Die Zinsfalle - Eckhard Sauren - E-Book

Die Zinsfalle E-Book

Eckhard Sauren

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Beschreibung

Deutschland steckt in der Zinsfalle. Für Anleger erweist sich die Suche nach lohnenden Erträgen auf ihr Erspartes zunehmend als Herausforderung. Die Renditen deutscher Staatsanleihen liegen auf historischen Tiefständen – real verlieren viele Anleger schon jetzt Geld. Was den meisten noch nicht bewusst ist: Der anhaltende Niedrigzins wird zur Bedrohung für die Altersvorsorge. Werden Lebensversicherungen ihre Garantien erfüllen können? Sind Tages- und Festgeld wirklich dauerhaft sicher? Eckhard Sauren analysiert die Auswirkungen der Zinsfalle und zeigt auf, welche Anlageformen besonders betroffen sind. Ergänzend geben mit Bert Flossbach, Peter E. Huber und Klaus Kaldemorgen drei der namhaftesten Fondsmanager Deutschlands in Interviews Orientierung für mögliche Wege aus der Zinsfalle.

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Für Fragen und Anregungen:
[email protected]
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1. Auflage 2015
© 2015 by FinanzBuch Verlag
ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Nymphenburger Straße 86
D-80636 München
Tel.: 089 651285-0
Fax: 089 652096
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Redaktion: Marion Reuter
Lektorat: Sonja Rose
Satz und E-Book: Daniel Förster, Belgern
ISBN Print 978-3-89879-898-3
ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-703-5
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86248-704-2
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
www.finanzbuchverlag.de

Inhalt

Titel
Impressum
Inhalt
Vorwort 
1. Der Weg in die Zinsfalle
1.1 Einführung – Die Bedeutung von Zinsen
1.2 Geldpolitik und Zinsentwicklung
1.3 Nullzinspolitik und Quantitative Easing der Zentralbanken
1.4 Fazit
2. Staatsanleihen in der Zinsfalle
2.1 Historische Zinsentwicklung
2.2 Historische Erträge der Anleihenmärkte
2.3 Folgen der Zinsentwicklung für Staatsanleihen
2.4 Suche nach Rendite
2.5 Fazit
3. Unternehmensanleihen in der Zinsfalle
3.1 Einführung Unternehmensanleihen
3.2 Folgen der Zinsentwicklung für Unternehmensanleihen
3.3 Mischfonds und vermögensverwaltende Fonds in der Zinsfalle
3.4 Weitere Auswirkungen des Niedrigzinsumfelds auf Unternehmensanleihen
3.5 Fazit
4. Bankeinlagen in der Zinsfalle
4.1 Renditetief bei Bankeinlagen
4.2 Ausfallrisiken bei Bankeinlagen
4.3 Sicherungssysteme für Bankeinlagen
4.4 Politische Risiken bei der Einlagensicherung
4.5 Fazit
5. Immobilieninvestments als alternative Geldanlage im Niedrigzinsumfeld
5.1 Wohnimmobilienmarkt
5.2 Die selbst genutzte Immobilie
5.3 Immobilien als Renditeobjekt/Kapitalanlage
5.4 Bewertungsillusion bei Immobilien
5.5 Fazit Wohnimmobilien
5.6 Offene Immobilienfonds als alternative Immobilienanlage
5.7 Fazit Offene Immobilienfonds
6. Auswirkungen der Zinsfalle auf Aktien
6.1 Einführung Aktien
6.2 Einflussfaktoren der Zinsfalle auf Aktien
6.3 Risiken der Aktienanlage im Umfeld niedriger Zinsen
6.4 Fazit
7. Lebensversicherungen in der Zinsfalle
7.1 Klassische Policen leiden unter dem Zinstief
7.2 Die Ausfallsrisiken klassischer Policen
7.3 Die Gegenmaßnahmen der Lebensversicherer
7.4 Fazit
8. Abschlussbetrachtung
8.1 Wie ist der typische Anleger investiert?
8.2 Bewertung der Anlageklassen
8.3 Welche Möglichkeiten bieten sich im aktuellen Umfeld?
8.4 Diversifikation
8.5 Ermittlung der Aktienquote
8.6 Rebalancing
8.7 Mischfonds und vermögensverwaltende Fonds
8.8 Portfolio-Umsetzung
Peter E. Huber (StarCapital)
Klaus Kaldemorgen (DWS / Deutsche Asset & Wealth Management)
Bert Flossbach (Flossbach von Storch)
Die Autoren

Vorwort 

Negative Zinsen waren für fast alle Anleger und Berater undenkbar. Mittlerweile sind sie Realität geworden und die meisten Anleger sind indirekt, über Produkte, in die sie investieren, bereits von Negativzinsen betroffen. Das Zinstief wirkt sich nicht nur auf Bankeinlagen, sondern auf viele andere Anlageklassen aus. Gut möglich, dass weitere Themen und Probleme folgen, die heute noch unvorstellbar sind. Am besten beschäftigen Sie sich jetzt mit der Zinsfalle und den möglichen Folgen, bevor sie Realität werden.

Wir beschäftigen uns nicht nur intensiv mit den erfolgversprechendsten Fondsmanagern, sondern insbesondere auch mit den Marktrahmenbedingungen, unter denen diese Fondsmanager agieren, um attraktive Erträge zu erzielen. Ein Großteil der konservativen Anlagestrategien, insbesondere mit Schwerpunkt im Rentenbereich, hatte in den letzten Jahrzehnten massiven Rückenwind durch die Märkte mit immer weiter rückläufigen Zinsen. Dadurch konnten hervorragende Ergebnisse erzielt werden. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen haben sich die Möglichkeiten, zukünftig attraktive Erträge zu erzielen, deutlich erschwert und bei vielen Strategien im Rentenbereich ist keine attraktive Ertrags-Risiko-Konstellation mehr gegeben.

Je intensiver wir uns mit den rückläufigen Zinsen auseinandersetzten, desto klarer wurde uns, dass ein Großteil der Anleger nicht sinnvoll für die Zukunft aufgestellt ist und in der Zinsfalle steckt.

Unsere erste Studie »Die Zinsfalle – Risiken im Niedrigzinsumfeld« stieß auf eine enorme Resonanz bei Anlegern, Beratern und Medien. Die Reaktionen bestätigten uns darin, dass die meisten Anleger und auch Berater ihre Portfolios auf Basis guter Vergangenheitsergebnisse aufgebaut haben, die massiv von den rückläufigen Zinsen getragen wurden. Es gibt jedoch nach unserer Beobachtung nur eine geringe Anzahl von Portfolios, die entsprechend den aktuellen Marktrahmenbedingungen, basierend auf realistischen künftigen Ertragserwartungen, ausgerichtet sind.

