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In "Die Träger des deutschen Idealismus" entfaltet Rudolf Eucken eine tiefgehende Analyse der zentralen Denker des deutschen Idealismus, darunter Fichte, Schelling und Hegel. Mit einem klaren, prägnanten Stil und aus einer philosophisch fundierten Perspektive beschreibt Eucken nicht nur die Hauptthesen der idealistischen Philosophie, sondern beleuchtet auch deren historische und kulturelle Kontexte. Sein Werk ist von dem Bestreben geprägt, den Leser zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den philosophischen Wurzeln der modernen Welt zu animieren, was ihm gelingt, indem er komplexe Gedanken in verständlicher Sprache präsentiert. Rudolf Eucken, der selbst einen nobelpreisgekrönten Hintergrund in der Philosophie hat, beruht seine Überlegungen auf einem reichhaltigen Erfahrungshorizont. Geboren im Jahr 1846 und tief verankert in der philosophischen Tradition Deutschlands, verfolgte Eucken einen integrativen Ansatz, der es ihm ermöglichte, den Idealismus im Rahmen einer breiteren philosophischen Diskussion zu betrachten. Er war nicht nur ein Bewunderer der idealistischen Denker, sondern auch ein Kritiker ihrer systematischen Abstraktionen, was seinen Schreibstil und die Argumentationsstruktur seines Buches maßgeblich prägt. Dieses Buch ist eine unverzichtbare Lektüre für alle, die sich für die Wurzeln moderner philosophischer Strömungen interessieren. Eucken bietet dem Leser eine mitreißende Reise durch die Kerngedanken des deutschen Idealismus, wodurch die Relevanz und Tragweite dieser Philosophie für das zeitgenössische Denken deutlich wird. "Die Träger des deutschen Idealismus" ist somit nicht nur für Studierende und Akademiker von Bedeutung, sondern für jeden, der den Dialog zwischen Tradition und Moderne verstehen möchte. In dieser bereicherten Ausgabe haben wir mit großer Sorgfalt zusätzlichen Mehrwert für Ihr Leseerlebnis geschaffen: - Eine prägnante Einführung verortet die zeitlose Anziehungskraft und Themen des Werkes. - Die Synopsis skizziert die Haupthandlung und hebt wichtige Entwicklungen hervor, ohne entscheidende Wendungen zu verraten. - Ein ausführlicher historischer Kontext versetzt Sie in die Ereignisse und Einflüsse der Epoche, die das Schreiben geprägt haben. - Eine gründliche Analyse seziert Symbole, Motive und Charakterentwicklungen, um tiefere Bedeutungen offenzulegen. - Reflexionsfragen laden Sie dazu ein, sich persönlich mit den Botschaften des Werkes auseinanderzusetzen und sie mit dem modernen Leben in Verbindung zu bringen. - Sorgfältig ausgewählte unvergessliche Zitate heben Momente literarischer Brillanz hervor. - Interaktive Fußnoten erklären ungewöhnliche Referenzen, historische Anspielungen und veraltete Ausdrücke für eine mühelose, besser informierte Lektüre.
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Veröffentlichungsjahr: 2020
Im Spannungsfeld von geschichtlicher Überlieferung und lebendiger Selbstbestimmung untersucht Rudolf Euckens Die Träger des deutschen Idealismus, wie eine geistige Bewegung zur prägenden Kraft einer Kultur wird und zugleich die Einzelnen zu einem anspruchsvollen Maß an Freiheit, Verantwortung und innerer Formung herausfordert, indem sie ihren Ursprung in einer großen Tradition behauptet, aber deren Wahrheitsanspruch immer neu vor das Forum der Gegenwart führt, sodass sich in der Frage nach den Trägern nicht nur eine Liste von Namen, sondern eine Prüfung des Verhältnisses von Idee und Leben, System und Wirklichkeit, Bindung und Aufbruch verdichtet.
Das Buch ist eine geistesgeschichtliche Studie, die als philosophische Betrachtung und als historisch orientierte Analyse zugleich gelesen werden kann. Sein Schauplatz ist nicht ein geografischer Ort, sondern der Diskursraum der deutschsprachigen Philosophie, der in Seminaren, Schriften und öffentlichen Debatten Gestalt annimmt. Im Mittelpunkt steht die Bewegung, die mit Namen wie Kant, Fichte, Schelling und Hegel verbunden ist, ohne dass das Werk in bloße Porträts zerfiele. Es richtet den Blick auf die Bedingungen, unter denen Ideen soziale Wirklichkeit gewinnen, und fragt, wie sich aus Gedanken eine Haltung, aus Lehre eine prägende Kulturkraft formt.
