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Schaman:innen leben und arbeiten durch ihre Träume. In Ihnen offenbaren sich ihnen die Geheimnisse nicht nur dieser Welt. Dieses Buch richtet sich an alle, die tiefer in diese mystische Welt der Traum-Reisen eintauchen möchten. Und es ist für Euch alle geschrieben, denn haben wir nicht alle besondere Gaben? Es geht um die Einordnung und Deutung aller Deiner Träume. Dazu gibt es auch viele praktische Tipps, z.B. zur Führung eines Traum-Journals und zur erfolgreichen Bewahrung Deiner eigenen Traum-Erfahrungen. Insgesamt erfährst Du hier alles vom besseren Erinnern Deiner Träume bis hin zum sorgsamen und respektvollen Umgang mit Träumen als Botschaften Deiner Seele. Insoweit sind nämlich allgemeine Träume und schamanische Träume nicht so verschieden voneinander. Tauche ein in die schamanische Traum-Welt. Werde Dir Deiner spirituellen Ebenen bewusst und transzendiere Dein Bewusstsein. Anhand der hier dargestellten Traum-Motive erfährst Du außerdem, ob Du möglicherweise über eigene schamanische Gaben verfügst. In jedem Fall wirst Du Dein Leben um viele wunderbare Erfahrungen bereichern.
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Seitenzahl: 167
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Erfahrt in diesem Buch den weisen
Umgang mit Euren
- nicht nur schamanischen -
Träumen!
Wer sich auf die Traum- Welt einlässt,
wird seine Verbindung zwischen
Herz und Seele vertiefen
und in wundervoller Weise für
sein:ihr ganzes Leben nutzbar machen.
Nicht jeder Mensch ist Schaman:in;
doch unsere Seele kommuniziert
mit jedem von uns
in unseren Träumen -
unddie schamanische Sicht
bringt dies zum Vorschein.
Die Träume einer:s Schaman:in1 sind ein wesentlicher Bestandteil ihres Weges. Mit fortschreitender schamanischer Ausbildung träumen die neuen Medizin-Männer und -Frauen immer mehr und immer klarer. Bzw. sie können sich immer besser an ihre Träume erinnern. Sie erleben auf ihrer schamanischen Reise bestimmte Inhalte, Figuren und Themen in ihren Träumen von denen dieses Buch erzählt. Sie versinnbildlichen den Weg eines Schamanen bzw. einer Schamanin oder Sangoma bis zu seiner:ihrer Einweihung. Selbstverständlich haben auch wir Schamanen "normale" Träume, also solche, die unser Tagesgeschehen verarbeiten helfen. Echte schamanische Träume sind eher selten, weshalb wir sie als großen Schatz und besonders wertvoll betrachten. Der Weg bis hin zur Einweihung dient dazu, den menschlichen Geist von bewussten ebenso wie von unbewussten menschlichen Schwächen und Anhaftungen an die Welt zu befreien. Diese Träume kommen nicht notwendig in der hier gegebenen Reihenfolge. Sie kommen auch nicht unbedingt alle, und vor allem nicht in exakt diesen Bildern. Sie sind Stufen einer Entwicklungsreise zur Befreiung des menschlichen Geistes.
1 Anmerkung zum sog. Gendern. Ich weiß, es liest sich noch ungewohnt. Persönlich finde ich es jedoch erforderlich und gerecht, die weiblichen Formen ebenso wie die männlichen voll zu erfassen. Wir alle sind vor Spirit gleichbedeutend, das möchte ich sprachlich widerspiegeln.