Anhand konservativer Beispielrechnungen – die sich in diesem Buch wiederfinden – belegen wir, dass die Ertrags-Risiko-Konstellation vieler indexorientierter Rentenstrategien und Unternehmensanleihen-Fonds mittlerweile äußerst unattraktiv ist. Unabhängig von einer Prognose über die weitere Zinsentwicklung gehören die hohen Renditen an den Rentenmärkten der Vergangenheit an, die Risiken schmerzlicher Kursverluste nehmen zu. Gleichwohl sind hier Milliardenbeträge investiert und nach wie vor fließen viele Anlagegelder in diesen Bereich hinein.

Bestärkt durch die äußerst positive Resonanz haben wir in unserer zweiten Studie »Raus aus der Zinsfalle – Neue Strategien für neue Rahmenbedingungen« die Funktionsweise der Rentenmärkte detaillierter erläutert. Dabei haben wir gezeigt, dass auch konservative Mischfonds und vermögensverwaltende Fonds, die in jüngster Vergangenheit viele Anlegergelder gewinnen konnten und in den Topsellerlisten weit oben zu finden sind, von der beschriebenen Entwicklung profitiert haben. In diesem Buch arbeiten wir heraus, warum auch diese Lieblinge der Anleger und Berater in der Zinsfalle stecken, und muntern dazu auf, die positiven Vergangenheitsergebnisse einmal kritisch im Hinblick auf die Zukunftsperspektiven zu hinterfragen. Anhand von einfachen Beispielrechnungen können wir zeigen, dass eine Fortschreibung der bisherigen Entwicklung dieser Fonds alleine aufgrund der geänderten Ausgangsbedingungen äußerst unwahrscheinlich ist.

Unserer Einschätzung nach sind die meisten Anleger nicht auf ein Umfeld mit langfristig niedrigen Zinsen oder gar potenziellen Zinsanstiegen vorbereitet. Das Erstaunliche daran ist, dass selbst die eher aufgeklärten Anleger im Investmentfondsbereich in der Zinsfalle stecken und sich weder intensiv genug mit dem Thema auseinandergesetzt haben, noch auf die Zukunft vorbereitet sind.

In der Zinsfalle stecken aber nicht nur Anleger, die direkt oder über rentenorientierte Investmentfondsstrategien in Anleihen investieren, sondern auch die Anleger, die ihr Geld einer Lebens- oder Rentenversicherung anvertraut haben.

Dieses Buch zeigt, warum große Teile der deutschen Altersvorsorge und der deutschen Lebensversicherungen in der Zinsfalle stecken und warum mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit die Ertragserwartungen der Anleger enttäuscht werden. Bei einigen Lebensversicherungen besteht sogar die Gefahr, dass sie ihre Mindestgarantieversprechen nicht einhalten können. Turbulenzen in der deutschen Lebensversicherungsbranche sind durchaus wahrscheinlich, wenn sich die Niedrigzinsphase längerfristig fortsetzen sollte.

Auch der Bereich der Bankeinlagen, der für viele Anleger eine zentrale Rolle spielt, befindet sich in der Zinsfalle. Bei bonitätsstarken Instituten gibt es kaum noch eine Verzinsung, gleichzeitig werden die Risiken im Bereich der Bankeinlagen von den meisten Anlegern deutlich unterschätzt. Unser Buch zeigt, warum sich Anleger intensiv mit der Kreditwürdigkeit ihrer Banken auseinandersetzen sollten. Anleger sollten sich darüber im Klaren sein, dass eine Tages- oder Festgeldanlage bei einer Bank letztlich gleichbedeutend damit ist, dass sie dieser Bank ihr Geld leihen.

Konkrete praktische Beispiele, wie die Zypernkrise, geben einen Vorgeschmack darauf, wie mögliche Negativ-Szenarien aussehen könnten. Anleger sollten sich frühzeitig mit dem Thema beschäftigen und für den Fall der Fälle vorbereitet sein. In welchem Umfang die Einlagensicherungssysteme dann noch eine Hilfe sind, hinterfragen wir ebenfalls.

Deutsche Anleger in der Zinsfalle

Wir analysieren in diesem Buch, welche Anlageklassen wie stark von der Zinsfalle betroffen sind und wie dramatisch die Auswirkungen für die Anleger ausfallen könnten. Bei der Betrachtung der einzelnen Anlageklassen wird schnell deutlich, dass ein großer Teil der deutschen Anleger in der Zinsfalle steckt – das gilt für Privatanleger, aber auch für Unternehmen und institutionelle Anleger.

Um den Rahmen dieses Buches nicht zu sprengen, haben wir den Schwerpunkt auf den deutschen Privatanleger gelegt. Trotzdem können wir allen Unternehmern nur dringend empfehlen, das Kapitel »Bankeinlagen in der Zinsfalle« zu lesen. Da die meisten Unternehmer auch privat Geld anlegen, stellt das gesamte Buch eine interessante Lektüre dar. Dies gilt auch für institutionelle Investoren, die ebenfalls von der Zinsfalle betroffen sind und darum von der Lektüre dieses Buchs profitieren sollten.

Wir hoffen, mit diesem Buch für Aufklärung zu sorgen und Hintergrundwissen zu vermitteln, damit Anleger und Finanzberater erkennen, dass auch sie wahrscheinlich von der Zinsfalle betroffen sind und sich mit diesem Thema auseinandersetzen müssen. Daher haben wir in der Abschlussbetrachtung eine Bewertung der verschiedenen Anlageklassen vorgenommen. Anschließend sollten Sie sich überlegen, wie eine langfristig sinnvolle Portfoliostruktur aussehen könnte. Wir ermutigen Sie, Ihre eigenen Investments aufzulisten und sich selbst zu hinterfragen, wie weit Sie mit Ihren Anlagen in der Zinsfalle stecken. Eventuell sollten Sie unter Hinzunahme eines erfahrenen Beraters überlegen, wie Sie kostenschonend Ihr Portfolio diesbezüglich optimieren können. So können Sie Ihr Vermögen und Ihren Lebensstandard in einem Maße sichern, wie es vermutlich Ihren langfristigen Ansprüchen entspricht.

Zur Abrundung unseres Buchs haben wir noch Interviews mit drei renommierten Fondsmanagern geführt, die ebenfalls zu dem Thema »Die Zinsfalle« Stellung beziehen. Lesen Sie, was Peter E. Huber, Klaus ­Kaldemorgen und Bert Flossbach zu dieser Thematik zu sagen haben und welche potenziellen Alternativen oder Auswege sie aus der Zinsfalle nennen.

