Digitale Medien und Neue Autorität - Martin A. Fellacher - E-Book

Digitale Medien und Neue Autorität E-Book

Martin A. Fellacher

0,0

Beschreibung

Die Aktivitäten ihrer Kinder sind Eltern oft ein Rätsel – vor allem bei "Digitalen Medien". Dieses Thema ist aus dem Elterncoaching nicht mehr wegzudenken. Mit Wachsamer Sorge erzielen Eltern Erfolge und entmystifizieren Smartphones und Co. Das Konzept der Wachsamen Sorge von Haim Omer geht davon aus, dass Erziehungsverantwortliche dort Präsenz zeigen müssen, wo sich ihre Kinder und Jugendlichen aufhalten. Martin Fellacher überträgt undogmatisch, optimistisch und anschaulich die drei Stufen der Wachsamen Sorge auf den Umgang mit digitalen Medien. Die Praxisbeispiele machen deutlich, dass die virtuelle Welt kein Dämon ist und zeigen, wie es Eltern gelingt, über die Aktivitäten ihrer Kinder informiert zu sein und gefährdendem Verhalten entgegenzuwirken.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 80

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Leben.Lieben.Arbeiten

  SYSTEMISCH BERATEN

Herausgegeben vonJochen Schweitzer undArist von Schlippe

Martin Fellacher

Digitale Medien und Neue Autorität

Kinder und Jugendliche in virtuellen Welten begleiten

Mit einer Abbildung und 2 Tabellen

Vandenhoeck & Ruprecht

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.

© 2021 Vandenhoeck & Ruprecht, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen, ein Imprint der Brill-Gruppe

(Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA;

Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich)

Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, Verlag Antike und V&R unipress.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Umschlagabbildung: Vof/stock.adobe.com

Satz: SchwabScantechnik, GöttingenEPUB-Produktion: Lumina Datamatics, Griesheim

Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com

ISSN 2625-6088

ISBN 978-3-647-99449-9

Inhalt

Zu dieser Buchreihe

Vorwort

I    Der Kontext

Die digitale Revolution und ihre Bedeutung für den Erziehungskontext

Die digitale Revolution – Chancen und Risiken?

Bedeutung für die Rolle der Erziehungsverantwortlichen

Die Entwicklungen der letzten Jahre in Zahlen

Entwicklung der Bedeutung der Medien in den Altersgruppen

Mediennutzung als Rückzugsfeld bei nicht gelungener Schamregulierung

Untersuchungen zu Auswirkungen der Handy-Strahlung

II  Die systemische Beratung

Fallbeispiel über den elterlichen Kontrollverlust

Wachsame Sorge

1. Stufe: Offene Aufmerksamkeit

2. Stufe: Fokussierte Aufmerksamkeit

3. Stufe: Schutz und Intervention

Fallbeispiel mit Beauty-Vlog

Herausforderungen, die bleiben

Umgang mit laufend neuen technischen Entwicklungen

Technische Lösungen als Unterstützung bei der Grenzsetzung

Erwachsene als »digitale Analphabeten«

III Am Ende

Die Frage nach der Henne und dem Ei

Hilfreiche Links

Literaturverzeichnis

Der Autor

Zu dieser Buchreihe

Die Reihe »Leben. Lieben. Arbeiten: systemisch beraten« befasst sich mit Herausforderungen menschlicher Existenz und deren Bewältigung. In ihr geht es um Themen, an denen Menschen wachsen oder zerbrechen, zueinanderfinden oder sich entzweien und bei denen Menschen sich gegenseitig unterstützen oder einander das Leben schwermachen können. Manche dieser Herausforderungen (Leben.) haben mit unserer biologischen Existenz, unserem gelebten Leben zu tun, mit Geburt und Tod, Krankheit und Gesundheit, Schicksal und Lebensführung. Andere (Lieben.) betreffen unsere intimen Beziehungen, deren Anfang und deren Ende, Liebe und Hass, Fürsorge und Vernachlässigung, Bindung und Freiheit. Wiederum andere Herausforderungen (Arbeiten.) behandeln planvolle Tätigkeiten, zumeist in Organisationen, wo es um Erwerbsarbeit und ehrenamtliche Arbeit geht, um Struktur und Chaos, um Aufstieg und Abstieg, um Freud und Leid menschlicher Zusammenarbeit in ihren vielen Facetten.

