Die Zukunft des Luxus - Erwan Rambourg - E-Book

Die Zukunft des Luxus E-Book

Erwan Rambourg

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Beschreibung

Erwan Rambourg zeigt die wichtigsten Trends, die die Luxusindustrie in den nächsten zehn Jahren umgestalten werden. Die Ausweitung des chinesischen Konsums und der Anstieg der Kaufkraft von Frauen auf der ganzen Welt werden die Branche weiter wachsen lassen – es zeichnen sich jedoch grundlegende Veränderungen ab. Die jüngere Generation drängt auf den Luxusmarkt und bringt neue Werte und Ansprüche mit. Damit Marken bei ihr Anklang finden, müssen sie über Produkt und Logo hinaus Substanz entwickeln – Marken müssen Themen wie Vielfalt, Nachhaltigkeit und ethische Produktion ernst nehmen. "Die Zukunft des Luxus" ist fesselnd, klug und fundiert, eine unverzichtbare Lektüre für alle, die neu in der Branche sind, aber auch für Veteranen, die ihren weiteren Erfolg planen – und nicht zuletzt für Anleger, die auf die Gewinner des Luxus-Booms setzen wollen.

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ERWANRAMBOURG

DIE ZUKUNFT DESLUXUS

NEUE KUNDEN,NEUE WERTE – EINE BRANCHEVOR VERÄNDERUNGEN

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel

Future Luxe: What’s Ahead For the Business of Luxury

ISBN 978-1-77327-126-2

Copyright der Originalausgabe 2020:

Copyright © 2020 by Erwan Rambourg

Foreword © 2020 by François-Henri Pinault

Original English language publication 2020 by Figure 1 Publishing Inc., Vancouver, Canada.

All rights reserved.

Copyright der deutschen Ausgabe 2022:

© Börsenmedien AG, Kulmbach

Übersetzung: Egbert Neumüller

Coveridee: Naomi MacDougall

Gestaltung, Satz und Herstellung: Daniela Freitag

Lektorat: Florian Hofmann

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-86470-805-3

eISBN 978-3-86470-806-0

Alle Rechte der Verbreitung, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Verwertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Postfach 1449 • 95305 Kulmbach

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Meinen Kindern Manon, Benjamin und Baptiste.Mögen sie eine große, glänzende Zukunft haben.

„Als 14 Jahre alter Junge

war mein Vater derart unwissend,

dass ich die Anwesenheit des

alten Mannes kaum ertragen konnte.

Aber als ich 21 wurde, staunte ich,

wie viel der alte Mann in

sieben Jahren gelernt hatte.“

MARK TWAIN ZUGESCHRIEBEN

INHALT

VORWORT

von François-Henri Pinault

VORREDE

Das Luxusleben nach COVID-19

EINFÜHRUNG

Eine große, glänzende Zukunft für den Luxus

TEIL 1 | DIE KÄUFER

1 | Die Zukunft ist weiblich

2 | Alles weist nach Osten

3 | Die Macht von Jugend, Inklusion und Diversität

TEIL 2 | DIE VERKÄUFER

4 | Auf die Größe kommt es an

5 | Der stationäre Handel – nicht totzukriegen

TEIL 3 | DIE ZUKUNFT

6 | Demokratischer Luxus

7 | Der Luxus der Gesundheit

8 | Die „Premiumisierung“ von allem

9 | Verreisen – und ankommen

10 | Luxus im Umbruch: Das kommende Jahrzehnt

FAZIT

Der neue Luxus

Danksagungen

21 Prognosen für 2021 und danach

Vorstellung einiger Luxusartikel-Unternehmen

Anmerkungen

VORWORT

China ist allgemein als eine der wichtigsten treibenden Kräfte des nachhaltigen Wachstums im Luxussektor anerkannt. Vor sechs Jahren besaß Erwan Rambourg in seinem Buch „The Bling Dynasty“ die Voraussicht, zu verkünden, dabei handele es sich um mehr als einen Trend, nämlich um ein strukturelles und daher dauerhaftes Phänomen. Selbst heute stellt der chinesische Markt trotz der Coronakrise ein beträchtliches langfristiges Wachstumsreservoir dar. Rückblickend hat das zwar nichts an den Bindungen zwischen den wichtigsten Firmen und ihren Heimatländern geändert, aber dadurch hat sich das Gravitationszentrum unseres Sektors verschoben.

In Fortführung dieser Argumentation unterstreicht der Autor zu Recht, dass diese Verlagerung in Richtung Asien nicht die einzige strukturelle Kraft ist, die die Gleichgewichtsverhältnisse innerhalb der Luxusindustrie verändern wird.

In seiner Gesamtheit profitiert dieser Sektor in unterschiedlichem Maße von dem veränderten Konsumverhalten der neuen Generationen, und zwar unabhängig von der Geografie. Der zunächst als kurzlebig betrachtete Appetit der Millennials rund um die Welt auf Luxusprodukte erweist sich als nachhaltiger, als es manche Branchenbeobachter erwartet hatten. Dies ist ein Beleg dafür – sofern einer nötig ist –, dass diese Neigung das Resultat einer grundlegenden Verschiebung innerhalb der Gesellschaft ist, die wiederum dadurch bewirkt wird, dass sich die Lebensweise der jungen Erwachsenen verändert, dass sie mehr Geld willkürlich ausgeben und dass sich Verbraucher neue soziale Identitäten zu eigen machen. Diese Trends werden sich auch über den konjunkturellen Rückgang hinweg fortsetzen, der von COVID-19 ausgelöst wurde.

Zu den Faktoren, die zu dieser neuen Generation von Luxusmarken-Kunden beitragen, gehört auch das Aufkommen der sozialen Netzwerke im breiteren Kontext der digitalen Revolution. Die Bemerkungen des Autors zur „Selfie-Generation“ geben eine meiner tiefen Überzeugungen wieder: Der moderne Luxus, bereichert um echte interaktive Kreativität, wird weiterhin den Einzelnen in die Lage versetzen, sich Geltung zu verschaffen und seine einzigartige Persönlichkeit auszudrücken. Erfolgreiche Unternehmen können eine Antwort auf dieses grundlegende Bedürfnis liefern.

Wenn man ein Luxusprodukt erwirbt, geht es immer um weit mehr als um bloßen Konsum. Es geht auch um die Wahl eines Stils, einer Ästhetik, einer Gesinnung. Es bedeutet, dass man Teil einer Tradition wird, die durch eine kreative Vision neu interpretiert und erneuert wird. Es bedeutet, die Werte zu teilen, die mit einer bestimmten Marke verbunden werden. Deshalb müssen Luxusmarken den Erwartungen sowie dem Gefühl der Bindung gerecht werden, das sie hervorrufen. Der moderne Luxus ist mehr denn je ein Luxus, der Verantwortung für die Umwelt und für die Gemeinschaft übernimmt; der nicht zögert, sich an gesellschaftlichen Debatten zu beteiligen, und der Diversität und Inklusion fördert. Alle diese Merkmale spiegeln die Erwartungen der neuen Kundengeneration wider und stellen zusammengenommen die große Herausforderung dar, vor der unser Sektor steht, aber auch eine Chance, Anspruch auf Sinnhaftigkeit zu erheben.