Sollten Sie nach der Lektüre noch mehr Interesse an unseren Analysen oder unserer Investmentphilosophie haben, empfehlen wir Ihnen unser erstes Buch »Das Sauren-Fonds-Konzept«, das ebenfalls im FinanzBuch Verlag erschienen ist.

Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre und hoffen, dass die Zinsfalle bei Ihnen nicht zu stark zuschnappt.

Ihr Eckhard Sauren

1. Der Weg in die Zinsfalle

Dieses Kapitel bietet einen Überblick über die Bedeutung von Zinsen im Allgemeinen sowie eine kurze historische Einordnung über die Zinsentwicklung. Anhand des Zinseszinseffektes und der Barwertmethode wird an zwei einfachen Beispielen verdeutlicht, welche deutlichen Auswirkungen unterschiedliche Zinssätze auf Vermögen haben können.

1.1 Einführung – Die Bedeutung von Zinsen

Zinsen und deren ökonomische Auswirkungen beschäftigen nicht nur Volkswirte, sondern haben Einfluss auf viele Lebensbereiche. Sei es im privaten Bereich oder bei Institutionen, wie etwa verschuldeten Kommunen auf der einen Seite bzw. Vorsorgeeinrichtungen, die eine Mindestrendite erzielen müssen, auf der anderen. Dabei lässt sich der Zins als der Preis von Geld interpretieren. In Zeiten leicht verfügbaren Geldes ist der Preis und damit der Zins niedrig. Umgekehrt verhält es sich, wenn Kapital knapp ist.

Den Versuch, die Höhe der Zinsen zu reglementieren, gibt es bereits seit der Frühgeschichte. Der erste bekannte Rechtstext, in dem Zinssätze geregelt werden, ist der Codex Hammurapi aus dem 18. Jahrhundert vor Christus, geschrieben im altbabylonischen Reich. Aber auch das Alte Testament und der Koran weisen Stellen auf, die sich mit dem Thema Zinsen auseinandersetzen. In der Folge war es im mittelalterlichen Europa Christen weitgehend verboten, Zinsen zu nehmen. Auch heute noch sieht das religiöse Gesetz des Islam, die Scharia, ein Zinsverbot vor – mit erheblichen Auswirkungen auf das gesamte islamische Banken- und Finanzsystem. Zinsen werden somit seit Menschengedenken aus den unterschiedlichsten Gründen von verschiedenen Institutionen beeinflusst und reglementiert.

Heute sind es insbesondere die Zentralbanken, die großen Einfluss auf das Zinsniveau haben. Diese Einflussnahme hat weitreichende Folgen für Unternehmen, institutionelle Anleger, aber auch Privatpersonen. Zum einen sind diese als Schuldner betroffen, beispielsweise bei der Finanzierung eines Eigenheims, oder nur, weil das Girokonto kurzfristig überzogen wurde. Zum anderen als Gläubiger, beispielweise wenn der Bank mittels des Sparbuchs Geld geliehen wird. Aber auch bei jeder anderen Geldanlage, wie in diesem Buch gezeigt wird.

Der Zinseszinseffekt

Hohe oder niedrige Zinsen können gerade über lange Zeiträume deutliche Effekte auf die Vermögensentwicklung einer gewöhnlichen Sparanlage haben, wie die folgende Grafik zeigt.

Zinseszinseffekt über 30 Jahre

Der Zinseszinseffekt führt dazu, dass bei einem konstanten Zins von 1 Prozent p.a. über einen Zeitraum von 30 Jahren aus 100 Euro insgesamt 134,78 Euro werden (blaue Linie). Bei einem doppelt so hohen Zins von 2 Prozent p.a. werden aus den ursprünglichen 100 Euro bereits 181,14 Euro (grüne Linie). Wird jedoch ein 4-mal höherer Zins von 4 Prozent p.a. unterstellt, so führt dies nochmals zu einem deutlich höheren Ergebnis von insgesamt 324,34 Euro (rote Linie). Das Ergebnis ist etwa 6,5-mal so hoch wie im ersten Fall und somit überproportional höher, als die reine Zinsdifferenz vermuten lässt. Der exponentielle Anstieg der Summe fällt umso größer aus, je höher der Zins und je länger die Laufzeit ist.

Um den realen Effekt des nominalen Vermögensanstiegs in dem obigen Beispiel zu ermitteln, ist es jedoch nötig, zwischen nominalen und realen Zinsen zu unterscheiden. Der nominale Effekt beschreibt allein den Vermögenszuwachs von 100 Euro auf 324,34 Euro. Wenn in diesem Zeitraum jedoch eine hohe Inflation vorgeherrscht haben sollte, so schmälert dies die effektive Kaufkraft in der Zukunft. Der Real-Zins ergibt sich aus dem Nominalzins minus dem Kaufkraftverlust (Inflation). Gerade über lange Zeiträume hinweg führen selbst geringe Inflationsraten in der Summe zu einem hohen Kaufkraftverlust.

Barwertmethode – Der Wert von Zahlungen

Zinssätze können aber auch dazu genutzt werden, um den heutigen Wert von Zahlungsströmen in der Zukunft zu bestimmen. Dazu werden die zukünftigen Zahlungsströme mithilfe des aktuellen Zinsniveaus auf den heutigen Tag zurückgerechnet (Barwertmethode).

Beispiel: Ein Anleger erhält über einen Zeitraum von 10 Jahren am Ende jedes Jahres 100 Euro. Der Anleger möchte den heutigen Wert dieses Zahlungsstroms ermitteln.

Fall A: Der Zins beträgt konstant 1 Prozent p.a. Wenn der Investor heute 99,01 Euro zu einem Zins von 1 Prozent p.a. anlegt, erhält er in einem Jahr 100 Euro zurückgezahlt, bzw. wenn er heute 98,03 Euro anlegt, erhält er in zwei Jahren wiederum 100 Euro zurückgezahlt. Auf diese Weise lässt sich der Zahlungsstrom der Investition mithilfe einer Alternativanlage über die gesamte Laufzeit nachbilden. Es wird errechnet, wie viel Geld heute zum bekannten Zins von 1 Prozent p.a. angelegt werden muss, um in den folgenden 10 Jahren jährlich 100 Euro erhalten zu können. Das Ergebnis: Die Investition in unserem Beispiel hat einen heutigen Barwert von 947,13 Euro.

