Digitaler Stress: Schattenseite der neuen Arbeitswelt - David Bausch - E-Book

Digitaler Stress: Schattenseite der neuen Arbeitswelt E-Book

David Bausch

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Beschreibung

Digitale Transformation und digitaler Stress: Für Sozialwissenschaftler David Bausch ist beides untrennbar miteinander verbunden. Digitale Belastungsfaktoren lauern an den unterschiedlichsten Stellen in unserem Arbeitsalltag. Der daraus resultierende Stress kann uns nicht nur stark belasten, er ist auch Gift für unsere mentale Gesundheit. David Bausch beleuchtet die Schattenseiten der digitalisierten Arbeitswelt, die für viele bereits spürbar, aber nur wenigen bekannt sind. Er erklärt, wie das digitale Stress-Bewertungs-System funktioniert und dessen steigende Relevanz für unseren Alltag. Sie erfahren, warum digitaler Stress gerade bei Ihnen auftreten kann, und lernen die zentralen Stressfaktoren kennen. So umgehen Sie die Fallstricke der Digitalisierung: erfolgreiche Stressprävention Der technologische Wandel der Arbeitswelt und seine gesundheitlichen Folgen können auch für ganze Unternehmen erfolgskritisch werden. David Bauschs Buch bietet effektive Strategien zur Stressbewältigung, die sowohl Ihrem persönlichen digitalen Stress entgegenwirken als auch auf Leadership-Ebene leicht umsetzbar sind. So können Sie die vielfältigen Vorteile der digitalen Arbeitswelten wieder für sich nutzen, statt von den negativen Aspekten belastet und ausgebremst zu werden. Inhalte: - Digitaler Stress am Arbeitsplatz: Wie der digitale Wandel unsere Mental Health belastet - Jobunsicherheit durch künstliche Intelligenz und Co.? So gehen Sie mit der Arbeitswelt 4.0 um - Ein unterschätztes Risiko für Unternehmen? Auswirkungen von digitalem Stress auf die Gesundheit am Arbeitsplatz - Leicht umsetzbare Präventionsmöglichkeiten auf individueller und organisationaler EbeneEin lösungsorientiertes Buch über Stress im Zeitalter der digitalen Transformation von Wirtschaftsexperte David Bausch.  Die digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - E-Book direkt online lesen im Browser - Persönliche Fachbibliothek mit Ihren BüchernJetzt nutzen auf mybookplus.de.

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Inhaltsverzeichnis

InhaltsverzeichnisHinweis zum UrheberrechtmyBook+ImpressumGeleitwortVorwortWas Ihnen dieses Buch bietetEinleitungTeil 1 Digitale Transformation und digitaler Stress eine untrennbare Verbindung1 Digitale Transformation zur Industrie- und Arbeitswelt 4.01.1 Wie war das noch mit den industriellen Revolutionen?1.2 Digi2place – Der Weg zur Arbeitswelt 4.01.3 Lang lebe lebenslanges Lernen1.4 Bildung schützt vor dem Arbeitsplatzverlust … nicht (immer)2 Ein kurzer Blick in die Stressforschung2.1 Wie (analoger) Stress entsteht2.2 Das transaktionale Stressmodell als Grundlage2.3 Wie sich auch Stress digital transformiert3 Digitaler Stress: keine moderne Krankheit3.1 Lernen Sie den Ursprung von digitalem Stress kennen3.2 Die große Bühne: Digitaler Stress macht Karriere3.3 New York Broadway4 Wie Individualität und Persönlichkeit digitalen Stress beeinflussen4.1 Welche individuellen Faktoren digitalen Stress beeinflussen4.2 Welche persönlichen Faktoren digitalen Stress beeinflussenZusammenfassung Teil 1Teil 2 Wie digitaler Stress im Detail entsteht5 Überladung: Digitale Veränderungen und Systeme werden immer mehr5.1 Höher, schneller, weiter5.2 In einem Land vor unserer Zeit5.3 Wie Unterbrechungen und Suchtverhalten zusammenhängen5.4 Bewältigungsstrategien, Du haben musst6 Wie die Entgrenzung und Überwachung von Beruf- und Privatleben digitalen Stress erzeugen6.1 Rollenunklarheit: zwischen Arbeitnehmer, Partner und Vater6.2 Was es mit meiner Cooling-off-Periode auf sich hat6.3 Romantisch: Mit dem Arbeitgeber ins Bett steigen6.4 Erreichbarkeit gegenüber Handlungsfähigkeit6.5 Das (Berufs-)Leben der Anderen6.6 Ich kenne dich! Digitale Spuren verschwinden nie7 Wie die Komplexität und Ungewissheit digitaler Veränderungen uns belastet7.1 Beziehungsstatus: Complexity7.2 Künstliche Intelligenz bringt die Komplexität auf ein neues Level7.3 Die (digitale) Zukunft ist ungewiss8 Wie die Unzuverlässigkeit von Technologien und digitalen Systemen uns belasten kann8.1 Das Dilemma mit den Bewältigungsstrategien8.2 Die psychologische Überschätzung der Ausfallwahrscheinlichkeit9 You’re Fired: Jobunsicherheit durch digitale Veränderungen und Künstliche Intelligenz9.1 Die Titanic und der diffuse Eisberg9.2 Zwischen Theorie und Praxis9.3 Wie Re- und Upskilling zur besten (digitalen) Berufsunfähigkeitsversicherung werdenZusammenfassung Teil 2Teil 3 Welche Auswirkungen hat digitaler Stress und was können Sie präventiv dagegen tun?10 Wieso psychische Gesundheit im Kontext von digitalem Stress entscheidend ist11 Welche Auswirkungen und Konsequenzen digitaler Stress hat11.1 Analoge und digitale Werkzeuge11.2 Welche individuellen gesundheitlichen Auswirkungen von digitalem Stress ausgehen11.3 It’s all about the money – wirtschaftliche Auswirkungen von digitalem Stress12 Präventionsmöglichkeiten auf individueller Ebene12.1 Kontrolle und Einflussbereich12.2 Präventionsmittel 1: Reduzieren Sie die Kommunikationskanäle12.3 Präventionsmittel 2: Setzen Sie Outlook und E-Mail-Programm effektiv ein12.4 Präventionsmittel 3: Nutzen Sie Kalendereinstellungen und Fokuszeit wirksam12.5 Präventionsmittel 4: Schaffen Sie eine individuelle kommunikative Abgrenzung12.6 Präventionsmittel 5: Optische und körperliche Abgrenzung können Sie unterstützen12.7 Präventionsmittel 6: Visualisieren Sie digitale Arbeitsschritte wo möglich12.8 Präventionsmittel 7: Wie Ihnen eine kognitive Neubewertung helfen kann13 Power-Ressourcen auf individueller Ebene13.1 Power-Ressource 1: Lebenslanges Lernen wird Ihr Erfolgsfaktor13.2 Power-Ressource 2: Wie Sie sportliche Aktivitäten gesundheitlich schützen13.3 Power-Ressource 3: Schlaf ist Ihre Superpower13.4 Power-Ressource 4: Soziale Beziehungen auch analog pflegen13.5 Power-Ressource 5: Die Macht der Resilienz und wie Ihnen Ihr Energiefass helfen kann13.6 Power-Ressource 6: Nutzen Sie die sieben Resilienz-Schlüssel13.7 Power-Ressource 7: Mit Purpose und DSL in einer digitalen Welt leben14 Präventionsmöglichkeiten durch Leadership14.1 Führung macht den Unterschied14.2 Vorbildfunktion – Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen14.3 Inspiration und Motivation – Chancen der neuen Arbeitswelt wirksam vermitteln14.4 Intellektuelle Anregung – Ein gesundes Arbeitsumfeld schaffen14.5 Individuelle Unterstützung – Der Mensch im Fokus15 Präventionsmöglichkeiten auf organisationaler Ebene15.1 Wirtschaftliche Notwendigkeit und Dringlichkeit von digitalem Stress15.2 Eine Innovationskultur begünstigen15.3 Psychologische Sicherheit und Fehlerkultur15.4 Die radikale Inventur von Meetings und Entscheidungsprozessen15.5 Eine digitale Zusammenarbeitsvereinbarung entwickeln15.6 Wieso Mindset und Personalentwicklung unabdingbar werden15.7 Menschen mitnehmen – Beteiligungs- und Austauschformate schaffen15.8 Unterstützung durch technologischen Support und Digitale Stress PioniereZusammenfassung Teil 3SchlusswortDankeLiteraturverzeichnisIhre Online-Inhalte zum Buch: Exklusiv für Buchkäuferinnen und Buchkäufer!Stichwortverzeichnis

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David Bausch

Digitaler Stress: Schattenseite der neuen Arbeitswelt

1. Auflage 2024, Januar 2024

© 2024 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg

www.haufe.de

[email protected]

Bildnachweis (Cover): Janine Theißen

Produktmanagement: Mirjam Gabler

Lektorat: Ulrich Leinz

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

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Geleitwort

Digitale Transformation und mentales Wohlbefinden: eine gesellschaftliche Herausforderung.