Ausgangspunkt ist die Einsicht, dass der Idealismus nicht allein in Systemen und Begriffen fortlebt, sondern von Menschen getragen wird, deren Denken, Praxis und Wirkungskreise sich gegenseitig bedingen. Entsprechend bietet die Lektüre einen Überblick, der Reflexion und erzählerische Verdichtung verbindet, ohne in Anekdote oder Gelehrsamkeit zu verharren. Euckens Stimme bleibt dabei sachlich und engagiert, erklärend und prüfend, mit einer Ruhe, die dem Leser Raum für eigene Urteile lässt. Stilistisch überwiegt eine klare, strukturierende Darstellungsweise; der Ton ist ernst, bisweilen ermutigend, und verzichtet doch auf Pathos zugunsten einer nüchternen Aufmerksamkeit für Zusammenhänge.
Im Zentrum steht die Frage nach Freiheit und Verantwortung als Kern einer geistigen Lebensform, die das Selbst nicht isoliert, sondern in Beziehung zu Geschichte, Mitwelt und Wahrheit bringt. Das Buch thematisiert die Bildung des Subjekts, die Rolle von Vernunft und Wille, die Bedeutung von gemeinschaftlichen Institutionen für die Wirksamkeit von Ideen sowie die Spannung zwischen spekulativer Weite und praktischer Orientierung. Dabei wird Idealismus nicht als Fluchtpunkt ins Zeitlose präsentiert, sondern als Anstrengung, das Geistige in historischer Wirklichkeit zu verankern und aus dieser Verankerung heraus Kritik, Erneuerung und Maßstäbe zu gewinnen.
Kennzeichnend ist Euckens Bemühen, Gedankenbewegungen mit Lebensvollzügen zu verschränken: Die Träger erscheinen nicht als abstrakte Schulbegriffe, sondern als Konstellationen von Werk, Wirkung, Streit und Rezeption. Dadurch entsteht ein Bild, das weder hagiografisch verklärt noch polemisch verengt, sondern die innere Logik und die äußeren Bedingungen geistiger Produktion zusammen betrachtet. Vergleichende Passagen eröffnen Querbeziehungen, die das Eigenprofil des Idealismus schärfen, während kritische Abschnitte dessen Grenzen und Gefährdungen in den Blick rücken. Die Darstellung behält jedoch einen fairen Ton und verweist auf die bleibende Kraft produktiver Auseinandersetzung. So entsteht ein Gang der Lektüre, der fordert, orientiert und motiviert.
Heutige Leserinnen und Leser finden in dieser Perspektive Anknüpfungspunkte für Debatten über Autonomie, Pluralität und die Verantwortung von Wissen in öffentlichen Räumen. Wo Gegenwartserfahrungen von Beschleunigung, Fragmentierung und Meinungsfluten geprägt sind, erinnert Euckens Zugriff daran, dass tragfähige Ideen Träger brauchen: Personen, Praktiken, Bildungswege und Institutionen. Das schärft den Blick für die Verbindung von Theorie und Lebensform, von Kritik und Gestaltung. Zugleich lädt das Buch dazu ein, Differenzen auszuhalten, ohne Urteilskraft preiszugeben, und die produktive Spannung zwischen historischen Ursprüngen und gegenwärtigen Anforderungen als Motor geistiger Selbstprüfung zu begreifen. Darin liegt ein moderner, praxisnaher Impuls.
Wer sich auf Die Träger des deutschen Idealismus einlässt, erhält keine schnelle Anleitung, sondern eine sorgfältige Einladung zum Mitdenken, die vertraute Begriffe neu verortet und Horizonte öffnet. Das Buch eignet sich als kenntnisreicher Einstieg in die Tradition und zugleich als reflektierende Vertiefung für Fortgeschrittene, weil es Werthaltungen und Argumentationsgänge deutlich macht, ohne die Vielschichtigkeit zu glätten. Lesende begegnen einer Sprache, die Ansprüche stellt und dennoch zugänglich bleibt. Am Ende steht weniger eine fertige Lehre als die Klarheit, wie eine geistige Bewegung lebendig bleibt: durch überprüfte Maßstäbe, gemeinsame Praxis und fortgesetztes Gespräch.
