Don't Panic! Studienabbruch als Chance - Peter Piolot - E-Book

Don't Panic! Studienabbruch als Chance E-Book

Peter Piolot

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  • Herausgeber: UVK
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Aus der Studienkrise profitieren! Zähne zusammenbeißen oder hinschmeißen? Wenn Sie sich diese Frage derzeit stellen, dann sind Sie in guter Gesellschaft. Denn sie plagt Jahr für Jahr mehrere tausend Studierende. Auch wenn das eine heikle Frage ist, müssen Sie nicht in Panik verfallen! Dieser Ratgeber hilft Ihnen dabei, individuelle Defizite zu bewerten und Überforderung von mangelndem Interesse zu unterscheiden. Er skizziert die verschiedenen Alternativen, die Studierende in einer Studienkrise haben. Sie reichen von effizienterem Weitermachen über einen Fachwechsel bis hin zum Start in die Berufspraxis. Dabei helfen zahlreiche Beispiele und Checklisten. Das Buch ist für Studierende geschrieben, die an ihrer Studienwahl zweifeln oder sogar mit dem Gedanken spielen, das Studium ganz hinzuschmeißen.

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Seitenzahl: 216

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Was bedeutet Studieren im Quadrat?

Erfolgreich studieren, das ist leichter gesagt als getan. Denn zwischen Hörsaal, Bibliothek und Prüfungen gibt es im Studi-Alltag so manche Herausforderung zu meistern. Die UVK-Reihe »Studieren im Quadrat« hilft Ihnen dabei, in allen Lebenslagen cool zu bleiben – vom Praktikum über die Studienkrise bis hin zur Gründung des ersten Start-ups. Also keine Sorge, die bunten Bücher stehen Ihnen bei Fragen rund ums Studium bei.

Bislang sind erschienen:

Mein Praktikum: Bewerben, einsteigen, aufsteigen

Erfolgreich gründen: Start-Up im Studium

Vom Studenten zum Chef

Don‘t Panic! Studienabbruch als Chance

Vorwort

Das Thema Studienabbruch hat Konjunktur. Es weckt Assoziationen von Fehlplanung und Scheitern. So etwas darf in einem Bildungssystem nicht vorkommen, in dem die Illusion propagiert wird, eine Bildungsbiographie wäre planbar wie eine Bahnfahrt von Berlin nach München.1 Bezeichnend, dass schon etwas als „Abbruch“ bezeichnet wird, wenn Sie nur auf das amtliche Zertifikat, das offizielle Abschlusszeugnis, verzichten. Dass ein Studium auch Horizonterweiterung, persönliche Erfahrung, Lebensabschnitt und Quelle neuer Impulse sein kann: alles unwichtig?

Bezeichnend auch, dass eine Korrektur der eigenen Zukunftsplanung – also der Beleg für eigenständiges Denken und Handeln – mit dem hässlichen Begriff Abbruch belegt wird. Was wird normalerweise, abgesehen von Studiengängen, abgebrochen?

Alte Häuser werden abgebrochen, wenn sie verfallen und unbewohnbar sind. Aber alte Häuser kann man auch sanieren, umbauen oder ausbauen.

Urlaubsreisen bricht man ab, wenn das Hotel eine Baracke ist. Das passiert aber nur, wenn man im Reisebüro eine Pauschalreise gebucht hat, weil das so bequem ist. Bei einer echten Reise, bei der der Weg das Ziel ist, ändert man einfach die Route.

Projekte sollte man abbrechen, die nicht so durchführbar sind, wie es ursprünglich vorgesehen war. Aber Projekte kann man auch den geänderten Umständen anpassen und mit mehr Ressourcen oder angepassten Zielen fortführen. Abbrechen sollte man Projekte nur, wenn sie von vornherein auf falschen Voraussetzungen beruhten.

Kurzum: Vieles im Leben läuft nicht wie geplant. Sie kommen nicht daran vorbei, von Zeit zu Zeit Ihre Zukunftsvorstellungen der Realität anzupassen. Dabei besteht die Kunst doch einfach darin, das Beste aus der Situation zu machen. Nirgends steht geschrieben, dass Sie nur als Lehrer, Naturwissenschaftler oder Jurist, und nicht als Meister, im Management oder als Selbständiger glücklich werden. Sie wissen nicht, was Ihnen die Zukunft noch bringt und wie Ihr Lebensweg weiter verläuft. Liegt da nicht die rhetorische Frage nahe „Wer weiß, wozu es noch gut ist?“

Dieser Ratgeber geht davon aus, dass Sie sich mit diesem Thema befassen, weil die Entscheidung über den Studienabbruch noch offen ist. In dieser Phase haben Sie grundsätzlich drei Lösungsmöglichkeiten.

