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Dieses einzigartige Buch vereint faszinierende Informationen über Tiere mit spiritueller Weisheit. Ein junger Mann begibt sich auf eine abenteuerliche Weltreise und begegnet vielen verschiedenen Tieren, die ihn humor- und liebevoll an das erinnern, was die Menschheit vergessen hat: Wir sind alle eins. Es gibt unzählige Lebensformen, aber nur ein Leben. Das Leben ist unsterblich. Glück ist unser wahres Wesen. Die Natur des Seins ist pure Seligkeit. All unsere Ängste und Sorgen sind Produkte der Fantasie des kleinen Menschenverstandes. Die einheitliche Empfehlung der Tiere lautet: Kehrt zurück zur Leichtigkeit und Einfachheit des Seins! Kein anderes Lebewesen hat sich so sehr von seinem natürlichen Ursprung abgesondert wie der Mensch. Die Illusion der Trennung hat verheerende Folgen, die nur dann überwunden werden können, wenn wir erkennen, wer wir wirklich sind. Die packenden Geschichten in diesem Roman entspringen hauptsächlich der Vorstellungskraft, aber die essenzielle Botschaft, die sie vermitteln sollen, ist absolut wahrhaftig und zutiefst inspirierend. Öffne dein Herz für die Weisheit der Tiere! (Gebundenes Buch mit schönem Buchrücken im Tigerfellmuster, hochwertiger Vernähung und Leseband)
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Seitenzahl: 498
Veröffentlichungsjahr: 2025
Dieses Buch ist meinem Freund Franz „Fente“ Friedrichs und meinem Vater Ferdinand Bartholome gewidmet.
Möge DIE WEISHEIT DER TIERE Dich an die Einheit allen Lebens und damit an die Liebe erinnern.
Möge diese vergängliche Erscheinung in deinen ebenfalls vergänglichen Händen dir immer wieder das Unvergängliche vor Augen führen – die unendliche Weite des reinen Bewusstseins, die ewige Vollkommenheit des Lebens, das Du bist und das wir alle sind!
„Tiere tragen einen Tierkörper und Menschen den menschlichen Körper. Wir alle tragen verschiedene Körper wie verschiedene Kleidung, aber in Wirklichkeit sind wir alle dasselbe Sein.“ ~ Ramana Maharshi
„Die fundamentale Wahrheit lautet:
Jedes Lebewesen auf der Welt ist eine
Verkörperung der Glückseligkeit.“
~ Papaji
Einführung
Kapitel 1: EUROPA
Die liebestrunkene Ameise
Die glückselige Füchsin
Die unsterbliche Schmetterlingsnatur
Die freche Elster
Die Raubvogelversammlung
Bob, der Biber
Die Schönheit des Schwans
Der wache Siebenschläfer
Willi, das Wildschwein
Das nahtoderfahrene Murmeltier
Der beste Freund des Menschen
Kapitel 2: ASIEN
Ein königlicher Vogel
Ritt auf einem wilden Elefanten
Shunyata, der meditierende Affe
Ein Nebelparder erklärt mir Brahman
Der Sibirische Tiger
Die Schneeleopardin
Kapitel 3: AFRIKA
Sabor, der Leopard
Das Comedian-Chamäleon
Siddhartha
Kerchak, der Gorilla
Mufasa und Yukteswar, die Löwen
Der stille Strauß
Das zweifelnde Zebra
Ein weiser Rowdy
Tayo, der Afrikanische Elefant
Ein Nilpferd im Nirwana
Die dankbare Giraffe
Die Pavianpredigt
Ein freundlicher Weißer Hai
Kapitel 4: AUSTRALIEN
Ali, das Känguru
Klaus, der Koala
Die giftigste Schlange der Welt
Das giftigste Tier der Welt
Kapitel 5: NORDAMERIKA
Der weise Wolf
Ein Puma im Blumenmeer
Bernd, der Bison
Der grimmige Grizzly
Der Eisbär
Der Vielfraß
Kapitel 6: SÜDAMERIKA
Der stärkste Greifvogel der Welt
Der Jaguar
Das furchtlose Faultier
Kapitel 7: ANTARKTIS
Der poetische Pinguin
Orca, der Killerwal?
Der Delfinschwarm
Der Buckelwal und die Leichtigkeit des Seins
Das größte Tier aller Zeiten
Schlusswort –Die Einheit allen Lebens
Danksagung
Quellenverzeichnis
Weitere Bücher des Autors
Kontaktdaten & Fotos des Autors
Artenverzeichnis:
Afrikanischer Elefant
Afrikanischer Wildhund
Afrikanische Stachehnaus
Alligator
Ameise
Ameisenbär
Anakonda
Andenkondor
Asiatischer Elefant
Bärtierchen
Bartgeier
Basilisk
Baummarder
Biber
Bison
Blaugeringelter Krake
Blauwal
Braunbär
Brauner Bär
Breitmaulnashorn
Buckelwal
Bullenhai
Chamäleon
Delfin
Dingo
Dornteufel
Eichelhäher
Eisbär
Elch
Elenantilope
Elster
Erdmännchen
Fangschreckenkrebs
Finsterspinne
Floh
Flusspferd
Fuchshai
Gabunviper
Gaur
Geierschildkröte
Gepard
Gerfalke
Gila-Krustenechse
Giraffe
Giraffengazelle
Gleithömchen
Gnu
Goliathkäfer
Gorilla
Grashüpfermaus
Graupapagei
Grönlandhai
Grönlandwal
Habicht
Hammerhai
Harpyie
Haushund
Höckerschwan
Honigbiene
Honigdachs
Hornisse
Hornmilbe
Impala-Antilope
Insel-Lanzenotter
Jaguar
Känguru
Kaffernadler
Kaffernbüffel
Kamel
Kampfadler
Kaninchennasenbeutler
Kapuzineraffe
Karakal
Kasuar
Kernbeißer
Kiefernhäher
Klapperschlange
Koala
Königskobra
Königsnatter
Kolibri
Kolkrabe
Komodowaran
Korallenotter
Lederschildkröte
Leistenkrokodil
Leopard
Löwe
Luchs
Lungenfisch
Mäusebussard
Mandrill
Marlin
Mauersegler
Mauswiesel
Monarchfalter
Moschusochse
Mücke
Nacktmull
Nashornkäfer
Nebelparder
Netzpython
Nilkrokodil
Orang-Utan
Orca
Oryxantilope
Panda
Panzemashom
Pavian
Pfau
Pfauenauge
Pfeilgiftfrosch
Pferd
Pinguin
Piranha
Pistolenkrebs
Pottwal
Puma
Quokka
Riesenkalmar
Riesenseeadler
Rosellasittich
Roter Stummelaffe
Rotfuchs
Rothirsch
Rotmilan
Rotschenkliger Kleideraffe
Sandrasselotter
Schimpanse
Schnabeltier
Schneeleopard
Schneeziege
Schützenfisch
Schwarzbär
Schwarze Mamba
Schwarze Witwe
Seeadler
See-Elefant
Seeleopard
Seepferdchen
Siebenschläfer
Speikobra
Spitzmaulnashom
Spitzmaus
Stachelrochen
Stachelschwein
Steinadler
Stinktier
Strauß
Taipan
Tasmanischer Teufel
Tiger
Tigerhai
Trichtemetzspinne
Tüpfelhyäne
Uhu
Vampirfledermaus
Vielfraß
Vogelspinne
Wacholderdrossel
Walhai
Walross
Wandelndes Blatt
Wanderfalke
Wapitihirsch
Waschbär
Weißkopfseeadler
Weißer Hai
Wildschwein
Wolf
Würfelqualle
Zaunkönig
Zebra
Zitteraal
Eine der blamabelsten Entwicklungen
der menschlichen Geschichte ist,
dass das Wort “Tierschutz“
überhaupt geschaffen werden musste.
(Theodor Heuss)
„Haben Tiere eine Seele und Gefühle?“
kann nur fragen, wer über keine
der beiden Eigenschaften verfügt.
(Eugen Drewermann)
Es gibt nichts,
was alle Menschen von allen Tieren unterscheidet.
(Jeremy Bentham)
Endlich weiß ich,
was den Menschen vom Tier unterscheidet:
Geldsorgen!
(Jules Renard)
Beleidige nie ein Tier,
es ist klüger oft als wir!
(Erhard Horst Bellermann)
Gott hat des Öfteren
seine größten und schönsten Gaben
dem einfachen Tier gegeben.
Nur die Menschen suchen sie dort nicht.
(Martin Luther)
„Mit allen Kreaturen bin ich in schönster Seelenharmonie. Wir sind verwandt, ich fühle es innig und eben darum liebe ich sie.“ (Wilhelm Busch)
Ich liebe Tiere. Die Reichweite meiner Erinnerungen genügt nicht, um mich gedanklich zu einer Zeit zurückzubefördern, in der ich mich noch nicht für Tiere interessiert habe. Die ersten Texte, die ich als kleiner Knirps außerhalb der Schule freiwillig verfasste, handelten von Tieren. Seit frühester Kindheit kann ich mich der Faszination für all die wundervollen Wesen, mit denen wir diese Welt teilen, nicht entziehen. In der Tat standen sie schon im Fokus meiner Aufmerksamkeit, bevor ich in der Lage war, meine Begeisterung für unsere vielfältigen Verwandten sprachlich zum Ausdruck zu bringen.
Weltweit gibt es mehrere Millionen Tierarten. Angesichts ihrer Vielfalt, Fähigkeiten und Schönheit empfinde ich bis heute tiefe Ehrfurcht und Dankbarkeit.
Menschliche Botschafter halten stundenlange Predigten, doch sie vermögen nicht annähernd so überzeugend und unmissverständlich Weisheit zu vermitteln wie ein Tier innerhalb eines einzigen Augenblicks in völliger Stille – ohne Worte, allein durch seine natürliche Präsenz.
Diese Erkenntnis setzt allerdings voraus, dass man selbst präsent genug ist, was im menschlichen Normalzustand nicht der Fall ist.
Die Tiere in diesem Buch bedienen sich zusätzlich dem Medium der menschlichen Sprache, um die frohe Botschaft an empfangsbereite Menschen zu überbringen.
