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Dieses Buch ist das ungewöhnlichste Managementbuch des Jahres. Sein Credo: "Im Zentrum effizienter Führung steht seit jeher das Miteinander–der Weg über Befehl und Gehorsam führt nie zum Erfolg." Auch in der Beziehung zwischen Mensch und Hund geht es stets um die Wahrnehmung des Gegenübers. Das gilt auch in Unternehmen und im Wirtschaftsleben. DOG Management steht für eine Führungskultur in der Wirtschaft, aus der aufrichtige und wechselseitig geprägte Beziehungen hervorgehen–so wie im Idealfall bei Mensch und Hund jetzt auch zwischen Chef und Mitarbeiter. Mit den drei wichtigsten Eckpfeilern von Führung: uneingeschränktes Vertrauen, tiefe Bindung und grenzenlose Freiheit.
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Seitenzahl: 129
Veröffentlichungsjahr: 2015
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Für Maren
Vorwort
„Das Vorwort schreibt man am besten zum Schluss“ – so klingen beim Schreiben dieser Zeilen die Worte meiner überaus geduldigen Lektorin in meinen Ohren. Und jetzt, nach dem Abschluss des letzten Kapitels, machen sie so richtig Sinn. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich Ihnen bereits sicher verraten: Es ist kein Hundebuch geworden.
Aber keine Angst – dennoch trägt das Mitwirken des Hundes zu einem nicht unerheblichen Anteil an der Aufklärung so mancher sonst verborgener Sachverhalte entscheidend bei. Dog-Management steht für die Zusammenführung zweier Themen, die beim ersten Hinsehen in keiner Art und Weise zusammenpassen wollen: Hundeausbildung und humane Führung.
Sie werden jedoch überrascht sein, da bin ich mir sicher, wie nah sich diese beiden Welten in Wirklichkeit sind. In der Hundeausbildung kann man alle Mechanismen wiederfinden, die auch in unserem zwischenmenschlichen Umgang sachliche Kommunikation fast gänzlich unmöglich machen. Mehr noch: Diese Mechanismen werden am Beispiel der Hund-Mensch-Beziehung sichtbar – und vor allem im beruflichen Umgang mit anderen Menschen.
Um diese Mechanismen vertrauter zu machen, tauchen im Verlauf des Buches bewusst immer neue Rückschlusskombinationen auf, die bereits Genanntes wieder vorkommen lassen. Mit der neuen Verknüpfung vertiefen sie dabei ihre Bedeutung.
Es war auch für mich ein unerwartetes Erlebnis, welche Eigendynamik sich entwickelt, wenn man einmal beginnt, die allesamt bekannten Erkenntnisse in eine neue Anordnung zu stellen.
Die Kapitel sind von mir so geschrieben, dass jedes in sich als geschlossene Einheit wahrgenommen werden kann. Da in dem ersten Kapitel aber alle wichtigen Aspekte angeschnitten werden, ist es zu empfehlen, dieses als Einstieg zu verwenden.
Die kleinen Geschichten, auf die Sie stoßen werden, das möchte ich Ihnen versichern, sind alle auf der Grundlage wahrer Begebenheiten entstanden. Auch wenn sie stark überzeichnet wirken, sind sie nur die Spitze des realen Wahnsinns.
Ich hoffe, das Lesen bereitet Ihnen genauso viel Freude wie mir das Schreiben.
Kapitel 1
Guck mal, wer da spricht
„Wenn du schön gehorsam bist, sollst du auch deine Freiheiten haben.“
Das waren seine letzten Worte, bevor sich der Inhalt eines Glases Chianti Classico, Jahrgang 2002, schlagartig in seinem Gesicht entleerte. Ein guter Jahrgang, war noch sein Gedanke, als sie empört das Lokal verließ. Da saß er nun wie ein begossener Pudel. Dabei hatte er es doch nur gut mit ihr gemeint. Allerdings muss er wohl die Ratschläge seines Vaters, der ihm zuvor noch die wichtigsten Grundregeln einer harmonischen Partnerschaft an die Hand gegeben hatte, etwas fehlinterpretiert haben: „Frauen suchen eine starke Schulter, an die sie sich anlehnen können. Jemanden, der in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen. Jemanden, dem man sich anvertrauen kann. Und dennoch brauchen sie ihren Freiraum.“ Das waren die weisen Worte des Vaters. Er hat geschlussfolgert, dass Mann in einer Beziehung bestimmen soll und sich durchsetzen muss, um dann in einem angemessenen Maße großzügig sein zu können.