Weitermachen

Sie können Ihr bisheriges Studium fortsetzen, wenn Sie bereit sind, mehr als bisher in Ihr Studium zu investieren.

Fachwechsel

Sie können ein anderes Studium aufnehmen, für das Sie sich besser eignen.

Umstieg in das Berufsleben

Sie können ein aussichtloses Studienprojekt beenden und in der Berufspraxis mehr Erfolg haben.

Dieses Buch habe ich vor dem Hintergrund von vielen Jahren Berufserfahrung als Studienberater geschrieben. Das erleichtert und erschwert die Sache. Es ist schwerer, weil jeder Einzelfall anders ist und die gemeinsamen Konturen des Bildes mit Mühe herausgearbeitet werden müssen. Es ist leichter, weil ich für jeden Problemaspekt den ein oder anderen Fall vor Augen habe und mich fragen kann: Was wäre hier das Beste gewesen?

1 Wir nehmen hier der Einfachheit halber an, dass die Bahn kommt.

Inhalt

Vorwort

Studienkrisen und der Sinn dieses Ratgebers

1.1 Schreckgespenst Studienabbruch

1.2 Was sagt die Forschung?

1.3 Die Arbeit mit diesem Ratgeber

1.4 Krisen können nützlich sein

Schätzen Sie das Problem richtig ein

2.1 Ihre Stressbilanz

2.2 Ihre Leistungsbilanz

2.3 Woran liegt es?

Entscheiden ist besser als laufen lassen

3.1 Schluss mit der Entscheidungsvermeidung

3.2 Vermeiden Sie Informationsmüll

3.3 Legen Sie Entscheidungskriterien fest

Bleiben Sie dran

4.1 Die Lösung für alle, die ihr Studium wieder in den Griff bekommen wollen

4.2 Zielstrebigkeit setzt Ziele voraus

4.3 Nutzen Sie Ihre Zeit

4.4 Lernen Sie effizienter

4.5 Suchen Sie Unterstützung

4.6 Verbessern Sie die Rahmenbedingungen

4.7 Was Sie noch probieren können

Wechseln Sie das Fach

5.1 Die Lösung für Sinnsucher

5.2 Finden Sie das Studium, für das Sie sich besser eignen

5.3 Was Sie auch bedenken sollten

5.4 Ihr Zeitplan für den Wechsel

5.5 Was tun bei verlorenem Prüfungsanspruch?

Steigen Sie um ins Berufsleben

6.1 Die Lösung für Praktiker

6.2 Ballast abwerfen – Blockaden überwinden

6.3 Neuorientierung

6.4 Ihre Kompetenzbilanz

6.5 Ihre Optionen

6.6 Den Übergang planen

Sie haben immer eine Wahl

7.1 Was ist Ihnen wichtig?

7.2 Selbstvertrauen wiederfinden

Literatur

Stichwortverzeichnis

1 Studienkrisen und der Sinn dieses Ratgebers

1.1 Schreckgespenst Studienabbruch

Es geht in diesem Ratgeber um Ihr Studium. Genauer gesagt geht es darum, was Sie tun können, wenn Ihr Studium nicht so läuft, wie Sie es sich vorher vorgestellt haben. Sie haben Ihr Studium angefangen in der Annahme, es auch erfolgreich zu Ende zu bringen. Aber so ganz sicher sein können Sie sich da nicht, denn Ihr Studium ist auch eine Herausforderung an Ihre Fähigkeiten und Ihr Durchhaltevermögen. Hindernisse können sich in den Weg stellen: nicht bestandene Klausuren, Leistungsrückstand, Interesselosigkeit, Motivationsverlust; es gäbe da noch einiges mehr.

Zwar beginnt niemand ein Studium, um es nicht zu schaffen. Aber Prüfungen gehören zu jedem Studium. Und im Bachelor-/Masterstudiensystem haben Sie viele Prüfungen, und zwar von Anfang an und in jedem Semester. In Prüfungen können Sie durchfallen. Das liegt in der Natur der Sache. Wenn Ihnen das mehrmals passiert, ist das Problem in der Welt.