Die Beschreibung sprechender Tiere wird viele Leser dazu verleiten, das vorliegende Buch als Fantasieroman einzuordnen. Damit bin ich einverstanden, sofern die inhaltlichen Aussagen nicht ebenso als Produkte der Fantasie oder des Wunschdenkens abgetan werden. Wer dieses Buch nur als gehaltlose Geschichte zum Zwecke der Unterhaltung liest, wird den wahren Wert verfehlen.
Mir ist bewusst, dass die meisten wildlebenden Tiere meine menschliche Gesellschaft nicht so angstfrei und friedlich willkommen heißen würden, wie es in den folgenden Geschichten dargestellt ist. Es sei daher an dieser Stelle ausdrücklich betont, dass meine Vorgehensweise in vielen der Geschichten keinesfalls zur Nachahmung empfohlen ist! Außerdem braucht man bekanntlich sehr viel Glück und Geduld, um exotische Tiere in freier Wildbahn zu Gesicht zu bekommen. Man begegnet selbstverständlich nicht sofort und gleichzeitig völlig verschiedenen Arten am selben Ort, wie ich in meinen nachfolgenden Erzählungen.
All diese Abweichungen von der ‘Realität' sollten jedoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass die seitens der Tiere an mich gerichteten Aussagen wertvolle Weisheiten enthalten, die auch auf unser wirkliches Leben tatsächlich zutreffen und unter allen Umständen von höchster Bedeutung sind.
Es gibt keine größere Bereicherung als die zweifelsfreie Gewissheit unserer Unsterblichkeit – und die Erkenntnis, dass uns bedingungslose Glückseligkeit hier und jetzt als unser eigenes wahres Wesen zur Verfügung steht.
Ich bin kein Biologe oder Zoologe, sondern nur ein einfacher Tierfreund, der durch dieses Buch seine Begeisterung für das Paradies namens Erde voller Enthusiasmus zum Ausdruck bringen möchte. Da es sich bei all meinen bisherigen Werken um Sachbücher handelt, konnte ich mich hier zum allerersten Mal meiner Kreativität unbeschränkt bedienen und meiner Fantasie freien Lauf lassen. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat es mir viel Freude bereitet, dieses außergewöhnliche Buch zu schreiben. Es soll also meine anfangs erwähnte Wertschätzung und Dankbarkeit mit aller Deutlichkeit ausdrücken und nicht nur all jene Menschen berühren, deren Herzen von derselben Liebe erfüllt sind. Diejenigen, die eine intensive Herzens Sehnsucht nach Selbsterkenntnis verspüren, sollen hier ihren Durst stillen.
Ich weiß, dass viele Menschen auch meine Faszination für die Wunder der Tierwelt nachempfinden können. Die Intention dieses Schriftwerks besteht also darin, die Leser mit spannenden zoologischen Informationen zu versorgen und sie gleichzeitig mit der erfahrbaren Wahrheit in Berührung zu bringen, dass wir unendlich viel mehr sind, als uns ein Spiegel zeigen kann.
Wir alle sind unsterblich! Wir sind ewiglich geborgen! Daraus resultiert die befreiende Erkenntnis, dass wir uns niemals vor etwas fürchten müssen. Meine Tiere werden die Menschheit liebevoll und humorvoll daran erinnern, dass wir uns selbst und dieses Leben nicht so ernst nehmen müssen, wie es uns von blinden Blindenführern nahegelegt wurde. Immer wieder werde ich die geschichtliche Erzählung und die Dialoge mit Fakten füllen, die uns unleugbar darauf hinweisen, dass unser Bewusstsein nicht auf einen Körper angewiesen ist und von dessen Tod nicht berührt werden kann. Vielleicht, so dachte ich mir, lässt sich die für den konditionierten Verstand schwer verdauliche Kost besser aufnehmen und verdauen, wenn sie von unschuldigen Tieren verkündet wird.
Rückblickend betrachtet, war mein Buch Die ewige Vollkommenheit des Seins wohl vor allem an jene Leserschaft adressiert, die sich bis dato noch nicht oder nur wenig mit spirituellen Themen beschäftigt hatte. Dieses Buch soll gleichermaßen für verschiedene Lesertypen geeignet sein - Menschen ohne vorausgehende Kenntnisse und auch solche, die sich bereits intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt haben. Vielleicht kennt sich der ein oder andere Leser schon mit Tieren aus, kam bisher aber nicht oder kaum mit spiritueller Weisheit in Kontakt – oder umgekehrt. So sollte jeder auf zahlreiche Überraschungen stoßen und seinen Horizont erweitern. Ich möchte, dass dieses Buch sowohl den wissbegierigen Verstand als auch das nach tieferer Weisheit und Liebe strebende Herz des Lesers erreicht und bereichert.
Sollten manche in diesem Buch verkündeten Weisheiten oder Schlussfolgerungen nicht nachvollziehbar sein, empfehle ich meine vorangegangenen Bücher (siehe Anhang), in denen beispielsweise wesentlich detailreicher und ausführlicher erläutert wird, wie sich zweifelsfrei erkennen lässt, dass wir nicht auf unsere Körper beschränkt sind.
Aufgrund des geschichtlichen Erzählstils eignet sich Die Weisheit der Tiere von all meinen bisherigen Büchern meiner Einschätzung nach am besten für Kinder. Auch die erwachsenen Leser möchte ich einladen, sich bei der Betrachtung der Geschichten bestmöglich ihrer Vorstellungskraft zu bedienen und die Tiere und geschilderten Ereignisse zu visualisieren. Vielleicht ist es hilfreich, hin und wieder die Augen zu schließen und sich die Szenerie lebendig vorzustellen. Die Qualität der Schilderungen und ihre Wirkung werden nicht zuletzt von der Fantasie des Lesers abhängen.
In seinem unvergleichlichen Klassiker „Autobiographie eines Yogi“ beschrieb der spirituelle Lehrer Paramahansa Yogananda seine Begegnungen mit zahlreichen weisen Menschen auf packende Weise. Ich werde gewissermaßen eine vergleichbare Rolle einnehmen. Wie er werde ich in diesem Buch um die Welt reisen, dabei jedoch keinen Menschen, sondern Tieren begegnen, die ebenso ihre Weisheit teilen wie Yoganandas Gesprächspartner. Ich werde viele Zitate – u. a. auch aus dem genannten Meisterwerk – verwenden und sie den Tieren in den Mund (bzw. in das Maul oder den Schnabel) legen. Sämtliche Aussagen von Tieren, die bereits sehr ähnlich oder identisch von bestimmten Menschen geäußert wurden, sind mit kleinen Ziffern in Klammern gekennzeichnet. Das Buch endet mit einem Quellenverzeichnis, das den Ursprung aller Originalzitate preisgibt.
Wie im Inhaltsverzeichnis einsehbar, habe ich verhältnismäßig wenigen Tieren einen eigenen Kapitelteil gewidmet. Aber jedes Tier, das in diesem Buch nicht nur beiläufig erwähnt, sondern genauer beschrieben wird, ist im alphabetisch angeordneten Artenverzeichnis (S. 5-9) enthalten.
Vor einem Reisestart wird man in der Regel dazu aufgefordert, sich anzuschnallen. Bevor ich Dich, liebe/r Leser/in, herzlich dazu einlade, mich auf meiner Reise in die göttliche Tierwelt zu begleiten, möchte ich dich hingegen darum bitten, dich abzuschnallen – von deiner Konditionierung, von deinem Welt- und Selbstbild, von allem, was du zu wissen glaubst, was du für selbstverständlich real und illusionär hältst. Lege allen Ballast ab, damit dich nichts mehr daran hindern kann, mit mir und meinen Tieren auszubrechen und frei zu sein!
Nehmen wir an, unsere Reise findet in der Meditation statt. Es ist möglich, dabei über seinen Körper hinauszugehen und in das zeitlose Sein einzutauchen. Die Abwesenheit oder Andersartigkeit der Zeit in diesem Zustand ermöglicht eine Weltreise innerhalb weniger Stunden, die nach irdischem Zeitmaßstab eigentlich mehrere Tage, Wochen, Monate oder gar Jahre beanspruchen würde.
Ich schließe also meine Augen und begebe mich in einen meditativen Zustand. Bald spüre ich den physischen Körper nicht mehr. Ich denke an nichts, ich fühle nichts, ich sehe nichts, ich höre nichts. Da ist nichts, es gibt keinerlei Wahrnehmungen, nur reines Bewusstsein. Die leere Leinwand der unendlichen Weite des Geistes stellt sich für jedes erdenkliche und nicht-erdenkliche Kunstwerk von Wahrnehmungen aller Art zur Verfügung. So ist es möglich zu reisen, während der Körper an Ort und Stelle zurückbleibt.
Doch vorerst verweile ich einfach als reines Gewahrsein, frei von Erwartungen, für alles bereit...
Plötzlich ertönt eine unglaublich kraftvolle, aber höchst liebevolle Stimme aus der stillen Tiefe meines Seins... Sie spricht zu mir:
„Simon, du wirst dich auf eine lehrreiche Reise begeben. Du wirst jeden Kontinent bereisen und vielen verschiedenen Tieren begegnen. Um dich auf dieses Abenteuer vorzubereiten, habe ich dir die Liebe zu den Tieren in die Wiege gelegt. So entspricht es deiner Natur, ihnen ohne das typische menschliche Gefühl der Überlegenheit gegenüberzutreten. Die Tiere werden in deiner Sprache mit dir kommunizieren und dich an vieles erinnern, das von deinem menschlichen Verstand und seinen hartnäckigen Illusionen verschleiert wurde.
Es ist für alles gesorgt. Ich habe allen Tieren euer Treffen bereits angekündigt. Sie freuen sich auf dich und sind zu einem Austausch bereit. Frage sie einfach alles, was dir auf dem Herzen liegt und in der Seele brennt.
Bitte fürchte dich nicht, die Tiere sind dir wohlgesonnen. Genieße die Reise und öffne dein Herz für die Weisheit der Tiere!“
„Ein Tier sieht in uns ein Mitgeschöpf, das in diese ganze Welt gehört. Bloß wir glauben, weil wir uns natürlich aus dieser Welt komplett heraus entwickelt haben, dass wir nicht mehr mitspielen dürfen. Die Natur lädt uns ständig ein: „Kommt und spielt wieder mit!“
Wir wollen das nicht wahrhaben.“
(Andreas Kieling)
Ich öffne meine Augen, blicke mich um und stelle fest, dass ich mitten in einem Wald stehe. Die Vegetation sieht vertraut aus, es muss wohl ein europäischer Wald sein.