Rudolf Euckens Werk „Die Träger des deutschen Idealismus“ ist eine philosophisch-historische Darstellung, die die maßgeblichen Persönlichkeiten und Motive der idealistischen Bewegung in ihrer inneren Entwicklung verfolgt. Ausgehend von der Frage, wie sich Freiheit, Geist und Kultur gegenseitig hervorbringen, ordnet Eucken die großen Gestalten nicht lexikalisch, sondern entlang eines gedanklichen Spannungsbogens. Er zeigt, wie aus der Aufklärung eine neue Bestimmung des Menschen entsteht und wie diese in Systeme, Lebensformen und Bildungsansprüche ausstrahlt. Methodisch verbindet er problemgeschichtliche Rekonstruktion mit charakterisierenden Porträts, um sowohl die Einheit der Strömung als auch ihre innere Vielgestaltigkeit sichtbar zu machen.
Den Ausgangspunkt markiert bei Eucken die kritische Wende Immanuel Kants, die dem Denken Grenzen setzt und zugleich den Handlungsspielraum der Freiheit eröffnet. Die Selbstgesetzgebung der Vernunft begründet Autonomie und Verantwortung, während die Erkenntnistheorie die Bedingungen von Erfahrung klärt. Eucken arbeitet heraus, wie hier ein neues Zentrum des Personalen entsteht, das sittliche Praxis und Kulturbildung trägt. Zugleich benennt er die Spannung zwischen Endlichkeit des Wissens und Unbedingtheit des Sollens, die nach Weiterführung verlangt. Kants Umriss einer vernünftigen Ordnung wird dadurch zum Anstoß für umfassendere Systeme, ohne seine ethische Grundintuition zu relativieren.
Auf Kant folgt Fichte als Gestalt der Steigerung: Das tätige Ich setzt sich selbst und Welt in ein Verhältnis, das aus Freiheit Pflichten und aus Erkenntnis Praxis erzeugt. Eucken betont den entschiedenen Aktivismus dieser Philosophie, die Bildung, Staat und Öffentlichkeit als Felder moralischer Selbstverwirklichung interpretiert. Daraus erwachsen Fragen nach dem Status des Nicht-Ich und nach der Vermittlung individueller Initiative mit gemeinschaftlichen Ordnungen. In Fichtes Entwürfen erkennt Eucken eine energische Vertiefung des autonomen Subjekts, aber auch die Gefahr einer Überdehnung der Subjektivität, die nach objektiven Gegenkräften und kultureller Einbettung verlangt weiter.
Mit Schelling rückt die Versöhnung von Natur und Geist in den Vordergrund. Eucken zeichnet die naturphilosophische und identitätsphilosophische Phase nach und zeigt, wie ein lebendiges, dynamisches Weltverständnis entsteht, in dem Kunst eine erkenntnisleitende Rolle erhält. Diese Öffnung auf Objektivität und organische Ganzheit korrigiert einseitige Subjektbetonung, wirft jedoch neue Probleme der Einheit und geschichtlichen Entwicklung auf. Schellings Wandlungen erscheinen als Suchbewegung, die den Idealismus für Kontingenz, Mythos und Existenz erschließt. Zugleich hebt er frühe Ansätze einer personalen Religionsphilosophie hervor, die das Verhältnis von Freiheit und Natur neu konturiert.
Im Anschluss entfaltet Eucken Hegels Versuch, die Bewegung des Geistes in ein umfassendes System zu fassen. Die Dialektik führt von unmittelbarer Erfahrung über Recht und Sittlichkeit bis zu Kunst, Religion und Philosophie, wodurch Freiheit institutionelle und historische Gestalt gewinnt. Eucken würdigt die integrative Kraft dieses Entwurfs, der Differenzen in einen Sinnzusammenhang einzeichnet, sieht jedoch die Gefahr einer Überformung des Persönlichen durch logische Notwendigkeit. Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Verhältnis von Vernunft und Wirklichkeit sowie der religiösen Deutung des Absoluten. Darin kristallisiert sich der Streit um Systemzwang und lebendige Innerlichkeit und ihre praktischen Folgen.