Grundlagen des Träumens
Träume besser erinnern
Dein Traum- Tagebuch
Träume erhalten, verstehen und deuten
Viele Praktische Tipps für jede:n
Wie sich schamanische Gaben in Träumen zeigen
Interpretation schamanischer Träume
Traum- Reisen bis zur schamanischen Einweihung
1 Berufung und Gaben
2 Angst
3 Ancestors, Kontakt zu den Vorfahren
4 Spirituelle Reinigung mit schamanischen Kräutern
5 Weigerung
6 Kontrolle aufgeben und Tod
7 Anima und Liebe
8 Überwindung der Materie
9 Zugang zu spirituellen Kräften
10 Der Berg
11 Vorbereitung des Festes zur Einweihung
12 Tötung des:der Sangoma-Vaters bzw. - Mutter
Mein Dank gilt all denen, die mich auf Workshops, Kursen, Vorträgen und Tagungen mit ihren Fragen und ihrem Interesse bereichert haben. Vor allem gilt mein Dank denen, die ich bis zu ihrer schamanischen Einweihung als Sangomas begleiten durfte, insbesondere Zanetongo, Nomatongo, Isanose, und Kanyisa. Mein tiefer Dank geht an meinen wunderbaren Sangoma-Vater Philipp Kubukeli, der mich in die Welt der Traum-Deutung einführte, und mich die Kräuter lehrte, welche uns die Träume unserer Seele sehen, fühlen und erkennen lassen.
Schließlich danke ich allen, die an der Entstehung dieses Buch bzw. den dazugehörigen Fotos und Video- Sequenzen und dem Lektorat mitgewirkt haben.
Der Weg zur Schamanischen Einweihung in zwölf Träumen
Die schamanischen Traum-Motive im Überblick
Danksagung
Traumwelt - Dreaming
Traum 1: Über Deine Gaben erfahren
Zur Verweigerung – nicht nur schamanischer - Träume
Vom richtigen Umgang mit Deinen – nicht nur schamanischen – Träumen
Dein Traum- Tagebuch
Das Erschließen individueller Bedeutung
Umgang mit Traum- Gefühlen, insbesondere Schmerz
Traum 2: Von Ängsten und Schlangen
Ängste in anderen Formen
Traum 3: Kontakt zu den Vorfahren
Traum 4: Spirituelle Reinigung – die Wirkung schamanischer Kräuter
Traum 5: Die Medizinfrau, die keine Medizin machen wollte
Zur tieferen Bedeutung unsere Träume
Life Hack: Träume bewahren
Traum 6: Vom eigenen Sterben
Sterben weltlicher Eigenschaften und Identifikationen
Death talks to the Sangoma
Traum 7: Anima, Liebe und Vereinigung – „Die dreizehnte Kriegerin“
Traum 8: Überwinden der körperlichen Materie bis zum „Dismemberment“
Traum 9: Kraft, Aggression, Zerstörung und Krieg
Traum 10: Der Berg
Traum 11: Die Vorbereitung des Festes der schamanischen Einweihung
Traum 12: Die Tötung des Sangoma Vaters bzw. der Sangoma Mutter
Träumen ist zu „unterscheiden“ von Wachsein und nichtwach bzw. nicht- bewusst zu sein. Das ist unsere – insoweit auch westliche – begriffliche Differenzierung. Sie lässt kaum Raum für ein Ineinandergreifen von Traum-Welt und Alltags-Welt. Wie so vieles in unseren westlichen Sprachen ist dies ein Begriff, der abgrenzt und ausgrenzt, der zweiteilt und trennt. Es ist an der Zeit, schon dem Begriff wieder andere, neue und alte nämlich, Konnotationen zu geben, um Verbindung zu schaffen. Wieder geschieht dies durch Schamanen. Für sie, für uns, war und ist Traum nicht etwas einer anderen Welt Zugehöriges, sondern es vermittelt gerade und verbindet zwischen den Welten. Das erfordert schon mal die Anerkennung einer anderen Welt, und eben nicht nur der Abgrenzung eines Wachzustandes. Lassen wir doch zunächst mal begrifflich die Möglichkeit zu, dass die Seele oder Teile von ihr, bzw. unser Geist, in beiden „Zuständen“ wach ist und Erfahrungen sammelt. Sind Schaman:innen weit entwickelt, dann können sie in die andere(n) Welt(en) sogar im Wachzustand hineinsehen. Doch diese spezifisch schamanische Gabe soll nicht Gegenstand der Betrachtungen dieses Buches sein, sondern nur ein Ausgangspunkt zur Erweiterung unseres Bewusstseins vom Sein in und durch Träume. Denn nur in dieser erweiterten Grundhaltung können wir den Traum, das Dreaming, das Träumen als ein Mehr gegenüber dem Wachzustand erfassen. Denn es beinhaltet die Anknüpfung an das kollektive Unterbewusste (Begriff nach C.G. Jung) und damit an unsere Mythen. Viele Traumbilder gibt es schon auf uralten Zeichnungen und Malereien von Ureinwohnern praktisch aller Kontinente. Dieser erweiterte Traum- Begriff weist hin auf diejenigen, welche diese Malereien erschaffen haben, unsere Ahnen. Mit den Ahnen wiederentsteht in uns das Bild von Großvater Stein, und Urgroßmutter Ozean, und mit ihnen allen auch deren Geister, Riten, Krafttiere, Traditionen und Zeremonien. Traumdeutung ist ein überaus wichtiger Teil der Selbsterkenntnis. Über den Traum erhalten wir Zugang zu unbewussten Teilen unseres Selbst. Das gilt für Schman:innen und Nicht-Schaman:innen gleichermaßen.