Übrigens ein sehr beliebter Fehler, Stärke mit Durchsetzung zu verwechseln und eigene Großzügigkeit als Freiheit des anderen zu definieren. Böser Fehler.
Wenn Sie glauben, das kleine vorangegangene Beispiel wäre stark übertrieben, dann irren Sie. Sie müssen nur die Akteure austauschen. Herzlich willkommen in der Realität – in der Realität der Hundeführung. Lassen Sie uns einmal einen gemeinsamen Blick in diese Parallelwelt werfen. Sollten Sie dabei den Eindruck gewinnen, Sie beobachten eine Ihnen vollkommen unbekannte Spezies, dann möchte ich Sie bitten, mit mir aus meinem Blickwinkel noch einmal genauer hinzuschauen. Sie werden überrascht sein, wem Sie dort begegnen.
„Mein Hund soll frei sein“, antwortet die Dame mit dem Beagle auf die Frage, wie sie sich nach erfolgreicher Schulung die Zukunft mit ihrem Hund vorstellen würde. Ich konnte ihr nur zustimmen, denn genau das ist auch meine Vorstellung von einer der Grundsäulen einer harmonischen Beziehung. „Und gehorsam“, ergänzte sie nach einer kurzen Gedankenpause. Und da war es wieder, das alte Problem. In der Mensch-Hund-Beziehung taucht diese Wortkombination sehr häufig auf und ist die Garantie dafür, dass jedes Vorhaben einer auf Bereitschaft basierenden Gemeinschaft zunichtegemacht wird. Eine Partnerschaft auf der Basis des Gehorsams ist in der heutigen Hundeausbildung nach wie vor die populärste Vorstellung. Übrigens mit den gleichen verheerenden Missverständnissen und deren Folgen, wie wir an unserem menschlichen Beispiel sehen konnten. Nur fallen diese aus Mangel an Chianti nicht so schlagartig auf.
Nach wie vor wird hier aufgrund längst überholter Denkansätze Führung im Sinne von Durchsetzung missverstanden.
Ähnlich wie in unserer zuvor beschriebenen Szene glauben wir, dass unser Gegenüber nach etwas sucht, das wir selbst in den meisten Fällen ablehnen: gehorsam zu sein. Leider hat sich dieses Verständnis in unserer Wahrnehmung dermaßen fest etabliert, dass wir es bei jeder weiteren Betrachtung eines Gegenübers, das wir in irgendeiner Form als „geringer“ einschätzen, ungeprüft voraussetzen.
Um das Dilemma, in dem sie sich befand, sichtbar zu machen, fragte ich die Dame, was denn für sie der Begriff „Freiheit“ bedeute. Ganz spontan und ohne zu zögern – wie übrigens von allen von mir befragten Hundehaltern – kam die Antwort:
„Freiheit bedeutet, sich selbst entscheiden zu können.“
Mit dem Gehorsam aber verhält es sich genau umgekehrt: Gehorsamkeit zu erwarten bedeutet, jemandem die Entscheidung zu nehmen.
Kommen wir auf den Wunsch der Beagle-Halterin zurück, würde das bedeuten, dass ihr Hund die Möglichkeit der Wahl haben soll, aber keine Wahl dabei hat. Jetzt kam ihr der eigene Wunsch sehr befremdlich vor. Es aus diesem Blickwinkel zu betrachten war für sie neu, da wir den direkten Vergleich zum Menschen gezogen hatten.
Nun bestimmt in der Hundeausbildung seit Jahrzehnten die Aufforderung, den Hund auf keinen Fall mit dem Menschen zu vergleichen beziehungsweise ihn bloß nicht zu vermenschlichen, den Umgang mit dem Hund. Fast wie in Stein wurde sie als Wahrheit in das Unterbewusstsein der Hundehalter eingemeißelt. Und ist sie dort einmal angekommen, wird sie ungeprüft als Grundlage für weitere Einschätzungen herangezogen.
Wenn wir von der Richtigkeit einer ganz bestimmten Festlegung – sei es die Aussage „Einen Hund kann und sollte man nicht mit einem Menschen vergleichen“, sei es eine andere Überlegung – überzeugt sind, dann gehen wir davon aus, dass unser Blickwinkel das „Normal“ und damit auch die Wahrheit darstellt.