Die unaufhaltsame Welle der Digitalisierung hat unsere Welt in vielfältiger Weise verändert. Die Auswirkungen sind in unserer alltäglichen Umwelt unübersehbar und haben Lebens- und Arbeitsweisen von Menschen stark beeinflusst.

In den letzten beiden Jahrzehnten haben rasant voranschreitende technologische Entwicklungen eine Fülle von Veränderungen hervorgerufen, die heute bereits zur alltäglichen Normalität gehören. So ist ein Smartphone für die meisten von uns ein treuer Begleiter geworden, dessen Fehlen kaum vorstellbar ist. Wenn es dennoch fehlt, verspüren einige von uns ein Unbehagen oder sogar Entzugserscheinungen. Die digitale Welt hat zweifellos unser Leben in vielen positiven Aspekten transformiert. Sie ermöglicht uns den Zugang zu einer Fülle von Informationen, sozialen Netzwerken, Unterhaltung und auch Bildung. Außerdem haben digitale Tools das Potenzial für einen positiven Einfluss auf unser Wohlbefinden. Sie können beispielsweise durch das Tracking von Gesundheitsdaten zu einem gesundheitsbewussten Verhalten beitragen. Apps und Plattformen bieten mittlerweile Möglichkeiten zur Selbsthilfe und können verwendet werden, um Achtsamkeitsübungen, Stressbewältigungstechniken und therapeutische Ressourcen zugänglich zu machen. Seit 2020 nutzen Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen sogar digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) zur Behandlung von psychischen Erkrankungen.

Nicht nur Individuen profitieren von digitalen Technologien, sondern auch Unternehmen schöpfen aus ihnen Nutzen. Von der Automatisierung von Prozessen bis hin zum Kundenmanagement und der Unternehmenskommunikation führen diese Technologien zu einer Kostenreduzierung und gesteigerten Effizienz. Die digitale Transformation birgt unbestreitbar viele Vorteile. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) sieht sie als Schlüssel zur Zukunft der deutschen Wirtschaft. Mit diesem Wandel gehen jedoch auch starke Veränderungen in der Arbeitswelt einher. Die Möglichkeiten neuer Technologien sind somit vielfältig und der verstärkte Einsatz von Künstlicher Intelligenz wird zusätzlich tiefergreifende Veränderungen in allen Lebens- und Arbeitsumgebungen schaffen.

Trotz all der Chancen, die die digitale Revolution mit sich bringt, ist nicht zu übersehen, dass sie auch negative Auswirkungen auf die mentale und körperliche Gesundheit vieler Menschen mit sich bringt. Die rasante technologische Transformation allein kann unser mentales Wohlbefinden und die psychische Gesundheit insgesamt negativ beeinflussen. Zusätzlich sind das Vorhandensein und der Gebrauch digitaler Technologien potenziell mit zahlreichen negativen Auswirkungen auf unsere Gesundheit verbunden. Ununterbrochene Arbeit am Laptop oder Computer, eine Masse an E-Mails und Nachrichten sowie Soziale Medien lenken uns vom eigentlichen Arbeitsprozess ab und verbrauchen zudem viel Aufmerksamkeitskraft. Ein ungesunder Umgang mit digitalen Technologien kann zu psychischen und körperlichen Symptomen führen, sodass eine chronische Müdigkeit, ein Leistungsabfall und auch körperliche Beschwerden wie Kopf- und Rückenschmerzen sowie Stoffwechselerkrankungen folgen können. Ein beunruhigender Trend zeigt sich in der Zunahme psychischer Erkrankungen, wie der »Psychreport« der DAK aus dem Jahr 2023 verdeutlicht. Die Zahl der krankheitsbedingten Ausfälle aufgrund psychischer Erkrankungen ist von 2012 bis 2022 um alarmierende 48 % gestiegen. Das stellt nicht nur für die Betroffenen eine immense Belastung dar, sondern wird zunehmend zu einer Herausforderung für Unternehmen und die Gesellschaft als Ganzes.

In einer immer digitaleren Arbeitswelt ist digitaler Stress einer, wenn nicht sogar der entscheidende Treiber, für die zuvor genannten negativen Auswirkungen. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, dem Phänomen des digitalen Stresses Beachtung zu schenken. Digitale Stressoren sind vielfältig und lauern an unterschiedlichsten Stellen und Momenten im beruflichen – wie auch im privaten Alltag. Deshalb sollte jedes Individuum einen gesunden Umgang mit digitalen Technologien erlernen. Dafür ist ein Bewusstsein, wie digitaler Stress entsteht, ein erster grundlegender Schritt.

Eine ausgewogene Balance zwischen der digitalen Welt und unserem Wohlbefinden zu erlangen, erfordert einen respektvollen und bewussten Umgang mit digitalen Technologien sowie regelmäßige digitale Auszeiten. Dies dient nicht nur dem individuellen Wohl, sondern auch dem Erfolg von Unternehmen, denn wenn die digitale Transformation und die Künstliche Intelligenz unsere Arbeitsprozesse enorm verändern, wird der menschlichen Arbeitsleistung eine neue und viel wichtigere Rolle zu teil, als sie es heute innehat. In einer digitalen Welt wird außerdem analogen Aspekten eine ganz neue Bedeutung zuteilwerden.

Unternehmen müssen dringend intervenieren und ihren Mitarbeitenden ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem ein resilienter Umgang mit Technologien möglich ist. Weiterhin sollten Maßnahmen ergriffen werden, um bei ersten Anzeichen von digitalem Stress niedrigschwellige Unterstützung für das mentale Wohlbefinden zu bieten, um schwerwiegende psychische Erkrankungen präventiv vorzubeugen.

Dr. David Bausch zeigt in diesem Buch bemerkenswert verständlich und naheliegend auf, wie das Zeitalter der digitalen Transformation und die aktuelle Revolution der Künstlichen Intelligenz Einfluss auf Millionen von Arbeitsplätzen nehmen. Mithilfe seines Bewertungssystems (Bewertung 1 und Bewertung 2) visualisiert er, wie digitaler Stress entsteht, und zeigt die dafür relevanten Stressoren und Belastungsfaktoren auf. Vor diesem Hintergrund wird die Aufrechterhaltung des mentalen Wohlbefindens und der mentalen Gesundheit insgesamt eine immer größere Herausforderung, die zudem erfolgsentscheidend für die Arbeits- und Leistungsfähigkeit in der digitalen Arbeitswelt sein wird. Die Bewahrung der mentalen Gesundheit in einer Welt digitaler Technologien ist eine gemeinschaftliche Aufgabe, die es zu bewältigen gilt. Dr. David Bausch liefert dafür mit diesem Buch Informationen und Handlungsempfehlungen, die ich mit Nachdruck empfehle.

Dr. Sebastian Kuss

Facharzt für Innere Medizin, Experte für mentale Gesundheit und LinkedIn Top Voice

Vorwort

Seit ich mich in meiner Forschung mit dem Thema digitaler Stress beschäftige, habe ich unzählige Vorträge gehalten und festgestellt, dass das Thema für viele Menschen im Arbeitsleben von großer Bedeutung ist – und habe entsprechend sehr viele Resonanz erhalten. Sie wissen bereits, wenn Sie das Buch in Händen halten, dass digitale Belastungsfaktoren an verschiedensten Stellen in unserem beruflichen Alltag lauern und dass diese Faktoren allerdings auch bis in das Privatleben hineinreichen. Der daraus resultierende »digitale Stress« kann uns nicht nur gesundheitlich beeinträchtigen, er ist für Unternehmen erfolgskritisch. Daher bin ich davon überzeugt, dass unser Umgang mit digitalem Stress in einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt für Unternehmenslenker, Personalabteilungen, Führungskräfte und alle Angestellten zu einer zentralen Herausforderung werden wird.

Das Buch richtet sich an Menschen, die in ihrem beruflichen Umfeld mit digitalen Veränderungen umgehen müssen. Es adressiert somit eine große Zielgruppe, und dabei spielt es keine Rolle, ob Sie selbst betroffen sind, oder ob Sie merken, dass Menschen in ihrem Umfeld unter digitalem Stress leiden. Für mich ist es deshalb von großer Bedeutung, Sie mit diesem Buch dabei zu unterstützten, dass Sie die Hintergründe kennen, die jeweilige Situation einschätzen und damit Wege aus dem digitalen Stress entwickeln können – für sich selbst und für Ihnen nahestehende Menschen.