Träume „lesen“ lernen ist ein Anleiten, gewissermaßen ein Lenken der/s Träumenden, nicht hingegen die Interpretation des Traumes. Es gilt als oberster Grundsatz, dass niemand in den Erkenntnisprozess des:der Träumenden mit irgendwelchen „lieb-gemeinten“ Vorschlägen eingreift. Immer ist und wahrhaftig anzuerkennen, dass der:die Träumende die "finale Autorität" hat, die eigenen Träume zu deuten, auch wenn er:sie es im Moment noch nicht kann bzw. noch nicht glaubt zu können. Der Leitfaden für Schamanen:innen ist daher derselbe wie für jede:n weltliche:n Ratsuchende:n: Träumende wissen letztlich stets selbst am besten, wie auszulegen ist. Man kann Vorschläge unterbreiten und abwarten, mehr sollte man auch nicht. Das gilt auch für alle in diesem Buch wiedergegebenen Träume! Als Sangoma habe ich lediglich einen Vorschlag unterbreitet, wie der jeweilige Traum zu verstehen ist, so es sich um einen „echten“ schamanischen Traum handelt. Wovon man die Finger lassen sollte, sind Bücher oder heutzutage auch etliche Webseiten, welche Symbolen bestimmte Bedeutungen zumessen. Wer sich traut bzw. zutraut, auch schamanische Träume zu deuten, darf sich nicht mit solchen Allerwelts- Deutungen begnügen. In jedem Fall wollen wir die individuelle Botschaft für die Träumenden finden.
Woher kommt eigentlich unser Bedürfnis nach Traum- Interpretation, - Lesen, und - Deutung. C. G. Jung sagte einmal vollkommen zu Recht, dass der Traum „stets klüger und weiter als der:die Träumende ist“. Dieser Ansatz ist dem schamanischen recht nahe. Es handelt sich um die Sichtweise, dass der Traum ein Kommunikations- Instrument darstellt, über welches die Träumenden Wissen, Erkenntnis und Gefühlsinhalte vermittelt werden, welche aktuell noch nicht in deren Bewusstsein sind. Daher brauchen Schaman:innen auch keine komplette Auslegung zu liefern, sondern nur Wege aufzeigen, um sich dieser Botschaft zu nähern. Im Idealfall können wir eine:n Träumenden bis zu dem Punkt begleiten, an dem er:sie eins wird mit seinem:ihrem Traum. Praktisch immer ist es nützlich, seinen Traum aufzuschreiben, durchaus auch mal einige Zeit liegen zu lassen und später nochmals anzusehen, durchaus unter Einbeziehung dessen, was sich in der Zwischenzeit ereignet hat. Gern kann sich der junge Schamane oder Sangoma Wissen aneignen, z.B. über bestimmte Traum-Symbole, Zeichen, Topoi, Axiome, Archetypen oder auch ganz allgemein kulturhistorische Aspekte der Traumwelten verschiedener Länder, Religionen, Sitten und Stämme. Auch moderne, wissenschaftliche Erkenntnisse sollten mit einfließen und berücksichtigt werden, z.B. über das sog. „luzide“ Träumen, welches ich in diesem Buch aussparen möchte. Denn letztlich sind sog. „luzide“ Träume keine Träume, sondern eigentlich Schein-Träume, denn man bleibt wach, während man seinen Verstand dahingehend überlistet, zu glauben, dass man eigentlich schläft.
