Die UFO-AKTEN 67 - Raymond Haffner - E-Book

Die UFO-AKTEN 67 E-Book

Raymond Haffner

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Mitten in der Nacht stürzt etwas in den Winnipegsee. Eine studentische Partygesellschaft kentert dabei, und ihre Rettung beschäftigt einen Tag lang die Medien im In- und Ausland. Schnell kommen Fragen auf, was genau vom Himmel gefallen sei. Handelt es sich vielleicht um einen Privatjet oder eine feindliche Drohne?
Senator Campbell hat einen anderen Verdacht und lässt Cliff Conroy und Judy Davenport nach Kanada reisen. Dort geben sie sich als Spezialisten im Bereich Spionage aus, um bei der Bergung des abgestürzten Objekts zu helfen. Bevor sie jedoch eingreifen können, attackieren Bewaffnete die kanadischen Beamten, holen etwas aus dem Wasser und verschwinden wieder. Bei ihrer Flucht bemerken sie allerdings nicht, dass sich Cliff und Judy bereits an ihre Fersen geheftet haben ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 153

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Es lauerte an Bord

UFO-Archiv

Vorschau

Impressum

Raymond Haffner

Es lauerte an Bord

Yacht Luna Vista, Winnipegsee

Manitoba, Kanada, 25. März 2024, 23:55 Uhr

»Habe dich während March Break gar nicht gesehen«, sagte Gina und lehnte sich neben Liam an die Reling. »Ich war mir sicher, dass du bei Kylies Party auftauchen würdest.«

Liam räusperte sich verlegen und verfluchte innerlich erneut seine Eltern dafür, dass er hatte mitkommen müssen. »Ich war Ski‍fa‍h‍ren.«

Gina runzelte die Stirn, denn die Musik über‍tön‍te seine Worte.

»Ich war Skifahren«, wiederholte er lauter. »Ganz ungeplant.«

»Noch fünf Minuten!«, rief jemand auf dem Vorderdeck. »Haltet euren Schampus bereit!«

Die Nacht verbarg die Weite des Winnipegsees. Nur in der Ferne markierte eine Linie von hellen Lichtpunkten die Küste, zu denen sich bald weitere mysteriöse gesellen sollten ...

An Deck tanzten Lichtstrahlen wild im Takt der Musik, die aus einem leistungsstarken Soundsystem dröhnte. Die Silhouetten der Studenten bewegten sich im Rhythmus. Andere saßen auf dem Hinterdeck in dicke Decken gehüllt und sprachen über ihre Träume, die Zukunft und natürlich über Politik. Man hörte das Klirren von Gläsern, während Toasts auf Freundschaften und auf die Freiheit des Moments ausgesprochen wurden. Die Windböen trugen die Musik und das ausgelassene Gelächter über das Wasser, hinüber zu den Lichtern an der fernen Küste.

»Zehn, neun, acht ...«, begann jemand lauthals zu zählen. Der DJ drehte daraufhin die Musik leiser. Und alle an Bord fielen mit ein: »Sieben, sechs, fünf, vier ...«

Die Feiernden hatten natürlich ihre Champagnergläser erhoben. William, der Sohn des Yachtbesitzers, war nun der Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit. Er hielt seine Freundin im Arm und grinste breit.

»Drei, zwei, eins! Alles Gute zum Geburtstag, William!«

Gläser klirrten im nächsten Moment, angetrunkene Gäste johlten, zwei junge Frauen lachten schrill.

Gina sagte irgendetwas, aber Liam hörte nicht zu. Da war etwas, das sich mit Nachdruck aus seinem Unterbewusstsein an die Oberfläche schob. Ein Geräusch. Ein Geräusch, das näher kam. Ein Sirren, ein Rauschen. Liam sah sich an Deck um, ohne wirklich zu wissen, wonach er Ausschau halten sollte. War etwas mit dem Schiffsmotor nicht in Ordnung?

»Liam! Jo! Was ist los?«, wollte Gina wissen. Sie klang verärgert.

»Hörst du das nicht? Dieses Geräusch?«, stellte er zwei Gegenfragen.

»Keine Ahnung, was du meinst«, gab Gina irritiert zurück.

»Oder ist was mit der Soundanlage?«, sagte Liam daraufhin mehr zu sich selbst.

