Die wichtigsten Wirtschaftsdenker - Vera Linß - E-Book

Die wichtigsten Wirtschaftsdenker E-Book

Vera Linß

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Beschreibung

Von Anfang an ging es den Wirtschaftsdenkern um die Suche nach den Naturgesetzen des menschlichen Zusammenlebens, nach denen Wohlstand geschaffen und verteilt wird. Dahinter stand die Hoffnung, ihre Erkenntnisse könnten helfen, die Wirtschaft zum Wohle der Menschheit zu lenken. Dieses Buch enthält die Porträts von 60 Ökonomen, die jeweils ihre Zeit geprägt haben. Es gibt Einblick in die Gedankenwelt und die Lebensumstände der – mit einer Ausnahme – männlichen Vordenker, stellt ihre wichtigsten Theorien dar und zeigt, wie sie gewirkt haben und noch heute wirken. Ein Muss für alle, die Wirtschaft verstehen wollen.Porträts von 60 bedeutenden Ökonomen, die jeweils ihre Zeit geprägt haben. Ein Muss für alle, die Wirtschaft verstehen wollen!

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Vera Linß, Jahrgang 1968, ist Diplomjournalistin und arbeitet seit Beginn ihrer beruflichen Laufbahn als Hörfunkjournalistin für die ARD. Von 1997 bis 1999 moderierte sie das Frühjournal »Figaro« des mdr. Im Anschluss daran absolvierte sie in den USA eine Ausbildung zum Coach.

Zum Buch

Die wichtigsten Wirtschaftsdenker

Von Anfang an ging es den Wirtschaftsdenkern um die Suche nach den Naturgesetzen des menschlichen Zusammenlebens, nach denen Wohlstand geschaffen und verteilt wird. Dahinter stand die Hoffnung, ihre Erkenntnisse könnten helfen, die Wirtschaft zum Wohle der Menschheit zu lenken.

Dieses Buch enthält die Porträts von 60 Ökonomen, die jeweils ihre Zeit geprägt haben. Es gibt Einblick in die Gedankenwelt und die Lebensumstände der – mit einer Ausnahme – männlichen Vordenker, stellt ihre wichtigsten Theorien dar und zeigt, wie sie gewirkt haben und noch heute wirken. Ein Muss für alle, die Wirtschaft verstehen wollen.

Vera LinßDie wichtigsten Wirtschaftsdenker

Vera Linß

Die wichtigstenWirtschaftsdenker

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.

Es ist nicht gestattet, Abbildungen und Texte dieses Buches zu scannen, in PCs oder auf CDs zu speichern oder mit Computern zu verändern oder einzeln oder zusammen mit anderen Bildvorlagen zu manipulieren, es sei denn mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Alle Rechte vorbehalten

Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2012Korrekturen: Ortrun Cramer, Wiesbadenund Christian Krug, MünchenCovergestaltung: Thomas Jarzina, KölnBildnachweis: akg-images GmbH, BerlineBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main

ISBN: 978-3-8438-0231-4

www.marixverlag.de

INHALT

VORWORT

I.

ANFÄNGE

1 Aristoteles

2 Thomas von Aquin

3 Luca Pacioli

4 François Quesnay

II.

KLASSIKER

5. Adam Smith

6. Thomas Robert Malthus

7. Jean-Baptiste Say

8. David Ricardo

9. Joan Stuart Mill

III.

NEOKLASSIKER

10. Léon Walras

11. Hermann Heinrich Gossen

12. Alfred Marshall

13. John Bates Clark

14. Arthur Cecil Pigou

Österreichische Schule

15. Carl Menger

16. Eugen Böhm Ritter von Bawerk

17. Ludwig von Mises

18. Joseph Schumpeter

IV.

DEUTSCHE SCHULEN

19. Johann Heinrich von Thünen

20. Friedrich List

21. Gustav von Schmoller

22. Werner Sombart

23. Emil Lederer

24. Heinrich von Stackelberg

25. Walter Eucken

26. Wilhelm Röpke

27. Erich Gutenberg

28. Edgar Salin

V.

