du?«

»Nichts.«

»Erschöpft?« Er nahm sie bei der Hand und zog sie von der Bank hoch. Sie ließ es geschehen. Als sie stand, streckte sie sich und blickte ihn an. Langsam kam sie wieder zu sich. Unruhe überkam ihn. Gleich wird sie wieder Zähne zeigen … Er aber brauchte Ruhe und Stille.

Sie lächelte freundlich und sanft. »Danke für das Abendessen. Wenn wir unsere Lohntüte haben, werden wir einmal üppig tafeln, bis uns der Bauch schmerzt.«

Ihre Einfachheit gefiel ihm, auch ihre Lebensfreude und diese merkwürdige Gier auf mal dies und mal jenes. Doch er hatte Angst vor ihr und ihrer unberechenbaren und herrischen Art.

Sie schlenderten dahin, auf dem Fußweg, entlang den westlichen Mauern von Jerusalem, vorbei am Chalil-Tor. Der Gehsteig, der Platz, die Rosen, der Flieder … An der alten Mauer Pflanzen mit korallenroten Früchten. Tief darin Lichter, die Erinnerung an längst verlorene Stimmungen wachrufen – Nächte mit Festen, Wein und melancholischer Musik.

Sie hockte sich vor einen der Dornensträucher und betrachtete die Lichter. Drehte sich um, einen träumerischen Ausdruck im Gesicht. »Sieh mal!«

»Ich habs gesehen.«

»Schau mal hinein. Siehst du die Früchte. Sie sind rot, blutrot, wie die Freiheit. Mein Gott! Siehst du das? Hast du das gesehen?«

Sie seufzte schwer, ein Seufzer voller tiefer Empfindungen. »Dinge wie diese beunruhigen mich. Schau dir die Fäden an.«

Er sah hin. Ein Spinnennetz, dessen Fäden in den Lichtstrahlen leuchteten.

Sie wandte sich ihm zu. Ihr Gesicht offenbarte ein Gefühl leidenschaftlicher Liebe. »Siehst du es?«

Er lächelte freundlich. »Das da, das hatte ich nicht gesehen. Du hast recht. Deine Beobachtungsgabe ist bemerkenswert.« Ein Gedanke schoss ihm durch den Kopf – die Freiheit und das Spinnennetz.

Sie atmete schwer. »Weil mich die Dinge faszinieren …«

Er lächelte. Sie versäumte es nie, ihn an ihre literarischen Kenntnisse zu erinnern; nie ließ sie eine Gelegenheit ungenutzt, eine Zeile aus einem Gedicht zu zitieren. »Weil mich die Dinge faszinieren …« Er versuchte, sich den Rest in Erinnerung zu rufen, doch vergeblich. Ihre Gedichte hatten immer diesen existenzialistischen und individualistischen Ton. Doch sie meinte es ehrlich, ja sie war brutal in ihrem brennenden Verlangen nach Offenheit. Wie großartig ist doch unsere Fähigkeit, schweigend nachzudenken. Ihn hat das nicht aufgebracht. ›Existenzialistin, Adel, ich soll eine Existenzialistin sein? Nein, mein Adel und alle deine Kollegen bei der Zeitschrift und anderswo. Meint ihr, ich glaube euch, wie euch die einfachen Leser glauben? Ihr seid doch kastrierte Gaukler und Taschenspieler. Ihr seid kastriert in dem, was ihr glaubt, in dem, was ihr tut, und in dem, was ihr fühlt.‹

Er lächelte. So wie sie jetzt vor ihm stand, war sie wieder hinreißend. Trotz ihrer aggressiven Art war sie wunderbar. Noch immer schaute sie in die Büsche hinein, betrachtete geblendet das Licht, die roten Früchte und das Spinnennetz. Auf ihren Lippen lag ein sehnsuchtsvolles Lächeln. Etwas in ihr sprach gleichermaßen Geist und Sinne an. Das Licht, die Nacht, die Märzkälte und Rafif – all das gab ein Gefühl, als stehe die Welt in Flammen. Er spürt ein Verlangen nach ihr, doch sie ist eine Araberin. Sie will Liebe, und die kann er ihr nicht geben. Eine lange Geschichte, zu lang, als dass man sie auf einem Gehsteig ausbreiten könnte.

Plötzlich blieb sie stehen, rieb sich rasch die Hände und lächelte, sodass ihre unschönen, vorstehenden Zähne sichtbar wurden. Sie ließ ein schallendes Gelächter tönen, ging in Startposition und rief, indem sie ihn an der Hand zog: »Renn!«

Sie schob ihn am Rücken, und er begann zu laufen. Zunächst fühlte er sich gehemmt, doch ihr unablässiges Drängen brachte ihn in Bewegung. Sie wirkte ansteckend auf ihn, und er verwandelte sich in ein Kind wie sie. Keuchend rief er: »Du bist übergeschnappt.«

Sie gab, so laut sie konnte, auf dem leeren Gehweg zurück: »Und du bist blöd, blööööd.«

Die Welt, ein Bergesgipfel, und du selbst stehst am Abgrund wie ein Adlerjunges, das fliegen lernt. Du vergisst alles außer deinem Lachen. Fühlst ein Brennen, das schärfer wird mit jedem Schrei. Und wenn die Rennschlacht aus märzwindverwundeten Augen verschwunden ist, strömen die Tränen und erreichen deinen Nacken. Du weinst am Abgrund der Welt über dich selbst und über die anderen. Dann erinnerst du dich daran, wo du bist, auf welchem Gehweg. Sie fasste ihn fester bei der Hand und lachte laut; ihre Augen waren tränennass.

Sie überquerten einen grasbewachsenen Abhang neben der hohen Mauer. An seinem Fuß war eine Grotte und ein auf einen weißen Felsen gerichteter Scheinwerfer. Sie drehte sich um sich selbst und rief dabei: »Dreh dich, Welt, dreh dich herum!«

Sie sah zum Himmel hinauf und ließ ein tierisches Geheul los, gemischt aus Schmerz und kindlicher Freude – ihr Haar flog, und ihre Augen wogten. Er spürte sie sehr nahe bei sich. Die Welt war warm, schmeckte wie Wein. Er hätte sie gern umarmt, ihr zärtliche Dinge gesagt, sie geküsst, mit ihr im Gras geschlafen, wäre gern mit ihr unbeschwert und sorglos gewesen. Doch die Wirklichkeit ließ ihn keine Entspannung finden.

