Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 501 - Maria Treuberg - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 501 E-Book

Maria Treuberg

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Beschreibung

Donata glaubt nicht mehr daran, dass der Ring, den die Großmutter ihr kurz vor ihrem Tode vererbt hat, die Macht hat, ihr das große Liebesglück zu schenken, und so legt sie ihn enttäuscht ab.

"An diesem Ring hängt ein Glücksversprechen, das sich noch nicht erfüllt hat", sagte die Großmutter damals. "Vielleicht ist es dir bestimmt, darum musst du ihn immer tragen."
Ehe Donata am zehnten Todestag ihrer Großmuter zum Friedhof fährt, steckt sie den Ring, einer inneren Stimme gehorchend, noch einmal an den Finger. Während sie an einer Ampel steht, schaut sie versonnen auf ihren Ring und dann auf den Mann im Auto neben sich. Und als sich ihre Blicke für den Bruchteil einer Sekunde treffen, da spürt Donata, dass sich die geheimnisvolle Kraft des Glücksringes entfaltet ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Das überlieferte Glück

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Iuliia Fadeeva / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9785-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Das überlieferte Glück

Ein Roman, den Sie nie vergessen werden

Donata glaubt nicht mehr daran, dass der Ring, den die Großmutter ihr kurz vor ihrem Tode vererbt hat, die Macht hat, ihr das große Liebesglück zu schenken, und so legt sie ihn enttäuscht ab.

„An diesem Ring hängt ein Glücksversprechen, das sich noch nicht erfüllt hat“, sagte die Großmutter damals. „Vielleicht ist es dir bestimmt, darum musst du ihn immer tragen.“

Ehe Donata am zehnten Todestag ihrer Großmuter zum Friedhof fährt, steckt sie den Ring, einer inneren Stimme gehorchend, noch einmal an den Finger. Während sie an einer Ampel steht, schaut sie versonnen auf ihren Ring und dann auf den Mann im Auto neben sich. Und als sich ihre Blicke für den Bruchteil einer Sekunde treffen, da spürt Donata, dass sich die geheimnisvolle Kraft des Glücksringes entfaltet …

„Hach, das war wieder einmal eine langweilige Vorlesung, aber es nutzt nichts, ich musste meinen Schein unbedingt haben.“ Evelin hakte sich bei Donata von Schmalenberg ein. „Zum Glück ist jetzt Semesterschluss, das ist ein herrliches Gefühl!“

Donata lächelte nachsichtig.

„Wem das Studium so wenig Freude macht wie dir, der sollte vielleicht besser einen Beruf erlernen.“

Evelin winkte unwillig ab.

„Es geht mir gar nicht ums Studium, es geht mir darum, dass man immer in Zwang genommen ist. Ich brauche meine Freiheit.“

„Ach, Evelin, du redest dir doch etwas ein. Mehr Freiheit als jetzt wirst du dein ganzes Leben lang nicht haben. Irgendwie muss sich doch jeder ins Ganze einfügen.“ Donata mochte die quicklebendige Kommilitonin, aber ihre unrealistische Lebenseinstellung widersprach ihrer praktischen Veranlagung. „Das änderst auch du nicht.“

„Und warum nicht?“, erwiderte Evelin kampflustig. „Es muss doch möglich sein, dass jeder das tut, wozu er Lust hat.“

Donata schüttelte verständnislos den Kopf.

„Dann müsstest du schon als Eremit in einer Waldhütte leben und dich von Beeren und Pilzen ernähren! Wenn man die Rechte eines Staatsbürgers in Anspruch nehmen will, dann muss man auch die Pflichten, die dieser Staat jedem Bürger auferlegt, erfüllen.“

Evelin biss sich verunsichert auf die Lippen.

„Du hältst den Wunsch nach Freiheit also für falsch?“, fragte sie.

„Was du für Freiheit hältst, ja, denn es ist eine Ellbogenfreiheit, die alles niederknüppelt, was sich ihr in den Weg stellt. Was wir brauchen, ist vielmehr wieder mehr Rücksichtnahme, Mitgefühl und Hilfsbereitschaft.“

„Vielleicht hast du recht“, meinte Evelin kleinlaut.

Eine Weile plauderten die beiden noch, und dann verabschiedeten sie sich.

