Die Verjährung quasivertraglicher Schadensersatzansprüche - Franz Hackl - E-Book

Die Verjährung quasivertraglicher Schadensersatzansprüche E-Book

Franz Hackl

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Beschreibung

Untersucht werden verjährungsrechtliche Probleme, die sich bei der Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht gem. § 179 BGB, des Anfechtenden gem. § 122 BGB sowie aus c.i.c. gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, Abs. 3 BGB stellen können. Bei den genannten Ansprüchen handelt es sich um sog. quasivertragliche Schadensersatzansprüche. Diese Ansprüche sind dadurch gekennzeichnet, dass ein vom Anspruchsinhaber ursprünglich begehrter Vertrag am Ende nicht oder jedenfalls inhaltlich nicht so wie gewünscht zustande kommt und sie somit als eine Art wirtschaftlicher Ersatzwert an die Stelle der gescheiterten vertraglichen Ansprüche treten. Die quasivertraglichen Schadensersatzansprüche weisen somit eine besonders enge Verbindung zu dem vertraglichen Anspruchs- und Haftungsregime auf. Nach einem Überblick über das geltende Verjährungsrecht sowie über die behandelten Anspruchsgrundlagen werden die einzelnen verjährungsrechtlichen Problemstellungen herausgearbeitet und anhand von verschiedenen Fallbeispielen konkretisiert. Abschließend wird versucht, einen verallgemeinerungsfähigen Lösungsansatz für die verjährungsrechtliche Behandlung der quasivertraglichen Schadensersatzansprüche zu entwickeln.

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Die Verjährung quasivertraglicher Schadensersatzansprüche

Eine verjährungsrechtliche Untersuchung der Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht gem. § 179 BGB, des Anfechtenden gem. § 122 BGB sowie aus culpa in contrahendo gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, Abs. 3 BGB

Franz Hackl

Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main

Das Werk wurde zugleich als Dissertation der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg angenommen und zum Druck freigegeben.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN: 978-3-8005-1895-1

© 2024 Deutscher Fachverlag GmbH, Fachmedien Recht und Wirtschaft, Frankfurt am Main www.ruw.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Druck: Beltz Grafische Betriebe GmbH, 99947 Bad Langensalza

Für Theresa Lehmeier

(Russi)

Vorwort

Diese Arbeit wurde im Wintersemester 2023/2024 von der Juristischen Fakultät der Universität Heidelberg als Dissertation angenommen.

Ich danke meinem Doktorvater Prof. Dr. Andreas Piekenbrock für seine offene und unkomplizierte Art, für den angenehmen und konstruktiven fachlichen Austausch sowie für die Erstellung des Erstgutachtens. Gedankt sei auch Herrn Prof. Dr. Marc-Philippe Weller für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens.

Diese Arbeit entstand in der Zeit von 2019 bis 2023 während meiner Tätigkeit als Rechtsanwalt für die Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen in München. Literatur wird berücksichtigt bis Juni 2023.

Ohne die Unterstützung einiger wichtiger Menschen wäre dieses Promotionsvorhaben nicht möglich gewesen. Ich möchte daher die Gelegenheit nutzen, um mich bei diesen ganz herzlich zu bedanken:

Ein großes Dankeschön für eine sehr schöne Zeit gilt zunächst meiner ehemaligen Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen um die Partner Axel Bierbach, Oliver Schartl, Dr. Stefan Debus, Christian Beutler, Thomas Funk, Henrik Brandenburg und Severin Haneke. Diese haben mir das Projekt der berufsbegleitenden Promotion ermöglicht und dieses mit viel Geduld und Flexibilität gefördert.

Bedanken möchte ich mich auch bei der „Jura-Gang“ um Alexandra Deinhard, Michael (John) Ertl und Michael (Nis) Striegl, mit denen ich in Regensburg während meines Studiums und Referendariats eine wundervolle Zeit verbringen durfte und die dafür gesorgt haben, dass mir der Spaß an der juristischen Ausbildung und Arbeit nie abhandenkam.

Von ganzem Herzen bedanken möchte ich mich zudem bei meinen lieben Eltern Therese und Franz Hackl, die mich mit ihrer bedingungslosen Liebe stets unterstützt haben und ohne die ich meinen bisherigen Weg so nicht hätte gehen können.

Schließlich gilt ein besonderer Dank meiner Partnerin Sabrina Irlinger, die mich auf liebevolle Weise durch sämtliche Höhen und Tiefen der letzten Jahre begleitet und mir damit den zum Gelingen dieser Arbeit nötigen Rückhalt gegeben hat.

In tiefer Verbundenheit soll diese Arbeit unserer lieben Freundin Theresa Lehmeier (Russi) gewidmet sein, die leider viel zu früh von uns gegangen ist. Mit ihrer positiven und sonnigen Art wird sie uns stets ein Vorbild sein und in unseren Herzen weiterleben.

Finsterau im Bayerischen Wald, Weihnachten 2023

Franz Hackl

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einleitung

Teil I Allgemeine Grundlagen des Verjährungsrechts

A. Begriff und Anwendungsbereich der Verjährung

B. Sinn und Zweck der Verjährung

I. Interessen der Allgemeinheit

II. Interessen des Schuldners

III. Interessen des Gläubigers

IV. Sonstige Ziele des Verjährungsrechts

C. Historische Entwicklung des Verjährungsrechts

D. Aktuell geltendes Verjährungsrecht

I. Verjährungsfristen

1. Regelverjährung gem. § 195 BGB

2. Besondere Verjährungsfristen

a) Lange Fristen gem. §§ 196, 197 Abs. 1 BGB

b) Gewährleistungsrecht gem. §§ 438, 634a BGB

c) Gebrauchsüberlassungsverhältnisse gem. § 548 BGB

d) Transportrecht gem. § 439 HGB

II. Beginn und Ende der Verjährung

1. Regelverjährung gem. § 199 BGB

2. Verjährungsbeginn gem. § 200 BGB

3. Besondere Regelung des Verjährungsbeginns

III. Verjährungsfristlauf

1. Hemmung und Neubeginn der Verjährung gem. §§ 203ff. BGB

a) Verjährungshemmung gem. §§ 203 bis 211 BGB

aa) Klassische Verjährungshemmung gem. §§ 203 bis 209 BGB

bb) Ablaufhemmung gem. §§ 210, 211 BGB

b) Verjährungsneubeginn gem. § 212 BGB

c) Reichweite von Hemmung und Neubeginn gem. § 213 BGB

2. Abweichung durch Parteivereinbarung

3. Rechtsnachfolge gem. § 198 BGB

IV. Wirkung und Rechtsfolgen der Verjährung gem. §§ 214ff. BGB

V. Auslegungs- und Analogiefähigkeit des Verjährungsrechts

Teil II Quasivertragliche Haftung

A. Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht gem. § 179 BGB

I. Rechtsnatur und Ratio der Haftung

II. Historische Entwicklung

III. Voraussetzungen der Haftung

1. Vertragsschluss in fremdem Namen

2. Ohne Vertretungsmacht

3. Verweigerung der Genehmigung

4. (Mono-)Kausalität

5. Kein Ausschluss der Haftung gem. § 179 Abs. 3 BGB

a) Haftungsausschluss gem. § 179 Abs. 3 S. 1 BGB

b) Haftungsausschluss gem. § 179 Abs. 3 S. 2 BGB

IV. Rechtsfolgen der Haftung

1. Haftungsfolgen gem. § 179 Abs. 1 BGB

2. Beschränkung der Haftungsfolgen gem. § 179 Abs. 2 BGB

B. Haftung des Anfechtenden gem. § 122 BGB

I. Rechtsnatur und Ratio der Haftung

II. Historische Entwicklung

III. Voraussetzungen der Haftung

1. Fallgestaltung nach §§ 118 bis 120 BGB

2. (Mono-)Kausalität

3. Kein Haftungsausschluss nach § 122 Abs. 2 BGB

IV. Rechtsfolgen der Haftung

C. Haftung nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, Abs. 3 BGB

I. Rechtsnatur und Ratio der Haftung

II. Historische Entwicklung

III. Voraussetzungen der Haftung

1. Vorvertragliches Schuldverhältnis gem. § 311 Abs. 2 und 3 BGB

a) Vertragsverhandlungen gem. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB

b) Vertragsanbahnung gem. § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB

c) Ähnliche geschäftliche Kontakte gem. § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB

d) Dritthaftung gem. § 311 Abs. 3 BGB

2. Schuldhafte Pflichtverletzung gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB

a) Bestimmung des Pflichtenkanons gem. § 241 Abs. 2 BGB

b) Vertretenmüssen i.S.d. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB

IV. Rechtsfolgen der Haftung

V. Typische Fallgruppen der c.i.c.

1. Verletzung allgemeiner Schutz- und Obhutspflichten

2. Abbruch von Vertragsverhandlungen

3. Abschluss unwirksamer Verträge

4. Abschluss inhaltlich nachteiliger Verträge

D. Zusammenfassung

Teil III Verjährung der quasivertraglichen Haftungsansprüche

A. Verjährung der Ansprüche aus § 179 BGB

I. Anwendbare Verjährungsfrist

1. Anknüpfung an den vertraglichen Erfüllungsanspruch

2. Anknüpfung an sonstige vertragliche Ansprüche

3. Stellungnahme und Fazit

II. Beginn, Ende und Lauf der Verjährungsfrist

1. Besondere Regelung des Verjährungsbeginns

a) Mögliche Lösungsansätze

aa) Trennungslösung

bb) Spezialitätslösung

cc) Gesamtlösung

dd) Alternativlösung

b) Grundsätzliche Plausibilitätskontrolle

aa) Trennungslösung

bb) Alternativlösung

cc) Spezialitätslösung

dd) Gesamtlösung

c) Analyse und Bewertung von Spezialitäts- und Gesamtlösung

aa) Spezialitätslösung

(1) Verjährung vor Anspruchsentstehung

(2) Keine Möglichkeit der Abwendung der Verjährung

(a) Generelle Ablehnung einer Verjährungskorrektur

(b) Verjährung auch bei Wirksamkeit des Vertrages

(c) Keine Verjährung bei Wirksamkeit des Vertrages

(aa) Keine rechtzeitige Kenntnis vom Mangel der Vertretungsmacht

(bb) Ausreizen der Verjährungsfrist

(cc) Keine rechtzeitige Anspruchsentstehung i.S.d. § 179 BGB

(d) Geschäftsunfähigkeit des Vertretenen gem. § 104 Nr. 2 BGB

(e) Versterben des vermeintlich Vertretenen

(f) Keine rechtzeitige Kenntnis der Person des Vertreters

(aa) Grundsätzliche Ablehnung der Schutzwürdigkeit

(bb) Differenzierte Beurteilung

(cc) Grundsätzliche Annahme der Schutzwürdigkeit

(dd) Stellungnahme

(3) Keine angemessene Zeit zur Anspruchsverfolgung

(a) Anspruchsverfolgung im Vertrauen auf Vertragswirksamkeit

(b) Anfängliche Untätigkeit des Anspruchsinhabers

(4) Begründete Zweifel an wirksamer Stellvertretung

(a) Angemessener Zeitraum zur Aufklärung

(b) Kein angemessener Zeitraum zur Aufklärung

(aa) Anspruchsverfolgung im Vertrauen auf Vertragswirksamkeit

(bb) Anfängliche Untätigkeit des Anspruchsinhabers

(5) Zusammenfassung und Fazit

(6) Hemmungslösung

(a) Weite Hemmungslösung

(b) Strenge Hemmungslösung

(c) Problemstellung und Kritik

bb) Gesamtlösung

(1) Grundsätzliche Problemstellung

(2) Anrechnungslösung analog § 198 BGB

(a) Allgemeines zur Anrechnung gem. § 198 BGB

(b) Analoge Anwendung auf die Fälle des § 179 BGB

(c) Praktische Umsetzung der Anrechnungslösung analog § 198 BGB

(aa) Rechtzeitige Hemmungsmaßnahme gegenüber dem Vertretenen

(bb) Keine Möglichkeit der rechtzeitigen Anspruchsentstehung

(cc) Zwischenergebnis

(d) Sonderproblemfall der Unkenntnis der Person des Vertreters

(aa) Lösung über § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB analog

(bb) Lösung über §§ 203, 204 BGB analog

(cc) Lösung über § 206 BGB analog

(dd) Lösung über §§ 210, 211 BGB analog

(ee) Zwischenergebnis

d) Zusammenfassung und Fazit

2. Keine besondere Regelung des Verjährungsbeginns

III. Zusammenfassung der Ergebnisse für die Haftung gem. § 179 BGB

B. Verjährung der Ansprüche aus § 122 BG

I. Anwendbare Verjährungsfrist

1. Aktueller Stand in Rechtsprechung und Literatur

2. Vollständiger Gleichlauf mit § 179 BGB

II. Beginn, Ende und Lauf der Verjährungsfrist

1. Verjährungsbeginn nach der Gesamtlösung

2. Korrektur über die Anrechnungslösung analog § 198 BGB

III. Zusammenfassung der Ergebnisse für die Haftung gem. § 122 BGB

C. Verjährung der Ansprüche aus culpa in contrahendo gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, Abs. 3 BGB

I. Anwendbare Verjährungsfrist

1. Aktueller Stand in Rechtsprechung und Literatur

2. Differenzierte Beurteilung

a) Anvertrauenshaftung

b) Erklärungshaftung

aa) Abbruch von Vertragsverhandlungen

bb) Abschluss inhaltlich nachteiliger Verträge

cc) Sonderfall: Gewährleistungsrechtliche Verjährung

(1) Anwendungsfälle der c.i.c. im Bereich der Gewährleistungsrechte

(2) Verjährung innerhalb der Fristen des § 438 BGB

3. Zwischenergebnis

II. Beginn, Ende und Lauf der Verjährungsfrist

1. Aktueller Stand in Rechtsprechung und Literatur

2. Differenzierte Beurteilung

a) Anvertrauenshaftung

b) Erklärungshaftung

aa) Gänzliches Scheitern eines Vertragsschlusses

bb) Tatsächliches Zustandekommen eines Vertrages

(1) Gleichlauf mit vertraglichen Ansprüchen

(2) Abweichung vom vertraglichen Anspruchsregime

3. Zwischenergebnis

III. Zusammenfassung der Ergebnisse für die Haftung aus c.i.c. gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, Abs. 3 BGB

Teil IV Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung

Literaturverzeichnis

Einleitung

Omnia tempus habent.

Alles hat seine Zeit.

Diesem ursprünglich aus der Bibel stammenden Zitat kommt auch im Rahmen der Rechtswissenschaft eine entscheidende Bedeutung zu, denn im Grundsatz hat ebenso jeder materiellrechtliche Anspruch – in § 194 Abs. 1 BGB legaldefiniert als das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen – seine eigene Zeit, und zwar in Form der gesetzlich geregelten Verjährungsfristen. Als Grundsatz hat der Gesetzgeber in § 195 BGB eine allgemeine Regelverjährungsfrist von drei Jahren verankert, die im Regelfall gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss desjenigen Jahres beginnen soll, in dem der betreffende Anspruch entstanden ist und der jeweilige Anspruchsinhaber von den anspruchsbegründenden Umständen sowie von der Person des Anspruchsgegners (positive) Kenntnis erlangt bzw. ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Zudem sind sowohl im BGB als auch in sonstigen Spezialgesetzen noch diverse von der allgemeinen Regelverjährung der §§ 195, 199 BGB abweichende Sonderverjährungsregelungen mit unterschiedlichsten Fristlängen und Anknüpfungspunkten für den Beginn des entsprechenden Verjährungsfristlaufs vorgesehen. Beispiele hierfür sind die langen allgemeinen Verjährungsfristen der §§ 196, 197 Abs. 1 BGB, die zum Teil kürzeren und rein objektiv angeknüpften besonderen Verjährungsfristen im kauf- und werkvertraglichen Gewährleistungsrecht gem. §§ 438 und 634a BGB, die kurze und ebenfalls rein objektiv angeknüpfte mietrechtliche Sonderverjährungsfrist von sechs Monaten gem. § 548 BGB sowie die im Transportrecht zur Anwendung kommende spezielle Verjährungsfrist von grundsätzlich einem Jahr gem. § 439 Abs. 1 HGB. Der mit dem entsprechenden Fristablauf einhergehende Eintritt der Verjährung bewirkt zwar nicht den automatischen Untergang des zugrunde liegenden Anspruchs, sondern führt nach § 214 Abs. 1 BGB vielmehr „nur“ zu einem dauernden Leistungsverweigerungsrecht des entsprechenden Anspruchsgegners, mithin zu einer der Durchsetzbarkeit des Anspruchs entgegenstehenden Einrede. Rein faktisch betrachtet kommt dies im Ergebnis aber dennoch einem Rechtsverlust durch Zeitablauf gleich, sodass jeder Anspruch letztlich eben nur eine zeitlich begrenzte „Lebensdauer“ hat. Wie aus der allgemeinen verjährungsrechtlichen Regelung des § 194 Abs. 1 BGB ersichtlich wird, bezieht sich die Verjährung im Grundsatz immer nur auf ein konkretes Recht, mithin auf den einzelnen Anspruch, mit der Folge, dass jeder Anspruch verjährungsrechtlich gesondert zu betrachten ist und damit im Prinzip nach seinen eigenen Regeln zu verjähren hat.

Nun kennt das geltende Recht aber (Sekundär- bzw. Schadensersatz-)Ansprüche, wie diejenigen aus der Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht gem. § 179 BGB, des Anfechtenden gem. § 122 BGB sowie nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo (c.i.c.) gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, Abs. 3 BGB, die letztendlich darauf beruhen, dass ein vom Anspruchsinhaber ursprünglich gewollter Vertrag scheitert, entweder weil schon gar kein wirksamer Vertragsschluss zustande kommt oder weil ein zunächst tatsächlich wirksam abgeschlossener Vertrag nachträglich wieder wegfällt bzw. inhaltlich negativ von den schützenswerten Vorstellungen und Interessen des Anspruchsinhabers abweicht. Diese Ansprüche sind insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass sie quasi als eine Art wirtschaftlicher Ersatzwert an die Stelle des eigentlich beabsichtigten Vertrages bzw. der daraus resultierenden vertraglichen Ansprüche treten und die durch das Scheitern dieses Vertrages eingetretenen Nachteile des Anspruchsinhabers kompensieren sollen. Zwar ergibt sich die Haftung nach §§ 179, 122 BGB sowie nach den Grundsätzen der c.i.c. gerade nicht aus dem jeweils angestrebten Vertrag, sondern vielmehr unmittelbar aus dem Gesetz und damit aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis. Diesen Ersatzansprüchen muss jedoch insbesondere vor dem Hintergrund ihrer Wirkungen auf der Rechtsfolgenseite sowie ihres inhaltlichen bzw. wirtschaftlichen Ersatzwertcharakters eine besonders enge tatsächliche, rechtliche und wirtschaftliche Verbindung zu den letztlich dadurch ersetzten vertraglichen Ansprüchen bis hin zu einer ggf. sogar vollständigen inhaltlichen Identität mit diesen attestiert werden, sodass sie auch als vertragsähnlich bzw. quasivertraglich oder – wie sich noch zeigen wird – sogar als vertragsakzessorisch zu bezeichnen sind.

Im Hinblick auf solche vertragsähnlichen Ansprüche stellt sich die Frage, inwieweit sich diese aufgrund des wertungsmäßig bestehenden Näheverhältnisses zu dem vertraglichen Anspruchs- und Haftungsregime nach den Regelungen zu richten haben, die für die Ansprüche aus und im Zusammenhang mit dem vom Anspruchsinhaber eigentlich begehrten Vertrag gelten würden. Übertragen auf die verjährungsrechtliche Behandlung dieser quasivertraglichen Ersatzansprüche erscheint somit gerade fraglich, ob der Grundsatz der isolierten verjährungsrechtlichen Betrachtung jedes Anspruchs i.S.d. § 194 Abs. 1 BGB insoweit uneingeschränkt Anwendung finden kann. Dabei wird insbesondere danach zu fragen sein, ob sich die Verjährung von solchen vertragsakzessorischen Ansprüchen losgelöst von dem gescheiterten Vertragsverhältnis nach ihren eigenen Regeln zu richten hat oder auch insoweit das für die ersetzten vertraglichen Ansprüche geltende Verjährungsregime berücksichtigt werden muss und die insoweit einschlägigen gesetzlichen Grundwertungen somit auf das gesetzliche bzw. vertragsähnliche Schuldverhältnis der quasivertraglichen (Schadensersatz-)Haftung durchzuschlagen haben.

Verdeutlichen lässt sich diese verjährungsrechtliche Problemstellung insbesondere an dem folgenden Fallbeispiel zur mietrechtlichen Sonderverjährungsregelung des § 548 Abs. 1 BGB, das im weiteren Verlauf der vorliegenden Untersuchung in verschiedenen Abwandlungen nochmals ausführlich aufzugreifen sein wird:

Vermieter V und Mieter M beabsichtigen den Abschluss eines Mietvertrages.Nach längeren Verhandlungen und der Abstimmung eines ersten Mietvertragsentwurfs lässt V im schutzwürdigen Vertrauen auf das Zustandekommen des entsprechenden Mietverhältnisses bereits erste Maßnahmen zur Anpassung der Mietflächen an die Bedürfnisse des M vornehmen. Am Ende scheitert jedoch ein wirksamer Mietvertragsschluss, da:

Variante 1:

Auf Seiten des M ein Fall der Vertretung durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht i.S.d. §§ 177ff. BGB vorliegt; oder

Variante 2:

Der M erfolgreich die Anfechtung des zunächst wirksam abgeschlossenen Mietvertrages aufgrund eines Irrtums nach Maßgabe der §§ 119ff. BGB erklärt; oder

Variante 3:

Es auf Seiten des M bzw. einer an den Vertragsverhandlungen maßgeblich beteiligten dritten Vertrauensperson – etwa in Form des grundlosen und damit schuldhaften Abbruchs der Vertragsverhandlungen – zu einer vorvertraglichen Rücksichtspflichtverletzung i.S.d. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 oder Abs. 3 BGB kommt.

Aufgrund der erfolgten Veränderungen und/oder Verschlechterungen der Mietsache begehrt der V nun Schadensersatz.

In diesen Fallkonstellationen stehen dem Vermieter entsprechende Schadensersatzansprüche zu, entweder gegen den falsus procurator gem. § 179 BGB (Variante 1), gegen den anfechtenden Mieter gem. § 122 BGB (Variante 2) oder gegen den Mieter bzw. eine sonstige an den entsprechenden Vertragsverhandlungen maßgeblich beteiligte Vertrauensperson nach den Grundsätzen der c.i.c. gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 oder Abs. 3 BGB (Variante 3). Diese quasivertraglichen Schadensersatzansprüche treten als wirtschaftlicher Ersatzwert an die Stelle der inhaltlich identischen vertraglichen Ansprüche des Vermieters, die bei einem wirksamen Mietvertragsschluss bestehen und innerhalb der besonderen mietrechtlichen Verjährungsfrist von sechs Monaten ab Rückgabe der betreffenden Mietsache gem. § 548 Abs. 1 BGB verjähren würden. Gerade in solchen Fällen stellt sich die Frage, ob die quasivertraglichen Schadensersatzansprüche isoliert innerhalb der mangels einschlägiger Sonderverjährungsregelung grundsätzlich einschlägigen allgemeinen Regelverjährungsfrist von drei Jahren mit Beginn zum Jahresende gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjähren dürfen oder ob nicht vielmehr die für die wesensgleichen vertraglichen Ansprüche geltende Sonderverjährungsregelung des § 548 Abs. 1 BGB zur Anwendung kommen muss.

Im Rahmen der nachfolgenden Untersuchung dieser verjährungsrechtlichen Fragestellungen sollen zunächst die allgemeinen Grundlagen und Wertungen des geltenden Verjährungsrechts aufgezeigt werden, bevor anschließend auf die allgemeinen Grundzüge und insbesondere auch auf die historische Entwicklung der eng miteinander verwandten Tatbestände der quasivertraglichen (Schadensersatz-)Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht gem. § 179 BGB, des Anfechtenden gem. § 122 BGB sowie nach den Grundsätzen der c.i.c. gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, Abs. 3 BGB einzugehen sein wird, um die wertungsmäßigen Zusammenhänge als Grundlage für die sodann vorzunehmende verjährungsrechtliche Einordnung dieser quasivertraglichen (Schadensersatz-)Ansprüche deutlich zu machen. Als Kern der vorliegenden Darstellung soll schließlich die Verjährung der quasivertraglichen (Schadensersatz-)Haftung anhand der einzelnen Tatbestände der §§ 179 und 122 BGB sowie der c.i.c. gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, Abs. 3 BGB ausführlich untersucht werden. Dabei sind zunächst unter Zugrundelegung der im BGB verankerten gesetzlichen Ausgangssituation sowie der diesbezüglichen Stimmen aus der Rechtsprechung und Literatur potenzielle Wertungswidersprüche und Spannungsverhältnisse zu identifizieren. Anschließend soll versucht werden, einen möglichst verallgemeinerungsfähigen Lösungsansatz zu einer wertungskonsistenten sowie sach- und interessengerechten verjährungsrechtlichen Behandlung der quasivertraglichen Haftungsansprüche aus § 179 BGB und § 122 BGB sowie nach den Grundsätzen der c.i.c. zu entwickeln.

Teil I Allgemeine Grundlagen des Verjährungsrechts

Um das Verständnis für die Probleme und Wertungswidersprüche im Zusammenhang mit der Verjährung von quasivertraglichen Haftungsansprüchen zu schärfen, sind zunächst die wesentlichen Grundlagen des geltenden Verjährungsrechts zu betrachten. Auch bei der Entwicklung eines sach- und interessengerechten Lösungsansatzes sind die insoweit gewonnenen Erkenntnisse zwingend zu berücksichtigen.

A. Begriff und Anwendungsbereich der Verjährung

Das römische bzw. gemeine Recht ging noch von einem sehr weiten Verständnis des Verjährungsbegriffs aus und verstand darunter grundsätzlich jede Rechtsänderung durch Zeitablauf. Hiervon war daher sowohl der Erwerb (praescriptio acquisitiva) als auch der Verlust (praescriptio extinctiva) von Rechten erfasst.1 Dieses weite Verständnis des Rechtsinstituts der Verjährung wurde jedoch vom BGB nicht übernommen. Vielmehr legt das BGB, wie in § 194 BGB zum Ausdruck kommt, den viel engeren Verjährungsbegriff der Anspruchsverjährung zugrunde. Demnach bezieht sich die Verjährung ausschließlich auf materiellrechtliche Ansprüche und räumt dem Schuldner gem. § 214 Abs. 1 BGB ein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht ein, wenn der für die Geltendmachung dieser Ansprüche bestimmte Zeitraum abgelaufen ist. Nach dieser weichen Lösung des BGB führt die Verjährung daher nicht zu einem Verlust des betroffenen Rechts infolge des Zeitablaufs, sondern lediglich zu einer peremptorischen Einrede zugunsten des Schuldners, mit der Folge, dass nach Verjährungseintritt ein erfüllbarer Anspruch fortbesteht, der in den Grenzen des § 215 BGB auch Gegenstand einer Aufrechnung oder der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts sein kann.2

Zwar ist dem BGB der Rechtserwerb durch Zeitablauf im Grunde nicht fremd, jedoch wird dieser nicht im Kontext der Verjährung geregelt, sondern ausschließlich im Rahmen der Vorschriften über die Ersitzung gem. §§ 937ff., 1033 BGB (für bewegliche Sachen) bzw. gem. § 900 BGB (für Grundstücke). Zu beachten ist insoweit, dass die Ersitzung ausschließlich dingliche Rechte und gerade keine schuldrechtlichen Ansprüche umfasst.3

Abzugrenzen ist die Verjährung ferner von der Befristung, die ex lege zu einem vollständigen und stets zu beachtenden Untergang des betroffenen Rechts führt.4 Die ebenfalls von Amts wegen zu berücksichtigende Verwirkung unterscheidet sich von der Verjährung hingegen dadurch, dass davon auch alle Rechte erfasst werden, für die der Gesetzgeber keine feste zeitliche Grenze vorgesehen hat.5 Vor dem Hintergrund der unzulässigen Rechtsausübung beruht die Verwirkung auf dem Rechtsgedanken, dass auch die Geltendmachung solcher Rechte zeitlich nicht völlig unbegrenzt möglich sein darf, sondern ihre Schranken jedenfalls dort finden muss, wo sich diese als „illoyale Verspätung der Rechtsausübung“6 darstellt und daher mit dem Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 BGB nicht mehr zu vereinbaren ist. Neben dem reinen Zeitablauf erfordert die Verwirkung von Rechten dabei zusätzlich das Vorliegen eines entsprechenden Umstandsmoments, aufgrund dessen der Schuldner davon ausgehen darf, dass eine Geltendmachung des betroffenen Rechts auch in Zukunft nicht mehr erfolgt.7

Die allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§ 194ff. BGB finden grundsätzlich auf alle privatrechtlichen Ansprüche, auch außerhalb des BGB, Anwendung, soweit im Einzelfall keine speziellere Verjährungsregelung einschlägig ist.8 Für sonstige Ansprüche ohne einschlägige Sonderverjährungsregelung, insbesondere aus dem öffentlichen Recht, kommt eine Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschriften gem. §§ 194ff. BGB über eine ausdrückliche gesetzliche Verweisung oder im Wege der Analogie ebenfalls in Betracht.9

1

Staudinger/Peters/Jacoby, Vor. § 194 Rn. 1f.; MüKoBGB/Grothe, Vor. § 194 Rn. 1; Grüneberg/Ellenberger, Vor. § 194 Rn. 4.

2

BeckOGKBGB/Piekenbrock, § 194 Rn. 20; Staudinger/Peters/Jacoby, Vor. § 194 Rn. 3f.; MüKoBGB/Grothe, Vor. § 194 Rn. 5.

3

Grüneberg/Ellenberger, Vor. § 194 Rn. 5; MüKoBGB/Grothe, Vor. § 194 Rn. 2.

4

BeckOGKBGB/Piekenbrock, § 194 Rn. 50.

5

BeckOGKBGB/Piekenbrock, § 194 Rn. 63; BeckOKBGB/Henrich, § 194 Rn. 9.

7

MüKoBGB/Grothe, Vor. § 194 Rn. 13; BeckOGKBGB/Piekenbrock, § 194 Rn. 57; BeckOKBGB/Henrich, § 194 Rn. 9; Grüneberg/Grüneberg, § 242 Rn. 87.

8

BT-Drs. 15/3653, S. 11; Staudinger/Peters/Jacoby, Vor. § 194 Rn. 38.

9

Vgl. BT-Drs. 15/3653, S. 10; BeckOGKBGB/Piekenbrock, § 194 Rn. 73; BeckOKBGB/Henrich, § 194 Rn. 4; MüKoBGB/Grothe, § 195 Rn. 15ff.