Es gibt etliche Belege dafür, dass in viele Träume „Tagesreste“ einfließen, also Bilder und Begegnungen verarbeitet werden, welche der:die Träumende vor kurzem hatte. Dazu gehört auch ein sog. „Grundrauschen“, d.h., eine Art Bebilderung der Verarbeitung psychischer Erfahrungen. Vieles deutet darauf hin, dass längst nicht alle Träume eine tiefe, über die Tagesaktualität und deren Durchsicht hinausgehende Bedeutung haben. Umso wichtiger ist es daher, genau zu erkennen, wenn ein Traum eine weitergehende Bedeutung offenbart.
Ein kurzes Wort zur hierin verwendeten Begrifflichkeit. „Zeichen“ ist aus schamanischer Sicht ebenso wie bei C.G. Jung ein Bedeutungsinhalt, der für eine bekannte Sache oder Einheit steht, z.B. die Sprache, welche insoweit ein zusammenhängendes System aus Zeichen ist, nicht aus Symbolen (das ist wissenschaftlich umstritten). Ein „Symbol“ demgegenüber ist ein Bild, eine Darstellung oder Versinnbildlichung eines unbekannten Gegenstandes oder einer unbekannten Einheit. Auf diese Weise kommt, wie etwa Edinger es formulierte, eine lebende, also subjektive Komponente in das Symbol bzw. den Begriff des Symbols. Daher verwende ich in diesem Buch den Begriff des Symbols ausdrücklich als einen mit subjektiven Inhalten gefüllten. Aus dem Gesagten folgt, dass der uns noch beschäftigende Begriff des Archetyps lediglich eine äußere Struktur vermittelt, nicht hingegen eine spezifische Form eines symbolischen bzw. bildhaften Ausdrucks. Innerhalb der Gruppe der Archetypen wiederum ist der zentrale und allen anderen Sinn und Halt gebende Archetyp des Selbst. Das archetypische Selbst findet seinen universellen bildhaften Ausdruck oft in der Form eines Mandala oder, simplistisch, in der Form eines Kreises in der Mitte mit einem umgebenden Quadrat. Für die Rolle des:r Schaman:in in der Welt ist das „Selbst“ fundamental bedeutsam, weil genau dieses Selbst in seiner spirituell falschen Form, d.h., dem „Ich“ überwunden, aufgehoben, oder „transzendiert“ werden muss, um im eigentlichen Sinne schamanisch tätig zu sein. Denn erst dann macht es auch Sinn, dass C.G. Jung die verschiedenen (bildhaften) Repräsentationen von Gött:innen als Ur-Ausdruck des „Selbst“-Archetyps ansah. Der Christianismus folgt dem letztlich auch, wenn in der Bibel formuliert wird, dass Gott den Menschen nach seinem Ebenbilde schuf.