Kommen Zweifel an dieser Festlegung auf, die etwa von außen an uns herangetragen werden, nehmen wir wie selbstverständlich an, dass der Andere irrt. Wir selbst sind ja neutral und natürlich dabei immer sachlich. Zwar wissen wir durchaus, dass der Mensch eigentlich nie wirklich objektiv sein kann und er permanent Gefahr läuft, Opfer seiner eigenen Vorurteile zu werden. Wie oft beklagen wir mangelnde geistige Flexibilität und Schubladendenken um uns herum. Aber mal ehrlich, wir sind ja unter uns, das passiert doch nur den anderen. Wir selbst würden in so eine Falle niemals tappen! Wir sind doch gebildet, weltoffen und tolerant.
Irritierend ist dabei jedoch die Tatsache, wie schnell wir bereit sind, uns mit Hilfe von nur wenigen, meist sogar noch komplett ungeprüften Informationshappen eine Meinung zu bilden, um diese dann lauthals jedem Andersdenkenden wie ein Schwert in das Herz seiner vermeintlichen Unwissenheit zu rammen. Bei der Wahl der Mittel ist man dabei nicht zimperlich: Es wird vermutet, behauptet und unterstellt – auf Teufel komm raus. Die Empfindung unseres Gegenübers wird nicht selten mit Füßen getreten, oft unbemerkt. Aber wir sind ja nun einmal nicht verantwortlich für dessen Wissensmangel. Irgendjemand muss es ihm einmal mitteilen. Wir selbst bewegen uns schließlich auf der „hellen Seite der Macht“, und am Ende haben wir dem Ahnungslosen sogar Gutes getan und ihn aus seiner misslichen Lage befreit. Eine Win-win-Situation – oder?
Wenn es doch nur so einfach wäre! Was wir dabei allerdings übersehen haben, ist, dass unser „Kontrahent“ mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenso überzeugt von der Richtigkeit seiner Argumente ist, wie wir selbst es auch sind. Und richtig peinlich wird es dann, wenn er sich zuvor die Mühe gemacht hat, diese auch noch sachlich nachweisbar zu belegen. Auch wenn das für den einen oder anderen kaum vorstellbar ist: Ein Zeichen großer Stärke bestünde darin, gemeinsam über die neuen Erkenntnisse nachzudenken und diese bei überprüfter Korrektheit zusammen als Grundlage einer veränderten Sichtweise zu verwenden. „What a wonderful world …!“ Das Problem ist nur, dass viele von uns eine eigene fehlerhafte Wahrnehmung als Schwäche verstehen, die wir nur ungerne zugeben. Deswegen ist die Wahrscheinlichkeit leider ziemlich groß, dass wir folgende Variante wählen: Wir verkünden unsere nachweislich schwächelnde Betrachtung radikaler als jemals zuvor. Streng nach dem Motto: „Wer am lautesten trommelt, bekommt am meisten Gehör.“
Dabei drängt sich der Verdacht auf:
Je radikaler jemand etwas vertritt, desto größer ist seine Angst, dass sein gesamtes bisheriges Weltbild einer genaueren Hinterfragung und Überprüfung nicht standhalten könnte.
Man möchte sein Gegenüber zum Schweigen bringen, um sich selbst und die eigenen Ansichten nicht in Frage stellen zu müssen. Zu diesem Zweck scheint jedes Mittel recht zu sein. Grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass jede Form von Radikalität sich selbst die Glaubwürdigkeit nimmt. Müssen wir erst jemanden zwingen, unseren Inhalten zu folgen, haben wir als Vorbild gänzlich versagt.
Hundeausbildung verdeutlicht in vielerlei Hinsicht unsere Neigung, lieber jemand anderen in Frage zu stellen, als die eigene Grundlage der Beurteilung zu überprüfen.
Vor einem Vergleich mit dem anderen scheuen wir uns – oft aus dem Grund, dass wir uns gar nicht vorstellen können, dass es überhaupt Vergleichspunkte geben kann. Das geht einem Vorgesetzten mit seinen Mitarbeitern so. Das geht einem Menschen mit „seinem“ Hund nicht anders. Diese Neigung könnte allerdings gefährlich werden.
