Dient Religion dem guten Leben? - Friedrich Wilhelm Graf - E-Book

Dient Religion dem guten Leben? E-Book

Friedrich Wilhelm Graf

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Beschreibung

Der Münchner Professor für Theologie und Ethik bietet zur Beantwortung der titelgebenden Frage seines Beitrags zu Kursbuch 172 eine Übersicht verbindender Elemente von Religionen an. Unter Berücksichtigung ihrer Semantiken und Kulturen stellt er ergebnisoffene Interpretationsrahmen als Grundlage der Religion fest, die Gut und Böse, sündig und heilig für die Gemeinschaften definieren. Aber ist das zwingend gut?

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Seitenzahl: 21

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Friedrich Wilhelm Graf

Dient Religion dem guten Leben?

Ein Plädoyer gegen jede Selbstverabsolutierung

Die Frage »Dient Religion dem guten Leben?« ist von sympathischer Übersichtlichkeit. Sie scheint sich zunächst schnell und leicht beantworten zu lassen: Fromme Menschen sind in aller Regel davon überzeugt, dass sie ihr Glaube zu einem gottwohlgefälligen, guten Leben befähigt. Sie suchen im Alltag, den Geboten Gottes – genauer: ihres Gottes – zu folgen, und sind gewiss, damit ein gutes Leben zu führen. Auch sind sie überzeugt, dass die Welt insgesamt besser wäre, wenn auch viele andere ihren Glauben teilten und ein gottgetreues Leben führten. Fromme Menschen sind Überzeugungstäter. In ihrer innerlichen Bindung an Gott kennen sie in elementarer, existenzieller Gewissheit den Unterschied von Gut und Böse, Heil und Verderben, gottgewolltem und sündhaftem Leben. In Ritus und Rede bekunden sie: Unser Glaube führt uns auf den Weg zum guten Leben. So geben sie auf die Frage »Dient Religion dem guten Leben?« eine klare Antwort: »Unser Glaube leistet dies.«

Was für fromme Menschen unmittelbar evident ist, sehen viele religionskritische, säkulare Zeitgenossen eher skeptisch. Zwar können diese Glaubensfernen Tag für Tag am Lebenswandel der Frommen beobachten, wie Gottesglaube Habitus formt und Handeln prägt. Auch schätzen sie positive, weil sozial nützliche Folgewirkungen gelebten Glaubens: etwa die Hilfsbereitschaft der Frommen, ihre Empathie mit Schwachen und Kranken, die starke Kraft der Solidarität, die Gottesglaube stiften und stärken kann. Aber sie können, gerade in der Gegenwart, zugleich auch problematische, sozialpathologische Züge religiösen Bewusstseins wahrnehmen: die Neigung vieler Frommer zu Unduldsamkeit und Intoleranz, ihre Herabsetzung Andersgläubiger, sektiererische Tendenzen zur Abschottung von der sonstigen Gesellschaft. Offenkundig ist die Frage »Dient Religion dem guten Leben?« schwieriger und voraussetzungsreicher, als sie prima facie erscheint.