Die Träume von Sangomas, also den Schaman:innen im Südlichen Afrika, während ihres Trainings werden unterstützt durch Rituale mit den Vorfahren („Ancestors“) und Dampfbädern mit bestimmten Kräutern. In diesen Träumen leben und erleben die jungen Schaman:innen den Kosmos, die Heilkunst, ihre Gaben, ihre Ängste und Schwächen. Bisweilen sind diese Träume anders zu deuten als die von Nicht- Schaman:innen. Aber auch hier gibt es die Möglichkeit, im Traum das zu erleben, was in unser aller Träume vorkommt, also ein gewisses „Grundrauschen“ und die Verarbeitung von Tagesresten. Daneben treten dann allerdings in fundamentaler Weise die „Eingaben“ von Gott, Göttin und Ahnen. Diese Elemente können auch gemeinsam auftreten. Zwischen Traum und Träumendem muss ein Wiedererkennen auf höherer Ebene stattfinden, damit der Traum letztlich zur eigenen Ausbildung und persönlichen Weiterentwicklung beiträgt. Der Traum wird zu einer Art Bildband, der, vom Träumenden getrennt, ihm bzw. ihr gegenübertritt. Du blätterst dann in diesem Bildband und dabei wird aus zunächst unbekanntem, fremden oder gar seltsamem Geschehen etwas ganz Eigenes. Die in Träumen erwiesenen Entwicklungsstufen schaffen außerdem eine Offenbarungs-Kommunikation zwischen dem schamanischen Ausbilder und dem jeweiligen Schützling. Das Wiedererkennen bzw. die Kommunikation kann zunächst ausschließlich zwischen diesen beiden stattfinden. Dabei begegnest Du Dir selbst und mir (bzw. dem jeweiligen Ausbildenden) auf einer immer tieferen Ebene, die vom Kosmos anerkannt wird, indem Deine Heilungs- und Wirkkräfte sich mehren.
Hier ein typischer Dialog zwischen Sangoma-Vater und einem jungem Schamanen, der einen Traum geschildert hat und mit den Worten endet „ich bin verwirrt; manches verstehe ich vom Kopf, noch nicht vom Bauch.“. Ich antwortete ihm: „Verwirrung ist immer etwas Gutes, denn sie ist zugleich Nährboden für neue Erkenntnis. Nähern wir uns gemeinsam langsam an die Deutung an. Sobald Du Deinen Traum deuten kannst, wirst Du Dir selbst in einer höheren Form Deiner selbst begegnen. Darum gib Dich einen Moment dieser Ungewissheit hin“.
Einen solchen Traum über eine schamanische Gabe möchte ich an den Anfang stellen. Dieser Traum beinhaltet nur einen relativ geringen „schamanischen“ Teil. Man sieht daran sehr schön den Beginn des Übergangs des Menschen in sein schamanisches Dasein und Wirken. Verbunden damit ist die anstehende Erfahrungs-Aufgabe des Träumenden, was auch für einen Nicht-Schamanen als Auslegung in Betracht käme. Somit bietet uns dieser Traum gleichzeitig eine gute Anschauung der o.g. Differenzierung zwischen „schamanischem Traum“ und „schamanischer Traum-Deutung“. Hier also der Traum, den wir „Den Seelen-Atem sehen“ genannt haben:
Ich befinde mich in einem Spital, im
Zimmer meiner sterbenden Großmutter
mütterlicherseits. Sie ist körperlich
sehr schwach geworden, konnte
nicht mehr zur Toilette. Ich mache sie
behutsam sauber, ich fühle dabei einen
tiefen Respekt vor ihr, vor ihrem
Alter, vor ihrer Würde. Auch für die
Oma war es ein angenehmer Umgang.
Sie würde in dem Bett versterben.
Mir war klar, dass sie gerade im
Sterbeprozess war. Sie wusste, dass
sie verstirbt. Ich nahm ihren Puls,
wie ich es als Krankenschwester gewohnt
bin, und ich wusste: es ist
nicht mehr lange. Ich versuchte, jemanden
anzurufen, aber keiner ging
dran. Ich kuschelte mich an die Oma,
so wie es im weltlichen Leben nie geschehen
war. Plötzlich ist meine Mama
da, der Fokus ging, was mich etwas
störte, weg von der Oma. Ich
verabschiedete mich von ihr, wir
machten beide keine Worte, es war
nur Energie und Gefühl vorhanden.
Dann, im nächsten Traumbild, war sie
schon leicht kühl. Als ich das Laken
richtete, lag dort eine eingerollte
Katze neben Oma gekuschelt in einer
Art U-Form, unter dem Leinentuch.
Aus dem Hals meiner Oma steigt
Rauch auf, das, schien mir, war Seele-
Energie. Die Katze ging mir dann
nach und war ständig an meinen Füßen.