Eucken beschränkt sich nicht auf die vier Hauptsystematiker, sondern verfolgt, wie idealistische Impulse in Theologie, Pädagogik und Literatur weitergetragen und umgeformt werden. Er beschreibt die Erweiterung des Bildungsbegriffs, die Neubestimmung religiöser Erfahrung und den Anspruch auf kulturbildende Öffentlichkeit. Zugleich verzeichnet er Gegenkräfte und Krisen, etwa die Spannung zu romantischen Tendenzen, zu empiristischen Wissenschaftsidealen und zu politischen Realitäten. An Fallstudien zeigt er, wie Ideen in Institutionen, Lebensstile und nationale Selbstdeutungen einsickern, ohne ihre kritische Schärfe zu verlieren, doch auch, wo Verflachung und Dogmatisierung drohen. So wird der Idealismus als kulturelle Bewegung lesbar, deren Tragweite über akademische Philosophie hinausreicht.
Am Ende steht eine Bilanz, die den deutschen Idealismus als anhaltende Aufgabe versteht: die Selbständigkeit des Geistes mit der Widerständigkeit der Wirklichkeit zu vermitteln und Freiheit in verbindliche Formen zu überführen. Eucken betont den normativen Kern der Bewegung, warnt jedoch vor Erstarrung in Systemen und fordert ein erneuertes, lebenspraktisches Verständnis ihrer Einsichten. Damit rückt das Ethos bewusster Selbstgestaltung in den Vordergrund, das Kritik, Bildung und Gemeinschaft verbindet. Die nachhaltige Wirkung des Buches liegt in dieser Leitidee: Idealismus als lebendige Energie, die Orientierung bietet, ohne geschichtliche Vielfalt und Offenheit zu verengen.
Rudolf Euckens Die Träger des deutschen Idealismus entstand im geistigen Klima des frühen 20. Jahrhunderts in Jena, wo Eucken seit 1874 als Professor der Philosophie wirkte. Die Universität Jena, eng mit Weimar verbunden, war seit dem späten 18. Jahrhundert ein Zentrum philosophischer Innovation. Das deutsche Universitätswesen mit seinen Seminaren, Prüfungsordnungen und leistungsfähigen Verlagen bot die Infrastruktur für historische Synthesen. Euckens 1908 verliehener Nobelpreis für Literatur stärkte seine Autorität als Deuter der Tradition. Diskussionsforen wie philosophische Vereine, Akademien und Zeitschriften – im Kaiserreich stark verbreitet – prägten das Umfeld, in dem Eucken die Linie von Kant, Fichte, Schelling und Hegel als geschichtstragend interpretierte.
Die geistige Vorgeschichte reicht zur Aufklärung zurück, vor allem zu Immanuel Kant in Königsberg. An der Albertus-Universität entwickelte Kant die kritische Philosophie, deren Hauptwerke – die Kritiken von 1781/87, 1788 und 1790 – Autonomie, Vernunftgrenzen und Urteilskraft neu bestimmten. Sie brachen mit dogmatischer Metaphysik und verlangten Begründungen, die Wissenschaft, Moral und Religion neu ordneten. Diese Wendung fiel in ein Preußen, das sein Bildungswesen ausbaute und gelehrte Öffentlichkeit stärkte. Der Druck leistungsfähiger Verlage, gelehrte Journale und die wachsende Leserschaft ermöglichten schnelle Verbreitung. Kants Einfluss wurde Ausgangspunkt einer Bewegung, die später als deutscher Idealismus benannt und in Lehrplänen verankert wurde.
Ein Schwerpunkt dieser Bewegung lag um 1800 in Jena. Johann Gottlieb Fichte lehrte dort seit 1794; der Atheismusstreit von 1798 führte zu seiner Entlassung und machte die Öffentlichkeit auf die neuen Systeme aufmerksam. Friedrich Wilhelm Joseph Schelling folgte 1798, und Georg Wilhelm Friedrich Hegel arbeitete ab 1801 in Jena; seine Phänomenologie des Geistes entstand hier und erschien 1807. Der enge Austausch mit der Weimarer Klassik um Goethe und Schiller sowie mit den Jenaer Romantikern förderte eine interdisziplinäre Atmosphäre. Die napoleonische Besetzung und die Schlacht bei Jena und Auerstedt 1806 erschütterten die Universität, ohne den intellektuellen Impuls dauerhaft zu brechen.