KRITIKER

29. Karl Marx

30. Thorstein Bunde Veblen

31. John Atkinson Hobson

32. Silvio Gesell

VI.

RUSSISCHE ÖKONOMEN

33. Nikolai Dmitrijewitsch Kondratjew

34. Wassily Leontief

VII.

KEYNESSCHER ANSATZ

35. John Maynard Keynes

36. Wesley C. Mitchell

37. Gunnar Myrdal

38. Michael Kalecki

39. Piero Sraffa

40. Joan Violet Robinson

41. Sir John Richard Hicks

42. Nikolas Kaldor

43. John Kenneth Galbraith

44. James Tobin

45. Nicholas Gregory Mankiw

VIII.

NEOLIBERALE

Chicagoer Schule

46. Frank H. Knight

47. Jacob Viner

48. Friedrich August von Hayek

49. Milton Friedman

50. George Joseph Stigler

51. Ronald Harry Coase

52. Robert Emerson Lucas

IX.

WEITERENTWICKLUNGEN

53. Paul Anthony Samuelson

54. Kenneth Joseph Arrow

55. William Baumol

56. Robert Solow

57. Mancur Lloyd Olson

58. Robert J. Barro

59. David Bruce Audretsch

60. Paul Romer

LITERATURVERZEICHNIS

VORWORT

Adam Smith’ »Wohlstand der Nationen«, das 1776 erschien, markiert die Geburtsstunde der Ökonomie als eigenständige Disziplin. Gleichwohl muss der Titel seines Werkes auch programmatisch gewirkt haben: Trotz der Verschiedenheit der Theorien, die seitdem entwickelt wurden, hatten die Wirtschaftswissenschaftler immer eine gemeinsame Triebkraft. Von Anfang an ging es ihnen um die Suche nach den Gesetzen des menschlichen Zusammenlebens, nach denen Reichtum geschaffen und verteilt wird. Mehr oder weniger vordergründig, mehr oder weniger sozial orientiert, hatten und haben die hier porträtierten Denker stets die Hoffnung, ihre Erkenntnisse könnten dazu beitragen, die Wirtschaft besser zu lenken – eben zum »Wohlstand der Nationen«.

Umso erstaunlicher ist es, dass die Ökonomie zu Beginn des 21. Jahrhunderts in gewisser Hinsicht wieder – oder noch – ganz am Anfang steht. Während die Naturwissenschaften Erfolge feiern dürfen, weil der Fortschritt in Medizin und Technik bei allen offenen Fragen doch unbestritten ist, sind die Wirtschaftsdenker eine skeptisch beäugte Zunft. Nach wie vor schlägt sich die Menschheit mit Problemen herum, zu deren Beseitigung auch die Theorie beitragen sollte. Noch immer ist die Welt in Arm und Reich geteilt, gibt es Kriege und Hungersnöte, Millionen von Arbeitslosen – sogar in der Konjunktur – und wohin sich die globale Wirtschaft angesichts des enormen Wachstums in den asiatischen Staaten entwickelt: Keiner kann es vorhersagen. »Ich weiß, dass ich nichts weiß – aber auf hohem Niveau.« Dieser Sokrates’schen – um ein Augenzwinkern erweiterten – Einsicht, kann man sich, bei allem Respekt, kaum entziehen.