FRANÇOIS-HENRI PINAULT

Verwaltungsrats- und Vorstandsvorsitzender von Kering

Paris im Mai 2020

VORREDE

DAS LUXUSLEBEN NACH COVID-19

Den größten Teil dieses Buches habe ich 2019 geschrieben, also bevor das neue Coronavirus (COVID-19) aufkam und die Welt in eine Pandemie stürzte. Wie Sie sich vorstellen können, habe ich bis Juli 2020 viele Änderungen vorgenommen, weil viele Städte auf der ganzen Welt im Lockdown waren und der Flugverkehr zum Stillstand gekommen war.

Warum sollte man sich Gedanken über das nächste Jahrzehnt des Luxus machen, wenn die halbe Welt unter Einschränkungen und in Angst lebt? Wer kann sich vorstellen, dass die Verbraucher auch nur daran denken, gehobene und scheinbar nutzlose Produkte zu kaufen, wenn sie damit zu tun haben, Alltagsgüter wie Nudeln, Toilettenpapier und Milch zu kaufen? Wer würde auch nur daran denken, eine Rolex-Armbanduhr oder eine Chanel-Handtasche zu kaufen, wenn die Börsen zusammenbrechen, die Arbeitslosigkeit steigt und die Zahl der Todesfälle zunimmt? Wer, der bei Verstand ist, hätte in den Vereinigten Staaten nach dem schockierenden Tod von George Floyd durch polizeiliche Gewalt und nach den Massenprotesten, die darauf folgten – also in einem Land, das mit seiner eigenen Epidemie eklatanter Ungleichbehandlung der Hautfarben konfrontiert ist –, keine Schuldgefühle, wenn er hochpreisige Artikel kauft?

Natürlich sind solche Fragen berechtigt. Ebenso wie wir uns an neue Ausdrücke wie „Superspreader“ und „Abflachung der Kurve“ sowie an neue Konzepte und Gepflogenheiten wie das Homeoffice gewöhnt haben oder auch an Zoom oder WhatsApp, um einen schönen Abend mit Freunden zu verbringen, genauso wird der Luxussektor lernen, sich zu entwickeln und anzupassen. Die Luxusmarken werden ein neues Vokabular lernen müssen, sie werden neue Regeln beachten und gegenüber dem, was die Umstände bringen mögen, einen offenen Geist bewahren. Henry Kissinger hat einmal gesagt, ein Diamant sei bloß ein Stück Kohle, das den Druck gut ausgehalten hat. Wenn die Luxusmarken ihre Selbstgefälligkeit ablegen, kann sich COVID-19 im Nachhinein durchaus als Katalysator für einen positiven Wandel erweisen, der durch Kreativität, Optimismus und Entschlossenheit ermöglicht wird.

Ich habe mich im Laufe des gesamten Buches bemüht, mir vorzustellen, welche Nachwirkungen das Virus im Luxusbereich haben könnte. Im Prinzip bin ich davon überzeugt, dass der Ausbruch der Pandemie und ihre Auswirkungen auf das Verbraucherverhalten die bestehenden Trends beschleunigen werden.

Manche Folgen der Pandemie sind ziemlich unkompliziert. Die chinesischen Verbraucher sind die wichtigste Komponente des Luxussektors und werden es auch bleiben. Die schnelle Stabilisierung der COVID-19-Infektionen in China im März 2020, nur zwei Monate nach dem Ausbruch, bedeutet, dass die Chinesen als Erste zum Premiumkonsum zurückgekehrt sind. Für sie hat sich die Virusepisode als kurzlebig erwiesen und die Zuversicht ist schnell wieder zurückgekehrt. Der Konsolidierungstrend in der Luxusbranche und die Vorteile, die Größe bietet, werden sich verstärken. Die unabhängigen kleineren Marken werden mehr darunter leiden, dass die Nachfrage im Frühjahr 2020 zum Stillstand kam. Fusionen und Übernahmen sollten durchaus begünstigt werden, denn die größeren Konzerne sammeln weiterhin Marktanteile an.

Manche anderen Konsequenzen des Virus wirken auf den ersten Blick nicht einleuchtend. So mag es beispielsweise vernünftig erscheinen, dass die Luxusverbraucher den Löwenanteil ihrer Käufe online tätigen werden, weil die Quarantänebedingungen die Barriere gegen das Onlineshopping senken. Ich behaupte jedoch, dass der Luxus eine Ausnahme von dieser Regel bilden wird, weil seine Attribute nicht mit dem Prinzip des Social Distancings vereinbar sind. Luxusartikel werden vorwiegend in Geschäften verkauft werden, nicht online – sogar in der Welt nach COVID-19.

Sie sehen also, dass nicht alles schlecht ist.

ERWAN RAMBOURG

New York im Juli 2020

EINFÜHRUNG

EINE GROSSE, GLÄNZENDE ZUKUNFT FÜR DEN LUXUS

„Ich kann allem widerstehenaußer der Versuchung.“OSCAR WILDE

Können Sie sich vorstellen, über Monate auf etwas zu sparen, das die meisten Menschen für vollkommen unnötig halten würden? Vielen Menschen, vielleicht den meisten, erscheint die Nachfrage nach Luxusartikeln völlig irrational. Mechanische Armbanduhren oder luxuriöser Schmuck werden als willkürliche, überflüssige Produkte betrachtet, deren empfundener Wert vollkommen von ihrem Nutzen entkoppelt ist. Prognosen zufolge wird der Umsatz im Handel mit persönlichen Luxusartikeln bis zum Jahr 2025 auf 320 bis 365 Milliarden Euro steigen, wobei der Umsatz mit Luxusartikeln einschließlich Autos, Restaurantbesuchen, Kreuzfahrten und Übernachtungen bereits mehr als 1,3 Billionen Euro beträgt.1 Wie lassen sich die immense Größe und das anhaltende Wachstum eines „überflüssigen“ Sektors erklären?

Ich habe seit 25 Jahren mit der Luxusindustrie zu tun. Zunächst war ich in Paris im Marketing tätig (bei Guerlain und Christian Dior innerhalb des LVMH-Konzerns*, dann bei Cartier, der weltgrößten Marke für gehobenen Schmuck) und ich arbeite seit 15 Jahren bei einer Bank vor allem auf den Gebieten Unternehmensstrategie und Aktienmärkte (und bis heute schauen mich ehemalige Marketingkollegen komisch an, wenn ich ihnen sage, dass ich erleichtert war, als ich vom Marketing zu einer Bank wechselte). Obwohl sich meine Berufstätigkeit von den täglichen Marketing-Herausforderungen zu einer Vogelperspektive auf die Branche verschoben hat, habe ich den fundamentalen Reiz nicht aus dem Blick verloren, der die Nachfrage nach Luxusartikeln speist. Für viele wohlhabende Verbraucher ist Luxus kein bloßer Genuss, sondern eine Kernpriorität, die tiefgreifende Bedürfnisse und Wünsche befriedigt. Luxus hat mit Zugehörigkeit, Kultur und Sinn zu tun.