Sie warf sich auf die Erde und wälzte sich wie eine Wildkatze im Gras. Ergriff seine Hand – er sollte ihr helfen, ihn zu erreichen. Schwer atmend setzte sie sich neben ihn, wischte sich Augen und Nase und schniefte.

Sie rückte zu ihm heran und hielt sich an ihm fest. Ihm stieg das Blut ins Gesicht, sein Herz schlug schneller. Er konnte sich nicht mehr zurückhalten. Er legte ihr den Arm um die Hüfte und versuchte, sie an sich zu ziehen. Sie erstarrte und wurde abweisend, wandte ihr Gesicht zur Seite und versuchte, von ihm wegzurücken.

»Willst du nicht?«

»Nein«, presste sie verstört und abweisend hervor.

»Wirklich nicht?«

»Nein, wirklich nicht.«

Er war zutiefst enttäuscht. Doch er nahm sich zusammen und zündete sich eine Zigarette an. Langsam begann er seine Erklärungen. »Wir verlangen viele Dinge von der Welt. ›Freiheit‹ ist ein weiter Begriff. Freiheit heißt doch einfach, dass wir leben, dass wir unser Menschsein verwirklichen können. Das Geheimnis der Freiheit liegt in der absoluten Aufrichtigkeit.«

Sie starrte in die Nacht, auf die Lichter der Häuser. Ließ sich seine Gedanken durch den Kopf gehen, zweifelnd und beunruhigt: »Das Geheimnis der Freiheit liegt in der absoluten Aufrichtigkeit … Wirklich? Das ist eine nicht akzeptable, weil romantische Definition. Freiheit, die wirst du wohl erst erreichen, wenn du vorher äußerst hart gegen dich selbst gewesen bist – und wie weit ist das von absoluter Aufrichtigkeit entfernt!« Sie hatte ihn ertappt. Er war, wie alle Intellektuellen, widersprüchlich und vage. Allgemeine Grundsätze für das Volk – und selbst, im Privaten, befolgen sie sie nicht. Sein Verhalten bei den Ampeln fiel ihr ein … ›Du brauchst Vorschriften‹ – ›Und du gibst sie mir?‹ Unterscheidet sich die nationale Frage von der Frauenfrage? Aber nein, sie gehören untrennbar zusammen. Die Frauenfrage ist ein grundlegender Teil der nationalen Frage … Sie lösen ihre Komplexe auf meine Kosten; dann bekomme ich Komplexe und schaffe wiederum ihnen Komplexe durch mich. Der Teufelskreis dreht sich weiter und weiter, und wir drehen uns mit.

Er dachte über ihre Worte nach. Er war sicher, dass das, was sie gesagt hatte, richtig war. Und dennoch, es war nicht das, was er meinte. Er versuchte zu erklären: »Die traditionellen Beziehungen lassen den Menschen seine Aufrichtigkeit verlieren. Oder etwa nicht?«

»Doch.« Es klang traurig. Aber dann wurde sie wieder unnachgiebig und versank in Schweigen. Er spürte die Kälte in sich einströmen, und sie entfernte sich immer weiter von ihm und ließ ihn allein zurück mit der Nacht, den Lichtern und mit Westjerusalem. Er nahm ihre warme Hand und versuchte, sie zurückzuholen; auch die Wärme zurückzuholen.

»Was ist los mit dir?«

Ihr Blick wanderte über die Straße nach Westen, als sie langsam sagte: »Ich hänge einem Gedanken nach, der mich unablässig quält. Er kreist um die Frage des Engagements. Das Engagement gibt dem Menschen Kraft. Es gibt ihm das Gefühl, nicht allein zu sein, in einer schwierigen Lage nicht allein dazustehen, ja selbst im Tod nicht allein zu sein, sondern gemeinsam mit anderen zu sterben; und mit anderen sterben zu dürfen ist eine Gnade.«

Er blickte sie überrascht an, wollte sie an ihre Haltung an der Ampel erinnern. Sie wandte ihm ihr Gesicht zu; ein trauriges Lächeln lag darauf.

»Auch ich widerspreche mir selbst, auch ich schwanke noch immer hin und her. Ich fürchte das Alleinsein, und ich liebe die Freiheit. Ein krasser Widerspruch. Man kann sich nicht für das eine entscheiden, ohne das andere zu verlieren.«

»Ich habe Angst«, stammelte sie, ihre Lippen bebten.

Er spürte Mitgefühl und Trauer. Nicht nur für sie, auch für sich selbst und durch sich hindurch mit allen Menschen oder mit sich durch alle Menschen hindurch. Die Welt, die Besatzung, die Dritte Welt.

»Sieh nur, Jerusalem sieht ausgesprochen sauber aus. In der Welt scheint es überall Geborgenheit zu geben, und ich werde traurig, wenn ich daran denke.« Sie schwieg einige Augenblicke. »Wenn ich mich durch irgendeine Person eng mit der Welt verbunden fühle«, fuhr sie fort, »bedrückt mich das, und ich frage mich bekümmert: In dieser weiten Welt wohnen Tausende, ja Millionen von Menschen, die mir das Gefühl von Geborgenheit und Ruhe geben könnten. Selbst unter den Israelis gibt es Tausende solcher Personen. Warum begegne ich ihnen nicht?« Sie schaute ihn durch die Dunkelheit hindurch an. Sie hatte Tränen in den Augen, ihr Atem ging unruhig. Sie seufzte … Ich fürchte mich, allein zu bleiben. Ich brauche ihn. Ich brauche seine Liebe. Aber er weiß nicht, was Liebe ist. Sie empfand ein Gefühl der Auflehnung und der Bitterkeit. Ja, sie gab ihm mehr als er ihr.

»Ich habe Angst, allein zu bleiben«, flüsterte sie. »Wenn du fortgehst, werde ich allein sein, und es wird niemand mehr da sein, der mir etwas bedeutet.« Sie brach in Tränen aus.

»Mein Kleines … Du verlangst von mir die Fähigkeit zu Liebe und Heiterkeit? Mein Kopf ist grau geworden, aber mein Herz ist noch immer leer … Seit meiner Kindheit. Ein Pfahl ist in mein Herz getrieben. Die Jahre sind, Schlag um Schlag, darauf herniedergeprasselt, und Jahre der Niederlage sind etwas anderes als Jahre des Sieges. Ein Jahr der Niederlage zählt wie hundert andere. Noch wenn ich sterbe, werde ich von einer Liebe träumen, die den Schlägen, allen Schlägen, trotzt, von einer großen Liebe, einer gewaltigen Liebe, einer noch nie dagewesenen Liebe.«

Er hielt sie an seine Brust gedrückt. Versuchte, seine und ihre Traurigkeit aufzunehmen. Einige Augenblicke verbarg sie sich in seinen Armen, dann zog sie sich abrupt zurück.