Ich liebe Bäume. Aber meine botanischen Kenntnisse sind etwa so schwach ausgeprägt wie die Ehrlichkeit eines durchschnittlichen Politikers. Dementsprechend kann ich keine genaue Auskunft darüber geben, um welche Baumspezies es sich handelt. Ich tippe auf Tannen oder Fichten.
Darauf vertrauend, dass ich geführt werde, gehe ich einfach los. Der weiche Waldboden ist mit Moos bedeckt. Vogelgezwitscher umringt mich – ein wunderschönes Konzert, komponiert von der Natur selbst.
Ich schaue rüber zu einem Baum rechts von mir. Auf einem tiefliegenden Ast sitzt ein Vogel. Ich erkenne ihn als Eichelhäher. Er blickt mich an und sagt frei heraus: „Grüß Gott! Herzlich willkommen im Bayerischen Wald, mein Freund!“
Kaum hat er diese Worte ausgesprochen, stürzt er sich vom Ast und fliegt davon. Obwohl es mir angekündigt wurde, traue ich meinen Ohren nicht. Ich kann einfach nicht fassen, dass gerade ein Eichelhäher mit menschlichen Worten zu mir gesprochen hat. Und so herzlich!
Ich wusste zwar bereits, dass der Eichelhäher ein intelligentes Tier ist...
Ein wissenschaftlicher Versuch mit dem schönen Rabenvogel verdeutlichte dies: Ein schlankes, hohes Glas wurde etwa zur Hälfte mit Wasser gefüllt, eine Nuss darin platziert und mehrere Steine direkt neben dem Glas positioniert. All dies wurde einem Eichelhäher zur Verfügung gestellt. Der Vogel versuchte vorerst erfolglos, die Nuss mit seinem Schnabel zu erreichen, überlegte daraufhin nicht lange und nahm einen Stein auf, um ihn in das Glas zu befördern. Als er bemerkte, dass sich dadurch der Wasserstand im Glas erhöhte und die an der Wasseroberfläche schwimmende Nuss in nähere Reichweite rückte, warf er weitere Steine hinein. Schließlich stieg die Nuss hoch genug, sodass der Eichelhäher seinen wohlverdienten Leckerbissen ergattern konnte.
... Doch trotz seines bekannten Einfallsreichtums war ich nicht auf einen sprechenden Eichelhäher gefasst.
Nachdem ich einige Minuten gebraucht habe, um mich zu sammeln, gehe ich weiter. Einfach geradeaus, tiefer in den Wald hinein.
Schon entdecke ich auf einem anderen Baum ein weiteres Tier... Ein hübscher Baummarder läuft über einen Ast... Kaum ein Tier kann so geschickt und sicher klettern. Während er von Ast zu Ast springt, kann er mit einem einzigen Satz bis zu 4 Meter große Lücken überwinden. Baummarder jagen Kleintiere aller Art. Sie bewegen sich in den Ästen so schnell und gewandt fort, dass sie auch Eichhörnchen erbeuten können.
Der Baummarder scheut die Nähe des Menschen, im Gegensatz zu seinem nächsten Verwandten, dem Steinmarder. Während Letzterer über einen weißen Kehlfleck verfügt, ist jener des Baummarders gelb. Außerdem hat dieser meist ein dunkleres Fell. Wegen seiner Schönheit wird er auch als Edelmarder bezeichnet.
Als der Baummarder mich entdeckt, treffen sich unsere Blicke für eine kostbare Sekunde – er öffnet sein kleines Maul und spricht mit überraschend tiefer und kraftvoller Stimme zu mir:
„Nichts und niemand kann dir jemals etwas anhaben!“ Im nächsten Moment springt er auf den nächsten Ast und ist außer Sichtweite.
War dies eine zusätzliche Versicherung dahingehend, dass mir auf dieser Reise nichts zustoßen wird? Die Stimme vor dem Reisestart kündigte an, dass mir alle Tiere wohlgesonnen sein werden. Doch irgendwie ahne ich, dass die Botschaft des Marders eine grundsätzliche, tiefere Bedeutung hat. Nichts und niemand kann mir jemals etwas anhaben! Ich kann die Wahrheit dieser Worte spüren. Mein physischer Körper sitzt auf dem Sofa und meditiert. Wenn mich in dieser Vision doch ein Tier angreifen und töten sollte, werde ich einfach auf dem Sofa ‘aufwachen' und unversehrt sein. Geschieht das auch beim Tod des physischen Körpers? Wachen wir dann im sogenannten Jenseits auf und stellen fest, dass all die menschlichen Dramen keinerlei Spuren hinterlassen haben? Ich fühle, dass mir diese Frage wie viele weitere im Laufe des kommenden Abenteuers beantwortet werden wird.
Obwohl ich keine Brille trage, bin ich nicht mehr kurzsichtig. Aus der Ferne erblicke ich einen großen Ameisenhügel. Je mehr ich mich annähere, desto deutlicher kann ich die vielen kleinen Körper erkennen, die eifrig umherlaufen und unermüdlich ihrer Arbeit nachgehen.
Das perfekt aufeinander abgestimmte Verhalten der Ameisen lässt das Kollektiv wie einen einzigen, riesigen Organismus erscheinen.
Allgemein bekannt ist ihre körperliche Leistungsfähigkeit. Eine Ameise kann das bis zu 100-Fache ihres eigenen Körpergewichts tragen. Das ist allerdings noch kein Superlativ ... Der Nashornkäfer ist das kräftigste Insekt und kann das bis zu 800-Fache seines Eigengewichts tragen. Wäre ein 125 kg schwerer (menschlicher) Gewichtheber dazu in der Lage, so könnte er ohne Hilfsmittel 100 Tonnen heben, also ca. 100 Kleinwagen auf einmal. Mit mindestens 350.000 (bisher bekannten) Arten sind Käfer übrigens die artenreichsten Insekten und Tiere überhaupt. Hinsichtlich seiner Kraft ist selbst der Nashornkäfer nicht der Rekordhalter... In Relation zur eigenen Körpergröße ist die unter 1 mm messende Hornmilbe das kräftigste Lebewesen der Erde. Sie kann das 1.200-Fache ihres Eigengewichts tragen.
Zurück zu den Ameisen...
Sie sind ohne Zweifel die erfolgreichsten Tiere der Welt. Obwohl ein Individuum nur einige Milligramm auf die Waage bringt, wiegen sämtliche Ameisen der Welt zusammen weitaus mehr als alle acht Milliarden Menschen.
Da stehe ich nun und beobachte voller Faszination das rege Treiben von unzähligen Waldameisen. Plötzlich fällt mir bei genauerem Hinsehen auf, dass eine einzelne Ameise an Ort und Stelle verweilt. Ich behalte sie eine Weile im Auge. Minutenlang bewegt sie sich keinen Millimeter. Nur durch die vorangegangene Begegnung mit dem freundlichen Eichelhäher ziehe ich spontan in Erwägung, dass vielleicht sogar diese Ameise menschliche Worte verwenden kann, um sich mir verständlich mitzuteilen. Bevor ich einen Versuch wage, blicke ich mich um... Kein anderer Mensch weit und breit in Sicht. Niemand in Reichweite, der mich für verrückt halten und einweisen lassen könnte. Mein Blick richtet sich wieder auf die bewegungslose Ameise. Also gut, los geht’s...
„Selbst Könige und Kaiser
mit ihren großen Reichtümern
und ihrer gewaltigen Herrschaft
können sich nicht mit einer Ameise vergleichen,
die von der Liebe Gottes erfüllt ist.“
(Nanak Dev)
„Was machst du da?“, frage ich das Insekt neugierig, aber gleichzeitig an meiner eigenen Vernunft zweifelnd angesichts der Tatsache, dass ich eine Ameise anspreche in der Hoffnung, sie würde mir antworten. Die Ameise dreht ihren winzigen Kopf ein wenig in meine Richtung und antwortet tatsächlich:
„Ich genieße die Liebe Gottes.“
Das verschlägt mir glatt die Sprache. Bevor ich etwas sagen kann, reicht die Ameise schon eine ausführlichere Erklärung nach: „Wenn Gottes Ekstase über mich hereinbricht, dann wird der Körper absolut still, der Atem hält an, die Gedanken stoppen. Dann trinke ich Gottes Liebe und genieße einen Rausch, den auch tausend Flaschen Wein mir nicht geben könnten.“ (1)
Ehrfürchtig zögere ich, bevor ich eine weitere Frage zu stellen wage: „All deine Kameraden arbeiten fleißig. Nehmen sie dir deine göttliche Rast nicht übel?“
„Ganz und gar nicht. Ich bin hier keine Ausnahme. Wir Ameisen schlafen nie. Da sind Ruhepausen angebracht. Aber auch während meiner Arbeit spüre ich Gottes Gegenwart. Täglich Seine Liebe und Führung in alle deine pflichtbewussten Aktivitäten mitzunehmen, ist der Weg, der zu dauerhaftem Frieden und Glück führt.“ (2)
Ich lasse ihre Worte auf mich wirken. Schnell lege ich meine Scheu ab und nehme mir vor, einfach jede Frage, die mir spontan in den Sinn kommt, an sie zu richten...
„Ein Mensch von geringer körperlicher Größe kann schnell Minderwertigkeitskomplexe bekommen. Wie gut, dass ihr Ameisen nicht mit menschlichen Identifikationen belastet seid! Wie verhindert ihr es, wenn ihr euch mit anderen Tieren vergleicht, euch aufgrund eurer kleinen Körper unbedeutend zu fühlen? Vielleicht können wir Menschen davon lernen.“
Die Ameise lacht und antwortet: „Wir vergleichen nicht.