Die tatsächlichen Studienleistungen sind dabei nur die eine Seite. Angst vor den Folgen der Probleme ist die andere. Es beginnt mit einer schlechten Note. Dann kommt eine nicht bestandene Prüfung hinzu (oder umgekehrt, das ist aber auch nicht besser). Irgendwann ist es für Sie keine Selbstverständlichkeit mehr, dass Sie Ihr Studium auch erfolgreich abschließen. Der Gedanke wächst in Ihnen, dass Sie im Studium scheitern könnten. Das positive Selbstbild, mit dem Sie Ihr Studium begonnen haben, löst sich langsam auf. Es beginnt mit diffusen, unspezifischen Befürchtungen, dann folgt leichte Besorgtheit und schließlich handfeste Angst vor der nächsten und möglicherweise letzten Prüfung. Diese Sorgen und Ängste haben die unangenehme Eigenschaft, die tatsächlichen Probleme zu verzerren und zu vergrößern. Das subjektive Erleben spielt Ihnen einen Streich. Wie auf der Leinwand beim Public Viewing erscheint eine Mücke auf einmal so groß wie ein Elefant, und aus einer nicht bestandenen Klausur wird ein drohender Weltuntergang.

Es sind nicht immer Misserfolge, die ein Studium in eine Sackgasse führen. Ein weiteres Szenario ist ebenfalls recht verbreitet: Sie schaffen durchaus die Prüfungen. Aber bei jeder neuen Klausur brauchen Sie mehr Überwindung, um zu lernen. Das Interesse beim Lernen fehlt. Sie haben keine Lust! Der Glaube, mit dem Studium etwas Sinnvolles zu tun, ist weg. Sie müssen sich mit Selbstdisziplin zum Lernen zwingen. Der Effekt ist der gleiche. Sie fragen sich, ob Ihre Motivation ausreicht, um das Studium durchzuhalten. Für die Ursachenforschung ist es zwar wichtig, ob es am Nicht-Können oder Nicht-Wollen liegt, und deshalb wird die Frage noch eine Rolle spielen (→ Kapitel 2). Im Hinblick auf das Auslösen von Sorgen, Grübeln und Ängsten läuft es aber auf das Gleiche hinaus.

Wenn dann die nächsten Prüfungen anstehen, machen sich die üblichen Symptome bemerkbar: Unruhe, Schlaflosigkeit, Anspannung, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Magenschmerzen – alles Anzeichnen von Stress. Die sachliche Kalkulation der Chancen wird immer öfter überlagert von Grübeln und negativen Gedanken. Werde ich die nächste Prüfung bestehen? Bin ich ein guter Student? Bin ich tatsächlich schon mit meinen Studienleistungen im Rückstand? Sind die anderen erfolgreicher und mit mehr Motivation bei der Sache? Alle Gedanken kreisen früher oder später nur noch um ein drohendes Scheitern. Vielleicht sind Sie schon auf dem besten Weg in eine Angstspirale:

kein Studienerfolg – negative Gefühle (Sorgen, Ängste);

negative Gefühle – kein Studienerfolg.

Diese Spirale kann sich im schlimmsten Fall drehen, bis nichts mehr geht und Sie irgendwann wegen zu vieler Fehlversuche den Prüfungsanspruch verlieren.

Egal ob über- oder unterfordert, mangelnde Motivation oder fehlende Perspektive, das Beängstigende ist immer, dass es nicht nur um ein paar Jahre Studium, sondern um die Lebensplanung geht. Mit den Folgen der Studienwahl hat man normalerweise ca. 35 bis 40 Jahre zu tun. So werden aus kleinen Sorgen schnell große. Aus dem Nachdenken über ein Klausurergebnis und seine Folgen wird nutzloses Grübeln über eine ruinierte Zukunft. Und schon kommt das Schreckgespenst zum Vorschein – die Angst vor dem Studienabbruch. Das Unklügste in einer solchen Situation ist es, zu ignorieren, zu verdrängen oder schönzureden. Das Klügste ist es, aktiv zu werden, eine Bilanz zu ziehen und eine Entscheidung zu treffen, wie es weitergehen soll.