Das Buch »Schnelles Denken, langsames Denken« (Originaltitel: Thinking, Fast and Slow) von Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman hat mich nachhaltig inspiriert. In gewisser Weise ist mein Buch eine Hommage an diesen brillanten Mann, dessen Buch meine Sicht auf die Welt und insbesondere auf menschliche Entscheidungsprozesse nachhaltig verändert hat.

Seine zwei Systeme verdeutlichen, dass unser Gehirn je nach Alltagssituation und Herausforderung zunächst auf das erste System zurückgreift, dass für Routinetätigkeiten oder leichtere Denk- und Entscheidungsprozesse ideal ist. Unser zweites System ist erst dann gefragt, wenn es sich um komplexere Fragestellungen handelt.

Beispiel: Wenn Sie eine Autostrecke regelmäßig fahren, wird Ihnen auffallen, dass Sie diese quasi ohne große Konzentration meistern können. Hier ist Ihr erstes System aktiv und Sie können entspannt dabei Musik oder Radio hören.

Parken Sie hingegen rückwärts ein, drehen Sie vermutlich die Lautstärke deutlich leiser. Dies stellt Ihr Gehirn vor eine deutlich anspruchsvollere Herausforderung und Ihr zweites System benötigt Ihre vollständige Aufmerksamkeit.

Beide Systeme existieren nicht wirklich und ausschließlich theoretisch, aber das Modell von den beiden Systemen hilft zu verstehen, wie unser Gehirn arbeitet. Als ich dieses Buch zu schreiben begann, wurde mir immer deutlicher, dass eine Analogie zu diesen Systemen sich auch für mein Buch als nützlich erweisen würde.

Bei meinen zwei Systemen handelt sich um ein Bewertungssystem. Im Fokus stehen zwei verschiedene Bewertungen von Situationen:

Handelt es sich um eine Situation, die für Sie überhaupt Stress auslösen kann (Bewertung 1)?

Welche Strategien der Stressbewältigung, ich nenne diese nachfolgend vereinfacht »Bewältigungsstrategien«, können Sie für sich einsetzen (Bewertung 2), damit eine potenziell stressige Situation für Sie nicht als solche wahrgenommen wird?

Damit Sie diese beiden Bewertungen gut verinnerlichen, führe ich Sie im Verlauf des Buches in die Stressforschung ein und zeige auf, wo dieses Stressbewertungssystem verortet ist und wieso es für den Kontext des digitalen Stresses von großer Relevanz ist. Dieses Buch wird Ihnen damit zeigen, wieso digitaler Stress bei Ihnen vielleicht entsteht, während andere dagegen resistent zu sein scheinen. Das ist mir deshalb von großer Bedeutung, weil Sie mehr über psychologische Zusammenhänge lernen, wenn Sie selbst Überraschendes in Ihrem eigenen Verhalten entdecken, als wenn ich Ihnen nur theoretische Erklärmodelle und statistische Fakten vorstelle. Deshalb versuche ich gezielt, Alltagssituationen vorzustellen, in denen digitale Stressfaktoren lauern, sodass Sie selbst einschätzen können, ob Sie sich in diesen wiederfinden. Ich bin zuversichtlich, dass meine Beispiele für Sie sehr häufig eine praktische Relevanz haben werden.

Dieses Buch nimmt Sie mit auf eine Reise mit dem Ziel, dass Sie besser mit den digitalen Veränderungen an Ihrem Arbeitsplatz umgehen können als zuvor. Ich bin Ihr Reiseführer, aber zugleich auch ein Reisegefährte, denn auch ich bin regelmäßig von digitalem Stress betroffen. Wir alle sind es unterschiedlich stark. Vom Sachbearbeiter bis zum Geschäftsführer oder CEO – der Unterschied ist, dass Sie mit der Entscheidung, dieses Buch zu lesen, einen ersten Schritt zur Reduzierung Ihres individuellen digitalen Stresslevels gehen. Ich wünsche Ihnen damit viel Freude.

Ihr Dr. David Bausch

PS: In diesem Buch verwende ich der besseren Lesbarkeit wegen das generische Maskulinum.

Was Ihnen dieses Buch bietet

Dieses Buch ist in drei Teile unterteilt und umfasst 15 Kapitel.

Im ersten Teil nehme ich Sie mit in die Industrie und Arbeitswelt 4.0 und gebe Ihnen ein paar Beispiele dafür, wo uns die digitale Transformation hinführen wird. Das ist wichtig, damit Sie den Nährboden für digitalen Stress verstehen. Ich mache Sie mit dem von mir entwickelten System der zwei Bewertungen vertraut, damit Sie im weiteren Verlauf die digitalen Stressfaktoren nicht nur besser nachvollziehen, sondern diese auch in Ihren persönlichen Alltag überführen können. Im Anschluss zeige ich Ihnen, dass digitaler Stress bereits seit fast 40 Jahren untersucht wird und welche individuellen sowie persönlichen Aspekte diesen beeinflussen.

Der zweite Teil bildet das Zentrum des Buches mit dem Spannungsfeld aus Entstehung (Bewertung 1) von digitalem Stress und Ihren Bewältigungsstrategien (Bewertung 2). Hier fokussiere ich mich auf alle wesentlichen Belastungsfaktoren, die auf die digitale Stressentstehung einen Einfluss nehmen können. Ich konzentriere mich dabei auf die Überladung von Technologien, die Entgrenzung von Beruf- und Privatleben, die Komplexität von Technologien und die oftmals damit verbundene Ungewissheit, wie damit umgegangen werden kann, sowie auf die Rolle der Funktionalitätsstörungen, also auf die Unzuverlässigkeit von Technologien. Ergänzend stelle ich Ihnen auch Aspekte vor, die auf Situationen der Jobunsicherheit zurückzuführen sind.

Im dritten Teil stelle ich Ihnen Handlungsempfehlungen und Bewältigungsstrategien vor und gehe darauf ein, welche Auswirkungen digitaler Stress für Sie persönlich sowie auch für Unternehmen haben kann und wie dieser den Transformationsprozess von Organisationen bremsen oder gar behindern kann. Vielleicht haben Sie schon einmal gehört, dass rund zwei Drittel aller innovativen Veränderungsprojekte in Organisationen (Unternehmen) scheitern. Zwar sind die Gründe dafür vielfältig, doch meiner Meinung stellt digitaler Stress einen bedeutenden Faktor dieses Scheiterns dar. Das zeigen nicht nur meine eigenen Studien. In der Forschung gibt es erste weitere Studien, die meine zuvor genannte These unterstützen. Letztlich bewirkt die digitale Transformation, dass die Anzahl digitaler oder technologischer Veränderungsprojekte in der neuen Arbeitswelt kontinuierlich steigt.

Doch für Sie ist natürlich besonders von Bedeutung, wie Sie digitalen Stress reduzieren können. Aus dem Spannungsfeld der beiden Bewertungen, die ich Ihnen im ersten Teil vorstelle und im zweiten aktiv anwende, werden Sie bereits für sich viele Bewältigungsstrategien ableiten können, dennoch widme ich diesem wesentlichen Bestandteil noch vier eigene Kapitel. Hier zeige ich Ihnen, wie Sie Ihre persönlichen Bewältigungsstrategien verbessern und damit digitalen Stress reduzieren können, und ich beschreibe was Führungskräfte und Organisationen für Möglichkeiten bei der Stressreduzierung haben. Die von mir genutzte Unterteilung soll Ihnen die Möglichkeit bieten, die zentralen Aspekte in der digitalen Stressentstehung immer wieder ganzheitlich zu betrachten – damit Sie verstehen, wie all diese Bestandteile in der neuen Arbeitswelt zusammenhängen.

Damit komme ich zum Ausgangspunkt der Einleitung und zum Titel dieses Buches zurück: »Digitaler Stress: Schattenseite der neuen Arbeitswelt – Entstehung, Herausforderungen und Bewältigung«. Ich hoffe, mein Buch lichtet diesen Schatten und begünstigt, dass Sie damit die vielfältigen Vorteile der digitalen Arbeitswelt für sich nutzen können, statt von den negativen Aspekten belastet und ausgebremst zu werden.

