Digitale Zentralbankwährung - Michael Brückner - E-Book

Digitale Zentralbankwährung E-Book

Brückner Michael

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Beschreibung

Mit CBDC zur digitalen Währungsreform: wenn Geld zum Kontroll- und Überwachungsinstrument wird

In mindestens 120 Staaten arbeiten Regierungen und Notenbanken an einer digitalen Währungsreform. Sie verbirgt sich hinter dem Akronym CBDC (Central Bank Digital Currency), auf Deutsch: Digitale Zentralbankwährung.

Viele sehen darin eine neue Kryptowährung, ähnlich dem Bitcoin. In Wahrheit aber ist die Digitale Zentralbankwährung alles andere als »krypto«. Sie ist vielmehr ein höchst effizientes Kontrollinstrument. Und sie wird mittelfristig das Bargeld ersetzen.

Nichts bleibt dem Staat verborgen

Was CBDC so gefährlich macht: Der Staat kann genau regulieren, wer wie viel von diesem Geld bekommt. Und was jemand mit der Währung kaufen kann und was nicht. So lässt sich zum Beispiel der Erwerb »wünschenswerter« Produkte fördern und gleichzeitig verhindern, dass die Menschen »Unerwünschtes«, wie zum Beispiel Fleisch oder Autos mit Verbrennungsmotoren, kaufen.

Erschreckend ist die Vorstellung, dass das digitale Zentralbankgeld mit der digitalen ID des Bürgers und einem Vermögensregister verknüpft werden kann. Genau das wollen die Politiker. Schließlich ermöglicht dies die totale Überwachung jedes einzelnen Bürgers.

Uns droht nicht weniger als eine monetäre Planwirtschaft

In dieser topaktuellen Neuerscheinung beschreiben die Autorin Jessica Horn und der Finanzjournalist Michael Brückner anschaulich und nachvollziehbar:

  • wie das staatliche Cybergeld uns überwachen soll
  • wie CBDCs konkret funktionieren
  • was das für unser Bargeld bedeutet
  • dass CBDCs ein Teil des »Great Reset« sind
  • warum mit CBDCs ein Albtraum Wirklichkeit wird.


Der Staat macht Ernst: Die Digitale Zentralbankwährung kommt!

Natürlich wird auch in der EU eine digitale Währung vorbereitet. Der E-Euro soll vermutlich schon 2026 eingeführt werden.

Weltweit wird mit Hochdruck an der digitalen Währungsreform gearbeitet

Bedenken Sie: Im Jahr 2020 beschäftigten sich erst 30 Staaten mit CBDC-Projekten. Inzwischen sind es über 120. Das zeigt, mit welchem Tempo dieses Projekt international umgesetzt werden soll.

»Digitales Zentralbankgeld öffnet das Tor zur Hölle.« Prof. Dr. Thorsten Polleit

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1. Auflage November 2023

Copyright © 2023 bei Kopp Verlag, Bertha-Benz-Straße 10, D-72108 Rottenburg

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Swantje Christow Satz und Layout: Mohn Media Mohndruck GmbH, Gütersloh Covergestaltung: Lilly Stühle

ISBN E-Book 978-3-86445-975-7 eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

Gerne senden wir Ihnen unser Verlagsverzeichnis Kopp Verlag Bertha-Benz-Straße 10 D-72108 Rottenburg E-Mail: [email protected] Tel.: (07472) 98 06-10 Fax: (07472) 98 06-11

Unser Buchprogramm finden Sie auch im Internet unter:www.kopp-verlag.de

Einleitung

»Daß ich erkenne, was die Weltim Innersten zusammenhält.«

Johann Wolfgang von GoetheFaust. DerTragödie erster Teil1

Als Ben Broadbent, ein hochrangiger Beamter der Bank of England, im Jahr 2016 an der London School of Economics einen Vortrag zum Thema »Central Banks and Digital Currencies«, also über das digitale Zentralbankgeld (CBDC), hielt, dürften seine Zuhörer trotz der streckenweise sehr drögen Ausführungen des Zentralbankers geradezu elektrisiert gewesen sein. Skizzierte der Geldmanager doch gerade eine probate Strategie, um der Herausforderung durch Bitcoin & Co. erfolgversprechend begegnen zu können. Die Strategie war ziemlich simpel und folgte dem Prinzip: Wenn man das Produkt eines Konkurrenten nicht dauerhaft verhindern kann, dann macht man es einfach nach. Bei diesem Produkt handelte es sich um die neuen Digitalwährungen, allen voran der im Jahr 2008 gestartete Bitcoin – zunächst kaum beachtet, später von Regierungen und vielen Notenbankern gefürchtet. Wegen der in der Tat sehr ausgeprägten Volatilität dieser digitalen Währung glaubte mancher, der Bitcoin und die rasant wachsende Zahl seiner »Konkurrenten« sei nur ein temporäres Spielzeug für Tech-Nerds. Doch bald wurde deutlich: Die Kryptowährungen waren gekommen, um zu bleiben. Und unversehens erkannten die Politiker rund um die Welt, die daran gewöhnt waren (und es immer noch sind), die Bürger über das staatliche Fiatgeld zu steuern, zu kontrollieren und zu erziehen, dass die Digitalwährungen einen dicken Strich durch die Rechnung der politisch Verantwortlichen machen könnten.

Seit Jahren tobt der von einflussreichen Kreisen – von Regierungen, NGOs, Konzernen, Agenturen der Vereinten Nationen bis hin zur Bill & Melinda Gates Foundation – mit riesigem Propagandaaufwand befeuerte Kampf gegen das Bargeld. Was aber macht das Bargeld aus Sicht seiner Gegner so »gefährlich«? Ganz einfach: Bargeld ist anonym. Sie gehen in den Supermarkt, kaufen ein und zahlen an der Kasse mit Geldscheinen und Münzen. Niemand fragt nach Ihrem Namen oder Ihrer Kontonummer, niemand kann prüfen, ob Sie sich gesund ernähren, ob Sie ungeachtet grün-alternativer Gehirnwäsche weiterhin Wurst und Fleisch verzehren. Der ganze Vegankult ist Ihnen im wahrsten Sinne des Wortes »wurscht«. Zahlen Sie hingegen mit Karte, Handy oder Digitalwährungen, ist es vorbei mit dieser Anonymität. Sie werden zu einem gläsernen Konsumenten. Ist das ein erstrebenswertes Ziel? Sicher nicht. Und dennoch gilt es vor allem in der jüngeren und mittleren Generation als schick, mit Karte oder Smartphone zu bezahlen, manche denken wohl, das sei Ausdruck eines urbanen, digitalen Lebensstils. Wie lautet doch eine immer wieder zu hörende Propagandafloskel der Cash-Gegner? »Nur Omas und Ganoven zahlen noch mit Bargeld.« Falsch, mit Bargeld zahlen vor allem Menschen, die noch Wert auf Diskretion und Selbstbestimmung legen. Ja, die Anonymität ist per se weder suspekt noch anrüchig, sondern in vielen Bereichen unverzichtbar. Ohne die Anonymität von Wahlen gäbe es keine echte Demokratie. Umgekehrt ist größtmögliche Transparenz kein Allheilmittel; vielmehr öffnet sie dem staatlichen Voyeurismus Tür und Tor. In den Zehn Geboten steht nirgendwo: »Du sollst keine Geheimnisse haben«.

Oft hören wir, wer sich nichts habe zuschulden kommen lassen, brauche auch Kontrolle nicht zu fürchten. Menschen, die so argumentieren, sind schon längst zu Lemmingen mutiert, ohne es zu bemerken. Wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, erfahren möchten, welch mächtige Allianz sich zum Kampf gegen unser Bargeld gebildet hat, dann werfen Sie einen Blick auf die Internetseite www.betterthancash.org. Sie werden staunen!