B. Sinn und Zweck der Verjährung

Einen einheitlichen Rechtsgrund der Verjährung sucht man vergebens. Vielmehr sind die gesetzlichen Verjährungsvorschriften auf ein ganzes Bündel von Motiven zurückzuführen, die insbesondere aus den verschiedenen Interessen resultieren, die durch den in Ansehung eines Anspruchs fortschreitenden Zeitablauf tangiert werden. Um die Ratio der Verjährung von Ansprüchen zu definieren, ist daher zunächst zwischen den verschiedenen in Betracht kommenden Perspektiven zu differenzieren.10

10

BeckOGKBGB/Piekenbrock, § 194 Rn. 4, 10.

I. Interessen der Allgemeinheit

Dem schon im römischen Recht verankerten Rechtsgedanken „interest rei publicae, ut sit finis litium“ („Der Allgemeinheit liegt daran, dass Streitigkeiten ein Ende haben“)11 folgend, liegt ein auch im Rahmen der Begründung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts in den Vordergrund gestellter Rechtsgrund der Anspruchsverjährung im öffentlichen Interesse an der Schaffung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden.12 Schließlich soll jeder potenziellen Rechtsstreitigkeit über das Bestehen eines Anspruchs eine zeitliche Höchstgrenze gesetzt werden, um von vornherein für klare Rechtsverhältnisse zu sorgen und den Rechtsverkehr vor der Gefahr einer mit dem zunehmenden Zeitablauf einhergehenden Verdunkelung der Sach- und Rechtslage zu schützen.13

11

Vgl. BeckOGKBGB/Piekenbrock, § 194 Rn. 4; Liebs, Lateinische Rechtsregeln und Rechtssprichwörter, S. 78 Nr. 63 und S. 110 Nr. 121 m.w.N.

13

MüKoBGB/Grothe, Vor. § 194 Rn. 7; Grüneberg/Ellenberger, Vor. § 194 Rn. 9.

II. Interessen des Schuldners

Aus der Perspektive des Schuldners dient die Verjährung einerseits seinem Schutz vor drohenden Beweisnöten sowie vor der Gefahr des Verlusts von Regressmöglichkeiten gegenüber Dritten.14 Mit zunehmendem Zeitablauf wird es für den Schuldner in der Regel immer schwieriger, die vom Anspruchssteller vorgebrachten anspruchsbegründenden Tatsachen zu widerlegen, einen entsprechenden Gegenbeweis zu führen oder gar den ihm obliegenden Vollbeweis für etwaige anspruchshemmende bzw. anspruchsvernichtende Einwendungen zu erbringen. Ohne die zeitliche Begrenzung der Verjährung bestünde für den Schuldner damit häufig die Gefahr, auch für unbegründete Ansprüche einstehen zu müssen, wenn er diese aufgrund der bestehenden Beweisschwierigkeiten nicht mehr zu widerlegen vermag.15 Zudem könnte sich ein Anspruchssteller den Zeitablauf zunutze machen und den Schuldner durch eine rechtsmissbräuchliche Verzögerung der Anspruchsverfolgung bewusst in entsprechende Beweisnöte bringen, um ihm seine Einwendungen abzuschneiden und zu einer vereinfachten Durchsetzung der von ihm geltend gemachten Ansprüche zu gelangen.

Andererseits schützt die Verjährung auch die Dispositionsfreiheit des Schuldners. Mit zunehmendem Zeitablauf wächst zugleich das Vertrauen des Schuldners, dass Ansprüche gegen ihn nicht mehr bestehen bzw. zumindest nicht mehr geltend gemacht werden und er diese aus seinen Büchern streichen kann. Aufgrund der gesetzlichen Verjährungsregelungen braucht der Schuldner nicht zu befürchten, später noch von unbekannten oder unerwarteten – wenn auch begründeten – Ansprüchen überrascht zu werden. Vielmehr ist für diesen durch die festgelegten Fristen klar ersichtlich, für welchen Zeitraum er sich auf die Geltendmachung potenzieller Ansprüche einstellen muss und ab wann er etwaige diesbezügliche Rückstellungen auflösen und wieder anderweitig disponieren kann.16

14

BT-Drs. 14/6040, S. 96, 100.

16

BT-Drs. 14/6040, S. 96; Grüneberg/Ellenberger, Vor. § 194 Rn. 8; Staudinger/Peters/Jacoby, Vor. § 194 Rn. 5.

III. Interessen des Gläubigers

Im Verhältnis zum Gläubiger erfüllt die Verjährung zwar keinen eigenständigen Zweck,17 jedoch führt sie jedenfalls im Ergebnis zu einem Verlust des Anspruchs und damit zu einem Eingriff in das Eigentumsrecht des Gläubigers in der Form einer Inhalts- und Schrankenbestimmung gem. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG, sodass zwingend auch seinen Interessen hinreichend Rechnung zu tragen ist.18 Insoweit ist es das Ziel des Verjährungsrechts, dem Gläubiger eine angemessene und faire Möglichkeit zur Verfolgung seiner Ansprüche einzuräumen, um einen angemessenen Ausgleich herzustellen zwischen den Interessen des Gläubigers und den von der Verjährung im Verhältnis zum Schuldner und der Allgemeinheit verfolgten Primärzielen.19 Wenn der Gläubiger diese Möglichkeit ergebnislos verstreichen lässt, beruht dies in der Regel auf seiner eigenen Nachlässigkeit, sodass der Rechtsverlust infolge der Verjährung gerechtfertigt erscheint.20 Die Aufgabe der Verjährung ist zwar gerade nicht die Sanktionierung oder Erziehung des Gläubigers, jedoch führt sie faktisch dennoch dazu, dass der Gläubiger zur möglichst frühzeitigen Einleitung der Anspruchsverfolgung gegenüber dem Schuldner gehalten ist.21

17

Staudinger/Peters/Jacoby, Vor. § 194 Rn. 6.

18

MüKoBGB/Grothe, Vor. § 194 Rn. 9; Staudinger/Peters/Jacoby, Vor. § 194 Rn. 8; BeckOGKBGB/Piekenbrock, § 194 Rn. 12.

19

BT-Drs. 14/6040, S. 95, 100; Grüneberg/Ellenberger, Vor. § 194 Rn. 10.

21

Vgl. Staudinger/Peters/Jacoby, Vor. § 194 Rn. 6.

IV. Sonstige Ziele des Verjährungsrechts

Die Verjährungsvorschriften dienen zum Teil auch der Verwirklichung von besonderen Zielen oder Nebenzwecken, wie insbesondere der Marktsteuerung im Bereich der Gewährleistungsrechte. So können über die jeweils einschlägigen Verjährungsregelungen Anreize im Hinblick auf die Langlebigkeit und Qualität von Waren und sonstigen Leistungen gesetzt und auf diese Weise die jeweiligen Märkte beeinflusst werden.22 Zudem führt die Verjährung auch ganz allgemein zu einer beschleunigten Abwicklung von Rechtsgeschäften, wodurch dem grundsätzlichen Bedürfnis nach einer Vereinfachung des Geschäftsverkehrs Rechnung getragen wird.23

In diesem Kontext ist auch die Entlastung der Justiz von aufwendigen Rechtsstreitigkeiten über lange zurückliegende Sachverhalte zu erwähnen. Da die Verjährung im BGB jedoch nur als peremptorische Einrede des Schuldners ausgestaltet ist und den zugrunde liegenden Anspruch grundsätzlich unberührt lässt, kann dies richtigerweise nicht als erklärter Zweck der Verjährung verstanden werden, sondern vielmehr nur als positive Begleiterscheinung.24

22

Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 1 Rn. 47ff.; MüKoBGB/Grothe, Vor. § 194 Rn. 8; vgl. auch Piekenbrock, Befristung, Verjährung, Verschweigung und Verwirkung, S. 108f., 319.

23

Grüneberg/Ellenberger, Vor. § 194 Rn. 11.

24

Staudinger/Peters/Jacoby, Vor. § 194 Rn. 7; MüKoBGB/Grothe, Vor. § 194 Rn. 8; a.A. Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 1 Rn. 43.

C. Historische Entwicklung des Verjährungsrechts

Wie bereits dargestellt, hat der Gesetzgeber bei der Schaffung des BGB im Jahr 1900 den weiten Verjährungsbegriff des römischen bzw. gemeinen Rechts, das hierunter sowohl die praescriptio acquisitiva als auch die praescriptio extinctiva verstand, nicht übernommen, sondern vielmehr auf die engere und zugleich weichere Lösung einer Anspruchsverjährung abgestellt, die lediglich ein dauerndes Leistungsverweigerungsrecht als Verteidigungsmöglichkeit des Schuldners vorsieht.25 Bei der Ausgestaltung der diesbezüglichen Verjährungsregelungen hat sich der Gesetzgeber jedoch zunächst an der praescriptio des römischen Rechts orientiert und in § 195 BGB a.F. eine regelmäßige Verjährungsfrist von 30 Jahren festgelegt, deren Beginn gem. § 198 BGB a.F. rein objektiv an die Entstehung des Anspruchs anknüpfte. Neben dieser langen Regelverjährungsfrist wurden zudem zahlreiche Sonderverjährungsregelungen mit kürzeren Verjährungsfristen eingeführt, da ein Verjährungszeitraum von 30 Jahren für eine Vielzahl von Ansprüchen als unverhältnismäßig lang erschien. Dies betraf insbesondere vertragliche Leistungsansprüche, für die § 196 BGB a.F. eine Verjährungsfrist von grundsätzlich nur zwei Jahren vorsah.26 Insgesamt kam es damit aber zu einer erheblichen Zersplitterung des Verjährungsrechts sowie zu dem paradoxen Ergebnis, dass die Regelverjährung die Ausnahme, die Anwendung der Sonderverjährungsvorschriften hingegen den eigentlichen Regelfall darstellte.27