»Warum?«, fragte er gequält.

Sie wandte ihr Gesicht von ihm ab. Sie wusste genau, dass er sie nicht liebte und auch nicht brauchte, dass er sie nur für Augenblicke, nur zeitweilig brauchte. Auch jede andere Frau könnte seine Leere ausfüllen. Aber das wollte sie nicht. Sie lehnte es ab, oberflächliche, vorübergehende Beziehungen aufzubauen. Eine Beziehung muss in die Tiefe gehen. Alles muss in die Tiefe gehen, muss intensiv sein, muss der Welt einen Sinn geben, einen Geschmack, muss zu etwas führen. Alles muss den Menschen dem Herzen der Welt näherbringen, dem Sitz der Wärme, dem Ausgangspunkt des Lebens. Dort liegt das Geheimnis der Freiheit. Aber die Freiheit braucht starke, gesunde Menschen, und der arabische Mann ist noch immer krank, ja schizophren. Er wünscht sich das eine und tut etwas anderes. Er besingt die Zukunft und ist an die Vergangenheit gefesselt. Ihre eigenen Erfahrungen und diejenigen ihrer Kolleginnen und auch die Arbeit an der »Frauenecke« hatten sie das gelehrt. Sicher, er ist ein Opfer, wie die Frau. Doch seine Krankheit ist schwerwiegender; denn er ist der Stärkere und gibt sich auch so. Das ist die Wirklichkeit, und sie will nicht das Opfer des Opfers sein. Doch dann – bleibt nur das Alleinsein.

Sie holte tief Luft und rief: »Ich habe Angst, allein zu bleiben.«

Schweigend dachte er über ihre Worte nach. Sie ist eben wie alle anderen orientalischen Mädchen. Das Mädchen in der arabischen Welt hat nichts im Kopf außer heiraten. Dann die Routine und die Unaufrichtigkeit. Vielleicht ist ja die Frucht rot wie eine Koralle, doch das Spinnennetz droht mit Erschöpfung und Tod.

»Warum nur bestehen wir darauf«, fragte er müde, »den anderen eine Last zu sein? Warum muss ich einen Knechtschaftsscheck unterzeichnen?«

Ein großes Fragezeichen und viele Zweifel standen ihr vor Augen. Verdrossen sagte sie: »Wenn ich einmal fünfzig bin und spüre, dass die ganze Welt um mich herum lebt, ohne dass ich darin einen sicheren Platz habe, dann werde ich die Kinder um ihr Spielen beneiden, die jungen Leute um ihre Leidenschaft und die Erwachsenen um ihr Aufgehen in Problemen und in Arbeit. Und ich werde allein sein.«

Ihre Gedanken drehen sich immer um denselben Punkt, diese kleine Hexe. Ihre Auflehnung betraf nur die äußere Schale. Und er, wie viele Schalen hat er? Wie kommt er dazu, ihr Vorwürfe zu machen! Er versuchte zu argumentieren: »So haben meine und deine Mutter gefühlt. Die Frau von heute ist anders. Ihre Eingliederung in Gesellschaft und Arbeitswelt wird verhindern, dass sie sich einsam fühlt.«

Er wollte gern noch mehr sagen, doch er spürte, dass er nicht mehr aufrichtig mit ihr und mit sich selbst war. Dass er versuchte, sie davon zu überzeugen, die Vorstellungen der Gesellschaft hätten sich gewandelt; und das, obwohl er doch wusste, dass die Veränderung auf eine kleine Gruppe begrenzt war. Und selbst diese Gruppe war noch fest eingebunden in die Fäden eines verwickelten Problems, das nicht eindimensional erklärbar war. Es waren sich überlagernde Dimensionen, deren Wurzeln sich in drei Richtungen verteilten, Richtungen des Denkens, des Denkens von heute und von immer – Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft.

3

Von Jerusalem nach Nablus – was gibt es Schöneres? Das Wagenfenster ist geschlossen. Einer fächelt sich Luft zu. Eine ist verschnupft und niest: Hatschi! … Gesundheit und Gott segne dich … Gott segne uns alle! Gott segnet uns nicht alle. Gott segnet weder das Horn von Afrika noch die ägyptische Fortschrittspartei. Gott segne weder Amerika noch das Öl noch auch die Keren Kajemet. Sie haben der Stadt eine Schlinge um den Hals gelegt. Der Junikrieg brachte uns Bulldozer mit höllischen Kinnbacken. Sie verschlingen die Erde, die Steine, die Bäume, die Menschen. Ihre Schichuns, ihre Überbauungen, dehnen sich aus wie Pilzkulturen. Ramla liegt mitten im Krieg.

Felder von Pilzen und Schwammigkeit. Beit Hanina – die stille Sehnsucht über ein Flugplatzgelände gebreitet. Flugzeuge, khakifarben, grau, schwarz. Krähen lassen sich auf dem Dach des Gefängnisses nieder. Dann die Rakifabrik, Anis, Pinien, Libanon in Flammen, Zypressen und ein Gebäude aus schwarz gewordenem Stein. Haufen von Glas glänzen unter einer winterlichen Sonne. Über die Straße Nägelsperren. Uzi-Maschinenpistolen.

»Gepäck aufmachen … Motor aufmachen … Ausweis vorzeigen … Gepäck zumachen … Motor zumachen … Maul zumachen … Aussteigen … du … du … alle … alle … los … los.« Du fährst weiter, und immer wenn du weiterfährst, verfolgen dich die Augen. Blaue, grüne, gelbe, schwarze – mit khakifarbenen Lidern und uzibeladenen Wimpern.

Die beiden Berge von Nablus sichern die Stadt wie Zeltstricke. Nicht im Dienst der Staatssicherheit, aber als wackerste Aufsicht, welche die Geschichte je gekannt hat – die Kontrolle über die Innen- und Außenseiten, die Titelblätter, die Familiennachrichten und die Todesanzeigen: Du hast geheiratet. Du bist geschieden. Du hast die Masern bekommen. Du hast dich gezankt und hast dich wieder vertragen. Du hast gekocht, aber niemanden eingeladen. Der Name deiner Großmutter. Der Zweig deiner Familie. Deine Blutgruppe. Wenn du Bauer bist, so hängt dir das an. Du gehörst nicht zur Familie al-Karmi und zu keiner anderen einflussreichen, sei sie großzügig oder geizig. Du bist aus Staub und wirst wieder zu Staub, und alle gehen dahin, die auf Erden leben. Ewig sind nur der Herr der Herrlichkeit und die Besatzung.