Barwertbetrachtung Fall A

Fall B: Wird ein höherer konstanter Zins von 4 Prozent p.a. angenommen, so verändern sich auch die jeweiligen Beträge, die heute anlegt werden müssten, um dasselbe Ergebnis wie aus dem oben beschriebenen Zahlungsstrom zu erhalten. Um in einem Jahr 100 Euro aus einer verzinslichen Anlage zu erhalten, müssten bei einem Zins von 4 Prozent p.a. heute lediglich 96,15 Euro anlegt werden, bei zwei Jahren Laufzeit wären es 92,46 Euro. Analog wird für die anderen Zeiträume verfahren. In Summe ergibt sich bei einem Zins von 4 Prozent p.a. lediglich ein Barwert von 811,09 Euro.

Der Zahlungsstrom hat im Fall A bei einem Zinsniveau von 1 Prozent p.a. einen um 136,04 Euro höheren Wert als im Fall B bei einem Zinsniveau von 4 Prozent p.a. Die Zahlungen sind in beiden Fällen identisch, einzig das Zinsumfeld hat sich deutlich verändert. Fällt der Zins plötzlich von 4 Prozent p.a. auf 1 Prozent p.a. würde der Zahlungsstrom in diesem Beispiel einen Kursgewinn von 16,8 Prozent erzielen, da der Barwert von 811,09 Euro auf 947,13 Euro ansteigt. In umgekehrter Richtung sinkt der Wert um 14,4 Prozent, wenn der Zins von 1 Prozent p.a. auf 4 Prozent p.a. ansteigt.

Barwertbetrachtung Fall B

Anhand des Zinseszinseffekts und der Barwertermittlung wird deutlich, dass sowohl das Zinsniveau als auch Zinsänderungen ganz erheblichen Einfluss auf die Entwicklung von Vermögen haben. Bei der Geldanlage sollte unbedingt berücksichtigt werden, dass sich Zinsen verändern können und sich daraus unmittelbare Auswirkungen auf das Vermögen ergeben.

1.2 Geldpolitik und Zinsentwicklung

Zum Ende des Zweiten Weltkriegs erreichten die Zinsen für US-Staatsanleihen mit 10-jährger Laufzeit bei ca. 1,7 Prozent p.a. ihren vorläufigen Tiefpunkt. Die folgenden 36 Jahre waren geprägt von tendenziell steigenden Zinsen. Ende der 1970er-Jahre herrschte in den USA eine Phase hoher Inflationsraten von bis zu 15 Prozent p.a. Die weltweite Wirtschaftskrise – ausgelöst bzw. verstärkt durch die Ölpreisschocks in der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre – wirkte sich negativ auf die Wirtschaft aus. Unter Paul Volcker, der im August 1979 zum Vorsitzenden der US-Notenbank ernannt wurde, erhöhte die US-Notenbank die Leitzinsen auf bis zu 20 Prozent, um die Inflation einzudämmen. Die Verzinsung 10-jährger US-Staatsanleihen erreichte in diesem Umfeld Anfang der 1980er-Jahre ­ihren Höhepunkt bei einem Zinsniveau von 15,8 Prozent p.a.

US-Zinsen (10-jähriger Staatsanleihen) und US-Inflationsrate vom 30.10.1964 bis zum 30.11.2014

Eine ähnliche Entwicklung nahmen auch die Zinsen in Deutschland, wo die Umlaufrendite ihren Höhepunkt im August 1981 bei 11,2 Prozent p.a. fand. Die Umlaufrendite wird von der Bundesbank ermittelt und spiegelt die durchschnittliche Rendite aller im Umlauf befindlichen deutschen Euro- bzw. früher D-Mark-Anleihen höchster Bonität (vornehmlich Staatsanleihen) mit einer Mindestrestlaufzeit von drei Jahren wider.

Wie aus den beiden Grafiken zu erkennen ist, fallen die Zinsen in den entwickelten Ländern seit Ende 1981 und somit seit mittlerweile 33 Jahren relativ konstant. Ein Großteil dieser Zeit war Alan Greenspan Vorsitzender der US-Notenbank Federal Reserve System, der im August 1987 sein Amt übernahm und dieses bis Januar 2006 ausübte. Alan Greenspan wurde dafür bekannt, auf Krisen mit einem Absenken der US-amerikanischen Leitzinsen zu reagieren, um Rezessionen in den USA zu begegnen. Die Zentralbank legt den Leitzins fest, zu dem sich Banken bei ihr refinanzieren können. Somit ist der Leitzins das primäre Instrument der Zentralbanken in der Geldpolitik. Manche sehen in der Niedrigzinspolitik Greenspans einen der Auslöser für die Finanzmarktkrise 2007/08, da die niedrigen Zinsen und auch der leichte Zugang bonitätsmäßig schwacher Schuldner zu Krediten die US-Immobilienblase erst möglich gemacht hätten. Ihren Höhepunkt fand die Finanzkrise dann am 15. September 2008, als die US-amerikanische Großbank Lehman Brothers Insolvenz anmelden musste.

Umlaufrendite und deutsche Inflationsrate vom 31.01.1956 bis zum 30.11.2014

1.3 Nullzinspolitik und Quantitative Easing der Zentralbanken

Die US-Notenbank unter Führung von Ben Bernanke als direktem Nachfolger von Alan Greenspan senkte infolge der Finanzkrise die Leitzinsen Ende 2008 auf quasi null (Zinskorridor von 0,0 Prozent p.a. bis 0,25 Prozent p.a.), wo sie bis heute verharren. Die Europäische Zentralbank (EZB) folgte dem Beispiel der Amerikaner mit etwas Zeitverzug und senkte den Leitzins erst im Rahmen der europäischen Schuldenkrise auf ein ähnlich niedriges Niveau von heute 0,05 Prozent p.a.

Leitzinsen Fed vs. EZB vom 31.12.1998 bis zum 30.11.2014

Entwicklung S&P 500 Total Return Index vom 31.12.2006 bis zum 30.11.2014

Die US-Notenbank war es, die als Erste noch weiterging, als die Zinsen auf quasi null zu setzen. Unter dem Begriff »Quantitative Easing (QE)« oder »monetäre Lockerung« kaufte die US-Notenbank Anleihen auf, um den Staat und die Wirtschaft mit Geld zu versorgen. Am 18. März 2009 beschloss die US-Notenbank, Staatsanleihen und Wertpapiere im Gegenwert von mehr als einer Billion US-Dollar aufzukaufen. Diese Entscheidung gab den Kapitalmarktteilnehmern ein klares Signal, dass mit der US-Notenbank ein bedeutender Marktteilnehmer Einfluss auf dem Markt nehmen wird. Aufgrund dieses Signals und dem hierdurch geschaffenen Vertrauen in das Finanzsystem wurde der Wendepunkt an den globalen Aktienmärkten eingeläutet.