Ziel dieses Buches ist es hauptsächlich zu erklären, wieso die Luxusbranche trotz der Stockungen der letzten Zeit ein großes Wachstumspotenzial vor sich hat, und einige der Veränderungen vorherzusagen, die mit diesem Wachstum einhergehen werden. Ich werde im Folgenden die konkreten demografischen, strukturellen und kulturellen Faktoren erläutern, die sich in den kommenden zehn Jahren auf die Branche auswirken werden. Es steht wohl fest, dass die Nachfrage nach Luxus langfristig felsenfest bleiben wird und dass sie tief verwurzelt ist. Es mag sein, dass COVID-19 Reisende am Boden festgehalten hat und Verbraucher (zu Recht) veranlasst hat, die unmittelbaren Bedürfnisse kurzfristig über Luxuskäufe zu stellen, aber ich bin überzeugt, dass die kommenden zehn Jahre nach einem grauenvollen Jahr 2020 in Bezug auf den Umsatz mit Luxus eine Neuauflage der „Goldenen Zwanziger“ werden könnten. Die Massenluxus-Pyramide (siehe Seite 17) dürfte viele weitere Verbraucher aufnehmen.

Meiner Ansicht nach ist der Konsum von Luxus weniger mit den finanziellen Mitteln korreliert als mit dem Wunsch, der Gesellschaft seine Zugehörigkeit zu beweisen. Anders ausgedrückt ist die Neigung, ein Luxusprodukt zu kaufen, stärker mit psychischen Elementen korreliert als mit dem Gehalt. Wenn man das begriffen hat, überrascht es einen weniger zu hören, dass die Vermögensbildung in den letzten 20 Jahren nicht die hauptsächliche treibende Kraft des Luxuskonsums war. Es stimmt, dass die Entwicklung des globalen Kapitalismus einen gewaltigen Wohlstand geschaffen hat: In vielen Ländern geht die Schere zwischen Arm und Reich gemessen am Gini-Koeffizienten (einem Maß für die Vermögensungleichheit) immer weiter auf, und zumindest auf dem Papier stützen Vermögensunterschiede die Nachfrage nach Luxusgütern. Dabei muss man jedoch bedenken, dass in Japan der Luxus-Absatz Ende der 1990er-Jahre florierte, also in einer Zeit, in der die Wirtschaft derart stagnierte, dass man sie heute als verlorenes Jahrzehnt bezeichnet; ironischerweise hätte man sie auch als Jahrzehnt des Luxus bezeichnen können. Natürlich stimmt auch das, was einer meiner Vorgesetzten bei Cartier gern sagte, der kecke, legendäre Bernard Fornas: „Lieber neureich als nie reich.“ Aber Wohlstand ist auch nicht alles. Mehr als das Vermögen spielt der psychologische Aspekt, der Wohlfühlfaktor eine Rolle.

Die Massenluxus-Pyramide

Sicherlich befördert die Schaffung von Wohlstand den Luxuskonsum, aber bei diesem Konsum geht es mehr darum, etwas zu beweisen und so zu wirken, als würde man dazugehören, als um den Reichtum an sich. Diese Dynamik lässt sich durch ein scheinbares Gegenbeispiel veranschaulichen: Facebook-Gründer Mark Zuckerberg, der bekanntlich sehr reich ist (während ich dies schreibe, wird sein Vermögen auf 75 Milliarden Dollar geschätzt), ist auch dafür bekannt, dass er jeden Tag ein graues T-Shirt oder einen grauen Hoodie trägt, ein bisschen wie Apple-Gründer Steve Jobs mit seinen Jeans und seinen schwarzen Rollkragenpullis. Es stimmt schon, dass Zuckerbergs T-Shirts aus dem italienischen Hause Brunello Cucinelli kommen, einem seriösen, gehobenen Konfektionsunternehmen für Kunden, die sich auskennen – aber für jemanden, der Nachrichten schaut, sind es einfach graue T-Shirts. Zuckerberg versucht nicht, sich abzuheben und der Welt zu beweisen, dass er es geschafft hat. Vielmehr versucht er das Gegenteil, in dem er uns glauben machen möchte, er sei wie du und ich. Er ist die Antithese des Umgangs von Luxuskonsumenten mit Marken: Sie sind vielleicht nicht märchenhaft reich, aber sie möchten, dass die Gesellschaft sofort weiß, dass sie erfolgreich sind. Jedermann weiß, dass Zuckerberg erfolgreich ist, daher braucht er nicht mir der typischen Luxusattitüde um Anerkennung zu kämpfen. Aber er möchte trotzdem dazugehören.

Wenn man in die Welt des Luxus eintritt, wird man zum Teil der größeren Geschichte. Viele der erfolgreichsten Marken wurden vor Jahrzehnten oder vor Jahrhunderten gegründet. Im Ursprung und in der Geschichte von Marken, in ihren Kundenbeziehungen und darin, dass sie den Test der Zeit bestanden haben, liegt Tiefe. Ich finde, die Markenidentität des in Familienbesitz befindlichen Spirituosenkonzerns Rémy Cointreau fasst das ziemlich gut zusammen: „Terroir, Menschen und Zeit.“ Der Kauf von Luxusartikeln verrät, woher man kommt und welcher Gruppe man angehört, und er bietet einen Anker, einen Bezugspunkt in einer sich stets wandelnden Welt, die Illusion, man sei Teil einer größeren Geschichte.

Da Luxusmarken und kulturelle Meilensteine untrennbar miteinander verbunden sind – Cartier war der Juwelier von Königen, Gucci und Louis Vuitton kleiden Hollywood-Größen ein, Tod’s finanziert die Restaurierung des Kolosseums in Rom, Dior veranstaltete im El-Badi-Palast in Marrakesch eine Modenschau –, nimmt man dadurch auch an der Weltkultur und ein kleines bisschen an der Weltgeschichte teil. Nachdem die Kathedrale Notre-Dame de Paris im April 2019 durch einen Brand teilweise zerstört worden war, traten die Eigentümer von LVMH und Kering als größte Spender für den Wiederaufbau des symbolträchtigen Bauwerks auf. Viele Beobachter waren davon überrascht und ein Teil der französischen Presse meinte sogar, dies sei nicht die angemessene Rolle von Luxuskonzernen. Ich bin anderer Meinung. Viele der prominentesten Marken unterstützen mittels Spenden oder Stiftungen Kunst und Kultur: Cartier hat im Jahr 1984 ein Museum für zeitgenössische Kunst namens Fondation Cartier gestiftet. Die erst kürzlich eröffnete Fondation Louis Vuitton ist ein von Frank Gehry gestaltetes Kulturzentrum und Kunstmuseum. Die vom Kering-Gründer (und Vater des derzeitigen CEOs Henri Pinault) François Pinault gegründete Pinault Collection betreibt in Venedig zwei herrliche Kunsträume, den Palazzo Grassi und die Punta della Dogana. Luxusmarken sind natürliche Kunst- und Kulturförderer, weil sie in der Gesellschaft eine ähnliche Funktion haben. Ein leitender Angestellter einer erschwinglichen Luxusmarke erklärte mir das unterdurchschnittliche Wachstum des Unternehmens einmal, indem er bekannte: Wir erfassen den kulturellen Zeitgeist nicht. Die Daseinsberechtigung von Luxusmarken besteht in der Tat darin, den kulturellen Zeitgeist der Gesellschaft zu erfassen und ihn den Verbrauchern zu liefern.