Er ging auf den Platz hinab. Einer der Stadtnotabeln warf ihm im Vorübergehen einen schrägen Blick zu, direkt vor der Bank, die seit Beginn der Besetzung geschlossen war. An Tür und Fenstern der Wechselstube hatten die Spinnen ihre Behausungen gebaut. Die Treppen waren mit schwarzem Moos überzogen. Doch das Geld ging weiter hin und her. Zwar öffnete es nicht mehr die Türen der Bank und stieg nicht mehr ihre Treppen hinauf. Aber durch eine unsichtbare Kraft floatete es trotz des Floatens des israelischen Pfundes. Klassen versanken, andere stiegen auf, und ein winziger Teil der Mittelklasse gedieh auf dem Rest der Gesellschaft.

Ein anderer, noch schlimmerer Notabler ging vorbei. Deine Artikel, Adel al-Karmi, du rote Kanaille! Hast du deine Herkunft vergessen? Trittst du die Wohltat, die dir zuteilwurde, mit den Füßen? Als ob die Juden nur sein Haus hätten hochgehen lassen. Ganz klar Artikel, die der Neid diktierte. In ihren Fabriken hat er gearbeitet. Und heute ist er gekommen, um uns die Philosophie der roten Feinde des Volkes und der Heimat zu bringen, nur um das, was war, vergessen zu machen. Was war, war. Das ist etwas, was die Stadt nicht vergessen wird. Auch nicht, wenn über sie ein Erdbeben hereinbricht wie damals, im Jahr 29. Diese Stadt wird ihre Schande nicht vergessen. Sie vergisst nicht, dass deine Mutter nicht mehr täglich kocht, dass euer Haus ein Loch geworden ist und dass ihr nicht mehr zu den Notablen gehört. Und wenn alles wieder einmal wird wie früher, dann wird keiner von euch, aber auch kein Einziger, auch nur einen Finger voll Macht erhalten.

Er bog in die Gasse, die zum Tor des Platzes führte. Ging am Fischverkäufer, am Gemüsehändler, am Altmöbelladen vorüber. Freundliche Gesichter lachten ihm zu. Die Händler grüßten ihn und luden ihn zu einer Tasse Kenar mit Walnüssen und Pinienkernen ein. »Komm doch rein! Bei Gott, wo bleibst du denn, Mann? Komm rein, sei ein guter Nachbar. Eine Tasse Kenar. Rauch doch eine Wasserpfeife mit uns!«

Der Puddingverkäufer rief laut vor seinem mit Plastikblättern und Plastikblumen geschmückten Wagen: »Warmer Pudding! Pudding mit Walnüssen und Ingwer. Gott grüß dich, Adel! Bei Gott, komm doch her. Iss doch schnell im Vorbeigehen eine Schale voll, mein Herr.«

Er erinnerte sich noch immer daran, dass ich ein Herr bin. Voller Wunder bist du, meine Stadt. Voller Wunder wie ein Panoptikum mit all den Bildern, die einander folgen. Damals, als Kinder, saßen wir auf der Holzbank und schauten durch die Öffnung in den Kasten – von einer Welt in eine andere. Abu Said al-Hilali, der Held, der ein Pferd besteigt, einen Speer in der Hand, den er dem Ungeheuer ins Herz stößt. Doch das Ungeheuer lastet noch immer auf der Brust und auf dem Nacken und nimmt einem den Atem. Voller Wunder bist du, meine Stadt. Geduld. Herzensgüte. Feigenkaktus – stachlige Hülle, weicher Kern. Schwarzer Ruß. Weißer Marmor. Und die Widersprüche der ganzen Welt …

»Nuwar! Wohin?«

Wie erwachsen das Mädchen geworden ist! Aber sie hat auch ihren Glanz verloren. Wie alle Menschen unter der Besetzung.

Die Schwester blieb auf der Treppe stehen, einen Stoß Hefte unterm Arm. »Wir haben uns so nach dir gesehnt. Wo warst du? Du warst so lange weg dieses Mal. Nicht einmal telefoniert hast du. Keine Nachricht hast du uns zukommen lassen. Wir haben uns alle Sorgen gemacht, und Mutter ist uns schrecklich auf die Nerven gegangen. Wir dachten gar, sie hätten dich eingesackt und dich gerupft. Am Freitag haben wir Basil besucht. Er hat nach dir gefragt. Seine Zeit ist beinah um. Aber ich muss mich beeilen! Die Schule. Wir sehen uns dann beim Essen. Mutter kocht. Ich werde nicht spät kommen. Es gibt Krautwickel zum Mittagessen. Wir pressen dann noch Zitronen aus darüber. Was hältst du davon?« Sie lachte, küsste ihn auf die Wange und drückte ihn ein wenig an sich. Es wurde ihm warm ums Herz, und er lächelte.

Er stieß die Tür auf und rief. Sie kam aus der Küche gelaufen. An ihren erhobenen Händen waren die Spuren des Kochkampfes zu sehen. Er beugte sich zu ihrem rundlichen Körper herab und küsste sie auf ihre festen Wangen. Er lachte und versuchte, sie auf andere Gedanken zu bringen, als sie ihm für sein langes Ausbleiben Vorwürfe machte. Er wollte wissen, wer drinnen sei.

Umm Saber helfe ihr mit den Krautwickeln, erwiderte sie. Seine Großmutter sei seniler, als er es sich vorstellen könne. Auch vom Besuch bei Basil sprach sie und jammerte dann: »Wann ist die Familie nur endlich wieder zusammen?«

Er folgte ihr in die Küche, wo es nach gekochtem Kohl roch. Er mochte diesen Geruch nicht, aber er erinnerte ihn an das, was daraus werden sollte. An ein Gericht, das nicht zu verachten war, ans Sattessen mit großartiger heimischer Kost, nachdem er das fade Restaurantessen leid geworden war.