In mir stieg ein Mitleidsgefühl
auf. Ich fragte mich, ob ich die Katze
in einer Transportkiste mitnehmen
sollte. Ich räumte zügig auf, um mit
Oma und Mama noch diesen erhabenen
Moment zu genießen, bevor sie
bestattet wird. Dann hat mich mein
eigener Kater aufgeweckt, und legte
sich, was er noch nie zuvor getan
hatte, auf meinen Hals.
Die Träumende war über acht Jahre als Krankenschwester auf einer Intensiv-Station tätig. Ganz sicher ist sie also in ihrem weltlichen Leben dem Tod vielfach begegnet und hat sich eine schöne und respektvolle Beziehung zu ihm erworben. Einen solchen respektvollen Sterbeprozess erlebt sie hier im Traum nach. Die Seele formt also Bilder, die sie als Mensch möglichst gut einordnen kann. Es ist auch sicher ein weit über die Verarbeitung des Tagesgeschehens hinausgehender Traum.
Ein naheliegender schamanischer Ansatz zur Traumdeutung ist, die Träumende in der Linie ihrer Ahnen zu sehen. Es kommt eine große Nähe innerhalb der mütterlichen Linie zum Ausdruck. Das Säubern des Körpers bzw. das respektvolle Reinigen der Oma von ihren letzten körperlichen Exkrementen gehört zur übergeordneten schamanischen Reinigung der Beziehung zu den eigenen Vorfahr:innen. Es ist die erste Aufgabe jedes Sangoma Schamanen, einem/r KlientIn die Botschaft ihrer Vorfahren zu bringen. Das kann nur auf der Grundlage einer gereinigten Beziehung zu den Verstorbenen erfolgen.
Ein männlicher, beinahe 70-jähriger, Klient berichtete einmal vom „ekelhaften Anblicks des Scheißhaufens“, den seine versterbende Mutter ihm „als letzte Missachtung“ auf ihrem Sterbebette dagelassen hatte. Ich versuchte, ihm die Zusammenhänge zu erläutern, aber das blieb ergebnislos, und so würde er sich im Leben immer versuchen, stets an eine neue Partnerin als liebevolle Mutti zu klammern, bis zu seinem eigenen Tod, den er zwar als kluger Mann, jedoch mit dem Bewusstsein eines kleinen Jungen erleben würde.
Möglicherweise findet hier am Sterbebett ihrer eigenen Mutter auch eine Aussöhnung mit der Tochter, also der Träumenden, statt. Diese sind wichtig, um die „weltliche Kraft“ an die nachfolgende Generation zu übertragen. Daran fehlt es bei vielen Menschen, weshalb sie im weltlichen Leben dann nie wirklich erfolgreich werden, in einem oder allen Lebensbereichen. Die Katze ist möglicherweise eine Verkörperung von weiblicher Kraft und Unabhängigkeit, welche schon die Großmutter nicht leben konnte oder durfte – eine Aufgabe, welche nun der Träumenden bewusst wird. Insoweit geht es um gelebte Weiblichkeit, für welche die Katze ein schönes Bild sein kann. Somit könnte es sich bei der Weiblichkeit um ein Familienbzw. Sippenthema handeln. Die Oma hat das Thema nicht erlöst und ihre Seele wird ihr vermutlich das Thema der Eigenständigkeit als Frau wieder als Aufgabe in ihre nächste Inkarnation einflechten. Doch auf die vielen weiteren Zusammenhänge können wir hier aus Platzgründen nicht eingehen.