Dieser Zustand wurde zunehmend als untragbar empfunden, sodass die Forderungen nach einer grundlegenden Reform des geltenden Verjährungsrechts, die dem Wandel der Zeit und damit den Bedürfnissen eines immer schneller werdenden Wirtschaftsverkehrs gerecht wird, immer lauter wurden.28 Bereits im Jahr 1978 begann daher mit der Einsetzung einer Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts und dem Gutachten von Peters/Zimmermann aus dem Jahr 1981 eine mehr als 20 Jahre währende kontroverse Debatte über die Möglichkeiten einer Reformierung des Verjährungsrechts.29 Am Ende nahm der Gesetzgeber die Verpflichtung zur Umsetzung von drei EU-Richtlinien im Bereich des Kaufrechts30 zum Anlass einer sogenannten großen Lösung, die eine grundlegende und umfassende Modernisierung des Schuldrechts einschließlich einer vollständigen Novellierung des Verjährungsrechts beinhaltete.31 Dieses zum 01.01.2002 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts32 hatte u.a. die Vereinheitlichung, Verkürzung und Subjektivierung der Verjährungsfristen zum Ziel.33 Vor diesem Hintergrund wurde in § 195 BGB die heute geltende Regelverjährungsfrist von drei Jahren eingeführt, deren Beginn gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB insbesondere an die Kenntnis des Anspruchsinhabers von den anspruchsbegründenden Umständen anknüpft. Diese verkürzte und gleichzeitig subjektivierte Regelverjährung sollte für einen Großteil der Fälle die passende verjährungsrechtliche Lösung darstellen und zu einem angemessenen Ausgleich zwischen dem Interesse des Schuldners und der Allgemeinheit an der zeitigen Schaffung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden sowie dem Interesse des Gläubigers an der Gewährleistung einer fairen Chance zur Verfolgung seiner Ansprüche führen.34 Auf diese Weise konnte wieder ein stimmiges Regel-Ausnahme-Verhältnis hergestellt werden, da sich infolge dieser Reform zahlreiche Sonderverjährungsregelungen als überflüssig erwiesen und ersatzlos gestrichen werden konnten.35

Das Gesetz zur Schuldrechtsmodernisierung aus dem Jahr 2002 war jedoch nur der erste von insgesamt zwei Schritten hin zu einer grundlegenden Neuordnung des Verjährungsrechts. Entsprechend der Anregung des Bundesrats zu einer noch umfassenderen Reform des Verjährungsrechts in seiner Stellungnahme zu dem Regierungsentwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes36 erfolgte der zweite Schritt durch das Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 09.12.2004.37 Ziel dieses Gesetzes war insbesondere die Anpassung der im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung noch unangetastet gebliebenen zahlreichen privatrechtlichen Verjährungsregelungen außerhalb des BGB an die neue Konzeption der §§ 194ff. BGB, u.a. in der Insolvenzordnung sowie im Gesellschaftsrecht. Dies geschah einerseits durch die Aufhebung diverser Sonderverjährungsregelungen mit der Folge einer unmittelbaren Geltung der allgemeinen Verjährungsregelungen des BGB. Andererseits wurden besondere Verjährungsvorschriften dort, wo auch weiterhin ein Abweichen von den neuen Regelungen der §§ 194ff. BGB sach- und interessengerecht war, entsprechend den Neuregelungen der Schuldrechtsmodernisierung modifiziert oder gar neu geschaffen.38

25

BeckOGKBGB/Piekenbrock, § 194 Rn. 20f.; Staudinger/Peters/Jacoby, Vor. § 194 Rn. 2ff.; MüKoBGB/Grothe, Vor. § 194 Rn. 1; Grüneberg/Ellenberger, Vor. § 194 Rn. 4f.

27

BT-Drs. 14/6040, S. 100; Peters/Zimmermann, Gutachten Band I, S. 77 (108, 187); Schefe, Modifizierungen der zeitlichen Grenze der Anspruchsverfolgung, S. 11f.; Bär, Die Verjährung von Ansprüchen bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage, S. 37; Behrensmeyer, Die Verjährung von kaufrechtlichen Gewährleistungs- und Rückgriffsansprüchen, S. 9.

28

BT-Drs. 14/6040, S. 89, 100; Bär, Die Verjährung von Ansprüchen bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage, S. 36f.; Behrensmeyer, Die Verjährung von kaufrechtlichen Gewährleistungs- und Rückgriffsansprüchen, S. 11; Däubler-Gmelin, NJW 2001, 2281 (2282f.).

29

Schefe, Modifizierungen der zeitlichen Grenze der Anspruchsverfolgung, S. 60f.; Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 1 Rn. 5.

30

RL 1999/44/EG v. 25.05.1999 (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie); RL 2000/31/EG v. 08.06.2000 (ECommerce-Richtlinie); RL 2000/35/EG v. 29.06.2000 (Zahlungsverzugsrichtlinie).

31

Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 1 Rn. 2; MüKoBGB/Grothe, Vor. § 194 Rn. 26.

32

BGBl. 2001 Teil I, S. 3138.

33

Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 1 Rn. 15; MüKoBGB/Grothe, Vor. § 194 Rn. 27.

34

BT-Drs. 14/6040, S. 95f., 100, 104f.; BT-Drs. 15/3653, S. 10f.; Schefe, Modifizierungen der zeitlichen Grenze der Anspruchsverfolgung, S. 68ff.; Mansel, NJW 2002, 89 (99); Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 1 Rn. 15.

35

Vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 99; BT-Drs. 15/3653, S. 10; Bär, Die Verjährung von Ansprüchen bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage, S. 41.

36

BR-Drs. 338/01, S. 1; vgl. auch Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 14/6857, S. 42.

37

BGBl. 2004 Teil I, S. 3214.

38

BT-Drs. 15/3653, S. 10f.

D. Aktuell geltendes Verjährungsrecht

Das seit der Schuldrechtsreform geltende Verjährungsrecht des BGB ist insbesondere geprägt durch ein Zusammenspiel aufeinander abgestimmter Regelungen über die Dauer der Verjährungsfrist, den Fristbeginn und die Hemmung bzw. den Neubeginn der entsprechenden Frist. Erst dieses Gesamtkonzept soll nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers dazu führen, dass die beteiligten Interessen in einen gerechten Ausgleich gebracht werden.39 Aus diesem Grund ist zunächst die Systematik des aktuell geltenden Verjährungsrechts zu betrachten.

39

BT-Drs. 14/6040, S. 95.

I. Verjährungsfristen

Wie bereits dargestellt, stellt die Regelverjährung in § 195 BGB infolge der Neuordnung des Verjährungsrechts nun auch in der Rechtswirklichkeit den Regelfall für sämtliche privatrechtlichen Ansprüche dar.40 Dennoch waren im Zuge der erfolgten Vereinheitlichung und Anpassung der Verjährungsregelungen inner- und außerhalb des BGB Ausnahmen von dieser Regel in Form von Sonderverjährungsfristen geboten, soweit hierfür unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen ein zwingendes sachliches Bedürfnis bestand und eine Anwendung der Regelverjährung damit zu einer ungerechtfertigten Gleichbehandlung unter Wertungsgesichtspunkten nicht vergleichbarer Ansprüche geführt hätte.41 Im Folgenden soll daher zunächst ein grober Überblick über das System der vorherrschenden Verjährungsfristen gegeben werden.

1.Regelverjährung gem. § 195 BGB

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt nach der im Zuge der Schuldrechtsreform erfolgten Verkürzung gem. § 195 BGB grundsätzlich drei Jahre und gilt grundsätzlich für sämtliche privatrechtlichen Ansprüche sowie zum Teil auch für öffentlich-rechtliche Ansprüche, soweit im konkreten Fall keine besondere Verjährungsfrist einschlägig ist.42 Die Verkürzung der Regelverjährung von 30 Jahren auf drei Jahre war ein zentraler Punkt der Schuldrechtsreform, die sich dabei maßgeblich an der früher für unerlaubte Handlungen geltenden Regelung des § 852 BGB a.F. orientierte.43 Der Zeitraum von drei Jahren stellte in etwa das rechnerische Mittel aller bis dahin geltenden Sonderverjährungsfristen dar und wurde daher vom Gesetzgeber als grundsätzlich geeignet und angemessen angesehen, für möglichst alle Ansprüche sach- und interessengerechte Ergebnisse herbeizuführen.44

Insoweit ist jedoch zu beachten, dass die Regelverjährung von einem gestaffelten subjektiv-objektiven System geprägt und die entsprechende Verjährungsfrist gem. § 195 BGB deshalb stets in engem Zusammenhang mit der Regelung des Verjährungsbeginns in § 199 BGB zu betrachten ist.45 Die dreijährige Regelfrist ist schließlich gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB subjektiv an die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen angeknüpft. Faktisch können sich daher im jeweiligen Einzelfall trotz der einheitlichen Regelung in § 195 BGB erheblich auseinanderfallende Fristen ergeben. Um eine Ausuferung des Fristlaufs ins Ungewisse zu verhindern und der Geltendmachung von Ansprüchen im Interesse der Rechtssicherheit ein absolutes Ende zu setzen, sieht § 199 Abs. 2 bis 4 BGB – ebenfalls in Anlehnung an die Systematik des § 852 BGB a.F. – objektiv angeknüpfte regelmäßige Höchstfristen von zehn bzw. 30 Jahren ab der Anspruchsentstehung bzw. dem schadensbegründenden Ereignis vor.46

2.Besondere Verjährungsfristen

Neben der Regelverjährungsfrist des § 195 BGB existieren auch weiterhin noch diverse Sonderverjährungsfristen inner- und außerhalb des BGB, die als lex specialis grundsätzlich vorgehen.47 Ein Eingehen auf sämtliche besonderen Verjährungsvorschriften würde jedoch den Rahmen dieser Untersuchung sprengen und ist daher weder beabsichtigt noch zielführend. Vielmehr sollen neben den besonderen Fristen der allgemeinen Verjährungsregelungen in §§ 196, 197 Abs. 1 BGB nur einzelne Sonderverjährungsfristen dargestellt werden, die insbesondere im Zusammenhang mit den Fallgestaltungen der quasivertraglichen Schadensersatzansprüche und damit für die vorliegende Untersuchung besonders relevant erscheinen.

a)Lange Fristen gem. §§ 196, 197 Abs. 1 BGB

Für Ansprüche auf Übertragung des Eigentums sowie in Ansehung beschränkter dinglicher Rechte an einem Grundstück wurde mit der Schuldrechtsreform die besondere Verjährungsfrist von zehn Jahren gem. § 196 BGB neu geschaffen. Diese Regelung war insbesondere motiviert durch die potenziellen Probleme, die sich im Zusammenhang mit der Abwicklung von meist komplexen Grundstücksgeschäften ergeben können. Zudem befriedigt die lange Zehnjahresfrist das Bedürfnis des Rechtsverkehrs nach einem vorsorglichen „Stehenlassen“ von Grundschulden, wie es nach der Tilgung eines zugunsten der Bank besicherten Darlehens mit Blick auf eine mögliche weitere Kreditgewährung in der Zukunft aus ökonomischen Gründen häufig praktiziert wird, ohne die Gefahr der zwischenzeitlichen Verjährung des Rückgewähranspruchs.48