»Basil?«, kreischte die Großmutter mit ihrer weinerlichen Stimme. »Komm her, Basil, lass dich küssen. Du bist groß geworden, mein Junge.«

Auch Umm Saber begrüßte ihn: »Das ist Adel, liebe Hadscha. Wünsch ihm Wohlergehen und inneren Frieden. Wünsch ihm, dass Gott ihm eine anständige Frau schenkt, die ihn glücklich macht und ihm eine reiche Nachkommenschaft beschert. Beim Propheten, Gott beschütze dich. Ich wünsche dir Schutz vor dem Auge des Neiders und vor den Juden.«

Die Mutter breitete ein Plastiktuch über den kurzbeinigen Holztisch. Zusammen mit Umm Saber begann sie, die Krautwickel zu machen. Und kaum waren ein paar Minuten vergangen, da begann man, über andere herzuziehen. Und keine Frau und kein Mädchen im Viertel blieben ungeschoren. Alle wurden durchgehechelt. Umm Saber wiederholte mehrfach den Namen Sadija, worauf Adel mit unterdrücktem Ärger fragte: »Was hast du gegen Sadija, Umm Saber?«

Umm Saber verzog den Mund, wandte ihren Blick ab und verlieh ihren Worten Nachdruck mit einem Schlag gegen die Schüssel, die vor ihr stand. »Sie tut so allerlei und benimmt sich nicht, wie sichs gehört. Die Männer gehen bei ihr aus und ein, und sie behauptet, was sie hat, hätte sie durch Gottes und der Nähmaschine Güte. Oh Gott, Sadijas Nähmaschine. Oh Gott, oh Gott!«

Am folgenden Morgen traf Adel Sadija. Er saß an einem Tisch am Rand des alten, gepflasterten Platzes und sah gerade einige Blätter durch, auf denen er Notizen für einen Artikel über die Lage der Gemeinden unter der Besatzung zusammengetragen hatte. Der Kellner, noch ein Junge, brachte ihm eine Tasse Kaffee; dann setzte er sich unweit von ihm hin und begann, Spuren von Humus, Bohnen und angetrockneten Tomatenkernen von seiner Schürze abzukratzen. Plötzlich rief er mit seiner krächzenden Stimmbruchstimme: »Guten Morgen, Umm Hamada!«

Adel schaute schnell auf. Er stellte die Tasse auf den Tisch und folgte mit den Augen Sadija, die am Laden des Altmöbelhändlers vorüberging und Sofas betrachtete, denen man aus hässlichem Stoff ein neues Äußeres verliehen hatte.

Sie trug einen schwarzen Rock und eine langärmelige weiße Bluse. Sie war sehr dünn geworden. Die Rundungen an ihrem Körper waren verschwunden und durch kaum wahrnehmbare Windungen ersetzt worden. Auch ihr langes Haar war verschwunden. Stattdessen trug sie nun einen Rundschnitt, der ihr ein lebendigeres und jugendlicheres Aussehen gab.

Er zögerte lange, trotz des brennenden Wunsches aufzustehen und zu ihr hinzugehen. All das Gerede und all die Verdächtigungen, die Sadija über sich ergehen lassen musste, waren schon genug; noch mehr, dachte er, habe sie nicht nötig. Er blieb sitzen und beschloss, sie in Begleitung seiner Schwester zu Hause zu besuchen. Das war sicher besser. Er beugte sich wieder über seine Papiere, trank seinen Kaffee und hatte Sadija längst vergessen, als er ihre Stimme unmittelbar neben sich vernahm.

»Ja grüß dich Gott, Adel!«, rief sie herzlich. In ihrer Stimme lag eine Festigkeit, die ein großes Maß an Selbstvertrauen offenbarte, was ihn mit Bewunderung und Achtung füllte. Das ist eine starke Frau, imstande, ihren eigenen Umständen und denen ihrer Umgebung zu trotzen, eine Frau, die fest und unerschütterlich auf dem Boden steht. Er stand auf, streckte seine Hand aus und begrüßte sie herzlich: »Guten Tag, Umm Hamada! Wie gehts dir? Wie gehts deinen Kindern?«

Sie blickte ihn fast etwas vorwurfsvoll an und fragte: »Du warst wohl weit weg? Monatelang hast du dich nicht nach uns erkundigt. Nicht einmal du, Adel. Hast du meinen Seligen vergessen, der dir näherstand als ein Bruder? Du hast vergessen, dass dein Bruder Frau und Kinder hat. Was weiß ich, was in dem Viertel vor sich geht. Sogar Abu Saber fragt nicht mehr nach uns und zeigt sich nicht mehr. Aber du bist viel wichtiger als alle anderen – und handelst trotzdem wie Abu Saber. Weiß Gott, von dir hätte ich das nicht erwartet.«

Adel entschuldigte sich und schilderte ihr seine Situation. Dass die Arbeit bei der Zeitschrift ihn voll beanspruche. Dass die Fahrt zwischen Nablus und Jerusalem von Tag zu Tag schwieriger werde – die Kosten, der Aufwand, dann die Durchsuchungen und was sonst noch alles dazukommt. Außerdem wolle er ihr nicht noch mehr Unannehmlichkeiten machen. Man kenne ja die Stadt mit ihrem Getratsche. »Das weißt du ja alles, Sadija.«

»Und ob ich das weiß! Was man in dieser Stadt nicht alles ertragen muss. Mal die Juden, mal die bösen Zungen. Selbst das Witwendasein missgönnen die einem und beneiden mich darum. Stell dir vor …«

Sie fixierte ihn scharf. Ihre Augen waren feucht, ihre Stirn rot geworden. Sie schüttelte den Kopf, ihre Stimme klang bitter. »Was hab ich von dieser Stadt? Wenn du was brauchst, hilft dir nur dein eigenes Geld. Acht Monate bin ich daheim gesessen, und keiner hat den Kindern auch nur eine Banane oder einen Apfel geschenkt. Ich hab Schwarz getragen und ein Kopftuch umgebunden. Ich hab auf der Bank am Fenster gesessen, hab geweint und gejammert und hab die Fatiha-Sure für meinen Seligen gesprochen. Und was hab ich davon gehabt? Das Schwarz hat mir den Seligen nicht zurückgebracht. Das Kopftuch hat mir bei den Leuten nichts genützt. Ich will beileibe nichts gegen das sagen, was du für uns getan hast. Aber alles hat seine Grenzen, und jeder Mensch muss sein eigenes Bündel tragen. Ich hab mein Bündel auf mich genommen, nachdem mich das Schicksal aus einer Welt herausgerissen und in eine andere Welt hineingeworfen hat. Wir haben gelernt, wie man sich durchbringt und wie man arbeitet. Wir haben aufgepasst und viel erfahren und unsere Lektion gelernt. Aber mein Tadel trifft dich, Abu Saber! Du hast wenig Mumm gehabt. Er hat sich immer gezeigt und hat nach uns gefragt. Jeden Morgen hat er gefragt: Fehlt dir etwas, Sadija? Und ich hab ihm gesagt: Dein Mitgefühl ist mir die Welt wert. Aber in Umm Saber ist das Feuer ausgebrochen, und sie hatte Angst, ich könnte ihm gefährlich werden. Umm Tahsin hat ihr alles Mögliche erzählt. Kannst du dir das vorstellen? Als mein Seliger im Gefängnis war, seid ihr bei mir ein und aus gegangen, und niemand hat sich das Maul darüber verrissen. Was ist heute anders als damals? Als er eingelocht war, hat der Mann im Haus gefehlt. Und als er gestorben war, hat auch der Mann im Haus gefehlt. Was ist der Unterschied zwischen dem einen und dem anderen Fall? Der Unterschied ist, ich bin Witwe geworden. Witwe sein ist bitter, Adel. Statt dass es die Herzen erweicht und einem zuwendet, verhärtet es sie, und die Leute wenden sich ab. Tja, das ist unser Schicksal … Jemand anderem als Gott zu klagen ist erniedrigend. Aber du hast mit der Geschichte von dem Gerede in der Stadt angefangen. Und ich sage dir, ich weiß, wie es ist. Seit Jahren, Adel, hat sich die Welt immer mehr verändert. Auch du, du bist Journalist geworden, dein Name steht in den Zeitungen und Zeitschriften, und die Leute erzählen viel Gutes über dich.«