1.2 Was sagt die Forschung?

Eine Statistik sagt bekanntlich nichts über einen Einzelfall. Deshalb spielt es eigentlich für die Lösung Ihres persönlichen Problems keine große Rolle, wie viele Studierende sonst noch ein ähnliches oder ein anderes Problem haben. Aber aus der Forschung zum Thema Studienabbruch lassen sich tröstliche Erkenntnisse gewinnen, die Sie vielleicht interessieren werden.

Studienabbruch gilt, so die allgemeine Meinung, unweigerlich als Versagen. Durchaus zu Unrecht: Endgültig nicht bestandene Prüfungen sind keineswegs ein so häufiges Problem. Nur 11 Prozent der Studienabbrecher geben dies als Hauptgrund für ihre Entscheidung an.

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Die Forschung bestätigt auch, dass nicht jede empfundene Belastung gleich zum Abbruch des Studiums führt. Zwar gaben fast 60 Prozent der Bachelorstudierenden in einer Befragung an, in der letzten Zeit das Gefühl gehabt zu haben, gestresst und nervös zu sein. Ein gleich großer Teil war aber auch davon überzeugt, diese Probleme lösen zu können.

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Studienabbruch kommt in fachlich anspruchsvollen („schweren“) Studiengängen wie Mathematik oder Ingenieurwissenshaften häufig vor. Hier brechen rund 50 Prozent der Studierenden ihr Studium ab.

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So weit, so gut. Dieser Befund ist nicht überraschend. Je schwerer ein Studium ist, desto häufiger wird es nicht erfolgreich beendet – sollte man meinen. Stimmt aber auch nicht. In dem „schweren“ oder zumindest objektiv sehr arbeitsaufwendigen Medizinstudium gibt es nur relativ wenige Studienabbrecher (9 Prozent).

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Und in den vergleichsweise „leichten“ Sprach- und Kulturwissenschaften gibt es durchaus hohe bis sehr hohe Abbrecherzahlen.

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Offensichtlich spielen auch Faktoren wie Strukturiertheitsgrad des Studiums und Berufsbezug eine Rolle. Ein Medizinstudent hat den Arztberuf vor Augen und jede bestandene Klausur bringt ihn diesem Ziel ein Stück näher. Es macht sich bezahlt, schon frühzeitig eine Berufsperspektive vor Augen zu haben.

Häufig erfolgt die Entscheidung für einen Studienabbruch sehr spät, um nicht zu sagen: viel zu spät. Jurastudierende brechen im Durchschnitt erst nach 8,4 Semestern ab! Selbst in den Bachelorstudiengängen, wo durch das Credit-Point-System jeder Studierende vom ersten Semester an ein klares Feedback über seinen Studienerfolg erhält, vergeht im Durchschnitt fast ein halbes Studium (2,9 Semester) bis zum Studienabbruch.

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So viel Zeit ist nicht wirklich notwendig, um herauszufinden, ob man sich für den eigenen Studiengang eignet. Die Angst, im Studium zu versagen, verzerrt die Wahrnehmung und führt zu Unsicherheit bei der Einschätzung der eigenen Situation. Und da es irgendwie unangenehm und mit Aufwand verbunden ist, seine ganze Zukunftsplanung auf den Prüfstand zu stellen, wird das Problem auch gerne verdrängt und die Entscheidung aufgeschoben. Das ist schlecht, denn nicht eine Umorientierung, sondern eine unnötig späte Umorientierung ist ein Problem.

Die Forschung zeigt auch, dass es keine Schande ist, seinen Studienweg zu ändern und ein anderes Studium oder den Ausstieg zu wählen. Nur wenige Studierende müssen aufhören, weil sie die Prüfungen nicht schaffen. Ein Studienabbrecher oder Fachwechsler ist nicht automatisch zu doof für sein Studium. Schlechte Prüfungsleistungen können beispielsweise auch auf mangelnder Motivation und Identifikation mit dem Studienfach oder auf dessen unklarer beruflichen Perspektive beruhen. Auch im Lebenslauf ist ein Fachwechsel kein Problem, wenn er nicht zu einem Zeitpunkt erfolgt, an dem andere mit dem Studium fast fertig sind.

