Die Strafbarkeit von Whistleblowing im öffentlichen Dienst - Ruben Doneleit - E-Book

Die Strafbarkeit von Whistleblowing im öffentlichen Dienst E-Book

Ruben Doneleit

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Beschreibung

In den vergangenen Jahren hat die gesellschaftliche und rechtspolitische Debatte rund um das Thema Whistleblowing weiter an Fahrt aufgenommen. Dies war bedingt durch die Whistleblowing-Richtlinie der Europäischen Union von 2019 und das darauf basierende Hinweisgeberschutzgesetz. Hierdurch trat erstmals im nationalen Recht ein einheitliches Schutzgesetz zugunsten von Whistleblowern in Kraft. Gerade die Strafbarkeitsrisiken im öffentlichen Dienst waren bisher im Vergleich zu denen in der Privatwirtschaft nicht vollständig aufgearbeitet worden. In der Arbeit wird der bisherige Forschungsstand unter Bezugnahme auf die Auswirkungen des nationalen Hinweisgeberschutzgesetzes erörtert. Auch weitere grundlegende Fragen, wie beispielsweise zur Reichweite von privilegierungswürdigen Inhalten und zur Person des Whistleblowers, werden unter Berücksichtigung der Besonderheiten des öffentlichen Diensts beantwortet.

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Die Strafbarkeit von Whistleblowing im öffentlichen Dienst

Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Hohen Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität zu München

vorgelegt von

Ruben Gernot Doneleit

2023

www.cfmueller.de

Herausgeber

Schriften zum Wirtschaftsstrafrecht

Herausgegeben von

Prof. Dr. Mark Deiters, Münster

Prof. Dr. Thomas Rotsch, Gießen

Prof. Dr. Mark A. Zöller, München

Autor

Ruben Doneleit studierte Rechtswissenschaften an der Universität Konstanz mit dem Schwerpunkt „Strafrechtspflege: Wirtschaftsstrafrecht, Kriminologie, Europäisierung und Praxis“. Nachfolgend absolvierte er den Juristischen Vorbereitungsdienst im Bezirk des Oberlandesgerichts Karlsruhe. Im Anschluss daran arbeitete er promotionsbegleitend als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Professor Dr. Mark A. Zöller an dessen Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Strafrecht und Strafprozessrecht, Wirtschaftsstrafrecht und das Recht der Digitalisierung an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seit 2024 ist er als Rechtsanwalt in München tätig.

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <https://portal.dnb.de> abrufbar.

 

ISBN 978-3-8114-6244-1

 

E-Mail: [email protected]

Telefon: +49 6221 1859 599Telefax: +49 6221 1859 598

 

www.cfmueller.de

 

© 2024 C.F. Müller GmbH, Heidelberg

Hinweis des Verlages zum Urheberrecht und Digitalen Rechtemanagement (DRM)

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Der Verlag räumt Ihnen mit dem Kauf des e-Books das Recht ein, die Inhalte im Rahmen des geltenden Urheberrechts zu nutzen.

Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Der Verlag schützt seine e-Books vor Missbrauch des Urheberrechts durch ein digitales Rechtemanagement. Angaben zu diesem DRM finden Sie auf den Seiten der jeweiligen Anbieter.

Vorwort des Autors

Die Juristische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München hat diese Arbeit im Wintersemester 2023/2024 als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung wurden – soweit verfügbar – bis Dezember 2023 berücksichtigt.

Zuvorderst gebührt meinem verehrten Doktorvater, Professor Dr. Mark A. Zöller, ein ganz besonderer Dank. Er hat die Arbeit in jedem Stadium der Entstehung uneingeschränkt unterstützt und gefördert. Zudem ermöglichte er mir, an seinem Lehrstuhl als Wissenschaftlicher Mitarbeiter neben der eigenständigen Forschung viele schöne und lehrreiche Erfahrungen sammeln zu dürfen.

Professor Dr. Ralf Kölbel danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Professor Dr. Matthias Krüger danke ich für seine Mitwirkung im Rahmen der mündlichen Prüfung.

Zudem danke ich auch meinen Kolleginnen und Kollegen Lauritz Öllerer, Dr. Tanja Niedernhuber, Maximilian Schach, Isabella Klotz und Dr. Felix Ruppert. Sie alle standen mir stets für fachliche Gespräche zur Verfügung und haben so diese Arbeit maßgeblich vorangebracht. Für die Mühen des Korrekturlesens danke ich herzlich Frau Laura Palmer und Herrn Dr. Lucas Lichtenberg.

Zuletzt bin ich meinen Eltern, Gernot und Sabine Doneleit, sowie meiner Schwester, Sarah Doneleit, zu großem Dank verpflichtet. Sie haben mich auf meinem gesamten Lebensweg stets mit Herz und Verstand begleitet und mich erst zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Ihnen widme ich daher diese Arbeit.

 