Die Bände dieser Reihe beleuchten anschaulich und kompakt derartige ausgewählte Kontexte, in denen systemische Praxis hilfreich ist. Sie richten sich an Personen, die in ihrer Beratungstätigkeit mit jeweils spezifischen Herausforderungen konfrontiert sind, können aber auch für Betroffene hilfreich sein. Sie bieten Mittel zum Verständnis von Kontexten und geben Werkzeuge zu deren Bearbeitung an die Hand. Sie sind knapp, klar und gut verständlich geschrieben, allgemeine Überlegungen werden mit konkreten Fallbeispielen veranschaulicht und mögliche Wege »vom Problem zu Lösungen« werden skizziert. Auf unter 100 Buchseiten, mit etwas Glück an einem langen Abend oder einem kurzen Wochenende zu lesen, bieten sie zu dem jeweiligen lebensweltlichen Thema einen schnellen Überblick.

Die Buchreihe schließt an unsere Lehrbücher der systemischen Therapie und Beratung an. Unsere Bücher zum systemischen Grundlagenwissen (1996/2012) und zum störungsspezifischen Wissen (2006) fanden und finden weiterhin einen großen Leserkreis. Die aktuelle Reihe erkundet nun das kontextspezifische Wissen der systemischen Beratung. Es passt zu der unendlichen Vielfalt möglicher Kontexte, in denen sich »Leben. Lieben. Arbeiten« vollzieht, dass hier praxisbezogene kritische Analysen gesellschaftlicher Rahmenbedingungen ebenso willkommen sind wie Anregungen für individuelle und für kollektive Lösungswege. Um klinisch relevante Störungen, um systemische Theoriekonzepte und um spezifische beraterische Techniken geht es in diesen Bänden (nur) insoweit, als sie zum Verständnis und zur Bearbeitung der jeweiligen Herausforderungen bedeutsam sind.

Wir laden Sie als Leserin und Leser ein, uns bei diesen Exkursionen zu begleiten.

Jochen Schweitzer und Arist von Schlippe

Vorwort

Digitale Medien verändern die Welt. Verschiedentlich wird die Erfindung des Computers und mit ihm der vielen Möglichkeiten, elektronisch zu kommunizieren als vierte große Erfindung der Menschheit genannt, die neben der Sprache, der Schrift und dem Buchdruck die Bedingungen unseres sozialen Miteinanders radikal verändern wird: jederzeit ist jede Information – unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt – abrufbar, jederzeit ist prinzipiell jeder erreichbar, ansprechbar und nicht nur das: in alle möglichen Kommunikationen können auch beliebig viele andere Personen per cc und bcc hineingezogen werden. Prozesse, die sich in früherer Zeit über Tage und Wochen hinzogen, laufen daher heutzutage innerhalb von wenigen Minuten oder Stunden ab.

Die dramatischen Veränderungen merken Familien ganz besonders. Mit dem Smartphone, das Kinder sich immer früher wünschen und bekommen, drängt sich die Welt mit ihrer ganzen Vielfalt und auch mit ihrer Zerrissenheit nicht nur ins Kinderzimmer, sondern auch in die Herzen und Köpfe der Kinder hinein. Die Möglichkeiten, sich in einer Fülle von Handy- und Videospielen zu verlieren, sind unendlich, die Gefahren von Konflikteskalationen und von Cybermobbing im Kreis der Gleichaltrigen steigen. Eltern, die vor dreißig/ vierzig Jahren schockiert über die Offenheit der Bilder in Jugendzeitschriften wie der »Bravo« waren, wären fassungslos und entsetzt zu sehen, wie leicht der Zugang für Kinder und Jugendliche zu weit freizügigeren, ja schlimmeren Bildern heute ist, ganz zu schweigen von der Gefahr, dass sich ein Kind, nichts Böses ahnend, in alle möglichen Kommunikationsketten einklinkt, ohne die manchmal möglichen schlimmen Folgen auch nur ansatzweise zu erahnen.

