Die Urkraft Kundalini - Karin Brucker - E-Book

Die Urkraft Kundalini E-Book

Karin Brucker

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Beschreibung

Kundalini ist die höchstschwingende Form der Lebensenergie, die am unteren Ende der Wirbelsäule ruht. Erweckungen dieser Urkraft können beglückend, aber auch sehr unangenehm sein. Karin Brucker hat herausgefunden, dass zahlreiche Krankheitsbilder auf fehlgeleitete Kundalini-Prozesse zurückgehen. So bringt die Autorin dieses faszinierende Thema erstmalig mit der modernen Medizin in Verbindung und zeigt darüber hinaus, welche Rolle Kundalini für die Bewusstseinsentwicklung der Menschheit mit Blick auf das Jahr 2012 spielen wird. Die Urkraft Kundalini von Karin Brucker: im eBook erhältlich!

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Karin Brucker

Die Urkraft Kundalini

Phänomene erkennenSymptome deutenTransformation meistern

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

WidmungEinleitungKundalini und das feinstoffliche System des KörpersEinführungChakren und NadisIda, Pingala, Sushumna und die weiteren HauptnadisDas Chakrensystem und die sieben HauptchakrenMuladhara-Chakra (Wurzelchakra)Svadhisthana-Chakra (Sakral-Chakra, Kreuzzentrum)Manipura-Chakra (Solarplexus-Chakra, Nabelzentrum, Milz-, Magen-, Leber-Chakra)Anahata-Chakra (Herz-Chakra, Herzzentrum)Vishuddha-Chakra (Hals-Chakra, Kehl-Chakra, Kommunikationszentrum)Ajna-Chakra (Stirn-Chakra, drittes Auge, Auge der Weisheit, inneres Auge (Befehls-Chakra))Sahasrara-Chakra (Kronen-Chakra, Scheitelzentrum, tausendblättriger Lotos)Exkurs: Evolution – Involution: Schöpfung und Auflösung des Bewusstsein-Materie-PrinzipsSchöpfung und KundaliniEros und LogosDie Erweckung der KundaliniEinführungSpontane ErweckungErweckung durch spirituelle PraktikenTantraTantra im HinduismusTantra im BuddhismusSexueller Yoga im buddhistischen TantraDer Energiekreislauf bei der sexuellen Vereinigung im TantraKundalini-Erweckung durch Bija-MantrenKundalini in den indisch-asiatischen ReligionenDie 84 Mahasiddhas und ihre größten Kundalini-MeisterGorakshanathaTilopaNaropaKundalini in anderen ReligionenChristentumJudentumKeltentumHistorisch bekannte Persönlichkeiten mit erweckter KundaliniHildegard von Bingen (1098–1179)Katharina von Genua (1447–1510)Teresa von Ávila (1515–1582)Therese Neumann (1898–1962)Gopi Krishna (1903–1984)Irina Tweedie (1907–1999)Kundalini und WissenschaftEinführungResonanzphänomene in unserem KörperResonanzphänomene von außenExkurs: Treibhauseffekt: Brauchen wir mehr CO2?Kundalini und kollektiver BewusstseinssprungAstronomische Veränderungen 2012Die Mayas: Kalender und ProphezeiungKundalini in der MedizinKrankheit und KundaliniKundalini aus psychiatrischer SichtKundalini und Individuation nach C. G. JungLee SannellaKundalini aus psychologischer SichtBonnie GreenwellExkurs: Das GehirnDie HirnrindeDer HirnstammDas KleinhirnDas GroßhirnDas limbische SystemDie LappenKundalini und die Chemie im GehirnKundalini und BiofeedbackKundalini-Erweckung: Körperliche Anzeichen und SymptomeEinführungMotorische PhänomeneVibrationen, Zittern, Kriya-BewegungenUmgang mit Vibration, Zittern oder Kriya-BewegungenUnterscheidungsmerkmaleLähmungserscheinungenUmgang mit LähmungserscheinungenUnterscheidungsmerkmaleVeränderte AtmungUmgang mit veränderten AtemzuständenSensorische StörungenKitzeln, Kribbeln, JuckenUmgang mit Kitzeln, Kribbeln, JuckenHitze- und KältephänomeneUmgang mit Hitze- und KältephänomenenUnterscheidungsmerkmaleLichtphänomeneUmgang mit LichtphänomenenUnterscheidungsmerkmaleKlang- oder TonphänomeneUmgang mit Klang- oder TonphänomenenUnterscheidungsmerkmaleKörperempfindungen oder SchmerzzuständeUmgang mit Körperempfindungen oder SchmerzzuständenUnterscheidungsmerkmaleVisuelle ProblemeUmgang mit visuellen ProblemenUnterscheidungsmerkmaleKundalini-Erweckung: Geistige PhänomeneIntensive Emotionen und GefühleUmgang mit intensiven Emotionen und GefühlenVeränderungen des DenkensUmgang mit verändertem DenkenKrankheit oder Kundalini?Imitation von KrankheitenParanormale WahrnehmungenKrankheitsbilderEpilepsieMorbus ParkinsonNarkolepsieRestless-Legs-SyndromMultiple SklerosePsychische ErkrankungenPsychose, Schizophrenie, DemenzZusammenfassungLeben mit erweckter KundaliniEinführungRichtlinien für ein Leben mit KundaliniSymptome niemals verdrängenKundalini? – Bitte nicht berühren!Freiräume für Kundaliniaktivität schaffenWählen eines geeigneten UmfeldesErnährungEnergetische BalancePflege des KörpersInnere HaltungKundalini und TherapieLehrer und MeisterGebet an die Göttin KundaliniDankLiteraturZur AutorinBildnachweis
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Gewidmet dem allerhöchsten Sein,

dem Ich-Bin;

dem allerhöchsten Sein,

das mich mit allem verbindet.

Dem allerhöchsten Sein,

aus dem ich entstanden bin

und zu dem ich beizeiten zurückkehre.

Dem allerhöchsten Sein,

das mich arbeiten lässt an der Welt,

um die Wachstumsspirale der

großen Entwicklung voranzutreiben.

Dem allerhöchsten Sein,

das mich jeden Tag lehrt,

es mit Demut zu schauen und zu erleben.

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Einleitung

Das Phänomen Kundalini begegnete mir zum ersten Mal bewusst 1997, als ich einen westlichen spirituellen Meister (Shin Shiva Svayambhu) kennenlernte. Einige Menschen um ihn herum zuckten und hüpften und bekamen diese unwillkürlichen Bewegungen nicht in den Griff. Ich hatte zu der damaligen Zeit bereits viele Jahre damit zugebracht, mich mit Religion und Spiritualität auseinanderzusetzen. Angefangen hatte alles, als ich Mitte zwanzig war und ein Gehirntumor bei mir diagnostiziert wurde. Er war jahrelang ruhig geblieben, begann dann aber plötzlich schlagartig zu wachsen. Die Schulmedizin konnte mir nicht helfen. Ein Präparat, das ich als Dauermedikation einnehmen sollte, vertrug ich nicht. Ich wurde drei- bis viermal am Tag ohnmächtig und konnte mich an nichts mehr erinnern. Eine Operation war damals nicht möglich, da der Tumor zu nah an der Sehnervkreuzung lag und die Ärzte sich damals nicht zutrauten, zu operieren. 1991 erfuhr ich schließlich, dass der Tumor auf das Doppelte angewachsen war, so dass die Ärzte mich mit der Prognose aufgaben: hat noch circa sechs Monate zu leben.

Aufgrund meiner langjährigen buddhistischen Praxis war mir bewusst, dass diese Erkrankung eine Ursache haben musste, die in mir selbst und meiner seelischen Konstellation zu suchen war. Ich fand schließlich eine Geistheilerin, die meine hinter der Krankheit liegenden Themen mit mir bearbeitete und mir mit Handauflegen half, obwohl ich am Anfang mehr als skeptisch war, denn ich vertraute damals eher der Schulmedizin als irgendwelchen ›dubiosen‹ Heilern.

Die Zeit belehrte mich eines Besseren. Bei der Heilerin gingen ständig Todgeweihte ein und aus, und ich konnte viele Heilungen beobachten, die schulmedizinisch undenkbar waren. Krebserkrankte, Patienten mit Morbus Bechterew, teilweise schon im Endstadium, oder Gehbehinderte, die wieder anfingen zu laufen.