München, Dezember 2023        Ruben Doneleit

Inhaltsverzeichnis

 Vorwort des Autors

 Abkürzungsverzeichnis

 Teil 1Einleitung

  A.Einführung1 – 5

  B.Abgrenzung des Themas6, 7

  C.Ziel und Gang der Untersuchung8 – 12

 Teil 2Grundlagen des Whistleblowings

  A.Phänomenologische Eingrenzungen13 – 143

   I.Whistleblowing14 – 130

    1.Herkunft und Verwendung des Begriffs15 – 19

    2.Merkmale zur Definitionsermittlung20 – 90

     a)Sender24 – 61

      aa)Organisationsverbundenheit25 – 29

      bb)Interessenkonfliktlage30 – 33

      cc)Nachteile für Whistleblower34 – 37

      dd)Fehlen eigener Abhilfemöglichkeit38, 39

      ee)Relevanz der Motive40 – 55

       (1)Einwände gegen Berücksichtigung42, 43

       (2)Notwendigkeit der Einbeziehung44 – 49

       (3)Gewährung finanzieller Anreize50 – 52

       (4)Motivbündel53

       (5)Weitere subjektive Anforderungen54

       (6)Zwischenergebnis55

      ff)Verhältnis zum Missstand56

      gg)Auszuklammernde Berufsgruppen57 – 60

      hh)Zwischenergebnis61

     b)Nachricht62 – 78

      aa)Inhalt der Nachricht63 – 75

       (1)Begrenzung möglicher Inhalte64 – 69

       (2)Kategorisierung des Nachrichteninhalts70

       (3)Subjektive Bewertung71 – 74

       (4)Zwischenergebnis75

      bb)Bekanntwerden der Informationen76

      cc)Form der Mitteilung77

      dd)Zwischenergebnis78

     c)Empfänger79 – 88

      aa)Abhilfemöglichkeit des Empfängers80, 81

      bb)Beziehung zum Gegenstand der Mitteilung82

      cc)Rangverhältnis von Sender und Empfänger83 – 87

      dd)Zwischenergebnis88

     d)Bisheriges Verständnis von Whistleblowing89, 90

    3.Weitere Beteiligte und deren Interessen91 – 109

     a)Der Verursacher des Missstandes92, 93

     b)Der Betroffene94 – 101

     c)Die Allgemeinheit102 – 109

      aa)Öffentliches Interesse und öffentliches Informationsinteresse104

      bb)Kategorisierung der Interessen105

      cc)Rückgriff auf die Rechtsordnung106

      dd)Bedeutung für das Whistleblowing107, 108

      ee)Zwischenergebnis109

    4.Begehungsweisen110 – 117

     a)Intern und extern111 – 116

     b)Weitere Differenzierungsmöglichkeiten117

    5.Funktionen des Whistleblowings118 – 121

     a)Transparenzfunktion119

     b)Korrektivfunktion120, 121

    6.Abgrenzung zu anderen Mitteilungsarten122 – 130

     a)Kronzeugen123 – 125

     b)Denunziation126

     c)Weitere Mitteilungsarten127 – 129

     d)Zwischenergebnis130

   II.Der öffentliche Dienst131 – 143

    1.Definition132

    2.Personen133 – 142

     a)Beamte134, 135

     b)Richter136, 137

     c)Tarifbeschäftigte138

     d)Sonstige Arbeitnehmer139

     e)Öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis140

     f)Mandatsträger141

     g)Gemeinderats- und Kreistagsmitglieder142

    3.Zwischenergebnis143

  B.Verfassungsrechtliche Vorgaben144 – 213

   I.Beamte147 – 181

    1.Geltung der Grundrechte für Beamte148 – 154

     a)Besonderes Gewaltverhältnis149

     b)Sonderstatusverhältnis150 – 153

     c)Geltung der Grundrechte beim Whistleblowing154

    2.Grundrechte beim Whistleblowing155 – 173

     a)Meinungsfreiheit156 – 160

     b)Petitionsrecht161 – 163

     c)Gewissensfreiheit164, 165

     d)Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte166 – 168

     e)Allgemeines Persönlichkeitsrecht169

     f)Pressefreiheit170

     g)Koalitionsfreiheit171

     h)Widerstandsrecht172

     i)Zwischenergebnis173

    3.Art. 33 Abs. 4, 5 GG als Grundrechtsschranke174 – 180

    4.Zwischenergebnis181

   II.Richter182, 183

   III.Tarifbeschäftigte184, 185

   IV.Sonstige Arbeitnehmer186

   V.Weitere Beteiligte187 – 198

    1.Verursacher des Missstandes188

    2.Der Betroffene189 – 194

     a)Der Staat190 – 192

     b)Privatrechtliche Organisationen193, 194

    3.Die Allgemeinheit195 – 198

   VI.Ausgleich und Gewichtung199 – 212

    1.Praktische Konkordanz200

    2.Verhältnismäßigkeit von Whistleblowing201 – 212

     a)Legitimer Zweck und Geeignetheit202

     b)Erforderlichkeit und Angemessenheit203 – 212

      aa)Stufenmodell der Rechtsprechung204 – 211

       (1)Im öffentlichen Dienst205

       (2)Im privatrechtlichen Sektor206

       (3)Bewertung und eigener Ansatz207 – 211

      bb)Zwischenergebnis212

   VII.Zwischenergebnis213

  C.Einfachrechtliche Voraussetzungen214 – 281

   I.Beamte215 – 260

    1.Pflichten der Beamten216 – 250

     a)Allgemeine Treuepflicht217

     b)Verschwiegenheitspflicht218 – 233

      aa)Anwendungsbereich219, 220

      bb)Ausnahmen gemäß § 67 Abs. 2 S. 1 BBG221 – 224

      cc)Ausnahmen gemäß § 67 Abs. 2 S. 2 BBG225 – 232

       (1)Freiheitlich demokratische Grundordnung227, 228

       (2)Bedeutung für Whistleblower229 – 231

       (3)Zwischenergebnis232

      dd)Ergänzende Regelungen233

     c)Verfassungstreuepflicht234 – 241

      aa)Begriffsbestimmung235

      bb)Handlungsoptionen236 – 240

      cc)Zwischenergebnis241

     d)Folgepflicht242, 243

     e)Remonstrationspflicht244, 245

     f)Allgemeinwohlbindung246, 247

     g)Wohlverhaltenspflicht248, 249

     h)Zwischenergebnis250

    2.Rechte der Beamten251 – 260

     a)Dienstwegerecht252, 253

     b)Remonstrationsrecht254

     c)Auskünfte an Medien255, 256

     d)Weitere Rechte zur Mitteilung von Informationen257 – 259

     e)Zwischenergebnis260

   II.Richter261, 262

   III.Tarifbeschäftigte263 – 277

    1.Treuepflicht264

    2.Verschwiegenheitspflicht265 – 271

     a)Begründung der Pflicht266 – 268

     b)Umfang der Pflicht269

     c)Analoge Anwendung des § 67 Abs. 2 BBG270

     d)Zwischenergebnis271

    3.Verfassungstreuepflicht272, 273

    4.Weitere Pflichten274

    5.Rechte der Tarifbeschäftigten275

    6.Zwischenergebnis276, 277

   IV.Sonstige Arbeitnehmer278

   V.Zwischenergebnis279 – 281

  D.EMRK282 – 297

   I.Anwendbarkeit283, 284

   II.Rechte der EMRK285 – 288

    1.Rechte des Whistleblowers286, 287

    2.Rechte der weiteren Beteiligten288

   III.Vorgaben des EGMR289 – 292

   IV.Folgen für Whistleblower im öffentlichen Dienst293 – 296

   V.Zwischenergebnis297

  E.Unionsrechtliche Anforderungen298 – 381

   I.Grundrechte-Charta der Europäischen Union299 – 308

    1.Anwendbarkeit300

    2.Grundrechte des Whistleblowers301 – 304

    3.Grundrechte der weiteren Beteiligten305 – 307

    4.Zwischenergebnis308

   II.Sekundärrecht309 – 380

    1.Exkurs: Geschäftsgeheimnis-Richtlinie310 – 326

     a)Geschäftsgeheimnisse311 – 316

      aa)Vergleich zur bisherigen Definition312, 313

      bb)Illegale Geheimnisse314 – 316

     b)Regelungsstruktur317, 318

     c)Auswirkungen für Whistleblower im öffentlichen Dienst319 – 323

     d)Nationale Umsetzung324, 325

     e)Zwischenergebnis326

    2.Whistleblowing-Richtlinie327 – 371

     a)Zielsetzung328, 329

     b)Anwendungsbereich330, 331

     c)Regelungsstruktur332 – 340

      aa)Hinweisgeber333

      bb)Verstöße334, 335

      cc)Adressatenkreis336, 337

      dd)Schutzvoraussetzungen338, 339

      ee)Verhältnis zur GeschGeh-RL340

     d)Auswirkungen für Whistleblower im öffentlichen Dienst341 – 359

      aa)Vergleich zur Whistleblowing-Definition342 – 346

       (1)Whistleblower343, 344

       (2)Whistleblowing-Nachricht345, 346

      bb)Verhältnis zum Stufenmodell347 – 349

      cc)Haftungsprivilegien350 – 358

       (1)Hinreichender Grund zur Annahme351

       (2)Schutz vor strafrechtlicher Haftung352 – 355

       (3)Weiterer Schutz vor Haftung356 – 358

      dd)Zwischenergebnis359

     e)Umsetzung der Richtlinie360 – 370

      aa)Unmittelbare Anwendung361 – 365

      bb)Umfang der Umsetzung366 – 370

     f)Zwischenergebnis371

    3.Auswirkungen der WB-RL auf das nationale Recht372 – 380

     a)Kein Erfordernis einer einheitlichen Benennung373

     b)Künftige Berücksichtigung der Motive374 – 380

      aa)Die unionsrechtskonforme Auslegung375 – 377

      bb)Konkrete Auswirkungen der WB-RL378, 379

      cc)Zwischenergebnis380

   III.Zwischenergebnis381

  F.Hinweisgeberschutzgesetz382 – 466

   I.Historie383, 384

   II.Anwendungsbereich385 – 392

    1.Persönlich386 – 389

    2.Sachlich390 – 392

   III.Regelungssystematik393 – 414

    1.Hinweisgegenstand394 – 397

    2.Möglichkeiten zur Mitteilung398 – 414

     a)Interne Meldestellen399

     b)Externe Meldestellen400 – 404

     c)Offenlegung405, 406

     d)Zukunft des Stufenmodells407 – 412

     e)Zwischenergebnis413, 414

   IV.Strafrechtlicher Schutz415 – 442

    1.Informationsweitergabe418 – 438

     a)Hinreichender Grund zur Annahme419 – 432

      aa)Nachforschungspflicht420

      bb)Sorgfaltsmaßstab und Irrtümer421 – 423

      cc)Öffentlich verfügbare Informationen424, 425

      dd)Wahre Informationen426, 427

      ee)Anwendungsbereich des HinSchG428

      ff)Erforderlichkeit429 – 431

      gg)Zwischenergebnis432

     b)Rechtsfolge433 – 436

     c)Zwischenergebnis437, 438

    2.Informationsbeschaffung439 – 441

    3.Zwischenergebnis442

   V.Bezug zu anderen Rechtsbereichen443 – 463

    1.Verhältnis zu sonstigen Vorschriften444 – 455

     a)§ 4 HinSchG445 – 447

     b)§ 5 HinSchG448 – 451

     c)§ 6 HinSchG452 – 454

     d)Zwischenergebnis455

    2.Ergänzende Änderungen456 – 463

     a)Beamtenrecht457 – 462

     b)Arbeitsschutzrecht463

   VI.Zwischenergebnis464 – 466