1.3 Die Arbeit mit diesem Ratgeber

Bei Problemen mit dem Studium müssen Sie nicht nur etwas unternehmen, sondern Sie müssen das Richtige tun. In dieser Situation das Falsche zu tun, vergrößert Ihr Problem. Es hält Sie davon ab, das Richtige zu tun, denn Sie ergreifen zu spät geeignete Maßnahmen. Ein unnötiger Zeitverlust ist genauso schädlich wie eine Therapie gegen Lungenentzündung, die zu spät kommt. Aber nicht jeden Patienten mit Schnupfen muss man gleich auf die Intensivstation schicken.

Wahrscheinlich haben Sie sich schon bei den ersten negativen Anzeichen gefragt: „Ist das noch der normale Stress, den jeder im Studium hat?“ Bereits dieser Zeitpunkt wäre nicht zu früh, um die Studienwahl auf den Prüfstand zu stellen, noch bevor Stress und Ängste das konzentrierte Arbeiten und rationale Abwägen beeinträchtigen. Wie kann dieses Buch Ihnen dabei nützen? Ziehen wir einen Vergleich. Sie sind auf einer Reise und haben sich verfahren. Dieser Ratgeber hilft Ihnen herauszufinden, wo Sie sich befinden, welche möglichen Routen vor Ihnen liegen und welche Straßenverhältnisse – Autobahn, Landstraße oder Schotterpiste – dabei auf Sie zukommen.

Es ist das Ziel dieses Ratgebers, Sie bei der Bewältigung der Studienprobleme zu unterstützen und Ihnen Wege durch die Studienkrise zu zeigen.

Schwächephasen gibt es – mal mehr, mal weniger – in jedem Studium. Nicht jede Lustlosigkeit ist schon ein Zeichen für eine falsche Studienwahl. Nicht jedes Problem mit dem Berg an Lernstoff ist schon ein hinreichender Grund, das Studium hinzuschmeißen oder das Fach zu wechseln. Nicht jede schlaflose Nacht ist schon ein Zeichen dafür, dass man falsch ist an der Hochschule. Die Bewältigung der ganz normalen Stresssymptome gehört zu jedem Studium dazu (egal, ob es ein vermeintlich leichtes oder schweres ist). Genau hier liegt das Problem. Leichte Zweifel am eigenen Studienweg können wieder verschwinden oder sich zu einer ernsten Sinnkrise auswachsen. Wann sind Lernprobleme, Motivationsprobleme oder Ängste noch normal und wann sind sie Zeichen einer gravierenden Leistungskrise? Reicht es aus, wenn Sie etwas mehr Selbstdisziplin aufbringen oder einen Kurs in Entspannungstechniken absolvieren?8 Oder zeichnet sich ab, dass Sie mit dem aktuellen Studiengang nie und nimmer zurechtkommen werden und sich schon in einer Sackgasse befinden?

Bei der Suche nach Antworten auf diese Fragen wird Ihnen dieser Ratgeber nützlich sein. Er führt Sie durch den produktiven Umgang mit der Krise. Er hilft Ihnen, die drei entscheidenden Fragenkomplexe zu beantworten.

Drei entscheidende Fragen

Bin ich im richtigen Studiengang? Wenn ja, was muss ich besser machen?Wenn ich nicht im richtigen Studiengang bin, gibt es dann für mich einen geeigneteren und wie finde ich ihn?Wenn sich ein Studium für mich nicht lohnt, wie organisiere ich den Ausstieg?

Es gibt also grundsätzlich drei mögliche Lösungen. Ein Studienabbruch, also der Ausstieg aus der Hochschule, ist nicht die einzige Option. Je nachdem, wie gravierend die Stresssymptome und die Leistungsprobleme sind, und je nachdem, welche Ursachen sie haben, kann auch die Fortsetzung des bisherigen Studiengangs oder ein Fachwechsel die sinnvollste Lösung sein. In jedem Fall werden Sie etwas unternehmen müssen und vieles bedenken und erledigen müssen. Auch wenn Sie bei Ihrem bisherigen Studiengang bleiben, kann es nicht so weitergehen wie bisher! Der Ratgeber stellt dar, wie Sie Ihre Studienprobleme realistisch einschätzen können und welche Lösungsstrategien sich jeweils anbieten.