Bereits bei meiner ersten Begegnung mit ihr prophezeite sie mir, dass ich gewisse spirituelle Fähigkeiten besäße und später in meinem Leben nur noch mit diesen Gaben arbeiten würde. Damals glaubte ich ihr kein Wort. Doch bereits nach einem Jahr Behandlung stellten sich tatsächlich gewisse spirituelle Öffnungen ein. Erst als ich 1997 zum ersten Mal dem Schweizer Lehrer Shin begegnete, erschienen mir manche meiner zahlreichen Erlebnisse plötzlich in einem inhaltlichen Zusammenhang zu stehen. Im darauffolgenden Jahr ging er einmal während einer Veranstaltung durch die Menge, wobei er bei jedem Einzelnen etwas kaum Merkliches vollzog. Manchmal schien es nur eine Geste zu sein, manchmal schien er etwas zu entnehmen oder zu geben. Als er schließlich vor mir stand, legte er seine Hand auf meine Stirn, und ich hatte das Gefühl, etwas übertragen zu bekommen. Wenige Sekunden später begann mein Körper sanft vorwärts- und rückwärtszuschwingen, ohne dass ich es beeinflussen oder stoppen konnte.

Am nächsten Morgen waren die Körperschwingungen immer noch da, sie begannen sich sogar zu verstärken. Schließlich wurde daraus eine schlangenartige Bewegung, die auch den Kopf mit einbezog, der immer wieder in den Nacken geschlagen wurde – das Ganze wurde mir allmählich unheimlich. Andere aus der Gruppe kannten bereits ähnliche Phänomene, jedoch nicht mit solch starken Körperbewegungen wie bei mir. Man riet mir, die Bewegungen nicht zu bremsen und mich dem Geschehen hinzugeben.

Am Nachmittag wechselte die Körperbewegung. Nun ging es nicht mehr vorwärts und rückwärts, sondern nach rechts und links. Wieder begannen die zunächst zarten Bewegungen immer stärker zu werden, und ich hatte manchmal den Eindruck, als würde mein Körper es gar nicht mehr aushalten können. Schließlich bewegte sich mein Körper weiter schlangenartig in die beiden diagonalen Richtungen. Das Ganze ging über vierzehn Stunden am Tag, und erst in der Nacht schien sich das Phänomen zu beruhigen. Zum Glück wusste ich bereits, dass es sich hier um die Aktivierung meiner Kundalini handelte, denn ich hatte ja oft genug schon ähnliche Phänomene bei anderen beobachtet. Dennoch schien meine Kundalini-Variante nicht so häufig vorzukommen wie andere Formen der Kundalini, denn in dieser Form hatte selbst ich es noch nie bei jemandem gesehen.

Am dritten Tag konnte mein Körper die anstrengenden Bewegungen kaum noch ertragen. Mittlerweile bewegte sich mein gesamter Oberkörper in großen Kreisen um die eigene Achse. Als ich es schließlich nicht mehr aushalten konnte, legte ich mich auf den Boden. Meine Kundalini beruhigte sich jedoch in keiner Weise. Ich begann mich schlangenartig auf dem Boden zu wälzen, machte seitlich liegend ›Klappmesser-Bewegungen‹ in einem Tempo, das ich normalerweise (bei meiner sonstigen Unsportlichkeit) gar nicht zu leisten in der Lage gewesen wäre. Es wurde zunehmend erschöpfend, so dass ich dachte: Jetzt ist alles aus – ich muss sterben. Dabei hatte ich keinerlei Schmerzen oder Ähnliches. Als die Phänomene auch am Sonntagabend nicht aufhörten, wurde ich von Freunden nach Hause gebracht, denn ich war natürlich nicht in der Lage, Auto zu fahren.

Am nächsten Morgen war ich froh, dass das Wochenende vorbei war. Allerdings musste ich sehr schnell feststellen, dass es mit der Kundalini keineswegs zu Ende war. Meine Hüfte schwang vorwärts und rückwärts, so dass ich nicht ruhig dastehen konnte. Peinlicherweise musste ich jedoch meinen Freund Christian von der Bahn abholen, der sich für zwei Wochen zu Besuch angesagt hatte. Dieser Freund war und ist ein langjähriger Begleiter meiner tibetisch-buddhistischen Praxis, und ich erzählte ihm, was ich am Wochenende erlebt hatte. Für ihn klang das alles ganz plausibel. Als er mich mit meinen Bewegungen eine Zeitlang beobachtete, sagte er schließlich: »Karin, ich glaube du brauchst Platz«, und räumte alle Gegenstände des Wohnzimmers an die Wand, so dass in der Mitte genug Raum entstand, wo ich vor mich hin schwingen und hüpfen konnte.

Nach ein paar Tagen überlegte er: »Shin gilt als eine Ausstrahlung von Shiva, und Shiva bedeutet Feuer! Also brauchen wir Feuer.« Da ich in diesem Haus einen offenen Kamin hatte, wurde nun Tag und Nacht darin gefeuert. Das Feuer brannte so heiß und intensiv, wie ich es in dem Kamin noch nie erlebt hatte. Zwei große Holzstücke, die normalerweise zwei bis drei Stunden brannten, waren innerhalb weniger Minuten vollständig verbrannt. Wir erkannten, dass es sich bei unserem Feuer um ein transformatorisches Feuer handelte, in dem all die Dinge verbrannt wurden, die meine Kundalini offenbar mit ihren Bewegungen aus mir herausbeförderte.

Während mein Körper täglich vierzehn Stunden lang in extremer Bewegung war und auch nachts meist noch eine Stunde, erkannte ich teilweise anhand innerer Bilder, wie Fremdenergien, die ich in Form von sogenannten Besetzungen in mir trug, alle ins Feuer gingen. In der zweiten Woche verließen mich alte Verhaltensmuster. Bei manchen waren diese Verhaltensmuster noch an Personen gebunden, die ich ebenfalls erkennen konnte. In einigen Fällen musste ich spontan weinen, ohne direkt zu wissen warum. Oft hörte dieses Weinen schon nach wenigen Sekunden wieder auf, und ich fühlte eine generelle Erleichterung.

Rund zwei Wochen dauerte das ganze »Spektakel«, danach kehrte plötzlich Ruhe ein. Ich fühlte mich vollkommen verändert, bemerkte sehr viel mehr Gelassenheit in meinem Leben und hatte das Gefühl, vor allem geistig wesentlich leistungsfähiger zu sein. Wenn ich als Journalistin früher mehrere Stunden für einen Artikel benötigte, floss er mir jetzt plötzlich quasi aus den Fingern, und ich war schon nach zwanzig Minuten mit meiner Arbeit fertig. Wenn ich als freie Journalistin manchmal Tage benötigte, um ein geeignetes neues Thema zu finden, so begann ich nun vor Ideen nur so zu sprudeln. Mein generelles Auffassungsvermögen veränderte sich sprunghaft. Ich konnte mir viele Dinge besser und schneller merken als sonst. Wenn es darum ging, komplexe Zusammenhänge zu verstehen, war mir dies früher manchmal schwergefallen. Auf einmal waren mir selbst die kompliziertesten Sachverhalte so schnell und klar verständlich, dass ich mich über mich selbst wunderte.

Meine subtilen Fähigkeiten waren bis jetzt so weit entwickelt, dass ich auch bei anderen Menschen allein durch Hinsehen gewisse Dinge wahrnehmen konnte. Nun, nachdem meine eigene Kundalini erwacht war, konnte ich insbesondere energetische Strukturen bei anderen Menschen erkennen und auch studieren. Ich konnte sogar verschiedene Energiebahnen unterscheiden, darunter unter anderem die Akupunkturmeridiane, aber auch Energiebahnen wie die der Kundalini und ihre beiden Nebenbahnen Ida und Pingala. Ich sah deutlich, wie sich die Energien in diesen Linien bewegten, und konnte dadurch bei vielen Menschen einschätzen, ob deren Kundalini ebenfalls schon erweckt war.

Meinen gesamten Kundalini-Prozess, so, wie er bis zu diesem Zeitpunkt abgelaufen war, erlebte ich als tiefen und höchst intensiven Reinigungsprozess. Ich wurde körperlich immer feiner und empfindlicher. An manchen Tagen war ich so sensibel, dass ich die Berührung anderer Menschen kaum ertragen konnte. Es fühlte sich manchmal an, als hätte mir jemand ein Messer in den Rücken gestochen.