Die Bandbreite der neuen Gefahren, die sich hier ergeben, wird in diesem Buch sehr prägnant vorgestellt. Doch es bleibt nicht dabei stehen, sondern gibt Eltern und Erziehungsverantwortlichen Antworten auf die zentralen sich hier ergebenden Fragen: Wie können Eltern auf eine sinnvolle Weise eingreifen, ihre Kinder beschützen und ihnen beim sinnvollen Umgang mit den Medien helfen (die die Kinder ja manchmal sogar besser bedienen können als sie selbst)? Wie können sie vor allem auf »elterliche Löschungserfahrungen« reagieren, wie sie in diesem Buch beschrieben werden? Elterliche Präsenz, die Beharrlichkeit der Eltern braucht hier neue Formen, wenn es darum geht, gemeinsam nach Wegen zu suchen, wie verantwortlich mit der Digitalisierung der kindlichen Lebenswelten umzugehen ist. Simple Formen von Anordnung und Kontrolle greifen hier nicht, ja, sie bringen eher das Risiko mit sich, dass das Geschehen noch weniger durchsichtig wird. Stattdessen wird eine Vielzahl von Wegen vorgestellt, wie über Vereinbarungen und Vorbildfunktionen Eltern und Kinder sich gemeinsam auf einen Weg machen und lernen, die Gefahren gut einzuschätzen und zugleich die Fülle an Möglichkeiten, die sich durch die neuen Medien ergeben, auf positive Weise zu nutzen.

Der Autor ist selbst Vater und therapeutischer Berater. Er schöpft aus einem breiten Fundus an Erfahrungen. Es ist ein unmittelbar praxistaugliches Buch, das, da bin ich mir sicher, Sie, liebe Leserin, lieber Leser, genauso intensiv anregen wird wie mich!

Arist von Schlippe

Der Kontext

Siebzig Jahre, nachdem die ersten Weißen – es waren Goldgräber aus Australien – das Hochland von Papua-Neuguinea entdeckten, verbrachte ich 2004 einige Wochen in der Stadt Mount Hagen. Diese Stadt entstand 1934 im Zuge einer Exploration von den drei Leahy-Brüdern aus Australien. Einer von ihnen hatte eine Kamera dabei und schaffte ein beeindruckendes Filmdokument (Anderson & Connolly, 1982) vom Aufeinandertreffen der »modernen Zivilisation« und Menschen, die – nach unserer Definition – noch in der Steinzeit lebten. In der Dokumentation von Anderson und Connolly berichten Zeitzeugen über diese erste Begegnung. Unter anderem hatten die Bewohner den Eindruck, dass die Eindringlinge unbewaffnet waren, da sie selbst noch mit Speeren und Ähnlichem hantierten. Erst, als diese mit ihren Gewehren ein Schwein erschossen, erkannten sie den Irrtum. Ich sah das erste Mal diese Bilder und konnte es kaum fassen, mich am selben Ort in einer modernen Stadt zu bewegen, mit aller Technik und Entwicklung, die Anfang dieses Jahrhunderts eben gegeben waren.

In der lokalen Gesellschaft waren zu der Zeit – und sind bis heute (Zoll, 2019; AFP, 2018) – massive Spannungen zu spüren. Regelmäßig finden »Tribal-Fights« zwischen den Bevölkerungsgruppen statt, die durch die modernen Waffen mehr Opfer fordern als früher. Viele Ethnologen, die in diesem Land forschen, führen das auf die Geschwindigkeit zurück, mit der sich die Veränderungen ab 1934 einstellten. Kinder hatten Zugang zu Bildung erhalten und waren im Bereich Wissen ihren Vorfahren rasch überlegen. Die Weisheit und daraus resultierende Autorität der Älteren wurden nicht mehr im bisherigen Maße anerkannt.

Zwei Jahre durfte ich insgesamt in Papua-Neuguinea verbringen. Es waren die letzten zwei Jahre ohne Mobiltelefon. Ich kann mich erinnern, wie vor meiner Reise eine Person, die ebenfalls eine Zeit im Ausland verbrachte, sagte: »Du wirst zurückkommen und merken, in zwei Jahren passiert hier gar nichts«. Doch mindestens in einer Hinsicht sollte sich das als Trugschluss erweisen.