Einleitung

Gesundheit ist nicht alles, doch ohne Gesundheit ist alles nichts, lautet eine Ihnen altbekannte Maxime, die auf den Philosophen Arthur Schopenhauer zurückgeht. Gegenwärtig ist diese Maxime wahrscheinlich passender denn je, doch möchte ich sie für den Kontext dieses Buches spezifizieren: Mentale Gesundheit ist nicht alles, doch ohne mentale Gesundheit ist in einer digitalisierten neuen Arbeitswelt alles nichts. Die vielen Vorteile, die uns die digitale Transformation bieten, gehen allerdings Hand in Hand mit der Betroffenheit von digitalem Stress, der eine zentrale, wenn nicht sogar die entscheidende Beeinflussung Ihrer mentalen Gesundheit darstellt. Dieses Buch beleuchtet die Schattenseite einer digitalen Welt, die für viele bereits spürbar, aber den wenigsten bekannt ist. Obwohl die Digitalisierung längst substantieller Bestandteil vieler Arbeitsprozesse ist, habe ich mich für ein »neu« im Titel entschieden, da für viele Menschen während der Covid-19-Pandemie eine neue Arbeitswelt entstanden ist. Nicht umsonst ist der Begriff NewNormal aktuell in aller Munde, der die veränderte und häufig mit Homeoffice-Tätigkeiten verbundene Arbeitsweise, zum Ausdruck bringt. Im Verlauf dieses Buches werden Sie lernen, dass digitaler Stress bereits seit fast 40 Jahren in der Forschung untersucht wird, doch erst durch die Pandemie und dem damit einhergehenden Digitalisierungsschub zu einem NewNormal Phänomen geworden ist. Denn es gab natürlich schon vor der Covid-19-Pandemie vielfältige Studienergebnisse zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf menschliches Empfinden, die oftmals beunruhigend bis erschreckend waren.

Die erste Studie zur Digitalisierung am Arbeitsplatz, die einen nachhaltigen Eindruck in Politik und Wirtschaft hinterlassen hat, wurde von Carl Benedikt Frey und Michael A. Osborne, zwei Professoren der Oxford Universität im Jahr 2013 veröffentlicht und trägt den Titel The Future of Employment. Sie prognostizieren, dass 47 % der Amerikaner derzeit einen Beruf ausüben, der im Zuge der digitalen Transformation in den kommenden 20 Jahren bis zu 70 % automatisiert werden könnte.

Die Studienergebnisse schlugen hohe politische Wellen, sodass sich die damalige Ministerin für Arbeit und Soziales, Andrea Nahles, dazu entschied, ein Gutachten von renommierten Wissenschaftlern des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Auftrag zu geben, das die Übertragbarkeit der Prognosen auf Deutschland prüfen sollte. Nie zuvor hatte eine thematisch vergleichbare Studie eine solche Resonanz in Politik und Gesellschaft erzeugt. Natürlich stellt sich die Frage, ob die Studienergebnisse für Deutschland von Relevanz sind. Wahrscheinlich wünschen Sie sich eine einfache Antwort im Sinne eines »Ja« oder »Nein«. Das wäre wohl auch der Wunsch der Politik, doch in der Wissenschaft sind solche Antworten äußerst selten. Viel häufiger ist dagegen ein »das kommt drauf an«. Genauso ist es auch bei der Oxford-Studie. Deren Studiendesign kann nicht an den deutschen Arbeitsmarkt angepasst werden, was eine einfache Übertragung auf die deutsche Wirtschaft verunmöglicht. Mich verwundert es daher nicht, dass die Ergebnisse des Gutachtens anders ausfallen als die der Oxford-Studie. In dem Gutachten wird prognostiziert, dass rund jeder achte Arbeitsplatz von einem sehr starken Digitalisierungs- und Automatisierungsfortschritt betroffen sein wird. Zudem zeigt das Gutachten auf, vor welchen Veränderungen die Arbeitswelt steht und welche enormen Anpassungsprozesse bei bestimmten Berufsbildern und Beschäftigungsverhältnissen bereits begonnen haben. Hier heißt es z. B. »Automatisierungstechnologien müssen somit nicht notwendigerweise Arbeitsplätze verdrängen. Solange Beschäftigte in der Lage sind, ihre Fähigkeiten entsprechend der veränderten Anforderungen in Betrieben anzupassen und neue Technologien als Arbeitsmittel einzusetzen, sind ihre Arbeitsplatze nicht zwangsläufig bedroht.« (Bonin, H. et al., 2015, S. 20) Das Buch wird verdeutlichen, dass die Umsetzung, was zunächst vermeintlich einfach klingen mag, durchaus für viele Menschen der arbeitenden Gesellschaft eine enorme Herausforderung – und zugleich ein großer digitaler Stressbelastungsfaktor sein wird.

In den darauffolgenden Jahren sind regelmäßig weitere Studien für den Kontext der Digitalisierung der Arbeitswelt erschienen. Eine berühmte Studie der führenden Strategieberatung McKinsey&Company fand 2017 heraus, dass weltweit rund 375 Millionen Arbeitsplätze (das wäre fast jeder sechste Arbeitsplatz) im Zuge der fortschreitenden Automatisierung bedroht sind.

Da verwundert es nicht, dass der Zukunftsmonitor 2017 des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ausmachte, dass die schnellen Veränderungszyklen der Digitalisierung zu existentiellen Sorgen von Arbeitnehmern führen.

Im Jahr 2018 habe ich gemeinsam mit Prof. Dr. Alexander Cisik, und Studierenden eine Studie veröffentlicht, die zu ähnlichen Ergebnissen gekommen war. Wir konnten zeigen, dass fast jeder zweite Studienteilnehmer Veränderungen in der Arbeitswelt als nicht positiv einstuft, was besonders auf die Verschmelzung von Beruf- und Privatleben zurückzuführen ist. Wie ich Ihnen im weiteren Verlauf dieses Buches verdeutliche, ist das ein zentraler Aspekt, der digitalen Stress auslöst.

Dies sind nur einige wenige Studienergebnisse, doch sie weisen alle in eine ähnliche Richtung. Die digitalen Veränderungen der Arbeitswelt, insbesondere, wie sich der individuelle Arbeitsplatz entwickelt, finden sehr häufig unter dem Fachbegriff Arbeitswelt 4.0 Betrachtung, auf die ich im kommenden Kapitel genauer eingehe, denn die digitale Transformation ist nicht weniger als die vierte industrielle Revolution.

Doch lassen Sie uns noch einmal kurz zum Gutachten zur eingangs angeführten Oxford-Studie beziehungsweise dem Gutachten zur Übertragbarkeit auf die deutsche Wirtschaft und Industrie zurückkommen. Als dieses im Sommer 2015 veröffentlicht worden ist, schien die beschriebene neue Arbeitswelt noch sehr weit in der Zukunft zu liegen. Fühlten Sie sich zu diesem Zeitpunkt besonders digital? Ich persönlich hatte damals nicht einmal einen Zugang zum Onlinebanking. Digitalisierung war damals für mich das, was ich 2023 von einer Seminarteilnehmerin in einer gemeinsamen Weiterbildung zu Digitalisierung in Schulen hörte: »Digitalisierung im Bildungssystem bedeutet leider, wir statten die Kinder mit Tablets aus und machen einen Haken an die Sache«. Das mag zwar etwas zynisch klingen, aber dass der Satz von einer Medienpädagogin ausgesprochen wurde, die seit 15 Jahren im Bildungsbereich arbeitet, gibt dem Satz Relevanz. Doch tatsächlich wäre meine Definition der Begrifflichkeit Digitalisierung im Jahr 2015 nicht wirklich viel anders gewesen, denn ich konnte nicht annährend erfassen, was dort bereits ins Rollen gekommen war und wie es unsere Arbeitswelt verändern wird.

Rund 5 Jahre später sollte alles ganz anders sein. Die Covid-19-Pandemie führte zu einem so enormen Digitalisierungsschub, dass Barbara Engels, Ökonomin für nachhaltige Digitalisierung am Institut der deutschen Wirtschaft, äußerte: »Die Pandemie ist ein Stresstest für die Digitalisierung in Deutschland.« (Engels, 2020, S. 1)Auch wenn ihr Fokus vor allem auf der digitalen Infrastruktur lag, dachte ich schon damals gleich an digitalen Stress. Es beschäftigte mich, dass der Stresstest der digitalen Infrastruktur auch einen digitalen Stresstest für jeden einzelnen Menschen darstellen sollte, der an seinem Arbeitsplatz digitale Veränderungen erlebt. Berücksichtigt man die Anzahl der Beschäftigten im Homeoffice, erhält man ein beeindruckendes Ergebnis: Während der Hochphasen der Pandemie, also besonders in den kälteren Jahreszeiten, zeigen verschiedene Studien eine Homeoffice-Quote zwischen 25 % bis 27 %. Im Jahresdurchschnitt für 2021 waren es 24,8 %, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Bei 46.372.000 Erwerbstätigen liegt die Zahl der Menschen, die regelmäßig oder sogar über Monate hinweg aus dem Homeoffice gearbeitet haben, bei mehr als 1,5 Millionen, die, wenn auch unterschiedlich stark, digitalen Stress erfahren haben.