Im Kreuzzug gegen das Bargeld tauchte nun plötzlich ein Störenfried in Form des Bitcoins auf. Regierungen, (Noten-)Banken und superreichen Volkserziehern waren die Kryptos ein Dorn im Auge. Denn schließlich waren die Kryptos eben krypto, was sich aus dem Altgriechischen mit »verstecken« oder »verbergen« übersetzen lässt. Würden also Bitcoins & Co. bestimmte Eigenschaften des Bargeldes (zum Beispiel dessen Anonymität) ins digitale Zeitalter retten? Immerhin arbeiten Bitcoins & Co. nach dem Peer-to-Peer-Prinzip, weshalb auch Satoshi Nakamoto, der angebliche Entwickler der Bitcoins, in seinem Whitepaper von einem »Peer-to-Peer Electronic Cash System« schrieb. Peer-to-Peer bedeutet, dass die Teilnehmer von Netzwerken direkt miteinander verknüpft sind und die gleichen Rechte innehaben. Die Kommunikation erfolgt also nicht über irgendwelche Server, sondern von einem Computer zum anderen.

Diese Vorstellung beunruhigte die War-on-Cash-Aktivisten umso mehr, als sich sehr bald abzeichnete, dass Digitalwährungen eben doch keine vorübergehenden Erscheinungen waren und Verbote allein deren Siegeszug ebenso wenig zu stoppen vermochten, wie die vor allem durch milliardenschwere Spekulationsgeschäfte ausgelösten atemberaubenden Auf- und Abschwünge. Selbst die übliche Propagandamasche, die uns schon aus dem Kampf gegen das Bargeld sattsam bekannt ist, wirkte kaum überzeugend. Nur Geldwäscher, Steuerhinterzieher und finstere Darknet-Gesellen wickelten ihre schmutzigen Geschäfte mit Bitcoins oder anderem Digitalgeld ab, so hieß es. Eine infantile Vorstellung: Kriminelle finden immer alternative Wege – und das unterbindet man nicht dadurch, dass man alle Bürger unter Generalverdacht stellt. Tatsächlich geht es keineswegs darum, die Bevölkerung vor Risiken zu schützen, sondern die Souveränität und die Macht der Staaten über ihre Menschen zu erhalten. Denn ein Volk von Lemmingen – das ist es, was sich die Protagonisten der neuen Weltordnung wünschen.

Spätestens als Facebook dann an einer Digitalwährung arbeitete (das Projekt Diem, vormals Libra, ließ sich am Ende nicht realisieren) und eine weltweit umspannende digitale Währung scheinbar unmittelbar vor der Tür stand, mussten Regierungen und Notenbanken handeln, um nicht die über das Geld gesteuerte Kontrolle über die Menschen zu verlieren.

Und genau an dieser Stelle kommt wieder der eingangs erwähnte britische Notenbanker Ben Broadbent ins Spiel. Sein Vorschlag: Zentralbanken bringen eigenes digitales Geld auf den Markt – vom Staat kontrolliert. Einer der Vorreiter ist China. Wie sehr dort die allumfassende Kontrolle und die Umerziehung der Menschen im Sinne der Partei über das staatliche Digitalgeld funktioniert, aber auch wie sich Schweden zum weitgehend bargeldlosen Staat entwickelte, erfahren Sie in diesem Buch.

Schon wenige Jahre nach der Rede des Notenbankers Broadbent laufen die Vorbereitungen für die Einführung von CBDC auf Hochtouren. In manchen Staaten gibt es das digitale Zentralbankgeld bereits. Europa beziehungsweise der Euro-Währungsraum wird bald folgen. Bereits vor Monaten hat die Brüsseler EU-Kommission Pläne vorgelegt, um den sogenannten digitalen Euro einzuführen. Das heißt im Klartext: In den bislang zwanzig Staaten, in denen der Euro als Landeswährung gilt, soll schon bald eine digitale Gemeinschaftswährung eingeführt werden. Das derzeit noch mitgeführte Bargeld landet dann in einer digitalen Geldbörse, mit der ein Kunde überall bezahlen kann beziehungsweise muss. Bereits im Jahr 2026 könnte der digitale Euro Realität werden. Diese und andere CBDCs haben mit Bitcoins & Co. freilich kaum noch etwas zu tun, sieht man einmal von der Tatsache ab, dass es sich in allen Fällen um digitales Geld handelt. Das CBDC ist, wie wir auf den nachfolgenden Seiten nachweisen werden, ein Instrument zur Überwachung der Bürger. Nicht von ungefähr stieß das digitale Zentralbankgeld in vielen Ländern, in denen es bereits eingeführt wurde, auf mangelnde Akzeptanz oder sogar auf offenen Widerstand.

Es steht zu befürchten, dass die Europäer den digitalen Euro – entsprechend manipuliert durch Politiker und Medien – ebenso unkritisch beklatschen werden wie seinerzeit den Euro. Daher haben sich die Autoren des vorliegenden Buches vorgenommen, Aufklärungsarbeit zu leisten und aufzuzeigen, wie CBDC funktioniert. Es werden die Unterschiede zu anderen Kryptowährungen herausgearbeitet und dargestellt, welche Gefahren und Risiken dieses »neue« Geld für die Menschen bergen könnte.

Natürlich werden Sie in den kommenden Monaten und Jahren immer wieder vernehmen, niemand plane das Bargeld abzuschaffen; der digitale Euro sei nur eine Alternative zum Bargeldsystem. Dass angeblich niemand das Bargeld abschaffen möchte, hören wir seit Jahren. Und was ist seither geschehen? Die Abschaffung des Bargeldes vollzieht sich gleichsam auf Samtpfoten. Erst wird die 500-Euro-Note aus dem Verkehr gezogen, dann Bareinzahlungen auf das eigene Konto streng limitiert, und Immobilienkäufe gegen Bares dürfen von Notaren nicht mehr beurkundet werden. In manchen Ländern, wie etwa Schweden, ist es fast schon unmöglich, seinen Kaffee oder seine Tageszeitung bar zu bezahlen. In diesem Buch erfahren Sie, weshalb es angeraten scheint, dem digitalen Euro mit einem großen Maß an Skepsis zu begegnen.

An dieser Stelle danken wir unserem Kollegen Werner Reichel aus Wien, der wertvolle Beiträge zu diesem Buch beigesteuert hat.

Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche und aufrüttelnde Lektüre.

Michael Brückner & Jessica Horn

Oktober 2023

1 Von den Anfängen des Finanzsystems – Was war zuerst da, der Wert oder das Geld?

»Genau genommen seid ihr am Arsch!«, so der Kult-Antagonist Gordon Gekko im Spielfilm Wall Street: Geld schläft nicht (Fortsetzung des 1987 erschienenen Films Wall Street) anlässlich eines Vortrags, den er vor Betriebswirtschaftsstudenten hält. »Ihr seid die Ninja-Generation: kein Einkommen, keine Arbeit, keine Ersparnisse.« 2 Das erinnert sehr an das famose Zitat aus dem bereits gelöschten WEF-Video Acht Vorhersagenfür die Welt im Jahr 2030 von 2016: »Du wirst nichts besitzen und du wirst glücklich sein.« Selbstverständlich würde das nicht für eine Figur wie Gekko gelten, denn er ist jemand, der stets das Motto gelebt hat, Gier sei gut und nach eigenen Aussagen nun wohl auch legal. 3 Schließlich hat Gekko ein Vermögen als sogenannter Corporate Raider gemacht, also als Unternehmensplünderer. Kostengünstig kaufte er dabei große Beteiligungen von Firmen auf, um das Stimmrecht der Aktionäre dann dafür zu nutzen, neuartige Unternehmensmaßnahmen durchzusetzen, die den Aktienwert des Unternehmens steigern. Der erste Teil des Blockbusters Wall Street avancierte schnell zum Kultfilm; sein Macher Oliver Stone wollte damit ein Manifest gegen den zügellosen Kapitalismus setzen. 4