An dieser Stelle jedoch seien die Ökonomen in Schutz genommen. Denn ihr Gegenstand ist gleich in mehrfacher Hinsicht kompliziert. Zum einen ist die Wirtschaftswissenschaft streng genommen keine Wissenschaft. Die Ökonomen bedienen sich zwar wissenschaftlicher Methoden, gültige Aussagen, wie in den Naturwissenschaften, lassen sich jedoch nicht treffen – auch wenn das viele gern hätten. Nicht umsonst rufen etliche Aspekte in den Wirtschaftstheorien heute nur noch ein Lächeln hervor, oder, um es deutlicher zu sagen: Die Geschichte verlief anders, als gedacht. Eben weil, wie der Vater der Neoklassik Alfred Marshall in seinen »Principles of Economics« 1890 schrieb, die Ökonomie auch »mit den ewig wandelbaren und undurchsichtigen Kräften der menschlichen Natur befasst ist.«

Doch nicht nur das macht die Begrenzung aus. Zum Leidwesen ihrer Verfasser wurde nicht eine der hier vorgestellten Wirtschaftstheorien jemals konsequent umgesetzt und konnte so nie wirklich »bewiesen« werden. Man sei nicht richtig verstanden oder angewendet worden – nicht umsonst zieht sich diese Klage durch viele Porträts. Und selbst Karl Marx möchte man unterstellen, dass er sich nicht nur einmal fehlinterpretiert gefühlt hätte. So bleibt den großen Wirtschaftsdenkern vor allem ein Verdienst: ihr Beitrag dazu, dass wir alle die Rahmenbedingungen des Kapitalismus – denn um den geht es – besser verstehen können.

Auf welche Weise dies geschah, soll dieses Buch zeigen. Dabei zieht sich die Kernfrage, die recht bald kontrovers diskutiert wurde, bis heute durch: Wie weit darf man auf die Smith’sche »unsichtbare Hand« vertrauen, sprich: den Markt sich selbst überlassen, und wann und in welchem Umfang sollte der Staat ins Wirtschaftsgeschehen eingreifen? An dieser Problemstellung, die teilweise religiöse Züge annimmt, formieren sich die »Lager«: Klassiker, Neoklassiker und Neoliberale auf der einen, die Vertreter des Keynes’schen Ansatzes auf der anderen Seite.

Daneben kommen jene zu Wort, die sich keiner Richtung zugehörig fühlen, und diejenigen, die auf gewisse Weise abseits stehen: die Kritiker des Kapitalismus. Und nicht zuletzt zieht sich ein Thema durch fast alle Biografien: die Diskussion um das Selbstverständnis und die Instrumentarien der eigenen Disziplin und welche Bedeutung die Erkenntnisse der Ökonomen denn nun tatsächlich haben. Denn dass das Wissen um die Mechanismen des Kapitalismus benötigt wird, dessen sind sie sich durchaus bewusst. Auch wenn Politik nicht allein auf Wirtschaftstheorien fußt, so lässt sich ohne Theorie auch keine Gesellschaft gestalten.

I. ANFÄNGE

1. ARISTOTELES

(* Stageira 384 v. Chr., † Chalkis 322 v. Chr.)

Aristoteles’ Schriften über die Hauswirtschaft, die er mit »Oikonomia« übertitelte, gaben einer Lehre den Namen, die erst mehr als 2000 Jahre später, im 18. Jahrhundert, zu einer eigenen Disziplin werden sollte: der Ökonomie. Als Universalforscher galt das Interesse des Philosophen auch den Naturwissenschaften, der Metaphysik, der Logik, der Politik, der Ethik und der Wirtschaft. Im Gegensatz zu seinem Lehrer Platon, der die Philosophie als Einheitswissenschaft ansah, der alles Wissen unterstellt ist, spaltete Aristoteles die einzelnen Wissensbereiche in eigene Fächer auf und begründete damit einmal mehr seinen großen Einfluss auf das Denken in der westlichen Welt. Aristoteles gehört neben Platon und dessen Lehrer Sokrates zu den klassischen Philosophen des 5. und 4. Jahrhunderts v. Christus.

Er wurde in Stageira in Makedonien geboren. Sein Vater war der Leibarzt des makedonischen Königs, des Großvaters Alexander des Großen. Durch das elterliche Haus erhielt Aristoteles schon sehr früh Zugang zum Wissen seiner Zeit. Mit 17 Jahren trat er Platons Akademie in Athen bei, wo er 20 Jahre studierte und auch lehrte. Nach Platons Tod ging Aristoteles nach Assos in Kleinasien, da nicht er, sondern ein Neffe Platons mit der Leitung der Akademie betraut wurde.