Im Zuge der Schuldrechtsreform wurde in § 197 Abs. 1 BGB zudem die der früheren Regelverjährung gem. § 195 BGB a.F. entsprechende lange Verjährungsfrist von 30 Jahren ursprünglich für Ansprüche auf Herausgabe, für erb- und familienrechtliche Ansprüche und für festgestellte Ansprüche beibehalten. Mit dem Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs vom 26.06.201349 wurde § 197 Abs. 1 BGB zudem um die heutige Nr. 1 und damit um Schadensersatzansprüche aus der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung erweitert. Durch die lange 30-jährige Verjährungsfrist soll im Ergebnis der besonderen Bedeutung der in § 197 BGB aufgezählten Ansprüche und der überragenden Schutzwürdigkeit der insbesondere von § 197 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB erfassten Rechtsgüter hinreichend Rechnung getragen werden.50

b)Gewährleistungsrecht gem. §§ 438, 634a BGB

Für die kauf- und werkvertraglichen Gewährleistungsansprüche sehen die §§ 438 und 634a BGB besondere Verjährungsfristen vor. Diese Regelungen waren ebenfalls Bestandteil der Anfang des Jahres 2002 in Kraft getretenen Modernisierung des Schuldrechts und setzen in §§ 438 Abs. 1 Nr. 3 und § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB die Verlängerung der bis dato für entsprechende Gewährleistungsansprüche geltenden grundsätzlichen Verjährungsfrist von sechs Monaten (vgl. §§ 477 und 638 BGB a.F.) auf nunmehr zwei Jahre um. Der Hintergrund dieser Neuregelung war insbesondere der Umstand, dass die frühere Sechsmonatsfrist von Rechtsprechung und Literatur übereinstimmend für zu kurz befunden wurde, da sie häufig bereits abgelaufen war, bevor ein entsprechender Mangel überhaupt zutage getreten und damit erkennbar war. Durch die Verlängerung dieser Verjährungsfrist auf grundsätzlich zwei Jahre sollte für den Gläubiger daher eine angemessene und zumutbare Möglichkeit zur Geltendmachung seiner Mängelansprüche sichergestellt werden.51 Andererseits soll die kurze Verjährungsfrist von zwei Jahren mit ihrem rein objektiv angeknüpften Beginn auch dem Erfordernis einer angemessenen Verteilung des Mängelrisikos und damit den im Bereich der Gewährleistungsrechte gesteigerten Interessen des Schuldners bzw. des Wirtschaftsverkehrs an der Schaffung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden dienen.52 Schließlich ist insoweit zu beachten, dass mit fortschreitendem Zeitablauf auch die Probleme im Hinblick auf die Beweisbarkeit von Mängeln und das Risiko, dass etwaige Schäden erst durch den Umgang des Kunden mit der Sache entstehen, erheblich zunehmen.53 Vor diesem Hintergrund hielt der Gesetzgeber die neu gestaltete regelmäßige Verjährungsfrist gem. §§ 195, 199 BGB, nicht zuletzt aufgrund ihrer kombinierten subjektivobjektiven Anknüpfung des Verjährungsbeginns, nicht für geeignet, um ausgewogene und wertungskonsistente Ergebnisse zu erzielen.54 Im Vergleich zu den von der allgemeinen Regelverjährung erfassten Ansprüchen bestehen strukturelle Unterschiede und anders gelagerte Interessen im Bereich der Gewährleistungsrechte, die eine noch klarere zeitliche Begrenzung der Mängelhaftung gebieten, um den Wirtschaftsverkehr nicht mit der Ungewissheit von auf unabsehbare Zeit schwelenden Gewährleistungsansprüchen zu belasten und eine planbare, beschleunigte Abwicklung von Rechtsgeschäften zu gewährleisten.55

Für einige Fälle sehen die §§ 438, 634a BGB zudem verlängerte Verjährungsfristen vor. So ist bei einem arglistigen Verhalten des Vertragspartners gem. §§ 438 Abs. 3 und 634a Abs. 3 BGB – wie auch schon vor der Schuldrechtsreform – grundsätzlich auf die Regelverjährung gem. §§ 195, 199 BGB abzustellen, da der Gesetzgeber den arglistig Handelnden als nicht schutzwürdig erachtet und ihm daher die Vorzüge der grundsätzlich zweijährigen Verjährung im Gewährleistungsrecht, insbesondere im Hinblick auf den rein objektiv angeknüpften Verjährungsbeginn, nicht zugutekommen sollen.56 Die regelmäßige Verjährungsfrist ist gem. § 634a Abs. 1 Nr. 3 BGB auch auf Mängelansprüche aus sonstigen, insbesondere nichtkörperlichen Werkleistungen,57 mit Ausnahme der Planungs- und Überwachungsleistungen i.S.d. § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB, anzuwenden. Weiter sehen die §§ 438 Abs. 1 Nr. 1 und 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB eine verlängerte Frist von fünf Jahren für Gewährleistungsansprüche im Zusammenhang mit Bauwerken vor. Für besondere Fälle der Rechtsmängelhaftung im Kaufrecht ordnet § 438 Abs. 1 Nr. 1 BGB die lange Verjährungsfrist von 30 Jahren an. Von Bedeutung sind insoweit insbesondere die Eviktionsfälle gem. § 438 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) BGB, in denen konsequenterweise ein Gleichlauf mit der Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB hergestellt werden soll, die grundsätzlich für den gegen den Käufer gerichteten Herausgabeanspruch gilt. Dies dient der Vermeidung einer Haftungsfalle zulasten des Käufers, die schließlich bestünde, wenn der Käufer 30 Jahre einem potenziellen Herausgabeanspruch eines Dritten ausgesetzt wäre, aber vom Verkäufer nur in der kurzen Gewährleistungsfrist von zwei Jahren Regress nehmen könnte.58

c)Gebrauchsüberlassungsverhältnisse gem. § 548 BGB

Im Mietrecht sieht § 548 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 BGB für die Ansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache sowie für Ansprüche des Mieters auf Aufwendungsersatz oder Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung eine kurze Sonderverjährungsfrist von sechs Monaten vor, die über das Mietrecht hinaus auch auf andere Gebrauchsüberlassungsverhältnisse Anwendung findet, insbesondere auf Pachtverträge gem. §§ 581 Abs. 2, 591b BGB, auf die Leihe gem. § 606 BGB sowie auf den Nießbrauch gem. § 1057 BGB. Diese Frist blieb auch im Zuge der Schuldrechtsreform vom 26.11.2001 unangetastet und wurde lediglich durch das Mietrechtsreformgesetz vom 19.06.200159 aus der früheren Regelung des § 558 BGB a.F. in die neu gegliederte Vorschrift des § 548 BGB aufgenommen. Der wesentliche Zweck dieser kurzen sechsmonatigen Verjährungsfrist ist insbesondere zurückzuführen auf die erheblichen Beweisprobleme, die sich mit zunehmendem Zeitablauf im Hinblick auf die wechselseitigen Ansprüche im Zusammenhang mit dem Zustand der Mietsache ergeben, wenn diese bereits zurückgegeben bzw. das Mietverhältnis beendet und die Mietsache ggf. bereits weitervermietet wurde.60

d)Transportrecht gem. § 439 HGB

Für Ansprüche aus dem Transportrecht enthält § 439 Abs. 1 S. 1 HGB die zentrale Regelung einer einheitlichen Verjährungsfrist von grundsätzlich einem Jahr. Diese besondere Verjährungsfrist gilt für sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus bzw. in unmittelbarem Zusammenhang mit Frachtgeschäften i.S.d. § 407 HGB61 und findet darüber hinaus gem. §§ 451, 452b Abs. 2, 463, 475a HGB auch Anwendung auf Umzugs, Multimodal-, Speditions- und Lagergeschäfte. In Fällen vorsätzlicher oder diesen gem. § 435 HGB gleichstehender leichtfertiger Pflichtverletzungen verlängert sich die transportrechtliche Sonderverjährungsfrist gem. § 439 Abs. 1 S. 2 HGB auf drei Jahre. Die heutige Regelungssystematik der besonderen Verjährung im Transportrecht mit ihrer Zentralnorm in § 439 HGB war nicht Gegenstand der grundlegenden Reformen des Verjährungsrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 sowie das Verjährungsanpassungsgesetz vom 09.12.2004. Diese geht vielmehr zurück auf das Transportrechtsreformgesetz vom 25.06.1998,62 welches die bereits zuvor geltende grundsätzliche Verjährungsfrist von einem Jahr beibehielt und in Anlehnung an Art. 32 Abs. 1 CMR insbesondere eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der transportrechtlichen Verjährung zum Ziel hatte.63 Die kurze Verjährungsfrist von einem Jahr soll dabei insbesondere dem auch im Bereich der Handelsgeschäfte gesteigerten Bedürfnis des Schuldners bzw. des Rechtsverkehrs nach einer beschleunigten und klaren Abwicklung von Rechtsgeschäften bzw. daraus resultierenden Schadensfällen dienen und damit insgesamt zu einer möglichst weitgehenden Voraussehbarkeit und Planbarkeit beitragen.64 Die Verlängerung der Verjährungsfrist bei Vorliegen eines qualifizierten Verschuldens i.S.d. § 439 Abs. 1 S. 2 HGB auf drei Jahre beruht hingegen maßgeblich auf der Wertung, dass der Schuldner in derartigen Fällen nicht schutzwürdig erscheint und daher die Interessen des Gläubigers an der Durchsetzung seiner Rechte wesentlich überwiegen.65

40

Vgl. Fn. 34 und 35.

41

BT-Drs. 14/6040, S. 100; BT-Drs. 15/3653, S. 11.

42

Vgl. Fn. 8 und 9.

43

BT-Drs. 14/6040, S. 104f.; Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 1 Rn. 19.

44

BT-Drs. 15/3653, S. 10.

45

BT-Drs. 14/6040, S. 95; BT-Drs. 15/3653, S. 11; Schefe, Modifizierungen der zeitlichen Grenze der Anspruchsverfolgung, S. 70.

46

BT-Drs. 14/6040, S. 108f.; Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 1 Rn. 21; MüKoBGB/Grothe, § 199 Rn. 48.

47

Staudinger/Peters/Jacoby, § 195 Rn. 1, 11.

48

BT-Drs. 14/6040, S. 105; Staudinger/Peters/Jacoby, § 196 Rn. 1f.; Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 4 Rn. 8ff.

49

BGBl. 2013 Teil I, S. 1805.

50

BT-Drs. 14/6040, S. 105f.; BT-Drs. 17/6261, S. 9, 19f.; Staudinger/Peters/Jacoby, § 197 Rn. 3ff.

51

BT-Drs. 14/6040, S. 228, 264; Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 5 Rn. 8.

52

Leenen, JZ 2001, 552 (558); Zimmermann/Leenen/Mansel/Ernst, JZ 2001, 684 (688); Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 5 Rn. 6.