Nach dem Original von 1987 kam 2010 also Wall Street: Geld schläft nicht. Würde es knapp 23 Jahre später noch einen dritten Teil (vielleicht im Jahr 2033) geben, müssten sich die Macher vor allem zwei Fragen stellen: Zum einen, ob Gekkos Kultspruch »Gier ist gut. Gier ist richtig. Gier ist gesund.« überhaupt noch ziehen würde. Schließlich war es gerade diese Gier der Wall Street und der Banker, die 2008 zum größten Konkursfall in der US-Geschichte, der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers, geführt hat. Die Lehman-Krise, so Zeit Online, »löste in vielen Industriestaaten eine tiefe Rezession aus und war letztlich auch mitverantwortlich für die Eurokrise«. 5 Doch obwohl die Folgen bis heute in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht spürbar sind, wurden die versprochenen Reformen des Finanzmarktes, die so etwas zukünftig verhindern sollten, bis heute nicht oder nur zum Teil umgesetzt. 6

Stattdessen erleben wir mit der Bankenkrise des Jahres 2023 – ausgehend vom Crash der Silicon Valley Bank (SVB) vom 10. März –, dass steigende Leitzinsen die Kredithäuser in die Bredouille bringen. Insbesondere Banken wie die SVB, die Ausfallrisiken, sogenannte Klumpenrisiken, durch die hohe Konzentration auf zu viele und meist unprofitable Wachstumsunternehmen in ihrer Bilanz akkumuliert haben (hier: Start-ups), kippen unweigerlich bei steigenden Leitzinsen um.

Die Silicon Valley Bank war bislang die zentrale Sparkasse der jungen Start-ups- und Technologieunternehmen im kalifornischen Silicon Valley. In der Boomphase bis 2021 parkten viele junge Unternehmen ihre Einnahmen bei der SVB. Entsprechend wuchsen die Einlagen der Bank im Verhältnis zu ihrer Kreditvergabe deutlich stärker. Die SVB investierte ihr Cash vor allem in langjährige US-Staats- und Hypothekenanleihen. Durch die steigenden Zinsen fielen diese rapide im Wert. Da Kapital nun wieder spürbar teurer wurde, gerieten auch die Start-ups in Not und mussten auf ihre Rücklagen zurückgreifen. Die SVB musste daher ihre Anleihen verlustreich verkaufen, um die Kundeneinlagen auszahlen zu können. Als sie zudem Kapitalbedarf anmeldete, kam es zur Panik unter den Kunden und ein Bank Run, ein Bankansturm, setzte ein. 7

Laut Keith Fitz-Gerald, Händler und Direktor der Fitzgerald Group, seien dabei insbesondere Gier und Geiz an der Misere der SVB-Bank schuld gewesen. »Wir haben das Federal Board of Reserve von Teilreserven auf keine Reserven umstellen lassen, und das hat Banken wie die SVB veranlasst, Vermögenswerte zu kaufen, anstatt einfach Geld zu verleihen«, 8 sagte er gegenüber CNBC Capital Connection. Bei solch einer Ansicht wird zwar betont, dass die SVB-Bank, getrieben von Profitgier, äußerst risikoreich agiert habe, jedoch wird dabei (geflissentlich) übersehen, dass die Zentralbanken mittlerweile so viel Macht akkumuliert haben, dass sie durch ihre Entscheidungen (hier: die Anhebung des Leitzinssatzes) das gesamte System schnell ins Wanken bringen können. Was wäre also, wenn die eigentlichen Währungshüter unser Finanzsystem gar nicht retten, sondern vielmehr abwickeln wollen, weil ihnen bereits eine Alternative in Form des CBDC vorschwebt? Dazu wurde zunächst der Markt mit billigem Geld geschwemmt, um dann infolge einer um sich greifenden Inflation (viel zu spät) durch die Anhebung der Leitzinsen Maßnahmen zu ergreifen. Mit der Folge, dass Banken wie die SVB, die Anleihenkäufe in ihrem Portfolio akkumuliert hatten, (wohl wissentlich) unweigerlich pleitegehen müssen.

Die Macher eines womöglich dritten Teils von WallStreet müssten also ernsthaft überlegen, Gekkos Kultspruch abzuändern in: »CBDC: Totalüberwachung ist gut. Totalüberwachung ist richtig. Totalüberwachung ist gesund.« Denn, obwohl es auf der Website des Atlantic Council heißt, CBDC sei virtuelles Geld, das von einer Zentralbank gedeckt und ausgegeben wird, 9 vermuten kritische Denker mit Blick auf China hierhinter programmierbares Geld, das der Totalüberwachung Tür und Tor öffnet.

Weiterhin bleibt offen, ob der Börsenspekulant Gordon Gekko in seiner Rolle – geschweige denn die Wall Street an sich – überhaupt noch Eindruck aufs Publikum machen würde. Spätestens seit der Veröffentlichung von Heike Buchters Werk BlackRock: Eine heimliche Weltmacht greift nachunserem Geld aus dem Jahr 2015 wird hinter vorgehaltener Hand darüber diskutiert, ob das Unternehmen BlackRock nicht die heimliche Schattenmacht der Wall Street sei.

Hinter dem Erfolg des Megaunternehmens verbirgt sich sprichwörtlich ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Denn der Grund, warum ganze Staaten BlackRock ihre Fonds und Pensionen anvertrauen und auch Versicherer und Vermögensverwalter dem Konzern ihre Milliarden geben, ist ein gigantisches Datenanalysesystem mit dem Namen Aladdin. Hierbei handelt es sich um ein seit 1988 entwickeltes Softwaresystem, mit dem Risiken analysiert werden, um auf dessen Grundlage Kauf- oder Verkaufsentscheidungen zu treffen. 10 In ihrem Buch beschreibt Buchter die Macht von BlackRock folgendermaßen: »Aladdin ist BlackRocks elektronischer Dschinn. Wie der Geist aus der Flasche im Märchen hat Aladdin dessen sagenhaften Erfolg möglich gemacht. Aladdin ist, was BlackRock im Innersten zusammenhält. Aladdin ist die Basis für seine wachsende Macht.« 11

Wie konnte der Geist des Finanzsystems so stark werden? Vielleicht wäre dies die Thematik, die es sich lohnen würde – hollywoodwirksam –, in einem dritten Teil von Wall Street zu analysieren. Vorab schon mal als schnödes Skript ein Vorgeschmack darauf, wie all dies möglich war: Dschinni gab Aladdin drei Wünsche frei. Hin zu seiner Transformation in den Megacomputer von BlackRock wünschte sich Aladin zunächst Reichtum, dann Macht und zu guter Letzt Kontrolle. Heute stehen die Zentralbanken, die ebenfalls von BlackRock beraten werden, mit der bevorstehenden Einführung des CBDC nur noch einen Schritt davon entfernt, all dies in ihren Händen zu halten. Wie seinerzeit mit Aladdin weiß auch heute niemand, »welche Folgen ein solches Finanzsystem im Finanzsystem für uns hat«. 12 Erzählen wir also die Geschichte, indem wir Aladdin im Folgenden zu unserem Protagonisten machen.

Was ist Geld überhaupt? – Aladdin erkennt, was die Welt im Innersten zusammenhält

Als Johann Wolfgang von Goethe im frühen 19. Jahrhundert seinen Faust im Prolog die berühmten Zeilen »Daß ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält« aufsagen ließ, versuchten spätere Literaturanalysten, hier physikalische Theorien hineinzuinterpretieren. Diese wären für die nicht minder bekannte Zeichentrickfigur Aladdin nur böhmische Dörfer gewesen, hatte der arme Straßenjunge doch seine ganz eigene Theorie darüber aufgestellt, was die Welt im Innersten zusammenhält. Und das nicht etwa durch emsiges Studium à la Faust, sondern durch seine täglichen Beobachtungen, die er auf dem Markt von Agrabah sammeln konnte.