Weitere Ankaufprogramme folgten in den USA. Auch andere Zentralbanken legten ähnliche Programme auf. Diese monetäre Lockerung führte dazu, dass die Bilanzen der Zentralbanken massiv ausgeweitet wurden und erheblich in die Zinsmärkte eingegriffen wurde. Ähnlich gravierende Auswirkungen auf die Kapitalmärkte, wie die Ankündigung von QE in den USA, gab es auch in Europa, als Mario Draghi als Präsident der Europäischen Zentralbank im Juli 2012 erklärte:

»Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the Euro. Believe me, it will be enough.«1

Zu diesem Zeitpunkt war die europäische Schuldenkrise auf ihrem Höhepunkt, für viele war es keine Frage mehr, ob, sondern wann die Euro-Zone auseinanderbrechen würde. Die Zinsen von Portugal, Italien und Spanien stiegen immer stärker an. Griechenland musste bereits im März 2012 seine Staatsanleihen restrukturieren, und die privaten Gläubiger mussten deutliche Verluste hinnehmen. Allein die Rede von Mario Draghi veränderte das Bild jedoch vollständig. Insbesondere die Zinsen von Italien und Spanien fielen im Anschluss an die Rede kontinuierlich, ohne dass die EZB direkt am Markt intervenieren musste.

Die Maßnahmen der EZB zeigten den gewünschten Effekt und führten zu einer Stabilisierung, um der Politik die nötige Zeit zu geben, Lösungen für die vielfältigen Probleme zu finden und zu implementieren. Vom Zeitpunkt der Draghi-Rede an sanken die Zinsen der zuvor unter Druck geratenen Länder deutlich. Hierbei ist anzumerken, dass die EZB im Gegensatz zu anderen Zentralbanken nicht systematisch Staatsanleihen von Mitgliedsstaaten aufgekauft hat und die Bilanzsumme der EZB seit dem Höhepunkt der Euro-Krise tatsächlich wieder gesunken ist. Allerdings kündigte die EZB an, dass sie ab Oktober 2014 besicherte Anleihen und später auch Kreditverbriefungen in beträchtlichem Umfang kaufen wolle. Das potenzielle Volumen wurde mit bis zu einer Billion Euro beziffert und wird zu einer entsprechenden Ausweitung der EZB-Bilanz führen. Ferner kündigte Mario Draghi weitere »unkonventionelle Maßnahmen« an, sollte dies erforderlich erscheinen.2

Entwicklung Zinsen 10-jähriger Staatsanleihen in Deutschland, Spanien und Italien vom 31.12. 2007 bis zum 30.11.2014

Die dramatische Ausweitung der Bilanzen durch die internationalen Notenbanken infolge der Finanzkrise ist nicht zu übersehen. In den USA, aber auch in Großbritannien und in Japan wurde diese dazu genutzt, im großen Umfang Staatsanleihen zu kaufen und somit direkt die jeweiligen Staaten zu finanzieren. Die US-Notenbank hält beispielsweise infolge der massiven QE-Programme mittlerweile 2.461,6 Mrd. US-Dollar in US-Staatsanleihen und ist somit zum größten Gläubiger der USA geworden, gefolgt von China und Japan,3 die zusammen einen etwa gleich großen Anteil der Gesamtschulden halten wie die US-Notenbank. Der zweite große Posten in der Bilanz der US-Notenbank sind Kreditverbriefungen mit einem Volumen von 1.717,9 Mrd. US- Dollar.4 Die Bilanzsumme der US-Notenbank hat sich aufgrund der QE-Programme seit dem Höhepunkt der Finanzkrise fast verfünffacht. Das Programm zum Aufkauf von US-Staatsanleihen und Kreditverbriefungen ist offiziell im Oktober 2014 ausgelaufen – zumindest vorerst.

Bilanz der US-Notenbank (Fed) vom 31.12.1998 bis zum 30.11.2014

Gleichzeitig beschloss die japanische Zentralbank Ende Oktober 2014, ihr Aufkaufprogramm für japanische Staatsanleihen von ursprünglich 60 Billionen Yen auf zukünftig 80 Billionen Yen jährlich auszuweiten. Dies entspricht in etwa 570 Milliarden Euro und damit etwa dem doppelten des jährlich neu ausgegebenen Volumens an japanischen Staatsanleihen. Zusätzlich wird die japanische Zentralbank weiter Aktien kaufen.5

Diese Zahlen machen deutlich, in welch großem Ausmaß die Zentralbanken auf den internationalen Kapitalmärkten intervenieren. Damit steigt die Gefahr der Fehlallokation von Kapital bzw. der Verzerrung von Vermögenspreisen. Tatsächlich warnen auch die Notenbanken selbst vor möglichen Vermögenspreisblasen aufgrund der niedrigen Zinsen. Im Finanzmarktstabilitätsbericht 2013 der Deutschen Bundesbank heißt es hierzu:

»Mit zunehmender Dauer des Niedrigzinsumfelds verschiebt sich das Verhältnis von Nutzen und Kosten. Die Risiken aus anhaltend niedrigen Zinsen für die Finanzstabilität nehmen zu. An den internationalen Finanzmärkten steigt die Gefahr, dass die Suche nach Rendite unter Inkaufnahme erhöhter Risiken zu Übertreibungen führt. Je mehr sich die Märkte in ihrer Risikobewertung an die aktuell außerordentlichen finanziellen Bedingungen gewöhnen, umso höher dürften die Kosten ausfallen, wenn sich die Zinsen und Refinanzierungsbedingungen normalisieren.«6

1.4 Fazit

Das einfache Beispiel der Barwertberechnung aus diesem Kapitel zeigt, welchen Einfluss Zinsbewegungen auf den Wert einer Anlage haben können. Ob es in Zukunft zu einem Anstieg der Zinsen oder einer Normalisierung der Zinsen – wie die Bundesbank schreibt – kommen sollte, liegt weitgehend im Bereich der Spekulation. Eines ist jedoch sicher: Das Umfeld fallender Zinsen, wie in den vergangenen gut 30 Jahren, kann und wird sich in dieser Form nicht unbegrenzt fortsetzen, denn ein Rückgang der Umlaufrendite von über 11,3 Prozent p.a. auf 0,6 Prozent p.a. wird sich nicht noch einmal wiederholen.

Wir müssen also feststellen, dass der Rückenwind der letzten gut 30 ­Jahre in dieser Form nicht mehr vorhanden ist und das die massive Einflussnahme der Zentralbanken möglicherweise neue Risiken heraufbeschwört. Die Anlageergebnisse der vergangenen Jahre können vor diesem Hintergrund auf keinen Fall fortgeschrieben werden. Es ist zwingend erforderlich, sich mit den Konsequenzen des Niedrigzinsumfeldes auseinanderzusetzen. In den folgenden Kapiteln werden die Auswirkungen der Zinsfalle auf die einzelnen Anlageklassen betrachtet.