  G.Arbeitsdefinition des Whistleblowings467

 Teil 3Strafrechtliche Bedeutung von Whistleblowing

  A.Strafbarkeit der Mitteilung von Informationen468 – 711

   I.§ 353b StGB470 – 575

    1.Aufbau und Historie471 – 473

    2.Geschütztes Rechtsgut474 – 477

    3.Tatbestand des § 353b Abs. 1 StGB478 – 562

     a)Täterkreis479 – 499

      aa)Amtsträger480 – 495

       (1)Beamte481 – 483

       (2)Richter484

       (3)Öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis485

       (4)Sonstige Bestellung486 – 494

        (a)Aufgaben der öffentlichen Verwaltung487 – 492

        (b)Bestellung493, 494

       (5)Zwischenergebnis495

      bb)Besonders Verpflichtete496, 497

      cc)Personen gemäß Personalvertretungsrecht498

      dd)Zwischenergebnis499

     b)Das Dienstgeheimnis500 – 523

      aa)Begriffsbestimmung501 – 509

       (1)Beamte504, 505

       (2)Richter506

       (3)(Tarif-)Beschäftigte507, 508

       (4)Zwischenergebnis509

      bb)Verhältnis zu anderen Geheimnisarten510 – 517

       (1)Privatgeheimnisse511 – 514

       (2)Staatsgeheimnisse515

       (3)Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse516

       (4)Zwischenergebnis517

      cc)Illegale Geheimnisse518, 519

      dd)Anvertraut oder sonst bekannt geworden520 – 522

      ee)Zwischenergebnis523

     c)Unbefugtes Offenbaren524 – 537

      aa)Kenntnis des Empfängers525 – 528

      bb)Einordnung des Merkmals „unbefugt“529 – 535

      cc)Zwischenergebnis536, 537

     d)Gefährdung wichtiger öffentlicher Interessen538 – 560

      aa)Begriffsbestimmung539 – 547

       (1)Gefährdung540

       (2)Öffentliche Interessen541 – 545

       (3)Wichtigkeit546

       (4)Verfassungsmäßigkeit547

      bb)Eigene Bewertung548 – 553

      cc)Mittelbare Gefährdungen554 – 557

      dd)Verwirklichung durch Whistleblowing im öffentlichen Dienst558, 559

      ee)Zwischenergebnis560

     e)Innere Tatseite561, 562

    4.Tatbestand des § 353b Abs. 2 StGB563 – 567

     a)Verpflichtete gemäß § 353b Abs. 2 Nr. 1 StGB564

     b)Verpflichtete gemäß § 353b Abs. 2 Nr. 2 StGB565

     c)Tatobjekt und Tathandlung566, 567

    5.Versuchsstrafbarkeit568, 569

    6.Ermächtigungserfordernis570 – 572

    7.Nebenfolge573

    8.Zwischenergebnis574, 575

   II.§§ 93 ff. StGB576 – 595

    1.Geschütztes Rechtsgut577

    2.Das Staatsgeheimnis578 – 585

     a)Definition579, 580

     b)Schutz „illegaler Staatsgeheimnisse“581 – 583

     c)Folgen für Whistleblower im öffentlichen Dienst584, 585

    3.Straftatbestände586 – 593

     a)§ 94 Abs. 1, § 95 Abs. 1, § 97 Abs. 1, 2 StGB587, 588

     b)§ 97a S. 1 StGB589

     c)§ 97b StGB590 – 593

    4.Zwischenergebnis594, 595

   III.§ 203 StGB596 – 612

    1.Geschütztes Rechtsgut597

    2.§ 203 Abs. 2 StGB598 – 609

     a)Täterkreis599

     b)Fremdes Privatgeheimnis600 – 604

     c)Unbefugtes Offenbaren605 – 609

    3.§ 203 Abs. 4 StGB610

    4.§ 203 Abs. 6 StGB611

    5.Zwischenergebnis612

   IV.Exkurs: § 23 GeschGehG613 – 629

    1.Anwendbarkeit im öffentlichen Dienst614 – 616

    2.Täterkreis617

    3.Geschäftsgeheimnis618 – 621

    4.Tathandlung622 – 624

    5.Subjektiver Tatbestand625 – 628

    6.Zwischenergebnis629

   V.§§ 185 ff. StGB630 – 650

    1.§ 187 StGB632 – 635

    2.§ 186 StGB636 – 646

     a)Grundtatbestand637 – 641

     b)Strafbarkeitsbedingung und innere Tatseite642 – 644

     c)Qualifikation645, 646

    3.§ 185 StGB647 – 649

    4.Zwischenergebnis650

   VI.§ 145d StGB und § 164 StGB651 – 655

   VII.Weitere Straftatbestände656 – 696

    1.§ 126a StGB657 – 663

    2.§ 201 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 Nr. 2 StGB664 – 667

    3.§ 201a Abs. 2 S. 1 StGB668

    4.§ 202a Abs. 1 StGB669 – 672

    5.§ 202d Abs. 1 StGB673 – 675

    6.§ 206 Abs. 1, 4 StGB676 – 680

    7.§ 353d StGB681

    8.§ 355 StGB682, 683

    9.§ 42 BDSG684 – 691

    10.§ 106 UrhG und § 33 KUG692 – 695

    11.Zwischenergebnis696

   VIII.Nichtvornahme der Mitteilung697 – 709

    1.§ 138 StGB698 – 704

     a)Voraussetzungen des § 138 Abs. 1, 2 StGB699 – 702

     b)Folgen für Whistleblower im öffentlichen Dienst703, 704

    2.Garantenpflicht705 – 709

   IX.Zwischenergebnis710, 711

  B.Strafbarkeit der Informationsbeschaffung712 – 740

   I.§§ 96, 97a S. 2 StGB713, 714

   II.§ 123 Abs. 1 StGB715 – 718

   III.§§ 201, 202 StGB719 – 722

   IV.§§ 202a ff. StGB723 – 727

   V.§§ 242 Abs. 1, 246 StGB728 – 730

   VI.§ 274 Abs. 1 StGB731, 732

   VII.§ 23 Abs. 1 Nr. 1 GeschGehG733

   VIII.§ 42 BDSG734 – 736

   IX.§ 106 UrhG737, 738

   X.Beteiligung des Whistleblowers an anderen Taten739

   XI.Zwischenergebnis740

  C.Strafbarer Umgang mit Informationen741 – 743

  D.Exkurs: Außerstrafrechtliche Folgen744 – 769

   I.Disziplinarrecht745 – 761

    1.Anwendungsbereich und Funktionen746 – 750

    2.Dienstvergehen751 – 757

     a)Voraussetzungen752, 753

     b)Whistleblowing als Dienstvergehen754 – 757

    3.Disziplinarmaßnahmen758 – 761

   II.Wirkung strafgerichtlicher Entscheidungen762

   III.Dienstrechtliche Folgen763 – 767

   IV.Nichtrechtliche Nachteile und Beeinträchtigungen768

   V.Zwischenergebnis769

 Teil 4Bisherige Lösungsansätze

  A.Tatbestandsmäßigkeit770 – 809

   I.§ 5 GeschGehG als Regelungsvorbild771 – 791

    1.Rechtliche Einordnung772 – 774

    2.§ 5 Nr. 1 GeschGehG775

    3.§ 5 Nr. 2 GeschGehG776 – 789

     a)Erlangung, Nutzung und Offenlegung777 – 779

     b)Schutz berechtigter Interessen780, 781

     c)Besondere Eignung782 – 786

     d)Implementierung Stufenmodell787, 788

     e)Bewertung789

    4.Sonstige berechtigte Interessen790

    5.Zwischenergebnis791

   II.Begrenzung von Geheimnissen792 – 796

    1.Illegale Geheimnisse793, 794

    2.§ 93 Abs. 2 StGB-E795, 796

   III.Analoge Anwendung des § 86 Abs. 4 StGB797 – 803

   IV.Tatbestandsirrtum804 – 808

   V.Zwischenergebnis809

  B.Rechtswidrigkeit810 – 876

   I.Notwehr812 – 825

    1.Mitteilung von Informationen813 – 824

     a)Notwehrlage814 – 823

      aa)Notwehr und Nothilfe815 – 818

      bb)Notwehrfähiges Rechtsgut819

      cc)Gegenwärtiger Angriff820

      dd)Notwehr durch Whistleblower im öffentlichen Dienst821 – 823

     b)Notwehrhandlung824

    2.Informationsbeschaffung825

   II.Rechtfertigender Notstand826 – 846

    1.Aggressiv- und Defensivnotstand828 – 830

    2.Mitteilung von Informationen831 – 845

     a)Notstandslage832 – 842

      aa)Notstandsfähiges Rechtsgut834 – 837

      bb)Gegenwärtige Gefahr838, 839

      cc)Notstand durch Whistleblower im öffentlichen Dienst840 – 842

     b)Notstandshandlung843, 844

     c)Subjektives Rechtfertigungselement845

    3.Informationsbeschaffung846

   III.Einwilligung847 – 850

   IV.Rechtfertigende Pflichtenkollision851 – 855

   V.Grundrechte als Rechtfertigungsgrund856 – 858

   VI.Weitere Rechtfertigungsgründe859 – 875

    1.§ 193 StGB (analog)860 – 866

     a)Voraussetzungen des § 193 StGB861 – 863

     b)Voraussetzungen für analoge Anwendung864 – 866

    2.§ 97c StGB-E, § 353c StGB-E867 – 875

     a)Entwurfsfassung868 – 870

     b)Bewertung871 – 875

   VII.Zwischenergebnis876

  C.Schuld877 – 886

   I.Entschuldigender Notstand878

   II.Irrtum des Whistleblowers879 – 886

  D.Kronzeugenregelung887, 888

  E.Zwischenergebnis889

 Teil 5Lösungsvorschlag

  A.Eigener Ansatz890 – 931

   I.Neuer Rechtfertigungsgrund891 – 926

    1.Reformvorschlag892

    2.Erläuterungen893 – 926

     a)Whistleblowing als Rechtsbegriff894 – 904

      aa)Umfang des Whistleblowings895, 896

      bb)Vor- und Nachteile von Whistleblowing897 – 900

      cc)Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz901

      dd)Vereinbarkeit mit dem Europarecht902

      ee)Vereinbarkeit mit dem HinSchG903, 904

     b)Legitimation905

     c)Anwendungsbereich906 – 923

      aa)Abs. 1 Reformvorschlag906 – 921

       (1)Sachlicher Anwendungsbereich907, 908

       (2)Persönlicher Anwendungsbereich909, 910

       (3)Geschützte Handlungen911, 912

       (4)Interessenabwägung913 – 916

       (5)Stufenmodell917 – 920

       (6)Subjektives Rechtfertigungselement921

      bb)Abs. 2 Reformvorschlag922

      cc)Abs. 3 Reformvorschlag923

     d)Systematische Einordnung924, 925

     e)Zwischenergebnis926

   II.Einfachgesetzliche Ergänzungen927, 928

   III.Aufhebung § 353b StGB929 – 931

  B.Zusammenfassung in Thesen932 – 940

  C.Ausblick941, 942

 Literaturverzeichnis

 Stichwortverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

AntiDopG

Gesetz gegen Doping im Sport

AnwK

Anwaltkommentar

apf

Ausbildung-Prüfung-Fachpraxis (Zeitschrift)

ArbR

Arbeitsrecht

ArbRAktuell

Arbeitsrecht Aktuell (Zeitschrift)

ArbSchG

Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit

BayAbgG

Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Bayerischen Landtags

BayGO

Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern

BayKorruR

Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung

BayLKrO

Landkreisordnung für den Freistaat Bayern

BayMinG

Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Staatsregierung

BayPAG

Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Polizei

BB

Betriebsberater (Zeitschrift)

BeamtenR

Beamtenrecht

BeckOK

Beck´scher Onlinekommentar

BeckRS

Beck-Rechtsprechung

Begr.