Viele Jahre lang besuchte ich mehr oder weniger regelmäßig Veranstaltungen meines Lehrers Shin. Bei diesen Seminaren, die in der Regel über drei bis sieben Tage dauerten, waren immer circa 40 bis 60 Personen anwesend. Viele von ihnen hatten, ähnlich wie ich, bereits eine erweckte Kundalini. Immer wieder kamen auch neue Menschen zu diesen Veranstaltungen, die Shin und seine Arbeit kennenlernen wollten. Nicht jeder von ihnen hatte von Anfang an eine Kundalini-Erweckung. Einige von ihnen ließen sich jedoch im Laufe der Zeit auf seine spezielle Art der Arbeit mit dem ureigenen wahren Selbst ein und konnten ebenfalls eine Kundalini-Erweckung erleben. Diese Veranstaltungen waren für mich persönlich große Lehrveranstaltungen. Ich konnte die verschiedensten Formen von Kundalini-Erweckung beobachten und studieren. In vielen Gesprächen erfuhr ich die unterschiedlichsten Erlebnisse und Umstände, unter denen bei den Menschen die Kundalini erwacht war.

Eine ehemalige Nonne erzählte, dass sie eine intensive körperliche Schwäche überkam, so dass sie über viele Monate kaum in der Lage war, das Bett zu verlassen. Ihre Kundalini war zu dem Zeitpunkt bereits erwacht, was sie aber nicht wusste. Sie verlor jede Art von Leistungsfähigkeit und wurde schließlich aus ihrem Orden mit der Begründung ausgestoßen, dass man sie dort nicht gebrauchen könne, weil sie nichts mehr zu leisten imstande sei.

Eine andere Frau berichtete von heftigsten Schmerzzuständen, die ohne jede schulmedizinische Diagnose schon seit ihrem vierten Lebensjahr anhielten. Immer wieder war sie von Arzt zu Arzt gelaufen, aber niemand konnte die Ursache finden. Zwei Jahre lang hatte man sie bereits unter Morphium gesetzt, bis sie jemanden traf, der sie darauf aufmerksam machte, dass es sich möglicherweise um ein Kundalini-Phänomen handeln könnte. Daraufhin begann sie sich mit ihrem eigenen, sehr speziellen Prozess auseinanderzusetzen. Schließlich konnte sie das Morphium sogar absetzen, und ihre Schmerzzustände wechselten fortan zu manchmal besseren oder schlechteren Zuständen.

 

In meiner eigenen Heilarbeit begegneten mir nun immer häufiger Menschen, die ganz offensichtlich an der Grenze zu einer Kundalini-Erweckung standen. Manchmal wurde sie auch durch meine Akupunktur ausgelöst, durch entsprechende Themen in Gesprächen. Da ich auch immer häufiger Klienten hatte, die Heilung auf einer mentalen spirituellen Ebene bei mir suchten, begegnete mir das Kundalini-Phänomen auch bei diesen Menschen immer öfter. Während einige Personen in meinem Beisein eine Kundalini-Erweckung erfuhren, kamen jedoch auch mit der Zeit immer mehr, die bereits eine erweckte Kundalini hatten und unter den damit häufig verbundenen Phänomenen, Problemen oder sogar Erkrankungen litten. Je mehr Menschen mit einer offenen Kundalini den Weg zu mir fanden, desto unterschiedlichere Erlebnisse und Erzählungen wurden mir zugetragen. Ich konnte das Phänomen Kundalini auf diese Weise intensiv studieren und Behandlungs- und Begleitungsansätze für die unterschiedlichsten Gegebenheiten entwickeln.

Nun ist es mir ein ganz persönliches Anliegen, meine Beobachtungen und das Wissen, das ich über Kundalini-Phänomene gesammelt und erlangt habe, an andere Menschen weiterzugeben. Insbesondere fiel mir bei meinen Studien auf, dass die Kundalini in der Lage ist, bestimmte Krankheitsbilder ›nachzuahmen‹. So gibt es Patienten, die schulmedizinisch gesehen unter Parkinson leiden, die Ärzte jedoch die Parkinsonerkrankung nicht physisch nachweisen können. In vielen solcher Fälle scheint es so zu sein, dass das Zittern, das mit einer Kundalini-Erweckung einhergehen kann, von Ärzten, die nie etwas von Kundalini gehört haben, nicht erkannt und richtig gedeutet wird und es dadurch immer öfter zu reinen Symptombeschreibungen kommt, die dann unter einem solchen Sammelbegriff wie Parkinson zusammengefasst werden. Obwohl Parkinson häufig nicht nachgewiesen werden kann, werden die Patienten dann oft auf eine entsprechende Medikation gesetzt, die dann den Menschen erst recht krank werden lässt, denn die Nebenwirkungen dieser Medikamente, die ja auf einen eigentlich ›gesunden‹ Körper treffen, können dann tatsächlich physische Erkrankungen auslösen. Es scheint mir daher besonders wichtig zu sein, der medizinischen Welt, sei es nun die Schulmedizin, die Psychotherapie oder auch die Naturheilkunde, den vorsichtigen Versuch einer Differenzialdiagnostik an die Hand zu geben, die sie, abgesehen von einer rein schulmedizinischen Diagnose, in die Lage versetzt, energetisch verursachte Erkrankungen durch die Kundalini von rein physischen Erkrankungen zu unterscheiden und adäquat zu behandeln.

Ich werde versuchen, in diesem Buch eine kleine Auswahl von typischen Erkrankungen zu treffen, die ziemlich offensichtlich mit Phänomenen einer Kundalini-Erweckung verwechselt werden können. Darunter befinden sich Erkrankungen wie Parkinson, bei der das Zittern von Händen oder anderen Körperteilen häufig ähnlich aussieht wie die inneren Vibrationen des Körpers bei einem Kundalini-Prozess. Ähnliches gilt auch für Erkrankungen wie Epilepsie, multiple Sklerose, Narkolepsie oder das Restless-Legs-Syndrom.

Ich selbst habe mehrfach erlebt, wie mich die Aktivität der Kundalini in Zustände versetzt hat, in denen ich Visionen, innere Bilder und andere Bewusstseinszustände erlebte. Manche dieser Zustände hielten mehrere Stunden an. Für einen Außenstehenden, der noch nie etwas von Kundalini gehört hat, kann dies manchmal den Eindruck erwecken, als sei die Person einfach weggetreten, in einem Zustand der Halluzination, betrunken oder unter Drogen. Für Schulmediziner sind diese besonderen Formen von Bewusstseinszuständen ungewohnt und häufig schlicht unbekannt. Die Verabreichung von Medikamenten in einer solchen Situation kann für den Betroffenen fatale Folgen haben. Umso wichtiger erscheint es mir, dass gerade bei diesen Phänomenen das Thema Kundalini in die medizinische Diskussion kommt.

Ich hoffe, mit diesem Buch einen ersten Schritt zu tun, das immer häufiger auftauchende Phänomen der Kundalini der Menschheit und insbesondere der medizinischen Welt auf diese Weise näherbringen zu können. Nur wenn wir die Kundalini studieren, werden wir mit der Zeit immer mehr Wissen und Erfahrung um sie und mit ihr sammeln, so dass wir die manchmal auch unangenehmen Nebenwirkungen eines Kundalini-Prozesses erkennen und therapieren können.