1 Rede von Mario Draghi auf der «Global Investment Conference« in London am 26. Juli 2012; http://www.ecb.europa.eu/press/key/date/2012/html/sp120726.en.html, Stand vom: 02.12.2014

2 Mario Draghi; «Introductory statement to the press conference« vom 02.10.2014; http://www.ecb.europa.eu/press/pressconf/2014/html/is141002.en.html, Stand vom 02.12.2014

3 U.S. Department of the Treasury »Major foreign holders of treasury securities«, September 2014; http://www.treasury.gov/ticdata/Publish/mfh.txt, Stand vom 02.12.2014

4 The Securities Industry and Financial Markets Association (SIFMA); Q2 2014; http://www.sifma.org/uploadedFiles/Research/Statistics/StatisticsFiles/TA-US-Treasury-Holders-SIFMA.xls, Stand vom 02.12.2014

5 Bank of Japan «Expansion of the Quantitative and Qualitative Monetary Easing« vom 31.10.2014 https://www.boj.or.jp/en/announcements/release_2014/k141031a.pdf, Stand vom 02.12.2014

6 Deutsche Bundesbank, Finanzstabilitätsbericht 2013, 12. November 2013

2. Staatsanleihen in der Zinsfalle

Dieses Kapitel wirft zunächst einen Blick zurück auf die historische Entwicklung der Kapitalmarktzinsen und die daraus resultierenden Erträge von Staatsanleihen hoher Bonität. Anschließend wird die aktuelle Situation für den Anleiheninvestor an der Entwicklung einer beispielhaften Staatsanleihe veranschaulicht. Es wird nicht nur gezeigt, welches zukünftige Ertragspotenzial das Segment der Staatsanleihen hoher Bonität bietet, sondern auch, wie sich verschiedene Szenarien zur Veränderung des Zinsniveaus auf die Anleihenkurse auswirken würden. Zum Abschluss des Kapitels werden verschiedene Möglichkeiten betrachtet, die Marktteilnehmer auf der Suche nach einer Verbesserung des Ertragspotenzials innerhalb des Anlageuniversums der Staatsanleihen grundsätzlich nutzen können.

Die Darstellungen in diesem Kapitel beziehen sich auf US-amerikanische bzw. deutsche Staatsanleihen hoher Bonität. Alle Beispielrechnungen erfolgen prognosefrei. Wie bereits im Vorwort erwähnt, ist eine Aussage zur zukünftigen Entwicklung der Kapitalmarktzinsen nicht das Ziel dieses Buches. Ziel ist es vielmehr, unabhängig von Prognosen zur weiteren Zins­entwicklung zu zeigen, dass die hohen Renditen an den Anleihenmärkten der Vergangenheit angehören und das Risiko schmerzlicher ­Kursverluste zunimmt. Die Ausführungen sollen dazu anregen, die Rendite-Risiko-­Perspektiven rentenorientierter Anlagen intensiv zu überdenken und sich die niedrigen Ertragserwartungen von direkt gekauften Anleihen, aber auch von rentenorientierten Investmentfonds vor Augen zu führen.

2.1 Historische Zinsentwicklung

Der Kapitalmarktzins stellt den Preis dar, den Schuldner für die Leihe von Geld über einen bestimmten Zeitraum an die Gläubiger bzw. Verleiher zahlen müssen. Wie alle Güter unterliegt auch der Preis für Geld im Laufe der Zeit Veränderungen. In einer Phase eines mäßigen Geldangebots ist der vom Leihenden an den Verleihenden zu zahlende Zins hoch. In Zeiten hoher Liquidität wird der Gläubiger vom Geldsuchenden nur einen geringen Zins verlangen können. Neben dem Ausmaß des Geldangebots hat in der Regel auch die Höhe der Inflationsrate einen Einfluss auf die Zinshöhe, da der Verleiher einen Ausgleich für den Kaufkraftverlust des Geldes über den festgelegten Zeitraum verlangt.

Im Folgenden soll die historische Zinsentwicklung anhand der Referenzmärkte US-amerikanischer bzw. deutscher Staatsanleihen veranschaulicht werden.

Zinsentwicklung in den USA

Die nachfolgende Grafik visualisiert die Entwicklung des Zinssatzes für US-amerikanische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren in den letzten 50 Jahren.

Die Zinsentwicklung 10-jähriger US-Staatsanleihen in den letzten 50 Jahren

Die Grafik zeigt, dass es den USA im Jahr 1964 möglich war, sich Geld zu einem Zinssatz von 4,2 % p.a. über einen Zeitraum von 10 Jahren zu leihen. In den folgenden Jahren stieg der zu zahlende Zins tendenziell an. Schließlich musste der US-amerikanische Staat im September 1981 einen ­jährlichen Zins von 15,8 % dafür zahlen, sich für 10 Jahre Geld leihen zu können. Seit ­ihrem Höchststand ging die Verzinsung 10-jähriger US-amerikanischer Staats­anleihen über mehr als drei Jahrzehnte trotz zwischenzeitlich ansteigender Phasen relativ beständig zurück. Auf dem bisherigen Tiefstand im Juli 2012 mussten die USA lediglich noch einen Zinskupon in Höhe von 1,5 % auf neu herausgegebene Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 10 Jahren bieten.

Im Durchschnitt der letzten 50 Jahre zahlten die USA für ihre 10-jährigen Anleihen einen Zins in Höhe von 6,6 %. Ende November 2014 lag das Niveau bei 2,2 % – und damit deutlich unter dem historischen Mittel.

Zinsentwicklung in Deutschland

In Deutschland war die allgemeine Entwicklung des Kapitalmarktzinsniveaus zumindest in der Zeit von 1981 bis 2012 vergleichbar mit den USA. Dies wird in der nachfolgenden Grafik anhand der Umlaufrendite veranschaulicht, in der sich die durchschnittliche Rendite der am Markt verfügbaren, inländischen festverzinslichen Staatsanleihen mit über 4 Jahren Gesamtlaufzeit und mindestens 3 Jahren Restlaufzeit widerspiegelt. Ende November 2014 betrug die durchschnittliche Restlaufzeit der in die Berechnung einbezogenen börsennotierten Bundeswertpapiere 10,1 Jahre.

