Die Weiße Rose - Robert M. Zoske - E-Book

Die Weiße Rose E-Book

Robert M. Zoske

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Beschreibung

Der Widerstandskreis der Weißen Rose prangerte ab dem Sommer 1942 in Flugblättern das NS-Regime an und rief zur Beendigung des Kriegs auf. Am 18. Februar 1943 wurden Hans und Sophie Scholl beim Auslegen des sechsten Flugblatts in der Münchner Universität ertappt. Der Kreis flog auf, niemand überlebte die Unrechtsjustiz. Robert M. Zoske beschreibt, wer die Freiheitskämpfer waren, wie sie sich zusammenfanden und ihre geheimen Aktionen durchführten und warum ihr mutiges Handeln bis heute ein Vermächtnis ist.

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Robert M. Zoske

DIE WEISSE ROSE

Geschichte, Menschen, Vermächtnis

C.H.Beck

Zum Buch

«Zerreißt den Mantel der Gleichgültigkeit!» Der Widerstandskreis der «Weißen Rose» prangerte ab dem Sommer 1942 in Flugblättern das NS-Regime an und rief zur Beendigung des Kriegs auf. Am 18. Februar 1943 wurden Hans und Sophie Scholl beim Auslegen des sechsten Flugblatts in der Münchner Universität ertappt. Der Kreis, dem außerdem die Studenten Alexander Schmorell, Willi Graf und Christoph Probst sowie der Musikwissenschaftler und Philosoph Kurt Huber angehörten, flog auf. Niemand überlebte die Unrechtsjustiz. Robert Zoske beschreibt eindringlich und auf der Höhe der aktuellen Forschung, was die Akteure antrieb, aus welchen Quellen sich ihr christliches und humanistisches Denken speiste und warum ihr mutiges Handeln bis heute ein Vermächtnis ist.

Über den Autor

Robert M. Zoske, Dr. phil., evangelischer Theologe, war bis 2017 Pastor in Hamburg. Seine Biographien «Flamme sein!» über Hans Scholl (C.H.Beck Paperback 2021) und «Es reut mich nichts» über Sophie Scholl (Ullstein 2021) haben eine breite Resonanz gefunden.

Inhalt

Abbildung: Fünftes Flugblatt der Widerstandsbewegung «Weiße Rose»

Abbildung: Notiz von Sophie Scholl

Einleitung: Spurensuche

1. Freundschaft und Glaube: Frühjahr und Sommer 1941

Hans Scholl: Sehnsucht nach Freiheit

Alexander Schmorell: Russischer Patriot und Individualist

2. In den Widerstand: Herbst und Winter 1941/42

Vorbereitungen auf den Holocaust

Sophie Scholl: Begeistertes «Jungmädel» und erste Zweifel

Vom Pflichtdienst in den Widerstand

Hans Scholls «Zeit der Wende»

Die Organisation des Massenmords und die Wannsee-Konferenz

3. Flugblätter als Waffe: Frühjahr und Sommer 1942

Passiver und aktiver Widerstand: Die ersten vier Flugblätter

Warum «Weiße Rose»?

Willi Graf: Wenn der Staat die göttliche Ordnung bedroht

Scholl, Schmorell und Graf: Frontfamulatur

Christoph Probst:Die langen Schatten des Vaters

Auf dem Weg zur «Weißen Rose»

4. Für die Freiheit: Herbst und Winter 1942/43

«Aufruf an alle Deutsche!» Das fünfte Flugblatt

Thomas Manns Rundfunkansprachen

Kurt Huber: Nationalist und Freiheitskämpfer

«Freiheit und Ehre!» Das sechste Flugblatt

Traute Lafrenz: Flugblätter nach Hamburg

Verhaftungen, Verhöre, erstes Gerichtsverfahren

Weitere Vernehmungen und Prozesse

5. Nachwirkungen

Die Verteilaktion von Hans Konrad Leipelt im April 1943

Elisabeth Scholl zur Motivation ihrer Geschwister, Juni 1943

Thomas Manns Radioansprache vom Juni 1943

Millionen Flugblätter aus britischen Bombern

Die «Weiße Rose» im öffentlichen Gedächtnis

6. Jugendwiderstand mit Flugblättern

«Werde kein Alltagsmensch»: Marianne Joachim

«Eine Zwangsorganisation ersten Ranges»: Helmuth Hübener

«Ein starker Glaube»: Cato Bontjes van Beek

«Greuelpropaganda»: Walter Klingenbeck

Dank

Zeittafel

Quellen

Archive

Briefwechsel, Dokumente, Zeitzeugenberichte

Literatur

Bildnachweis

Personenregister

beatrix zuliebe

Abbildung: Fünftes Flugblatt der Widerstandsbewegung «Weiße Rose»

Fünftes Flugblatt der Widerstandsbewegung «Weiße Rose», erste Seite, Januar 1943

Abbildung: Notiz von Sophie Scholl

Notiz von Sophie Scholl auf der Rückseite des Begleitschreibens zur Anklageschrift, 21. Februar 1943

Einleitung: Spurensuche

A ma petite sœur!

Zu Deinem Geburtstag dieser Gruss! Ich möchte Dir wünschen, dass diese Zeit in Deinem Gesichte keine allzu tiefen Spuren hinterlasse. Wir wollen uns daran erinnern, dass es Sphären des menschlichen Geistes gibt, die zeitlos sind und das alles umspannende Netz der modernen Naturwissenschaft ist unser schönstes Arbeitsgebiet. Da sind wir auf Gottes Spuren.