Außerdem gibt es letztendlich keinen essenziellen Unterschied. Mein Ameisenkörper ist klein, der eines Elefanten ist groß und der Lichtleib Gottes ist unendlich viel größer. Die Körperkraft deines und meines Körpers ist unterschiedlich, aber die Lebenskraft ist dieselbe.“
Zutiefst von dieser Einsicht beeindruckt, kann ich mich nicht auf meinen Beinen halten, setze mich auf den Waldboden und lehne meinen Rücken an einen Baum. Die Ameise fügt hinzu:
„Außerdem legen wir nicht so viel Wert auf Individualität. Es ist nichts Besonderes, wenn sich einer von uns für die Gemeinschaft opfert. Allein sind wir unbedeutend. Unser Motto lautet: Entweder zusammen oder gar nicht.“
Plötzlich fällt mir auf, dass einige Ameisen tote Artgenossen in eine bestimmte Richtung tragen...
„Wohin tragen deine Freunde die toten Ameisen?“, frage ich meinen kleinen Kumpel.
„Wir Ameisen haben Friedhöfe, genau wie ihr Menschen. Zwei Tage nach dem Tod einer Ameise sondert der verstorbene Körper eine speziell riechende Substanz ab, die uns darauf aufmerksam macht, dass der Tod eines Artgenossen eingetroffen ist. Wir wissen den wahrgenommenen Geruch instinktiv korrekt zu deuten. Daraufhin tragen wir das tote Familienmitglied an speziell dafür vorgesehene Orte. Die Leichen werden von Bakterien belagert, die wir uns vom Leib halten, indem wir den Kadaver inklusive Bakterien fortschaffen.“
„Trauert ihr denn auch um Verstorbene?“, frage ich.
„Nein, wieso sollten wir? Anhaftung kennen wir nicht.“, lautet die ernüchternde Antwort.
„Welche Aufgabe hat eine Ameisenkönigin?“, lasse ich meiner Neugierde freien Lauf.
„Eine Ameisenkönigin koordiniert die Aufgaben der zahlreichen Individuen in einer Ameisenkolonie. Auch wenn man sie von der Kolonie isoliert, leisten alle Ameisen weiterhin ihren Beitrag. Wird die Königin jedoch in dieser distanzierten Position getötet, brechen sofort Chaos und Panik im Ameisenvolk aus – selbst wenn die Königin und ihr Volk kilometerweit voneinander entfernt sind. Wir zeigen also eine klare Reaktion auf den Tod unserer Königin, obwohl wir diesen nicht mit unseren physischen Sinnen wahrnehmen konnten. Dieses aus der Sicht eurer Wissenschaft rätselhafte Phänomen ist ein beispielhafter Beweis für nicht-lokalen Informationsaustausch. Eine geistige Quelle jenseits von Zeit und Raum ist offensichtlich.“
Es vergeht eine halbe Stunde, die ich hauptsächlich damit verbringe, den Ameisen bei ihrer Arbeit zuzuschauen. Schließlich spüre ich den Impuls, mich zu verabschieden, und gebe ihm sogleich nach...
„Ich glaube, dass ich weiterziehen sollte. Auf mich warten noch viele tolle Begegnungen. Hast du zum Abschied einen Rat für mich, den du mir mit auf den Weg geben möchtest?“, frage ich meinen winzigen Freund.
Die Ameise, die nach wie vor regungslos dahockt, zögert nicht:
„Gott ist Liebe. Deshalb kann Sein Plan für diese Schöpfung nur in der Liebe wurzeln. Bietet dieses einfache Wissen dem menschlichen Herzen nicht mehr Trost als alle gelehrten Schlussfolgerungen? Jeder Weise, der bis ins Herz der Realität vorgedrungen ist, hat bezeugt, dass es einen göttlichen Plan für dieses Universum gibt und dass das Endresultat Schönheit und Freude ist.“ (3)
Plötzlich fliegt der Eichelhäher, der mich vorhin begrüßte, über uns hinweg und ruft: „Wäre nur ein einziger Stern am Firmament, stünde nur ein einziger Baum im Tal, selbst dann hätten wir die Gewissheit des Großmuts der Unendlichkeit.“ (4)
„Hört, hört!“, stimmt die Ameise zu und fügt an:
„Gott ist. Also ist alles gut.“ (5)
Dann wendet sie sich wieder mir zu:
„Hier ist meine Empfehlung an dich: Verliere deine Seele in Gottes Liebe. Ich schwöre, es gibt keinen anderen Weg. Verliere dich in dieser Liebe. Wenn du dich in dieser Liebe verlierst, wirst du alles finden.“ (6)
Wortlos staunend schaue ich zu ihr herunter. Was soll ich darauf antworten? Jede Antwort käme mir wie ein unnötiger, geradezu herabwertender Kommentar vor.
Die Ameise nimmt mir meine Entscheidung ab, indem sie weiterspricht:
„Lachend kann ich gestehen, dass ich so oft denke: ,Gott, ich habe alles, was ich brauche. Sogar wenn Du mir den Atem nähmest, hätte ich immer noch alles, nämlich DICH.'“ (7)
Wow. Diese Worte haben eine überwältigende Wirkung auf mich. Ohne dass ich es bewusst steuere, bemerke ich, wie mein Körper seine Position verändert und sich niederkniet. Wie von einem inneren Drang absoluter Notwendigkeit getrieben, beuge ich mich nach unten und drücke meine Stirn als Zeichen der Ehrerbietung auf den feuchten Waldboden, nur wenige Zentimeter vor der Ameise. Voller Ehrfurcht verneige ich mich vor dem Insekt. In diesem Moment fühle ich mich, als würde mein Herz vor lauter Glückseligkeit zerspringen. Es fühlt sich unaussprechlich gut an, mein Ego einem der kleinsten Geschöpfe des Waldes demütig unterzuordnen.
Mein kleiner Freund kichert vergnügt.
Dann richte ich mich auf und setze meine Reise fort.
„Möge Gott Dich immer mit Seiner Glückseligkeit segnen!“, ruft mir die Ameise hinterher. Ich blicke mich um und schenke ihr ein Lächeln. Dann gehe ich weiter, ohne mich ein weiteres Mal umzudrehen.
Nachdem sich mein überforderter Verstand von der Weisheit des sechsbeinigen Winzlings erholt hat, bin ich bereit für neue spannende Eindrücke.
Wenige hundert Meter weiter dringt ein Geräusch an mein rechtes Ohr. Ich drehe den Kopf in die entsprechende Richtung und erblicke ein Rudel Rothirsche. Die schönen Huftiere ziehen trabend durch den Wald. Zwar sind sie für mich nicht zu überhören, dennoch staune ich, dass ihre bis zu 350 kg schweren Körper keine lauteren Töne produzieren.
Ein stattlicher Hirsch bleibt kurz stehen, schaut mich direkt an, sagt „Servus!“ und läuft weiter, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. Es scheint beinahe so, als würde er täglich viele Menschen grüßen.
Mein konditionierter Verstand wird noch etwas Zeit benötigen, bis er sich an die neuen Umstände gewöhnt hat.
Ich gehe weiter durch den Wald. Eigentlich kann ich die nächste Begegnung kaum erwarten, aber die Schönheit dieser Gegend überdeckt meine Ungeduld. Der Waldboden ist so weich unter meinen Schuhen, dass ich spontan beschließe, sie auszuziehen, um meiner Haut eine volle Dosis Natur zu gönnen. Das Vogelkonzert pausiert keine einzige Sekunde. Das einzige Wort, das mir dazu einfällt, lautet: Harmonie. Die Sonne wirft ihre Strahlen durch die dichten Baumkronen auf den Boden und lässt auch die eindrucksvollen Baumstämme glänzen, als seien sie mit Diamanten bespickt. Ich habe mich einst über Menschen lustig gemacht, die Bäume umarmen, doch hier und jetzt kann ich nicht anders... Ich gehe auf einen Baum zu, lege meine Arme um den Stamm und drücke meine Wange an die Baumrinde. Ich schließe die Augen und sage gedanklich zu dem Baum: „Ich liebe dich!“
Kaum hörbar vernehme ich in meinem Inneren die subtile Antwort: „Ich liebe dich auch, mein Freund.“ Vielleicht habe ich mir das nur eingebildet.
Erst nach mehreren Minuten bringe ich es übers Herz, die Umarmung zu lösen und meinen Weg fortzusetzen. Wenn ich auch keine weiteren Bäume mehr umarme, so schaue ich mir doch jeden einzelnen Baum auf meinem Waldweg von oben bis unten genauestens an.
Während ich dieses Wunder genieße, sehe ich im Augenwinkel, wie etwas Kleines über den Boden huscht. Bevor ich meine Augen darauf richten kann, ist es schon in einem Erdloch verschwunden. Ich konnte nicht so schnell erkennen, welches Tier dort meinen Weg kreuzte. Doch ich möchte es herausfinden. Leisen, barfüßigen Schrittes gehe ich auf das Loch zu, knie unmittelbar davor nieder und sage mit verhaltener Stimme:
„Entschuldigung, ich möchte nicht stören. Ich weiß nicht, wer du bist. Ich möchte dir nur sagen, dass du dich nicht vor mir fürchten musst. Es würde mich freuen, dich kennenzulemen.“
Wenige Sekunden später streckt der Bewohner sein Köpfchen aus dem Erdloch und blickt mich neugierig an: Ein Wiesel!
„Hallo, kleiner Freund!“, sage ich zu ihm, um es weiter zu ermutigen... „Magst du vielleicht zu mir herauskommen?“ Einladend halte ich meine Hände mit nach oben geöffneten Handflächen zu ihm hin. Zu meiner Überraschung verlässt das Wiesel seinen Bau und springt unaufgefordert auf meine rechte Hand!
Wie leicht es ist! Und wie weich!
Seine winzigen Pfötchen kitzeln meine Innenhand.
Die niedliche Erscheinung des Wiesels täuscht über seine Fähigkeiten hinweg. In Relation zur Körpergröße sind Marder, zu denen das Wiesel gehört, die bei weitem kräftigsten Säugetiere. Sogar Mauswiesel können ausgewachsene Ratten oder Kaninchen töten.
Das Mauswiesel ist das kleinste Raubtier der Erde. Selbst ausgewachsene Exemplare sind klein genug, um Mäuse bis in ihre Erdlöcher zu verfolgen. Die Gesamtlänge variiert zwischen 13 und 34 cm und das Gewicht beträgt oft nur 50 g (mindestens 25, max. 250).