Hier sah Aladdin im bunten Treiben und umnebelt von den Düften exotischer Gewürze tagein, tagaus Händler mit den Kaufleuten feilschen. Durch aufmerksames Beobachten begriff Aladdin schnell, dass stets derjenige ein besseres Geschäft machte, der sein Produkt besser anpries. Dabei musste der Tauschgegenstand, den der eine dem anderen bot, noch nicht einmal einen hohen intrinsischen Wert haben. Vielmehr galt es auf der Klaviatur der Bedürfnisse seines Gegenübers zu spielen, also zu erkennen, welchen Wert der Gegenstand für den anderen hatte. Im Laufe der Jahre wurde dieser Wert in Geld bemessen. Dieses Geld war es, das die Welt im Innersten zusammenhielt. Doch Geld, das erkannte Aladdin schnell, war nichts anders als pure Illusion, also Scheingeld. Wie kann das sein?

Geld als Tauschmittel

Mit den Jahren, in denen Aladdin in Agrabah heranwuchs, sah er, dass sich die Art des Handelns auf dem Basar veränderte. Wurden anfänglich noch Gegenstände gegeneinander ausgetauscht, so gestaltete sich dies mitunter als recht schwierig. Wie lassen sich etwa 100 Gramm Gewürze gegen 1 Kilo Seide aufwiegen? Abgesehen davon, dass hier bereits ein eklatant quantitativer Unterschied vorliegt, dürfte die Seide wohl auch qualitativ um einiges hochwertiger sein als selbst ein noch so exotisches Gewürz. Aladdin nahm somit zur Kenntnis, dass bei nahezu jedem Tauschgeschäft ein Rest blieb, der zwangsläufig gestundet werden musste. Die eine Partei musste der anderen zwangsläufig einen Kredit einräumen. 13 Da es nun schwierig war, diesen Kredithandel ganz auf Basis von Gütern abzuwickeln, ging man dazu über, Warengeld wie Goldmünzen zu verwenden. Hierbei handelte es sich um einen Gegenstand, der aus einem bestimmten Material bestand, welcher am Markt einen gewissen Wert hatte. 14 Statt also wie bislang mit Gegenständen Tauschhandel zu betreiben, wurde jetzt das Warengeld im wahrsten Sinne des Wortes zu der Ware, mit der sich eine andere Ware (hier: ein Gegenstand) kaufen ließ. Der überschüssige Restbetrag, also der Kredit, der bei dem Handel zustande gekommen war, wurde wiederum als Warengeld ausgezahlt. Geld, begriff Aladdin, war nichts anderes als ein Tauschmittel.

An diesem Fakt hat sich bis heute nichts geändert, auch wenn sich das Geld im Laufe der Zeit vom Warengeld zum Repräsentativgeld gewandelt hat. Hierunter versteht man Banknoten, die quasi als Schuldschein gegen eine bestimmte Menge an Gold oder Silber eingetauscht werden können. 15 Diese Regelung wurde vor Beendigung des Zweiten Weltkrieges 1944 von den Siegermächten im sogenannten Bretton-Woods-System festgelegt, dann jedoch 1971 durch den damaligen US-Präsidenten Richard Nixon außer Kraft gesetzt. Dadurch wurde aus dem Repräsentativgeld ein Fiatgeld, das nicht mehr wie ursprünglich das Waren- oder Repräsentativgeld an den Preis eines Rohstoffes (wie ein Edelmetall) gebunden ist. Seitdem kann es auch nicht mehr, etwa gegen eine bestimmte Menge Gold, eingetauscht werden. 16 Es ist sozusagen wertlos und steht durch die Einführung des CBDC im Begriff, als digitale Form noch nicht einmal mehr greifbar zu sein.

Dennoch tut die Tatsache, dass Geld seinen intrinsischen Wert verloren hat, dem Tauschhandel keinen Abbruch. Seiner Aufgabe als Wertaufbewahrungsmittel kommt Geld dadurch allerdings nur noch schwer nach. In einem Interview bemerkte der österreichische Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Franz Hörmann diesbezüglich: »Wenn ich möglichst ein gut genutztes Tauschmittel in der Bevölkerung haben will, dann werde ich zum Beispiel die Umlaufgeschwindigkeit erhöhen, was Beschäftigung geben kann. […] Auf der anderen Seite kann man dieses Instrument natürlich nicht zur Vermögensaufbewahrung verwenden. In dem Moment, wo ich es aus dem Kreislauf herausziehe, um es sozusagen zu speichern, etwas abwertend gesagt: zu horten, ist es kontraproduktiv für die Beschäftigung und den Umlauf.« 17 Trotz dieser ökonomischen Binsenweisheit wird das Geld von offizieller Stelle nach wie vor als Vermögensaufbewahrung deklariert. Warum das so ist, ist ganz einfach zu erklären. Schließlich würde ein öffentliches Zugeständnis, Fiatgeld komme seiner Funktion als Wertaufbewahrungsmittel auf lange Sicht nur unzureichend nach, die Illusion um den intrinsischen Wert von Geld um einiges schmälern. Es ist jedoch gerade diese Illusion um den Wert des Geldes, der die Welt (sprich das Finanzsystem) im Innersten zusammenhält.

Geld als Unterpfand

Ganz ohne Flaschengeist ist das Geldsystem zu einem wahren Hexenwerk geworden. Während nahezu alle Menschen glauben, dass dem Geldstück an sich eine Magie, das heißt ein Wert, innewohnt, ist es wohl eher so, dass Geld ein Unterpfand ist. Soll heißen, dass Geld an sich »keine definitive Gegenleistung für eine verkaufte Ware oder einen geleisteten Dienst, sondern lediglich ein Instrument [ist], das den kreditierten Anspruch auf die Gegenleistung [sicherstellt]«. 18 Statt vom »Unterpfand« kann man daher auch vom Geld als einer »Anweisung« sprechen, nämlich darauf, dass der Inhaber des Geldes das Recht hat, damit Güter eines bestimmten Wertes zu kaufen. Geld weist dem Inhaber somit diese Güter an. 19

Um diese Aufgabe zu erfüllen, ist es noch nicht einmal notwendig, dass das Geld einen intrinsischen Wert hat, das heißt, dass es sich hierbei um Wertgeld oder Repräsentativgeld handelt. Als Anweisung genügt auch Fiatgeld, allerdings nur dann, wenn es erstens »von einer Autorität, etwa der Staatsregierung oder einer großen Notenbank« 20 ausgegeben wird und zweitens, wenn die Zentralbank dafür sorgt, dass der Wert des Geldes im Laufe der Zeit stabil bleibt. Wäre Geld plötzlich weniger wert, würde es seine Aufgabe als Unterpfand nicht mehr erfüllen. Angesichts einer stark steigenden Inflation ist dies heutzutage der Fall: Unser Geldsystem kommt seiner ursprünglichen Funktion der späteren Güteranweisung nicht mehr nach!