Begründer

BEGTPG

Gesetz über die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen

BfV

Bundesamt für Verfassungsschutz

BMJ

Bundesministerium der Justiz

BMJV

Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz

BR-Drucks.

Drucksache des Bundesrates

BSE

Bovine spongiforme Enzephalopathie

BT-Drucks.

Drucksache des Bundestages

BT-S

Besonderer Teil Sparkassen

BT-V

Besonderer Teil Verwaltung

BW

Baden-Württemberg

CD

Compact Disc

ChancenG

Gesetz zur Verwirklichung der Chancengleichheit von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg

DatenR

Datenschutzrecht

DB

Der Betrieb (Zeitschrift)

E

Entwurf

EG

Erwägungsgrund

EGMR

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

Einl.

Einleitung

EUStR

Europäisches Strafrecht

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

FDP

Freie Demokratische Partei

FinDAG

Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

GeschGehG

Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen

GeschGeh-RL

Geschäftsgeheimnis-Richtlinie, Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung

GOBT

Geschäftsordnung des Bundestages

GrCh

Charta der Grundrechte der Europäischen Union

HbGR

Merten/Papier (Hrsg.), Handbuch der Grundrechte

HbStR

Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts

HbStrafR

Hilgendorf/Kudlich/Valerius (Hrsg.), Handbuch des Strafrechts

HbVerfR

Benda/Maihofer/Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland

HinSchG

Hinweisgeberschutzgesetz, Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen

HRRS

Höchstrichterliche Rechtsprechung im Strafrecht (Zeitschrift)

IntStR

Internationales Strafrecht

JBE

Journal of Business Ethics

jurisPR-ArbR

juris PraxisReport Arbeitsrecht

jurisPR-StrafR

juris PraxisReport Strafrecht

KriPoZ

Kriminalpolitische Zeitschrift

LK

Leipziger Kommentar

LLSG

Gesetz über das Liechtensteinische Landesspital

LRiStAG

Landesrichter und -staatsanwaltsgesetz

Ls.

Leitsatz

MMVO

Marktmissbrauchsverordnung, Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch

MüKo

Münchener Kommentar

NK-StGB

Nomos Kommentar zum Strafgesetzbuch

NRW

Nordrhein-Westfalen

NSA

National Security Agency

PKS

Polizeiliche Kriminalstatistik

PolG

Polizeigesetz

PostUmwG

Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft

PresseG

Pressegesetz

PUAG

Gesetz zur Regelung des Rechts der Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages

RefE

Referentenentwurf

RegE

Regierungsentwurf

RStGB

Reichstrafgesetzbuch

S.

Satz, Seite

s.

siehe

SK

Systematischer Kommentar

SPD

Sozialdemokratische Partei Deutschlands

TTDSG

Gesetz über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien

TV-L

Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder

TVöD

Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst

u.a.

unter anderem

v.

von, vom

Var.

Variante

VerwR

Verwaltungsrecht

V-Leute

Vertrauensleute

VO

Verordnung

Vor.

Vorbemerkung

VSA

Verschlusssachenanweisung

WB-RL

Whistleblowing-Richtlinie, Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden

WiJ

Journal der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung

Ziff.

Ziffer

Im Übrigen wird verwiesen auf: Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 10. Auflage 2021

Teil 1Einleitung

A.Einführung

1

Das Phänomen Whistleblowing ist seit Jahren in Gesellschaft und Medien präsent. Die unüberschaubare Liste bekanntgewordener Fälle, wie unter anderem bei Enron, Siemens oder WorldCom,[1] die Veröffentlichung der sogenannten Panama-Papers[2] sowie die öffentlich in Erscheinung getretenen Personen wie Chelsea Manning, Edward Snowden[3] und Julian Assange, die gemeinhin als „Whistleblower“ bezeichnet werden, prägten die mediale Berichterstattung hierüber. Weitere aktuelle Beispiele in diesem Kontext sind das von der baden-württembergischen Landesregierung im September 2021 eingeführte Melde- und Hinweissystem für Steuerstraftaten[4] oder die als „Facebook- und Wirecard-Whistleblower“ bezeichneten Frances Haugen[5] und Pav Gill[6]. Dabei geht das Meinungsspektrum bezüglich der Akzeptanz und des Nutzens von Whistleblowing weit auseinander. Wahlweise wird Whistleblowing als „Beitrag zur Rechtsdurchsetzung“[7] oder als „pragmatische Privatisierung der Strafverfolgung“[8] angesehen.

2

Alle zuvor Genannten haben dazu beigetragen, dass zunächst geheim gehaltene beziehungsweise unbekannte Informationen über Geschehnisse, die sie als Missstand empfanden, international der Öffentlichkeit bekannt wurden. So hat Edward Snowden durch die Weitergabe von Geheimdienstdokumenten an und deren anschließende Veröffentlichung durch die Presse die weltweite Tätigkeit von US-amerikanischen Geheimdiensten in den Bereichen Spionage und Personenüberwachung aufgezeigt und hierdurch die sogenannte NSA-Affäre ausgelöst. Chelsea Manning und Julian Assange sind dahingegen untrennbar mit der Enthüllungsplattform Wikileaks verbunden. Assange gründete diese Plattform, auf der mithilfe von Manning, einer ehemaligen Soldatin der US-Streitkräfte, unter anderem Videoaufzeichnungen des Beschusses von Zivilisten durch US-amerikanische Soldaten hochgeladen und dadurch abrufbar wurden.

3

In Deutschland prägten besonders zwei Sachverhalte die Diskussion rund um das Whistleblowing. Zum einen handelt es sich um den Fall von Werner Pätsch.[9] Dieser erachtete 1963 als angestellter Mitarbeiter des BfV Abhöraktivitäten hinsichtlich des Post- und Fernmeldeverkehrs dieser Behörde in Kooperation mit den alliierten Geheimdiensten, an denen er teilweise selbst beteiligt war, als nicht mit Art. 10 Abs. 1 GG vereinbar und daher als illegal. Nachdem Werner Pätsch einen Rechtsanwalt hierüber unterrichtete, machte er die Behördenaktivitäten durch Mitteilung an Medienvertreter publik, woraufhin er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde. Zum anderen sorgte in neuerer Zeit der Fall von Brigitte Heinisch für Aufsehen, die Anfang der 2000er-Jahre als Altenpflegerin, nachdem sie ihren Arbeitgeber auf Mängel in der Pflege und eine nicht ordnungsgemäße Dokumentation von Pflegeleistungen hingewiesen hatte, Strafanzeige wegen Betruges gegen diesen erstattete und nachfolgend gekündigt wurde.[10]

4

Dabei zeigt sich, dass beim Whistleblowing unterschiedliche Interessen kollidieren. Dies betrifft das Interesse einer Behörde oder eines Unternehmens als Betroffener an der Geheimhaltung vertraulicher Informationen sowie das entgegenstehende Informationsinteresse der Öffentlichkeit und das Mitteilungsinteresse des Whistleblowers. Jedoch kann auch der Dienstherr oder Arbeitgeber des Whistleblowers ein Interesse an der Kenntniserlangung der Informationen über einen Missstand haben, von dem er ohne Whistleblowing nicht oder nicht als Erstes erfährt, um den Missstand schnell und gegebenenfalls unauffällig zu beseitigen. Die Beispielsfälle verdeutlichen zudem, dass Whistleblower persönliche und berufliche Folgen in Gestalt von strafrechtlichen Verurteilungen und Kündigungen oder sozialer Missachtung treffen können. Dabei schlägt sich das Spannungsfeld der gegenläufigen Interessen beim Whistleblowing in rechtlicher Hinsicht nieder. Der Whistleblower gerät durch sein Handeln in einen Konflikt mit seiner Verschwiegenheits- und Loyalitätspflicht gegenüber seinem Dienstherrn oder Arbeitgeber.

5

Whistleblowing im öffentlichen Dienst betrifft neben dem Strafrecht das Verfassungs-, Beamten- und Arbeitsrecht. Die gesellschaftliche, politische und rechtliche Relevanz des Themas, die durch bereits ergangene Reformen,[11] politische Reformvorhaben[12] und die durch die EU vorgegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen in Form mehrerer Richtlinien und Verordnungen noch gesteigert wird.