Sein Blick glitt dabei über das Wasser, über die Lichter an der Küste. Dann hob er den Kopf. Der diesige Nachthimmel ließ keinen Blick auf den Sternenhimmel zu. Da hinten außer Sichtweite lag Winnipeg. Dort schlief die untreue Freundin, dort saß der depressive kleine Bruder vor dem Computer, dort lag die Abschlussarbeit, die einfach nicht fertig werden wollte.

Plötzlich sah Liam etwas in seinem Augenwinkel aufblitzen. Er fuhr herum, zuerst Richtung Osten. Dort verglühte etwas am Himmel! Mit einem Mal war das Geräusch ganz laut, und es kam direkt von oben. Als Liam sah, was da auf sie zuschoss, war es schon zu spät, um irgendetwas zu tun.

Grelle Lichter schienen ihn zu durchbohren.

Dahinter sah er schwarzen Rauch.

Dann zerriss ein mechanisches Kreischen die Luft.

Einen Sekundenbruchteil später durchschlug etwas Großes neben dem Schiff die Wasseroberfläche.

Die grellen Lichter waren nun fort, dafür türmte sich aus dem Nichts eine Welle auf und schwappte über das Deck.

Unter dem Geschrei der Partygäste geriet das Schiff in Schieflage und kippte dann gänzlich nach Steuerbord.

Völlige Dunkelheit und eisige Kälte empfingen Liam.

Vor seinem inneren Auge sah er seine Eltern und seinen Bruder, die lachend im Schnee lagen.

Er hätte nun alles dafür gegeben, um wieder dort oben auf der Piste zu sein.

Jake verbrachte mit ein paar Freunden einen entspannten Abend am Kai seines Bootsverleihs. Das Knistern des Lagerfeuers und das leise Plätschern der Wellen bildeten die perfekte Kulisse für ihre Gespräche und den kleinen Umtrunk.

»Wir machen das viel zu selten«, stellte er melancholisch fest.

»Das musst du gerade sagen«, erwiderte Mike lachend. »Seit ihr zu dritt seid, hast du für uns arme Junggesellen ja keine Zeit mehr.«

»Stimmt doch gar nicht!«, verteidigte sich Jake. »Seit Sohnemann in der Kita ist, sieht die Sache schon ganz anders aus. Gerade letzte Woche haben wir was gemacht!«

»Du meinst, wir haben Dana beim Umzug geholfen«, korrigierte ihn Mike amüsiert.

»Das zählt«, beharrte Jake und setzte dabei eine übertriebene Unschuldsmiene auf.

»Sagt mal, hört ihr das?«, fragte Jirard.

»Was denn?« Jake drehte die Musik leiser, die ohnehin schon recht leise gewesen war – gerade laut genug, um die Partymusik zu übertönen, die aus weiter Ferne von einer Yacht zu ihnen herüberschallte.

»Ich höre nichts«, meinte Leo achselzuckend.

»Schsch!«, machte Jirard und erhob sich lauschend von seinem Klappstuhl. »Alle mal kurz Schnauze halten.«

Unwillkürlich blickten sie alle über den schwarzen See. Im selben Moment sahen sie es: ein seltsames, unidentifizierbares Objekt. Es war zu dunkel, um Details zu erkennen, aber es schien sich in einer ungewöhnlichen Art und Weise zu bewegen, als würde es in den See stürzen.

Jakes Herz setzte für einen Moment aus. Ein Flugzeug? Ein Hubschrauber? Er konnte es nicht genau bestimmen. Er sprang auf und starrte angestrengt auf das ferne Licht.

»Das ist definitiv nicht normal«, murmelte Mike.

Plötzlich blitzten grelle Lichter auf. Waren das die Scheinwerfer eines Hubschraubers. Es folgte eine Detonation, die sie sahen, bevor sie sie hörten. Das Ding raste nun auf den See zu. Fast senkrecht schoss es herab und war wenige Augenblicke später verschwunden.

»Verdammt, das war ein Absturz!«, rief Leo.

Die Freunde starrten entsetzt in die Dunkelheit.

Das Adrenalin raste durch Jakes Adern, als er sein Smartphone ergriff, um sofort den Notruf zu wählen.

»Das Schiff«, sagte Jirard in diesem Moment tonlos. »Die Lichter sind nicht mehr zu sehen und die Musik ist aus.«

»Gekentert«, stellte Mike fest.