Nun gab es zu den Zeiten, in denen Aladdin auf dem Markt von Agrabah das Geldwesen studierte, wahrlich noch keine Inflation. Das heißt, Aladdin verinnerlichte die Bedeutung von Geld als vollwertiges Zahlungsmittel, das seine Funktion, einen Güteranspruch sicherzustellen, vollkommen erfüllte. 21 Heutzutage büßt der Inhaber von Geld aufgrund einer Inflationsrate in Deutschland von 6,4 Prozent 22 (Stand Juli 2023) diesen Teil seines wohlerworbenen Güteranspruchs ein. Demnach handelt es sich um minderwertiges Geld, selbst wenn es von der höchsten Staatsautorität, der Zentralbank, ausgegeben wird. 23 Da die Zentralbank momentan nicht der Aufgabe nachkommt, dafür zu sorgen, dass Geld nicht an Wert verliert, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Leute Fiatgeld nicht mehr als Tauschmittel akzeptieren und es auch als Wertaufbewahrungsmittel nicht mehr als attraktiv betrachten. 24 Wird also vordergründig die Digitalisierung als Notwendigkeit für die Einführung von CBDC vorgeschoben, so scheint das heutige Geldsystem durch eine beispiellose Staatsverschuldung und grassierende Geldmengenausweitungen am Ende angekommen zu sein. Sprich, es kann seine Funktion als Unterpfand nicht mehr erfüllen und ist somit zu minderwertigem Geld verkommen. Wollen wir zu gutem Geld zurückkehren, kommt es nur auf eins an, »und zwar darauf, dass das Geld seine Aufgabe, einen Güteranspruch sicherzustellen, vollkommen erfüllt«. 25 Würde das neue CBDC-Geld diesem Güteranspruch nachkommen, wäre es dann ein gutes Geldsystem?

CBDC: Geld als Voucher

»[…] die Regierung entscheidet, dass Einheiten von Zentralbankgeld verwendet werden können, um einige Dinge zu kaufen, aber nicht andere Dinge, die sie als weniger wünschenswert erachtet, wie zum Beispiel Munition oder Drogen oder Pornografie oder dergleichen«, 26 so Eswar Prasad, der ehemalige Leiter der China-Abteilung des Internationalen Währungsfonds und derzeitiger Seniorprofessor für Handelspolitik an der Cornell University, anlässlich des Jahrestreffens der New Champions des World Economic Forums Ende Juni 2023 in China.

Prasad machte damit unmissverständlich deutlich, dass das CBDC programmierbar ist und dazu genutzt werden kann, das menschliche Verhalten in »wünschenswerte« Bahnen zu lenken. 27 Obwohl die hier von Prasad genannten Gegenstände, die nicht zum Verkauf stehen sollten, gesellschaftlich noch akzeptabel sind, gibt es dennoch zwei fundamentale Probleme mit einer programmierbaren Währung:

Die Zentralbank wird zur Nanny des mündigen Bürgers. Das CBDC könnte hinsichtlich der Produkte nach Belieben dahingehend programmiert werden, ob sie als gesellschaftlich »wünschenswert« und/oder politisch korrekt gelten. Angesichts einer fortschreitenden Klimadiktatur könnte dann beispielsweise der Fleischkonsum eingeschränkt werden, um den CO₂-Ausstoß jedes Einzelnen zu reduzieren. Aber auch die Mobilität mit dem eigenen Kraftfahrzeug, vor allem wenn es sich hierbei um kein E-Auto handelt, könnte sprichwörtlich unter die Räder geraten. In der Epoch-Times-Sendung »Digital Currencies Could Forbid Buying Ammo, WEF Panelist says; Ben & Jerry’s Asked to Live up to Claims« (»Digitale Währungen könnten den Kauf von Munition verbieten; sagt der WEF-Teilnehmer, Ben & Jerry‘s wird gebeten, seine Ansprüche zu erfüllen«) vom 10. Juli 2023 brachte der Moderator Joshua Philipp die Problematik folgendermaßen auf den Punkt: Die Regierung sei verfassungsrechtlich gebunden. Da die Regierung also selbst bestehende Rechte nicht verletzen kann, werden diese über öffentlich-private Partnerschaften ausgehebelt. 28 Werden also öffentliche Institutionen durch die immer weiter voranschreitende Kooperation mit Privatunternehmen infiltriert, bedeutet das, dass diese sich nach und nach eine gemeinsame Rolle in der Regierung teilen. Die Regierung ist zwar nach wie vor an die geltende Rechtsprechung gebunden, die Unternehmen allerdings nicht. »Diese können Ihre Rechte verletzen. Diese können Sie dazu bringen, dass Sie eine Nutzungsbedingung unterzeichnen und so auf Ihre Rechte […] und Ihre Privatsphäre verzichten. Wenn sie ein Monopol auf Waren haben und außerdem eine Partnerschaft mit Regierungsprogrammen eingehen, bei denen sie eine leitende Rolle in unserer Gesellschaft spielen, dann ist das im Grunde ein schneller Weg zum Kommunismus – ein schneller Weg zum Totalitarismus«, 29 so Philipp.

Begreift man Geld als die Verkörperung des »aus einer Leistung entstandenen Anspruch[s] auf gleichwertige Gegenleistung«, 30 so verliert das CBDC als programmierbares Geld seine Garantiefunktion. Geld verkommt zu einem Voucher, das nur gegen »wünschenswerte« Produkte eingetauscht werden kann, von denen jemand anderes, das heißt der Programmierer des Geldes, vorgibt, dass sie gegen eine zuvor erbrachte Leistung (die Arbeitskraft) eingetauscht werden dürfen. Programmierbares CBDC implementiert somit eine Erlaubnis der Zentralbank zum Eintausch von Geld gegen bestimmte Produkte. Wie dieser Schubs zum Griff der »wünschenswerten« Produkte konkret aussehen kann, macht die sogenannte italienische Einkaufskarte 2023 (Carta spesa 2023) vor. Die Carta spesa 2023 wird von der italienischen Regierung als Einmalzahlung im Wert von 382,50 Euro als Zuschuss für die Lebenshaltungskosten an die Familien mit einem Jahreseinkommen unter 15000 Euro ausgegeben. 31 Allerdings dient sie lediglich dem Kauf von extra aufgeführten Grundnahrungsmitteln. Ausdrücklich davon ausgenommen sind alkoholische Getränke und Arzneimittel. 32 Als Grund für diese Auswahl gab Landwirtschaftsminister Lollobrigida an, er habe bis zu 90 Prozent der genehmigten Produkte aus italienischen Lieferketten ausgewählt. Mit seiner Auswahl wolle er gezielt die Lieferketten aktivieren, die im Inland Arbeitsplätze schaffen. 33 Dass es sich dabei nur um ein Scheinargument handelt, wird schnell klar, da in der Liste der Grundnahrungsmittel nicht festgeschrieben ist, dass die entsprechenden Produkte ein »Made in Italy«-Siegel tragen müssen.

Nun kann man freilich darüber diskutieren, ob der Genuss von alkoholischen Getränken mit staatlichen Zuschüssen finanziert werden soll. Doch es geht wohl auch darum, den »hilfsbedürftigen« Bürger in seiner Entscheidungsfindung zu entmündigen und mehr noch seiner freien Willensbestimmung zu berauben. Damit einhergehend wird Geld seiner ursprünglichen Funktion, die das Recht auf einen Güteranspruch beinhaltet, beraubt. Geld verkommt zu einem Voucher oder hier zu einer Einkaufskarte, die nur noch gegen bestimmte Produkte eingetauscht werden kann.

Geld wird auf diese Weise seiner selbst beraubt. Hält man es mit programmierbarem CBDC ähnlich, so kommt auch dieses nicht mehr seiner Funktion als Unterpfand nach, sondern erklärt den Verbraucher pauschal als geschäftsunfähig. Begreift man die Funktion des Geldes als verbrieftes Recht auf einen Güteranspruch auf eine zuvor erbrachte Leistung, so wird durch das CBDC mehr gebrochen als nur die freie Willensbestimmung.