Plötzlich schaute sie auf die Uhr und schlug sich erschreckt an die Brust. Sie habe sich verspätet und habe noch so viel zu tun, was ihr ganz Nablus nicht abnehmen könne. Also, auf Wiedersehn! Leb wohl! Grüße an deine Mutter! Grüß mir deine Kinder! Du bist herzlich willkommen bei mir, auch Nuwar und alle anderen lieben Menschen. Leb wohl!

Wenige Minuten vor sechs ging er gemeinsam mit seiner Schwester hin. Jeder von ihnen trug eine Tüte mit Obst, Süßigkeiten und Knabbereien. Die Kinderschar empfing sie. Ebenso die verstohlen hinter den Fenstern der Nachbarhäuser gereckten Köpfe.

Im großen Zimmer, das ungewöhnlich sorgfältig aufgeräumt war, saßen artig und schweigsam die Kinder und warfen insgeheim schüchterne Blicke auf die beiden Gäste. Der große Empfang von kurz zuvor war wohl nur ein Gastfreundschaftsritual gewesen. Danach war alles wieder zum Alten zurückgekehrt, und man verhielt sich wieder, wie es sich gehört.

Nuwar zog den kleinen Asis zu sich und setzte ihn sich auf den Schoß. Er hockte da wie eine verschreckte Katze und wagte noch nicht einmal, sie anzusehen. Adel brach in schallendes Gelächter aus, als er den spitzbübischen Ausdruck auf Raschads Gesicht bemerkte, mit dem jener Gleichgültigkeit mimte. Doch sein Lachen erstickte schnell, als sein Blick auf Sohdis Augen traf. Sein Bild hing mitten auf der gegenüberliegenden Wand … Ah, du hier. Das waren noch Tage mit dir, auch wenn es leidvolle Tage waren. Zumindest weiltest du unter uns und hast uns an den Wind von Kuweit erinnert. Inzwischen weht der Wind Saudi-Arabiens und auch der unseres Unglücks noch schärfer.

Sadija legte ein Stück Kuchen auf einen Teller und sagte: »Samija, gib das Tante Nuwar.«

»Ein so großes Stück? Ich bitte dich, Umm Hamada!«, rief Nuwar.

Sadija lachte. »Ob du willst oder nicht, du musst deinen Anteil essen.«

»Weißt du, Mutter, vielleicht muss sie ja auf ihre Linie achten wie du«, rief Raschad.

»Halt du den Mund!« Sie schenkte ihre ganze Aufmerksamkeit dem Kuchenblech. Ihr Gesicht wurde noch röter. Das Wort »Linie« ging Adel im Kopf herum – es war wie ein Stein, der im Wasser Kreise zieht … Einen Augenblick lang wanderte sein Blick, im spontanen Versuch, sich zu vergewissern, über ihre Beine und ihre Füße. Ja … Linie … Nicht schlecht. Es ist ihr gutes Recht. Tja, Sohdi … Wie denn, was denn? Wenn du an ihrer Stelle wärst, würdest du untätig rumsitzen?

An der Haustür war ein kräftiges Klopfen zu vernehmen. Sadija brummte: »Geh, Raschad, und mach Onkel Schahada die Tür auf. Möglich, dass er die neue Ladung bringt.«

Adel bemerkte wohl die Blicke, die die Kinder austauschten, auch das Blinzeln und das verstohlene Feixen. Und als Raschad von der Fensterbank aufstand, machte er Schahadas federnden Gang nach. Samija stand noch immer an der Tür und hielt mit der Hand ein unterdrücktes Glucksen zurück, das geräuschvoll aus ihrer Nase brach. Sie drehte sich um und verbarg ihr Gesicht in der Zimmerecke, während Dschamal sich tief über ein Buch beugte, das auf seinen Knien lag.

Es erschien ein großes Bündel Hemden, umfasst von zwei langen verschwitzten Armen.

»Los Dschamal, beweg dich und hilf Onkel Schahada«, rief Sadija. Dschamal stand auf und nahm einige der Hemden von dem Pack herunter. Schahadas Gesicht erschien, umrahmt von sorgfältig gepflegtem Haar. Es war eines der Produkte jenes Haarkünstlers auf dem Platz, an dessen Ladentür ein Schild mit der Aufschrift prangte: ›Hier werden kunstvolle Frisuren kreiert.‹ Schahadas Frisur war zweifellos ein exklusives Exemplar jener Kreationen.

»Guten Tag, Adel! Einen schönen guten Tag, Fräulein Nuwar! Allseits einen guten Tag!!«

»Fräulein … Fräulein«, wiederholte Raschad tuschelnd. Die Kinder prusteten; sie versuchten, ihr Lachen zu unterdrücken.

4

Er verbeugte sich so tief, dass sein Kopf fast ihre Hand berührte. Dann hüpfte er einen Schritt zurück.

»Achtung, der Kuchen«, rief Sadija.

Er wandte sich behänd; auf sein Gesicht war der Ausdruck größten Erstaunens gezeichnet. »Ich bedaure, ich bedaure. Verzeih mir, ich bedaure! Ich bin in deiner Schuld, verzeih mir!«

»Verzeih ihm doch, Mutter«, rief Raschad.

»Halt du den Mund.«

Der wissensdurstige Dschamal beugte sich tief über sein Buch und prustete. Samija krümmte sich neben der Tür, während der boshafte Raschad sein Gesicht fast in seinem Teller vergrub, auf dem er sich erbarmungslos zu schaffen machte.