Wenn ich über den Sinn von Luxusartikeln nachdenke, komme ich oft auf ein populäres Sprichwort zurück: „Die Menschen mögen vergessen, was man gesagt hat, aber sie werden nie vergessen, welches Gefühl man ihnen vermittelt hat.“ Die Nützlichkeit von Luxuskonsum umfasst unter anderem, sich in die Gesellschaft einzufügen, sich einfach glücklich, ermächtigt oder vollständig zu fühlen. Das ist machtvoll. Das hat einen Wert. Das trägt zum großen Teil dazu bei, dass Luxusmarken zu Legenden werden. Nicht nur, dass sie vor langer Zeit gegründet wurden. Das nützt beim Geschichtenerzählen und bei der Vermarktung. Es ist eher so, dass – wenn einem ein Elternteil, ein Freund oder eine Freundin, ein Ehepartner, eine Geliebte oder ein Geliebter etwas schenkt oder wenn man sich für etwas belohnt, das man geschafft hat, oder wenn einem einfach danach ist – einem starke Erinnerungen an diese Momente bleiben werden.

In den nächsten Jahrzehnten werden die Umsätze der Luxusindustrie kräftig wachsen. Woher ich das weiß? Ich könnte Ihnen sagen, dass auch nach dem Trauma der Pandemie Zugehörigkeit, Vorankommen und das Prahlen mit Erfolgen wesentlich zur Natur des Menschen gehören werden und dass der Absatz von Luxus immer gesichert sein wird. Ich könnte Ihnen auch sagen, dass der CEO des größten Luxuskonzerns – LVMH – überzeugt ist, dass die Marken der Unternehmensgruppe statistisch gesehen innerhalb eines 10-Jahres-Zeitraums sieben Jahre mit robustem Wachstum erleben, zwei Jahre mit durchwachsenen Trends und ein hartes Jahr durchmachen, meist im Zuge einer Rezession – und dass das letzte harte Jahr 2020 bald hinter uns liegen wird, sodass es losgehen kann.

Da es in diesem Buch um Vorhersagen der Zukunft geht, habe ich den Sprung gewagt und versucht, 21 Veränderungen in der Luxusindustrie vorherzusagen, von denen ich erwarte, dass sie im kommenden Jahrzehnt stattfinden werden. Die erste dieser Prognosen findet sich auf Seite 51 (und falls Sie es nicht abwarten können: Im Anhang „21 Prognosen für 2021 und danach“ sind alle Vorhersagen aufgeführt). Sie gründen sich auf bestehende Trends und auf Hochrechnungen. Jedoch wissen wir alle, dass die Entwicklung in der Vergangenheit keine Garantie für künftige Ergebnisse ist, und in diesem Buch geht es nicht nur um den Blick in die Kristallkugel. Es geht auch darum, Ihnen einige greifbare Schlüssel zu liefern, um die Zukunft des Luxus zu verstehen.

Indem man untersucht, weshalb die Luxusumsätze im vergangenen Jahrzehnt so hoch waren, versteht man besser, wie die Dinge heute stehen, und hat festen Boden unter den Füßen, um nützliche Beobachtungen dahingehend anzustellen, wohin uns das nächste Jahrzehnt bringen wird – und inwiefern die Definition von Luxus an sich im Begriff steht, sich zu verändern. Und: Die Ausbreitung von COVID-19 im Jahr 2020 wird zwar zweifellos die Herangehensweise der Verbraucher an Marken verändern, dürfte jedoch eher beschleunigend auf Trends wirken, die sich bereits abzuzeichnen begannen, als eine 180-Grad-Wende zu bewirken.

Der Aufstieg des Luxus: Eine dekadente Dekade

In den letzten zehn Jahren standen drei treibende Kräfte hinter dem Wachstum des Sektors: der wachsende Wohlstand in China, das nachlassende Schuldbewusstsein in den Vereinigten Staaten und die Tatsache, dass die „Selfie-Generation“ das Ruder übernahm. Die meisten treibenden Kräfte werden auch in den nächsten zehn Jahren relevant bleiben, aber einige von ihnen werden sich weiterentwickeln. Dadurch wird neu definiert, wer die Verbraucher sind, welche Marken und Konzerne erfolgreich sein werden und wie sie ihre Produkte verkaufen werden.

Erstens hat der chinesische Verbraucher bewiesen, dass er eine unglaubliche Kauflust besitzt. Der größte Wachstumsfaktor der Luxusbranche war in den letzten zehn Jahren die formidable Schaffung von Wohlstand in China. Den chinesischen Verbrauchern ging es im vergangenen Jahrzehnt sowohl psychologisch als auch finanziell viel besser und sie lösten die japanischen Verbraucher als hauptsächliche Luxuskäufer schnell ab. Die tolle Nachricht für die Luxusindustrie ist, dass dies offenbar keine Blase ist. Tatsächlich lassen sozioökonomische Faktoren den Schluss zu, dass das Wachstum der chinesischen Verbraucher fest verwurzelt ist und dass es keinen Grund gibt zu befürchten, dieser Markt könne kollabieren. Rückblickend könnte man den Ausbruch des Coronavirus im Jahr 2020 als kurzfristige Hürde im Rahmen einer eigentlich kontinuierlichen Expansion betrachten; außerdem wurde der chinesische Verbraucher im Frühjahr 2020 zum einzigen für diesen Sektor relevanten Konsumenten, weil der Westen dichtmachte.

Zweitens lässt insbesondere in den Vereinigten Staaten das Schuldbewusstsein nach. Ich bin zwar Franzose (niemand ist vollkommen), aber in den Vereinigten Staaten aufgewachsen, also in einem Land des Wohlstands und der Chancen, in dem man meinen könnte, alle Besitzenden sollten den Luxussektor stützen. Doch überraschenderweise sind die Vereinigten Staaten im Verhältnis zu ihrem Wohlstand gar nicht einmal so offen, vor allem nicht im Vergleich zum chinesischen Luxusmarkt. Historisch gesehen rümpfte man in den Vereinigten Staaten über Luxusartikel die Nase und verband sie mit Schuldbewusstsein, vor allem in den Jahren nach 9/11 und der Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009. Gemäß dieser Denkweise ist es zwar in Ordnung, Geld zu verdienen, aber die offensichtliche Zurschaustellung von Wohlstand durch „tragbare“ Produkte ist entweder ungebührlich oder ordinär. Ob es nun deprimierende gesellschaftliche Gründe hat (die Medien haben die Bürger des Landes daran gewöhnt, Tod, Zerstörung und Verzweiflung zu sehen) oder eher positive weltanschauliche Gründe (man lebt nur einmal, daher sollte man das Leben genießen), jedenfalls legen die US-amerikanischen Verbraucher ihre Schuldgefühle ab. Luxusprodukte, über die man früher womöglich die Nase rümpfte, haben in den Vereinigten Staaten an Akzeptanz gewonnen, und wahrscheinlich hat die Kombination aus mehr als einem Jahrzehnt starken Wirtschaftswachstums, einer Hausse an der Wall Street und der Allgegenwart der sozialen Medien dazu beigetragen, viele neue amerikanische Luxuskonsumenten hervorzubringen. In manchen Regionen, die früher wohlhabend, aber zurückhaltend waren, haben sich Luxusgeschäfte entwickelt, zum Beispiel in Boston, oder – um ein europäisches Beispiel zu nennen – in Deutschland, wo zwar seit Jahrzehnten der Wohlstand wächst, wo es jedoch als gesellschaftliches Tabu galt, ihn zur Schau zu stellen. Diese Dinge ändern sich schnell. Jetzt darf man sich etwas gönnen, das geht in Ordnung. Man braucht deswegen keine Schuldgefühle zu haben. Die Nachwirkungen der Coronakrise werden zwar gewisse Spitzfindigkeiten wiedererwecken, welche Arten von Käufen und Produktgestaltungen als akzeptabel gelten, und dadurch werden viele Designs minimalistisch werden, aber die Vereinigten Staaten sind als Luxusmarkt nach wie vor unterentwickelt.