Es ist mir bewusst, dass aufgrund dieses Buches ein gewisser Bedarf entstehen wird, sich nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis mit Kundalini-Medizin bzw. Kundalini-Therapie zu befassen. Es ist daher geplant, eine zertifizierte Ausbildung zum Kundalini-Therapeuten anzubieten. Dabei ist es besonders wichtig zu verstehen, dass nur Menschen, die selbst Kundalini-Erfahrung haben, in der Lage sein werden, anderen Menschen in ähnlicher Lage helfen zu können. Es ist daher unabdingbar, dass Menschen, die in diesem Sinne Therapeuten werden wollen, sich zunächst einmal mit ihrem ureigenen Kundalini-Prozess auseinandersetzen. Daher kann und wird es wohl kaum Wochenend-Seminare geben, in denen man diese ›Techniken‹ eben mal schnell erlernen kann. Die Auseinandersetzung mit der Kundalini erfordert ein ausgesprochen sorgsames Umgehen mit den eigenen persönlichen Befindlichkeiten. Damit das persönliche Bewusstsein wieder frei werden kann, ist es notwendig, seine eigene Persönlichkeit intensiv zu reinigen. Dabei bezieht sich die Reinigung sowohl auf unser Handeln, auf alles, was wir sprechen, bis hin zu allem, was wir denken. Dieser Weg der inneren Hygienefindung kann ein langer Weg sein, muss es aber nicht. Je größer die innere Bereitschaft und Hingabe an den Wunsch ist, die Wahrheit über sich selbst zu erfahren, desto leichter wird es der Kundalini, unserem ureigenen Bewusstsein, fallen, den Aufstieg in unserem physischen Körper und in unserem Lichtkörper zu vollbringen. Die Verschmelzung der Kundalini mit dem Shiva-Shakti-Prinzip wird den Menschen in diesem Moment zu dem machen, wofür wir inkarniert sind. Wir werden uns ganz bewusst. Bewusst darüber, im Sein zu sein. Bewusst darüber, Schöpfer unseres eigenen Lebens und seiner Umstände zu sein. Wir werden in diesem Moment den Anschluss an den »Gottvaterstrahl« wiederfinden, der unser innerstes wahres Wesen mit dem Urprinzip des wahren göttlichen Seins verbindet.

Möge dieses Buch ein hilfreicher Beitrag auf dem Weg der Menschheit zu größerer Bewusstheit sein.

 

Karin Brucker Oktober 2010

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Kundalini und das feinstoffliche System des Körpers

Einführung

Beim Schreiben dieses Buches ergaben sich bestimmte Schwierigkeiten. Die originalen Sanskritbegriffe, die für die Beschreibung der Kundalini und der gesamten dazugehörigen mystischen Theorie existieren, sind meist sehr exakt und unterscheiden einen Sachverhalt in seinen Nuancen oft mit den verschiedensten Bezeichnungen. Für diese Begriffe gibt es in der deutschen Übersetzung oft nur ein oder gar kein richtiges Wort. Um zu vermeiden, dass das ganze Buch mit Sanskrit-Termini gespickt wird, werde ich versuchen, nur die wesentlichen und wichtigsten Begriffe aus dem Sanskrit zu verwenden und zu erläutern. Ich bin mir bewusst, dass diese inhaltliche Verkürzung einer genauen Überprüfung mit der Begriffswelt des Sanskrit möglicherweise nicht standhält. Es geht mir jedoch darum, dass die spezifischen Sachverhalte in leichtverständlicher Form dargestellt werden und so für den Leser einfacher nachvollziehbar sind.

Bevor ich tiefer in die Thematik einsteige, scheint es mir wichtig zu sein, zunächst einmal bestimmte Grundbegriffe genauer zu definieren. Begriffe wie Kundalini, Prana, Bewusstsein, Energie oder Kraft werden gerne benutzt und ihre Bedeutung ungefähr erspürt, jedoch nicht wirklich genau definiert.

Wenn wir von einem Welten-Ich ausgehen, einem einzelnen Punkt, in dem alles eins ist, ohne Widersprüche, harmonisch und ohne alle Teilstücke, so könnte man dies als den schöpferischen Wesenskern bezeichnen. Aus diesem Welten-Ich strömt alles aus in die Schöpfung. All das, was dabei ausgeströmt wird, kann sich in den verschiedensten Formen manifestieren: Bewusstsein, Erinnerung, Klang, Licht, Energie, Stoßkraft, Substanz und vieles mehr. Bei all diesen Ausstrahlungen handelt es sich um Aktivitäten von Parashiva (der höchste Herr und Schöpfer oder höchstes Bewusstsein) und Parashakti (seine aktive Schöpferkraft), die quasi mit den göttlichen Elementen »spielen« und auf diese Weise schöpfen. Sie dirigieren die Parakundalini (also die höchste Form der Kundalini), die nur der höchsten Gottheit selbst zur Verfügung steht. Dabei vergrößert sich die Parakundalini immer weiter, nimmt alles in sich auf, steigert und erhöht es und bringt es erneuert wieder in die Schöpfung ein.

Die urspüngliche Urgottheit verzweigt sich quasi wesenhaft in immer mehr Kinder, die wiederum untereinander immer weitere Verflechtungen eingehen. Dabei entstehen zahlreiche Hierarchien, beginnend von Göttern und Göttinnen bis hinunter zu den Menschen und weiter bis zum Tier-, Pflanzen- und Mineralreich.

Alles, was auf diese Weise existiert, ist Ausdruck der Kundalini. Man kann sie in drei wesentliche Formen einteilen: in die organische Welt, in der die Wesenheiten existieren, in eine physische Welt und in eine unterphysische Welt. Mit der unterphysischen Welt sind Phänomene gemeint wie schwarze Löcher, bei denen sich die Materie in einer so massiven Form verdichtet hat, dass man sie nicht mehr als nur physisch bezeichnen kann.

Egal, wie dicht oder fein sich die Dinge darstellen, sie sind und bleiben Ausdruck der Kundalini – bezogen auf den Kosmos Ausdruck der Parakundalini.

Das Leben könnte man als einen Kraftstrom bezeichnen, in dem die Kundalini auf eine vitale oder ätherische Art existiert. Der Prana dagegen ist der Lebensozean, der alles durchdringt, was durch Kundalini ausgedrückt wird und als Medium von Kundalini zu bezeichnen ist. Wenn also Kundalini eine strömende, kreative Energie mit einer zielgerichteten Aktivität ist, bedeutet Prana lediglich das Strömende, Kreative an sich, das erst durch die Zusammenarbeit mit Kundalini eine Zielrichtung bekommt.

Bewusstsein ist ein Zustand von bestimmten Schwingungen, in denen ein Licht aktiviert wird (siehe: Christus als das »Licht des Lebens«). Der Wesenskern ist das Bewusstseinszentrum, aus dem Licht austritt; die eigene Persönlichkeit ist lediglich das ›Beleuchtete‹.

 

Nach den vedischen Schriften bezeichnet der Begriff Kundalini, genauer gesagt die Kundalini-Shakti, die weibliche, kreative Kraft Gottes. Sie wird als aktiver Aspekt des All-Bewusstseins beschrieben, der sich in der Schöpfung manifestiert.

Um einen problemlosen Aufstieg in unserem System zu ermöglichen, ist es wichtig, dass der feinstoffliche Körper eine gewisse Vitalität mitbringt. Diese kann von verschiedenen äußeren Umständen abhängen, wie Ernährung, Gefühlswelt oder generellen Stressfaktoren. Ist der feinstoffliche Körper geschwächt, kann es dazu kommen, dass die Kundalini-Shakti keinen normalen Aufstieg nimmt, sondern bedingt durch die verschiedenen Blockierungen entweder an ihrem Aufstieg gehindert wird oder in falsche Lichtbahnen gerät. Dabei darf man nicht vergessen, dass eine aktive Kundalini so kraftvoll ist, dass sie ohne jede Rücksicht versucht, ihr Ziel – die spirituelle Verwirklichung des Menschen – zu erreichen. Was sich ihr in diesem Prozess in den Weg stellt, wird intensiv bearbeitet, um den Aufstieg fortzusetzen.

Es ist sicher leicht vorzustellen, dass es in solchen Situationen für die Menschen unangenehm und schwierig werden kann. Manche dieser Schwierigkeiten lassen sich insofern einfach beheben, als sie lebensstilbedingt sind; Ernährung, neue Geisteshaltungen oder Verhaltensweisen können dabei eine wichtige Unterstützung sein. In einigen anderen Fällen ist es nicht so einfach, die mit der Kundalini-Erweckung auftauchenden Schwierigkeiten zu beheben. In diesen Fällen ist es sicherlich geboten, einen geeigneten spirituellen Meister aufzusuchen, der sich mit solchen Problematiken auskennt. Kundalini-Lehrer werden nach eingehender Prüfung der Situation spirituelle Übungen für den Erwachenden zusammenstellen, die den Aufstieg der Kundalini erleichtern.