Sadija füllte einen Teller für Schahada. Dieser nahm ihn und setzte sich neben Dschamal auf die mit Sitzkissen bedeckte Fensterbank. Er lauschte dem Gespräch zwischen Sadija und Nuwar und befleißigte sich des üblichen Austauschs von Artigkeiten, den er aufs Vollkommenste beherrschte, und zwar ganz besonders mit Personen, denen er sich unterlegen glaubte. Schahada war nämlich von einem Gefühl beherrscht, das im Wesentlichen darin bestand, dass jeder, der nicht den Namen Schahada trug, ihm auf die eine oder andere Weise überlegen war. Doch Schahada hatte – dank Gott, den Unternehmern und den Umständen im Land – seine Fähigkeit in manch einem Bereich beweisen können. Nachdem er die Orangenplantage der Familie al-Karmi verlassen hatte, war er als Bauarbeiter tätig – und zwar mit Erfolg. Dann war er als Gerüstbauer tätig – und zwar mit Erfolg. Später war er als Lastwagenfahrer tätig und transportierte Orangen von der Einwachsfabrik zum Hafen – und zwar mit Erfolg. Danach war er als Mechaniker und als Eisenwarenverkäufer tätig. Ergänzend machte er noch vielfach Geschäfte, die zwar außerhalb der Legalität waren, jedoch auch von vielen anderen betrieben wurden. So konnte er sich durch Gottes und der Umstände Hilfe einen Lieferwagen erstehen, mit dem er nun Unterschiedlichstes transportiert, beispielsweise auch die Hemden für Sadija. Diese Hemden holt er zugeschnitten, geordnet und sortiert bei einer Firma in Tel Aviv ab und bringt sie später verkaufsfertig zurück, versehen mit einem Schildchen »Made in Italy«, »Made in USA« oder »Made in Japan«. So kann man sie problemlos den Arabern in der arabischen Welt verkaufen, oder die Palästinenser im Ausland bringen sie, wenn sie in den Sommermonaten nach Hause kommen, den Daheimgebliebenen als Geschenk mit.

Zusätzlich zu seinem ausgeprägten Minderwertigkeitsgefühl verspürte Schahada auch ein Gefühl des Fremdseins, in arabischen gleichermaßen wie in israelischen Kreisen. In Nablus fühlte er sich als ein Fremder, wiewohl er seit der ersten Katastrophe im Jahre 1948, als er noch ein kleiner Junge war, da wohnte. Auch in den Jahren, während er auf der Orangenplantage der Familie al-Karmi arbeitete, verspürte er dort dieses Gefühl. Ein Fremdsein, wenn er auf die Plantage ging, ein Fremdsein, wenn er von dort zurückkehrte. Ein Fremdsein, wenn er nach Nablus ging, ein Fremdsein, wenn er anderswo weilte. Dieses Gefühl des Fremdseins wurde noch viel ausgeprägter, als er an die Unternehmer und an die Verhältnisse vielfach Zugeständnisse machte und als ihm klar und deutlich geworden war, dass die vielen Pfunde in der Tasche ihm zwar die Türen der Kaffeehäuser und der Läden auftaten, ihm aber nicht zu Achtung und Ansehen verhalfen.

So pflegte Schahada in Kaffeehäusern zu sitzen und allen und jedem dies und jenes zu spendieren. Er bestellte eine Wasserpfeife für diesen, eine andere für jenen. Doch er wusste genau, wenn er sich plötzlich umdreht, wird er ein Auge sehen, das einem anderen spöttisch oder in geheimem Einverständnis zuzwinkert. Nun ja, was solls? Ein verstecktes Blinzeln ist nicht so schlimm wie eine Beleidigung direkt ins Gesicht – wenn es schon sein musste.

Was aber dieses Gefühl des Fremdseins auf israelischen Straßen angeht, das ist ja nicht weiter überraschend! Schließlich ist ihre Religion nicht die unsrige. Auch ihre Gewohnheiten sind nicht die unsrigen. Ein Mädchen schläft mit ihrem Onkel, und er darf sie heiraten. Oh, Prophet! Was ist das für ein Gesetz? Was für ein Volk? Aber: Wo du dein Brot verdienst, bleib! Und: Die Hand, die du nicht beißen kannst, küsse sie und wünsche ihr, dass sie zerbrochen werde!

Schahada war nicht eigentlich ein schlechter Mensch. Er war gutherzig und freigebig, immer bereit, einem Ruf Folge zu leisten. Aus diesem Grund konnte er auch nie den Ruf eines jüdischen oder arabischen Unternehmers überhören. Deren Stellung wirkt als Schutz und macht sich bezahlt. Wenn ihm darüber jemand Fragen stellte, antwortete er allemal: »Ich bin Pragmatiker. Wir haben unser Land verloren. Wir leben unter der Besatzung. Jeder handelt mit allem. Wer schlau ist, muss pragmatisch sein und aus den gegebenen Umständen seinen Vorteil ziehen. Es ist sowieso alles hin. Bei Gott! Und wenn schon, dann lieber anständig als in Schande.«

Doch es war ihm klar, dass seine Haltung nichts war, worauf er stolz sein konnte, und das verdoppelte seinen Drang, sich zu erniedrigen – eine Erniedrigung zunächst gegenüber dem Unternehmer, danach gegenüber seinen Kollegen, damit sie ihm jene erste Erniedrigung verziehen. Wenn er sich einer starken Persönlichkeit gegenübersah, spürte er eine Ehrfurcht wie ein Schüler gegenüber einem Achtung gebietenden Lehrer. Am allermeisten aus diesem Grund war Schahada in Sadija verliebt. Es war eine Verliebtheit, wie er sie auch bei Geschichten von Heldentum und Opfermut verspürte, die er allerorts aufschnappte und sie mit großer Begeisterung weitererzählte, nicht ohne sie zuvor gepfeffert und gewürzt zu haben. Dabei redete er mit Händen und Füßen und stieß ständig Beteuerungen aus. Er lachte auch sein markantes, wieherndes Lachen, als er erzählte, wie die Soldaten vor Schreck gelähmt gewesen und dann, »Fatah, Fatah« schreiend, davongelaufen seien.