Er enthält eine Anleitung für Ihre Selbsteinschätzung, mit dem Sie das Ausmaß des Problems erfassen können. (→ Kapitel 2)Er bietet eine Anleitung für das methodische Vorgehen bei der Entscheidungsfindung, damit Sie eine für Sie gute Wahl treffen. (→ Kapitel 3)Er hilft Ihnen, die drei möglichen Lösungen hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile in Ihrer Situation zu analysieren. Dazu gehört auch einzuschätzen, welche Voraussetzungen nötig sind, was jeweils zur Realisierung der Lösung konkret getan werden muss und welche Denkfallen Sie besser vermeiden sollten. (→ Kapitel 4, 5 und 6)

Dieses Buch ist kein Trainingsprogramm, wie es sie für Zeitmanagement oder Lerntechniken gibt. Das Problem, um das es hier geht – die Bewältigung einer Studienkrise – ist komplexer. Sie sind selbst ein Teil der Lösung. Es gibt nicht die Lösung, die für alle Studierenden in einer schwierigen Phase richtig wäre. Der Ratgeber enthält viele Tipps und Hinweise, aber er ist keine Bedienungsanleitung. Er kann nur Hilfe zur Selbsthilfe sein. Er soll Ihnen die Einschätzung der drei Lösungsoptionen ermöglichen. Dieser Ratgeber kann Ihnen zeigen, was zu tun ist, wie es zu tun ist und was dabei zu bedenken ist.

Es gibt in Ihrer Situation Entscheidungsspielräume und Chancen, die Sie nutzen können und sollten. Und wie immer, wenn man im Leben Entscheidungsfreiheit hat, kann man gut oder schlecht wählen. Dieser Ratgeber möchte Sie so durch den Entscheidungsprozess begleiten, dass Sie am Ende für sich selbst eine gute Entscheidung treffen können. Die passende Charakterisierung dieses Ratgebers wäre daher nicht ein Vergleich mit einer Bedienungsanleitung, sondern eher mit einem Reiseführer. Der kann Ihnen die Routen beschreiben, aber reisen müssen Sie schon selbst, wenn Sie ein anderes Land kennenlernen möchten.

Eine Krise setzt Energie frei, die uns bewegt, etwas zu tun. Sie sind dabei, etwas zu tun, sonst hätten Sie nicht diesen Ratgeber in der Hand. Aber der Drang, etwas zu tun, muss auch in die richtige Richtung gelenkt werden, was Ziel dieses Ratgebers ist. Den folgenden Erläuterungen, Hinweisen und Tipps liegt eine Philosophie zugrunde, die im Kern beschreibt, wie Sie mit Ihrer Krise umgehen sollten.

Tipp

Tun Sie etwas, anstatt nur zu grübeln. Egal, ob es sich um ein große oder kleine Krise handelt: Das Problem löst sich nicht von selbst. Durch Passivität wird aus dem kleinen (vorübergehende Schwächephase) ein großes Problem (Misserfolg, Abbruch).Der Einzige, der Abhilfe schaffen kann, sind Sie selbst. Nur Sie wissen, was gut für Sie ist. Warten Sie nicht darauf, dass Ihnen in der Hochschule jemand sagt, was Sie tun sollen. Darauf können Sie erfahrungsgemäß lange warten.Tun Sie das, was Sie am besten können, völlig egal, ob innerhalb oder außerhalb der Hochschule. Es ist besser, im Berufsleben (ohne Hochschulabschluss) erfolgreich zu sein, als ein mittelmäßiger Absolvent (mit akademischen Würden).Prüfen Sie ergebnisoffen die Optionen. Sie sind gleichberechtigte Wege in die Zukunft. Das Beste aus der Situation zu machen, bedeutet nicht automatisch, die Hochschule zu verlassen. Das Beste kann auch Weitermachen oder ein Fachwechsel sein.

1.4 Krisen können nützlich sein

Wenn hier oft von Problemen oder einer Krise die Rede ist, dann ist damit nicht gleich der persönliche Weltuntergang gemeint. Wie schlimm die Situation schon ist, ist zunächst einmal mit der Bezeichnung Krise noch völlig offen. Mit Krise ist hier ganz generell nur eine schwierige Situation gemeint; eine Situation, in der Sie sich sagen:

Möglich, dass Sie nur ein kleines Problem haben. Sie denken über die Wahl Ihres momentanen Studiums nach und Sie sind sich nicht mehr sicher, ob diese Wahl eine gute Idee war. Das könnte man eine kleine Krise nennen. Vielleicht ist Ihr Problem auch größer und Sie haben das Gefühl, den Abschluss nicht zu schaffen. Das könnte man eine ernste Krise nennen.