Diesen Einfluss verdeutlichen auch zwei äußerst interessante Studien zu digitalem Stress des Fraunhofer Instituts für Angewandte Informationstechnik. Das dortige Forschungsteam um Henner Gimpel, damaliger Professor der Universität Augsburg, führte 2018 die erste deutschlandweite Studie zu Betroffenheit von digitalem Stress durch. Bereits vor der Covid-19-Pandemie konnten unterschiedliche digitale Stressfaktoren, wie z. B. die Entgrenzung von Beruf- und Privatleben, die Komplexität von Technologien oder die Ungewissheit, wie diese zu handhaben sind, identifiziert werden. Rund zwei Jahre später veröffentlichte ein Forschungsteam, erneut unter der wissenschaftlichen Leitung von Henner Gimpel, eine neue Studie mit dem Schwerpunkt digitale Arbeit in Deutschland.

Natürlich ist es von großem Interesse, ob sich das digitale Stresslevel grundsätzlich mit Beginn der Pandemie erhöht hat. Wahrscheinlich glauben Sie, die Antwort bereits zu kennen. Doch wie Sie zuvor erfahren haben, ist die Standardantwort der Wissenschaft, »das kommt darauf an«. Die Studie ist nicht direkt mit den Ergebnissen früherer Untersuchungen vergleichbar, was dadurch zu erklären ist, dass ein anderes Studiendesign verwendet worden ist. Wenn Sie 2018 ein neues Auto Probe gefahren haben und rund zweieinhalb Jahre später das Nachfolgemodell Probe fahren, dann kann es natürlich sein, dass Ihnen dieses besser gefällt, aber 100 % vergleichbar wird es trotzdem nicht sein. In der Wissenschaft ist diese Vergleichbarkeit allerdings von essenzieller Bedeutung.

Dennoch liefert die neue Studie sehr interessante Ergebnisse, wenn die Betrachtung der einzelnen digitalen Stressoren differenzierter erfolgt. Die Studie zeigt, dass einige digitale Stressfaktoren durch die vermehrte Arbeit aus dem Homeoffice tatsächlich eine deutlich intensivere Belastung als vor Beginn der Pandemie darstellen. Das führt einerseits zu gestiegenen emotionalen Anforderungen, da sich der Zeitraum, in dem gearbeitet wird, stark verändert hat. In der Folge führt das zu einer Verschmelzung von Beruf- und Privatleben und zieht Konflikte mit Familie und Freunden nach sich. Zum anderen war zu Beginn der Covid-19-Pandemie und somit im Zeitraum der Studie die Befürchtung vieler, durch eine Technologie den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren, geringer, als die damaligen Umstände erwarten ließen.

Doch die Geschwindigkeit, mit der sich unsere digitale Arbeitswelt seitdem verändert, hat nicht abgenommen – im Gegenteil. Sie steigt stetig an und lässt sich gut durch ein weiteres Auto-Beispiel visualisieren. Angenommen, Sie sind Fahranfänger, sitzen in Ihrem Auto, fahren aus einem ruhigen Dorf auf eine Landstraße raus und beschleunigen Ihr Fahrzeug. Die erhöhte und für Sie noch ungewohnte Geschwindigkeit wird für Sie noch nicht selbstverständlich sein und zu einer gewissen Anspannung führen. Je nach Situation kann sie sogar stressend für Sie werden.

Vergleichbar sind die aktuellen digitalen Veränderungen der Arbeitswelt, deren schnelle Veränderungszyklen mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer gewissen Anspannung führen und die Betroffenheit von digitalem Stress zu einem immer relevanteren Faktor werden lässt. Eines scheint für mich sicher zu sein: Früher oder später wird die digitale Transformation dazu führen, dass Sie mit Ihrem Fahrzeug auf den »Beschleunigungsstreifen« der digitalen Autobahn mit dem Ziel Industrie und Arbeitswelt 4.0 fahren.

Anders als viele Menschen glauben, verläuft die digitale Entwicklung nicht linear, sondern exponentiell. Grundsätzlich ist diese Aussage auch jetzt noch richtig, aber vor einiger Zeit erläuterte Richard David Precht, der als Autor durchaus große Expertise mit Blick auf das digitale Zeitalter gewonnen hat, dass die Kurve eigentlich nicht klassisch exponentiell verläuft, sondern dass es immer wieder gewisse Kipppunkte gibt. Er argumentiert, dass bestimmte Entwicklungen den Sprung von der Forschung zur Marktreife schaffen, und dies in kürzester Zeit dazu führt, dass eine Vielzahl weiterer digitaler Innovationen dadurch in ihrer Entwicklung so stark begünstigt werden, dass plötzlich die digitale Transformation den von mir beschrieben Beschleunigungsstreifen befährt und im dritten Gang Vollgas gibt. Ich glaube, wir sind aktuell kurz vor einem solchen Beginn und fahren im Sinne meiner genutzten Analogie aktuell auf die Autobahnzufahrt zu.

Diese Mutmaßung stützt sich auf die aktuellen Entwicklungen rund um den ChatbotChatbot ChatGPT, der Ende 2022 veröffentlicht wurde, und auf die Entwicklungsfortschritte rund um Künstliche Intelligenz insgesamt. Es gab in den ersten Monaten des Jahres 2023 kaum ein anderes dermaßen stark diskutiertes Thema im Themenfeld der Digitalisierung. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Chat GPT mit seiner fortschrittlichen Künstlichen Intelligenz ist etwas, das uns staunen, aber auch fürchten lässt. Der Fortschritt der Künstlichen Intelligenz wird dazu führen, dass weitere digitale Innovationen noch schneller und umfangreicher zur Marktreife gelangen. Denn es ist genau die Art von digitaler Innovation, die einen Einfluss auf viele weitere Entwicklungsbereiche nehmen wird. Ich vergleiche die Entwicklungen im Feld der Künstlichen Intelligenz mit nicht weniger als der Entwicklung der Dampfkraft und der Mechanisierung im Zuge der ersten industriellen Revolution. Die Entwicklungen damals hatten Einfluss auf viele Teile der Industrie und veränderten die Arbeitswelt der Menschen vollständig. Mit Künstlicher Intelligenz wird es ähnlich sein, wenn nicht sogar noch extremer.

In einer digitalen Welt wird diese Entwicklung unsere Arbeitswelt grundlegend verändern, wie Ihnen das nächste Kapitel zeigen wird. Das bringt sicher unglaubliche Möglichkeiten und Vorteile mit sich, aber es könnte auch gewisse Parallelen zu einem berühmten Satz von Robert J. Oppenheimer, dem Vater der Atombombe gezogen werden. Im Sommer 2023 brachte Starregisseur Christopher Nolan seinen nach dem Physiker benannten Film auf die Leinwand, der rund eine Milliarde Dollar einspielte. In der letzten Einstellung spricht Robert Oppenheimer nachdenklich in die Kamera »Now I Am Become Death, the Destroyer of Worlds« (Jetzt bin ich zum Tod geworden, der Zerstörer der Welt). Dem Satz, der ein Zitat des echten Oppenheimers darstellt, geht die Entwicklung der Atombombe voraus, die der Menschheit eine Waffe gegeben hat, mit der sie sich selbst vernichten könnte.

Erschreckenderweise braucht es nicht viel Phantasie – und Blockbuster aus Hollywood helfen dabei –, um sich vorzustellen, dass eine Künstliche Intelligenz so intelligent sein könnte, dass sie den Menschen überlegen ist. Das würde sie zu einem vergleichbaren Weltenzerstörer wie die Atombombe werden lassen. Das ist zum Glück bisher nur ein theoretisches Szenario, aber nicht umsonst gibt es seit Ende März 2023 eine Technologie-Bewegung des Future of Life InstitutsFuture of Life Institut, der sich über 1000 Experten angeschlossen haben, die eine Künstliche-Intelligenz-Forschungspause fordern, und dies damit begründen, dass die Entwicklung außer Kontrolle geraten sei. In einem offenen Artikel warnen die Unterzeichner, dass die Folgeschäden der aktuellen Entwicklung klar abgewogen werden müssen. Namhafte Vertreter wie bspw. Tesla-Chef Elon Musk und Apple-Mitbegründer Steve Wozniak sind unter den Unterzeichnenden zu finden. Die Gefahren der aktuellen Entwicklungen im Feld der Künstlichen Intelligenz reichen von Fake-News über Propaganda bis hin zu drohender Arbeitslosigkeit. Es wird die zuvor beschriebene Sorge deutlich, dass Künstliche Intelligenz schon zeitnah in direkte Konkurrenz zum Menschen stehen könnte. Doch das Interessante der Forderung ist für mich, dass sie sich auf eine Entwicklungspause für eine nächste Generation Künstlicher Intelligenz bezieht, also eine, die voraussichtlich weitaus leistungsfähiger sein wird, als das, was ich und Sie z. B. durch Chat GPT bereits kennen. Sollte diese Entwicklungspause nicht erzielt werden können, fordern die Unterzeichner den Eingriff der Regierungen und die Nutzung eines Moratoriums, bis die Risiken klar kontrollierbar sind.