Chakren und Nadis

Bei der Vorstellung von Chakren und Nadis handelt es sich um feinstoffliche Strukturen, die den physischen Körper und auch dessen Aura durchziehen. Das Wort Nadi (Kanal, Röhre) bezeichnet in diesem Zusammenhang Energiebahnen, das Wort Chakra (Kreis) Energiewirbel.

Die Nadis befinden sich sowohl im physischen Körper als auch in dessen Umgebung. Je nach spiritueller Strömung und je nachdem, in welchen traditionellen Texten man nachschlägt, wird die Anzahl unterschiedlich hoch angegeben. Vermutlich sind es mehrere tausend Bahnen, die den Körper in verschiedenen Richtungen durchziehen und bestimmte Teile des Körpers auf diese Weise miteinander energetisch verbinden. Wie im vorangegangenen Kapitel bereits erwähnt, gibt es sowohl fixierte als auch veränderliche Nadis. Da Letzteres eher unbekannt ist, findet sich in der Literatur zuweilen auch die Vermutung, Nadis wären lediglich das Ergebnis der persönlichen Vorstellungswelt.

Aber auch das Vorstellungskonzept von Chakren ist esoterisch in dem Sinne, dass sie physisch nicht auffindbar sind, sondern lediglich in einer meditativen Praxis erfahren werden können. Die Aufgaben der Chakren sind zum einen, Energien aus der Umgebung in den Körper hineinzuleiten, und zum anderen, sie auch wieder herauszubringen. Sie sind wirbelartig gestaltet, so dass die Energien sich in drehender Form in den Körper hinein- und auch wieder hinausbewegen können. Man unterscheidet in der Regel einige Hauptchakren von diversen Nebenchakren. Die Chakren sind mit verschiedenen seelischen Erfahrungen bzw. Bewusstseinsebenen verbunden, die man nur in einer meditativen Versenkung wahrnehmen kann. Ob diese Strukturen tatsächlich existieren, wird ebenfalls von einigen in Frage gestellt. Wie wir an späterer Stelle in diesem Buch sehen werden, gibt es jedoch durchaus wissenschaftliche Hinweise darauf, dass zumindest einige energetische Zentren existieren – so zum Beispiel bei Untersuchungen der Kundalini mit dem Biofeedback-System. Unabhängig davon ist die Idee von Chakren aus der indischen Vorstellungswelt nicht wegzudenken. Sensitive Menschen sind auch in der Lage, diese energetischen Zentren zu spüren und zu beeinflussen. Die Chakren werden in ihrer klassischen Darstellungsweise als trichterförmige Energiewirbel dargestellt, die eine unterschiedliche Anzahl von Blütenblättern aufweisen.

In der klassischen Literatur findet man die Unterscheidung zwischen sogenannten Haupt- und Nebenchakren. Dabei befinden sich die Hauptchakren auf einer gedachten Linie entlang der Wirbelsäule, wobei der Wirkungs- und Einflussbereich der verschiedenen Chakren sich auf die entsprechenden Regionen im physischen Körper auswirkt. Die Hauptverbindungslinie reicht vom unteren Ende der Wirbelsäule bis hinauf zum Scheitel. Von jedem dieser Chakren gehen nun wiederum Tausende von Nadis ab, die als Kanäle für die Lebensenergie (Prana) fungieren. Dabei sind die Nadis so angeordnet, dass, wie bereits erwähnt, die Vorstellung einer Blüte mit Blütenblättern entsteht.

Wie viele Nadis es genau im Körper gibt, ist wie schon erwähnt nicht bekannt. In manchen Traditionen ist von 72 000 die Rede, in anderen wieder von 352 000. Es ist aber nicht unbedingt notwendig, den genauen Verlauf dieser Energiebahnen zu kennen und sich mit deren Aufgaben zu beschäftigen. Im Wesentlichen sind es 14 Nadis, die im Zusammenhang mit Kundalini wichtig sein können.

Ida, Pingala, Sushumna und die weiteren Hauptnadis

Im Zentrum der Kundalini-Traditionen stehen zunächst drei Nadis: Ida, Pingala und Sushumna. Dabei handelt es sich bei Ida und Pingala um zwei Nebennadis der Sushumna, der zentralen Nadi entlang der Wirbelsäule. Ida befindet sich auf der linken Seite der Sushumna und wird mit dem Mond und dem weiblichen Prinzip sowie auch mit Kälte, Passivität und der negativen Phase des Kraftstroms (Minuspol) in Verbindung gebracht. Pingala dagegen befindet sich auf der rechten Seite und wird mit dem männlichen Prinzip, mit Wärme, Aktivität, der Sonne und der positiven Phase des Kraftstroms (Pluspol) assoziiert. Ida und Pingala haben keinen geraden Verlauf, sondern winden sich abwechselnd rechts und links um die Sushumna herum nach oben. Dabei bewegen sie sich auch um die Chakren herum. In der Darstellung des Äskulap-Stabes zum Beispiel sind Ida und Pingala in Schlangenform symbolisch nach diesem Prinzip dargestellt. Auch hier winden sich beide Schlangen um den zentralen Stab. Alle drei Nadis entspringen gemeinsam dem Wurzel-Chakra und treffen sich schließlich wieder im dritten Auge.

Mit Meru-Danda bezeichnet man eine feinstoffliche Entsprechung der Wirbelsäule, besser bezeichnet als Spinalkanal. Man kann sich diesen Meru-Danda so vorstellen, als sei er eine feinstoffliche Röhre, in der die Hauptnadi Sushumna verläuft, die in sich noch mehrmals unterteilt ist. Weitere subtile Nadis befinden sich im Inneren der Sushumna. Nach Angaben meines Lehrers Shin sind es insgesamt 72, die jedoch unabhängig davon bei jedem Menschen – ähnlich wie ein Fingerabdruck – in den feinen Verästelungen völlig anders strukturiert sind. Gewisse Hauptstrukturen lassen sich dennoch feststellen, innerhalb derer sich dann die individuellen Varianten finden.

 

Abb. 1: Aufstieg der Kundalini

Auf der nächstsubtileren Ebene der Sushumna findet man Vajra-Nadi, auf einer noch subtileren Ebene die Chitrini-Nadi, deren Inneres wiederum als Brahma-Nadi bekannt ist. Dabei umhüllen sich die Nadis oder Nadi-Schichten gegenseitig, wobei es zur Mitte hin immer subtiler wird. Im Inneren schließlich befindet sich eine hohle Röhre, die als Vivara bezeichnet wird. Die Öffnung dieser Chitrini-Nadi ist eine Art ›Tür‹, durch welche die Kundalini in die Vivara, die auch als ›königliche Straße‹ bezeichnet wird, eintritt. In ihr kann die Kundalini ohne jedes Hindernis direkt aufsteigen.

Ida, Pingala und Sushumna gehören zu der Gruppe von 14 Hauptnadis. Diese Nadis lassen sich grobstofflich auch verschiedenen Körperregionen und Organen zuordnen, die mit ihnen energetisch verbunden sind. M. P. Pandit beschreibt die 14 Nadis, fußend auf den relevanten Originalquellen, in seinem Buch Kundalini-Yoga[1] folgendermaßen:

 

die Sushumna im Kanal des Rückenmarks.

Ida, die linke Sympathikuskette, die sich in Form eines gekrümmten Bogens von unterhalb des linken Nasenlochs bis zur linken Niere erstreckt.

Pingala, die entsprechende rechts verlaufende Kette.

Kuhu, der Schamnerv des Sakralplexus, linksseitig vom Rückenmark.

Gandhari, auf der Rückseite der linken Sympathikuskette. Man vermutet, dass er vom linken Augenwinkel zum linken Bein verläuft. Augenscheinlich nahm man an, dass einige Nerven aus dem Halsplexus das Rückenmark entlanglaufen und mit dem großen Ischiasnerv aus dem Sakralplexus in Kommunikation treten.

Hastijihva, auf der Vorderseite der linken Sympathikuskette. Unter der gleichen Annahme wie zuvor von unterhalb des linken Augenwinkels nach der Großzehe am linken Fuß. Man glaubte, dass pathologische Tatbestände mit einer speziellen Nervenverbindung zwischen Augen und Zehen zusammenhängen.

Sarasvati, zu Rechten der Sushumna, verläuft zur Zunge.