Geld als Recht

Einmal sah Aladdin, dass ein Käufer mit dem Händler über die Ware in Streit geriet. Der Käufer hatte 100 Gramm an Gewürzen erworben, aber nur 80 Gramm erhalten. Er fühlte sich also in seinem Recht betrogen, für den Kaufwert des Geldes auch 100 Gramm ausgehändigt zu bekommen. Aladdin begriff in diesem Moment erst, dass Geld nichts anderes als ein attestiertes Recht ist. »[Das] Recht auf eine Gegenleistung, das sich jemand dadurch erwirbt, dass er seine eigene Leistung hingibt.« 34 Wird die Geldmenge also von Staats wegen vergrößert, kommt dies einer Fälschung gleich, da dadurch ein zukünftiger Tauschakt bescheinigt wird, für den es aufgrund einer nicht stattgefundenen Leistung gar keinen Anlass gibt. »Jedes willkürlich neu geschaffene Geldzeichen bedeutet ja einen Rechtstitel zum Bezug einer Gegenleistung, obwohl niemals eine Leistung stattgefunden hat, die sie rechtfertigt.« 35 Wird die Geldmenge hingegen von Staats wegen verkleinert, stellt dies eine Annullierung dar, da durch die Leistung bereits erworbene Rechte auf eine Gegenleistung vernichtet werden. 36

Jeder Eingriff von außen in das Marktgeschehen kommt demnach einer Fälschung beziehungsweise einer Annullierung gleich, und der Käufer (in unserem Beispiel der des Gewürzes) fühlt sich daher zu Recht um seine erbrachte Leistung, die durch das Geld symbolisiert wird, betrogen. Programmierbares CBDC stellt genau dies dar, nämlich einen Betrug am Käufer. Echtes und gutes Geld sollte seiner Hauptaufgabe nachkommen, dem Inhaber zu gewähren, »dass er für eine Ware, die er geliefert, oder eine Leistung, die er vollbracht hat, wirklich den vereinbarten Gegenwert erhält«. 37 Der vereinbarte Gegenwert kann im Falle des CBDC einseitig geändert werden, und genau genommen wird dies auch jedes Mal getan, wenn der Staat in den Markt eingreift, indem etwa die Geldmenge erhöht wird. Der Grund, weshalb der Staat dies ohne großen Aufschrei tun kann, besteht darin, dass man behauptet, durch die gesteigerte Geldmenge auch die Nachfrage am Markt und die nationale Produktion erhöhen zu können. Menschen, die aufgrund mangelnden Geldes bislang nichts kaufen konnten, sollen dies nun aufgrund einer gesteigerten Geldmenge tun können. Die Erzeuger wiederum sollen durch die steigende Nachfrage dazu gebracht werden, mehr zu produzieren. 38

Kommt ein gesteigertes Wirtschaftswachstum also jedermann gleichermaßen zugute?

Aladdin stellte sich dies einmal praktisch vor: Der Sultan bringt aus einem fremden Land 1000 Goldtaler mit und verteilt diese unter der Population von Agrabah. Schon am nächsten Tag sieht Aladdin, dass sich auf dem Markt sehr viel mehr Menschen als üblich tummeln. Alle wollen sie ihr Geld gegen eine Ware eintauschen. Da die Quantität der Ware jedoch gleich geblieben ist, entsteht sozusagen »eine Konkurrenz um die Güter« 39 , wie sie bereits Argentarius in seinen Studien beobachten konnte. Jetzt gibt es einige gewiefte Händler, die sich die Situation zunutze machen und ihre Ware zum doppelten Preis anbieten. Menschen, die also vom Sultan keine Goldtaler erhalten haben, müssen plötzlich das Doppelte zahlen. Somit werden sie um das attestierte Recht ihres Geldes auf eine Gegenleistung um die Hälfte betrogen. Aladdin stellt so zu seinem Erstaunen fest, dass der Sultan durch die 1000 zusätzlichen Goldtaler gar kein Geld geschaffen hat, sondern die bereits bestandenen Bezugsrechte einer vorhandenen Kaufkraft von einem Käufer auf den anderen übertrug. 40 Hatte sich der Sultan ausgemalt, die Händler würden ihr Warenangebot wegen des verdoppelten Kaufgesuchs durch eine gesteigerte Produktion erhöhen, so tun dies nur die wenigsten. Schließlich konnten sie ihren Profit durch die Verdopplung der Preise bereits enorm steigern. Statt mehr zu arbeiten, fühlen sich viele jetzt sogar zum Müßiggang berufen. 41

Das, was die Notenbanken also heutzutage durch ihren beherzten Eingriff in den Markt als sogenannte »Geldpolitik« bezeichnen, ist nichts weiter als ein Akt der Enteignung, 42 also ein Unrecht, das gegen die Definition von Geld verstößt. Geblendet vom Glanz der Goldtaler, nimmt jedoch die Mehrheit aller Menschen diese Illusion vom »neuen« Geld hin.

Geld als Illusion

Geld, so begriff Aladdin schnell, entschied darüber, wer man war. Als eines Tages die schöne Tochter des Sultans in die Stadt kam, verliebte er sich unsterblich in sie. Doch eine Hochzeit mit ihr war aufgrund seines niederen Standes ausgeschlossen. Aladdin mangelte es an Geld und somit an Ansehen. Obwohl Geld als Prestigeobjekt dazu in der Lage war, ganze Gesellschaftsklassen zu formen, so fragte sich Aladdin doch, wie so etwas Abstraktes wie ein Tauschrecht mit einem konkreten Wert gleichgesetzt werden konnte. 43 Zwar hat Geld die Macht, die Besitzverhältnisse zu ändern, doch es verkörpert keinen Wert an sich. 44 Bei Warengeld ist es nicht das Geld an sich, das einen Eigenwert hat, sondern das Metall. 45 Angesichts dessen, dass das Geldwesen mittlerweile zu einem Fiatsystem verkommen ist, gewährleistet Geld nur noch einen Güteranspruch auf eine zuvor erbrachte Leistung. Will man also wissen, wie viel das Geld eigentlich wert ist, muss man sich die Frage stellen, wie groß der Güteranspruch ist, den das Geld repräsentiert. 46

Bei seinen Studien auf dem Markt von Agrabah kam Aladdin dabei theoretisch auf folgende kurze Formel: »Geld verkörpert den aus einer Leistung entstandenen Anspruch auf gleichwertige Gegenleistung.« 47 In der Praxis taten sich dabei jedoch schnell folgende Probleme auf:

Der Wert einer Ware hängt oftmals vom Bedürfnis des Käufers ab. Handelt es sich um einen besonders gewieften Händler, der erkennt, dass er ein besonders begehrtes Stück feilbietet, setzt er den Wert garantiert über dem eigentlichen Wert der Ware an. Der Käufer wird somit (selbstverschuldet) zum Opfer seines Anspruchs auf gleichwertige Gegenleistung.

Umgekehrt ist es auch möglich, dass der Händler überteuerte Produkte als vermeintliches Schnäppchen ausgibt und der Käufer in der Illusion, Geld gespart zu haben (wiederum selbstverschuldet) Opfer seines Anspruchs auf gleichwertige Gegenleistung wird. Es gilt das Motto: Es wird gespart, koste es, was es wolle. Um von solchen Betrügereien loszukommen, ist es wichtig zu wissen, in welcher Höhe der Wert der vorangegangenen Leistung dem Wert der Gegenleistung eigentlich entspricht. Und genau hier liegt das zweite Problem.

Sowohl der Wert der vorangegangenen Leistung als auch der Wert der folgenden Gegenleistung ist unbekannt. 48 Sollte demnach der Wert des Geldes gleichzusetzen sein mit dem Wert der Leistung, so gibt es spätestens mit der Einführung des Fiatsystems überhaupt kein Geld mehr. 49 War bei Waren- und Repräsentativgeld durch das Metall noch von einem gewissen Metallwert auszugehen, so bietet das heutige Fiatgeld »seinem Inhaber nicht die Gewähr, dass er für eine Ware, die er geliefert, oder eine Leistung, die er vollbracht hat, wirklich den vereinbarten Gegenwert erhält«. 50 Sprich: Geld ist zu einer Art Scheingeld verkommen, das momentan in Form von Bargeld noch haptisch ist, jedoch bald durch eine bloße digitale Nummer (den CBDC) ersetzt werden soll.