Wie Sie im Verlauf dieses Buches erfahren werden, sind es bereits wesentlich geringfügigere Aspekte, die digitalen Stress bei vielen Menschen auslösen. Doch wir stehen hier gerade erst am Anfang und der Fortschritt im Feld der Künstlichen Intelligenz und die Art und Weise, wie sich dies auf die bisherige digitale Stressentstehung auswirkt, muss sehr genau beobachtet werden. Es wird deutlich: Auch wenn der Digitalisierungsschub während der Covid-19-Pandemie bis heute einmalig war, werden wir vermutlich noch weitaus größere digitale Entwicklungen erleben. Damit stellen sich folgende Fragen: Werden diese großen digitalen Veränderungen im Zuge einer ersten digitalen Stressbewertung für Sie zu digitalen Stressfaktoren? Und, verfügen Sie – im Sinne der zweiten Bewertung – über gute Bewältigungsstrategien, sodass daraus kein digitaler Stress entsteht? Wenn Ihnen mein Bewertungssystem aktuell noch etwas unzugänglich erscheint, kann ich Sie beruhigen. Sie werden es im Verlauf dieses Buches noch deutlich besser kennen und verstehen lernen.

Teil 1 Digitale Transformation und digitaler Stress eine untrennbare Verbindung

Dieses Buch legt den Schwerpunkt auf digitalen Stress in der neuen Arbeitswelt. Wie ich bereits in der Einleitung erwähnt habe, ist diese nach dem Digitalisierungsschub im Verlauf der Covid-19-Pandemie eine andere als jemals zuvor. Wahrscheinlich haben sich auch Ihr Arbeitsplatz und die Art der Zusammenarbeit stark digital verändert. Sehr häufig rückt damit die Betroffenheit von digitalem Stress in den Fokus. Damit Sie verstehen, dass dieser Fokus auf Dauer nicht nur bestehen bleibt, sondern sich sogar noch deutlich ausweiten wird, führe ich Sie zu Beginn dieses Teils in Entwicklungen zur sogenannten Industrie und Arbeitswelt 4.0 ein. Nur wenn Sie eine Vorstellung davon erhalten, welche digitalen Transformationen noch auf uns zukommen, verstehen Sie, dass digitaler Stress ein Thema ist, dessen Bedeutung stetig weiter steigen wird. Immerhin meint »4.0« nichts Geringeres, als die vierte industrielle Revolution.

Bereits die vorherigen drei industriellen Revolutionen veränderten die Arbeitswelt existentiell. Der Unterschied bei der Vierten ist jedoch, dass die Veränderungsgeschwindigkeit und die Disruption in dieser Art und Weise noch nie da gewesen sind. Dazu zeige ich Ihnen an unterschiedlichen Beispielen auf, wie der digitale Einfluss (insb. durch Künstliche Intelligenz) Berufe verändert, und aufgrund des Einflusses auch ein erhöhtes Risiko bestehen kann, den eigenen Job zu verlieren.

Nachdem Sie die grundsätzlichen Einflussfaktoren der neuen Arbeitswelt kennengelernt haben, mache ich Sie mit der Entstehung von Stress vertraut. Das transaktionale Stressmodell ist eines der einflussreichsten, wenn nicht sogar das einflussreichste Stressmodell in der allgemeinen Stressforschung. Zugleich bildet es die Grundlage für das Verständnis von digitalem Stress und bildet die Basis für das Stessbewertungssystem (mit Bewertung 1 und 2), das sich wie ein roter Faden durch das gesamte Buch zieht. Nach diesem Kapitel verstehen Sie, dass Bewertung 1 dafür entscheidend ist, ob ein Stressor Sie überhaupt stresst und falls das zutrifft, wie Sie ihn bewerten, und dass Bewertung 2 dafür entscheidend ist, was Sie einem potenziellen Stressor entgegensetzen können. Sie sehen, es ist immer ein Spannungsfeld und dieses verdeutliche ich Ihnen mit vielfältigen Beispielen. Dadurch werden Sie verstehen, dass Stress individuell ist damit auch digitaler Stress.

Im weiteren Verlauf des ersten Teils zeige ich Ihnen, dass auch wenn digitaler Stress erst langsam eine größere Bedeutung zukommt, er bereits sehr lange erforscht wird. Hier nehme ich Sie mit auf eine Reise zu den Anfängen und verdeutliche Ihnen, wie ein solches Forschungsthema für ein großes Publikum relevant geworden ist.

Ich gebe Ihnen damit bereits in diesem ersten Teil einen kompakten Einblick in das große Feld des digitalen Stresses. Mit diesem Wissen zeige ich Ihnen zugleich auf, welche individuellen Einflüsse und unsere Persönlichkeit auf die Betroffenheit von digitalem Stress haben. Wenn Sie diese Grundlagen zu digitalem Stress verinnerlicht haben, sind Sie bereit, das Thema im zweiten Teil des Buches tiefer und differenzierter zu durchdringen.

1 Digitale Transformation zur Industrie- und Arbeitswelt 4.0

1.1 Wie war das noch mit den industriellen Revolutionen?

»Technische Innovationen und Prozessinnovationen bedürfen immer sozialer Innovationen und sozialer Transformation« (Rump, J. & Eilers, S., 2017, S. 79), so beschreiben Jutta Rump, Professorin sowie Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability und ihre Kollegin Silke Eilers die Herausforderung der digitalen Transformation in ihrem Buch Auf dem Weg zur Arbeitswelt 4.0 – Innovationen in HR. Der Aussage kann ich nur zustimmen, denn nicht alles, was digitale Innovationen ermöglichen, können Menschen auch angemessen für sich nutzen. Für mich charakterisiert der Satz zwei Dimensionen, die technische und die soziale, die stets Hand in Hand gehen sollten, damit es zu einem möglichst großen Nutzen für die Gesellschaft kommt. Doch die Anzeichen dafür, dass die Dimension technischer Innovationen und Prozessinnovationen der sozialen Transformation davoneilt und ein Tempo vorlegt, dem Menschen irgendwann nicht mehr nachkommen können, verdichten sich. Denn die digitale Transformation entwickelt sich zu nichts Geringerem als zu der vierten industriellen Revolution. Auch wenn die Gesellschaft bereits drei dieser großen Veränderungsphasen durchlebt hat, ist eines bedeutend anders: die Geschwindigkeit, mit der wir auf die Industrie und Arbeitswelt 4.0 zurasen. Man könnte es mit der anatomischen Leistungsfähigkeit eines Menschen vergleichen, die allerdings mental zu verstehen ist, denn der technische und digitale Fortschritt bringt immer weniger körperliche Arbeitsanstrengungen mit sich.

Während Mensch und technischer Fortschritt sehr lange Hand in Hand voranschreiten konnten, so veränderte die erste industrielle RevolutionIndustrielle Revolutionen, deren Beginn auf 1784 datiert wird, vor allem die Produktivität. Durch die Nutzung der Dampfkraft und der Mechanisierung konnte die Arbeitsleistung eines Spinnrades zur Produktion von Fäden um das Achtfache gesteigert werden. »Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.« Das ist ein für das Thema treffender Satz, der erst deutlich später Anwendung gefunden hat, wäre bereits damals äußerst passend gewesen. Aber die erste industrielle Revolution war Neuland für eine komplette Gesellschaft und erforderte eine neue Gangart.

Die zweite industrielle Revolution hingegen, deren Beginn im Jahr 1870 angesetzt wird, ist besonders durch die Entdeckung der Elektrizität und der Fließbandfertigung gekennzeichnet, die erstmals Massenproduktion zur Folge hatte. Henry Ford, der Begründer des gleichnamigen Automobilherstellers, überführte die neuen technischen Möglichkeiten auf die Automobilproduktion, das wohl bekannteste Beispiel für die zweite industrielle Revolution. Die menschliche Seite war ins Walken gekommen: Die Veränderungsgeschwindigkeit hatte sich bereits deutlich erhöht.