Er erzählte und erzählte eine seiner ständig wiederholten Geschichten: »Der Junge ist kreuz und quer durch alle Gassen gerannt, die Soldaten hinter ihm her wie Windhunde. Dann ist er auf eine Mauer geklettert und auf der anderen Seite runtergesprungen. Dort im Garten war eine alte Frau beim Gießen. Die hatte einen Rock an und ein großes Tuch auf dem Kopf. Die Erde tat sich auf und verschluckte den Jungen. Die Soldaten haben die alte Frau gefragt: ›Wo ist der Junge?‹ Sie hat zurückgefragt: ›Welcher Junge?‹ ›Der Junge, Geveret! Der Junge, Gnädigste! Eben der Junge!‹ Der Junge ist hier. Der Junge ist dort. Zwischen den Pflanzen. Den Baum rauf und runter. Da ist kein Junge und auch sonst nichts. Als die Soldaten dann wieder weggewesen sind, hat die alte Frau ihren Rock hochgehoben und hat zu dem Jungen gesagt: ›Los, geh heim zu deiner Mutter!‹ Da ist der Junge dann zu seiner Mutter gegangen, und die Soldaten suchen immer noch nach ihm.«

Er lachte schallend.

»Zum siebten Mal«, flüsterte Raschad hörbar.

»Halt du den Mund!«

»Aber es war zum siebten Mal, Mutter!«

»Ich habe dir gesagt, du sollst den Mund halten. Wenn dir hier was nicht passt, geh raus!«

»Ich soll mir das siebenmal anhören und den Mund halten?«

»Auch zehnmal, wenns sein muss. Los, steh auf! Gib mir den Zollstock, Samija.«

»Nein, nein, ich geh ja schon. Ich geh ja schon.« Raschad stand auf und verabschiedete sich: »Lebt wohl! Siebenmal.« Er zwinkerte Schahada zu. Sadija hob die Hand, doch er entfloh wie der Wind.

Offen und direkt schüttete Sadija Nuwar ihr Herz aus. Sie zog sich mit ihr zurück und tat die Schleusen ihres Inneren auf. Samija stellte den Fernseher an und setzte sich mit ihren Brüdern auf die Matratze auf der Erde. Adel war vollauf damit beschäftigt, Schahada und seinen Geschichten von den Arbeitern »drinnen« zu lauschen.

In Sadijas Brust lief das Maß über. Sie vergoss ein paar Tränen, die sie schnell wegwischte. »Ach, mein Seliger …« In diesem Augenblick blitzte die Erinnerung an ihn auf wie die Strahlen der Sonne. Ihre Züge erhellten sich mit Zärtlichkeit und Verlangen. Ihr Herz schlug schneller, und ihre Tränen flossen. Nuwar nahm ihre Hand; sie war bewegt … Ach, Nuwar, was soll ich dir vom Witwendasein erzählen, von der Traurigkeit und von der Einsamkeit, vom Gefühl des Elends und von den Teufeln, die immer wiederkehren. Wie könnte ein Mädchen wie du verstehen, was es heißt, als Frau allein zu sein, ohne eine starke Brust, die einen stützt?

Sie versuchte, ihren Kummer zu vergessen. »Erzähl mir, Nuwar. Wie geht es Saleh? Bist du immer noch an ihn gebunden? Worin unterscheiden sich er und Sohdi? Der eine ist tot im Grab, der andere ist tot im Leben. Eines ist so schlimm wie das andere.«

Sie dachte ein Weilchen nach und fuhr dann fort, und ihre Stimme bebte: »Ich will dir was sagen, Nuwar, nimms mir nicht übel. Heute bist du fünfundzwanzig Jahre, in der Blüte deiner Jugend. Aber vergessen wir nicht, wir sind Frauen, und jedes weitere Jahr ist anders als das vorhergehende.« ,

Nuwar betrachtete aufmerksam das Gesicht ihres Gegenübers – ein noch immer jugendliches Gesicht, trotz all der Sorgen. Doch die Feder der Zeit hatte schon leicht daran geritzt. Erschreckt dachte sie: In zehn Jahren sieht mein Gesicht auch so aus. Und ich habe noch zwei, drei Jahrzehnte zu warten. Oh Gott …

Plötzlich nahm sie wahr, dass Sadija weitersprach: »Das ist halt ihr Schicksal … Ist es nicht so? Wenn einer stirbt, sterben wir mit. Wenn einer ins Gefängnis kommt, gehen wir mit. Das ist nichts zum Lachen, verstehst du? Willst du denn warten, bis deine Jugend dahin ist, Nuwar?«

Nuwars Herz füllte sich mit Zweifeln; Panik überkam sie. Hilfesuchend blickte sie auf ihren Bruder. Doch dieser war vollauf damit beschäftigt, Schahada zuzuhören.

»Also, jeder muss selbst für seine Zukunft sorgen. Du musst ein anständiges Mädchen finden. Auch ich habe, um ehrlich zu sein, schon daran gedacht. Und Gott seis gedankt, mir gehts nicht schlecht, wirklich nicht. Was ich verdiene, reicht, auch für eine Familie. Ja, es ist mehr als genug. Und ich hoffe doch, dass die Leute jemand wie mich auch zu schätzen wissen.«

Er warf einen verstohlenen Blick nach Sadija, der Adel nicht entging und der ihn beunruhigte. Sadija Schahadas Frau? Er betrachtete sie, wie sie mit Nuwar flüsterte. Eine wirkliche Schönheit, im Rahmen der Stadt. Noch immer in der Blüte ihrer Jugend. Sie hatte viel dazugelernt. Wie man arbeitet, wie man sich anzieht, wie man mit Männern spricht, ohne rot zu werden oder zu stottern. Ausgezeichneter Rohstoff, formbares Material. Aber das Bewusstsein! Ihr Bewusstsein ist nicht echt. Es ist nur der Abglanz einer Empörung gegen die Gesellschaft. Und dieser Schahada liegt auf der Lauer. Doch dann … Die Frau würde beschädigt zwischen ihre Haremsmauern zurückkehren. Schahada und Unversehrtheit, das geht nicht zusammen.

Sadijas Tränen flossen heimlich weiter. Ihre Augen waren, über die Köpfe der Kinder hinweg, auf den Fernsehbildschirm gerichtet. Sohdi … Was vorbei ist, ist vorbei. Nichts bleibt als das Witwendasein und diese Schar Kinder. Eine schwere Last. Wirklich, eine schwere Last.

Sie lächelte voller Zärtlichkeit. Eine salzige Träne, die nach Blut schmeckte, lief ihr in den Mund. Dieser kleine Lausbub da namens Raschad macht meine Sorgen und meine Probleme noch sichtbarer. Er kann sich nie ruhig halten. Wie sein Vater. Er ist wie eine kleine Taube, die fliegen will.