Nach 1810 verschob sich das Zentrum vieler Debatten nach Berlin. Die Gründung der Friedrich-Wilhelms-Universität unter Wilhelm von Humboldt verband Forschung und Lehre und verstärkte den Einfluss philosophischer Systeme auf Staatsdienst und Bildung. Hegel lehrte dort seit 1818; seine Vorlesungen zu Rechtsphilosophie, Geschichte und Ästhetik prägten Generationen. Parallel setzten sich die Humboldtschen Bildungsreformen im Gymnasium durch, wodurch Kant, Fichte, Schelling und Hegel zum Kanon wurden. Durch staatlich geförderte Seminare, Lehrerprüfungen und Schulbücher verbreitete sich idealistisches Denken über die Universität hinaus. Die akademische Professionalisierung machte Philosophie zur Leitdisziplin, deren Begriffe öffentliche Debatten strukturierten.
Im 19. Jahrhundert erlebte die idealistische Tradition intensive Relektüren und Gegenbewegungen. Die Junghegelianer radikalisierten Hegels Kritikformen und beeinflussten Theologie, Politik und Publizistik bis in die Revolutionen von 1848. In den 1850er Jahren entbrannte der Materialismusstreit um Carl Vogt, Ludwig Büchner und Jacob Moleschott, der die Autorität naturwissenschaftlicher Erklärungen betonte. Darauf reagierte eine neukantianische Erneuerung ab den 1860er Jahren, mit Zentren in Marburg (Hermann Cohen, Paul Natorp) und Baden (Wilhelm Windelband, Heinrich Rickert). Diese Konstellationen prägten das intellektuelle Terrain, auf dem Eucken die Leistungen des klassischen Idealismus als bleibende Orientierung ausgestaltete.
Mit der Reichsgründung 1871 verstärkte sich die Kanonisierung. Editionen, Gedenkstätten und Forschungsinstitutionen trugen zur Stabilisierung des Bildes vom deutschen Idealismus bei. Das Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar wurde 1885 gegründet und förderte die Erforschung der Weimar-Jenaer Konstellation. Für Kant begann 1900 die Akademie-Ausgabe unter der Preußischen Akademie der Wissenschaften, die Zitierstandards setzte. Schulordnungen und Universitätscurricula verankerten Lektüren klassischer Texte, unterstützt durch Serien wie Reclam. Diese Erinnerungskultur bot ein Reservoir, aus dem Eucken schöpfte, wenn er die idealistischen Hauptfiguren nicht nur als Autoren, sondern als Träger einer umfassenden Bildungsbewegung beschrieb. Auch gelehrte Gesellschaften organisierten Jubiläen und Vorträge.
Rudolf Eucken selbst profilierte sich als Vertreter eines aktivistischen, am geistigen Leben orientierten Idealismus. Er lehrte in Jena, veröffentlichte populäre Überblickswerke wie Die Lebensanschauungen der großen Denker (1878) und erhielt 1908 den Nobelpreis für Literatur, mit dem seine idealistische Ausrichtung und breite Wirkung gewürdigt wurden. Wiederholt wandte er sich gegen reduktiven Naturalismus und suchte eine ethisch-kulturelle Erneuerung. Dieses Profil prägte seine Darstellung der großen Idealisten als Gestalten, die Erkenntnis, Freiheit und Bildung verbanden. Die Träger des deutschen Idealismus fügt sich in Euckens umfangreiche Publikationstätigkeit ein und richtet sich an ein akademisches wie bildungsbürgerliches Publikum.
Als historischer Kommentar spiegelt das Buch die Bemühung des frühen 20. Jahrhunderts, inmitten von Industrialisierung, Massenpolitik und der Dominanz der Naturwissenschaften normative Grundlagen zu sichern. Indem Eucken Kant, Fichte, Schelling und Hegel als Träger einer geistigen Bewegung hervorhebt, bindet er ihre Systeme an Fragen von Bildung, Freiheit und kultureller Selbstverständigung der Gegenwart zurück. Die Darstellung ist zugleich Synthese und Intervention: Sie ordnet die Vergangenheit kanonisch und reklamiert ihre Geltung für aktuelle Orientierungsbedürfnisse. So wirkt das Werk als Stimme, die den deutschen Idealismus als lebendige Ressource bestätigt und seine Rolle im öffentlichen Diskurs festigt.