In seiner neuen Heimat genoss er die Gastfreundschaft des Tyrannen Hermias von Aterneus, ebenfalls ein Schüler Platons. Er heiratete dessen Nichte und gründete eine Schule. Fünf Jahre später, 342 v. Chr., kehrte er in seine Heimat zurück, um am makedonischen Hof den Kronprinzen, den späteren Alexander den Großen, zu unterrichten. Anschließend, von 335 v. Chr. an, lehrte Aristoteles im Lykeion, einem Park mit einem Gymnasion im Süden Athens außerhalb der Stadtmauern. Der Unterricht wurde nicht selten auf Spaziergängen von Lehrer und Schülern in den Wandelhallen, den »Peripatos« des Lykeion durchgeführt. Vermutlich in dieser Periode auch gründete Aristoteles seine eigene philosophische Schule, »Peripatos«, deren Name auf den Ort zurückgeht, an dem der Unterricht stattfand.

Hier auch entwickelte der Philosoph sein System der Logik weiter, das über 2000 Jahre die Methodik des Philosophierens im Okzident bestimmen sollte. Aristoteles starb 321 v. Chr. im Alter von 63 Jahren auf seinem Landgut auf Euböa. Ein Jahr zuvor hatte er Athen verlassen müssen, da er nach dem Tode Alexanders und dem Auftrieb einer antimakedonischen Partei der Gottlosigkeit angeklagt worden war.

Ökonomie wurde von Aristoteles immer als Gesellschaftswissenschaft mit moralischem Anstrich gesehen. Sie stand nie im Mittelpunkt seiner Forschung, einige zweifeln sogar daran, ob die Bücher zum Thema Hauswirtschaft wirklich ihm zugeschrieben werden dürfen. Dennoch gilt er als einer der Vordenker der Wirtschaftswissenschaft: Auch der Klassiker des Fachgebietes, → Adam Smith, berief sich auf die aristotelische Tradition.

Grundlage seiner herausgehobenen historischen Stellung bildete Aristoteles’ Zusammendenken von Ethik, Politik und Ökonomie. Als Vertreter einer praktischen Philosophie stellte er immer die Frage nach dem menschlichen Glück in den Vordergrund und nicht das Erarbeiten ökonomischer Gesetzmäßigkeiten. Aus der Suche nach der bestmöglichen Ordnung des Gemeinwesens ergab sich für Aristoteles die Funktion der Ökonomie. Der Begriff setzt sich aus dem griechischen »oikos«, das Haus, und »nomos«, das Gesetz, zusammen. Aristoteles erarbeitete in seiner »Oikonomia«, der »Lehre der Haushaltung der Haushaltsgemeinschaft«, Regeln und Aufgabenbereiche für die Haushaltsgemeinschaft und legte ihren Platz in der Politik fest.

Dabei unterschied er zwei Wirtschaftszweige: die Hausverwaltungskunst, oikonomia, und die Kunst des Gelderwerbs, Chrematistik. Letzterer stand er ablehnend gegenüber, vor allem der Geldvermehrung durch den Zins. Er sah die widersprüchliche Doppelrolle des Geldes als ein dem Handel dienendes, ihn aber zugleich auch beherrschendes Tauschmittel und kritisierte, dass aus dem Geld selbst Gewinn gezogen werde, und nicht aus dem, wofür das Geld eigentlich erfunden wurde. Bis heute liegt über dem Preis des Kredits ein moralischer Schatten.

Aristoteles’ Wissen, dass der Tausch und auch die Gemeinschaft ohne Geld nicht möglich seien, hielt ihn nicht von der Einstellung ab, dass die Menschen am glücklichsten wären, wenn sie überhaupt nicht wirtschaften müssten und von der Sorge um die Befriedigung der alltäglichen Bedürfnisse befreit wären.