„Ich muss hier in die Straßenbahn steigen“, sagte Evelin. „Tschüss dann und schöne Ferien.“

„Mach es gut“, erwiderte Donata und reichte ihr die Hand. „Ich wünsche dir auch schöne Ferien. Und genieße deine Freiheit“, fügte sie mit einem verschmitzten Augenzwinkern hinzu.

Nachdenklich ging Donata weiter über die Rothenbaumchaussee. Sie hatte es nicht mehr weit bis zur Villa ihres Onkels. Vor zehn Jahren waren ihre Eltern verunglückt. Onkel und Tante hatten sie damals bei sich aufgenommen und ihr ein neues Zuhause geschenkt.

Als sie die Haustür öffnete, kam Tante Gertraud ihr fröhlich entgegen.

„Fein, dass du schon kommst, dann können wir gleich essen. Onkel Herbert muss früh weg, er hat noch einen Termin.“

Donata machte sich frisch und begab sich dann ins Esszimmer. Der Onkel saß bereits am Tisch.

„Guten Tag, Onkel Herbert.“ Donata hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.

„Na, mein Deern, herzlichen Glückwunsch zu den Ferien! Nimm dir mal was Schönes vor.“

Bevor Donata antworten konnte, mischte sich Tante Gertraud ein.

„Für heute Nachmittag habe ich schon einen Vorschlag.“

„Und der wäre?“, fragte Donata sie erstaunt.

„Onkel Herbert wird heute erst spät zurückkommen. Also haben wir genügend Zeit für einen ausgedehnten Stadtbummel. Ich meine, es wird Zeit, dass wir deine Sommergarderobe ein bisschen vervollständigen.“

„Das ist eine gute Idee.“ Herbert von Barkmann zog seine Brieftasche heraus und entnahm ihr ein paar große Scheine. „Wie ich dich kenne, Gertraud, wirst du ja sicherlich auch für dich etwas Notwendiges finden.“ Er blinzelte seiner Frau vergnügt zu.

Donata blickte etwas verlegen von einem zum anderen.

„Aber ich habe doch noch all meine Kleider vom vorigen Jahr.“

Onkel Herbert wehrte mit der Hand ab.

„Wenn Tante Gertraud meint, dass du etwas brauchst, dann wird das schon stimmen. Schließlich soll unsere Pflegetochter nicht wie ein Aschenputtel herumlaufen.“

„Ihr tut doch schon so viel für mich“, versicherte Donata errötend.

„Unsinn!“ Herbert von Barkmann schüttelte heftig den Kopf. „Wir haben dich als Kind aufgenommen, und du bist uns in den Jahren wie ein eigenes Kind ans Herz gewachsen. Unser Leben ist durch dich doch auch reicher geworden.“

„Ihr wisst ja gar nicht, wie glücklich ich bin, dass ich bei euch leben darf“, beteuerte Donata ergriffen.

Tante Gertraud legte den Arm um ihre Schultern.

„Und wir sind glücklich, dass du noch immer bei uns bist und nicht den derzeitigen Drang zur Selbstverwirklichung fern dem Elternhaus verspürst.“

„So, gibt es nun bald etwas zu essen?“ Onkel Herbert klopfte lautstark auf den Tisch, um die aufkommende Gerührtheit zu verscheuchen.

„Ja, natürlich!“ Die Tante blinzelte Donata vergnügt zu und begab sich in die Küche. Donata sprang auf und folgte ihr rasch, um ihr beim Auftragen zu helfen.

Nach dem Essen verabschiedete der Onkel sich bald.

„Heute Abend bitte ich mir eine ordentliche Modenschau aus“, brummte er gutmütig, bevor er das Haus verließ.

♥♥♥

Nachdem sie gemeinsam die Küche aufgeräumt hatten, zogen die beiden Frauen in aufgeräumter Stimmung los.

Mit der Straßenbahn fuhren sie zum Hauptbahnhof und bummelten über die Mönckebergstraße, wo sie eine schicke Bluse und einen extravaganten Pullover fanden. Dann schlenderten sie weiter über den Jungfernstieg zu den Colonnaden, wo die exquisiten Geschäfte besonders ausgesuchte Waren bereithielten.

Sie ließen sich Zeit bei ihrer Auswahl. Als sie endlich glaubten, alles gefunden zu haben, stöhnte Gertraud von Barkmann.

„So, nun habe ich aber Lust auf eine gute Tasse Kaffee. Komm, wir machen eine Schlemmerpause im Alsterpavillon!“

Vergnügt betraten sie das weltbekannte Café und fanden einen gemütlichen Tisch mit Blick auf die Binnenalster. Schon bald duftete der Kaffee vor ihnen, und ein leckeres Stück Torte wartete auf genussvollen Verzehr.