»In die Boote!«, entschied Jake. »Wenn das Ding nicht direkt mit dem Schiff kollidiert ist, können wir vielleicht noch jemanden retten.«

Hotel Condes de Barcelona

Barcelona, Spanien, 26. März 2024, 07:50 Uhr

Das Summen seines Smartphones auf dem Nachttisch riss Cliff Conroy aus dem Schlaf. Missmutig tastete er danach und hielt sich das Display blinzelnd vor die Augen.

Campbell. Na toll, schoss es ihm durch den Kopf.

Im nächsten Moment warf er einen Blick auf den nackten Frauenrücken neben sich. Dann ging er mit dem Handy ins Badezimmer, um den Anruf entgegennehmen zu können, ohne seine Bekanntschaft dabei zu wecken.

»Guten Morgen, Senator«, meldete er sich.

»Mr. Conroy. Entschuldigen Sie, dass ich Sie wecke. Aber wie Sie sich denken können, duldet mein Anliegen keinen Aufschub. Sie haben noch keine Nachrichten gesehen, nehme ich an?«

»Nein, Sir.«

»Das können Sie ja gleich nachholen. Nur soviel: Etwas ist in den Winnipegsee gestürzt. Noch ist nicht klar, was es war. In den Medien spekuliert man über Privatflugzeuge und Hubschrauber. Außerdem ist bei dem Absturz eine Yacht mit einer studentischen Partygesellschaft zum Kentern gebracht worden. Ein großes Drama. Bis jetzt ist unklar, ob alle gerettet werden konnten. Und wer auch immer an Bord des abgestürzten Flugobjektes gewesen ist, gilt als verunglückt. Man wird sich die Sache näher ansehen müssen. Und ich möchte, dass Sie dabei sind. Jetzt sofort.«

»Ich bin sozusagen schon auf dem Weg zum Flughafen«, erwiderte Cliff und rieb sich die Stirn, denn es hätte ein so schöner Morgen werden können. »Haben wir wieder einen Kontaktmann bei der RCMP1? Diesen Anderson?«

»Nein. Diesmal nicht«, entgegnete Campbell. »Wie Sie wissen, können wir ihn nicht einweihen. In Ihrem Bericht steht, dass Anderson schon die Vermutung geäußert hat, Sie hätten regelmäßig mit eigentümlichen Phänomenen zu tun. Sie haben außerdem vermerkt, dass Ms. Davenport diese Vermutung mit eigenen Andeutungen bestätigt hat. Vielleicht kann Mr. Anderson zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich eingeweiht werden. Dazu ist aber eine eingehende Überprüfung seiner Verhältnisse und Lebensumstände nötig. Und dafür haben wir jetzt keine Zeit. Um also zu verhindern, dass Anderson in seinem Verdacht bestätigt wird und möglicherweise Kollegen und Vorgesetzte einweiht, gebe ich Ihnen diesmal einen anderen Weg vor, wenn Sie erlauben: In Winnipeg reisen Sie unter falschen Identitäten ein, die ich Ihnen zur Verfügung stelle: Sie sind Private Contractors, die der kanadischen Regierung auf US-amerikanische Empfehlung hin ausgeliehen werden, und zwar mit der Begründung, dass wir hinter dem Absturz russische oder chinesische Geheimdienstaktivitäten vermuten. Sie bekommen also keinen Kontaktmann, müssen sich nur einmal ausweisen und haben dann am Winnipegsee freie Hand.«

»Damit kann ich gut leben«, erwiderte Cliff und unterdrückte ein Gähnen.

»Alle weiteren Informationen inklusive der Datensätze zu Ihren Identitäten, finden Sie auf dem UFO-AKTEN-Server. Die Reisepässe lasse ich Ihnen bringen. Ist Ms. Davenport bei Ihnen?«

»Nein, sie ...« Cliff hielt für einen Moment inne. Letzte Nacht hatten Judy und er sich aus den Augen verloren. Er musste erst einmal herausfinden, wo sie überhaupt war. »Ich werde sie sofort in Kenntnis setzen.«

»Tun Sie das. Und melden Sie sich bei mir, sobald Sie etwas Handfestes haben.« Mit diesen Worten legte Campbell auf.

Judy hatte in den frühen Morgenstunden einen Albtraum gehabt. Zuerst hatte sie versucht, wieder einzuschlafen, aber es war ihr nicht gelungen. Schließlich hatte sie zu ihrem Smartphone gegriffen und es nicht wieder weggelegt. Sie ließ sich vom Algorithmus leiten und versuchte, den düsteren Traum zu vergessen. Da waren diese tierischen und zugleich hasserfüllten Augen, die sie anstarrten.