Alle Tätigkeiten, welche der Hauswirtschaft, der Herstellung von Gütern oder deren Austausch bestimmt seien, spielten trotz ihrer Unentbehrlichkeit eine untergeordnete, eine dienende Rolle. Für Aristoteles existierte nur dort Freiheit, wo sich der Mensch über das Wirtschaftliche erheben könne. Erst wenn er, zur Zeit Aristoteles’ natürlich der Mann, sich dem öffentlichen Leben, der Wissenschaft und der Politik zuwenden könne, sei er ein freier Bürger: frei von den Aufgaben, die das soziale Leben beinhaltet – der Verwaltung des Hauses und des Hofes, der Aufgabenverteilung für die Sklaven und allen Regelungen, die die Familie betreffen.

Aristoteles untersuchte die Entstehung des Reichtums und des Wertes. In seiner Ethik widmete er sich besonders dem Begriff des Maßes. Um im Einklang mit der menschlichen Natur zu leben, sei moralische Klugheit erforderlich. Ein Übermaß an Besitz erschwerte diese. Stehe die Sorge um das tägliche Brot im Vordergrund des menschlichen Daseins, fehle der Blick für das Gemeinwesen und moralische Klugheit könne sich ebenso schwer entwickeln. Die Goldene Mitte sei somit das Beste, da man in solchen Verhältnissen am leichtesten der Vernunft gehorche.

Als Kind seiner Zeit entwarf Aristoteles einen Gesellschaftsentwurf, der sich aus heutiger Sicht durch die Ausgrenzung ganzer Gruppen – Frauen, Kinder und Sklaven – undemokratisch darstellt. Dennoch ist sein Einfluss auf die heutige Wissenschaft so umfassend, dass die westliche Wissensentwicklung ohne Aristoteles nicht vorstellbar wäre. Seine Untersuchungen, die sich von der Logik, der Physik und der Biologie bis hin zur Ökonomie, Ethik, Politik und Metaphysik erstreckten, kulminierten in der Frage nach dem »guten Leben« – die, im übertragenen Sinne, von der Wirtschaftswissenschaft immer wieder gestellt wurde.

2. THOMAS VON AQUIN

(* Schloss Roccasecca um 1225, † Fossanova 7.3.1274)

Im Hochmittelalter entwickelte sich Europa prächtig. Die Bevölkerung wuchs, die Bildung war nicht mehr ausschließlich Sache der Kirche, Handwerk und Handel prosperierten. Durch den Fernhandel wurden alte und neue Philosophien und Ideen nach Europa importiert. Es war die Zeit, in der die Lehre des Aristoteles’ neu entdeckt und zur wichtigsten nichtchristlichen Autorität für die Scholastik wurde. Einer ihrer wichtigsten Vertreter war Thomas von Aquin, ein herausragender Theologe und Philosoph, dessen Einfluss nicht nur in der katholischen Kirchenlehre wiederzufinden ist, sondern der auch in der heutigen Wirtschaftslehre – der Ökonomie, Spuren hinterließ. Wie Aristoteles bewegte auch Thomas der ethische und nicht der analytische Aspekt der Wirtschaftslehre. Die Frage nach dem Wohl des Gemeinwesens ist Kernstück seiner Philosophie.

Aber auch der Handel und die Veränderungen des sozialen Gefüges, die damit einhergingen, beschäftigten den Gelehrten. Während Aristoteles in seinen ökonomischen Abhandlungen vom Gefüge des Stadtstaates ausging, setzte sich Thomas von Aquin mit den gewachsenen Strukturen des mittelalterlichen Handelssystems, der Geldwirtschaft und den damit verbundenen Herausforderungen auseinander. Allerdings sah sich Thomas in erster Linie als Theologe. Das letzte Ziel in seinem Leben und Denken war immer Gott. Alle anderen Themen, so auch die Wirtschaft, waren für ihn nur Teilbereiche auf dem Gebiet der praktischen Vernunft – der willentlichen Ausrichtung des Handelns nach bestimmten ethischen Prinzipien. Er wollte ein System schaffen, in dem der religiöse Glaube und die Vernunft widerspruchsfrei zusammenspielen.