53

Canaris, Karlsruher Forum 2002, S. 5 (93); Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 118 (122); Müller/Hempel, AcP 2005, 246 (251); Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 5 Rn. 7.

54

BT-Drs. 14/6040, S. 105, 226, 263.

57

MüKoBGB/Busche, § 634a Rn. 33.

58

BT-Drs. 14/6040, S. 227; Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 5 Rn. 99f.; MüKoBGB/Westermann, § 438 Rn. 12.

59

BGBl. 2001 Teil I, S. 1149.

60

BT-Drs. 14/4553, S. 45; Mugdan II, S. 841f.; BeckOGKBGB/Reuschle, § 548 Rn. 2; Staudinger/V. Emmerich, § 548 Rn. 1.

61

MüKoHGB/Eckardt, § 439 Rn. 5; BeckOGKBGB/Piekenbrock, § 195 Rn. 65.

62

BGBl. 1998 Teil I, S. 1588.

63

BT-Drs. 13/8445, S. 77.

64

BT-Drs. 13/8445, S. 77; BeckOKHGB/G. Kirchhof, § 439 Rn. 10.

65

BT-Drs. 13/8445, S. 78; MüKoHGB/Eckardt, § 439 Rn. 11.

II. Beginn und Ende der Verjährung

Wie schon beschrieben, sind die verjährungsrechtlichen Fristenregelungen nicht isoliert, sondern stets zusammen mit den dazugehörigen Vorschriften über den Verjährungsbeginn zu betrachten. Erst durch die Kombination dieser Regelungen ergibt sich ein aufeinander abgestimmtes Verjährungssystem, das die hinter den einzelnen Verjährungsfristen stehende Ratio vollumfänglich zu verwirklichen vermag.66 Schließlich steht der tatsächliche Zeitraum bis zum Eintritt der Verjährung, mithin die faktische Verjährungsfrist, endgültig erst mit dem jeweiligen Verjährungsbeginn fest, da ein unterschiedlicher Fristbeginn in Bezug auf ein und denselben Anspruch trotz gleichbleibender gesetzlicher Fristdauer zu tatsächlich ganz unterschiedlichen Verjährungsfristen führen kann. Aus diesem Grund ist in einem nächsten Schritt ein Überblick über die Systematik der gesetzlichen Regelungen über den Verjährungsbeginn zu geben.

1.Regelverjährung gem. § 199 BGB

Die Wechselwirkung zwischen Dauer und Beginn der Verjährungsfrist zeigt sich besonders deutlich im Fall der regelmäßigen Verjährung gem. § 195 BGB, die gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen sowie von der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat bzw. ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Unabhängig von der Kenntnis des Gläubigers tritt jedoch die regelmäßige Verjährung gem. § 199 Abs. 2 bis 4 BGB je nach Art des Anspruchs spätestens dann ein, wenn seit Anspruchsentstehung oder dem schadensbegründenden Ereignis zehn bzw. 30 Jahre verstrichen sind.

Wie bereits im Zusammenhang mit der Fristlänge ausgeführt, ist der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist seit der zum Anfang des Jahres 2002 in Kraft getretenen Schuldrechtsreform in Anlehnung an die früher im Deliktsrecht geltende Verjährungsregelung des § 852 BGB a.F. damit nicht mehr rein objektiv an die Anspruchsentstehung angeknüpft (vgl. § 198 BGB a.F.). Vielmehr ist die nunmehr geltende Regelverjährung gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB geprägt durch eine subjektiv-objektiv kombinierte bzw. gestaffelte Anknüpfung des Verjährungsbeginns sowie durch das Prinzip der Ultimo-Verjährung, das ähnlich einer Anlaufhemmung wirkt und für den Verjährungsbeginn pauschal auf das Jahresende abstellt. Der Übergang von einem rein objektiven hin zu einem gemischt subjektiv-objektiven Modell der Regelverjährung dient insbesondere der Kompensation der von 30 auf drei Jahre verkürzten Verjährungsfrist. Dadurch soll gewährleistet werden, dass dem Gläubiger die kurze Dreijahresfrist auch vollständig zur Verfügung steht und er eine angemessene Möglichkeit zur Geltendmachung seiner Ansprüche erhält.67 Die Verknüpfung dieses subjektiven Ansatzes mit dem objektiven Element der Ultimo-Regelung, die u.a. in § 201 BGB a.F. bereits vor der Schuldrechtsreform existierte, jedoch auf bestimmte Entgeltforderungen und wiederkehrende Leistungen beschränkt war, dient dabei in erster Linie der Vermeidung von Konflikten und Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit dem Nachweis der subjektiven Voraussetzungen.68 Die Tatsache, dass sich allein aufgrund der Ultimo-Regelung im Einzelfall faktisch um bis zu ein Jahr divergierende Verjährungsfristen ergeben können, ist daher im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit hinzunehmen. Jedoch hat die grundsätzlich subjektive Anknüpfung der Regelverjährung zur Folge, dass der Verjährungsbeginn je nach Kenntniserlangung des Anspruchsinhabers stark variieren kann und sich somit faktisch erheblich auseinanderfallende Verjährungsfristen ergeben können, die möglicherweise um ein Vielfaches über die dreijährige Regelverjährungsfrist hinausgehen. Um den damit einhergehenden Unsicherheiten und einer faktischen Unverjährbarkeit von Ansprüchen entgegenzuwirken, stellen die in § 199 Abs. 2 bis 4 BGB verankerten und rein objektiv angeknüpften Verjährungshöchstfristen das im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gebotene Korrektiv zu dem grundsätzlich subjektiven Ansatz dar.69

2.Verjährungsbeginn gem. § 200 BGB

Hinsichtlich nicht der regelmäßigen Verjährung gem. §§ 195, 199 BGB unterfallender Ansprüche bestimmt § 200 BGB, dass sich der Verjährungsbeginn grundsätzlich rein objektiv nach der Entstehung des zugrunde liegenden Anspruchs richtet. Da jedoch viele von der Regelverjährung abweichende Sonderverjährungsregelungen neben der Verjährungsfrist auch deren Beginn gesondert regeln und daher ausweislich der ausdrücklichen Subsidiaritätsklausel in § 200 BGB auch insoweit als lex specialis vorgehen, kommt der allgemeinen Vorschrift des § 200 BGB nur ein deutlich eingeschränkter Anwendungsbereich und damit eine reine Auffangfunktion zu, etwa für Ansprüche i.S.d. § 196 BGB und § 197 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB.70

3.Besondere Regelung des Verjährungsbeginns

Um den spezifischen Wertungen der besonderen Verjährungsfristen zur umfassenden Geltung zu verhelfen, ist häufig auch die gesonderte Bestimmung eines auf die jeweils einschlägige Sonderverjährungsfrist abgestimmten Verjährungsbeginns geboten.71 Aus diesem Grund stellen die §§ 438 Abs. 2, 634a Abs. 2 BGB in Ansehung der gewährleistungsrechtlichen Ansprüche im Kauf- und Werkvertragsrecht für den Verjährungsbeginn rein objektiv auf die Ablieferung der Kaufsache, die Übergabe des Grundstücks oder die Abnahme einer körperlichen Werkleistung ab. Dieser Zeitpunkt bildet im Bereich Mängelrechte eine entscheidende Zäsur, weil der Vertragsgegenstand damit in der Regel die Verfügungsgewalt des Verkäufers bzw. Werkunternehmers verlässt und in den Machtbereich des Kunden übergeht, sodass dieser die Sache von da an sprichwörtlich in den Händen hält und vollumfänglich auf vorhandene Mängel untersuchen kann.72 Im Hinblick auf die werkvertragliche Abnahme i.S.d. § 634a Abs. 2 BGB i.V.m. § 640 BGB wird damit zugleich die Billigung des Werks nach bereits erfolgter Prüfung der Vertragsgemäßheit zum Ausdruck gebracht.73 Hinzu kommt, dass der Gegenstand ab dem Zeitpunkt der Ablieferung, der Übergabe oder der Abnahme dem ausschließlichen Umgang des Kunden ausgesetzt ist und daher die Feststellung mit zunehmender Zeit immer schwieriger wird, ob später auftretende Schäden auf einen bereits angelegten Mangel i.S.d. §§ 434, 435, 633 BGB oder aber auf die Einwirkung des Kunden selbst auf die Sache zurückzuführen sind und daher in seinen eigenen Risikobereich fallen.74 Die mit den gewährleistungsrechtlichen Sonderverjährungsregelungen gem. §§ 438, 634a BGB bezweckte angemessene Verteilung des Mängelrisikos durch eine klare zeitliche Begrenzung der Gewährleistungshaftung sowie die damit einhergehende Beschleunigung und Vereinfachung des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs, insbesondere im Hinblick auf die Abwicklung der Massengeschäfte des täglichen Lebens, kann somit effektiv nur erreicht werden, wenn die hierzu grundsätzlich vorgesehene kurze Frist von zwei Jahren rein objektiv an den für die Risikozuweisung zentralen Zeitpunkt der Übergabe bzw. Abnahme angeknüpft wird. Eine Subjektivierung des Verjährungsbeginns würde hingegen zu einer Verwässerung der im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gebotenen kurzen Gewährleistungsfrist von zwei Jahren führen und die mit ihr verfolgte ratio legis konterkarieren.75 Gleiches gilt im Ergebnis hinsichtlich der besonderen Verjährungsfristen von sechs Monaten im Mietrecht gem. § 548 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB und von in der Regel einem Jahr im Transportrecht gem. § 439 Abs. 1 S. 1 HGB. Auch insoweit lassen sich die mit diesen kurzen Fristen verfolgten besonderen Ziele der Verhinderung einer Verdunkelung der Beweislage sowie der Erleichterung des Rechtsverkehrs durch eine beschleunigte Klärung der wechselseitigen Ansprüche nur dann umfassend verwirklichen, wenn der jeweilige Fristbeginn ebenfalls rein objektiv bestimmt wird.76 Daher knüpft der Beginn der mietrechtlichen Sonderverjährung in § 548 Abs. 1 S. 2 BGB für die Ansprüche des Vermieters an die insoweit entscheidende Zäsur der Rückgabe der Mietsache an. Für die Ansprüche des Mieters i.S.d. § 548 Abs. 2 BGB beginnt sie mit der Beendigung des Mietverhältnisses und die transportrechtliche Sonderverjährung beginnt gem. § 439 Abs. 2 S. 1 und 2 HGB in der Regel mit dem ausschlaggebenden Zeitpunkt der tatsächlichen bzw. hilfsweise der hypothetischen Ablieferung des Transportguts.