B.Abgrenzung des Themas

6

In dieser Untersuchung werden die strafrechtlichen Risiken für Whistleblower im öffentlichen Dienst in den Blick genommen. Dieser Aspekt wurde, trotz der Fülle an Publikationen zu den verschiedenen Teilbereichen des Whistleblowings,[13] bisher nicht umfassend rechtlich aufgearbeitet.[14] Schwerpunkt der strafrechtlichen Abhandlungen zum Whistleblowing war bislang die unbefugte Mitteilung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen eines Unternehmens und die sich daraus ergebenden Strafbarkeitsrisiken gemäß § 17 UWG a.F. und § 23 GeschGehG.[15] Die spezifischen Gefahren aus strafrechtlicher Sicht für Whistleblower im öffentlichen Dienst, wie beispielsweise durch § 353b StGB, wurden allenfalls am Rande behandelt.

7

Außer Betracht bleibt dagegen die Rechtsstellung von Europäischen Amtsträgern, die nunmehr in §§ 203 Abs. 2 S. 2 Nr. 1, 353b Abs. 1 Nr. 4 StGB[16] aufgeführt sind, einschließlich des ihre Rechtsstellung präzisierenden EU-Beamtenstatuts[17]. Spezielle Tätigkeitsbereiche im Zusammenhang mit dem öffentlich Dienst, wie etwa der Betrieb einer Stadtwerke GmbH oder andere privatrechtliche Tätigkeiten und Organisationen des Staates und die dahingehend relevanten Vorschriften des Nebenstrafrechts[18] gemäß § 85 GmbHG, § 333 HGB, § 404 AktG, § 151 GenG, § 315 UmwG, werden nicht erörtert, da sich diesbezüglich keine Unterschiede zum privaten Sektor ergeben. Ferner wird aus Kapazitätsgründen auf die Rechtsstellung von Soldaten[19] und auf mögliche Strafbarkeitsrisiken beim Betrieb einer Whistleblowing-Plattform[20] nicht eingegangen, da dieser keine Besonderheit des öffentlichen Dienstes ist.

C.Ziel und Gang der Untersuchung

8

Ziel der Untersuchung ist es, die strafrechtlichen Risiken beim Whistleblowing im öffentlichen Dienst zu ermitteln, sie aufzuarbeiten und zu bewerten. Dabei ist insbesondere auf die Wahrung von Einzelfallgerechtigkeit, sowie die Rechtssicherheit und Praktikabilität der strafrechtlichen Situation für Whistleblower im öffentlichen Dienst zu achten. Hierdurch soll geklärt werden, ob die in der Vergangenheit vielfach als unsicher empfundene, rechtliche Situation für Whistleblower reformbedürftig ist.[21]

9

Dafür sind im zweiten Teil die Grundlagen des Whistleblowings im öffentlichen Dienst zu erörtern. Dies bedarf zunächst einer terminologischen Annäherung an die Begriffe des Whistleblowings und des öffentlichen Dienstes. Hierbei ist auch auf die in neuerer Zeit im europäischen und nationalen Recht verwendeten Begriffe des Hinweisgebers und der hinweisgebenden Person einzugehen. Anschließend wird anhand der europa-, verfassungs- und einfachrechtlichen Rechtslage herausgearbeitet, unter welchen Voraussetzungen Whistleblowing im öffentlichen Dienst bereits jetzt möglich oder gefordert ist. Entscheidend ist dabei der jeweilige Rechte- und Pflichtenkreis der im öffentlichen Dienst Tätigen im Verhältnis zu den anderen, in einen Whistleblowing-Vorgang involvierten Personen oder Organisationen. Auf Ebene des Europarechts ist besonders auf die WB-RL der EU und die Rechtsprechung des EGMR zur EMRK einzugehen. Zudem wird die Umsetzung der WB-RL durch das im Sommer 2023 in Kraft getretene Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen (Hinweisgeberschutzgesetz) bezüglich seiner strafrechtlichen Auswirkungen analysiert.

10

Im dritten Teil werden die strafrechtlichen Risiken für Whistleblower im öffentlichen Dienst ermittelt. Neben dem Akt der Informationsmitteilung wird auch die Informationsbeschaffung betrachtet, da dadurch weitere Straftatbestände erfüllt sein können. Außerdem ist zu erwägen, ob durch Whistleblowing im öffentlichen Dienst andere Straftatbestände, die bestimmte Umgangsformen mit Informationen, wie etwa deren Verwertung, unter Strafe stellen, einschlägig sind. Abschließend werden die strafrechtlichen Folgen der Nichtvornahme einer Whistleblowing-Handlung im öffentlichen Dienst untersucht. Daneben werden überblicksartig weitere rechtliche und nichtrechtliche Folgen für Whistleblower im öffentlichen Dienst erwogen. Diese können in Gestalt von beamtenrechtlichen Disziplinarmaßnahmen, arbeitsrechtlichen Kündigungen oder der sozialen Meidung des Whistleblowers durch andere für diesen ebenfalls nachteilig und persönlich gleichermaßen einschneidend wie eine strafrechtliche Sanktion sein. Innerhalb der strafrechtlichen Analyse wird auch geprüft, welche Auswirkungen die im zweiten Teil gefundenen Ergebnisse auf die strafrechtliche Rechtslage von Whistleblowern im öffentlichen Dienst haben.

11

Daran anschließend wird im vierten Teil erörtert, welche bisherigen Lösungsansätze in Betracht kommen, um eine Straffreistellung von Whistleblowern zu erreichen. Bezüglich der strafrechtlichen Privilegierung von Whistleblowern gibt es im Wesentlichen zwei verschiedene Strömungen. Einerseits wird ein Ausschluss auf Tatbestandsebene und andererseits auf Ebene der Rechtswidrigkeit angestrebt. Vorrangig ist hierbei die Anwendbarkeit und der Schutzumfang der bislang bestehenden Tatbestandsausschlüsse und Rechtfertigungsgründe zu erwägen, bevor mögliche Erweiterungen oder Neuregelungen in den Blick zu nehmen sind. Zudem werden ausschließlich auf privatrechtliche Fallkonstellationen anwendbare Vorschriften, wie die des § 5 GeschGehG in den Blick genommen, um eine mögliche Übertragbarkeit auf den öffentlichen Dienst zu untersuchen. Die Untersuchung endet mit einem eigenen Lösungsvorschlag im fünften Teil.

12

Wie die zuvor genannten Fälle von Whistleblowing gezeigt haben, gibt es nicht den einen klassischen Anwendungsfall. Unterschiede können sich sowohl hinsichtlich der rechtlichen Stellung des Whistleblowers und des Informationsempfängers, des Informationsgehalts der Mitteilung und des verwendeten Kommunikationskanals ergeben. Ferner sind Fälle denkbar, in denen Informationen mehrerer Personen oder Organisationen aus verschiedenen Tätigkeitsbereichen preisgegeben und somit letztlich deren Interessen beeinträchtigt werden können. Der Rückgriff auf einen einzelnen Beispielsfall in dieser Untersuchung ist deshalb nicht zielführend. Wichtiger ist es vielmehr, die typologischen Besonderheiten eines Whistleblowing-Vorgangs allgemein herauszuarbeiten.

Teil 2Grundlagen des Whistleblowings

A.Phänomenologische Eingrenzungen

13

Zunächst müssen die Begriffe Whistleblowing und öffentlicher Dienst definiert werden. Dadurch wird der Untersuchungsgegenstand inhaltlich bestimmt und eine rechtsgebietsübergreifende, juristische Bewertung des gesellschaftlichen Phänomens ermöglicht.

I.Whistleblowing

14

Erforderlich ist dies, weil Whistleblowing bisher kein Rechtsbegriff ist. Whistleblowing wird in der Rechtsprechung zwar hinsichtlich verschiedener Informationsweitergaben, wie bei einer Strafanzeige, verwendet,[1] ohne aber den Umfang erfasster Verhaltensweisen näher zu präzisieren. Zudem fehlt bisher eine gesetzliche Definition. Auch sonst wird Whistleblowing in Rechtsetzungsakten nicht verwendet. Die rechtswissenschaftliche Debatte über Whistleblowing in Deutschland begann dagegen bereits in den 1980er Jahren.[2] Notwendig ist eine Begriffsbestimmung bereits deshalb, weil unter Whistleblowing ein tatsächlicher Geschehensablauf mit verschiedenen Handlungsabschnitten verstanden werden kann. Umfasst sind davon die Kenntniserlangung der Information, die Entschlussfassung zur Preisgabe durch den Whistleblower und die Mitteilung der Information an Dritte.

1.Herkunft und Verwendung des Begriffs

15

Zunächst ist zu klären, welchen Ursprung der Begriff Whistleblowing hat und weshalb es keiner deutschen Übersetzung hierfür bedarf. Die Bezeichnung Whistleblowing ist der englischsprachigen Wendung „to blow the whistle (on someone or something)“ entnommen, die übersetzt „in die Pfeife blasen“, „(ab-)pfeifen“, „über jemand/etwas auspacken“, „jemanden/etwas auffliegen lassen“ oder „jemanden verpfeifen“ bedeutet.[3] Demzufolge ist ein Whistleblower eine Person, die solche Handlungen vornimmt. Der Ausdruck Whistleblower war ursprünglich für Polizisten[4] oder US-amerikanische Bahnmitarbeiter[5] gebräuchlich, die in Pfeifen bliesen, um vor Gefahrsituationen zu warnen. Auch der Pfiff eines Schiedsrichters bei einem Foulspiel wird bei der Entstehung des Begriffs angeführt.[6] Dies entspricht aber nicht dem heutigen, sinngemäßen Verständnis der Redewendung,[7] welches in den USA entstand.[8] Whistleblower übermitteln danach Informationen über interne Missstände, die ihnen als Angehörige einer Behörde oder eines Unternehmens bekannt wurden, durch sie selbst nicht behebbar sind und deshalb an zur Abhilfe geeignete Dritte weitergeleitet werden. Hierbei wird zwar ebenfalls über einen Regelbeziehungsweise Rechtsverstoß oder eine Gefahrensituation informiert. Bezugspunkt sind aber gerade nicht das Verhalten von Außenstehenden oder eine fremde Gefahr ohne Verursachungsbezug zur Behörde oder Unternehmen, sondern ausschließlich interne Informationen.