In Deutschland ist die Umlaufrendite von ihrem Höchststand bei 11,2 % im August 1981 bis Ende November 2014 auf 0,6 % zurückgegangen. Damit befindet sich die deutsche Umlaufrendite auf ihrem historischen Tiefstand. Im Durchschnitt der letzten 50 Jahre lag die deutsche Umlaufrendite bei 6,1 %.

Gegenwärtig befinden sich die Kapitalmarktzinsen in den bedeutenden Märkten nahe dem bzw. auf dem historischen Tiefstand. Da der Abwärtstrend bereits seit über 30 Jahren besteht, kennen die meisten heute aktiven Marktteilnehmer lediglich langfristig fallende Kapitalmarktzinsen.

Die Umlaufrendite in Deutschland in den letzten 50 Jahren

2.2 Historische Erträge der Anleihenmärkte

Der Ertrag einer Investition in Anleihen wird wesentlich über den erzielbaren Zins sowie über Kursveränderungen bestimmt. Während der Zinskupon bei Anleihen eine kalkulierbare Größe darstellt, hängt der Ertrag aus Kursveränderungen wesentlich von der Veränderung des Zinsniveaus ab.

Zinsentwicklung und Kursentwicklung

Grundsätzlich führt eine Veränderung des Zinsniveaus zu einer Veränderung der Anleihenkurse. Fällt das Zinsniveau, so steigen die Kurse emittierter Anleihen. Steigt das Zinsniveau, so geben die Kurse emittierter Anleihen nach. Dieser Zusammenhang soll nachfolgend anhand einer vereinfachten Beispielrechnung näher erklärt werden.

Staat A hat sich vor 1 Jahr Geld für 2 Jahre am Kapitalmarkt geliehen. Zu diesem Zeitpunkt lag das Zinsniveau für Anleihen mit einer Restlaufzeit von 2 Jahren bei 2 %. Die Anleihe A1 konnte somit bei einer Laufzeit von 2 ­Jahren mit ­einem Zinskupon von 2 % zu einem Kurs von 100 % platziert werden. Inzwischen ist das Zinsniveau angestiegen und liegt für eine Laufzeit von 1 Jahr bei 4 %. Damit wäre die Anleihe A1, die nun noch eine Restlaufzeit von 1 Jahr hat, bei einem unveränderten Kurs von 100 % aufgrund ihres Zinskupons von 2 % unattraktiv gegenüber einer neu herausgegebenen Anleihe A2 mit einer Laufzeit von 1 Jahr und einem Zinskupon von 4 %.

Am Kapitalmarkt führt das dazu, dass die Anleihe A1 zu einem Kurs von ungefähr 98 % des Nennwerts bewertet wird. Für einen Investor ist die Anleihe A1 zu einem Kurs von 98 % genauso attraktiv wie die neu ausgegebene Anleihe A2 zu einem Kurs von 100 %. Mit Anleihe A1 verdient der Investor 2 % über den Kursanstieg von 98 % auf 100 % und 2 % über den Zinskupon, insgesamt also 4 %. Mit Anleihe A2 verdient der Investor 4 % über den Zinskupon.

Sinkt das Zinsniveau, bedeutet das für die am Markt gehandelten Anleihen entsprechend einen Kursanstieg. Hierdurch wird die Höhe des Zinskupons, welche dann über dem Marktzinsniveau liegt und bei neu ausgegebenen Anleihen nicht mehr erreichbar ist, ausgeglichen. Dieser Kursanstieg einer existierenden Anleihe wird bis zum Fälligkeitstermin wieder abgebaut, die Rückzahlung erfolgt zum Nennwert. Auf diese Weise haben existierende Anleihen mit hohem Zinskupon das gleiche Renditeniveau wie neu ausgegebene Anleihen mit niedrigerem Zinskupon.

Wäre das Zinsniveau für die angenommene Laufzeit auf 1 % gefallen, würde der Kurs der Anleihe A1 auf ungefähr 101 % angestiegen sein. Für den höheren Zinskupon der Anleihe A1 würde der Investor also einen höheren Kurs bezahlen müssen. Die Alternative für den Investor liegt in einer neu ausgegebenen Anleihe A3 mit einer Laufzeit von 1 Jahr und einem Zinskupon von 1 % zu einem Kurs von 100 %. Mit der zu 101 % gekauften Anleihe A1 würde der Investor in 1 Jahr zwar 1 % über den Kurs verlieren, da die Anleihe zu 100 % zurückgezahlt wird, gleichzeitig vereinnahmt er jedoch den Zinskupon von 2 %. Somit bringt ihm die Anleihe A1 einen Ertrag von 1 %, was dem Ertrag aus der Anleihe A3 entspricht.

Der Zusammenhang zwischen Zins und Kurs ist umso ausgeprägter, je länger die Restlaufzeit der bereits ausgegebenen Anleihen ist und je stärker sich das Zinsniveau verändert. Wie deutlich sich eine Zinsänderung auf den Kurs langlaufender Anleihen auswirken kann, zeigt nachfolgend eine vereinfachte Beispielrechnung.

Auswirkung eines fallenden Zinsniveaus auf langlaufende Anleihen

Eine vor 2 Jahren aufgelegte Anleihe A mit einer Laufzeit von 10 Jahren besitzt einen Zinskupon von 4 % und wurde damals zu einem Kurs von 100 % ausgegeben. Danach fällt das Zinsniveau. Eine heute neu emittierte Anleihe B mit einer Laufzeit von 8 Jahren wird mit einem Zinskupon von 2 % zu einem Kurs von 100 % ausgegeben. Infolge des Zinsrückgangs ist der Kurs von Anleihe A an der Börse gestiegen. Aufgrund des höheren Zinskupons für die verbleibenden 8 Jahre sind für die Anleihe A bei vereinfachter Betrachtung heute ca. 116 % zu zahlen. Bei diesem Kursniveau weist Anleihe A insgesamt die gleiche laufende Verzinsung wie Anleihe B auf.

Auswirkung eines steigenden Zinsniveaus auf langlaufende Anleihen

Eine heute neu aufgelegte Anleihe C mit einer Laufzeit von 10 Jahren und einem Zinskupon von 2 % wird zu einem Kurs von 100 % ausgegeben. In 2 Jahren ist das Zinsniveau dann angestiegen und eine neu aufgelegte Anleihe D mit einem Zinskupon von 4 % und einer Laufzeit von 8 Jahren wird zu einem Kurs von 100 % ausgegeben. Infolge des Anstiegs des Zinsniveaus hat der Kurs von Anleihe C an der Börse nachgegeben. Erst bei einem Kurs von ca. 84 % wird die Anleihe C für die verbleibende Restlaufzeit von 8 Jahren bei vereinfachter Betrachtung die gleiche laufende Verzinsung wie die dann neu emittierte Anleihe D aufweisen.