66

Vgl. Fn. 39 und 45.

67

Zimmermann, JZ 2000, 853 (857f., 861f.); Leenen, JZ 2001, 552f.; Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 3 Rn. 68; Behrensmeyer, Die Verjährung von kaufrechtlichen Gewährleistungs- und Rückgriffsansprüchen, S. 23f.; Staudinger/Peters/Jacoby, § 199 Rn. 1.

68

Bär, Die Verjährung von Ansprüchen bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage, S. 42; MüKoBGB/Grothe, § 199 Rn. 47.

69

Zimmermann/Leenen/Mansel/Ernst, JZ 2001, 684 (687); Däubler-Gmelin, NJW 2001, 2281 (2284); Bär, Die Verjährung von Ansprüchen bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage, S. 43; Staudinger/Peters/Jacoby, § 199 Rn. 89.

70

Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 4 Rn. 4; MüKoBGB/Grothe, § 200 Rn. 1; Staudinger/Peters/Jacoby, § 200 Rn. 1f.

71

Vgl. Fn. 39 und 45 sowie BT-Drs. 13/8445, S. 78.

72

BeckOKBGB/Faust, § 438 Rn. 30f.; MüKoBGB/Westermann, § 438 Rn. 24f.; Staudinger/Peters, § 634a Rn. 35a; BeckOGKBGB/Raab-Gaudin, § 634a Rn. 309.

73

MüKoBGB/Busche, § 640 Rn. 2; BeckOGKBGB/Kögl, § 640 Rn. 10; a.A. Staudinger/Peters, § 640 Rn. 7ff.

74

Canaris, Karlsruher Forum 2002, S. 5 (93); Honsell, JZ 2001, 18 (21); Leenen, JZ 2001, 552 (558); Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 5 Rn. 7.

75

Zimmermann/Leenen/Mansel/Ernst, JZ 2001, 684 (688); Leenen, JZ 2001, 552 (553); Eidenmüller, JZ 2001, 283 (285).

76

BT-Drs. 14/4553, S. 45; Mugdan II, S. 841f.; BT-Drs. 13/8445, S. 78.

III. Verjährungsfristlauf

Den dritten großen und für die Erzielung sach- und interessengerechter Ergebnisse unabdingbaren Baustein im System der geltenden Verjährungsregelungen des BGB bildet der Lauf der Verjährungsfrist und damit einhergehend die Möglichkeiten, diesen durch Hemmung, Neubeginn oder abweichende Parteivereinbarung zu beeinflussen.77 Nachfolgend soll daher ein grober Überblick über die möglichen rechtlichen Einwirkungen auf den Verjährungsfristlauf gegeben werden.

1.Hemmung und Neubeginn der Verjährung gem. §§ 203ff. BGB

Ein weiterer Reflex auf die erhebliche Verkürzung der Regelverjährung sind die Vorschriften über die Hemmung und den Neubeginn der Verjährung in §§ 203 bis 213 BGB, durch die der Verjährungsfristlauf verlängert und der Anspruchsinhaber vor einem für ihn unangemessen frühen Verjährungseintritt geschützt wird. Auch insoweit erfolgte eine entsprechende Neuordnung im Zuge der Modernisierung des Schuldrechts, die insbesondere eine Ausweitung der Hemmungstatbestände zum Inhalt hatte.78 Grundsätzlich unterscheiden sich Hemmung und Neubeginn der Verjährung dadurch, dass im Rahmen der Verjährungshemmung lediglich ein bestimmter Zeitraum nicht in die Berechnung der Verjährungsfrist eingestellt wird, beim Neubeginn der Verjährung hingegen die jeweils einschlägige Verjährungsfrist in Gänze von vorn zu laufen beginnt.79

a)Verjährungshemmung gem. §§ 203 bis 211 BGB

Die Hemmung der Verjährung wird grundsätzlich geprägt durch zwei Erscheinungsformen, nämlich die klassische Verjährungshemmung in §§ 203 bis 209 BGB und die Ablaufhemmung in §§ 210, 211 BGB.

aa)Klassische Verjährungshemmung gem. §§ 203 bis 209 BGB

Die klassische Verjährungshemmung zeichnet sich dadurch aus, dass hierbei gem. § 209 BGB der Zeitraum der Hemmung bei der Berechnung der Verjährungsfrist stets unberücksichtigt bleibt und dadurch im Ergebnis das Ende der Verjährungsfrist nach hinten hinausgeschoben wird. Von großer praktischer Bedeutung sind insoweit insbesondere die Hemmungstatbestände der §§ 203, 204 BGB. Die Vorschrift des § 203 BGB sieht eine Hemmung der Verjährung vor, solange zwischen den Parteien Verhandlungen über die zugrunde liegenden Ansprüche schweben. Dabei wird die klassische Verjährungshemmung zum Schutz des Gläubigers in § 203 S. 2 BGB mit einer Ablaufhemmung kombiniert, wonach eine Verjährung jedenfalls nicht vor Ablauf von drei Monaten nach dem Ende der Hemmung eintritt. Da das Ende der Hemmung grundsätzlich mit dem tatsächlichen Ende der Verhandlungen eintritt und das von den Parteien nicht immer ausdrücklich klargestellt wird, bestehen diesbezüglich stets gewisse Rechtsunsicherheiten. Zudem kann es sein, dass der Gläubiger gerade nicht mit einem Scheitern der Verhandlungen rechnet und daher davon unangenehm überrascht wird. Dies kann insbesondere dann zu einer unzumutbaren Belastung für den Gläubiger führen, wenn die zur Verjährungshemmung führenden Verhandlungen erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist aufgenommen wurden, sodass die nach dem Ende der Hemmung noch verbleibende Restverjährungsfrist ggf. nur noch wenige Tage beträgt. Vor derartigen Nachteilen wird der Anspruchsinhaber durch die Ablaufhemmung in § 203 S. 2 BGB geschützt, mit der sichergestellt wird, dass er nach dem Ende der Verhandlungen stets noch eine angemessene Reaktions- bzw. Bedenkzeit von mindestens drei Monaten hat.80 In § 204 Abs. 1 BGB ist eine Reihe von Gründen aufgeführt, die zu einer Hemmung der Verjährung führen. Alle diese Hemmungstatbestände haben gemeinsam, dass es sich dabei um förmliche Verfahren zur Durchsetzung der betreffenden Ansprüche handelt. Letztlich können sie daher unter dem Sammelbegriff der Rechtsverfolgungsmaßnahmen zusammengefasst werden. Die praktisch wohl bedeutsamste Fallgruppe dieser Rechtsverfolgungsmaßnahmen ist wohl die Verjährungshemmung durch Klageerhebung auf Leistung oder Feststellung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Auch § 204 Abs. 2 BGB sieht nach der Beendigung bzw. dem Stillstand des zur Verjährungshemmung und Rechtsverfolgung eingeleiteten förmlichen Verfahrens zum Schutz und zur Neuorientierung des Anspruchsinhabers einen Zeitraum von sechs Monaten vor. Im Gegensatz zur Regelung in § 203 S. 2 BGB handelt es sich insoweit jedoch nicht nur um eine Ablaufhemmung, sondern vielmehr um eine in ihren Wirkungen weitreichendere echte Nachfrist. In der Folge endet die Hemmung im Fall des § 204 Abs. 2 BGB erst nach dem Ablauf der Nachfrist, sodass diese dem Anspruchsinhaber stets und unabhängig von der Länge der verbleibenden Restverjährungsfrist zugutekommt und damit zu einem viel umfassenderen Schutz des Anspruchsinhabers führt.81 Bei der Ablaufhemmung handelt es sich hingegen lediglich um eine gesetzliche Mindestfrist, die sich an das Ende der Hemmung anschließt und nur dann zum Tragen kommt, wenn die Länge der verbleibenden Restverjährungsfrist hinter dieser zurückbleibt.82 Die Hemmungstatbestände der §§ 203, 204 BGB beruhen zum einen auf dem gemeinsamen Rechtsgedanken der Warnfunktion. Wenn der Anspruchsinhaber schließlich aktiv zur Verfolgung und Durchsetzung seiner Ansprüche gegenüber dem Schuldner tätig wird und damit seinen Rechtsverfolgungswillen unmissverständlich zum Ausdruck bringt, ist der Schuldner insoweit gewarnt und kann sich gerade nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen in das Ausbleiben der Anspruchsverfolgung berufen, was für die Rechtfertigung des Verjährungseintritts jedoch grundsätzlich erforderlich wäre.83 Zum anderen muss für den Gläubiger stets die angemessene und zumutbare Möglichkeit zur Geltendmachung seiner Ansprüche und zur Abwendung der diesbezüglichen Verjährung bestehen, was jedoch gerade nicht der Fall wäre, wenn der Gläubiger im Rahmen eines länger andauernden Rechtsstreits zur Verfolgung seiner Ansprüche den ungehinderten Eintritt der Verjährung befürchten müsste, ohne sich dagegen zur Wehr setzen zu können.84 Im Fall der Verjährungshemmung durch Verhandlungen gem. § 203 BGB kommt hinzu, dass es mit dem Grundsatz von Treu und Glauben i.S.d. § 242 BGB nicht zu vereinbaren wäre, wenn sich der Schuldner einerseits auf Verhandlungen über die gegen ihn gerichteten Ansprüche einlässt und sich andererseits dann auf die Verjährung derselben beruft.85

Darüber hinaus enthalten die Regelungen der §§ 205 bis 208 BGB weitere Hemmungsgründe bei Leistungsverweigerungsrechten (§ 205 BGB), höherer Gewalt (§ 206 BGB), besonderen familienrechtlichen Ansprüchen (§ 207 BGB) und Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung (§ 208 BGB). Insoweit wird jedoch auf eine vertiefte Darstellung verzichtet, da diese Hemmungstatbestände für die vorliegende Untersuchung von eher untergeordneter Bedeutung sind.

bb)Ablaufhemmung gem. §§ 210, 211 BGB

Die hingegen – wie sich noch zeigen wird – im weiteren Fortgang dieser Untersuchung äußerst relevanten Regelungen der Ablaufhemmung in §§ 210, 211 BGB haben im Vergleich zu den klassischen Hemmungsregelungen eine weit weniger weitreichende Wirkung. Wie bereits im Kontext des § 203 S. 2 BGB aufgezeigt, statuiert eine Ablaufhemmung im Ergebnis lediglich eine gesetzliche Mindestfrist zur Neuorientierung und weiteren Verfolgung der Ansprüche nach dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses.86