Die Träumende wurde dann gefragt, an welcher Stelle im Traum sie ihr intensivstes Gefühl erlebt habe. Diese Frage ist in der schamanischen Traumdeutung überaus bedeutsam. Die Seele spricht nicht! Sie ist kein zweiter menschlicher Geist. Sie kommuniziert mit uns über Gefühle. Auch über das Einkleiden ihrer Botschaften in Bilder kommuniziert sie im Wesentlichen Gefühle. Daher ist auch an der Stelle des intensivsten Gefühls die Seele am nächsten - und man nähert sich also dem Zentrum ihrer Botschaft. Hier schilderte die Träumende, dass das „Reinkuscheln bei der Oma“ mit dem intensivsten Gefühl verbunden war. Diese innigliche Verbindung war immer ihre Sehnsucht in der Welt gewesen, und stellte gleichzeitig ein Symbol großer Geborgenheit dar. Nicht nur der schamanische Ansatz der Traumdeutung kann nahelegen, dass hier über die Oma kompensiert bzw. überhaupt erst aufgebaut wird, was die Mutter der Träumenden zeitlebens verweigert hatte zu geben. Aus schamanischer Sicht ist die „Oma“ als Vorfahrin (Ancestor) näher als wir Lebenden an der Göttlichen Quelle. Von dort aus vermittelt sie der Träumenden nun endlich die Geborgenheit, die ihr immer gefehlt hatte. Als Mensch, und nicht lediglich als Schamanin kann sie diese liebevolle stärkende Energie nun in sich anreichern, und ihre kommenden Lebensaufgaben angehen. Als ich ihr dies sagte, spürte sie eine Art innerer Aufregung in sich. Als Sangoma-Schamane sehe ich dies als Zeichen dafür, dass die Vorfahren in ihr beginnen, wirksam zu werden, was uns nun zum eigentlich schamanischen Teil dieses wunderbaren Traumes führt.
Der gesamte Prozess erfordert für den weltlichen Menschen keinesfalls, dass er oder sie den Seelen-Atem als Rauch sieht. Die Träumende berichtet, dass sie bereits mehrfach während ihrer Tätigkeit beim Tode eines Menschen gespürt hatte, wie sich der Raum um das Körperliche herum sehr ausweitet. Es scheint ihr als ob eine weitere Dimension des Seins sich mit der Seele des individuellen Menschen verbindet. Es legt sich dann eine friedvolle Atmosphäre über die Verstorbenen und man wird Teil eines größeren Prozesses. Nun ist es jedoch eine schamanische Gabe, „sehen“ bzw. im weiteren Sinne wahrnehmen zu können, was Seelen-Energie ist. Es offenbart sich der Träumenden und mir als Sangoma-Vater ihre erste und durchaus zentrale schamanische Gabe. Dass der Traum immer „klüger ist als die Träumenden“, hat schon C.G. Jung schön formuliert. Hier teilt sich die Seele mit, und zwar in einer Weise, wie es für das weltliche Verständnis des Traumes nicht erforderlich wäre. Es ist ein ernst zu nehmender, ja heiliger, Hinweis auf die eigene Gabe, die es gilt, anzunehmen, zu vertiefen und zum Wohle der Menschen anzuwenden. Die Seele zeigt sich selbst und ihre Präsenz in der Träumenden. Die Seele ist kein externes “Etwas”, sondern sie ist Du. Sie hat den Körper als Ausdruck ihrer selbst erschaffen. Sie ist mehr als bloß mit Dir verbunden, sie ist Du. In einem anderen Fall träumte eine Schamanin von ihrer Tochter wie folgt:
(…) Als nächstes habe ich mich in
meinem eigenen aktuellen Schlafzimmer
im Bett wiedergefunden, habe
die Kerzen, den Teller und das
Glas auf meinem Schreibtisch registriert,
die noch genauso dastanden
und brannten, wie ich sie vor dem
Schlafengehen hingestellt hatte. Im
absolut gleichen Moment - also ich
habe alles auf einmal wahrgenommen
- war meine Tochter auf meinem
Bett. Ich habe das mehr als verwundert
registriert, aber bevor ich sie
fragen konnte, sagte sie „so ich mache
da jetzt mit“, verteilte auf meiner
Bettdecke genau gegenüber den Kerzen
irgendetwas Pulverartiges und
murmelte etwas von einem Schutz.
In dem Moment hörte alles schlagartig
auf und ich war hellwach, ich habe
nicht mehr mitbekommen, was das
alles sollte und wer alles da war.