Die Art ist in Nordamerika und Eurasien verbreitet. Die eurasischen Mauswiesel werden größer. Auch in Nordafrika gibt es diese Marderartigen, die zudem in Neuseeland eingeführt wurden.
„Aber bitte zerquetsche mich nicht!“, lauten die ersten Worte des Mauswiesels in meiner Hand.
„Nichts liegt mir ferner.“, antworte ich aus tiefstem Herzen.
„Deine Hände sind schön warm. Hier lässt es sich aushalten!“, sagt das Wiesel, während es sich in meine Handfläche schmiegt.
Obwohl der kleine Kamerad wehrhaft ist und mir durch einen Biss eine blutende Fleischwunde und starke Schmerzen zufügen könnte, muss ich angesichts des winzigen Körpers, der in meiner Hand ruht, doch an eine Aussage von Mahatma Gandhi denken: „Je hilfloser ein Lebewesen ist, desto größer ist sein Anrecht auf menschlichen Schutz vor menschlicher Grausamkeit.“
Ich fühle mich privilegiert, dem putzigen Raubtier ein Gefühl der Geborgenheit geben zu dürfen.
Mit seinen kleinen Knopfaugen schaut mich das Mauswiesel an und sagt: „Dieser Moment ist reine Liebe. Diese pure Liebe ist für die Ewigkeit. Alles ist Liebe. Es gibt kein Entkommen!“ (8)
Nach diesen Worten springt es blitzschnell aus meiner Hand und schießt wie ein Pfeil über den Waldboden. Innerhalb von ein oder zwei Sekunden ist es bereits mehrere Meter von mir entfernt. Dann hält es an, blickt sich zu mir um und sagt: „Und das gilt für jeden Moment! Jeder Moment ist nichts als reine Liebe! Wer das nicht sieht, schaut einfach nicht genau genug hin. Finde diese Liebe! Und dann teile sie mit den Menschen, denn die Menschheit braucht nichts so dringend wie Liebe.“
Das Wiesel rennt weiter und verschwindet in einem hohlen Baumstamm, der auf dem Waldboden liegt.
„Süß, oder?“, fragt eine rauchige Stimme hinter mir.
Erschrocken drehe ich mich um. Auf seinen Hinterbeinen aufgerichtet, steht ein Waschbär etwa zehn Meter von mir entfernt und schaut mich grinsend an.
„Ja, wirklich niedlich. Was für ein liebes Wiesel!“, antworte ich.
„Wir Waschbären können auch niedlich sein.“, sagt er stolz. „Aber lieber ein Wiesel in der Hand als ein Waschbär auf dem Dach, nicht wahr?“, fragt er mich.
Verdutzt schaue ich ihn an.
„Das sagt ihr Menschen doch so, oder nicht?“
Ich kläre ihn auf: „Nicht ganz. Der Spruch geht so: ,Lieber ein Spatz in der Hand als eine Taube auf dem Dach.'“
„Egal. Wie wäre es damit: Lieber ein Wiesel in der Hand als ein Steinmarder unter der Motorhaube!“, schlägt der Waschbär vor.
Ich lache laut... „Da hast du natürlich Recht!“
Der Waschbär besiedelt ursprünglich Nordamerika und durch den Einfluss des Menschen mittlerweile auch Eurasien (Deutschland seit 1934). Das charismatische Raubtier ist nicht zuletzt aufgrund seines vielseitigen Speiseplanes fähig, sich an unterschiedliche Lebensräume anzupassen und auch dauerhaft in der Nähe des Menschen aufzuhalten. Sein Name ist darauf zurückzuführen, dass er den Grund von Flüssen gezielt mit den handähnlichen Pfoten nach kleinen Beutetieren wie Krebsen abtastet. Über den Krallen sind dafür vorgesehene Tasthaare angeordnet. Es mag zwar danach aussehen (daher der Name), aber der Waschbär wäscht seine Nahrung nicht wirklich. Es kommt zwar vor, dass in Gefangenschaft gehaltene Waschbären ihr Futter zum Wasser tragen und untertauchen, doch der Grund dafür liegt wahrscheinlich darin, dass das Wasser die Hornhaut der Pfoten aufweicht und somit der Tastsinn seine Funktion besser erfüllen kann. Etwa 60 % aller Informationen aus der Umwelt holen Waschbären über ihren Tastsinn ein, damit handelt es sich um den dominierenden Bereich der Sinneswahrnehmungen. Beim Menschen sind es nur ca. 10 %.
„Schade, dass sich das Wiesel jetzt im toten Baum versteckt. Das war ja nur eine kurze Begegnung.“, bedaure ich.
Der Waschbär schaut mich fragend an: „Im toten Baum?
Der ist nicht tot. Schau genau hin. Er ist von Moos und Pilzen bewachsen. Unter seiner Rinde leben unzählige Insekten und Mikroorganismen. Wo ist der Tod?“
„Aber der Baum lebt nicht mehr. Das Holz verrottet.“, argumentiert mein Verstand.
Das kann das kluge Raubtier nicht unkommentiert lassen: „Eure wissenschaftliche Definition des Lebens ist äußerst beschränkt. Alles ist lebendig. Ausnahmslos alles! Ihr Menschen seid nur einfach selbst nicht lebendig genug, um das zu erkennen!“
Diese Aussage bringt mich augenblicklich zum Schweigen. Ich gebe mich geschlagen und werfe dem kleinen Bären einen demütigen Blick zu.
„Schon gut.“, beruhigt er mich. „Du bist ja hier, um das zu lernen. Deine nächste Lehrerin wartet schon auf dich. Dort hinten!“
Mit seiner menschenähnlichen Hand zeigt der Waschbär auf einen etwa hundert Meter entfernten, rötlichen Punkt.
Ich bedanke und verabschiede mich.
Schon nach wenigen Schritten kann ich erkennen, wer meine nächste Gesprächspartnerin – meine ,Lehrerin', wie der Waschbär sie nannte – ist: ein Fuchs...
„Glück ist der Zustand des still lachenden Eins-Seins mit der Welt.“ (Hermann Hesse)
Der Rotfuchs ist eines der anpassungsfähigsten Raubtiere überhaupt. Er kann seine Klauen teilweise einziehen, diese Fähigkeit ist unter allen Wildhunden einzigartig. Während seine Verwandten runde Pupillen haben, sind die des Fuchses schlitzartig, wie bei Katzen.
Füchse umsorgen ihren Nachwuchs mit großer Zuverlässigkeit und sehr liebevoll. Es gibt einen Bericht über einen Jungfuchs, der sich in einer von Menschen ausgelegten Falle verfangen hatte und nur überleben konnte, weil seine Mutter immer wieder zu ihm zurückkehrte und ihn mit Nahrung versorgte.
Die Füchsin ist nun nur noch wenige Meter entfernt. Sie sitzt dort zwischen zwei Bäumen mit geschlossenen Augen auf einem niedrigen Baumstumpf, ihr Gesicht ist zum Himmel gerichtet, ihr subtiles Lächeln vermittelt einen seligen Eindruck. Sie strahlt eine Zufriedenheit aus, die ich nicht beschreiben kann und die mich sofort ansteckt. Ich empfinde eine intensive Freude, die zwar durch den Anblick des Tieres ausgelöst, aber nicht erschaffen wird. Ich kann fühlen, dass sie durch das Fuchs-Vorbild aus meinem Herzen hervorgelockt wurde. Sie war immer da und hat nur darauf gewartet, sich zeigen zu dürfen, gefühlt zu werden, sich selbst zu fühlen.
„Guten Tag, liebe Füchsin.“
Sie zeigt keine Reaktion.
Ich wiederhole meine Begrüßung und erhöhe die Lautstärke. Sie reagiert nicht.
Ich bleibe still und setze mich hin.
Es vergeht eine halbe Stunde. Die Füchsin bewegt sich nicht. Ich kann noch nicht einmal sehen, ob sie atmet. Ich beschließe zu warten, bis sie aus ihrem inneren Paradies in diese Welt zurückkehrt. Vielleicht soll oder will sie mich Geduld lehren.
Ich genieße weiterhin das Vogelgezwitscher und beobachte die Umgebung. In der Nähe stehen viele Fliegenpilze. Ihre klaren Farben sind ein Kunstwerk und ein Warnhinweis bezüglich ihres Giftes.
,Ob ich sie ohne Konsequenzen essen könnte?', frage ich mich gedanklich... ,Hier können Tiere sprechen. Hier ist nichts unmöglich. Vielleicht probiere ich mal einen und schaue, was passiert.'
Plötzlich spricht eine Stimme zu mir:
„Siehst du, auf was für verrückte Ideen ihr Menschen aus purer Langeweile kommt?!“
Es war die Füchsin! Sie kichert und schaut mich an.
„Aus purer Langeweile!“, wiederholt sie.
„Endlich bist du ansprechbar!“ sage ich...
„Der Waschbär hat mich zu dir geschickt.“
Langsam richtet sie sich auf, streckt sich, kommt auf mich zu und beschnuppert mich. Dann legt sie sich flach auf den Bauch, direkt vor mir. Ich frage sie, ob ich sie streicheln darf. „Hmm.“, lautet ihre Reaktion. Ich verstehe das als Zustimmung. Sanft streichle ich ihren Rücken. Sie fühlt sich ganz genauso an wie ein Hund. Ich frage sie, wie es sein kann, dass ihr Fell so sauber und rein ist, obwohl es ständig den Umwelteinflüssen ausgesetzt ist.
Sie antwortet nicht.
„Du bist nicht sehr gesprächig.“, bemerke ich etwas enttäuscht.
„Die Natur gab uns zwei Ohren, aber nur einen Mund, damit wir doppelt so viel zuhören wie sprechen.“ (9), antwortet die Füchsin in leicht vorwurfsvollem Ton... „Ich schweige lieber. Denn wenn ich schweige, falle ich an den Ort, wo alles Musik ist.“ (10)
„Von welchem Ort sprichst du?“, will ich wissen.