Sie schaute Videoclips und Nachrichten und beruhigte sich allmählich wieder.

Ein attraktiver, junger Anwalt, dem sie am gestrigen Abend ihre Nummer gegeben hatte, war wohl noch lange feiern gewesen und hatte ihr mehrere Nachrichten geschrieben, die seine zunehmende Trunkenheit dokumentierten.

Judy klickte sie ungelesen weg. Die Sonne ging schon auf, da las sie die erste Nachrichtenmeldung zu einem Hubschrauber- oder Flugzeugabsturz über dem Winnipegsee. Ein Schiff war gesunken. Mitten in der Nacht versuchten kanadische Rettungstrupps, alle Überlebenden des Absturzes zu bergen.

Kurz vor acht rief Cliff an.

»Was gibt's?«, meldete sie sich.

»Campbell hat gerade angerufen. Wir sollen nach Kanada.«

»Kanada«, wiederholte Judy. »Mal wieder. Nicht zufällig zum Winnipegsee? Ich bin sicher die Einzige, die bei dem Absturz gleich an ein UFO denkt.«

Cliff lachte. »Ja, ganz genau. Wir sollen heute noch fliegen. Bist du im Hotel?«

»Wo soll ich sonst sein?« Judy stieg aus dem Bett und ging ins Bad.

Kurz war es still am anderen Ende der Verbindung. »Keine Ahnung. Du klingst so wenig verschlafen. Bist du schon lange wach?«

Judy drückte Zahnpasta auf die Bürste. »Ich bin seit fünf Uhr wach. Hatte wieder Albträume.«

Cliff seufzte. »Oh je. Dann hattest du ja wohl nicht mehr als drei oder vier Stunden Schlaf, hm?«

Judy bejahte und begann, sich die Zähne zu putzen.

»Naja, du kannst in der Luft schlafen. Wird ein langer Flug.«

»Cliff, kommst du?«, ließ sich irgendwo im Hintergrund auf Cliffs Seite des Gesprächs zu vernehmen.

»Wir treffen uns um halb neun in der Lobby, okay?«, fragte er hastig.

»Okay«, erwiderte Judy und legte auf.

Um kurz nach halb neun traten Cliff und seine weibliche Bekanntschaft der vergangenen Nacht aus dem Fahrstuhl in die Hotellobby.

»Ich muss hier auf eine Kollegin warten«, erklärte er und blieb stehen.

Die Frau wandte sich ihm zu und lächelte charmant. »Es war sehr schön«, sagte sie mit spanischem Akzent. Umweht von ihrem frisch aufgetragenen Parfüm wünschte sich Cliff erneut, der Morgen wäre etwas anders verlaufen. »Du hast meine Nummer«, fügte die junge Frau hinzu.

»Mr. Conroy, Ms. Davenport.« Ein junger Mann von der Rezeption kam im nächsten Moment auf sie zu. »Eine wichtige Sendung wurde soeben für Sie abgegeben.«

»Oh, wir sind nicht, ich meine, sie ist nicht, sie ist ...«, verhedderte sich Cliff in einer Erklärung.

»Mach's gut, Cliff«, raunte sie mit einem amüsierten Lächeln und entschwand.

Nun verstand auch der Rezeptionist. »Verzeihen Sie bitte, Mr. Conroy. Ich war mir so sicher, da Sie und Ms. Davenport zusammen eingecheckt hatten ... Und die Ähnlichkeit. Ich bitte um Verzeihung.«

Cliff winkte peinlich berührt ab.

»Hätte jedem passieren können«, warf Judy kurz darauf von hinten kommend ein. »Beinahe hätte ich auch gedacht, sie sei ich.«

Cliff fuhr herum. »Judy.«

»Guten Morgen, Cliff. Du wirkst überrascht. Es ist kurz nach halb. Wir wollten uns hier treffen, weißt du noch?« Ihre Mundwinkel zuckten belustigt.

»Ms. Davenport, Mr. Conroy«, versuchte der Rezeptionist erneut sein Glück. »Bei uns liegt ein wichtiges Paket für Sie. Wenn Sie mir bitte folgen würden.«

»Ja, natürlich!« Dankbar schritt Cliff hinter dem livrierten jungen Mann bis zur Rezeption her. Judy schloss zu ihm auf.

»Campbell hat uns Pässe zukommen lassen«, erklärte Cliff.

An der Rezeption wurden ihre Ausweise überprüft und ihnen anschließend gegen zwei Unterschriften ein versiegelter Plastikumschlag ausgehändigt. Absender: US-Generalkonsulat, Barcelona.

»Damit haben wir alles, was wir brauchen«, stellte Cliff fest.

»Auf zum Flughafen«, verkündete Judy. »Kanada, wir kommen.«

El Prat Airport

Barcelona, Spanien, 26. März 2024, 09:15 Uhr

»Früher hätte man einfach zum Schalter gehen und zwei Tickets kaufen können«, meinte Cliff. »Und jetzt sitzen wir hier vor den Schaltern und bestellen die Tickets online.«

»Hör auf zu nörgeln«, entgegnete Judy. »Du kannst die Tickets immer noch am Schalter kaufen, aber erstens hat jede Airline ihren eigenen Check-in und zweitens versetzen wir die Damen damit nur unnötig in Panik. Hier siehst du: Ich hab's schon. Zweimal nach Winnipeg.«

»Gib nicht aus Versehen unsere richtigen Namen ein«, grummelte Cliff.

Der Check-in-Bereich des Flughafens von Barcelona pulsierte förmlich vor Aktivität.

Menschen aller Nationalitäten und Altersgruppen strömten durch die weitläufigen Hallen, begleitet vom Klang rollender Koffer und dem gedämpften Summen von Gesprächen in verschiedenen Sprachen.

Das unaufgeregte Raunen der Lautsprecherdurchsagen vermischte sich mit dem Trubel, den die Passagiere auf ihrem Weg zu den Sicherheitskontrollen verursachten. Großfamilien, die alle Hände voll damit zu tun hatten, den Nachwuchs beisammenzuhalten, Geschäftsleute, die wichtige Telefonate führten und dabei trotz Ohrstöpseln so aussahen, als würden sie mit sich selbst reden, und Abenteurer, die unter dem Gewicht ihrer riesigen Rucksäcke fast zusammenbrachen.

Judy holte die Reisepässe hervor. »Maha Sarhan und Adam Grositzky«, las sie vor.

»Freut mich, Maha.« Cliff reichte ihr scherzhaft die Hand.

Judy schüttelte sie. »Adam.«

Dann begann sie damit, die Daten einzutippen.

»Die Pässe sind sicher nicht gerade eben erst erstellt worden«, vermutete Cliff fest. »Was glaubst du, wie viel Identitäten Campbell für uns auf Lager hat?«

Judy zuckte mit den Schultern. »Bisher mussten wir ja nur wenige Male darauf zurückgreifen. So, das war es auch schon. Jetzt noch schnell der Online Check-in und dann kann es losgehen.«

Ihr Flug hatte Verspätung. Am Gate saßen sie nun schon seit über einer Stunde herum und warteten. Diese Umstände brachten es mit sich, dass sie schon mehrmals ihr Reiseziel im Fernsehen hatten betrachten können: Auf einem Bildschirm an der Wand lief CNN, wenn auch ohne Ton. Immer wieder war der nächtliche Winnipegsee zu sehen – aus der Luft, von der Küste aus, auf einer Landkarte samt möglicher Fluglinien.

Cliff und Judy blickten auf ihre Smartphones und lasen sich alles durch, was es zu dem Thema zu lesen gab.

Inzwischen war klar, dass alle Studenten überlebt hatten, dank des heldenhaften Eingreifens von Zeugen. Ein unangemeldeter Privatflug galt momentan als wahrscheinlichste Erklärung, auch wenn bisher unklar war, woher und wohin das Flugzeug oder der Hubschrauber unterwegs gewesen sein könnte. Nach Aussagen der Studenten sei die Yacht gekentert, nachdem das Flugobjekt direkt daneben abgestürzt war. Ein Hubschrauber schied deshalb eigentlich aus, obwohl die Polizei bislang nicht ausschloss, dass auch ein Hubschrauber, beispielsweise durch eine von den Studenten nicht registrierte Kollision mit dem Schiff unterhalb oder knapp oberhalb der Wasseroberfläche, das Kentern der Yacht herbeigeführt haben könnte.

»Der See ist echt riesig«, meinte Judy.