Drittens stützt die sogenannte Selfie-Generation – technisch betrachtet die Millennials und die Generation Z – die Nachfrage nach Luxus. Nachdem die Smartphones in unser Leben getreten sind und da die meisten jungen Verbraucher stundenlang durch soziale Medien surfen, entwickelte sich schnell eine „Schaut mich an“-Mentalität. Die Feeds von Instagram und Snapchat sind vollgestopft mit Fotos von Verbrauchern, die ihren Followern beweisen wollen, dass es sich lohnt, sich mit ihnen abzugeben. Und diejenigen Verbraucher, die am meisten dazugehören wollen, sind die jüngeren, die nach Anerkennung streben, einen neuen Job suchen oder Mitglied eines Klubs im wörtlichen oder übertragenen Sinne werden wollen.

Manche mögen diese Sehnsucht nach Bestätigung traurig finden, aber sie liegt eben in der Natur des Menschen. Die Aktienmärkte, die Spannungen im Welthandel und der makroökonomische Gegenwind – alles ist im Fluss; aber die Natur des Menschen wird sich wohl kaum ändern. Luxusartikel sind die ultimativen Kaufobjekte für Menschen, die kundtun wollen, dass sie es geschafft haben.

„Bling“ neu definiert

Durch meine Arbeit befinde ich mich gewissermaßen an einer kulturellen Kreuzung. Da ich für eine Bank arbeite, verbringe ich Zeit mit Kapitalanlegern, aber auch mit Vertretern von Verbrauchermarken. Dass ich an der Schnittstelle zweier sehr unterschiedlicher Welten stehe, verschafft mir eine wertvolle Perspektive auf deren jeweilige Denkweisen. Führende Vertreter von Luxusfirmen lassen sich gern von ihrem Optimismus davontragen, was erfrischend ist, und ich glaube, man kann viele von ihnen mit Fug und Recht als Träumer bezeichnen. Ohne diese Fähigkeit, zu träumen, wären die Marken dieses Sektors nicht so erfolgreich. Tory Burch hat das einmal so ausgedrückt: „Wenn einem der Traum keine Angst macht, ist er nicht groß genug.“2 Im Gegensatz dazu sind Kapitalanleger, vor allem in den Vereinigten Staaten und in London, häufig ewige Pessimisten, die zwar das Beste hoffen, aber für das Schlimmste vorausplanen. Das Problem daran ist nicht, dass sie eine zynische Meute wären (auch wenn einige zweifellos eine solche darstellen), sondern eher die Tatsache, dass die Risiken der Geldanlage eine gründliche und kritische Herangehensweise erfordern.

Bei der Abwägung dieser Perspektive muss man anerkennen, dass das Risiko, dass dieser Sektor an Relevanz verlieren könnte, zumindest in der Theorie hoch ist. Es kann sein, dass es der Generation Z an Interesse an diesem Sektor mangelt. Es kann sein, dass neue Akteure den Markt betreten und die bestehenden Marken vor sich hertreiben. Es kann sein, dass die chinesischen Verbraucher keine Importmarken mehr kaufen und sich inländischen zuwenden. In der Praxis bin ich hingegen davon überzeugt – und werde in diesem Buch versuchen, auch Sie davon zu überzeugen –, dass ein weiteres Jahrzehnt fabelhaften Wachstums vor der Luxusindustrie liegt, sofern die Marken wissen, wie sie diese Gelegenheit beim Schopf ergreifen können. Für den Fall, dass Sie mir nicht glauben, habe ich in die meisten Kapitel ein Interview mit einem CEO oder einem Experten eingebaut, um zu versuchen, meine Argumente ein bisschen überzeugender darzustellen.

Zum Teil wird dieses Wachstum auf einem Bedeutungswandel des Luxus basieren, weg vom Prunk der frühen 2000er-Jahre, der mit kitschigem, grellem, übertriebenem Gepränge verbunden wurde. Der Trend zu knalligen Farben und Logos wird kommen und gehen, aber die Wirklichkeit des künftigen Luxus wird dort liegen, wo sich der Glanz („Bling“) in den kleinen Dingen des Alltags äußert, die ihn aufhellen. Luxus wird nicht zwingend zur Schau gestellt, sondern beinhaltet Produkte oder Erlebnisse, die einem Freude bereiten und zur Folge haben, dass man sich besonders fühlt. Dabei dürfte es weniger um Produkte als um Werte und um Sinn gehen.

In dem Bemühen, „Bling“ in diesem Buch neu zu definieren, werde ich Sie durch drei verschiedene Teile führen, damit Sie verstehen, wie sich der Luxussektor bis zum Jahr 2030 entwickeln dürfte. Im ersten Teil erkläre ich detailliert, dass sich die Luxuskonsumenten im Laufe des kommenden Jahrzehnts wesentlich verändern werden. Die überwiegend weiblichen, asiatischen und jungen Käufer tragen zunehmend den Absatz von Luxusmarken – und kein Ende ist in Sicht. Der zweite Teil befasst sich mit der Unternehmens- und Einzelhandelslandschaft. Im Luxusbereich ist Größe von beträchtlicher Bedeutung, und die großen Konzerne des Sektors (vor allem LVMH, aber nicht nur) werden immer größer. Was den Einzelhandel angeht, so ist der Onlineverkauf derzeit zwar der am schnellsten wachsende Kanal für den Absatz von Luxusartikeln, aber die Zukunft der Branche wird weiterhin vorwiegend auf physischen Geschäften ruhen. Diese Geschäfte werden in zehn Jahren ganz anders aussehen als heute, jedoch glaube ich nicht, dass es unbedingt weniger sein werden. Der dritte und letzte Teil des Buches erläutert, dass der Wandel der Luxuskonsumenten sowie die Entwicklung der Unternehmens- und Vertriebsstrukturen im Luxusbereich die Definition von Luxus an sich dramatisch verändern werden. Es könnte sein, dass junge, wohlhabende Verbraucher teure Handtaschen verschmähen und sich stattdessen auf Dinge wie Wellness, Reisen und sonstige Erlebnisse oder Kunst konzentrieren. Während diese Sektoren an Bedeutung gewinnen, werden die jüngeren Verbraucher auch die Art und Weise infrage stellen, wie traditionelle Luxusartikel hergestellt werden, und sie werden anspruchsvoller werden. Die Betonung des auffälligen Konsums wird abflauen. Die Themen Umwelt, Soziales, Unternehmensführung und Nachhaltigkeit sind keine bloßen Schlagwörter mehr und könnten die gesamte Industrie umgestalten.

Ein altes dänisches Sprichwort besagt: „Es ist überaus schwierig, Vorhersagen zu treffen, vor allem über die Zukunft.“ Ich bin indes überzeugt, dass ich genug belastbare Zahlen und Informationen habe, um Sie davon zu überzeugen, dass diese Vorhersagen keine wackeligen Prognosen sind, sondern auf messbaren Trends basieren. Die Natur des Menschen und das Bedürfnis nach Zugehörigkeit sind Konstanten, aber der demografische Wandel, die wachsende Schaffung von Wohlstand und die Trends der Unternehmensstrukturen und des Ausgabeverhaltens – all das wird die Weiterentwicklung des Luxus speisen. Die Disruption wird mit Sicherheit kommen. Auf diejenigen Unternehmen, die sich auf sie einlassen, warten fantastische Gelegenheiten. In dieser Branche ist für Selbstgefälligkeit kein Platz und die Belohnung für Weiterentwicklung kann beträchtlich sein.

*Wenn in diesem Buch der Name eines Unternehmens unterstrichen ist, finden Sie weitere Informationen über das betreffende Unternehmen in der „Vorstellung einiger Luxusartikel-Unternehmen“ ab Seite 297.

1

DIE ZUKUNFT IST WEIBLICH

„Frauen stützen die Hälfte des Himmels.“MAO ZEDONG

Der Spruch „Die Zukunft ist weiblich“ wurde Anfang der 1970er-Jahre als Slogan der ersten New Yorker Frauenbuchhandlung Labyris geprägt, die in Greenwich Village von lesbischen Feministinnen gegründet wurde.1 Von diesen radikalen Wurzeln ausgehend ging der Wahlspruch massiv in den Mainstream über: Im Jahr 2015 trug Cara Delevingne, ein britisches Supermodel aus der Millennial-Generation, ein T-Shirt mit dieser Aufschrift und Hillary Clinton verwendete den Slogan in ihrer ersten Rede nach dem Women’s March am 21. Januar 2017. Die Popularität dieser Empfindung spricht für ihre breite Relevanz, auch im Luxusbereich. Ich kann mir keine bessere Art denken, die bevorstehende Ausgabewelle zu beschreiben, die man von Konsumentinnen im Luxusbereich erwarten darf.

Wenn Kapitalanleger auf der Suche nach Wachstumspotenzial sind, arbeiten sie häufig auf der makroökonomischen Ebene und treffen Unterscheidungen zwischen entwickelten Märkten (westliche Länder und Japan), die als reif oder gar gesättigt gelten, und Schwellenländern, aufstrebenden Ländern beziehungsweise Emerging Markets (Asien ohne Japan, Lateinamerika, Afrika), die noch Wachstumsspielraum besitzen. Dies verschleiert jedoch die grundlegende Realität, dass Wachstum häufig näher an der Heimat zu finden ist. Meines Erachtens sind Frauen, egal in welchem Land sie leben, der eindrucksvollste aufstrebende Markt für Konsumgüter im Allgemeinen und für Luxusgüter im Besonderen.

Es gibt zwei Gruppen miteinander zusammenhängender Gründe, zu erwarten, dass die Ausgaben von Frauen steigen werden. Die eine hängt prinzipiell mit „Womenomics“ zusammen – so heißt ein Buch, das Claire Shipman und Katty Kay im Jahr 2009 veröffentlicht haben, aber auch der damalige japanische Premierminister Shinzo Abe machte den Ausdruck im Jahr 2013 populär, als er forderte, ein Japan zu schaffen, „in dem Frauen glänzen können“. Heute wird der Begriff allgemeiner verwendet, um eine für viele Frauen verbesserte wirtschaftliche Realität zu bezeichnen, in der sie im Zusammenhang mit Änderungen der Arbeitsbedingungen, der Bezahlung und des Heiratsverhaltens mehr finanzielle Mittel haben. Die andere Gruppe ist eher das Wecken eines Bewusstseins für Ungerechtigkeiten, vor allem für die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen in der Gesellschaft, sowie die zunehmende Bereitschaft, das Wort zu ergreifen und die Welt zu verändern. Und die Frauen werden nicht nur den Markt wachsen lassen, sondern ihre Werte und Vorlieben werden auch den Charakter des Luxus verändern.

Womenomics

In den meisten Ländern geht aus Berichten und Erhebungen hervor, dass Frauen schon jetzt die meisten Ausgabeentscheidungen beeinflussen.2 Natürlich kaufen Frauen nicht nur Waren und Dienstleistungen für sich selbst, sondern für den gesamten Haushalt einschließlich ihres Ehemanns, ihrer Kinder und möglicherweise älterer Angehöriger. Schon mal einen Mann gesehen, der sich eine Brille oder einen Anzug selbst aussucht? Natürlich schon, aber in den meisten Fällen geht ein Mann in ein Geschäft, probiert etwas an, spricht mit der Verkäuferin und sagt dann: „Vielen Dank. Ich komme demnächst mit meiner Freundin/Frau wieder.“ Ob die Männer nun wirklich nicht erwachsen geworden sind oder ob sie nur eine zweite Ansicht brauchen, auf jeden Fall vertraut man Frauen als Autoritäten für Geschmack, zusammenpassende Farben und Passform. Über Ehemänner und Partner hinaus beeinflussen Frauen auch einen breiteren Kreis von Freunden und Verwandten.

Die anekdotische Ausgabenkompetenz von Frauen wird auch durch harte Zahlen gestützt. Seit 2015 kontrollieren Frauen den größten Teil des in den Vereinigten Staaten vorhandenen Privatvermögens.3 Laut Boston Consulting Group wuchs das Privatvermögen der Frauen weltweit vom Jahr 2010 bis zum Jahr 2015 von 34 Billionen US-Dollar auf 51 Billionen Dollar und es wurde erwartet, dass es im Jahr 2020 auf 72 Billionen Dollar steigt, sich also innerhalb eines Jahrzehnts verdoppelt.4 Aufgrund neuer, verbreiteter Trends dürfte sich dieser Einfluss im kommenden Jahrzehnt noch verstärken: Mehr Frauen arbeiten, sie bekommen höhere Gehälter und brauchen weniger Angehörige zu unterstützen.

Erstens steigt in den Industrieländern die Beschäftigungsquote der Frauen. Besonders gilt dies für Länder, denen der demografische Wind ins Gesicht bläst, wie Japan und Deutschland, wo eine rückläufige arbeitsfähige Bevölkerung dazu führt, dass mehr Frauen erwerbstätig werden. Vor allem in Japan fand im Jahr 2013 der Ausdruck „Womenomics“ Eingang in den Wortschatz. Bis vor Kurzem wies Japan bei der Erwerbstätigkeit von Frauen eine ausgeprägte M-Kurve auf: Frauen arbeiteten, bis sie 30 Jahre alt waren, dann schieden sie aus der Erwerbsbevölkerung aus, um zu heiraten und/oder Kinder auf die Welt zu bringen, und nach einigen Jahren begannen sie wieder zu arbeiten (sodass sich eine M-förmige Kurve ergab). Das ist jetzt nicht mehr so ausgeprägt, weil der Staat die Beteiligung von Frauen am Erwerbsleben durch eine Mixtur aus niedrigeren Steuersätzen für verheiratete Frauen, besser organisierten Familienzeiten und besserer Verfügbarkeit von Kinderbetreuung fördert. Im Juni 2019 meldete das japanische Innen- und Kommunikationsministerium die Rekordzahl von 30 Millionen erwerbstätigen Frauen, von denen 90 Prozent in diesem Monat zu arbeiten begonnen hatten.5 Aufgrund der Kombination aus einer schrumpfenden Bevölkerung und sehr wenig Einwanderung ist die zunehmende Beteiligung der Frauen in Japan sehr willkommen. Aber auch wenn man einen demografisch so extremen Fall wie Japan ausblendet, treten mehr Frauen als Männer ins Erwerbsleben ein. Im Vereinigten Königreich verlaufen die Beschäftigungsquoten gegenläufig, die Zahl der Männer nimmt ab, die der Frauen nimmt zu. In den Vereinigten Staaten gehen die Beschäftigungsquoten durchweg zurück, jedoch verläuft der Rückgang der weiblichen Beschäftigungsquote weitaus gedämpfter als derjenige der männlichen.

Zweitens weisen die Zahlen der OECD in den meisten Ländern zwar immer noch eine breite Gehaltskluft zwischen den Geschlechtern aus, aber so langsam schließt sie sich. Laut dem U.S. Census Bureau betrug der mediane Jahresverdienst von weiblichen Vollzeitkräften knapp über 80 Prozent dessen der Männer – aber es waren 20 Prozentpunkte weniger in den 1980er-Jahren.6 In vielen Ländern begehen Interessenverbände den internationalen Aktionstag für Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern – den Equal Pay Day –, der an dem Tag stattfindet, bis zu dem Frauen im Kalenderjahr unentgeltlich arbeiten würden, wenn sie das Gleiche verdienen würden wie Männer im Vorjahr. In den Vereinigten Staaten wurde der Equal Pay Day im Jahr 2019 am Dienstag, dem 2. April, begangen und für das Jahr 2020 wurde er auf dem 31. März vorgezogen. Bei den Wachstumsraten, die seit 1960 zu beobachten sind, als die Aufzeichnungen begannen, wird es bis zum Jahr 2059 dauern, bis die Gleichheit erreicht ist. Das ist sicherlich eine lange Zeit und solche Events lösen das Problem nicht, aber sie steigern das Bewusstsein dafür. Wenn sich die Löhne langsam auf die Gleichheit zubewegen, wachsen Stück für Stück auch die diskretionären Ausgaben der Frauen, und das ist gut für die Luxusausgaben.

Und schließlich verändern sich auch die Familien. Der Anteil der verheirateten Frauen sinkt und das mediane Alter verheirateter Frauen steigt.7 Sogar in China, wo die Heiratsquote stetig steigt, wird sich Schätzungen der UN zufolge der Trend in den kommenden Jahren umkehren. Die geringere Zahl von Eheschließungen wird zur Folge haben, dass ein großer Teil des wachsenden weiblichen Einkommenspools für die Frauen selbst ausgegeben wird und nicht für andere. In den Vereinigten Staaten betrug das mediane Alter von Frauen bei der ersten Heirat im Jahr 2018 fast 28 Jahre, nachdem es im Jahr 1958 noch 20 Jahre gewesen waren – zu sehen im Chart auf Seite 36.8 Auch in China und in Westeuropa ist das Heiratsalter in der jüngeren Vergangenheit stetig gestiegen. Hinzu kommt, dass die Frauen erst später Kinder bekommen: Das Durchschnittsalter einer Erstgebärenden in den Vereinigten Staaten stieg von 21 im Jahr 1972 auf 26 im Jahr 2016, und es steigt weiter.9 In manchen entwickelten Ländern und in manchen US-Bundesstaaten liegt das Durchschnittsalter Erstgebärender bei über 31 Jahren. Willkommen in der neuen Familie: später geheiratet, weniger Kinder. Das ist eine Realität, die zumindest für den Luxussektor positiv ist, denn dadurch können Frauen Geld für sich selbst statt für den Haushalt, die Kinder und andere Ablenkungen von diesem Sektor ausgeben.

Diese Trends werden dazu beitragen, dass Frauen ihre diskretionären Ausgaben dramatisch steigern werden. Weltweit betrachtet stellen Frauen etwa die Hälfte der arbeitenden Bevölkerung, generieren allerdings nur 37 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In einer bahnbrechenden Studie aus dem Jahr 2015 schätzte das McKinsey Global Institute, dass das BIP, wenn Frauen ebenso sehr an der Wirtschaft teilnähmen wie Männer, bis zum Jahr 2025 um zusätzliche 26 Prozent wachsen würde – das entspricht der Größe der US-amerikanischen und der chinesischen Volkswirtschaften zusammen.10 Die Studie erklärt die Kluft zwar zum Teil mit der Tatsache, dass Frauen traditionell mehr für die Familie und den Haushalt zuständig sind, sie zeigt aber auch, dass die wirtschaftliche Entwicklung und veränderte Einstellungen zur Gleichberechtigung der Geschlechter in der Gesellschaft den Verlauf des Weges zur ökonomischen Gleichstellung stark beeinflussen.

Anteil der Verheirateten unter den 18- bis 34-Jährigen in den Vereinigten Staaten

Medianes Alter bei der ersten Heirat in den Vereinigten Staaten

In den Vereinigten Staaten war der Anteil der verheirateten Erwachsenen unter 35 Jahren im Jahr 2018 etwa halb so hoch wie 1978, und das Alter bei der ersten Heirat war sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen um rund sechs Jahre gestiegen.

Quellen: „Percent Married Among 18- to 34-Year-Olds: 1978 and 2018“, U.S. Census Bureau, 14. November 2018, https://www.census.gov/library/visualizations/2018/comm/percent-married.html; „Median Age at First Marriage: 1890 to Present“, U.S. Census Bureau, https://www.census.gov/content/dam/Census/library/visualizations/time-series/demo/families-and-households/ms-2.pdf

Tiefgreifender kultureller Wandel

Die Womenomics wird viel dazu beitragen, die wirtschaftlichen Ungleichheiten zu beheben, aber dabei sind auch weniger quantitative Faktoren am Werk. Die Kultur verändert sich, und dazu trägt auch die MeToo-Bewegung bei. Diese Bewegung wurde 2006 von Tarana Burke gegründet, aber richtig Fahrt nahm sie erst Ende 2017 auf nach den Vorwürfen wegen sexueller Belästigung gegen den Filmmogul Harvey Weinstein (der kürzlich zu 23 Jahren Gefängnis verurteilt wurde), als Alyssa Milano Folgendes twitterte: „Wenn du sexuell belästigt oder angegriffen wurdest, dann schreibe ‚Me too‘ als Antwort auf diesen Tweet.“ Zehntausende Frauen antworteten, darunter auch mehrere Stars, was der Bewegung zu internationaler Prominenz verhalf und auch zahllose Industrien außerhalb Hollywoods beeinflusste.

Diese Bewegung warf nicht nur ein Licht auf den frauenfeindlichen Charakter von Teilen der Gesellschaft, sondern sie war auch Teil eines breiter angelegten Erwachens bezüglich der Ermächtigung von Frauen und bezüglich weiblicher Werte. Ob weltweit aktive Bewegungen wie MeToo oder lokale Frauenverbände, eindeutig wächst das kollektive Bewusstsein, das den Frauen nach und nach mehr Mitspracherecht in allen Teilen der Gesellschaft verschaffen und irgendwann auch die wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten beseitigen dürfte. Aber das braucht Zeit. Was also können Frauen tun, wenn die Gesellschaft zu langsam ist? Einander gegenseitig unterstützen.

Ein Beispiel ist Luminary. Nach einer langen Laufbahn im Finanzwesen beschloss Cate Luzio, eine Kollaborationsplattform für Frauen zu schaffen, über die Frauen sich entwickeln, vernetzen und beruflich vorankommen können. Luminary wurde Anfang 2018 in Downtown Manhattan in 1.400 Quadratmeter großen Räumlichkeiten (einschließlich einer Bar auf dem Dach mit Glasdach) gegründet, die privat genutzt werden können, zum Arbeiten, für Yoga, Workshops und vieles mehr. Dahinter steht der Gedanke, das Selbstvertrauen der Mitglieder so zu stärken, dass sie die nächsten Schritte unternehmen können, die sie ins Auge gefasst haben, und um ihre Karriere zu beschleunigen. Die Art der Mitgliedschaft richtet sich nach den Bedürfnissen, zum Beispiel ob frau den Club nur wenig nutzt („side hustle“), ob frau unter 21 ist („Rise-Mitglied“) oder eine Vollmitgliedschaft möchte. Von den derzeit 700 Mitgliedschaften entfallen etwa ein Drittel auf Unternehmen, ein Drittel auf Unternehmerinnen und ein Drittel auf Frauen, die etwas Neues aufbauen, die Branche wechseln oder wieder ins Berufsleben eintreten wollen. Auch hat Luzio eine Reihe namens „The Whisper Network“ aufgelegt, bei der beim gemeinsamen Essen „Tabuthemen besprochen werden, die dem beruflichen Vorankommen von Frauen im Wege stehen“.11 Bei diesen intimen Mahlzeiten sind schwierige Themen wie zum Beispiel „Wie viel Geld sollte ich verdienen?“ oder „Wie kann ich dir helfen?“ durchaus akzeptabel.

Das ist nur eines von vielen Beispielen. Es gibt auch The Wing (ein Netzwerk aus Frauenvereinen und Gemeinschaftsräumen), das Crew Network (für Frauen in der gewerblichen Immobilienbranche), das Well Women Network und The Assembly (mit den Schwerpunkten Gesundheit und Lifestyle), The Coven (allgemeine Gemeinschaftsräume und gemeinschaftliche Arbeitsräume in Minneapolis), Chief (ein privates Netzwerk, das weibliche Führungskräfte unterstützt) und viele andere in den Vereinigten Staaten und im Ausland.

Die übliche Denkweise besagt, dass es großartig ist, über das berufliche Fortkommen zu sprechen – was Sheryl Sandberg, die Geschäftsführerin von Facebook, als „sich reinknien“ bezeichnen würde –, aber solche Initiativen sollten dabei helfen, von guten Absichten zu konkretem Handeln überzugehen. Die Denkart der Luminary-Gründerin bestand laut unserem letzten Gespräch über dieses Thema darin, dass sie zu ihren Mitgliedern sagt: „Versteckt euch nicht hinter Statistiken. Denkt euch keine Ausreden aus. Macht es einfach!“ In Frankreich wurde Ende 2018 eine Gruppe von Unternehmerinnen und Investorinnen namens Sista gegründet, die betont, wie gering die Finanzierungen von Unternehmensgründerinnen sind: Sie erhalten nur zwei Prozent der weltweiten Wagniskapital-Finanzierungen.12Sista bemüht sich, die unbewusste Voreingenommenheit aufzudecken, mit dem Ziel, dass im Jahr 2025 rund 50 Prozent der Start-ups von Frauen gegründet oder mitgegründet werden.

Tadashi Yanai, der milliardenschwere Gründer von Fast Retailing (Muttergesellschaft der Bekleidungsmarke Uniqlo, von GU, Theory und vielen anderen), sagte, sein Job eigne sich eigentlich besser für eine Frau, weil Frauen beharrlich und detailorientiert seien und weil sie ein besseres ästhetisches Gefühl hätten, und er wolle, dass eine Frau an seine Stelle trete, wenn er sich zur Ruhe setzt. Mit dieser Denkart steht er nicht allein. Die Koautoren John Gerzema und Michael D’Antonio führten für ihr Buch „The Athena Doctrine: How Women (and the Men Who Think Like Them) Will Rule the Future“ Erhebungen in 13 Ländern durch, um ihre Behauptung zu bestätigen, weibliche Führungsqualitäten würden wahrscheinlich schwierige Probleme lösen, eine bessere Welt schaffen und eine blühendere Zukunft aufbauen. Jüngste Ereignisse scheinen das zu bestätigen. Im April 2020 wurde in einem Forbes-Artikel die Effizienz führender Politiker in Neuseeland, Taiwan, Deutschland, Island und Skandinavien unter der Überschrift beleuchtet: „Was haben die Länder, die am besten auf das Coronavirus reagiert haben, gemeinsam? Führende Politikerinnen.“13

Gerzema und D’Antonio argumentieren auch, Frauen seien als Konsumentinnen anspruchsvoller, was zu besserem Service führe und allen Konsumenten zugutekomme, weil die höheren Erwartungen die Marken auf Trab halten. Auch sind unter Einkäuferinnen Umwelt- und soziale Überlegungen weiter verbreitet. Aus Umfragen geht hervor, dass mehr als die Hälfte der Verbraucherinnen sehr darum bemüht ist, dass sie und ihre Familien gesund essen, und Recherchen von Insights in Marketing zeigen, dass sich die Mehrheit der Frauen aus der Millennium-Generation ausgiebig erkundigt, bevor sie Kosmetikartikel kauft.14

Da die weibliche Kaufkraft steigt und ein größerer Teil dieses Konsums für Produkte ausgegeben wird, die für die Frauen selbst bestimmt sind, gewinnen die etwas anderen weiblichen Einkaufsgewohnheiten eine immer größere Bedeutung. Käuferinnen sind eher bereit, online zu shoppen, sie sind geschickter, was Preisvergleiche angeht, und sie lassen sich mit höherer Wahrscheinlichkeit auf das mobile Shopping ein – sodass diese separaten Trends noch mehr zunehmen dürften. Die jüngere Generation ist in dieser Hinsicht aktiver und Frauen aus der Millennium-Generation räumen ein, dass Bekannte, Verwandte, Kolleginnen und Kollegen sowie die sozialen Medien ihren Konsum stärker beeinflussen als Fernsehsendungen, Werbung oder Produktunterstützung durch Prominente.

Was bedeutet all das für die Subsektoren der Luxusindustrie?

Zwar dürften die Käuferinnen die Umsätze aller Premium-Kategorien stützen und steigern, aber einige von Frauen dominierte Kategorien dürften in den kommenden Jahren ein besonders starkes, durch die Vermögensbildung bei Frauen getragenes Wachstum erleben: Schmuck, Kosmetik und Handtaschen.

Weshalb Schmuck wohl glänzen wird