16

Eine dem entsprechende, deutsche Übersetzung gibt es nicht.[9] Die zuvor genannten, wörtlichen Übersetzungen wie beispielsweise „verpfeifen“ sind überwiegend negativ behaftet.[10] Eine vorurteilsfreie, wissenschaftliche Untersuchung des Phänomens ist dann bereits ausgeschlossen. Folglich ist ein Whistleblower auch nicht als „Denunziant“ zu bezeichnen.[11] In gleichem Maße führen positiv konnotierte Übersetzungen wie „Aufdecker“ oder „Enthüller“ zu einer vorweggenommenen Bewertung des Whistleblowings, die sich deshalb ebenfalls nicht durchgesetzt haben.

17

Begriffe wie „Hinweisgeber“[12] oder „Informant“[13] sind zwar neutral,[14] jedoch zu unspezifisch und treffen nicht den eigentlichen Gehalt des Whistleblowings oder jedenfalls nur Teile davon.[15] Im Vergleich zu einer Information enthält ein Hinweis entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch einen geringeren substanziellen Gehalt[16] und eine gewisse Beliebigkeit, da er sich auf alles beziehen kann. Zudem erfasst der Begriff „Informant“ bereits Personen, die Strafverfolgungsbehörden Informationen vertraulich zukommen lassen, ohne dabei notwendigerweise wie Whistleblower eine strukturelle Beziehung zu dem Missstand inne zu haben.[17]

18

Die früher in Deutschland gebräuchliche Umschreibung als „Flucht in die Öffentlichkeit“[18] beinhaltet nur einen Teilbereich des Whistleblowings. Erfasst sind hiervon nur Mitteilungen an die Öffentlichkeit, wie etwa an die Presse, durch Beamte, um dadurch Druck auf ihren Dienstherrn auszuüben und den dienstinternen Entscheidungsprozess zu beeinflussen.[19] Deshalb ist diese Bezeichnung inzwischen gleichfalls durch Whistleblowing überlagert worden und nicht mehr in Gebrauch.[20]

19

Nach alledem bleibt festzuhalten, dass der Begriff Whistleblowing kein „Modewort“[21], sondern in der deutschen Sprache angekommen ist, was nicht zuletzt an der umfassenden medialen Berichterstattung über die eingangs erwähnten Fallbeispiele und an der Fülle wissenschaftlicher Publikationen hierzu erkennbar wird. Auf eine Übersetzung ist daher zu verzichten.[22] Andernfalls besteht die Gefahr, dass entsprechend der jeweils mitschwingenden begrifflichen Konnotationen noch ungeklärte Fragen, wie beispielsweise die Ir-/relevanz der Motivationslage des Whistleblowers, in das allgemeine Sprachverständnis übernommen werden.[23] Im weiteren Fortgang der Untersuchung werden deshalb die Bezeichnungen Whistleblowing und Whistleblower verwendet.

2.Merkmale zur Definitionsermittlung

20

Als Rechtsbegriff kann Whistleblowing künftig nur dann verstanden werden, wenn dessen Elemente und dessen Anwendungsbereich klar bestimmt sind. Andernfalls ist eine Subsumtion des Phänomens unter bestehende Straftatbestände oder Rechtfertigungsgründe nicht möglich. Daher ist auf Grundlage des bis heute wohl gängigsten und am weitest verbreiteten Definitionsansatzes das hier vertretene Begriffsverständnis für die strafrechtliche Würdigung und die Frage der Privilegierungsfähigkeit von Whistleblowing im öffentlichen Dienst zu ermitteln.

21

Bereits 1985 haben Janet P. Near und Marcia P. Miceli Whistleblowing als

„the disclosure by organization members (former or current) of illegal, immoral or illegitimate practices under the control of their employers, to persons or organizations that may be able to effect action“

umschrieben.[24] Danach erfasst Whistleblowing die Mitteilung illegaler, unmoralischer oder illegitimer Praktiken einer Organisation durch ihre (früheren oder aktuellen) Mitglieder gegenüber Personen oder anderen Institutionen, denen es möglich ist, hiergegen Abhilfe zu schaffen.[25] Von dieser weiten Definition ausgehend, besteht Whistleblowing je nach Lesart aus drei[26] oder vier[27] Elementen. Zwingend nötig sind die Person des Whistleblowers selbst (Sender), die mitgeteilte Information über den Missstand (Nachricht) und deren Adressat (Empfänger).[28] Als eigenständiges Element wird vereinzelt angeführt, dass sich der Hinweis gegen eine Organisation richten müsse.[29] Hierbei handelt es sich aber nicht um ein eigenständiges Merkmal im engeren Sinne. Vielmehr präzisiert dies näher den Informationsgehalt der Nachricht. Zudem muss sich der Missstand nicht zwingend nur gegen eine Organisation richten.

22

Neben dem Whistleblower als Akteur und dem Empfänger der Information gibt es noch weitere Beteiligte an einem Whistleblowing-Vorgang. Zu nennen sind die Person, die den Inhalt der Nachricht und damit den Missstand verursacht hat und die Behörde oder das Unternehmen als Organisation, unter der der Missstand auftrat. Darüber hinaus können weitere Personen oder Organisationen involviert sein. In Betracht kommt dies, wenn der Missstand durch eine tatsächliche oder rechtliche Interaktion mit der Organisation des Whistleblowers entsteht.[30]

23

Im Folgenden werden daher die drei Merkmale Sender, Nachricht und Empfänger näher ausdifferenziert. Dies erfolgt, indem die einzelnen Merkmale jeweils in ihre für das Phänomen Whistleblowing relevanten Bestandteile aufgeteilt werden. Dabei ist die phänomenologische Umgrenzung aber nicht zwangsläufig mit der Privilegierungsfähigkeit des Whistleblowings gleichzusetzen, da beides nicht kongruent sein muss und die Privilegierungswürdigkeit des Phänomen Whistleblowing maßgeblich von der subjektiven Einstellung hierzu abhängt. Allerdings lassen sich aus der begrifflichen Konturierung erste Mindestanforderungen ableiten, die Whistleblower stets zu erfüllen haben und die sodann bei der Strafbarkeit und der Privilegierungsfähigkeit des Whistleblowings im öffentlichen Dienst gleichsam Bedeutung erlangen.

a)Sender

24

Um eine Abgrenzung zu anderen Erscheinungsformen der Informationsübermittlung[31] zu ermöglichen, sind zunächst die Kriterien zu bestimmen, anhand denen eine Person als Whistleblower einzuordnen ist. Zu berücksichtigen sind dabei die Organisationsverbundenheit des Whistleblowers, dessen Interessenkonfliktlage sowie seine fehlende eigene Abhilfemöglichkeit. Weiterhin gilt es zu klären, ob die Motive des Whistleblowers, eine eigene Involvierung in den Missstand und ihm drohende Nachteile für die Einstufung als Whistleblower konstitutiv sind. Abschließend muss erwogen werden, ob es Berufsgruppen gibt, bei denen eine Zuordnung zum Whistleblowing generell ausgeschlossen ist. Nicht maßgeblich ist dagegen, ob die Identität des Whistleblowers übermittelt wird. Einem Missstand kann auch dann abgeholfen werden, wenn der Whistleblower anonym agiert.

aa)Organisationsverbundenheit

25

Die Kenntnisnahmemöglichkeit des Whistleblowers hinsichtlich eines internen Missstandes und somit seine Beziehung zur Organisation ist als Organisationsverbundenheit zu bezeichnen. Diese ist Ausdruck der besonderen Stellung von Whistleblowern im Vergleich zu außenstehenden Dritten, die die Kenntnisnahme interner Missstände ermöglicht. Daher müssen Whistleblower zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung internes Mitglied einer Behörde oder eines Unternehmens sein.[32] Sofern Angehörige eines solchen Organisationsmitglieds von dem Missstand erfahren und diesen anschließend mitteilen, handelt es sich dagegen aufgrund der dann rein privaten Kenntniserlangung und der fehlenden Organisationsverbundenheit nicht um Whistleblowing.