Mit der dritten industriellen Revolution sollte sich die Geschwindigkeit der Veränderung noch einmal steigern. Deren Beginn wird auf das Jahr 1969 datiert. Er ist durch die Teilautomatisierung bestimmter Arbeitsvorgänge mithilfe von Computerleistungen charakterisiert. Damit die technische und die menschliche Dimension weiterhin Hand in Hand einen gemeinsamen Weg beschreiten konnten, war es für den Menschen erforderlich, in den Joggingmodus zu wechseln.

Die steigende Geschwindigkeit technologischer Entwicklungen führte dazu, dass sich auch unsere mentale Leistung immer weiter steigern musste. Glücklicherweise ist dies nicht auf den Einsatz physischer Arbeitskraft bezogen, denn mit jeder industriellen Entwicklung wurde diese geringer, vielmehr ist damit gemeint, dass die Anforderung, mit der steigenden Veränderungsgeschwindigkeit Schritt halten zu können, Menschen stetig mehr abverlangt.

Jetzt, wo wir uns im Wandel der vierten industriellen Revolution befinden und Aspekte wie Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen die Produktivität und Entwicklung auf ein weiteres neues Level befördern, müssen wir bereits in den Sprintmodus umschalten, um mit diesem Fortschritt mithalten zu können. Doch wie lange können Sie den Vollsprint durchhalten? Sicherlich nicht so lange wie im Jogging- oder gar im Walkingmodus. Irgendwann wird Ihnen vermutlich die Puste ausgehen und Sie brauchen eine Pause. Doch was bedeutet diese Pause im übertragenen Sinne? Es gibt viele Studien, einige davon habe ich Ihnen bereits in der Einleitung vorgestellt, die nahelegen lassen, eine solche Pause könnte mit dem Risiko des Jobverlustes gleichzusetzen sein. Im weiteren Verlauf dieses Buchs gehe ich umfangreich auf dieses Risiko ein und erläutere Ihnen, was notwendig ist, damit es möglichst kontrollierbar bleibt. Hier spielen frühzeitige berufliche Weichenstellung und die Kompetenzentwicklung eine entscheidende Rolle. Das führt dazu, dass das Risiko nicht für alle Menschen gleichermaßen besteht.

Um auf mein anatomisches Beispiel zurückzukommen, könnte ich auch argumentieren, dass Menschen mit einer ungesunden Lebensweise bei einem Vollsprint deutlich früher eine Pause benötigen als solche, die gesundheitlich keine Beeinträchtigung haben. Jetzt wäre es naheliegend, dass Sie darunter vor allem Aspekte wie starkes Zigarettenrauchen oder eine schlechte Ernährung und hohen Alkoholkonsum verstehen. Das sind zwar Beispiele für eine ungesunde Lebensweise, aber ich denke eher an eine mentale bzw. psychische ungesunde Lebensweise. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass Sie das anatomische Beispiel eher im übertragenden Sinne verstehen sollen. Das Schritthalten, egal ob im Geh-, Walking-, Jogging-, oder Sprintmodus, bezieht sich darauf, wie schnell sie in der Lage sind, mental auf die Veränderungen zu reagieren und sich neuen Gegebenheiten anzupassen. Dieses Buch wird verdeutlichen, dass mentale Gesundheit essenziell dafür ist, dass es Ihnen leichter fällt, wieder in den Vollsprint einzusteigen, und nicht auf der Strecke bleiben werden. Sicherlich ist auch die körperliche Leistungsfähigkeit nicht zu vernachlässigen, aber sie hat in einer digitalen Welt eine andere Bedeutung als noch vor 30–50 Jahren, da uns der technische und digitale Fortschritt zur Industrie 4.0 viele schwere Tätigkeiten abnimmt.

Interessant ist der Ausdruck »Industrie 4.0« made in GermanyMade in Germany. Er wurde erstmals auf der Hannover-Messe, einer seit 1947 bestehenden und führenden Industriemesse, im Jahr 2011 verwendet. Damals zielte er noch darauf ab, eine strategische Initiative bis zum Jahre 2013 zum Ausdruck zu bringen, aber wie Sie nachfolgend erfahren werden, steckt hinter dem Begriff seitdem sehr viel mehr. Abbildung 1 fasst Ihnen die vier industriellen Revolutionen zusammen.

Abbildung 1:

Industrielle Revolutionen

Um Ihnen einen besseren Eindruck der Industrie 4.0 zu vermitteln, führe ich nachfolgend einen oft zitierten Forschungsartikel eines brasilianisch-französischen Forscherteams ein, der in der renommierten Zeitschrift International Journal of Production Economics (Internationale Zeitung für Produktion und Wirtschaft) veröffentlicht wurde. Das Autorenteam um Alejandro Germán Frankbeschreibt darin zwei Kategorien, die substanziell für die digitale Transformation zur Industrie 4.0Industrie 4.0 sind: einzelne Basistechnologien und übergeordnete Technologiekonzepte.

Ersteres können als jene technologischen Innovationen verstanden werden, auf denen die Technologiekonzepte aufbauen. Hierzu zählen Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen – also Systeme, die in der Lage sind, sich selbst weiterzuentwickeln – aber auch Big-DataBig-Data-AnalyticsBig-Data-Analytics. Mit deren Hilfe ist es möglich, Massendaten auszuwerten und Muster zu erkennen, die ohne technologische Unterstützung nicht hätten erkannt werden können. Nicht umsonst wird in der Industrie 4.0 immer wieder betont, dass Daten der Rohstoff der Zukunft sind. Ein weiteres Beispiel wäre das Internet der DingeInternet der Dinge, das es vielleicht bereits mit Spachassistenten wie Alexa in Ihr Zuhause geschafft hat. Diese Beispiele und viele weitere, die ich aufgrund ihrer Komplexität hier nicht mehr genauer ausführe (bspw. die Blockchain-Technologie oder auch cyberphysische Systeme), bilden das technologische Fundament für die Kategorie der ganzheitlichen Technologiekonzepte.

Hier sind besonders vier von zentraler Bedeutung, auf die ich nachfolgend eingehe. Zu diesen zählen

intelligente Fabriken,

intelligente Lieferketten,

intelligente Produkte und nicht zuletzt die

intelligente Arbeit.

Ja, wie die Bezeichnungen vermuten lassen, sind diese Konzepte wirklich bemerkenswert schlau. Was könnte eine intelligente Fabrik meinen?

Vielleicht haben Sie dazu Vorstellungen parat, wie z. B. besonderes effizientes Arbeiten oder weniger Angestellte. Beides wären richtige Annahmen – aber die Konzepte, die direkt ineinandergreifen, können noch viel mehr. Eine intelligente FabrikIntelligente Fabrik ist geprägt durch ein vollständig rekonfigurierbares Fertigungssystem, dass durch Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen (Basistechnologien) dazu in der Lage ist, die Produktionsplätze stets so anzupassen, dass deren Hard- und Softwaresysteme in der Lage dazu sind, sich an veränderte Marktanforderungen anzupassen. Das heißt, dass diese Systeme vollständig autonom arbeiten, womit es nicht nur geringfügiger menschlicher Beschäftigung bedarf, sondern fast überhaupt keiner mehr. Die Basistechnologie Big-Data-AnalyticsBig-Data-Analytics versorgt die intelligente Fabrik mit allen relevanten Daten und Informationen, sodass Entscheidungen datenbasiert und damit vollkommen autonom getroffen werden können. Das bedeutet, dass Millionen von Daten in Echtzeit erfasst, gespeichert und analysiert werden, was wiederum die Ableitung jener Muster ermöglicht, die Erkenntnisse über Marktanforderungen bieten.

Praktisch sieht dies wie folgt aus: Eine intelligente Fabrik produziert für Unternehmen 1 und für Unternehmen 2. Vereinfacht gesagt, liegt die Auslastung, also das Fertigungsvolumen, das die intelligente Fabrik maximal produzieren könnte für Unternehmen 1 bei 40 % und für Unternehmen 2 bei 60 %. Es kommt zu einer neuen Marketingkampagne von Unternehmen 1, was einen Anstieg der Daten über das Such- und Kaufverhalten zu Produkten aus Unternehmen 1 bedingt. Die intelligente Fabrik leitet daraus ab, welche Produktionskapazität optimal wäre, um die entstehende Nachfrage nach Produkten bedienen zu können. Die algorithmusbasierten Entscheidungen führen dazu, dass die Fabrik in kürzester Zeit deren rekonfigurierbare Fertigungssysteme anpasst, was ermöglicht, dass Unternehmen 1 nun z. B. 80 % der Auslastung nutzen kann, wohingegen die Produkte von Unternehmen 2 nun weniger Produktionskapazität (20 %) erhalten.