Den Ausgangspunkt unserer Untersuchung hat Kant zu bilden[1q]. Denn so viel Schätzbares schon vor ihm auch in der Philosophie geleistet war, es ist uns das heute mehr ein Gegenstand gelehrter Forschung als ein Quell ursprünglichen Lebens.
Kant vornehmlich hat die geistige Atmosphäre geschaffen, innerhalb derer der deutsche Idealismus seine eigentümliche Gestalt und seine hinreißende Kraft gewonnen hat; alles Spätere hat sich an ihm und von ihm aus entwickelt. Immerhin bedarf es einiger Worte der Erinnerung daran, daß die Denkarbeit der Deutschen nicht eine Leistung von gestern auf heute ist, wie unsere Gegner oft sagen, daß sie vielmehr von der Höhe des Mittelalters her an der Kulturbewegung einen stattlichen Anteil genommen hat. Dabei ist namentlich wertvoll, daß sie auch auf das Ganze unseres Lebens von alters her erhöhend gewirkt hat. Es geschah das vornehmlich nach zwiefacher Richtung: in einer geistigen Durchleuchtung und seelischen Annäherung der Religion, und in einer hohen Fassung und Schätzung des Erkennens selbst; beides hängt eng miteinander zusammen und entspringt derselben Hochhaltung der Innerlichkeit als der Hauptstätte von Leben und Wirken. Eine Verinnerlichung der Religion war das leitende Ziel der Mystik, diese aber findet ihre Höhe in der philosophischen Arbeit Meister Eckharts († 1327). All sein Denken ist darauf gerichtet, die Seele Gott unmittelbar zu verbinden, sie ganz und gar auf ihren göttlichen Ursprung als auf ihr wahres Wesen zurückzuführen, ihr in Ablegung aller unterscheidenden Besonderheit eine unvergleichliche Größe und Seligkeit zu erringen. Dazu aber bedarf es energischer Erkenntnisarbeit. Denn wohl hängt unser Wesen daran, daß Gott uns nahe und gegenwärtig ist, aber zur vollen Einigung mit ihm bedarf es der Arbeit des Erkennens. »Nicht schon davon sind wir selig, daß Gott in uns ist, sondern daß wir ihn erfassen und erkennen, wie nahe er uns ist. Denn was hülfe es einem Menschen, wenn er König wäre und wüßte es nicht?« Die dazu nötige Umwälzung aber, die Eckhart mit gewaltiger Kraft und in wunderbarer, deutscher Sprache anregt, ist nicht möglich ohne eine mutige Losreißung von allem Äußeren und eine völlige Wendung des Lebens ins Innere. »Will die Seele Frieden und Freiheit des Herzens in einer stillen Ruhe finden, so muß sie wieder heimrufen allen ihren Kräften und sie sammeln von allen zerstreuten Dingen in ein inwendiges Wirken.« So hat denn auch das Wort »Gemüt« als Bezeichnung für das innerste Heiligtum der Seele, die Abgeschiedenheit von aller Außenwelt, das »Fünklein« Gottes in uns, den auszeichnenden Sinn erhalten, in dem Fichte die Deutschen das Volk des Gemütes genannt hat. Diese Innerlichkeit erhebt die Religion über alle äußeren Formen und Einrichtungen, aber sie soll diese nach Eckhart nicht zerstören, sie wirkt bei ihm innerhalb der kirchlichen Ordnung, nicht gegen sie; dabei aber bleibt es, daß alles Äußere nur als Gefäß des inneren Lebens irgendwelchen Wert besitzt, und daß bei ihm volle Freiheit der Gestaltung herrschen muß. Denn nicht allen Menschen ist derselbe Weg gewiesen, »was des einen Leben, das ist des anderen Tod«.