26

Denkbar ist, das Kriterium der Organisationsverbundenheit anhand einer formalen Eingliederung des Whistleblowers in die Organisation oder rein faktisch zu bestimmen, da durch beides die Möglichkeit zur Kenntnisnahme des Missstandes für den Whistleblower geschaffen werden kann. Die Eingrenzung anhand der rechtlichen Beziehung des Whistleblowers zu der Organisation, bei der der Missstand auftrat, ermöglicht klare Abgrenzungen. So lässt sich eindeutig klären, ob eine Person in einem (wirksamen) Beschäftigungsverhältnis zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung der Informationen über einen Missstand steht. Dies ist vor allem für die Eingrenzung möglicher Privilegierungsvorschriften notwendig.[33] Im öffentlichen Dienst ergeben sich dadurch keine Einschränkungen, da die dort Tätigen entweder verbeamtet sind oder einen Arbeitsvertrag mit dem Staat abgeschlossen haben.[34] Eine rein faktische Bestimmung des Kriteriums ließe dagegen die Besonderheiten des Whistleblowings außer Betracht, da auch Publikumsverkehr, Gäste, Kunden oder Lieferanten potenziell Einblick in interne Missstände haben können, ohne selbst Teil der Organisation zu sein.[35] Eine ausschließlich rechtliche Sichtweise kann daher zu eng und eine faktische Bestimmung der Organisationszugehörigkeit zu weit sein.

27

Aufgrund dieser Schwächen bei der begrifflichen Eingrenzung der Whistleblowing-Definition wird für das Merkmal der Organisationsverbundenheit einschränkend ein privilegierter Wissenszugang gefordert.[36] Ein solcher besteht, wenn der Whistleblower infolge seiner persönlichen Stellung Zugang zu internen Informationen hat[37] und dieser nicht in gleicher Weise für die Öffentlichkeit existiert. Personen in einem Beschäftigungsverhältnis haben stets einen solch privilegierten Wissenszugang. Daneben besteht er für Kunden oder Lieferanten ohne organisatorische Eingliederung, da sie aufgrund einer bestehenden geschäftlichen oder vertraglichen Beziehung und hierdurch anders als außenstehende Dritte Zugang zu internen Informationen erhalten. Sofern andere Personen durch Zufall oder bei einem Besuch der Organisation interne Missstände entdecken und anschließend offenlegen, fehlt ihnen dagegen ein privilegierter Wissenszugang, da eine solche Option zur Kenntniserlangung potenziell jeder Person offensteht. Begrifflich ist dann nicht von Whistleblowing zu sprechen.

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Ein privilegierter Wissenszugang und damit die nötige Organisationsverbundenheit fehlt auch, wenn Organisationsangehörige durch außenstehende Dritte vom Missstand Kenntnis erlangen, da die Zugangsmöglichkeit auf diesem Weg für jede andere Person in gleichem Maße besteht.[38] Anderes gilt nur, wenn ein solcher Hinweis als Anlass zu eigenen Nachforschungen genommen wird, auf deren Grundlage die Mitteilung des Missstandes erfolgt, was wohl der übliche Ablauf in diesen Fällen sein dürfte.

Unschädlich ist dagegen, wenn bei der Weitergabe der Informationen keine Organisationsverbundenheit mehr besteht. Trotz einer dann möglichen Stellung als Außenstehender hat der Whistleblower die Informationen zuvor allein durch seinen privilegierten Wissenszugang erlangt. Deshalb besteht die vormals begründete Sonderbeziehung zwischen dem Whistleblower als Sender und der Organisation hinsichtlich der Informationen über den Missstand weiter fort. Auf die Bezeichnung solcher Mitteilungen durch Außenstehende als „bell ringing“ ist daher zu verzichten.[39]

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Möglich sind weiterhin Fälle, bei denen der Missstand in der Organisation allgemein bekannt ist oder den dort üblichen Gepflogenheiten entspricht. Das ändert allerdings nichts daran, dass die Information über den Missstand infolge der Organisationsverbundenheit bekannt wird.

bb)Interessenkonfliktlage

30

Für Whistleblowing-Fälle ist eine Konfliktlage sich widerstreitender Interessen kennzeichnend. Diese besteht zwischen dem Geheimhaltungsbegehren der Organisation und dem öffentlichen Informationsinteresse sowie dem Mitteilungswunsch des Whistleblowers.

31

Aber auch in dessen Person existiert eine gegenläufige Interessenlage.[40] Sie bedingt sich durch die Organisationsverbundenheit des Whistleblowers. Anders als Dritte können sie nicht stets ungehindert, beispielsweise in Gestalt einer Strafanzeige, jedwedes aus ihrer Sicht (straf-)rechtlich relevantes Verhalten mitteilen, ohne dass zwingend eine rechtliche Konfliktlage entsteht.

32

Whistleblower unterliegen in der Regel Pflichten, die sie zur Verschwiegenheit und Treue gegenüber der Organisation anhalten, bei der der Missstand auftritt. Diese sollen eine Schädigung der Organisation vermeiden.[41] Solche Pflichten ergeben sich aus Vertrag oder Gesetz (beispielsweise § 241 Abs. 2 BGB).[42] Daneben kann es dem Whistleblower ein Anliegen sein, das innerorganisatorische Arbeitsklima nicht zu gefährden. Gleichermaßen haben Kunden oder Lieferanten als Whistleblower ohne unmittelbare Organisationszugehörigkeit ein Interesse daran, bestehende Handels- oder Lieferbeziehungen nicht zu beeinträchtigen.

33

In Abhängigkeit des konkreten Empfängers kann der Whistleblower die Interessen der Organisation fördern, wenn eine interne Mitteilung erfolgt, hierdurch Schäden abgewendet oder beendet werden und dies von der Organisation gewünscht ist. Allerdings kann eine interne oder externe Mitteilung gegen Verschwiegenheitspflichten verstoßen und zu Nachteilen wie Rufschädigungen für die Organisation führen, selbst wenn sich der Missstand nachträglich als unwahr herausstellt. Dies steht sodann im Widerspruch mit dem Offenbarungs- und Abhilfebegehren des Whistleblowers auf Basis einer empfundenen gesellschaftlichen Verantwortung, welche ihn zum Handeln veranlasst.[43] Zusätzlich haben Whistleblower ein Interesse daran, in einem Umfeld tätig zu sein, in dem sie keinerlei Gefährdungen ausgesetzt sind und bei dem ihnen keine Nachteile für ihr Handeln drohen.[44]

cc)Nachteile für Whistleblower

34

Wenn sich Whistleblower dazu entscheiden, nicht tätig zu werden, drohen ihnen in der Regel keine rechtlichen Nachteile.[45] Eine moralische Zwickmühle kann aber verbleiben, da sie dann entgegen ihrer Überzeugung nicht aktiv werden.[46]

35

Tritt eine Person dagegen als Whistleblower in Erscheinung, kann sie sich verschiedenen Reaktionen auf ihr Verhalten ausgesetzt sehen. Diese können von zwischenmenschlicher Verachtung bis hin zu langjährigen Haftstrafen reichen. Für Whistleblower kann neben ihrer beruflichen Karriere deshalb ihre gesamte persönliche Existenz stark beeinträchtigt sein.

36

Daher ist zu klären, ob die Inkaufnahme[47] respektive das Eintreten[48] von Nachteilen notwendige Voraussetzung ist, um begrifflich von Whistleblowing zu sprechen. Hiergegen spricht zunächst, dass der Whistleblower nicht zwingend Nachteile erleiden muss. Eine positive Resonanz auf das Verhalten des Whistleblowers ist stets möglich. In Betracht kommt sie etwa, wenn es der Organisation wichtig ist, den Missstand zu beseitigen. Der zuvor vom Whistleblower gefasste Entschluss zu handeln, bleibt davon allerdings unberührt. Demnach bedingen sich die Handlungsbereitschaft des Whistleblowers und die ihn eventuell ereilenden Nachteile nicht gegenseitig. Für Whistleblowing ist das Eintreten von Nachteilen somit nicht konstitutiv.

37

Auch die Inkaufnahme von Nachteilen ist bei der Definition des Whistleblowings nicht in Ansatz zu bringen. Bei einer derartigen Eingrenzung wären Fälle begrifflich niemals erfasst, in denen sich der Whistleblower über die Folgen seines Handelns keine Gedanken macht. Dies lässt aber dessen Handlungsbereitschaft unberührt. Vielmehr wird ein Whistleblower meist hoffen, keine Nachteile zu erleiden.

dd)Fehlen eigener Abhilfemöglichkeit

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Außerdem kann begrifflich von Whistleblowing nur gesprochen werden, wenn Whistleblower nicht in der Lage sind, den Missstand allein zu beseitigen.[49] Es ist gerade charakteristisch, dass Whistleblower in ihrem Streben, den Missstand zu beseitigen, die Hilfe weiterer Personen oder Stellen benötigen.[50] Falls Whistleblower den Missstand selbst beseitigen können, hätte die Whistleblowing-Handlung gegenüber internen oder externen Dritten eine reine Informationsfunktion. Ein Unterschied zu anderen Mitteilungsformen über Missstände bestünde dann nicht mehr, weswegen die Bezeichnung einer solchen Tätigkeit als Whistleblowing an sich überflüssig wäre.