Im Alter von fünf Jahren begann bereits seine kirchliche Laufbahn. Als Sohn des feudalen Hochadels von Aquino wurde er in das Kloster Monte Cassino geschickt. 1244 trat er in Neapel einem Dominikanerorden bei – zum Missfallen seiner Familie, die ihn daraufhin entführte und ein Jahr gefangen hielt. Nach seiner Freilassung studierte er in Paris und Köln unter anderem bei Albertus Magnus, einem Wegbereiter der Scholastik. In Köln wurde Thomas 1250 zum Priester geweiht. Seine Lehrtätigkeit führte ihn über Paris, dem geistigen Zentrum der damaligen Zeit, quer durch Europa, in den Vatikan und in verschiedene Dominikanerschulen. 1272 gründete er in Neapel eine Ordensschule. Aus seiner Lehrtätigkeit heraus schuf er einen umfassenden philosophisch-theologischen Ansatz, mit dem er die Idee der Scholastik mitbegründete und voranbrachte. Auf dem Weg zum II. Konzil von Lyon verstarb Thomas von Aquin am 7. März 1274 in einer Zisterzienserabtei in Fossanova.

Als frommer Mönch, als Gelehrter und als gläubiger Mensch wurde Thomas bereits zu Lebzeiten sehr verehrt. Ihm wurden Titel verliehen wie »Doctor angelicus«, zu Deutsch engelgleicher Lehrer, oder Divus Thomas, göttlicher Thomas. Der Papst sprach ihn bereits 50 Jahre nach seinem Tod heilig und Mitte des 16. Jahrhunderts nahm man ihn in den Reigen der Kirchenlehrer auf.

Thomas von Aquin verhalf der Theologie als Wissenschaft zur Eigenständigkeit. Anders als sein Lehrer Albertus Magnus unterhielt er keine kirchlichen Ämter, er widmete sein Leben ausschließlich der Lehre und Forschung. Neben seinen ausführlichen Kommentaren zu Aristoteles vermittelte er in zwei Hauptwerken – »Summa contra gentiles« und »Summa theologica« – seine Lehre. In der Scholastik diente die Philosophie immer der Theologie; es war der Versuch, den christlichen Glauben mit Hilfe eines theoretischen Systems zu erläutern und erfahrbar zu machen.

In seinen Ausführungen über die Wirtschaft stimmt Thomas ein Loblied auf die Arbeit an: da sie den Lebensunterhalt sichert, die Möglichkeit beinhaltet, andere zu unterstützen, und vor Müßiggang und Laster schützt. Privateigentum sieht er als die Grundlage des Wirtschaftsystems an und begründet dies mit der menschlichen Natur in der nachparadiesischen Zeit. Im Paradies mit seiner Abwesenheit von Mangel ist Eigentum nicht nötig. Im Hier dagegen ist es wichtig, da es weniger Streit gibt, als wenn alles Gemeingut wäre. Denn mit seinem Eigentum geht der Mensch sorgfältiger um und es verheißt ein menschenwürdigeres Leben.

Die Grundprinzipien allen Tuns, auch beim Handel, sind ethischer Natur, so zum Beispiel die viel und kontrovers diskutierte Frage nach der Richtigkeit der menschlichen Handlung. Thomas bringt sie in Zusammenhang mit der Lehre vom gerechten Preis, die sich heute noch in der Idee des »fairen Handels« wiederfindet. Er fordert, beim Tausch der Waren müssten beide Seiten den gleichen Nutzen haben. Heute spricht man im erweiterten Sinne von der viel gepriesenen Win-win-Situation. Nach Thomas’ Auffassung muss sich der Preis an den tatsächlichen Produktionsbedingungen und nicht an den momentanen Marktbedingungen orientieren, der Nutzen oder Gewinn des Einzelnen steht hinter dem des Allgemeinwohls.