Pusha, auf der Rückseite der rechten Sympathikuskette, reicht vom rechten Augenwinkel bis zum Unterleib (ein Kettenverband von Hals- und Lendennerven).

Payasvini, zwischen Pusha und Sarasvati, ein zu den Ohren gehörender linker Ast aus dem Halsplexus.

Sankhini, zwischen Gandhari und Sarasvati, ein links gelegener Ohrenast aus dem Halsplexus.

Yashasvini, auf der Vorderseite der rechten Sympathikuskette, verläuft vom rechten Daumen zum linken Bein (der Radialnerv des Armplexus, der sich über bestimmte Äste in den großen Ischiadicus fortsetzen soll).

Varuna, die Nerven des Kreuzbeinplexus zwischen Kuhu und Yashasvini, die sich über den unteren Rumpfteil und über die Gliedmaßen verteilen.

Vishvodra, die Nerven des Lumbalplexus zwischen Kuhu und Hastijihva; sie verteilen sich über den unteren Rumpfbereich und über die Gliedmaßen.

Alambusha, die Steißbeinnerven; sie kommen aus den Sakralwirbeln und enden in den Urogenitalorganen.

 

Mein Lehrer[2] hielt 2006 einen Vortrag über »Kundalini, die urschöpferische Kraft im Menschen«. Er beschreibt den Zentralkanal, in dem sich die Kundalini unter anderem erheben kann, als eine Art von Turmalin-Kristall, der eine feingliedrige, faserförmige Innenstruktur hat. Im Gegensatz zu Pandit spricht er von 72 unterschiedlichen Nadis, in denen die Kundalini aufsteigen kann. In seiner Beschreibung sind diese Fäden feiner als Fäden eines Spinnennetzes, jedoch hart wie ein Diamant und unzerstörbar. Und dennoch sind all diese feinen Strukturen miteinander verbunden und aus Kundalini gebildet. Bewegt sie sich nun mit ihren feinsten Energien in diesen zentralen Kanälen nach oben, so verbindet sie alles von allen Seiten: von hinten nach vorne, von oben nach unten, alle Organe und physischen Strukturen auf jeder Ebene miteinander. Immer feiner und feiner werden die Energien nach oben gebracht. Sie können sich jedoch auch schlangenartig um die Sushumna herum nach oben bewegen. Die Abbildung eines Stabs, der von Schlangen umwunden wird, findet sich auch auf Bildern der alten Griechen und Ägypter, in Peru, aber auch bei keltischen oder finnischen Priestern und vielen Schamanen.

Das Chakrensystem und die sieben Hauptchakren

Je nach Schultradition werden Chakren sogenannten Haupt- oder Nebenchakren zugeordnet. Für den Aufstieg der Kundalini sind jedoch lediglich die Hauptchakren von Bedeutung.

Hier eine tabellarische Aufstellung der Chakren mit den ihnen innewohnenden Themen und anderen Zuordnungen:

Muladhara-Chakra (Wurzelchakra)

Symbol: vierblättriger Lotos; Quadrat

Lage: zwischen Anus und Genitalien; mit dem Steißbein verbunden; öffnet sich nach unten

Grundprinzip: körperlicher Wille zum Sein

Sinnesfunktion: Riechen

Farbe: feurig rot

Element: Erde

Körperliche Zuordnung: alles Feste; Wirbelsäule, Knochen, Zähne und Nägel; beide Beine; Anus, Rektum, Dickdarm, Mastdarm, Enddarm; Prostata; Blut; Zellaufbau

zugeordnete Drüsen und Hormone: Nebennieren; Adrenalin und Noradrenalin

Thema und Lernaufgabe: ursprüngliche Lebensenergie; Urvertrauen; Beziehung zur Erde und zur materiellen Welt; Stabilität, Durchsetzungskraft

Bija-Mantra: lam

Svadhisthana-Chakra (Sakral-Chakra, Kreuzzentrum)

Symbol: sechsblättriger Lotos; Halbmond

Lage: am oberen Teil des Kreuzbeins, etwa an der Schamhaargrenze; öffnet sich nach vorne

Grundprinzip: schöpferische Fortpflanzung des Seins

Sinnesfunktion: Schmecken

Farbe: orange

Element: Wasser

körperliche Zuordnung: Beckenraum; Fortpflanzungsorgane, Nieren, Blase; alles Flüssige wie Blut, Lymphe, Sperma, Verdauungssäfte

zugeordnete Drüsen und Hormone: Keimdrüsen, Eierstöcke, Prostata, Hoden; Östrogene, Testosteron

Thema und Lernaufgabe: ursprüngliche Gefühle; mit dem Leben fließen; Sinnlichkeit, Erotik, Kreativität, Staunen und Begeisterung

Bija-Mantra: vam

Manipura-Chakra (Solarplexus-Chakra, Nabelzentrum, Milz-, Magen-, Leber-Chakra)

Symbol: zehnblättriger Lotos; Dreieck

Lage: zwei Finger breit oberhalb des Nabels; öffnet sich nach vorne

Grundprinzip: Gestaltung des Seins

Sinnesfunktion: Sehen

Farbe: gelb bis goldgelb

Element: Feuer

körperliche Zuordnung: unterer Rücken; Bauchhöhle, Verdauungssystem, Magen, Leber, Milz, Gallenblase; vegetatives Nervensystem

zugeordnete Drüsen und Hormone: Bauchspeicheldrüse, Leber, Galle; Insulin

Thema und Lernaufgabe: Entfaltung der Persönlichkeit; Verarbeitung von Gefühlen und Erlebnissen; Gestaltung des Seins; Einfluss und Macht, Kraft und Fülle; Weisheit, die aus Erfahrung erwächst

Bija-Mantra: ram

Anahata-Chakra (Herz-Chakra, Herzzentrum)

Symbol: zwölfblättriger Lotos; Davidstern

Lage: in der Mitte der Brust (Brustbein); öffnet sich nach vorne

Grundprinzip: Seinshingabe

Sinnesfunktion: Tasten

Farbe: grün, rosa, gold

Element: Luft

körperliche Zuordnung: oberer Rücken; Herz, Brustkorb und Brusthöhle, unterer Lungenbereich; Blut, Blutkreislaufsystem; Haut und Hände

zugeordnete Drüsen und Hormone: Thymusdrüse; Thymohormon

Thema und Lernaufgabe: Entfaltung der Herzensqualitäten; Liebe, mitempfinden, miteinander teilen, mit dem Herzen dabei sein, Selbstlosigkeit, Hingabe; Heilung

Bija-Mantra: yam

Vishuddha-Chakra (Hals-Chakra, Kehl-Chakra, Kommunikationszentrum)

Symbol: sechzehnblättriger Lotos; Kreis mit innen liegendem, nach unten zeigendem Dreieck, in dem sich ein weiterer Kreis befindet

Lage: zwischen Halsgrube und Kehlkopf, vorne am Hals; öffnet sich nach vorne

Grundprinzip: Seinsresonanz

Sinnesfunktion: Hören

Farbe: hellblau

Element: Äther (Akasha)

körperliche Zuordnung: Lunge, Bronchien; Speiseröhre, Sprechapparat (Stimme), Kehle; Nacken, Kiefer und Kinnbacken

zugeordnete Drüsen und Hormone: Schilddrüse, Nebenschilddrüse; Thyroxin (Trijodthyroxin)

Thema und Lernaufgabe: Kommunikation; kreativer Selbstausdruck; Offenheit, Weite, Unabhängigkeit, Inspiration, Zugang zu den feineren Ebenen des Seins

Bija-Mantra: ham

Ajna-Chakra (Stirn-Chakra, drittes Auge, Auge der Weisheit, inneres Auge (Befehls-Chakra))

Symbol: sechsundneunzigblättriger Lotos (2 × 48 Blätter); Kreis, der rechts und links jeweils ein Blütenblatt hat (in anderen Traditionen zweiblättriger, weißer Lotos)

Lage: einen Fingerbreit über der Nasenwurzel, in der Mitte der Stirn; circa zwei Finger breit hinter der Stirn, öffnet sich nach vorne