Viele Grüße! Dein Hans.

Sophie Scholl war zwanzig Jahre alt, als sie die Grüße ihres Bruders empfing. Ihren Geburtstag am 9. Mai 1941 musste sie in einem Lager des Reichsarbeitsdienstes in Krauchenwies bei Sigmaringen verbringen, Hans studierte Medizin in München. Acht Jahre zuvor hatte Adolf Hitler die Macht übernommen. Die damals elf und vierzehn Jahre alten Geschwister hatten zunächst fasziniert die «nationale Erneuerung» begrüßt, wandten sich dann aber von der rassistischen Diktatur ab, die die Nationalsozialisten errichteten. In Deutschland herrschten Indoktrination, Anpassungsdruck und Gesinnungsterror, die Opposition wurde ausgeschaltet, Gegner in Konzentrationslager eingekerkert, Juden systematisch verfolgt, vertrieben, vernichtet. Wen das nicht betraf oder berührte, der war mit der Politik Hitlers größtenteils zufrieden, denn innen- und außenpolitisch gab es Erfolge: Die Arbeitslosigkeit war beseitigt, das Saarland, Österreich und das Sudetenland waren seit 1938 Teil des «Großdeutschen Reiches», wie es seit März 1939 offiziell hieß. Dass dies alles mit einer exorbitanten militärischen Aufrüstung und mit Gewalt als Mittel der Politik einherging, störte die meisten nicht. Sie fühlten sich als Teil der «Volksgemeinschaft», die nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg und der Weimarer Republik endlich einen starken «Führer» hatte. Man war wieder stolz, Deutscher zu sein. Dass Hitlers Wehrmacht ab September 1939 halb Europa mit Krieg überzog und unterjochte, war die Übersteigerung dieser Großmachtpolitik.

Im Sommer 1941 befand man sich im dritten Kriegsjahr. Hitler hatte inzwischen Polen, Frankreich, die Niederlande, Belgien, Dänemark, Norwegen, den Balkan und Griechenland besetzt und am 22. Juni die Sowjetunion angegriffen. Auch in der Heimat gab es Kriegszerstörungen und Tote. Einen Tag vor Sophies Geburtstag bombardierte die Royal Air Force Ziele in Norddeutschland.

In dieser Zeit wollten die Geschwister den «Sphären des menschlichen Geistes» nachspüren, wie Hans schrieb. Das war ein Gegenentwurf zur völkischen Religiosität der Nationalsozialisten und bedeutete eine neue Orientierung, denn die Scholl-Kinder hatten in Ulm tatkräftig am Aufbau des NS-Staates mitgewirkt: Die ältere Schwester Inge war als Ringführerin im Bund Deutscher Mädel (BDM) für rund sechshundert Mädchen verantwortlich gewesen, Elisabeth und Sophie als Gruppenführerinnen und Hans als Fähnleinführer der Hitlerjugend (HJ) für jeweils einhundertfünfzig Jugendliche. Sophie äußerte sich bereits 1939 kriegskritisch, erfüllte aber noch im März 1941 freiwillig ihre «Pflicht» im BDM. Hans hatte sich zwar nach seinem Prozess 1938 wegen bündischer Betätigung und Homosexualität vom Nationalsozialismus entfremdet, gleichwohl erwartete er im September 1939 vom Krieg gegen Polen eine reinigende, erlösende Wirkung. Als er seiner Schwester Sophie im Mai 1941 Geburtstagsgrüße sandte, waren beide desillusioniert vom Nationalsozialismus; aber bis zum aktiven Widerstand war es für sie noch ein weiter Weg.

Im Frühjahr und Sommer 1941 wurde für Hans Scholl die Begegnung mit Alexander Schmorell entscheidend, um seine wachsenden Vorbehalte gegenüber dem Nationalsozialismus intellektuell und politisch zu ordnen. Schmorell wurde sein engster und «einziger Freund», mit dem er ein Jahr später die ersten vier Flugblätter produzierte. Beide waren die prägenden Persönlichkeiten im Widerstand der «Weißen Rose».

1. Freundschaft und Glaube: Frühjahr und Sommer 1941

Hans Scholl und Alexander Schmorell lernten sich im Frühjahr 1941 in München kennen. Die zweiundzwanzig und dreiundzwanzig Jahre alten Soldaten waren für das Medizinstudium beurlaubt und im April derselben Studentenkompanie in der Kaserne einer ehemaligen Schule zugeteilt worden. Die Freundschaft der eigensinnigen jungen Menschen wuchs rasch. Zu Feldwebeln befördert, mussten sie nicht mehr in der Unterkunft wohnen, und da sie nur bis 14 Uhr Dienst hatten, blieb ihnen reichlich Zeit für gemeinsame Unternehmungen in München und Umgebung. Mitte November vertiefte sich ihre Freundschaft, als sie eine neuntägige Paddelbootfahrt auf der Donau unternahmen. Offensichtlich begannen die beiden in der Adventszeit 1941, ihre Position und Verantwortung in der aktuellen politischen Situation Deutschlands erstmals in Worte zu fassen. Ein Hinweis darauf findet sich in einem vorweihnachtlichen Schreiben Alexander Schmorells: