Die Zürich Axiome – Das Schweizer Geheimnis der Geldanlage - Max Gunther - E-Book

Die Zürich Axiome – Das Schweizer Geheimnis der Geldanlage E-Book

Max Gunther

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Beschreibung

Jeder Anleger möchte den höchstmöglichen Profit erzielen, aber nicht jeder ist bereit, ein hohes Risiko zu tragen. Die Lösung bieten die Zürich Axiome. Seit Generationen verlassen sich Schweizer Bänker bei ihren Risikogeschäften auf zwölf goldene Regeln, die sogenannten Zürich Axiome, von denen einige in direktem Widerspruch zu traditionellen Weisheiten des Anlageberatungsgeschäfts stehen. Max Gunther, dessen Vater zu der Gruppe von Schweizer Spekulanten gehörte, die die Axiome entwickelt haben, lüftet das Geheimnis der Schweizer Geldanlage und zeigt dem Leser alle Risiken im Investmentgeschäft und wie man diese ohne Verluste eingehen kann.

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Seitenzahl: 264

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

1. Auflage 2021

© 2021 by FinanzBuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Copyright der Originalausgabe: © 1985 Max Gunther

Originally published in the UK by Harriman House Ltd in 2020, www.harriman-house.com.

Die englische Originalausgabe erschien 1985, 2004 und 2013, die Neuausgabe im Rahmen der Klassikeredition 2020 bei Harriman House unter dem Titel The Zurich Axioms. The rules of risk and reward used by generations of Swiss bankers.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Horst Fugger

Übersetzung des Vorwortes: Birgit Walter

Umschlaggestaltung: Sonja Vallant, in Anlehnung an das Originalcover, © Harriman House Ltd.

Umschlagabbildung: © Harriman House Ltd.

Satz und E-Book: Daniel Förster, Belgern

ISBN Print 978-3-95972-456-2

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96092-862-1

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96092-863-8

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.finanzbuchverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de.

Inhalt

Vorwort von James P. O’Shaughnessy

Einführung Was die Axiome sind und wie sie entstanden

Das erste HauptaxiomÜber RisikoBesorgnis ist keine Krankheit, sondern ein Zeichen von Gesundheit. Wer sich keine Sorgen macht, riskiert nicht genug.

Das zweite Hauptaxiom Über Gier Nehmen Sie Ihre Gewinne immer zu früh mit.

Das dritte Hauptaxiom Über Hoffnung Wenn das Schiff zu sinken beginnt, sollten Sie nicht beten, sondern abspringen.

Das vierte Hauptaxiom Über Prognosen Menschliches Verhalten ist nicht prognostizierbar. Misstrauen Sie jedem, der behauptet, die Zukunft zu kennen.

Das fünfte Hauptaxiom Über Muster Das Chaos ist ungefährlich – solange es nicht beginnt, geordnet auszusehen.

Das sechste Hauptaxiom Über Mobilität Schlagen Sie keine Wurzeln, denn sie schränken Ihre Bewegungsfreiheit ein.

Das siebte Hauptaxiom Über Intuition Man darf auf eine Ahnung vertrauen, wenn man sie erklären kann.

Das achte Hauptaxiom Über Religion und das Okkulte Es ist unwahrscheinlich, dass Gottes Plan für das Universum vorsieht, Sie reich zu machen.

Das neunte Hauptaxiom Über Optimismus und Pessimismus Optimismus bedeutet, das Beste zu erwarten; Zuversicht bedeutet das Wissen, dass man auch mit dem Schlechtesten umgehen kann. Gehen Sie nie ein Engagement ein, nur weil Sie optimistisch sind.

Das zehnte Hauptaxiom Über Konsens Missachten Sie die Meinung der Mehrheit. Sie ist wahrscheinlich falsch.

Das elfte Hauptaxiom Über Sturheit Wenn es beim ersten Mal nicht funktioniert, vergessen Sie es.

Das zwölfte Hauptaxiom Über Planung Langfristige Pläne führen zu dem gefährlichen Glauben, die Zukunft sei unter Kontrolle. Es ist wichtig, die eigenen Langfristpläne oder die anderer Leute niemals ernst zu nehmen.

Über den Autor

Vorbemerkung

Die vorliegende Ausgabe folgt der amerikanischen Erstveröffentlichung von 1985.

Der FinanzBuch Verlag hat sich entschlossen, den Text nicht durch Modernisierungen zu verändern, ist sich aber bewusst, dass einige Bemerkungen und Bezugnahmen Max Gunthers sehr zeitbezogen sind.

Vorwortvon James P. O’Shaughnessy

Ich war schon immer fasziniert von Märkten und der Frage, warum und wie sie funktionieren. Im Laufe der Jahre hat mich dies dazu veranlasst, unzählige Bücher und Zeitungen zu lesen – und heutzutage auch Blogeinträge –, die sich ernsthaft (und manchmal auch nicht so ernsthaft) mit der Funktionsweise der Märkte und der Entwicklung eines Prozesses befassen, der uns hilft, bessere Investoren zu werden. Dabei bin ich zu der Erkenntnis gelangt, dass sich die Grundsätze eines erfolgreichen Investitionsverhaltens auf nahezu alle anderen Lebensbereiche übertragen lassen.

Ich war schon immer der Ansicht, dass größtmöglicher Lernerfolg darauf basiert, wirklich aufgeschlossen zu sein, sich von einer liebgewonnenen Überzeugung trennen zu können, wenn die Tatsachen dagegensprechen, und sich niemals vorschnell auf etwas festzulegen. Wir werden von vielen kognitiven Verzerrungen und irrationalen Verhaltensmustern geplagt, die sich verheerend auf unsere Anlageergebnisse auswirken können. Die Fähigkeit, sich ihrer bewusst zu werden und dann Maßnahmen zu ergreifen, um sie abzuschwächen, ist von unschätzbarem Wert.

Max Gunthers Buch The Zurich Axioms. The rules of risk and reward used by generations of Swiss bankers erwarb ich unmittelbar nach Erscheinen der Erstauflage im Jahr 1985. Ich war damals 25 Jahre alt. Zu jener Zeit war der Begriff »Schweizer Banker« gleichbedeutend mit Können und Erfolg. Schon die ersten Seiten waren eine Offenbarung für mich: Gunther machte unmissverständlich klar, dass die Bereitschaft, Wetten einzugehen, für die wirksame Anwendung der von ihm formulierten Regeln eine Grundvoraussetzung ist. Ich hatte bis dato Investments nicht mit Wetten gleichgesetzt. Doch in einer weit gefassten Definition lässt sich unter »wetten« durchaus verstehen, dass man für einen jeweils zu definierenden Zeitraum und mit völlig ungewissem Ausgang einen Einsatz tätigt. Der Autor äußerte die provokante These, dass viele – wenn nicht sogar die meisten – Menschen, gewinnen wollen, ohne zu wetten. Er wandte sich damit gegen die zu jener Zeit vorherrschende konservative Haltung, sich aus Furcht vor dem Risiko mit Beflissenheit und Ausdauer lieber auf die Plackerei des Alltags zu konzentrieren.

Ich stimme dem Autor zu: Erfolgreiches Investieren setzt voraus, Unsicherheit und Zweifel nicht nur bereitwillig in Kauf zu nehmen, sondern sie als integrale Bestandteile des Lebens im Allgemeinen und der Geldanlage im Besonderen zu begreifen. Ich erachte es als unser größtes Manko, dass unser Denken von Determinismus geprägt ist, während die Realität von Wahrscheinlichkeiten bestimmt wird. Es ist nicht möglich, das Leben – oder Investments – zu bewältigen, wenn man von erwartbaren Ergebnissen ausgeht. Gunther macht gleich zu Beginn seines Buches deutlich: Wer nichts riskiert, wird nicht belohnt.

Das klingt einfach, ist aber furchtbar kompliziert. Manchmal sind die Anlageformen, die am sichersten erscheinen, wie zum Beispiel Staatsanleihen, auf lange Sicht am riskantesten; während andere Anlagen, wie zum Beispiel Aktien, kurzfristig sehr riskant erscheinen, aber mit der Zeit weniger riskant werden.

Das erste von Max Gunther postulierte Hauptaxiom besagt: »Wer sich keine Sorgen macht, riskiert nicht genug.« Gunther weist diesen Grundsatz nicht allein dem Bereich der Geldanlage zu: Wer das Risiko scheut, wird sich niemals verlieben und niemals Erfahrungen machen, die sein Leben verändern. Er wird aller Wahrscheinlichkeit nach ein langweiliges, tristes Leben führen. Für Anleger bedeutet das: Wenn man erfolgreich sein will, muss man Ungewissheit und Sorgen hinnehmen.

Das vierte Hauptaxiom beschäftigt sich mit Prognosen und fordert dazu auf, jedem zu misstrauen, der behauptet, die Zukunft vorhersagen zu können. Gunther zitiert eine Aussage des Wirtschaftswissenschaftlers Dr. Theodore Levitt: »Prophet zu sein, ist einfach. Sie geben 25 Prognosen ab und reden später nur noch über die, die zutreffend waren.« Heute, 35 Jahre später, hat sich die Anzahl der Vorhersagen verzehnfacht, während es gleichzeitig nur noch wenige aufrichtige Prognostiker gibt. Der Wunsch, Kenntnis von der Zukunft zu haben, ist Teil der menschlichen Natur, denn er trägt dazu bei, die Kontrollillusion aufrechtzuerhalten. Deshalb orientieren wir uns bei Entscheidungen an Vorhersagen, obwohl wir erwiesenermaßen meist ebenso gut eine Münze werfen könnten. Wir nehmen Prognosen ernst. Und werden immer wieder enttäuscht.

Marktzyklen langfristig zu beobachten und Investitionen auf Basis empirischer Daten zu tätigen, halte ich für den besseren Weg. Nahezu alle risikoreichen Anlageformen haben sich bislang als besonders renditestark erwiesen. Auch wenn es marktspezifische und temporäre Ausnahmen gibt, ist die Chancenbewertung bei historischer Betrachtung eindeutig: Wer auf Dauer Erfolg haben will, muss eine Wette abschließen und Kapital riskieren.

Das neunte Hauptaxiom, »Über Optimismus und Pessimismus«, rät dazu, zuversichtlich zu sein und dennoch niemals ein Engagement einzugehen, nur weil man optimistisch ist. Ich bezeichne mich selbst als »pragmatischen Optimisten«: Auch wenn meine Grundhaltung positiv ist, setze ich mich gedanklich damit auseinander, welche Fehlschläge möglich sind und welche Gegenmaßnahmen ich gegebenenfalls ergreifen kann. Ich nenne dies »Situationsbewusstsein«. Es ist gut, eine Strategie zur Hand zu haben, wenn die Dinge nicht nach Wunsch laufen. Warum? Weil wir, wenn die Dinge nicht so laufen, wie wir wollen, höchstwahrscheinlich emotional werden, und wenn der emotionale Teil unseres Verstandes die Oberhand gewinnt, dann macht er all unsere früheren, gut durchdachten Pläne zunichte und gibt unserem »Reptiliengehirn« die volle Kontrolle.

Die von Max Gunther postulierten Axiome bilden ein gutes Gerüst für eine zum Erfolg führende Strategie. Sie müssen nicht alle der von Gunther (oder mir) erteilten Ratschläge befolgen, doch Ihre Erfolgsaussichten steigen beträchtlich, wenn Sie eine Strategie entwickeln und sich darauf stützen, anstatt sich auf ein bestimmtes Ergebnis zu fokussieren.

Märkte verändern sich minütlich. Die menschliche Natur ist seit Jahrtausenden unverändert. Dieses Buch bietet Ihnen die Möglichkeit, menschliche Impulse unter Kontrolle zu halten, indem Sie eine Strategie entwickeln, die Sie vor unvorteilhaften Verhaltensweisen schützt. Der Comiczeichner Walt Kelly legte seiner Figur Pogo die Worte in den Mund: »Wir haben den Feind gefunden, und der sind wir selbst.« Diese Erkenntnis verschafft Ihnen einen immensen Vorteil gegenüber anderen Investoren. Entwickeln Sie eine Strategie und halten Sie daran fest. Ein einfaches Prinzip.

Gunthers letztes Hauptaxiom ist auf den ersten Blick schwer verständlich, erweist sich bei genauerer Betrachtung aber als sinnvoll: »Langfristige Pläne führen zu dem gefährlichen Glauben, die Zukunft sei unter Kontrolle. Es ist wichtig, die eigenen Langfristpläne oder die anderer Leute niemals ernst zu nehmen.« Dieses Axiom bietet verschiedene Interpretationsmöglichkeiten. Meinem Verständnis nach besagt dieser Grundsatz, dass man mit den zahlreichen Überraschungen und unerwarteten Ereignissen, die das Leben unweigerlich bereithält, wesentlich besser umgehen kann, wenn die eigenen Pläne oder Strategien nicht an Fixpunkte oder klar definierte Ziele gekoppelt sind. Wenn Sie den Plan schmieden, im Alter von 40 Jahren Millionär zu sein, und dieses Vorhaben schlägt fehl, stellen Sie womöglich die von Ihnen gewählte Methode infrage, verwerfen Ihre Strategie und wenden sich anderen, vielleicht deutlich riskanteren Geschäften zu, um Ihr Ziel doch noch zu erreichen.

Eine solche Vorgehensweise ist zum Scheitern verurteilt. Für langfristige Ziele ist eine flexible Planung, die Notfälle einkalkuliert, ein wesentlich besseres Instrument. Wer nun schlussfolgert, dass Pläne und Strategien zu entwickeln, die Mühe nicht lohnt, da offenbar nichts im Leben sicher ist, liegt falsch. Der Grundsatz besagt, dass man mit den konkreten, unbekannten Hindernissen, die sich im Leben auftun, auf Dauer besser zurechtkommt, wenn man einen Plan zur Hand hat, der Lösungen zum Überwinden von Hindernissen im Allgemeinen bietet. Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht darin, sich auf möglichst präzise formulierte Ziele zu konzentrieren, sondern eine Strategie zu verfolgen, mit der man flexibel auf aktuelle Ereignisse reagieren kann.

In ihrer Gesamtheit sind die von Max Gunther postulierten Axiome ein Plädoyer für Risikobewusstsein. Sie warnen Investoren davor, in die gleiche Falle zu tappen wie bereits Generationen vor ihnen – nämlich auf Intuition und Gerüchte zu bauen, statt auf empirische Daten zurückzugreifen und eine variable Strategie anzuwenden. Sie warnen vor irrationalem Optimismus und der mangelnden Bereitschaft, aus Fehlern zu lernen. Erfolgreiche Investoren fokussieren sich niemals ausschließlich auf den Moment, für sie definieren Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gemeinsam das Jetzt. Sie lernen aus den Fehlern anderer, sind sich ihrer eigenen Defizite bewusst und entwickeln Strategien, um ihren Schwächen entgegenzuwirken. Der Journalist Damon Runyon formulierte treffend: »Mag sein, dass nicht immer der Schnelle das Rennen und der Starke den Kampf gewinnt, aber darauf sollte man wetten.«

James P. O’Shaughnessy

Autor von Die besten Anlagestrategien aller Zeiten

Greenwich, Connecticut, USA

Einführung Was die Axiome sind und wie sie entstanden

Denken Sie an das Rätsel der Schweiz. Die Heimat meiner Vorfahren ist ein gebirgiges kleines Land. Es gibt dort keinen Zentimeter Meeresküste, und an Rohstoffen ist das Land so arm wie kaum ein anderes auf der Welt. Es besitzt keinen Tropfen Rohöl, nur ein wenig Kohle. Klima und Topografie machen es ungeeignet für fast jede Art von Landwirtschaft.

Die Schweiz hat sich 300 Jahre lang aus allen europäischen Kriegen heraushalten können – hauptsächlich deshalb, weil es in all der Zeit keinen Aggressor von außen gab, der dieses Land wirklich haben wollte. Dennoch gehören die Schweizer zu den wohlhabendsten Völkern der Welt. Beim Pro-Kopf-Einkommen stehen sie den Amerikanern, den Deutschen oder den Japanern in nichts nach. Ihre Währung gehört zu den stärksten weltweit.

Wie machen die Schweizer das? Sie schaffen es, weil sie die klügsten Investoren, Spekulanten und Glücksspieler der Welt sind.

In diesem Buch geht es darum, wie man erfolgreich wettet. Das klingt so, als sei es ein Buch für jedermann. Dies ist aber nicht der Fall. Natürlich will jeder gewinnen, aber nicht jeder will dabei etwas riskieren. Darin liegt ein Unterschied, dessen Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Viele Menschen, wahrscheinlich die meisten, wollen gewinnen, ohne zu wetten. Das ist ein völlig verständlicher Wunsch, an dem es nichts auszusetzen gibt. Durch unsere von alters her überlieferte Arbeitsethik werden wir sogar in diese Richtung gedrängt. Man hat uns gelehrt, es sei dumm, Risiken einzugehen. Ein kluger Mensch geht keine höheren Risiken ein als diejenigen, die untrennbar mit dem menschlichen Leben verbunden sind. Ein wohlgefälliges Leben ist eine Plackerei, vielleicht ein wenig langweilig, aber dafür sicher. Lieber den Spatz in der Hand ...

Natürlich liegen die Nachteile auf der Hand. Wenn Sie eine innere Abneigung gegen Wetten verspüren, werden Sie in diesem Buch wenig für Sie Nützliches finden. Außer natürlich dann, wenn sich Ihre Einstellung bei der Lektüre ändern sollte. Falls Sie aber nichts dagegen haben, vernünftige Risiken einzugehen, oder falls Sie, wie die Schweizer, Risiken lieben – dann ist dieses Buch das richtige für Sie. Alle Zürich-Axiome handeln von Risiken und vom Umgang mit ihnen. Wenn Sie die Axiome mit der angemessenen Sorgfalt studieren, können sie Ihnen helfen, mehr Wetten zu gewinnen, als Sie es je für möglich gehalten hätten. Sprechen wir es offen aus: Sie können Sie reich machen.

* * *

In diesem Buch geht es um Wetten im weitesten Sinne des Wortes. Wir werden oft auf den Aktienmarkt zu sprechen kommen, weil ich dort den größten Teil meiner Erfahrungen gesammelt habe. Dennoch beschränkt sich dieses Buch nicht auf diesen großen Supermarkt der Träume. Die Axiome lassen sich auch auf Spekulationen in Rohstoffen, Edelmetallen, Kunstwerken oder Antiquitäten anwenden, auf Immobiliengeschäfte, auf Angriff und Abwehr im täglichen Geschäftsleben, auf Kartenspiele und Roulette. Kurz: Sie lassen sich auf alle Situationen anwenden, in denen Sie Geld riskieren, um mehr Geld zu gewinnen.

Das ganze Leben ist ein Glücksspiel, wie jeder erwachsene Mensch weiß. Viele Menschen, vielleicht die meisten, fühlen sich mit dieser Tatsache nicht wohl und verbringen ihr Leben damit, Risiken so gut es geht zu vermeiden. Andere wählen den entgegengesetzten Weg. Zu diesen gehören die Schweizer. Natürlich trifft das nicht auf sämtliche Schweizer zu, aber auf sehr viele. Jedenfalls sind es genug, um Rückschlüsse auf den Nationalcharakter zuzulassen. Die Schweizer sind nicht die Bankiers der Welt geworden, indem sie in dunklen Zimmern auf ihre Fingernägel bissen. Sie haben es erreicht, weil sie Risiken eingingen und lernten, diese Risiken zu beherrschen. Die Schweizer sitzen in ihren Bergen, schauen in die Welt hinaus und stellen fest, dass diese Welt voller Risiken ist. Sie wissen, dass man sein persönliches Risiko auf ein Minimum reduzieren kann. Aber sie wissen auch, dass man mit dieser Strategie jede Hoffnung aufgeben muss, jemals etwas anderes zu sein als ein Gesicht in der Masse.

Um im Leben irgendeine Art von Gewinn zu machen – einen finanziellen Gewinn, persönlichen Status oder was auch immer man als »Gewinn« definieren mag –, muss man einen Teil seines emotionalen und/oder materiellen Kapitals riskieren. Geld, Zeit, Liebe, irgendetwas. Das ist ein unumstößliches Gesetz. Außer durch pures Glück kommt man daran nicht vorbei. Es gibt kein Geschöpf auf Erden, das diesem gnadenlosen Gesetz nicht unterliegt. Um ein Schmetterling zu werden, muss sich eine Raupe fett fressen. Um fett zu werden, muss sie sich an Orte wagen, an denen es Vögel gibt. Es gibt keine Ausnahmen. Es ist ein Gesetz.

Den Schweizern ist dies alles bewusst, und sie ziehen daraus die Schlussfolgerung, es sei vernünftig, im Leben nicht alle Risiken zu meiden, sondern mit Bedacht Risiken einzugehen. Am Spiel teilzunehmen, zu wetten. Aber natürlich nicht so ohne Verstand, wie es die Raupe tut, sondern mit Sorgfalt und Intelligenz. So zu wetten, dass hohe Gewinne wahrscheinlicher sind als hohe Verluste. Wetten und gewinnen.

Ist das machbar? Natürlich. Es gibt eine Formel dafür. Wobei – »Formel« ist wohl das falsche Wort, denn es suggeriert mechanische Handlungen und einen Mangel an Entscheidungsfreiheit. »Philosophie« trifft die Sache vielleicht besser. Diese Philosophie also besteht aus zwölf tiefschürfenden und geheimnisvollen Regeln über das Eingehen von Risiken. Man nennt sie die Zürich-Axiome.

Seien Sie gewarnt: Auf den ersten Blick sind die Axiome ein wenig verwirrend. Sie unterscheiden sich stark von den üblichen Investmentratschlägen. Tatsächlich stehen sie sogar im Widerspruch zu einigen der am weitesten verbreiteten Klischees aus der Branche der Anlageberater. Die erfolgreichsten Schweizer Spekulanten geben allerdings nicht viel auf konventionelle Anlageberatung. Sie haben eine bessere Methode.

* * *

Der Begriff »Zürich-Axiome« wurde von einem Club Schweizer Aktien- und Rohstoffspekulanten geprägt, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg an der Wall Street bildete. Mein Vater war einer der Mitbegründer. Es handelte sich formal nicht um einen Club; es gab keine Statuten, Beiträge oder Mitgliederlisten. Es war einfach eine Gruppe von Männern und Frauen, die einander mochten, die reich werden wollten und die die Überzeugung teilten, dass noch niemand durch sein Gehalt reich geworden ist. Sie trafen sich in unregelmäßigen Abständen in »Oscar’s Delmonico« und anderen Bars an der Wall Street. Diese Treffen fanden von den 1950ern bis Ende der 1970er-Jahre statt. Man sprach über viele Themen, aber hauptsächlich über Risiken. Die schriftliche Niederlegung der Zürich-Axiome begann damit, dass ich meinem Vater eine Frage stellte, die er nicht beantworten konnte.

Mein Vater war ein Schweizer Bankier, in Zürich geboren und aufgewachsen. Die Vornamen in seiner Geburtsurkunde lauteten Franz Heinrich, aber in den USA nannte ihn jeder Frank Henry. Als er vor einigen Jahren starb, wurde in den Nachrufen vor allem hervorgehoben, dass er die New Yorker Niederlassung des Schweizerischen Bankvereins (SBV) geleitet hatte – des Finanzgiganten aus Zürich. Sein Job war ihm wichtig, aber er sagte mir einmal, auf seinem Grabstein solle der Satz stehen: »Er spielte und gewann.«

Franz Heinrich und ich sprachen erstmals über Spekulation, als ich noch die High School besuchte. Er schaute sich mein Zeugnis an und brummte dann, der Lehrplan sei unvollständig. »Was ihr am dringendsten braucht, bringen sie euch nicht bei«, sagte er. »Spekulation. Wie man Risiken eingeht und gewinnt. Wenn ein Junge in Amerika aufwächst und nicht weiß, wie man spekuliert – das ist so, als wäre er in einer Goldmine und hätte keine Schaufel!«

Als ich später auf dem College und in der Armee war und mir Gedanken über meine berufliche Zukunft machte, sagte Franz Heinrich: »Denke nicht nur an das Gehalt. Vom Gehalt wird man nicht reich, und viele werden sogar arm davon. Du musst dich noch nach etwas anderem umsehen. Ein paar gute Spekulationen – das ist es, was du brauchst.«

So redet eben ein typischer Schweizer. Es war ein Teil meiner Erziehung. Als ich die Armee verließ, mit ein paar hundert Dollar an Ersparnissen und Pokergewinnen, befolgte ich Franz Heinrichs Rat und mied Sparkassen, die er mit der größten Verachtung betrachtete. Ich investierte mein Geld an der Börse. Ich gewann ein wenig, verlor ein wenig, und am Ende hatte ich etwa so viel Geld wie am Anfang. In der Zwischenzeit hatte Franz Heinrich an der Börse enorme Erfolge erzielt. Unter anderem gewann er eine Menge Geld mit Aktien von extrem spekulativen kanadischen Uranminen.

»Was geht hier vor?«, fragte ich verdrießlich. »Ich mache kluge Investments und komme nicht weiter. Du kaufst ein paar Wiesen, auf denen Elche weiden, und wirst reich dabei. Gibt es da etwas, das ich nicht verstehe?«

»Du musst eben wissen, wie man es macht«, sagte er.

»In Ordnung. Bring es mir bei.«

Schweigend und verblüfft starrte er mich an. Es stellte sich schließlich heraus, dass er Spekulationsregeln durchaus im Kopf hatte, die er im Lauf seines ganzen Lebens verinnerlicht hatte. Unter Schweizer Bankiers und Spekulanten liegen diese Regeln gleichsam in der Luft – man kennt sie, aber sie werden selten artikuliert. Da er in diesen Kreisen lebte, seit er mit 17 Jahren seinen ersten Job als Banklehrling angetreten hatte, waren Franz Heinrich diese Regeln in Fleisch und Blut übergegangen. Aber sie exakt formulieren oder sie mir erklären konnte er nicht.

Er fragte seine Schweizer Freunde an der Wall Street, aber auch sie konnten die Regeln nicht artikulieren. Doch von diesem Zeitpunkt an machten sie es sich zur Aufgabe, die einzelnen Regeln zu identifizieren und sie klar zu formulieren. Es begann als eine Art Spiel, aber im Lauf der Jahre verfolgten sie dieses Spiel immer ernsthafter. Es wurde ihnen zur Angewohnheit, sich selbst und andere über wichtige spekulative Handlungen zu befragen: »Warum kaufst du jetzt Gold? Warum hast du diese Aktie verkauft, als alle anderen sie kauften? … Warum tust du dies und nicht das?« Sie zwangen einander, die Gedanken, die sie leiteten, klar zu artikulieren.

Allmählich entwickelte sich eine Liste von Regeln. Im Lauf der Zeit wurde sie kürzer, prägnanter, klarer. Niemand weiß mehr, wer sich die Bezeichnung »Zürich-Axiome« ausgedacht hat, aber unter diesem Namen wurden die Regeln bekannt und sind es noch immer. In den vergangenen Jahren haben sich die Axiome kaum verändert. Ihre Entwicklung ist abgeschlossen, und aller Wahrscheinlichkeit nach ist die aktuelle Form auch die endgültige: 12 Hauptaxiome und 16 Nebenaxiome.

Für mich sind sie von unschätzbarem Wert. Jedes Mal wenn ich sie studiere, scheint ihre Bedeutung zu wachsen – ein sicheres Zeichen einer fundamentalen Wahrheit. Sie enthalten zahlreiche Nebengedanken; manche sind pragmatisch-kalt, andere grenzen ans Mystische. Sie verkörpern nicht nur die Philosophie der Spekulation, sondern sie sind die Leitlinien für ein erfolgreiches Leben. Sie haben viele Leute reich gemacht.

Das erste HauptaxiomÜber RisikoBesorgnis ist keine Krankheit, sondern ein Zeichen von Gesundheit. Wer keine Sorgen macht, riskiert nicht genug.

Vor vielen Jahren machten zwei Freundinnen ihre College-Abschlüsse und beschlossen, ihr berufliches Glück gemeinsam zu versuchen. Sie gingen an die Wall Street und arbeiteten dort in einer Reihe von Jobs. Schließlich landeten sie beide als Angestellte bei E. F. Hutton, einem der bedeutendsten Brokerhäuser. Dort begegneten sie Gerald M. Loeb.

Loeb, der vor einigen Jahren starb, war einer der am meisten respektierten Investmentberater an der Wall Street. Dieses glatzköpfige Genie war ein Veteran der höllischen Baisse der 1930er-Jahre und der erstaunlichen Aufschwungphasen nach dem Zweiten Weltkrieg. Er überstand alle, diese Turbulenzen mit kühlem Kopf. Er wurde in Armut geboren und starb als reicher Mann. Sein Buch Erfolgreich durch den Investment-Dschungel (Originaltitel: The Battle for Investment Survival) ist vielleicht das populärste Handbuch über Börsenstrategie, das je geschrieben wurde. Sicher aber gehört es zu dem am besten lesbaren, denn Loeb war ein geborener Geschichtenerzähler.

Die Geschichte von den beiden jungen Frauen erzählte er meinem Vater und mir beim Abendessen in einem Restaurant in der Nähe der American Stock Exchange (heute: New York Stock Exchange oder NYSE American). Er meinte, man könne daraus viel über das Thema Risiko lernen. Die beiden jungen Frauen hatten ihn schüchtern um Ratschläge für ihre Investments gebeten. Sie waren zwar einzeln an ihn herangetreten, aber er wusste, dass sie eng befreundet waren und dass sie die Ergebnisse ihrer Investments vergleichen würden. Am Anfang waren beide in der gleichen finanziellen Situation. Sie hatten vielversprechende Karrieren begonnen, ihre Gehälter und ihr Status erhöhten sich allmählich. Sie verdienten mehr, als sie unbedingt zum Leben brauchten, und auch nach den jährlich fälligen Steuerzahlungen blieb noch etwas übrig. Die Summe war nicht besonders hoch, aber doch hoch genug, um sich darum zu kümmern – und in Zukunft könnte ja mehr daraus werden. Daher fragten sie Gerald Loeb, was sie damit anfangen sollten. Bei Toast und Tee in seinem Lieblingscafé versuchte der väterliche Loeb, die beiden Frauen möglichst gut zu beraten. Aber ihm wurde schnell klar, dass sie schon recht genau wussten, was sie wollten. Von ihm wollten sie eigentlich nur eine Bestätigung.

Als er uns davon erzählte, bezeichnete Loeb die eine Frau als die nüchterne Sylvia, die andere als die verrückte Mary. Sylvias Ehrgeiz bestand darin, einen absolut sicheren Hafen für ihr Geld zu finden. Sie wollte es zinsbringend anlegen, mit möglichst garantierter Rendite und möglichst garantiertem Kapitalschutz. Mary dagegen wollte gewisse Risiken eingehen, um aus dem wenigen Kapital, das sie zur Verfügung hatte, deutlich mehr zu machen.

Beide hielten sich an ihre jeweiligen Strategien. Ein Jahr später hatte Sylvia noch ihr gesamtes Kapital, bescheidene Zinseinkünfte und ein angenehmes Gefühl der Sicherheit. Mary dagegen hatte sich eine blutige Nase geholt. Sie war in einer turbulenten Börsenphase unter die Räder gekommen, und ihre Aktien hatten seit dem Kauf 25 Prozent an Kurswert verloren. Sylvia war anständig genug, nicht zu triumphieren. Im Gegenteil. Als sie vom Missgeschick ihrer Freundin erfuhr, sagte sie mitfühlend: »Das ist ja schrecklich! Du hast ein Viertel von deinem Geld verloren? Was für ein Pech!«

Alle drei saßen zusammen beim Mittagessen, wie sie es häufig taten. Loeb beobachtete Mary genau und nachdem sie von ihrem Verlust berichtet hatte, zuckte er kurz zusammen, und wartete dann auf ihre Reaktion auf Sylvias Mitleidsbekundungen. Er zuckte zusammen und erwartete Marys Reaktion auf Sylvias Mitleidsbekundungen. Loeb befürchtete, Marys früher Verlust könne sie entmutigen und sie dazu veranlassen, das Spiel aufzugeben, wie es so vielen unerfahrenen Spekulanten ergeht. (»Sie alle glauben, sie würden sofort hohe Gewinne machen«, sagte er nachdenklich zu uns. »Wenn sie nicht gleich im allerersten Jahr ihr Geld verdreifachen, laufen sie weg und schmollen wie verwöhnte Kinder.«) Aber Mary brachte die nötigen Voraussetzungen mit. Sie lächelte unbeirrt und sagte, während sie sich über den Tisch zu ihrer Freundin hinüber lehnte: »Es stimmt, ich habe einen Verlust. Aber denk daran, was ich außerdem habe: Ich habe ein Abenteuer.«

Die meisten Menschen klammern sich an die Sicherheit, als sei sie das Wichtigste auf der Welt. Sicherheit scheint etwas sehr Verlockendes zu sein. Sie vermittelt dieses angenehme Gefühl der Bequemlichkeit und wirkt beruhigend wie ein warmes Bett in einer kalten Winternacht. Ein Großteil der heutigen Psychiater und Psychologen würde dies positiv beurteilen. Es ist eine zentrale Annahme der modernen Psychologie, dass geistige Gesundheit vor allem Gemütsruhe bedeutet. Diese nie bewiesene These hat risikoaverses Denken über Jahrzehnte geprägt. Sorge dich nicht – lebe! (Originaltitel: How to Stop Worrying and Start Living) von Dale Carnegie war der Titel eines der ersten Bücher, die sich mit diesem Thema befassten. Sorgen sind schädlich, versichern uns die Risikovermeider. Sie liefern allerdings keinen Beweis, dass diese Aussage zutrifft. Nur durch endlose Wiederholung wurde sie schließlich als wahr akzeptiert.

Die Anhänger von Mystik und Meditation vor allem fernöstlicher Prägung gehen noch einen Schritt weiter. Gemütsruhe ist für sie so wichtig, dass sie oft dazu bereit sind, sogar Armut dafür in Kauf zu nehmen. Zum Beispiel lehren einige buddhistische Sekten, man solle nicht nach Besitz streben und sogar das verschenken, was man bereits hat. Die Theorie lautet: Je weniger man hat, desto weniger Sorgen muss man sich machen.

Die Philosophie hinter den Zürich-Axiomen ist natürlich das exakte Gegenteil dieser Theorie. Sorglosigkeit mag vielleicht in gewisser Weise angenehm sein. Aber jeder gute Schweizer Spekulant wird Ihnen sagen, dass Sie arm bleiben werden, wenn Ihr Hauptziel im Leben darin besteht, sich keine Sorgen machen zu müssen. Und außerdem werden Sie sich fürchterlich langweilen.

Das Leben sollte ein Abenteuer sein, kein Dahinvegetieren. Ein Abenteuer kann man als einen Zeitraum definieren, in dem man mit einer Gefahr konfrontiert ist und versucht, mit ihr fertigzuwerden. Wenn man einer Gefahr gegenübersteht, ist ein Gefühl der Besorgnis eine natürliche und gesunde Reaktion. Besorgnis ist ein integraler Bestandteil der größten Freuden, die das Leben bieten kann. Nehmen Sie zum Beispiel Liebesaffären. Wenn Sie Angst haben, sich hinzugeben und persönliche Risiken einzugehen, werden Sie sich nie verlieben. Ihr Leben wird dann zwar vielleicht so ruhig sein wie die Wasseroberfläche eines Tümpels, aber wer wünscht sich schon ein solches Leben?

Ein weiteres Beispiel bietet der Sport. In einem sportlichen Wettbewerb riskieren die Athleten bewusst etwas, und stellvertretend spüren auch die Zuschauer das Risiko, das die Sportler eingehen. Beide sind Teil des Spiels. Für die meisten Zuschauer ist es ein kleines Abenteuer – und es ist ein großes Abenteuer für die Sportler. Es ist eine durch ein sorgfältig gewähltes Risiko geprägte Situation. Wir würden weder Sportveranstaltungen noch andere Wettbewerbe beobachten, zögen wir daraus nicht eine grundlegende Befriedigung. Wir brauchen Abenteuer.

Vielleicht brauchen wir manchmal auch Ruhe. Aber davon bekommen wir jede Menge nachts, wenn wir schlafen, und zusätzlich an den meisten Tagen noch ein paar langweilige Stunden, während wir wach sind. Acht bis zehn Stunden Ruhe von insgesamt 24 Stunden sollten eigentlich reichen.

Sigmund Freud hat das Bedürfnis nach Abenteuer verstanden. Obwohl seine Thesen über den »Sinn des Lebens« verwirrend und manchmal unzusammenhängend sind, war er nicht der Meinung, dieser Sinn liege darin, zur Ruhe zu gelangen. Viele seiner Schüler vertraten diese These, aber er selbst tat das nicht. Tatsächlich hat er sich manchmal über Yoga und andere fernöstliche psycho-religiöse Disziplinen lustig gemacht, die er als Extremform derjenigen psychologischen Richtung betrachtete, die das Finden innerer Ruhe zum höchsten Ziel erhebt. Beim Yoga ist es das Ziel, zur inneren Ruhe zu gelangen – auf Kosten aller anderen Lebensaspekte. In Das Unbehagen in der Kultur bemerkte Freud, dass jemand, der dieses Ziel erreicht hat, »sein Leben geopfert hat«. Und wofür? »Er hat lediglich das Glück der inneren Ruhe erlangt.« Das sieht nach einem schlechten Tausch aus.

* * *

Abenteuer machen das Leben lebenswert. Und um ein Abenteuer zu erleben, muss man sich Risiken aussetzen. Gerald Loeb wusste das. Daher war er nicht begeistert von der Entscheidung der nüchternen Sylvia, ihr Geld auf ein Bankkonto einzuzahlen. Selbst wenn die Zinsen recht hoch sind – was hat man letztlich davon? Am Anfang des Jahres gibt man dem Banker 100 Dollar. Am Ende des Jahres bekommt man 109 Dollar zurück. Was für ein tolles Geschäft! Und wie aufregend!

Zugegeben, die Sicherheit des Kapitals von 100 Dollar ist so gut wie garantiert, zumindest bei einer angesehenen Bank in der zivilisierten Welt. Wenn es nicht gerade zu einem wirtschaftlichen Zusammenbruch kommt, werden Sie kein Geld verlieren. Der Bankier kann vielleicht im Lauf des Jahres die Zinsen senken, aber zumindest wird er ihnen nicht weniger als die ursprünglichen 100 Dollar zurückzahlen. Aber wo bleibt dabei der Spaß? Das Feuer? Die Leidenschaft? Wo bleibt die Blaskapelle? Und wo bleibt die Hoffnung, jemals reich zu werden?

Die 9 Dollar Zinsen sind steuerpflichtiges Einkommen. Was nach Steuern übrig bleibt, reicht allenfalls zum Inflationsausgleich. Auf diese Weise wird sich Ihre finanzielle Situation nicht nennenswert verbessern. Sie werden mit Ihrem Lohn oder Ihrem Gehalt niemals reich werden. Das ist unmöglich. Die wirtschaftliche Struktur der Welt stellt sich Ihnen als Hindernis in den Weg. Wenn das Arbeitseinkommen Ihr wichtigster finanzieller Stützpfeiler ist, können Sie bestenfalls hoffen, durchs Leben zu kommen, ohne um Ihr Essen betteln zu müssen. Und nicht einmal das ist sicher.

Leider ist die große Mehrzahl aller Menschen vor allem von ihrem Arbeitseinkommen abhängig, mit Ersparnissen als Reserve. Franz Heinrich regte sich immer darüber auf, dass die amerikanische Mittelschicht durch Erziehung und soziale Konditionierung unaufhörlich in diese Richtung gedrängt wird. »Die Kinder können sich nicht dagegen wehren«, brummte er. »Lehrer, Eltern, Berufsberater und alle anderen hämmern den Kindern pausenlos ein: Mach deine Hausaufgaben, sonst bekommst du keinen guten Job. Ein guter Job – das ist ihr ehrgeizigstes Ziel. Aber was ist mit einer guten Spekulation? Warum erzählen sie den Kindern nichts darüber?« Als ich ein Kind war, hörte ich natürlich viel darüber. Franz Heinrichs Faustregel lautete, dass man nur die Hälfte seiner finanziellen Energie auf das Arbeitseinkommen verwenden sollte. Die andere Hälfte sollte man Investments und der Spekulation widmen. Denn die harte Wahrheit ist: Wenn Sie nicht gerade einen reichen Verwandten haben, besteht Ihre einzige Chance, sich jemals aus der Masse der finanziell Minderbemittelten abzuheben – und zwar Ihre absolut einzige Chance –, darin, Risiken einzugehen.

Ja, natürlich hat die Sache zwei Seiten. Risiken beinhalten die Möglichkeit eines Verlusts anstelle eines Gewinns. Wenn Sie mit Ihrem Geld spekulieren, können Sie es verlieren. Und am Ende könnten Sie arm statt reich sein. Aber betrachten Sie es einmal so: Als gewöhnlicher, von Steuern geplagter und von der Inflation durchgerüttelter Einkommensabhängiger, der einen großen Teil der Probleme der Welt mit sich herumschleppt, sind Sie ohnehin in einer ziemlich bedauernswerten finanziellen Situation. Welchen Unterschied macht es also, wenn Sie beim Versuch, reich zu werden, ein wenig ärmer werden?