Grundprinzip: Seinserkenntnis

Sinnesfunktion: alle Sinne, auch in Form der übersinnlichen Wahrnehmung

Farbe: indigoblau, gelb, violett

Element: keine Zuordnung

körperliche Zuordnung: Kleinhirn; Ohren, Nase, Nebenhöhlen, Augen; Teile des Nervensystems; Stirn und Gesicht

zugeordnete Drüsen und Hormone: Hypophyse; Vasopressin (Adiuretin), Pituitrin

Thema und Lernaufgabe: Erkenntnisfunktionen; Intuition, Entwicklung der inneren Sinne; Geisteskraft, Willensprojektion, Manifestation

Bija-Mantra: ksham

Sahasrara-Chakra (Kronen-Chakra, Scheitelzentrum, tausendblättriger Lotos)

Symbol: OM auf einem tausendblättrigen Lotos

Lage: oben auf der Mitte des Kopfes; öffnet sich nach oben

Grundprinzip: reines Sein

Sinnesfunktion: keine Zuordnung

Farbe: violett, weiß, gold

Element: eine Zuordnung

körperliche Zuordnung: Großhirn und Schädeldecke

zugeordnete Drüsen und Hormone: Zirbeldrüse (Epiphyse); Serotonin

Thema und Lernaufgabe: Vollendung; höchste Erkenntnis durch direkte innere Schau; Vereinigung mit dem allseienden, universellen Bewusstsein

Bija-Mantra: om

 

An dieser Stelle sei erwähnt, dass in den verschiedenen Traditionen die Frage diskutiert wird, ob es sich bei dem Schädel-Chakra tatsächlich um ein Chakra handelt oder um eine wie auch immer geartete energetische Öffnung, die sich zwar nach oben richtet, jedoch auf verschiedenen Höhen über dem Kopf im feinstofflichen Bereich unterschiedliche Strukturen hat.

Außerdem gehen nicht alle davon aus, dass sich die Chakren, die eine Öffnung nach vorne haben, nur in dieser Richtung öffnen, es gibt durchaus andere Ansichten, die auf jeder Chakra-Höhe eine Öffnung nach vorne und nach hinten erkennen.

Exkurs: Evolution – Involution: Schöpfung und Auflösung des Bewusstsein-Materie-Prinzips

Unter den Begriffen Evolution und Involution kann man in praktisch allen religiösen Strömungen das Prinzip von Schöpfung, Auflösung und erneuter Schöpfung zusammenfassen. Dabei bedeutet Evolution ein schöpferisches Prinzip, bei dem ›Dinge‹ durch Absenkung der Schwingung so weit heruntertransformiert werden, dass sie sich schließlich in Form von Materie ausdrücken. Die Involution dagegen ist das umgekehrte Prinzip, bei dem sich die Materie wieder auflöst und wieder zu ihrem geistigen Ursprung, zur Form von reiner Energie, zurückkehrt.

Das Schöpfen von Dingen ist uns aus unserem täglichen Leben durchaus bekannt. Alles, was wir denken, sprechen oder wie wir handeln, ist schöpferisch. Die Inhalte dessen, was gedacht, gesprochen oder durch eine Tat manifestiert wird, sind ein Wirkprinzip, das sich umsetzt. Je öfter und intensiver Gedanken, Handlungen oder Dinge, die wir aussprechen, praktiziert und wiederholt werden, desto mehr verfestigt sich ihre Schöpfung, und desto intensiver werden diese Inhalte in Realität umgesetzt. Auf diese Weise erschaffen wir täglich sowohl Positives als auch Negatives, was die östliche Tradition mit Karma bezeichnet. Das Prinzip von Ursache und Wirkung, das die Basiserkenntnis vieler östlicher Traditionen darstellt, beschreibt mit anderen Worten dasselbe Prinzip. Ohne Ursache erleben wir keine Wirkung; jede Wirkung, die wir erleben, hat eine Ursache. Dabei sind alle Versuche, Ursachen für Wirkungen bei anderen Menschen oder äußeren Umständen zu suchen, grundlegend falsch, da wir generell selbst Schöpfer all dieser Dinge sind.

Viele dieser kleinen Schöpfungsvorgänge, in die wir täglich involviert sind, geschehen nicht bewusst. Konditionierungen, Glaubenssätze, antrainierte Verhaltensweisen, unaufgelöste Traumata, energetische Informationen aus sogenannten ›vergangenen Leben‹, Beeinflussungen durch Fremdenergien oder Impulse des Unterbewusstseins können hierbei Ursachen für Schöpfungen sein, derer man sich selbst nicht bewusst ist.

Besonders in den östlichen Traditionen wird der Weg der Achtsamkeit gelehrt, der den Menschen dazu bringen soll, im Umgang mit sich selbst und anderen eine Form von geistiger Hygiene zu praktizieren, die die unbewusste Schöpfung negativer Strukturen gar nicht erst zulässt.

Der Aufstieg der Kundalini bedeutet eine intensive Reinigung negativer Strukturen und das Erlangen von Erkenntnis darüber, wie diese zustande gekommen sind. Erst von diesem Punkt an ist eine Neuschöpfung möglich, durch die man es ›besser machen‹ kann. So strebt alles Leiden nach Auflösung, die jedoch ohne den ›Umweg‹ über die Erkenntnis nicht möglich ist.

Besonders in den östlichen Traditionen wird der Prozess der Evolution und der Involution minutiös analysiert und dargestellt. Der bekannte indische Yogi Gorakshanatha[3], auf den ich später noch einmal zu sprechen komme, beschreibt exemplarisch die Entstehung der Seinseinheiten vom Geistigen ins Materielle.

Er bezeichnet das Unaussprechliche, das unteilbare Urprinzip mit anama. Dieser Zustand teilt sich schließlich in die beiden Grundaspekte Shiva und Shakti, die sich wiederum jeweils in fünf weitere Evolutionsschritte nach ›unten‹, zu größerer Dichte hin, manifestieren. An diesem Punkt kann man von einer Zweiheit in Einheit sprechen, so wie es etwa das Yin-Yang-Symbol zum Ausdruck bringt. Das Shiva-Prinzip kann man hier zwar als männlich und das Shakti-Prinzip als weiblich bezeichnen, beide sind jedoch ungetrennt (vereint in einer Unio mystica) – Eros und Logos sind noch innig miteinander vereint.

Aus dieser Ausgangssituation heraus entsteht schließlich in der Abwärtsbewegung der Schöpfung die Repräsentation jener uranfänglichen Seinseinheit, wie sie sich für uns durch höchste Glückseligkeit und Erkenntnis im Erscheinen des Bewusstseins oder Bewusstseinslichts vermittelt, das wir ja selbst sind. Dies ist in den Upanishaden sehr schön mit dem berühmten Satz »Tat tvam asi« ausgedrückt worden: »Ich bin Er« – ich bin eins mit Gott.

An diesem Punkt folgt nun – immer noch im feinstofflichen Bereich – eine weitere Ebene der Schöpfung: die ›große formhafte Seinseinheit‹. Hier spielen die fünf Elemente Äther, Luft, Feuer, Wasser und Erde und die sogenannten acht göttlichen Gestalten in der Schöpfung eine Rolle (Shiva, Bhairava, Srikantha, Sadashiva, Ishvara, Rudra, Vishnu und Brahma). An dieser Stelle des Schöpfungsprozesses bildet sich die Materie, indem die Energien der fünf Elemente immer weiter verdichtet werden und sich schließlich über die ›Seinseinheit der Natur‹ zu materiell-gegenständlichen Dingen formen lassen.

Wenn wir vom Aufstieg der Kundalini sprechen, so handelt es sich hierbei um eine Gegenbewegung (Involution) zum eben beschriebenen Schöpfungsakt, in der sich der Mensch seiner geistigen Form bewusst wird und das dahinterliegende schöpferische Prinzip erkennt. Die Kundalini, die das Shakti-Prinzip (weiblich) darstellt, vereinigt sich, wenn sie ganz erweckt ist, mit dem Shiva-Prinzip (männlich), das im Wesenskern der Menschen in der Mitte des Kopfes manifestiert ist. Die Vereinigung führt zur Erkenntnis des wahren Seins. Die auf diesem Wege gewonnene Erkenntnis kehrt sich anschließend wieder in einen evolutiven Prozess um, in dem der Mensch zum Schöpfer erwacht ist.

Schöpfung und Kundalini

Die Kundalini hat im Verlauf des Lebens eines Menschen unterschiedliche Aufgaben. In ihrer Funktion als Shakti, als schöpferisches Prinzip Gottes, manifestiert sie sowohl die gesamte Umwelt des Menschen wie auch den Menschen selbst. In manchen Traditionen wird sie in diesem Zusammenhang auch als Göttin betrachtet.