Die mystische Bewegung konnte unmöglich die Höhe Eckharts dauernd behaupten, aber sie hat als ein, wenn auch oft verborgener Nebenstrom das deutsche Leben durch die Jahrhunderte treu begleitet und durchgängig zur Freiheit und Verinnerlichung gewirkt, sie hat auch auf protestantischem Boden Wurzel geschlagen und hier die merkwürdige, ja rührende Gestalt Jakob Böhmes (1575–1624) hervorgebracht, der als schlichter Schuhmachermeister schwerste Probleme in einer Weise behandelt hat, die immer von neuem tiefsinnige Geister zu ihm zurückrief. Schwer ringen sich bei ihm die Gedanken zu voller Klarheit auf; wo das aber gelingt, da erscheint eine großartige Kraft und Einfalt. Sein philosophisches Hauptproblem ist der Ursprung des Bösen, und wenn ihn dies Problem zu höchst gewagten Spekulationen führt, so hat es ihn die Gegensätze der Welt vollauf würdigen und in großen Zügen schildern lassen. So heißt es z. B.: »Um die Morgenröte scheidet sich der Tag von der Nacht und wird ein jedes in seiner Art und Kraft erkannt. Denn ohne Gegensatz wird nichts offenbar, kein Bild erscheint im klaren Spiegel, so eine Seite nicht verfinstert wird. Wer weiß von Freuden zu sagen, der kein Leid empfunden, oder vom Frieden, der keinen Streit gesehen oder erfahren hat?«
Dieselbe Gesinnung aber, welche aus der Seele eines schlichten Mannes quillt, fand auf der Höhe der wissenschaftlichen Arbeit volle Schätzung. Wir denken hier vornehmlich an Leibniz. Er, der weltumspannende und weltdurchdringende Forscher, nähert sich in tiefster Seele der Mystik, wie das namentlich seine deutschen Schriften zeigen. Aus ihrer Denkweise stammen z. B. die Worte: »Gott ist das Leichteste und Schwerste, so zu erkennen, das Erste und Leichteste in dem Lichtweg, das Schwerste und Letzte in dem Weg des Schattens.«
Es stellt sich aber die deutsche Philosophie über die Mystik hinaus eigentümlich zur Religion, wesentlich darin verschieden von der Philosophie benachbarter Völker. Die englische Philosophie neigt dahin, Religion und Wissenschaft voneinander gänzlich zu trennen, sie gestattet es, hier und dort grundverschiedene Richtungen einzuschlagen; die französische stellt beide Gebiete leicht in schroffsten Gegensatz und zwingt, zwischen ihnen zu wählen; die deutsche möchte jedem sein Recht zuerkennen, beide aber in eine innere Verbindung bringen und das eine durch das andere fördern. Diese Denkart mag manche Gefahren enthalten, aber sie wirkt dahin, die Religion ins Weite, Freie und Innerliche zu bilden, in die Philosophie aber die Sorge um die höchsten Wesens- und Lebensfragen der Menschheit einzuschließen.
In anderer Richtung wirkte die deutsche Denkarbeit zur Erhöhung des Lebens durch die Art, wie sie das Erkennen selbst verstand. Es gilt ihr nicht als ein Mittel für außer ihm liegende Zwecke, sondern als ein völliger Selbstzweck, es trägt reinste Freude und Befriedigung in sich selbst, es liegt nicht in einer Reihe mit anderen Tätigkeiten, sondern es bildet die beherrschende Höhe des ganzen Lebens, von der nach allen Seiten hin Erleuchtung und Kräftigung ausgeht. Hier erscheint ein starker Gegensatz deutscher und englischer Art. Die englischen Denker neigen dahin, das Wissen als bloßes Mittel und Werkzeug für das praktische Leben zu behandeln, es genügt ihnen ein Erkennen, das dem Handeln gangbare Wege zeigt, so fehlt ihnen auch ein Antrieb, es über diese Grenze hinaus zu verfolgen, sie haben eine starke Scheu vor aller Metaphysik. Das schützt sie vor manchen Gefahren, aber es raubt ihnen zugleich die Größe eines Denkens, das die Menschenseele mit dem Ganzen der Welt und seiner Unendlichkeit ringen läßt und sie in solchem Ringen über das bloße Alltagsleben hinaushebt. Die Deutschen dagegen sehen eben in dem, was die Engländer eine Überspannung menschlichen Vermögens schelten, die tiefste Seele der Forschung, sie können nicht ruhen und rasten, bevor sie einen inneren Zusammenhang des Menschen mit dem All ergründet haben; so ist der Deutsche von Haus aus Metaphysiker, und er bleibt es selbst da, wo er eine Kritik an der überkommenen Metaphysik übt, wie das vornehmlich bei Kant geschieht.