Sie erklärt mir: „Von keinem Ort, sondern vom Bewusstsein. Das Bewusstsein in unserem Inneren ist unendliche Melodie.“ (11)
„Konntest du diese Melodie schon immer vernehmen?“, frage ich sie, worauf die Füchsin antwortet:
„Oh nein, als kleiner Fuchswelpe war ich eine furchtbare Quasselstrippe. Ich habe meine Mutter mit meinen endlosen Fragen regelrecht gequält. Dieses Gespräch mit dir erinnert mich daran. Jetzt weiß ich, wie sich meine Mutter gefühlt haben muss. Aber eines Tages merkte ich, dass ich immer weniger zu sagen wusste, bis ich schließlich still wurde und zuzuhören begann. In der Stille hörte ich die Stimme Gottes.“ (12)
„Wow!“ Meine Begeisterung ist geweckt...
„Wie klingt Gottes Stimme?“
„Eigentlich ist es überhaupt kein Klang. Vielmehr handelt es sich um unbeschreibliche Seligkeit, die aus deinem eigenen Inneren emporsteigt und deinen gesamten Geist und Körper durchflutet.
Seligkeit gibt es nur im eigenen Inneren und sie ist am intensivsten, wenn wir von Gedanken und Wahrnehmungen frei sind. (13) Darum schließe ich regelmäßig die Augen und vergesse den Körper und die Welt.“
Eine interessante Bemerkung. Vielleicht kam die „Liebe Gottes“, von der die Ameise sprach, ebenso aus ihrem eigenen Inneren.
„Was bedeutet Gott für dich?“, hake ich nach.
„Es ist besser, mit Gott zu sprechen, als über Gott zu sprechen. Und am allerbesten ist es, überhaupt nicht zu sprechen. Die Sprache des Menschen hat einen großen Anteil daran, dass er sich in mehr Illusionen verirrt hat als jedes andere Lebewesen. Ihr gebt allen Erscheinungen einen Namen, seht dann nur noch das Wort und seid völlig blind für die Realität dessen, worauf dieses Wort eigentlich hinweisen soll.“
„Da ist was dran.“, muss ich zugeben. „Aber bitte erzähle mir mehr über Gott!“, fordere ich sie auf. Sie umgeht meine Bitte mit einer grundsätzlichen Erläuterung:
„Auch der Glaube an Gott ist nur eine Etappe auf dem Weg. Letztendlich lässt du alles los, denn du stößt auf etwas so Einfaches, dass es keine Worte gibt, um es auszudrücken. (14) Im Grunde ist es einfach. Es ist nicht zu kompliziert, um in Worte gefasst zu werden. Die Worte machen es erst kompliziert! Sobald es in Worte gefasst und vom Verstand analysiert wird, erscheint es komplex. Doch es sind eure Konzepte der Realität, die komplex sind, nicht die Realität selbst. Das Wasser hält über die Technik des Fließens keine Tagung ab. So viel Gerede wäre an die verschwendet, die es nicht brauchen. Wenn ihr einem Fisch beizubringen versucht, dass Wasser physikalisch aus zwei Drittel Wasserstoff und einem Drittel Sauerstoff besteht, wird er sich schieflachen. (15)“
Nun ist die Füchsin offenbar doch aufgetaut und lässt mich auch verbal an ihrem inneren Reichtum teilhaben...
Sie setzt sich auf und blickt mir tief in die Augen...
Wie hypnotisiert lausche ich ihren weiteren Worten:
„Glückseligkeit ist das Selbst. Glückseligkeit und das Selbst sind ein und dasselbe. Und das allein ist wirklich. In keinem einzigen der zahllosen Objekte der Welt gibt es irgendetwas, das als Glück bezeichnet werden kann. Aus reiner Unwissenheit glaubt ihr, dass ihr durch sie Glück erlangen könnt. Im Gegenteil, wenn der Geist nach außen gerichtet ist, leidet er. Die Wahrheit ist, dass jedes Mal, wenn eure Wünsche erfüllt werden, der Geist sich seiner Quelle zuwendet und nur das Glück erfährt, das im Selbst enthalten ist. (16)
Wenn du Glück erfährst, weil ein Wunsch in Erfüllung gegangen ist, so ist es nicht das Objekt der Begierde, das dir jenes Glücksempfinden beschert, sondern das Ende des Verlangens. Denn dadurch wird die bereits bedingungslos vorhandene Fülle, die deinem Selbst innewohnt und vom Verlangen verschleiert wurde, offenbart. Wenn ein Wunsch in Erfüllung geht, versinkt der suchende Verstand in seiner Quelle und du schmeckst einfach kurzzeitig – bis ein neuer Wunsch auftaucht – den unvergleichlich köstlichen Nektar deines eigenen Seins.“
Ich bin beeindruckt. Aber ich argumentiere: „Das mag für dein Selbst stimmen, aber was ist mit meinem Selbst? Wie kommst du darauf, dass das, was sich für dich als wahr erwiesen hat, auch für mich gilt?“
Die Füchsin kichert und klärt mich auf:
„Es gibt nur ein Selbst, ein Bewusstsein. Wenn du dich selbst kennst, kennst du alle. Trennung gibt es nicht. Alles stammt aus derselben Quelle. Wir haben denselben Ursprung! ,Dein‘ und ,mein‘ ist menschlicher Unsinn.“
Mein Verstand will wieder widersprechen, aber etwas Tieferes in mir hindert ihn daran. Stattdessen bitte ich die glückselige Füchsin um eine genaue Anleitung:
„Welche spirituelle Übung kannst du mir empfehlen, damit ich spüren kann, dass ich selbst das Glück bin?“ Sie antwortet: „Eine spirituelle Übung ist nicht notwendig. Es würde ausreichen, wenn du von nun an deine Gedanken nicht mehr so ernst nimmst. Es ist der menschliche Verstand, der euer Glück verhüllt.
Wer im Selbst ruht, kümmert sich nicht um den Verstand. Euer Verlangen nach Befreiung ist eine komische Sache. Es ist wie ein Mensch, der sich freiwillig aus dem Schatten in die Sonne begibt, die Last der Hitze spürt, große Anstrengungen macht, in den Schatten zurückzukommen, und jubelt: „Wie gut ist der Schatten, endlich habe ich ihn erreicht!" Ihr tut ständig dasselbe. Ihr seid nicht von der Wirklichkeit verschieden, doch ihr bildet euch ein, es zu sein. Ihr erzeugt die Empfindung des Anders-Seins und macht dann spirituelle Übungen, um die Empfindung loszuwerden und die Einheit zu erkennen.“ (17)
„Aber liebe Füchsin, erlaube mir eine Anmerkung: Du hast doch eben selbst eine spirituelle Übung ausgeführt.
Du hast meditiert, als ich dich traf.“
Sie macht mich auf meinen Irrtum aufmerksam:
„Ich habe überhaupt nichts getan. Ich habe einfach nur dort gesessen und mich lebendig gefühlt. Wieso ordnest du es als Tätigkeit oder Aktivität ein, wenn das Leben einfach nur seine eigene Lebendigkeit genießt?“
Ihre schöne Erklärung entwaffnet meinen Verstand sofort, zumindest für den Augenblick... „Aber wie bist du so glücklich geworden?“, möchte ich erfahren.
„‘Aber' ist euer Lieblingswort, nicht wahr? Ihr wollt nicht wahrhaben, dass es wirklich so einfach ist. Euer Verstand mag es lieber kompliziert, er braucht ständig Entertainment. Denn ohne ununterbrochene Unterhaltung verhungert er. Das Leben in einem Menschenkörper mit einem Menschengehirn muss ein unerträglicher Zustand sein.“
Mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund starre ich sie wortlos an. Die Füchsin lacht und fährt fort:
„Ich verrate dir, was hier geschah. Immer wenn es mir schlecht ging, blickte ich zur Sonne hinauf. Manchmal kommunizierte sie sogar mit mir. Eines Tages gab die Sonne zu: ,Ich bin nur ein Schatten. Ich wünschte, ich könnte dir, wenn du einsam oder in der Dunkelheit bist, das erstaunliche Licht deines eigenen Seins zeigen.'“ (18) Sofort konnte ich dieses Licht, das ich bin und das alles ist, spüren und wusste jenseits aller Zweifel, dass es mir immer zur Verfügung steht, unter allen Umständen. Liebe, Freude, Glück, Frieden, Freiheit und Klarheit sind uns allen immer sofort zugänglich.“
„Die Sonne hat zu dir gesprochen?“, erwidere ich ungläubig.
„Ja, so wie der Baum vorhin zu dir gesprochen hat.“
Ich bin sprachlos. Woher weiß sie das?
Ich schaue sie tief beeindruckt und fragend an.
„Für einen kurzen Augenblick war dein Geist ausnahmsweise nicht mit seinem eigenen Müll gefüllt und leise. Da konntest du die Stimme des Baumes hören. Wir Tiere und Pflanzen versuchen ständig, euch an die Einheit der Existenz zu erinnern. Normalerweise ist das unaufhörliche Geschwafel eures Verstandes zu laut und übertönt unsere Botschaften. Dafür können wir nichts. Ihr steht eurem Glück immer selbst im Wege.“
Ich spüre, dass meine Verwirrung nur zunehmen wird, wenn ich dieses Gespräch weiterführe, und beschließe, nur noch eine Frage zu stellen...
„Kannst du mir einen Rat geben, bevor ich weiterziehe?“
„Sei das Selbst. Das ist Glückseligkeit.“ (19)
„Etwas ausführlicher, bitte.“, verlange ich vorsichtig.
Die Füchsin lacht mit weit aufgerissenem Maul.
Ihr Lachen klingt wunderbar.
„Natürlich reicht das dem Menschen nicht. Also gut, im Klartext: Je mehr du dich auf das Außen konzentrierst, desto weniger wirst du von der inneren Herrlichkeit und immerwährenden Freude des Geistes kennen. Je mehr du dich auf das Innen konzentrierst, desto weniger Schwierigkeiten wirst du im Außen haben.“ (20)
Ich lächle sie voller Dankbarkeit an.
„Dort drüben sitzt ein Kleiner Fuchs!“, sagt die Füchsin.
„Ein Kind von dir?“, frage ich sie.
Die Füchsin lacht erneut.
„Was ist daran so witzig?“, frage ich leicht beleidigt.
„Glaubst du, ich kann Schmetterlinge zur Welt bringen?“ fragt sie zurück.
„Schmetterlinge? Wovon sprichst du? Ich verstehe nur Bahnhof.“
„Glücklicherweise gibt es hier im Wald keinen Bahnhof.“, lauten ihre letzten Worte an mich...