„Dieser Tag muss gefeiert werden“, sagte Gertraud von Barkmann mit einem verschmitzten Lächeln. „Grund genug für mich, einmal nicht an meine schlanke Linie zu denken.“

„Na, Tante Gertraud, es gibt Frauen, die es nötiger haben als du“, protestierte Donata mit ehrlicher Überzeugung.

„Ach, du weißt ja nicht, mit wie viel Selbstüberwindung ich mir meine einigermaßen proportionierte Figur erkaufen muss! Wenn ich mir alles erlauben würde, worauf ich Appetit habe, dann könnte Onkel Herbert sich mit mir kaum noch in Gesellschaft sehen lassen!“

„Eigentlich schlimm, wenn man jeden Genuss mit schlechtem Gewissen oder tagelanger Entbehrung bezahlen muss.“ Donata sah die Tante mitfühlend an. „Zum Glück habe ich damit ja noch keine Schwierigkeiten.“

„Die hatte ich in deinem Alter auch noch nicht“, gestand Tante Gertraud. „Erst mit fortschreitenden Jahren wird es immer schwerer, das gute Aussehen zu erhalten.“

Donata schob ihren leeren Teller von sich und sah die Tante etwas zerknirscht an.

„Ich hätte nicht übel Lust, mir einen Mohrenkopf nachzubestellen, aber ich möchte dich nicht quälen.“

Gertraud lachte auf.

„Aber Kind! So engherzig bin ich nun auch wieder nicht! Bestell dir ruhig noch etwas, wenn du möchtest.“

„Ah, weißt du“, versuchte Donata zu erklären, „es ist gar nicht wegen des Hungers, aber der Mohrenkopf ist für mich so ein Stück Kindheitserinnerung! Das war mein Leib- und Magentröster, wenn die Eltern mit mir ins Café gingen.“

„Das hast du uns nie erzählt“, stellte Gertraud verwundert fest.

„Ich habe auch lange nicht mehr daran gedacht. Vorhin sah ich die Mohrenköpfe am Kuchenbüfett, und da fiel es mir wieder ein.“

Gertraud winkte der Bedienung und gab die Bestellung auf. Plötzlich beugte sie sich etwas vor.

„Schau jetzt einmal nicht zur Seite!“, sagte sie leise. „Am Nebentisch sitzt ein junger Mann, der dich förmlich mit Blicken verzehrt. Mir scheint, du hast eine Eroberung gemacht!“

„Aber Tante Gertraud! Traust du mir zu, dass solche Anbiederungen im Café Eindruck auf mich machen?“

„Du brauchst ja nicht zurückzufunken“, meinte die Tante ungerührt, „aber für jede Frau ist es schmeichelhaft, wenn sie bewundert wird.“

„Wer sagt dir denn überhaupt, dass die Aufmerksamkeit mir gilt? Du bist ja auch ganz schön attraktiv“, trumpfte Donata spitzbübisch auf.

„Er könnte mein Sohn sein“, gab Gertraud zurück.

Das Gespräch verstummte, als der bestellte Mohrenkopf serviert wurde.

In diesem Moment stand der junge Mann am Nebentisch auf und kam zögernd auf die beiden Damen zu. Gertraud bemerkte es mit sichtlichem Vergnügen, Donata hingegen machte ein abweisendes Gesicht.

„Entschuldigen Sie bitte meine Aufdringlichkeit“, sagte er und verbeugte sich höflich, „aber wenn mich nicht alles täuscht, müssen Sie Donata von Schmalenberg sein!“

Nun zeichnete sich doch Überraschung auf Donatas Gesicht ab.

„Sie kennen mich?“

Gespannt betrachtete sie die Züge des Mannes und suchte nach einer Erklärung.

Das Antlitz, in dem eben noch Zweifel gestanden hatte, überzog sich mit einem strahlenden Lachen.

„Aber Donata, Mädchen, ich kenne dich seit zwanzig Jahren!“

Plötzlich fiel es Donata wie Schuppen von den Augen.

„Werner! Du musst Werner von Breuning sein! Das gibt es doch nicht! Zehn Jahre haben wir uns nun nicht gesehen. Ich hätte nie gedacht, dass ich dich noch einmal wiedertreffen würde!“

Sie wandte sich rasch der Tante zu.