39

Das Fehlen einer eigenen Abhilfemöglichkeit ist allein durch den Whistleblower während seiner Entschlussfassung zum Handeln einzuschätzen. Dabei muss er subjektiv davon ausgehen, nicht anders als durch sein anvisiertes Handeln gegen den Missstand vorgehen zu können.[51] Eine objektive Betrachtung der tatsächlichen Umstände der Abhilfemöglichkeiten des Whistleblowers ist dagegen erst nachträglich durch Dritte möglich.

ee)Relevanz der Motive

40

Als Motiv des Whistleblowers ist dessen persönlicher Antrieb zum Tätigwerden zu verstehen. Die Bedeutung der Motive von Whistleblowern ist streitig. Ganz überwiegend sollen sie bei der phänomenologischen Bestimmung des Whistleblowings nicht in Ansatz zu bringen sein.[52]

41

Die Gründe, warum Personen als Whistleblower aktiv werden, können vielseitig sein. Einerseits kann es ihnen darum gehen, zum Wohl der Allgemeinheit oder der Organisation den Missstand anzusprechen, um ihn beseitigen zu können.[53] Andererseits besteht die Möglichkeit, dass ihr Verhalten von Eigennutz, Frust, Wut, Rache, Neid oder Missgunst geleitet ist.[54] Dass altruistische Beweggründe des Whistleblowers bestehen, kann daher nicht generell unterstellt werden. Dennoch besteht durch die medial präsenten Fälle, wie dem von Edward Snowden, die Gefahr, Whistleblowern diese positiv konnotierten Antriebe stets zuzuschreiben.[55] Daher ist zu klären, ob die Motivationslage des Handelnden begrifflich für die Einordnung als Whistleblower maßgeblich ist. Davon hängt sodann eine mögliche, strafrechtliche Privilegierung ab, die auf Whistleblowing als Rechtsbegriff Bezug nimmt.

(1)Einwände gegen Berücksichtigung

42

Gegen die Berücksichtigung der Motive eines Whistleblowers bestehen mehrere Einwände. So führe eine andere Sichtweise dazu, Whistleblower moralisch zu überhöhen.[56] Entscheidend sei aber ausschließlich das Bekanntwerden des Missstands, um ihn abzustellen und um zukünftige Beeinträchtigungen zu unterbinden, worauf die Motivationslage des Whistleblowers keinen Einfluss habe.[57] Andernfalls würde das Anwendungsfeld für Whistleblowing zu sehr eingeschränkt.[58] Prägend für Whistleblower sei, dass sie aktiv werden und nicht als „stiller Zeuge“ den Missstand weiter hinnehmen,[59] was im Zweifel die einfachere Option für sie wäre.[60] Letztlich bestehe auch ohne eine phänomenologische Berücksichtigung der Motive eine hinreichend hohe Hemmschwelle zum Handeln für jeden Whistleblower.[61] Ferner sei zu bedenken, dass eine altruistische Motivationslage das Handeln nicht automatisch gesellschaftserheblich macht[62] und auch Mitteilungen infolge einer verwerflichen Motivationslage eine gemeinwohlfördernde Wirkung haben können.[63]

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Daneben sind die weiteren Bedenken überwiegend pragmatischer Natur. Angeführt werden vor allem Schwierigkeiten bei der Nachweisbarkeit und der Justiziabilität der Motive, da es sich um ein subjektives Kriterium handele.[64] Zudem wird so die Möglichkeit eröffnet, sich durch Schutzbehauptungen Vorteile zu sichern, weil sich die wahren Beweggründe einer Person vergleichsweise leicht verschleiert lassen.[65] Außerdem wäre bei einer anderer Auffassung zu klären, welche Motive (katalogartig) berücksichtigungsfähig sind und welche nicht.[66] Im Übrigen seien die Motive des Whistleblowers ohnehin für die strafrechtliche Würdigung nicht relevant.[67]

(2)Notwendigkeit der Einbeziehung

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Diese Bedenken überzeugen aber überwiegend nicht. Zuzugestehen ist lediglich, dass die Ermittlung von Motiven in der (Rechts-)Praxis durchaus Schwierigkeiten bereiten kann. Allein deshalb auf sie zu verzichten, ist jedoch nicht angezeigt. Werden ausschließlich rein pragmatische Erwägungen berücksichtigt, wird die Gefahr begründet, die Konturierung des Whistleblowings nur mit Blick auf die gewünschten positiven Folgen, wie den Zugriff auf sonst im Verborgenen gebliebene Informationen, zu bestimmen. Nur weil im Ergebnis eine Beseitigung des Missstandes gewünscht und angestrebt wird, muss nicht jede Verhaltensweise hierzu gangbar sein.

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Außerdem ist eine moralische Überhöhung des Whistleblowings nicht zu befürchten. Hierbei handelt es sich allein um eine subjektive Bewertung Einzelner hinsichtlich des Whistleblowings. Für die Begriffsbestimmung des Phänomens an sich, spielt eine solche dagegen keine Rolle. Vielmehr gilt es, den eigenständigen Anwendungsbereich des Whistleblowings herauszuarbeiten. Diesen verlöre es, wenn die Motive des Whistleblowers nicht beachtet werden würden. Whistleblowing ist gerade mehr als die bloße Kundgabe von Informationen über Missstände. Es dient dem Wohl der Organisation und der Allgemeinheit. Den Motiven kommt somit eine Abgrenzungsfunktion im Verhältnis zu anderen Formen der Informationsweitergabe zu.

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Durch die Berücksichtigung der Motive des Whistleblowers besteht zudem ein Gegenstück zu den möglicherweise durch das Whistleblowing verletzten Interessen.[68] Eine derartige Beeinträchtigung kann allenfalls hingenommen werden, wenn durch die Handlung ein schutzwürdiges Interesse verfolgt wird.

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Diese Abgrenzungs- und Korrektivfunktion der Motivlage kommt auch im Strafrecht zu tragen. So finden sich in einzelnen Straftatbeständen, wie beispielsweise bei § 206 Abs. 6 StGB, besondere Anforderungen an die innere Tatseite in Gestalt einer Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht. Dort und allgemein bei strafrechtlichen Vorschriften stellt sich stets das Problem der Nachweisbarkeit subjektiver Merkmale. Ermittelt werden diese subjektiven Voraussetzungen durch die Würdigung der Aussage des Angeklagten und der Zeugen sowie unter Rückgriff auf die objektiven Tatumstände. Im Übrigen ist eine rein strafrechtliche Sicht auf die Beurteilung der Motivrelevanz beim Whistleblowing nicht angezeigt, wenn es um die begriffliche Konturierung eines gesellschaftlichen Phänomens und dessen Privilegierungsfähigkeit geht. Das materielle Strafrecht bietet lediglich einen Anwendungsbereich, unter den Whistleblowing in seiner konkreten Gestalt zu subsumieren ist. Zwar handelt es sich um ein Tat- und nicht um ein Gesinnungsstrafrecht, doch ist es nicht schädlich, wenn in der Person des Whistleblowers über die subjektiven Voraussetzungen einer Strafnorm noch weitere subjektive Motive bestehen. Diese müssen für die Begründung einer Strafbarkeit nicht zwingend eine materiell-rechtliche Entsprechung haben,[69] können aber bei der möglichen Privilegierung des Verhaltens in Ansatz gebracht werden. Nur weil viele Straftatbestände neben dem Vorsatz keine weiteren Anforderungen in subjektiver Sicht haben, bedeutet dies nicht, dass deshalb auf die Motive des Whistleblowers zu verzichten ist.

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Zudem führt die Berücksichtigung der Motive eines Whistleblowers im öffentlichen Dienst bezüglich seiner strafrechtlichen Privilegierung für diesen zu keiner unzumutbaren Belastung im Strafverfahren, da nicht der Whistleblower die Beweislast hierfür trägt, sondern ihm die Motive aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes (§§ 160 Abs. 2, 244 Abs. 2 StPO) durch das Gericht nachzuweisen sind. Der Whistleblower ist aber nicht daran gehindert, eigene Beweise zu seinen Gunsten vorzubringen. Hierdurch kann auch der damit verbundenen Gefahr begegnet werden, dass sich Whistleblower einer Diffamierung im Prozess ausgesetzt sehen können, um ihre altruistische Motivlage in Zweifel zu ziehen.

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Vorzugswürdig ist daher eine altruistische Handlungsmotivation des Whistleblowers. Diese liegt jedenfalls vor, wenn er zur Wahrung der Rechtsordnung handelt.[70] Die Rechtsordnung ist dabei das Mindestmaß an gesellschaftlichem Konsens in einem demokratischen Rechtsstaat. Ansonsten ist es vorzugswürdig, negativ abzugrenzen, um den Anwendungsbereich des Whistleblowings nicht zu sehr zu begrenzen. Nicht altruistisch ist danach jedes Verhalten, dass mit dem Ziel der Schädigung eines anderen oder aus sonstigen selbstzentrierten Gründen, wie Frust, Wut und Rache, erfolgt. Aus praktischer Sicht wird ohnehin die sich dem Whistleblower etwa in einer rechtlichen Auseinandersetzung gegenüber befindliche Seite einen entsprechenden Einwand erheben (müssen), weil Whistleblower sonst immer schlicht den Schutz der Rechtsordnung als Beweggrund anführen können. Nicht nötig ist dies aber, wenn bereits aus den sonstigen objektiven Umständen eine andere Motivationslage ersichtlich ist.

(3)Gewährung finanzieller Anreize

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Sofern für die Weitergabe von Informationen über Missstände finanzielle Vorteile gewährt werden, ist dieses Verhalten nicht als Whistleblowing einzustufen.

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Solche Vorteile können der Staat, die betroffene Organisation oder die Medien gewähren.[71] Dadurch würden aber die altruistische Zwecksetzung des Whistleblowings unterlaufen und Missbrauchsgefahren[72] begründet.[73]