Die ökonomische Idee und Lehre von Thomas von Aquin entspringt der Frage nach dem Wohlergehen der Gesellschaft. Die Basis dafür ist Gerechtigkeit, das Fundament jeden menschlichen Zusammenlebens, ein Fundament, das Frieden ermöglicht.

3. LUCA PACIOLI

(* San Sepolcro um 1445, † Rom 1514)

Luca Pacioli hat als einer der wichtigsten Mathematiker des 15. Jahrhunderts Bekanntheit erlangt. Seine Niederschriften genießen noch heute hohes Ansehen. Da im Lehrbetrieb des alten Europas die Mathematik ein Teilgebiet der Metaphysik und der Theologie war, ist es jedoch nur logisch, dass er im Verständnis der damaligen Zeit Theologe war. Sein Verdienst für die Wissenschaft und Wirtschaft wird unterschiedlich beurteilt. Die einen nennen es eine Revolution, die Geburtsstunde des Kapitalismus oder die Grundlage des ökonomischen Fortschritts, die anderen bezeichnen ihn als Kopisten. Eines jedoch ist unbestritten: Pacioli popularisierte die doppelte Buchführung. Sie wäre nicht das, was sie heute ist – die Basis des modernen Rechnungswesens –, wenn er sie nicht aufgeschrieben und systematisiert hätte. Ebenso verhalf er der Lehre vom Goldenen Schnitt zu großer Popularität und stellte Überlegungen zu einem mathematischen Thema an, welches die Franzosen Blaise Pascal und Pierre de Fermat vertieften und das später zur Wahrscheinlichkeitstheorie führte.

Die Grundlage für Paciolis ausgeprägtes mathematisches Verständnis wurde in der Toskana in San Sepolcro gelegt, wo er um 1445 geboren wurde. Er hatte das Glück, von einem berühmten Maler und Mathematiker des Spätmittelalters unterrichtet zu werden. Piero della Francesca beeinflusste durch seine mathematische Herangehensweise wesentlich die Malerei der Renaissance. An seinem Lebensabend gab er die Malerei auf und widmete sich ganz der Mathematik. Von dieser Leidenschaft wurde auch der jugendliche Pacioli angesteckt.

Als Lehrer der Söhne des venezianischen Kaufmanns Rompiasi bekam Pacioli später Einblick in die Welt des Handels und der Wirtschaft. Aus diesen Erfahrungen heraus entwickelte er die Ansicht, es sei weit schwieriger, einen Kaufmann zu bilden als einen Juristen. Zu dieser Zeit führten ihn auch Handelsreisen in östliche Gebiete, wo er – möglicherweise in Beirut – die Quellen arabischer Mathematik kennengelernt haben könnte.

Zwar war Pacioli ein frommer Mann, doch weshalb er einem Franziskanerorden beitrat, ist nicht geklärt. Wahrscheinlich wollte er finanziell unabhängig forschen. Dies ermöglichte ihm der Orden. Sein Weg führte ihn nach Perugia, Neapel, Mailand, Florenz, Venedig und Rom, wo er an vielen Universitäten forschte und lehrte. Auf einer dieser Stationen lernte er um 1496 in Mailand Leonardo da Vinci kennen. Der ihnen eigene Forscherdrang verband sie freundschaftlich. Das Universalgenie inspirierte Pacioli zu einem Buch über den Goldenen Schnitt. Anfang des 16. Jahrhunderts veröffentlichten beide – vermutlich in Venedig – das Buch »De divina proportione«. Pacioli schrieb den Text und Leonardo da Vinci lieferte die Illustrationen.