Ohne Ankündigung verschwindet die Füchsin mit wenigen Sätzen im Unterholz.
Ich blicke mich um – in der Nähe entdecke ich einen blühenden Busch voller Schmetterlinge! Darunter befindet sich auch – wie die Füchsin sagte – ein Kleiner Fuchs. Dieser Schmetterling fällt insbesondere durch seine wundervolle Farbenkombination auf.
Auf einer anderen Blüte sitzt ein Tagpfauenauge.
Dieser wohl bekannteste einheimische Schmetterling ist aufgrund der an Augen erinnernden Flecken auf seinen Flügeln unverwechselbar. Die wunderschöne Zeichnung soll wohl Feinde abschrecken, indem sie wie die Augen eines größeren Tieres erscheint. Vielleicht soll der Falter auch einfach schön aussehen, denn vieles in der Natur geht offensichtlich über bloße Funktionalität und Zweckmäßigkeit hinaus und ist Ausdruck von lebendiger Kreativität. Mit zusammengeklappten Flügeln ist das Pfauenauge gut getarnt, weil es dann farblich und auch hinsichtlich der Form an ein vertrocknetes Blatt erinnert.
„Guten Tag, Mensch!“, grüßt mich das Pfauenauge.
„Guten Tag!“, erwidere ich.
„Sag mir, wie sprichst du zu mir? Du hast ja gar keinen richtigen Mund.“, wundere ich mich... „Das habe ich mich schon bei der Ameise gefragt.“
„Telepathisch.“, lautet die Antwort... „Die größeren Tiere benutzen ihr Maul, wir kleineren nutzen Telepathie. Aber alle Tiere beherrschen Telepathie. Darüber wirst du später mehr erfahren. Meine Aufgabe besteht darin, dir etwas über meine Entwicklung zu erzählen und dadurch eine Botschaft zu überbringen.“
„Deine Entwicklung?“, frage ich gespannt.
„Ja. Hör zu. Als Kind war ich eine Raupe. Der Sinn meines Lebens bestand darin, Tag und Nacht zu fressen. Das trifft auch auf manche Menschen zu. Weil sie sich nicht unmittelbar lebendig fühlen können, stopfen sie sich mit allerlei Essen voll, das ist die größte Freude ihres Lebens. Süßigkeiten sind ein armseliger Ersatz für die innere Süße. Aus demselben Grund beschäftigen sich andere Menschen mit verschiedenen Aktivitäten, manche besteigen Berge, andere springen mit einem Fallschirm aus dem Flugzeug. Die Situation ist so heftig, dass ihr Verstand anhält, womit die einzige Voraussetzung dafür erfüllt ist, dass sie das Leben, ihre eigene Lebendigkeit, genießen können. Wieder andere tun dies und das... Alles nur, um sich möglichst intensiv lebendig zu fühlen. Das könntet ihr auch einfacher haben. Ihr seid das Leben, somit könnt ihr euch immer und überall absolut lebendig fühlen!
Aber ich schweife ab... Als Raupe dachte ich, das Leben sei nichts als Fressen und Fortpflanzung. Das glauben auch viele Menschen. Ich wurde älter, schwächer und fühlte mich zunehmend unwohl in meiner Haut. Als ich dachte, mein Leben sei zu Ende, begann ich zu fliegen! Ich rechnete mit dem dunkelsten Abgrund und lernte stattdessen die lichtvollste Freiheit kennen!“
„Seitdem bist du ein Schmetterling.“, kommentiere ich emotionslos... „Und wie lautet nun die Botschaft?“, frage ich ungeduldig.
„Hier ist die Botschaft: Dasselbe gilt für euch Menschen! Nach dem Tod geht’s erst richtig los! Du wirst niemals sterben. Du hast ewig gelebt und du wirst ewig weiterleben.“, jubelt der Schmetterling.
„Das ist zu schön, um wahr zu sein.“, entgegne ich.
„Nein! Es ist zu schön, um falsch zu sein!“, korrigiert er mich.
„Gibt es denn für alle Lebewesen ein Leben nach dem Tod?“, frage ich mit Skepsis.
„Natürlich. Es gibt nur ein Leben und dieses Leben ist ewig. Es spielt keine Rolle, als welche Lebensform es sich ausdrückt. Wenn sich diese Form auflöst, lebt es weiter. Dann sucht es sich entweder eine neue Form aus oder verweilt als die Quelle selbst.
Alle „Toten“ sind lebendig. Dies ist kein Glaube, sondern die simple Wahrheit. Nichts wird erschaffen und nichts verschwindet. Alles ist immer da, aber nur offene Augen können das sehen. Alle Wesen sind immer noch hier. Sie können nicht verschwinden. Alle Wesen des gesamten Kosmos existieren in deinem Herzen, nirgendwo sonst. Alles existiert und bleibt für immer im Herzen. Nichts ist jenseits deines Herzens. Alles im Universum, vom Anfang bis zum Ende, ist in deinem Herzen. Alles ist, bis in alle Ewigkeit. Es gibt keine Schöpfung und keine Zerstörung. Es ist, wie es ist, und wird weiterhin sein.“ (21)
„Bitte verzeih', aber ich kann dir nicht ganz folgen. Bedenke, ich bin nur ein Mensch und daher schwer von Begriff, erkläre es mir langsam und mit Bedacht.“
„Ihr Menschen glaubt nur an euer Raupendasein und wisst nichts mehr von eurer Schmetterlingsnatur. Deshalb glaubt ihr, der Tod sei real. Das ist die alleinige Ursache all eurer zahlreichen Probleme und Sorgen.“
Ich lausche dem kleinen Schönling wie gebannt, während er mit seiner leidenschaftlichen Belehrung fortfährt...
„Menschen sterben nicht. Sie mögen aus deiner Wahrnehmung verschwunden sein, aber sie sterben nicht. Sie leben weiter. Der Tod ist die Schöpfung des Unbewussten. Wenn du bewusst bist, gibt es nur das Leben, das Leben und das Leben! Der Tod ist eine von unwissenden Menschen geschaffene Fiktion.“ (22)
Das erscheint mir nicht plausibel: „Wie meinst du das? Ich kann den Tod doch beobachten, wenn ich zum Beispiel ein totes Tier auf der Straße sehe. Es ist zweifellos nicht mehr lebendig...
Wie kann der Tod da nur eine Erfindung der Menschen sein?“
„Ich spreche nicht von der Auflösung des Körpers.
Der Tod als das Ende des Lebens ist der größte Irrtum in der Geschichte der Menschheit. Nichts verschwindet je. Der Tod ist nur ein Gedanke, eine menschliche Erfindung. Ihr haltet euch für die klügsten Lebewesen und geht davon aus, dass ihr die einzigen Kreaturen seid, die sich ihrer eigenen Sterblichkeit bewusst sind. Tatsächlich seid ihr Menschen aber wohl die einzigen Lebewesen, die sich ihrer eigenen Unsterblichkeit nicht bewusst sind! Es sind einzig und allein eure Gedanken, die einen regungslosen Körper, dessen Organe ihre Funktionalität eingestellt haben, als “tot“ interpretieren. Ihr glaubt, dass damit das Leben erloschen sei. Wir Tiere würden niemals auf eine solch verrückte Idee kommen. Das Leben ist nicht erloschen, sondern nur entwichen.“
Mein Verstand weiß nicht, was er darauf antworten soll.
Das Pfauenauge ist mit seiner Belehrung noch nicht fertig: „Und die größte Tragik ist, dass ihr eure falsche Interpretation den Kindern beibringt, die vorerst keine Angst vor dem Tod haben. Kleine Kinder und Tiere befinden sich im natürlichen Zustand, daher machen sie sich keine Sorgen um den Tod und leben ohne eigens auferlegte Belastungen gedanklicher Natur. Menschliche Kinder sind weiser als menschliche Erwachsene. Wenn ihr wüsstet, wie nahe eure Kinder der Realität sind und wie fern ihr davon seid! Tiere und kleine Kinder sind der Spiegel der Natur. (23) Gott ist ein ewiges Kind, das in einem ewigen Garten ein ewiges Spiel spielt. (24)“
Das könnte die schönste Definition von Gott sein, die ich je gehört habe. Dieser Schmetterling ist wirklich bemerkenswert. Ich frage ihn um Rat:
„Wie sollten wir unsere Kinder stattdessen erziehen? Sollten wir ihnen den Tod einfach verschweigen?“
„Sagt ihnen ruhig, dass jeder Körper irgendwann zerfallen wird. Aber wenn ihr nicht wirklich wisst, was der Tod ist, dann gebt es einfach zu. Lasst die Kinder ihre eigenen Erfahrungen machen. Lasst sie Leben und Tod selbst ergründen! Stülpt ihnen nicht eure Ideen über! Die Natur hat dafür gesorgt, dass Kinder lernwillig sind und ihren Eltern vertrauen, sodass sie ihnen zunächst alles glauben. Missbraucht dieses Vertrauen nicht durch die Weitergabe von blinder Ignoranz. Kinder haben keine Angst vor dem Tod, bis ihr ihnen beibringt, der Tod sei das allerschlimmste Übel.
Aber im Grunde ist eure gesamte Bildung das eigentliche Problem. Den meisten Eltern geht es nur um die Aneignung von oberflächlichem Wissen, das ihren Kindern eine respektable Position in einer korrupten Gesellschaft sichern soll. Bildung bedeutet nicht nur, Prüfungen zu bestehen, einen Abschluss zu machen und einen Job zu bekommen, zu heiraten und sesshaft zu werden, sondern auch in der Lage zu sein, den Vögeln zuzuhören, uns Schmetterlinge anzuschauen und unsere Schönheit zu bewundern, den Himmel zu sehen, die außergewöhnliche Schönheit eines Baumes zu erkennen und mit ihm zu fühlen, wirklich, direkt mit ihm in Kontakt zu sein. Wenn ihr älter werdet, verschwindet dieser Sinn für das Hören und Sehen leider, denn ihr habt Sorgen, wollt mehr Geld, ein besseres Auto, mehr Kinder oder weniger Kinder. Ihr werdet eifersüchtig, ehrgeizig, gierig, neidisch; so verliert ihr den Sinn für die Schönheit der Erde. Bildung im eigentlichen Sinne hilft dem Menschen, reif und frei zu werden, in Liebe und Güte zu erblühen. Daran solltet ihr interessiert sein – und nicht daran, das Kind nach einem idealistischen Muster zu formen.” (25) „Sollte ich jemals Vater werden, werde ich deine Empfehlung beherzigen, so gut ich kann.“, verspreche ich dem Schmetterling... „Ich danke dir von Herzen für deine Zeit und die schönen Worte. Du bist wirklich weise.“
Der Schmetterling kichert und fliegt wortlos davon.