Im Laufe seiner Studien musste Aladdin seine Erkenntnis im Hinblick darauf, dass Geld das ist, was die Welt im Innersten zusammenhält, erweitern. Tatsächlich war es die Illusion, sich dadurch materiell aufzuwerten, die die Welt im Innersten zusammenhält. Durch seine vereitelte Hochzeit mit der Prinzessin erkannte Aladdin, dass Geld bestimmt, wer man ist. Auf dem Basar lernte er zudem, dass Geld einem auch vorgaukelt, was man angeblich zu brauchen glaubt. Geld fungiert nach einem Lustprinzip, obwohl man heute wohl eher von einem Konsumzwang sprechen würde, der über die realen Verhältnisse hinwegtäuschen und dazu beitragen soll, diese aufzuwerten.

»Das Lustprinzip ist das, was die Welt im Innersten zusammenhält. Während der menschliche Verstand versucht, sich über diese niedrigen Beweggründe zu erheben, muss er sich letztendlich jedoch eingestehen, dass er zu schwach dazu ist. Es ist und bleibt, was es ist: ein Kampf um Macht- und Lustgewinn«, 51 so notierte es Aladdin folgerichtig in sein Notizbuch. Die Tatsache, dass Geld zu Scheingeld, das heißt einer bloßen Illusion, verkommen ist und die Menschen unfähig sind, es als solche anzuerkennen, macht es leicht, sie ihres verdienten Geldanspruches zu berauben und den Glauben an Macht durch Reichtum aufrechtzuerhalten.

Geld als Diebstahl: Der Vorläufer des Bankwesens entsteht

Es war nun also Fakt, dass man die meisten Menschen (ohne ihr Wissen) um ihren wohlverdienten Gegenanspruch ihrer zuvor erbrachten Leistung berauben kann. Aladdin erkannte mit der Zeit jedoch auch, dass es eine ganz offizielle Methode gab, die Menschen (mit ihrer Zustimmung) zu bestehlen. Denn es begab sich nun, dass der Markt von Agrabah immer öfter von Räubern heimgesucht wurde, die in einem unbeobachteten Moment die Säckchen voller Goldtaler aus den Taschen der Kaufleute stibitzten. Manches Mal wurden die Kaufleute sogar bereits auf ihrer langen Handelsreise von Räubern überfallen und beraubt. Viele Händler wurden zudem Opfer von Kriminellen, die mit Münzen zahlten, die zwar das Aussehen und das Gewicht von Gold- und Silbermünzen hatten, in Wahrheit jedoch aus weitaus weniger wertvollen Metallen bestanden. 52 Um dem entgegenzuwirken, wurden vor allem die Transaktionen von Handelsreisen im Vorderen und Mittleren Orient zunehmend über sogenannte Hawala-Agenten abgewickelt. Verirrte sich ein Kaufmann auf den Markt von Agrabah und schloss ein Geschäft mit einem Händler ab, so wurde Letzterer nicht etwa vom Kaufmann direkt bezahlt. Vielmehr trat nach der Rückkehr des Kaufmanns in sein Land ein Hawala-Agent an den Händler heran und übergab ihm die Taler, die ihm der Kaufmann für das Geschäft schuldig war. Der Kaufmann wiederum hatte in seinem Land einen Hawala-Agenten, der wiederum in Kontakt mit dem Hawala-Agenten in Agrabah stand, der das Geld an den Händler auszahlte. Hawala bedeutet auf Arabisch so viel wie »Wechsel« oder »Scheck« 53 und basiert wie das komplette Finanzsystem auf Vertrauen. Vertrauen in den Hawala-Agenten und Vertrauen darauf, dass das Geld als Gegenanspruch auch morgen noch gültig ist.

Im europäischen Raum bürgerte sich statt des Hawala-Finanzsystems der Handel mit sogenannten Wechselbriefen ein. Hatte man sich auf eine Kaufsumme geeignet, wurde diese auf dem Wechselbrief vermerkt und konnte dann gegen die entsprechende Summe an dem jeweiligen Ort gegen Bargeld eingetauscht werden. Das Prinzip des Hawala-Finanzsystems und der Wechselbriefe war dabei dasselbe. Beide Systeme verfolgten den Zweck, den riskanten Transport von Bargeld zwischen dem Zuweisungs- und Auszahlungsort zu überbrücken. Dabei wurde wie einst beim Warenhandel wieder eines ganz deutlich: Geld barg immer einen Kreditanspruch in sich. Da es bei nahezu kaum einem Geschäft vorkam, dass zwei völlig gleichwertige Dinge angeboten und einfach ausgetauscht werden konnten, musste einer seinem Gegenüber immer den Rest stunden, sprich einen Kredit gewähren. Mit der Einführung des Geldes war diese Praxis der Vergabe von Krediten zwar weniger offensichtlich, jedoch immer noch üblich. Das Geld an sich wurde dabei zum Kredit, da es seinem Inhaber als Pfand diente, um in Zukunft dafür eine Gegenleistung einlösen zu können. 54

Obwohl nun also das Hawala-Finanzsystem und der Wechselbrief sozusagen die ersten Scheckarten darstellten, wiesen sie doch einen entscheidenden Unterschied auf, der sich weitestgehend bis heute gehalten hat. Denn während es im Orient, insbesondere in den muslimisch geprägten Ländern, verpönt ist, Geld mit Geld zu verdienen, setzte sich bei den europäischen Geldwechslern, aber auch Pfandleihern schnell die Einsicht durch, dass sich mit Finanzgeschäften gleich zweimal Geld verdienen lässt. Einmal durch eine anfallende Kommission und zweitens durch Zinsen. Obwohl es von der Kirche nicht erlaubt war, wurde es durch einen Buchhaltungstrick praktiziert. Besonders leicht fiel das den Geldwechslern, die verschiedene Währungen tauschten und so einfach durch den Wechselkurs die Zinsen verbergen konnten. 55 Aladdin notierte daher folgerichtig in sein Notizbuch: »Wir leben im Zeitalter des organisierten Diebstahls; eines so raffinierten Diebstahls, dass der Geschädigte kaum merkt, wie er bestohlen wird, und der Dieb seine Finger gar nicht zu beschmutzen braucht, um fremdes Gut an sich zu bringen.« 56 Eine Einsicht, die Aladdin zu einem sehr reichen und mächtigen Mann machen sollte, sodass er den Sultan am Ende doch noch davon überzeugen konnte, ihm seine hübsche Tochter zur Frau zu geben.

Denn gerade zu der Zeit, in der Aladdin von den Praktiken der Geldwechsler erfuhr, kam nun ein Zauberer in die Stadt. Zu spät erkannte Aladdin, dass der Zauberer ihn durch eine Hinterhältigkeit in eine Höhle gelockt hatte, damit er dort für ihn eine Lampe berge. Gefangen in dieser Höhle, rieb Aladdin gedankenverloren den Schmutz von der Lampe, unwissend, dass er damit den Flaschengeist weckte. Als der überdimensionale, blaue Dschinni vor Aladdin erschien, erschrak dieser sehr. Doch die Anspannung hielt nur einige Minuten an, denn Dschinni gewährte seinem neuen Herrn drei Wünsche. Vor seinem geistigen Angesicht sah Aladdin, der das Wesen des Geldes verstanden hatte, augenblicklich statt eines blauen Geistes die später berühmt werdenden Dollarzeichen aufblitzen.

2 Der Geist ist aus der Flasche – Geld regiert die Welt?

»Geld regiert die Welt«, das soll 1616 der Gelehrte Georg Henisch in seinem Wörterbuch Teütsche Sprach und Weißheit geschrieben haben. 57 Aladdin wusste, dass das so nicht stimmte. Denn Geld war lediglich die Illusion davon, etwas von »Wert« in den Händen zu halten. Da Geld an sich keinen Wert repräsentierte, sondern lediglich das Recht darstellte, auf etwas einen Güteranspruch zu erheben, konnte von Geld allein auch nicht die Macht des Regierens ausgehen. Allerdings barg Geld durch den Güteranspruch auch immer einen Kredit auf eine zukünftige Leistung in sich. Die Redensart »Geld regiert die Welt« kann also dahingehend ausgelegt werden, dass besonders reiche Leute besonders reich an zukünftigen (Dienst-)Leistungen sind und daher über einen gewissen Herrschaftsanspruch verfügen.