Ein Vergleich kann grundsätzlich als ein ideales Mittel dienen, uns selbst zu erkennen und unser Gegenüber richtig einschätzen zu können oder sogar ganz neu kennenzulernen.
Vor so einem Vergleich mit einem anderen müssen wir keine Angst haben. Was kann schon passieren? Im besten Fall werden wir in unserer vorher schon vorhandenen Sichtweise bestätigt, was unsere Überzeugung weiter wachsen lässt, nun allerdings stärker begründet als zuvor. Im schlimmsten Fall könnten wir zu neuen Erkenntnissen kommen und uns entwickeln. Das hat bekanntlich noch niemandem geschadet.
Eine Fehleinschätzung zeigt nicht mangelnde Intelligenz, sondern ist ganz einfach nur menschlich.
Bei einem Vergleich der eigenen Überzeugung mit derjenigen eines anderen geht es nicht darum, die Mangelhaftigkeit eines Menschen darzustellen, sondern die Ursachen für eventuell fehlgeleitete Einschätzungen zu finden und somit die Möglichkeit zu schaffen, dieses Wissen für positive Veränderungen zu nutzen.
Vergleichen wir unser eigenes Denken mit demjenigen eines Gegenübers, schauen wir uns einmal – vielleicht sogar zum ersten Mal – die vermeintlichen Fakten, die wir zur Beurteilung einer Sache im Allgemeinen heranziehen, etwas genauer an. Daraus kann ein nächster Schritt resultieren: Bei der Sammlung aller zur Verfügung stehenden Informationen verwenden wir nur diejenigen, die nachweislich belegbar sind. Wir streichen alle Vermutungen, Annahmen und Behauptungen. Bei Statements – auch unseren eigenen –, die ohne weitere Beweisführung daherkommen, fragen wir nach dem Warum.
Gerade in der „Pippi-Langstrumpf-Welt“ („Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt“) der Hundeausbildung wird gerne mit Dogmen – mit Lehren, die einen absoluten Anspruch auf Wahrheit und Gültigkeit für sich geltend machen – gearbeitet. Ein solches Dogma ist, dass man den Hund nicht mit dem Menschen vergleichen kann. Auf die Frage, warum das denn eigentlich nicht möglich sein soll, ist die Antwort oft, dass der Mensch eben ein Mensch und der Hund ein Tier sei. Wahrlich eine brillante Erkenntnis.
Dieses Dogma vergisst allerdings eine wichtige Grundvoraussetzung:
Vergleichen bedeutet nicht, jemanden gleich zu machen.
Es geht nicht darum, von einer absoluten Gleichheit der zwei miteinander zu vergleichenden Seiten oder Parteien auszugehen oder dorthin zu gelangen. Mit einem Vergleich schafft man sich lediglich die Möglichkeit, das Vertraute und damit oft sich selbst gegen das bis dahin noch Unbekannte, in diesem Fall den Hund, zu stellen. Wie wir es im Allgemeinen an uns selbst erkennen können, verunsichert uns das Unbekannte und ist der häufigste Grund für ein Gefühl der Hilflosigkeit. Dies wiederum stellt genau das gravierendste Problem dar, das Hundehalter empfinden, wenn ihr vierbeiniger Freund zum wiederholten Male keine Reaktion auf ihre Ansprache zeigt. Das Verhalten des Hundes ist nicht erklärbar, es ist unbekannt und verunsichert den Hundehalter. Da der Mensch seinen Hund aber schützen möchte, betritt an dieser Stelle oft der sachkundige Ratgeber die Bühne.
Wie in der humanen Beratung finden wir auch in diesem ganz eigenen Kosmos der Hundeerziehung eine Vielzahl von Theoretikern, die sich aus tiefster Überzeugung über ihre eigene Kompetenz berufen fühlen, den Menschen von der Bürde seiner Unerfahrenheit zu befreien. Gerade diese Personengruppe arbeitet leidenschaftlich gern mit sogenannten „wissenschaftlich nachgewiesenen“ Fakten. Die Wissenschaft selbst allerdings erhebt für sich von jeher den Anspruch, irren zu dürfen, wenn nicht gar zu müssen, um den Fortschritt einer Entwicklung erst ermöglichen zu können.
Gänzlich unumstößliche Wahrheiten existieren folglich nicht, sondern immer nur Beobachtungen, die nur so lange als Status quo gelten dürfen, bis neue Erkenntnisse sie ablösen.