Ich gehe weiter, erreiche bald den Waldrand und betrete eine Lichtung. Vor meinen Augen breitet sich eine wunderschöne, riesige Wiese aus. Während ich durch das hohe Gras schreite, scheint mir die Sonne ins Gesicht. Sie lässt das Gras unter meinen Füßen in einem zauberhaften Grün erstrahlen. Da mein Weg frei von Hindernissen ist, erlaube ich mir, beim Gehen die Augen zu schließen und die Wärme auf der Haut zu genießen. In vollen Zügen atme ich die herrliche Frühlingsluft ein. Jedenfalls fühlt es sich nach dieser Jahreszeit an.
Dann erreiche ich einen Feldweg.
Ein Impuls bringt mich dazu, nach links zu gehen.
Eine Spitzmaus huscht wenige Meter vor mir über den Weg und verschwindet im hohen Gras am Wegesrand. Sie scheint es sehr eilig zu haben und kommt wohl nicht als mein nächster Gesprächspartner in Frage. Sie wirkt aber auch nicht gerade wie eine Meditationsmeisterin, die mir große Weisheiten mitzuteilen hätte. Die Spitzmaus frisst im Verhältnis zu ihrer Größe und ihrem Gewicht mehr und schneller als jedes andere Lebewesen. Sie vertilgt täglich das Mehrfache ihres Eigengewichts. Ihre Herzfrequenz liegt bei 1.200 Schlägen pro Minute.
Im ungemähten Feld rechts von mir schießt ein Fasan aus dem hohen Gras gen Himmel und stößt dabei einen Schrei aus, der wohl alle Tiere vor mir warnen soll.
Auf einer Weide steht ein riesiges Pferd...
Das Hauspferd gehört bereits seit mehreren Jahrtausenden wegen seiner Intelligenz, Schnelligkeit, Ausdauer und Kraft zu den beliebtesten Nutztieren des Menschen.
Das Pferd auf dieser Weide ist ein Shire Horse (Kaltblutpferd). Die Hengste erreichen eine Schulterhöhe von 1,85 Metern und ein beeindruckendes Körpergewicht von 1.300 Kilogramm. Damit sind sie die größten Pferde der Welt. Die jeweiligen Rekorde liegen sogar bei 2,2 m Stockmaß und 1,5 Tonnen Gewicht. Unter sämtlichen Landtieren werden nur Elefanten, Giraffen, Nashörner und Flusspferde noch größer und schwerer. Aufgrund seines umgänglichen Gemüts wird das Shire Horse auch als „Gentle Giant“ („Sanfter Gigant“) bezeichnet.
Mit bis zu 60 Jahren ist das Pferd eines der langlebigsten Haustiere.
Der häufig angewandte Spruch „Man hat schon Pferde kotzen sehen“, der zum Ausdruck bringen soll, dass nichts unmöglich ist, bezieht sich auf die Tatsache, dass sich Pferde nicht übergeben können. Ein Schließmuskel am Mageneingang verhindert dies. Ebenfalls aus anatomischen Gründen können sie nur durch die Nase und nicht durch den Mund atmen.
Ich spreche das Pferd an:
„Da vorne liegt ein großer Kuhfladen. Ärgerlich, mitten auf dieser schönen, saftig grünen Wiese. Stört dich die Hinterlassenschaft eines anderen Tieres nicht?“
Das Shire Horse kritisiert mich:
„Was für eine seltsame Begrüßung! Der menschliche Verstand liebt das Drama und hat eine bemerkenswerte Begabung dafür, sich auf die Negativität zu fokussieren. Du stehst vor einer wunderschönen Wiese und siehst nur den Kuhfladen! Genau so leben die meisten Menschen!“ Ich gebe zu: „Da ist was dran. Aber es gibt nun mal Dinge, die nicht so erfreulich sind. So ergeben sich die existenziellen Sinnfragen von uns Menschen. Wir fragen uns: Warum gibt es das Böse und den Hass?“
„Warum gibt es das Gute und die Liebe?“, fragt das Pferd zurück.
Ich nehme die Herausforderung an: „Manchmal passieren so schreckliche Dinge, die man einfach nicht ignorieren kann. Warum erkranken manche Kinder an Krebs?“
Das Shire Horse holt erneut zu einer Gegenfrage aus:
„Warum erkranken die meisten Kinder nicht an Krebs? Schau dir das Große Ganze an. Betrachte das Universum. Ihr nennt es „Kosmos“ – das bedeutet doch: Ordnung! Ihr habt also schon erkannt, dass Ordnung herrscht. Geht weiter und fragt:
Wieso überwiegt die Ordnung und nicht das Chaos? Ihr seid so geblendet von den Problemen des Persönlichen, dass ihr das Universelle in all seiner makellosen Perfektion überseht. Schau dir die perfekte Harmonie und Schönheit des Kosmos und der Natur an! Ihr bringt es fertig, durch diese wundervolle Welt zu laufen und gleichzeitig schlecht gelaunt zu sein – weil ihr euren flüchtigen Gedanken und selbstsüchtigen Vorstellungen eine größere Bedeutung beimesst als dem Leben selbst. Wenn eure egozentrischen Wünsche nicht befriedigt werden, fühlt ihr euch ungerecht behandelt und sagt, das Leben sei nicht fair. Diese Gedanken erzählen euch von euren vermeintlichen Problemen. Zum Beispiel hat dich jemand beleidigt – und schon ist es ein schlechter Tag, inmitten der Schönheit des Lebens. Das ist eine sehr eingeschränkte und mangelhafte Perspektive.
Typisch Mensch!“
Nach diesen Worten dreht sich das Pferd, das kein großer Menschenfan zu sein scheint, um und stapft zurück ins Zentrum seiner Weide.
„Bitte sei mir nicht böse, verzeihe mir mein Unverständnis.“, rufe ich ihm – von schlechtem Gewissen getrieben - hinterher.
Ich folge weiter dem Feldweg. Das Gespräch mit dem Pferd lässt mich nicht los. Während ich es in meinem Geist Revue passieren lasse, entdecke ich aus der Ferne das nächste Tier...
Auf einem hohen Zaunpfahl sitzt eine Elster. Sie blickt direkt in meine Richtung. Die Gewohnheit sorgt immer noch für ein Gefühl der Überraschung und des Erstaunens, als ich feststelle, dass der Vogel nicht davonfliegt, obwohl ich zielstrebig auf ihn zusteuere.
Jetzt stehe ich direkt vor ihm. Wir befinden uns beinahe auf Augenhöhe. Noch nie habe ich eine lebende Elster aus solcher Nähe bewundern können. Ihr schwarz-weißes Gefieder ist eine wahre Augenweide.
Als sogenannter Nesträuber, der die Jungvögel anderer Arten frisst, ist diese Spezies unter Gartenbesitzern nicht sonderlich beliebt, doch für mich überwiegt ihre fantastische Schönheit.
Die Elster blickt mich unverändert an, sie scheint auf eine Einleitung des Gespräches meinerseits zu warten, also sage ich: „Grüß Gott, schöner Vogel!“
„Grüß Gott, hässlicher Vogel!“, erwidert die Elster.
Diese Antwort verschlägt mir glatt die Sprache.
Erstaunt schaue ich sie mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund an. Die Elster lacht und sagt:
„Meine Güte, das war doch bloß ein Ulk, du flügelloses Wesen! Ihr Menschen seid so leicht aus der Fassung zu bringen! So schnell fühlt ihr euch beleidigt! Wenn ihr euch nur einmal die Mühe machen würdet, in eurem Innern nach demjenigen Ausschau zu halten, der sich dauernd persönlich angegriffen oder provoziert fühlt, dann würdet ihr schnell bemerken, dass derjenige nicht gefunden werden kann, weil er gar nicht wirklich existiert. Er ist bloß eine gedankliche Erfindung, auf die ihr euch im Kollektiv geeinigt habt. Doch auch wenn die ganze Menschheit an eine Illusion glaubt, wird sie dadurch nicht zur Realität. Ihr sagt zum Beispiel sehr oft, dass jemand eure Gefühle verletzt oder euch das Herz gebrochen hat. Das ist unmöglich! Gefühle können nicht verletzt werden, euer wahres Herz kann nicht brechen! Es ist einfach bloß euer illusionäres Selbstbild, das “verletzt“ wird, wenn jemand eine Äußerung wagt, die nicht mit der beschränkten Idee übereinstimmt, die ihr gedanklich über euch selbst entworfen habt. Wenn ihr euch von Worten beleidigt fühlt und zum verbalen Gegenschlag ausholt, dann verteidigt ihr eine Illusion! Das einzig Wirkliche in euch ist das Leben. Und das ist absolut unangreifbar. Sobald dies klar gesehen wird, wirst du deine konditionierten Verhaltensmuster fortan gelassen belächeln – und ebenso verbale Angriffe wie meinen.
Sieh, wie Tiere und Pflanzen vollkommen sie selbst sind. Im Gegensatz zu Menschen spalten sie sich nicht in zwei auf. Da sie ihr Leben nicht aus einer mentalen Vorstellung von sich selbst schöpfen, brauchen sie sich auch nicht darum zu bemühen, diese Vorstellung zu schützen und zu bestärken. Alles in der Natur ist nicht nur eins mit sich selbst, sondern auch mit der Totalität. Es hat sich nicht aus dem Gefüge des Ganzen getrennt und behauptet nicht, für sich allein zu existieren: “Ich“ und der “Rest“ des Universums. Die Betrachtung der Natur kann dich vom ,Ich' befreien, diesem großen Störenfried.“ (26)
„Wahre Worte!“, stimme ich zutiefst beeindruckt zu.