Duration

Im Zusammenhang mit dem Ausmaß der Auswirkung von Zinsänderungen auf den Kurs von emittierten Anleihen wird oft der Begriff Duration verwendet. Die Duration ist ein Maß für die Zinssensitivität einer Anleihe. Sie wird durch den gewichteten Mittelwert der Zeitpunkte berechnet, zu denen ein Anleger Zahlungen aus einer Anleihe erhält, bezeichnet also die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer einer Geldanlage in einem festverzinslichen Wertpapier. Die Duration ist in der Regel kürzer als die Restlaufzeit, da sich durch zwischenzeitliche Zinszahlungen auf das angelegte Kapital die Amortisationsdauer verkürzt. Je länger die Duration einer Anleihe ist, desto stärker reagiert ihr Kurs auf Veränderungen des Marktzinsniveaus.

Hohe Erträge am deutschen Anleihenmarkt in der Vergangenheit

Eine Investition in deutsche Staatsanleihen hat in der Vergangenheit zu hohen Erträgen geführt. Im REX-Performanceindex werden sowohl die Erträge aus den vereinnahmten Zinskupons als auch die Wertveränderungen der Anleihen aufgrund der Veränderung des Zinsniveaus abgebildet.

Wie die nachfolgende Grafik zeigt, hat der REX-Performanceindex seit erstmaliger Berechnung am 31. Januar 1967 um 2.100 % zugelegt, was einem annualisierten Ertrag in Höhe von 6,7 % entspricht.

Entwicklung des REX-Performanceindex seit Januar 1967 bis November 2014

Um den Gesamtertrag in Zinsen und Kursgewinne zu separieren, kann die Entwicklung des REX-Performanceindex der Entwicklung des REX-Kursindex gegenübergestellt werden, der nur die Kursveränderungen der Anleihen erfasst. Aus der Differenz der beiden Indizes ergibt sich der annualisierte Zinsanteil in den jeweiligen Zeiträumen.

Zeitraum

REX-Performanceindex

Zinsanteil

REX-Kursindex

1967–2014

6,7 %

6,1 %

0,6 %

1974–2014

6,9 %

5,8 %

1,1 %

1984–2014

6,2 %

5,2 %

1,0 %

1994–2014

5,8 %

4,2 %

1,6 %

2004–2014

4,5 %

3,0 %

1,5 %

2009–2014

4,6 %

2,3 %

2,3 %

2011–2014

3,9 %

1,8 %

2,1 %

01.01.2014 – 30.11.2014

5,4 %

1,3 %

4,1%

Quelle: Deutsche Bundesbank, Sauren Fonds-Research AG

Tabelle Ergebnisbeiträge von Zinsen und Kursgewinnen (bis auf das Teiljahr 2014) annualisierte Ergebnisse, jeweils per Ende November 2014

Von dem annualisierten Ertrag seit Januar 1967 in Höhe von 6,7 % entfallen somit 6,1 Prozentpunkte auf Zinszahlungen und 0,6 Prozentpunkte auf Kursveränderungen.

Wie die Tabelle zeigt, führte der deutliche Zinsrückgang in der jüngeren Vergangenheit dazu, dass der Ertrag einer Investition in deutsche Staatsanleihen in den letzten Jahren zu einem immer höheren Anteil durch Kursgewinne bestimmt wurde. So verzeichnete der REX-Performance­index in den letzten 3 Jahren einen annualisierten Ertrag in Höhe von 3,9 % – davon entfielen allein 2,1 Prozentpunkte auf Kursgewinne. Beläuft sich der Anteil der Kursgewinne am Gesamtertrag seit Januar 1967 auf ca. 9 %, so liegt er für die letzten 3 Jahre bei mehr als der Hälfte des Gesamt­ertrags. Noch deutlicher ist der Beitrag im laufenden Jahr 2014. In der Zeit zwischen dem 1. Januar 2014 und dem 30. November 2014 wies der REX-Performanceindex einen Anstieg in Höhe von 5,4 % auf, wovon alleine 4,1 Prozentpunkte auf Kursgewinne entfielen.

Würdigung des historischen Ergebnisses

Im letzten Abschnitt wurde berechnet, dass der annualisierte Zinsertrag deutscher Staatsanleihen seit 1967 bei 6,1 % lag. Damit weist der historische Zinsbeitrag eine enorme Diskrepanz auf zu den aktuell erzielbaren Zinsen. Gemessen an der deutschen Umlaufrendite per 30. November 2014 liegen diese lediglich bei 0,6 %.

Staatsanleihen im Zinstief

Die Erzielung der in der Vergangenheit erreichten Renditen wird zukünftig für Anleger kaum möglich sein. Das aktuelle Renditeniveau deutscher Staatsanleihen liegt 5,5 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt der historischen Verzinsung.

Dazu kommt, dass auch der Ergebnisbeitrag durch Kursgewinne nicht zu wiederholen sein wird. Während des Zinsrückgangs über mehr als drei Jahrzehnte und insbesondere in den letzten Jahren entfiel wie oben aufgezeigt ein wesentlicher Anteil des Ertrags auf Kursgewinne. Das aktuelle Niveau der deutschen Umlaufrendite hat die Ausgangssituation für eine Fortsetzung des nachhaltigen Zinsrückgangs und damit für zukünftige weitere Kursgewinne wesentlich verschlechtert. Insgesamt bieten deutsche Staatsanleihen somit kein attraktives Rendite-Risiko-Profil mehr.

Interpretation der Leistungen aktiver Fondsmanager

Durch die vergleichsweise hohen Zinskupons sowie durch die Kursgewinne aufgrund des allgemeinen Zinsrückgangs weisen rentenorientierte Anlagen für die zurückliegenden Jahre hohe Wertzuwächse auf. Dies gilt für die Erträge aus direkten Anleiheninvestments genauso wie für die Ergebnisse von Rentenfonds.

Bei der Beurteilung der Ergebnisse von aktiv verwalteten Rentenfonds sollte dies stets berücksichtigt werden. Bei detaillierter Analyse stellt sich zumeist heraus, dass die augenscheinlich attraktiven Ergebnisse der Fonds vor allem auf der allgemeinen Marktentwicklung basieren – und nicht die Leistung des Fondsmanagers durch aktive fundamentale Anlageentscheidungen widerspiegeln. So gibt es aktuell nach Analysen der Autoren keinen Fonds mit strikt auf deutsche Staatsanleihen ausgerichtetem Anlageuniversum, der risikoadjustiert nachhaltig besser als der REX-­Performanceindex abgeschnitten hat.