In Shin Shiva Svayambhus Vortrag von 2006[4] und in einem persönlichen Gespräch[5], das ich mit ihm führen konnte, beschrieb er ausführlich, wie die Kundalini den Menschen kreiert. Ich fand seine Darlegungen so eingängig und interessant, dass ich sie in Auszügen hier wiedergeben möchte:

Zunächst entsteht nach der Vereinigung von Mann und Frau ein feinstofflicher Wesenskern, der jeweils einen diamantfarbenen sternförmigen Lichtpunkt vom Vater und einen roten von der Mutter enthält. Er sieht aus wie ein durchsichtiger Kristallellipsoid, in der diese beiden Sterne wie Pulsare kreisen, die in hochintensiver Weise interaktiv sind[6]. Im Vorfeld der Befruchtung befand sich jeweils ein Stern im Körper der Mutter und einer in dem des Vaters. Durch die Befruchtung werden diese beiden Sterne miteinander vereint und zu einem Wesenskern geformt. Zwischen diesen beiden Sternen entsteht eine große Spannung, die wie eine Arbeitsspannung wirkt, denn zwischen diesen beiden Polen wird nun der gesamte Mensch aufgebaut.

Schließlich projiziert dieser Wesenskern eine Art Blaupause des Menschen in den Raum. Dann fährt von diesem Kern ein Lichtstrahl aus. Dieser Strahl bildet zunächst den feinstofflichen Zentralkanal Sushumna, der aus mehreren Schichten besteht. An dieser Sushumna entstehen auf verschiedenen Höhen Scheiben, die senkrecht zum Strahl stehen. Aus ihnen entwickelt sich der Lichtkörper, bestehend aus zahlreichen Chakren und Nadis, über die ein Austausch von Innen- und Außenwelt ermöglicht wird.

Im nächsten Schritt beginnt eine Evolutionstätigkeit, durch welche sich die gesamte Körperlichkeit aus dem Kopf spiralförmig entfaltet. Dabei gibt es geistig-energetische Vorgänge, in denen das kleinste aktive schöpferische Atom (atomos[7]) aus der Ideenwelt Gottes über das Flüssige (nächste Stufe nach dem Atom) mit Hilfe von Kraftströmen in Materie übergeht. Aus dem Wesenskern rinnt ein Teil heraus, hinunter in das Becken, nachdem das Nervensystem in den Leib eingegliedert wurde. Dieser Wesenskern wirkt durch die beiden Sterne in ihm wie ein Bi-Polar-Stern, der nun mit der embryonalen Entwicklung des Menschen beginnt. Nun strudelt alles, was organisch werden soll, in dieses Blaupausen-Modell hinein und lässt auf diese Weise den physischen Körper entstehen.

Die Chakren und Nadis geben Energien und Botschaften an diese feinen Flusssysteme weiter, ähnlich wie bei der Entwicklung des Nervensystems. Wobei das Nervensystem nichts anderes ist als eine sehr verdichtete Form von Kundalini. Bei den feinstofflichen Nadis gibt es zwei verschiedene Formen. Zum einen gibt es Nadis, die ihren festen Platz und eine bestimmte Aufgabe im Lichtkörper haben. Zum anderen existieren auch, wie bereits gesagt, bewegliche Nadis, die nicht immer den gleichen Verlauf haben, sondern ihn, je nach Aufgabe, auch verändern können. Insbesondere, wenn sich Liebende streicheln, können sie diese speziellen Meridiane erleben, denn aus ihnen resultieren beispielsweise auch die erogenen Zonen. Dabei finden sich auch zahlreiche Mikro-Chakren, die man durch Streicheln des Körpers harmonisieren kann.

Ist der physische Mensch auf diese Weise geschaffen, ›lehnt sich die Kundalini zurück‹. Das Bild einer vollständig schlafenden Kundalini ist insofern nicht ganz korrekt, als sie zu jeder Zeit dafür sorgt, dass der Körper immer mit ausreichender Energie versorgt ist und sich diese auch planmäßig im Körper verteilt. Zu ihren Aufgaben zählen nicht nur physische Veränderungen, sondern auch die Ausbildung der Psyche. In drei mal sieben Jahreszyklen durchläuft der Mensch Entwicklungsphasen seiner Persönlichkeit, die von der Kundalini gesteuert werden. Zu jedem Zeitpunkt aber ist es möglich, dass die Kundalini zu einer besonderen, wesentlich höheren und schnelleren Aktivität erwacht und ihren Aufstiegsprozess zurück zum bereits oben erwähnten feinstofflichen Wesenskern beginnt. Wenn sich die Kundalini (= Energie; = Göttin; = Kraft) auf diese Weise entfaltet, bewegt sie sich durch verschiedene Ebenen und kann dort die veranlagten Kräfte wachrufen.

Bei ihrem Aufstieg nutzt die Kundalini unterschiedliche Nadis. Die Shushumna besteht aus 72 verschiedenen feinsten Nadis (die man auch die 72 Töchter Shaktis nennt), in denen es weitere Feineinteilungen gibt, die bei jedem Menschen höchst individuell und einzigartig angelegt sind – wie bei einem Daumenabdruck oder dem Muster der Handlinien. Die Kundalini kann potenziell in allen Nadis aufsteigen. Würde dies gleichzeitig geschehen, wäre der Mensch jedoch sofort tot. In der Regel benutzt die Kundalini bis zu fünf solcher Nadis gleichzeitig. Da in jeder Nadi ganz spezifische und typbedingte Dinge enthalten sind, ist jede Kundalini-Erweckung ein einzigartiger Prozess. Über welche der Nadis die Kundalini ihren Weg wählt, wird vom göttlichen Selbst des Menschen gesteuert und nimmt genau die Form an, die sich der Mensch in seinem Innersten wünscht.

Entlang der aktivierten Nadis steigen die Energien auf und ab. Bei jedem weiteren Aufstieg entfaltet sich die Kundalini weiter. Man kann sich das wie eine Feuerwerksrakete vorstellen, die schnell nach oben schießt, sich dort als eine erste Explosion in mehreren Lichtkugeln entlädt und sich dann in immer weiteren Explosionen schließlich vollständig entfaltet. Auf jeder Ebene kann sich die Kundalini also immer wieder selbst übertrumpfen.

In früheren Kulturen, wie zum Beispiel bei den Kelten, erkannte man in der Kundalini eine wissende, göttliche Energie, die genau weiß, wie der Körper aufgebaut werden muss. Nicht nur in der embryonalen Phase, sondern in der gesamten Entwicklung des Menschen bis zum Erwachsenenalter hat die Kundalini abwechselnd aktive Phasen und Ruhepausen. Sie wohnt jedem Menschen inne und weiß am besten, wie der Organismus geschaffen und gebildet worden ist. Die Kundalini hat dadurch natürlich auch später die Möglichkeit, zu ergänzen und nachzugestalten, was die Basis jeder Form von Heilungsprozess für den Menschen schafft. Wenn wir Menschen dieser Energie wieder einen Raum zum Wirken geben, ist es uns möglich, uns wahrhaft zu entfalten. Alles, was wir den ganzen Tag tun, ist nur möglich durch die Existenz dieser intelligenten Energie, die den Körper gebaut und unser Wesen gestaltet hat. Sie ist mit jedem Selbst verbunden und mit dem großen Ozean des Bewusstseins, den man früher als Gott und Göttin bezeichnet hat. Sie ist beides, sie ist unzertrennlich – Nicht-Struktur und Plan und Ordnung zugleich. Sie bewirkt und ist im selben Moment die Ausgestaltung einer Idee, einer Organisation, die alle Energien in harmonischer Weise zusammenhält. Diesen ganzheitlichen Ansatz harmonischen Zusammenwirkens findet man unter anderem auch in der indischen Heilkunst wieder. Hier werden so viele Pflanzen zusammengebracht, dass der Gesamtorganismus – und nicht das einzelne Organ – einen Impuls bekommt, so dass der Organismus sich selbst wieder reguliert. Die ayurvedischen Mittel sind eine Hilfe, die den Organen einen Impuls geben, der die Heilung in Gang setzt.