„Tante Gertraud, das ist Werner von Breuning. Er hat in Hannover in der Villa neben uns gewohnt. Wir haben zusammen im Sandkasten gespielt.“

Werner verbeugte sich vor Gertraud, und die wies auf einen freien Stuhl.

„Aber so setzen Sie sich doch, Herr von Breuning! Ich nehme an, dass diese Begegnung eine längere Erinnerungsauffrischung nach sich zieht!“ Sie lächelte den beiden verständnisvoll zu.

„Zumal wir nicht nur im Sandkasten zusammen gespielt haben, sondern Donata auch später bei Indianerspielen in unserer Straße die einzige Squaw war, um die sich alle unsere Kämpfe drehten“, erklärte Werner.

Donata betrachtete den Jugendfreund noch immer voller Staunen.

„Aber wie hast du mich erkannt? Ich habe mich in den zehn Jahren doch ganz bestimmt verändert.“

„Aber sicher! Aus dem Entlein ist ein verdammt hübscher Schwan geworden. Zuerst fielst du mir nur deshalb auf, aber dann entdeckte ich etwas, was mich ungewollt an die kleine Dona von einst erinnerte. Vielleicht hätte ich es trotzdem nicht gewagt, dich anzusprechen, aber da bekamst du einen Mohrenkopf serviert, und das beseitigte für mich jeden Zweifel! Mit Mohrenköpfen konnte man dich früher schon zu jeder Nachgiebigkeit bringen.“

„Der Mohrenkopf!“ Donata schüttelte fassungslos den Kopf. „Und ich habe seit Jahren keinen mehr gegessen. Sonderbar, dass ich gerade heute plötzlich Appetit darauf verspürte!“

„Fast könnte man das als höhere Fügung bezeichnen“, spottete Werner gutmütig, aber seine Worte hatten einen ernsten Nachhall.

Donata gab sich Mühe, die sonderbare Befangenheit abzuschütteln.

„Was machst du heute? Wohnst du auch hier in Hamburg?“

„Nein, nein, ich wohne noch zu Hause. Ich habe in der Firma von der Pike auf gedient und warte nun darauf, dass mein Vater sich weniger fit fühlt und einen Teil seines Stuhles einem Juniorchef übergibt. Bis dahin vertreibe ich mir die Zeit mit dem Reitsport.“

„Also ein typischer Playboy“, neckte Donata ihn.

„Wenn du das Springreiten nur als Prominentenvergnügen betrachtest, ja! Ich selbst sehe es allerdings als harten Sport an, der viel Kraft und Zeit kostet.“

Donata legte rasch ihre Hand auf die seine.

„Ich wollte dich nicht kränken! Deine Eltern leben also noch, wirst du sie von mir grüßen? Ich kann mich noch sehr gut an sie erinnern.“

„Es hat uns damals allen sehr leidgetan, wie das mit deinen Eltern passierte“, erwiderte Werner ernst. „Ich war ja erst vierzehn, aber mir fiel es am schwersten, dass du plötzlich nicht mehr da warst und ich auch nicht erfuhr, wo du hingekommen warst.“

Donata legte die Hand liebevoll auf den Arm der Tante.

„Onkel Werner und Tante Gertraud nahmen mich damals zu sich und gaben mir ein schönes, liebevolles Zuhause, wofür ich ihnen von Herzen dankbar bin.“

„Das freut mich für dich“, entgegnete Werner herzlich. „Und bist du auch in einem Beruf?“

„Ich studiere Literatur und Musikwissenschaft“, erzählte Donata bereitwillig.

Werner war wie elektrisiert.

„Dann hast du jetzt Semesterferien? Du, könnten wir uns da nicht einmal sehen? Ich habe noch drei Wochen hier in Hamburg zu tun.“

„Gern“, willigte Donata fröhlich ein. „Wir haben sicher noch viele alte Erinnerungen auszutauschen.“

„Kommen Sie doch morgen Nachmittag zu uns“, schlug Gertraud, die bislang schweigend zugehört hatte, spontan vor. Sie entnahm ihrer Handtasche eine Visitenkarte und überreichte sie Werner.

„Vielen Dank für die Einladung, gnädige Frau!“ Werner verbeugte sich gewandt. „Es ist mir eine große Freude, zu Ihnen kommen zu dürfen.“

Gertraud winkte der Bedienung.