Das Hauptwerk des Mathematikers, »Summa de Arithmetica, Geometria, Proportioni et Proportionalità«, erschien bereits um 1494. Darin bündelt er in seiner eigenen systematischen Weise das mathematische Wissen seiner Zeit. In Fachkreisen gilt es als das größte mathematische Werk der Renaissance. Pacioli hält sich bei seinen Ausführungen sehr stark an die Schriften seines Lehrers Piero della Francesca. Obwohl die Frage nach dem geistigen Eigentum zur damaligen Zeit noch nicht gestellt wurde, hält sich hartnäckig der Vorwurf, Pacioli sei ein Plagiator. Andere gehen milder mit dem Gelehrten um und sehen in den Abhandlungen Paciolis die Weiterentwicklung der Theorien seines Lehrers. Außerdem könnte man ihm auch unterstellen, er habe sich als Enzyklopädist verstanden. Seine sorgfältigen und systematischen Arbeiten waren wichtig für die Entwicklung der modernen Arithmetik und Algebra. Sie inspirierten viele Mathematiker und waren Grundlage für die Forschung des Astronomen Johannes Kepler, aber auch für den modernen Maschinenbau. Entscheidend ist hier die Linearperspektive.

Paciolis große Popularität zu Lebzeiten rührt daher, dass er seine Schriften in italienischer Sprache und eben nicht im damals üblichen Latein abfasste. Die Bücher waren nicht nur für den Klerus und andere Wissenschaftler, sondern auch für die Kaufleute und das Volk geschrieben – ein Novum, das wohl auch dem Zeitgeist der Renaissance zugerechnet werden darf. Betrachtet man rückblickend sein Leben, so könnte man von einer Erfolgsgeschichte sprechen. Ihren krönenden Abschluss fand sie 1514, als Pacioli kurz vor seinem Tod vom Papst zum Professor an die Sapienza in Rom berufen wurde. Diese Ernennung war eine der größten wissenschaftlichen Anerkennungen der damaligen Zeit.

Der wirtschaftliche Erfolg Venedigs im 15. Jahrhundert wird unter anderem der doppelten Buchführung zugeschrieben, die auch venezianische Methode genannt wurde und den Status einer Geheimlehre innehatte. Natürlich hatten die Venezianer das kaufmännische Denken nicht erfunden. Schon in den Hochkulturen des alten Orients gab es in der Zeit um 3000 v. Chr. erste Ansätze, kaufmännische Daten zu dokumentieren. Auf Tontafeln aus jener Epoche lassen sich erste Buchhaltungsbelege finden. Um 1730 v. Chr. soll es in Mesopotamien die Buchhaltungspflicht gegeben haben. Paciolis Leistung besteht darin, dass er versuchte, Ordnung in das kaufmännische Chaos seiner Zeit zu bringen. Alle unternehmerisch relevanten Tätigkeiten, die sich in Zahlen verbuchen ließen, wurden tabellarisch dargestellt und bewertet. Auf diese Weise konnten Einnahmen und Ausgaben gegenübergestellt und in bestimmten Abständen miteinander verglichen werden. Daraus ergaben sich Gewinn oder Verlust.

Diese neue Form der Buchhaltung bot eine systematische Grundlage für Kalkulationen, da die Kaufleute auf der Basis objektiver Daten Handel treiben konnten. Damit waren – wie es modern heißt – Accounting und Controlling geboren. Begriffe wie Bilanz, Saldo sowie Soll und Haben wurden – bis heute – zu wichtigen Bestandteilen unseres Lebens.

4. FRANÇOIS QUESNAY

(* Méré 4.6.1694, † Versailles 16.12.1774)

François Quesnay gilt als Begründer der physiokratischen Schule der Ökonomie. Er war der erste, der eine Volkswirtschaft systematisch untersuchte und ein Gesamtmodell davon entwarf. Seine Wirtschaftstheorie, die in der Mitte des 18. Jahrhunderts zahlreiche Anhänger in Frankreich, Deutschland und England fand, ging davon aus, dass der Boden und die Landwirtschaft die alleinigen Quellen des Reichtums sind.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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