Was technisch klingt, ist heute in der Praxis noch ein enorm zeitintensiver Prozess. Erinnern Sie sich an Berichterstattungen, in denen bestehende Produktionsstätten nun für die Herstellung und Abfüllung von Corona-Impfstoffe genutzt werden sollten. Diese Umstellung dauerte Wochen bis Monate und erforderte enorm viel menschliches Zutun. Rekonfigurierbare Fertigungssysteme werden eine solche Prozessumstellung mittels logistischer Robotik deutlich schneller und effizienter gewährleisten können. Doch natürlich kommen auch intelligente Fabriken an gewisse Grenzen und brauchen einen vergleichbaren technischen Rahmen innerhalb von Produktionsstätten. Einen Produktionswechsel von bspw. Flugzeugteilen auf Corona-Impfstoff könnte auch von einer intelligenten Fabrik nicht ohne Weiteres geleistet werden, aber mein Beispiel soll verdeutlichen, wie umfangreich die technischen Möglichkeiten einer intelligenten Fabrik sind.

Ergänzen Sie die intelligente Fabrik nun um die intelligente LieferketteIntelligente Lieferkette. Eine intelligente Lieferkette schafft eine interaktive Vernetzung mit globalen Märkten und damit optimale transparente Bedingungen, damit die Beschaffung von Rohstoffen und Vorprodukten so effizient und damit kostengünstig wie möglich erfolgen kann. Das wiederum ist enorm wichtig, damit die intelligente Fabrik so produktiv arbeiten kann, wie ich es Ihnen zuvor beschrieben habe. Ohne die ständige Rückkopplung an die Lieferkette und die notwenigen Produktionsbestandteile kann keine effiziente Produktionsstätte funktionieren.

Nun möchte ich an dieser Stelle noch intelligente Produkteintelligentes Produkt ergänzen, da diese den Wirtschaftskreislauf schließen. Diese stellen in der Industrie 4.0 den Output einer intelligenten Fabrik dar. Wenn Sie an intelligente Produkte denken, dann kommen Ihnen sicherlich Bilder eines iPhones, einer Alexa oder eines Saugroboters in den Kopf. Doch glauben Sie nicht, dass intelligente Produkte stets technologisch sein müssen. Viel stärker kommt es auf die datengetriebene Vermarktung an, also inwieweit deren Kauf mit Daten verknüpft ist. Was hochgestochen klingt, ist an sich nichts Neues. Die seit vielen Jahren genutzte Payback-Methode ist ein Beispiel dafür. Indem Sie Payback-Punkte sammeln, weiß Payback sehr genau, was sich in Ihrem Einkaufswagen befand. Diese Daten sind die Grundlage für Marktforschung und Verkaufsstrategien. Sie stellen die Bedingung dafür da, dass intelligente Lieferketten optimal funktionieren und überwacht werden können. Mittels der Daten kann hervorragend prognostiziert werden, was aktuell gefragt ist und was nicht. Gleichzeitig können diese Analysen aber auch Nachfrage erzeugen, indem künstlich eine Verknappung kreiert wird, die die Preise auf den Märkten ansteigen lässt. Solche Mechanismen kennen Sie bereits von Tankstellen und den dortigen Benzin- und Dieselpreisen, wenn die OPEC (Organisation Erdöl exportierender Länder) die Ölfördermenge reduziert. Die weltweite Verknappung führt nach Gesetzen der Marktwirtschaft zu höheren Preisen. Der Unterschied zu diesem Beispiel ist, dass die Komplexität der künstlichen Verknappung lange nicht an die intelligenter Produkte heranreicht. Die Möglichkeiten, die Big-Data-Analysen hier bieten, übersteigen das menschliche Vorstellungsvermögen. Zwar wird diese Entwicklung noch etwas Zeit benötigen, aber die Transformation zur Industrie 4.0 schreitet stetig voran.

Begriffe wie »Industrie 4.0« oder »digitalen Transformation« sind häufig Buzzwörter, deren Hintergrund oder genaue Bedeutung viele gar nicht erklären können. Sie verstehen nun, dass die digitale Transformation eine Vielzahl von Veränderungen umfasst, die uns zum Zielzustand der Industrie 4.0 führt. In diesem Zielzustand ist ein Großteil unseres Wirtschaftskreislaufes vollständig digitalisiert. Intelligente Produkte ermöglichen die Nachfragesteuerung, die es wiederum ermöglicht, dass intelligente Lieferketten die besten Rohstoffe und Bedingungen erhalten, damit eine intelligente Fabrik wiederum intelligente Produkte herstellen kann.

Was diesen Kreislauf umschließt, ist die intelligente ArbeitIntelligente Arbeit, die im deutschsprachigen Raum gerne auch als Arbeitswelt 4.0 bezeichnet wird und die bereits heute einen großen Einfluss auf unsere Arbeitswelt nimmt. Dazu mehr im nächsten Abschnitt.

1.2 Digi2place – Der Weg zur Arbeitswelt 4.0

Als ich während meiner Promotion tiefer in das Thema des digitalen Stresses in der Arbeitswelt 4.0 eintauchte und dazu Studien durchführte, stieß ich damit auf großes Interesse bei meinen Studienteilnehmern. Menschen berichteten mir, dass sie von digitalem Stress aufgrund der digitalen Transformation unserer Arbeitswelt betroffen seien.

In dieser Zeit reifte der Gedanke in mir, dieses Thema noch viel stärker in meinem beruflichen Leben zu verankern. Dazu gründete ich meine eigene Unternehmensberatung Digi2place. Der Name setzt sich aus drei Teilen zusammen Digitalisation, 2 (to) und place. Der Name bezeichnet die Aufgabe, Digitalisierung zu vermitteln: mit Fokus auf das Feld der Arbeitswelt 4.0 und dem damit verbunden digitalen Stress. Im Jahr 2021 startete ich dazu einen Podcast mit dem Ziel, über alle wichtigen Themen zu informieren, die im Verlauf der digitalen Transformation unsere Arbeitswelt verändern. Meine Recherchen und Ausführungen in dieser Zeit halfen mir, viele interessante Beispiele für diese neue digitale Arbeitswelt zu erkennen, von denen ich in diesem Buch im weiteren Verlauf berichte.

Für Sie ist wichtig zu verstehen, wie diese neue digitale Arbeitswelt aussieht, damit Sie im weiteren Verlauf dieses Buches meine Ausführungen zu digitalem Stress besser nachvollziehen können und vor allem wissen, was uns noch alles bevorsteht. Erfahrungsgemäß helfen visualisierbare Beispiele besser als rein theoretische Erklärungen, weshalb ich Beispiele anführen werde. Sie werden erkennen, dass viele meiner Beispiele auf Ausführungen der Basistechnologien zurückzuführen sind. Dabei fokussiere ich mich zunächst auf die wesentlichen Einflussfaktoren, die direkt am Arbeitsplatz erlebbar werden.

Von besonderer Bedeutung dafür sind die Entwicklungen rund um Künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen und Roboter, die immer mehr unserer Aufgaben übernehmen. Am 3. Mai 2023 veröffentlichte der YouTube-Kanal ZDFheute Nachrichten einen rund 30-minütigen Ausschnitt der letzten Sendung Markus Lanz. Der reißerische Titel des Videos: »Wer am Schreibtisch arbeitet, sollte dieses Video gesehen haben.« Hier erläutert der Autor Sascha Lobo, der Ihnen wohl mindestens durch seinen auffallenden bunten Irokesen-Haarschnitt aus der deutschen Medienlandschaft bekannt sein dürfte, wie rasant sich Künstliche Intelligenz aktuell entwickelt. Er führt in dem Video aus, welch enormen Entwicklungssprünge hier gemacht worden sind und beschreibt, dass sich die vierte Generation der Künstlichen Intelligenz rund 120 Sprachen durch das Analysieren von Millionen von Dokumenten angeeignet hat. Welche genau das allerdings sind, scheinen jedoch nicht einmal die Entwickler zu wissen, so Sascha Lobo – und leitet damit über zu der Entwicklungspause, die von Elon Musk und vielen weitere Experten gefordert wurde. Sascha Lobo beschreibt schließlich zahlreiche bedrohliche Szenarien für die Arbeitswelt, thematisiert aber kaum, dass es auch positive Aspekte gibt.