„So langsam wird es Zeit, dass wir nach Hause kommen. Wir sind bereits den ganzen Nachmittag unterwegs, und mein Mann hat es nicht gern, wenn er in ein leeres Haus kommt.“

Sie zahlte und erhob sich. Werner stand sofort auf und half den Damen in die Garderobe. Nachdem er Donata die Kostümjacke gehalten hatte, legte er impulsiv den Arm um ihre Schultern.

„Du ahnst ja nicht, wie ich mich freue, Mädchen! Ich habe oft an dich denken müssen und hätte nie geglaubt, dass wir uns einmal über den Weg laufen würden.“

„Ich freue mich auch, Werner“, gab Donata ohne Scheu zu. „Durch dich wird plötzlich eine Brücke zu lange verborgenen Erlebnissen geschlagen. Meine Kindheit ist mir auf einmal wieder ganz nahe gerückt!“

Noch einmal drückte der junge Mann das Mädchen fest an sich, bevor er die Damen höflich zur Tür begleitete.

„Bis morgen also!“ Gertraud hielt ihm die Hand hin, die er fest drückte.

„Ich freue mich auf morgen, gnädige Frau.“ Der herzliche Ton verriet, dass diese Freude echt war.

Donata war auf dem Heimweg auffallend aufgekratzt. Sie erzählte, dass sie und Werner als Kinder unzertrennlich gewesen waren.

„Als wir dem Sandkastenalter entwachsen waren, gab es in unserer Straße ausschließlich Jungen. Die wollten mich als einziges Mädchen nicht immer mitspielen lassen, aber da kamen sie bei Werner schlecht an. Er war immer und überall mein Ritter und bestand darauf, dass ich dazugehörte. Spielten sie Indianer, war ich die Squaw, um die der Kampf ging. Spielten sie Räuber und Gendarm, war ich die Prinzessin, die die Räuber entführten, und Werner war stets der tapfere Gendarm, der mich befreite.“

Gertraud betrachtete die Nichte nachdenklich von der Seite. Selten hatte sie die kühle, besonnene Donata so begeistert, so strahlend erlebt.

„Ich freue mich für dich, dass der Zufall dir diese Begegnung mit deiner Vergangenheit beschert hat. Im Übrigen macht der junge Mann einen ausgezeichneten Eindruck. Sicher wird seine Anwesenheit deine Ferien sehr verschönen.“

„Werner ist wie ein Bruder für mich.“ Donatas Augen bekamen einen liebevollen Glanz. „Weißt du, so ein großer Bruder, bei dem man Schutz und Geborgenheit findet.“

Ein kleines, unmerkliches Lächeln umspielte Gertraudes Lippen. Gewiss, in den Kindertagen mochte die Beziehung etwas Geschwisterliches gehabt haben, aber wenn ein fünfundzwanzigjähriger Mann sich für ein zwanzigjähriges Mädchen interessierte, dann dürften ihn weniger brüderliche Gefühle leiten. Doch auf diese Erkenntnis musste Donata selbst kommen. Gertraud wollte sie nicht verunsichern.

Herbert erwartete seine beiden Damen bereits an der Haustür.

„Na, ich fürchte, ihr habt große Schulden gemacht! So lange hat die Summe, die ich euch mitgab, doch bestimmt nicht gereicht“, frotzelte er vergnügt.

„Na, du wirst uns nach so einem anstrengenden Nachmittag noch einen gemütlichen Café-Besuch gönnen“, gab Gertraud scheinbar entrüstet zurück.

„Und der einsame Familienvater schmachtet verlassen zu Hause“, brummte er in gespielter Empörung.

Donata legte die Arme um seinen Hals.

„Armes Onkelchen! Der überschwängliche Dank deiner beiden Frauen soll dich für alles Ungemach entschädigen!“

„Das tut gut, das mach mal noch einmal.“ Herbert rieb seine Wange an der weichen Haut der Nichte. „Eurer guten Laune nach zu urteilen, habt ihr recht günstig eingekauft.“

„Nicht nur das!“ Gertraud legte die Pakete auf den Tisch und fuhr sich durch das Haar. „Stell dir vor, im Alsterpavillon hat Donata einen Gefährten aus ihren Kindertagen getroffen.“

Sie erzählte kurz von der Begegnung.

„Ich habe Herrn von Breuning für morgen Nachmittag zu uns eingeladen“, fügte sie dann hinzu. „Donata und er haben sich sicher noch viel zu erzählen.“