»Mit 24.400 km² sogar der größte See der kanadischen Provinz Manitoba«, erwiderte Cliff mit einem Blick auf sein Smartphone. »Einer der fünfzehn größten Seen der Welt.«

»Da kann schon mal ein Privatflugzeug drin verloren gehen«, ergänzte Judy. »Ich frage mich, ob sie schon Taucher vor Ort haben.«

»Erstmal müssen wir hier wegkommen«, entgegnete Cliff und rieb sich die Augen. »Aber wenn der Flieger nicht abhebt, muss Campbell sich was anderes einfallen lassen.«

Dann sah er sich um.

Die meisten Fluggäste saßen reglos auf den Kunststoffstühlen, ihre Gesichter waren von einer Mischung aus Langeweile und Frustration gezeichnet. Manche starrten stumpf auf ihre Smartphones. Hier und da entwich ein vereinzelter Seufzer den Mündern der Gestrandeten, hob sich ein resignierter Blick zur Anzeigetafel. Aus den Lautsprechern säuselten ab und zu die immer gleichen Entschuldigungen in die Halle, die längst niemanden mehr interessierten. Ein paar besonders müde oder vernünftige Fluggäste waren eingeschlafen.

»Ich werde mich mal nach einer anderen Verbindung umsehen«, sagte Judy und begann zu tippen. Doch im selben Moment verkündete der Lautsprecher, dass man nun mit dem Boarding beginnen werde. Erleichterung machte sich breit. Cliff und Judy erhoben sich.

Winnipeg International Airport

Manitoba, Kanada, 26. März 2024, 21:25 Uhr

»So. Mietwagen steht bereit. Jetzt noch eine Stunde Fahrt und dann können wir uns den See angucken«, verkündete Cliff.

»Na endlich«, seufzte Judy.

Sie gingen durch die große Flughafenhalle, vorbei an Zeitschriftenläden und Fastfood-Restaurants, hinaus in das diesige Märzwetter.

»Also, wenn über siebzehn Stunden Flug einen Vorteil haben, dann den, dass ich selten so gut auf eine Mission vorbereitet gewesen bin«, stellte Judy fest.

»Wir können auf der Fahrt ja noch ein bisschen unser Wissen testen«, schlug Cliff vor. »Du liest, ich fahre.«

»Von mir aus.«

Wenig später steuerte Cliff den Mietwagen in nordöstlicher Richtung auf direktem Wege zum Winnipegsee.

Judy hatte sich zum wiederholten Male in den UFO-AKTEN-Server eingeloggt.

»Dann erzähl mal, wer du bist und was du kannst.«

»Ich bin Adam Grositzky«, begann Cliff. »Ehemals CIA, Aufklärung Ost, seit zwei Jahren erst bei dem privaten Contractor Clement Hill Intelligence und dann bei Mount Black Services. Jeweils ein halbes Dutzend Projekte im Dienst der US-Regierung.«

»Sehr gut. Ich bin Maha Sarhan' Forensikerin und Feldagentin, ehemals jordanischer Auslandsgeheimdienst GID, seit vier Jahren erst bei der israelischen Sicherheitsfirma Port Security Services und dann ebenfalls bei Mount Black.«

Cliff nickte. »Campbell hat gesagt, dass wir zum Schein dem Verdacht nachgehen sollen, dass russische oder chinesische Spionage etwas mit dem Absturz zu tun hat. Wäre natürlich vorstellbar, dass genau das auch wirklich dahintersteckt. In dem Fall muss Campbell uns schnell wieder abziehen, damit wir uns nicht bis auf die Knochen blamieren und am Ende noch aus Versehen die nationale Sicherheit gefährden.«

»Das wäre nicht so schön«, pflichtete ihm Judy bei.

»Wie ist denn im Moment die Lage am See?«, fragte Cliff.

Judy las quer und runzelte konzentriert die Stirn. »Der aktuelle Stand ist der, dass kein Flug vermisst wird – weder Kleinflugzeuge noch Hubschrauber. Alle Nachforschungen bei Flugvereinen und privaten Flugzeugbesitzern haben zum gleichen Ergebnis geführt: Kein Flugzeug gilt als verschollen, kein Pilot wird vermisst.«

»Damit dürfte dann auch allmählich öffentlich der Verdacht geäußert werden, dass es ein feindliches Flugzeug war«, warf Cliff ein.