Der Anthropologe David Graeber geht in seinem Werk Schulden. Die ersten 5000 Jahre noch einen Schritt weiter und stellt die provokante These auf, die Wirtschaftswissenschaften würden die Geschichte des Geldes genau verkehrt herum erzählen. »Wir fingen nicht mit Tauschhandel an, entdeckten dann das Geld und entwickelten schließlich Kreditsysteme. Was wir heute virtuelles Geld nennen, war zuerst da.« 58 Überspitzt drückt Graeber damit aus, dass das, was uns heute als Geldsystem verkauft wird, eigentlich nichts anderes ist als ein Schuldsystem, in dem Güteransprüche willkürlich von außen manipuliert werden. Geld, das im ursprünglichen Sinne nichts Materielles, »sondern etwas Ideelles, nämlich ein Recht ist« 59 , muss als solches deklariert werden, indem es beispielsweise in Form von sogenanntem Giralgeld verbucht wird. Als Giralgeld oder auch Buchgeld versteht man dabei Forderungen gegenüber einer Bank aufgrund von Giroguthaben. Es ist exakt das, was Graeber als »virtuelles Geld« bezeichnet. Anders ausgedrückt kann man daher auch sagen, dass der Kredit (also eine Forderung) untrennbar mit dem Geld verbunden ist. Geld und Schulden sind daher zwei Seiten derselben Medaille. 60

Folgerichtig müsste es daher heißen, dass Schulden und nicht Geld die Welt regieren. Denn nach Graeber würden sich Schulden wiederum meist durch gesellschaftliche Auseinandersetzungen, das heißt durch einen offenen Konflikt zwischen Klassen, entladen. Am Ende stünde dann vornehmlich die Forderung nach einem Schuldenerlass – »nach Befreiung aller, die sich in Schuldknechtschaft befanden, und üblicherweise nach einer Neuverteilung des Landes«. 61 Die Macht zum Regieren hat demnach immer der, der über diesen Schuldenerlass verfügt.

Nach Ansicht des Anthropologen Graeber besteht das Geldsystem daher keinesfalls aus einem freiwilligen Tauschhandel, sondern aus dem Willen der Regierenden, Schulden (sprich Geld) als Herrschaftsmittel einzusetzen. In einem Interview bringt der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Franz Hörmann dabei das folgende Beispiel: So waren beispielsweise die Bauern in Madagaskar zur Kolonialzeit gezwungen, ihren Reis auf einem Markt gegen Goldmünzen zu verkaufen, die ihnen die Kolonialherren zur Verfügung gestellt hatten. Da alle Bauern ihren Reis zur selben Zeit verkaufen mussten, war durch die geringe Nachfrage der Kaufpreis entsprechend gering. Zudem mussten die Bauern einen Teil ihrer Gewinne als Steuern an die Kolonialherren abführen. Die Kaufleute wiederum, die den Reis zu Spottpreisen aufkauften, verkauften ihn zu Höchstpreisen dorthin, wo er knapp war, und machten so satte Gewinne.

Die Reisbauern wiederum, die fast ihre gesamten Vorräte auf dem Markt verkauft hatten, litten nun im Winter große Not und wandten sich an die Kolonialherren. Die Regierenden, die durch ihr Geldsystem einen Mangel geschaffen hatten, ließen die Bauern jetzt Höchstpreise für den Reis bezahlen. Da der Kaufpreis den Gesamtpreis überschritt, den die Bauern durch ihren Reisverkauf erzielt hatten, waren sie gezwungen, bei der Bank einen Kredit aufzunehmen. Das heißt, sie mussten fremde Güterbezugsrechte leihweise an sich bringen 62 und gerieten gegenüber den Kolonialherren (unverschuldet) in Schulden.

Aus diesem System gab es für sie wenig Aussicht auf Entkommen. Denn nach einem Jahr mussten die Bauern den Kredit samt Zinsen an die Bank zurückzahlen. Da sie auch in diesem Jahr erneut dazu gezwungen waren, ihren Reis zu Spottpreisen auf dem Markt zu verscherbeln, waren sie auf einen neuen Kredit angewiesen, um auch in diesem Winter nicht zu verhungern. Als Ausweg aus der (»selbstverschuldeten«) Schuldenspirale boten die Kolonialherren den Bauern nun an, ihre Söhne als Sklavenarbeiter an die Plantagenbesitzer zu verkaufen und ihre Töchter in die Bordelle zu schicken. 63

Aus diesem Beispiel der sogenannten Geldeinführung in Madagaskar zur Kolonialzeit lassen sich zwei Rückschlüsse ziehen:

Es handelt sich, wie Graeber folgerichtig feststellt, keinesfalls um eine Tauschwirtschaft, sondern um eine Geldwirtschaft, die auf ständigen Profit ausgelegt ist. Durch die äußerlichen Eingriffe in das System soll stets »neues« Geld produziert werden, das jedoch auf keine realen Güteransprüche am Markt (hier: eine höhere Reismenge) trifft. Was die Kolonialherren durch ihren Zwang der stetigen Kreditaufnahme durch die Bauern schaffen, ist keinesfalls »neues« Geld. Durch die bloße Kreditaufnahme wird also nicht automatisch ein neuer Rechtsanspruch auf ein Gut geschaffen. Vielmehr haben sie aus dem bestehenden System von Rechtsansprüchen, welche durch umlaufendes Geld verkörpert werden, »Teile herausgebrochen und diese Teile den Empfängern des ›neuen‹ Geldes [sprich sich selbst] verliehen«. 64 Das heißt, dass sich der bloße Tauschhandel vom Geldhandel durch seine Gier nach mehr fundamental unterscheidet.

Die heutige Geldwirtschaft besteht aus einem Schuldenkonzept, das die Welt regiert und das ursprüngliche Geldsystem zu einem Unrechtssystem verkommen lässt. »Das Konzept, der Staat und der Markt und das Zwangstausch-Geldsystem sind ein Gesamtpaket. […] Es ist das Gesamtpaket, das uns zu Sklaven macht.« 65

Auch wenn es nun sicherlich nicht in Aladdins Absicht lag, jemanden zu versklaven, so wollte er von diesem System sicherlich nicht regiert werden. Sorgfältig überlegte er sich daher seinen ersten Wunsch, womit er sich aus der Rolle des Ausgebeuteten (hier: der Reisbauern) winden würde. Sich einmal auf die Seite der Regierenden schlagend, stellte Aladdin schnell fest, dass auch deren Macht nur auf einer Illusion aufgebaut war. Schulden sind die wahren Herrscher der Welt und sind das, was die Welt im Innersten zusammenhält.

Wunsch nach Reichtum: Der Griff zur eigenen Bank

Aladdin hatte nun, als er auf Dschinni traf, bereits viel über das Wesen des Geldes und seine Rolle in der Welt sinniert. Ihm sollten es noch viele gleichtun – allen voran der Dichterfürst Goethe. Auch wenn sein Zitat aus dem Faust: »[...] was die Welt im Innersten zusammenhält« später Berühmtheit erlangen sollte, blieb es doch für die meisten verborgen, dass Goethe »viel Zeit, Energie und Reflexionskraft in das Nachdenken über die Eigenarten des Geldmediums investiert« 66 hat. Es ist also umso wahrscheinlicher, dass Goethe mit dem Ausspruch des Faust gar keine physikalischen Gesetze beschreiben wollte, sondern das Geldwesen an sich.