Leider werden solche Beobachtungen aber von einigen „Fachleuten“ eher dogmatisch verwendet – als unantastbare, fast wie von Gott selbst geschriebene Gesetze. Irritiert durch das vehemente Auftreten traut sich natürlich kein Laie, das offensichtliche Know-how seines professionellen Ratgebers in Frage zu stellen. Dabei sollte allein die Verwendung eines Dogmas bereits einen guten Grund zum Zweifeln darstellen. Denn wann immer dieses eingesetzt wird, entsteht der Eindruck, dass von einer eigenen Nachfrage, womöglich einer Hinterfragung, abgehalten werden soll. Doch davon sollten wir uns nicht abschrecken lassen: Nachfragen muss immer erlaubt sein.
Verhalten wir uns einmal richtig blasphemisch und lassen alle diese Gesetze – zum Beispiel die Aussage „Der Mensch ist ein Mensch, der Hund ist ein Tier“ – außer Acht. Wir sammeln nur die Istwerte, von denen wir sicher wissen, dass sie zutreffen, und stellen sie zu neuen Profilen zusammen. Der erste Schritt ist also der Vergleich von Mensch und Hund. Lassen Sie uns nach Gemeinsamkeiten der beiden angeblich nicht vergleichbaren Gruppen suchen. Dabei fällt schon bei dem ersten Versuch, Vergleichbarkeiten zu benennen, sofort eine eklatante Übereinstimmung auf: Der Hund ist ein Säugetier und – zur Überraschung aller – der Mensch auch.
Von dieser Betrachtung ausgehend, vergleichen wir von diesem Zeitpunkt an nicht mehr zwei vollständig differente Gruppen, sondern ein Säugetier mit einem anderen Säugetier.
Geht man noch einen Schritt weiter, stellt man bei beiden Gruppen die identische Grundlage der Energieverwaltung fest: Das Säugetier verwaltet seine Energie immer nach den Kriterien der Effizienz.
Beide handeln vorrangig nach Notwendigkeit.
Damit kann man sagen, dass sowohl der Mensch als auch der Hund notwendigkeitsbezogene Lebewesen sind. Notwendigkeitsbezogenes Verhalten bedeutet, dass man genau so viel Energie in sein Handeln investiert, wie notwendig ist, um sein Ziel zu erreichen. Nicht weniger, nicht mehr.
Hinter dem Begriff der Notwendigkeit verbirgt sich noch ein weiterer wichtiger und gleichzeitig höchst interessanter Punkt: die Vorteilsbezogenheit. Auch dieses gemeinsame Motiv lässt sich ohne große Fachkenntnis bei der Beobachtung beider Parteien offensichtlich erkennen. Vorteilsbezogenheit bedeutet, dass man bei der Auswahl seines Handelns immer zuerst an den eigenen Vorteil denkt. Selbstverständlich. Dabei verstehe ich den Begriff des Vorteilsdenkens nicht als die Erwartung einer materiellen Entlohnung oder einer verbalen Bestätigung des eigenen Handelns. Vorteilsbezogenheit bildet die Grundlage einer effizienten Entscheidung:
Der sogenannte Vorteil ist immer der effizienteste Weg zu einem Ziel in der speziellen Situation, in der ich mich gerade befinde.
Es gibt somit keine Aussage über einen generellen, einen immer gleichen Vorteil. Das betrifft sowohl den Menschen als auch den Hund. Je nach Situation kann die Vorteilsempfindung gänzlich unterschiedlich zur vorherigen sein. Findet man nach mehreren Tagen des Umherirrens durch die Wüste endlich eine Wasserstelle, wird man das als mehr als vorteilhaft empfinden. Wasser wird zum Köstlichsten, was man jemals zu sich genommen hat. Dennoch würde ich Wasser nicht generell vorteilhaft nennen. Wären Sie Passagier auf der Titanic gewesen, hätten Sie auf dieses eben noch so heiß ersehnte Element um jeden Preis der Welt verzichten wollen. Auch muss ein Vorteil in der Definition als Grundlage der Effizienz nicht immer angenehm sein. Es wäre falsch, von einer ausschließlich positiven Betrachtung auszugehen.
Ein Vorteil steht immer für den effizientesten Weg – nicht immer für den leichtesten.