Der Punkt ist: Bereits mit den ersten Zweifeln an der eigenen Studienwahl ist eine Art Krisenfall eingetreten. Natürlich steht es Ihnen frei, dieses Buch zuzuklappen und weiterzumachen wie bisher. Aber Ihre Zweifel werden Sie so nicht los. Schon morgen können sie wieder da sein. Die Zweifel werden Sie nur los, indem Sie Ihr Studium auf den Prüfstand stellen und die Konsequenzen der drei möglichen Lösungen für sich durchspielen.

Laut Duden ist eine Krise eine schwierige Situation; eine Zeit, die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt.9 Das trifft genau den Punkt, um den es hier geht. Ihre Situation ist schwierig. Schwierigkeiten kann man beheben oder nicht. Wenn Sie der Entwicklung freien Lauf lassen, könnte es sein, dass Sie den Wendepunkt verpassen und dann würde es gefährlich für Ihr Studium oder Ihren weiteren Ausbildungsweg werden.

Normalerweise, das heißt, wenn ein Projekt so läuft wie geplant, brauchen wir uns mit dem Gedanken an ein Scheitern nicht zu belasten. Sie fragen sich nicht jeden Morgen „Werde ich heute mein Studium abbrechen?“ – Krisen haben eine Entwicklung. Sie fangen meistens harmlos an und können sich schrittweise verschlimmern.

Motivationstief

. Das kann viele Ursachen haben. Es kann auch am schlechten Wetter oder gelangweilten Dozenten liegen. Es muss also nicht unbedingt der gewählte Studiengang schuld sein und das Tief kann, muss aber nicht vorrübergehend sein.

Zweifel

an der richtigen Entscheidung oder Zweifel an der subjektiven Sinnhaftigkeit des gewählten Studiums. Ein Fachwechsel wird in Erwägung gezogen.

Prüfungsversagen

, Misserfolg und psychischer bzw. physischer Stress. Das Studium geht langsamer voran als der Studienplan es vorsieht. Fachwechsel oder Abbruch erscheinen spätestens jetzt als eine realistische Option.

Krankmachender Stress

. Wenn er durch das Studium verursacht ist, kommt oft nur noch ein Ausstieg aus der Hochschule infrage.

Es macht Sinn, sich frühzeitig mit seinen Studienproblemen zu beschäftigen, bevor aus dem Motivationstief gesundheitsschädlicher Stress wird. Je früher Sie sich Klarheit verschaffen (Stadium [1] oder [2]), ob Sie im richtigen Studiengang sind oder nicht, desto weniger Energie stecken Sie in einen Irrweg und desto früher korrigieren Sie Ihren Weg. Die subjektiv gefühlte Krise hat also eine produktive Funktion. Sie zwingt Sie, darüber nachzudenken, ob Sie den für Sie besten Weg eingeschlagen haben. Und diese Krise zwingt Sie, darüber zu entscheiden, wie es weitergehen soll.

2 HIS 2/2010, S. 36

3 HIS 2/2010, S. 1

4 HIS 2/2010, S. 17f.

5 HIS 2/2010, S. 30

6 HIS 2/2010, S. 19

7 HIS 2/2010, S. 47f.

8 Beides zusammen brauchen Sie kaum zu versuchen. Der Versuch, sich mit Selbstdisziplin zum Lernen zu zwingen, ist die Ursache Ihrer Anspannung.

9 frei nach www.duden.de, Stand 01.05.2016

2 Schätzen Sie das Problem richtig ein

Die Entscheidung über den richtigen Weg aus der Studienkrise kann nur so gut sein wie die Einschätzung des Problems. Kein Arzt verschreibt eine Medizin ohne zu wissen, wo es dem Patienten wehtut und woran er (vermutlich) leidet. Auch die Überwindung einer Krise im Studium beginnt zwangsläufig mit einer Bestandsaufnahme. Die ist aber nicht leicht. Ein Studium ist im Gegensatz zur Schule durch eine geringe Kontrolldichte geprägt. Gerade in der Anfangsphase wissen Sie als Studierender daher häufig gar nicht genau, wo Sie eigentlich stehen.

Das gefühlte Problem (der empfundene Stress) und der tatsächliche Misserfolg sind noch lange nicht das Gleiche. Der eine ist empfindlich und hat schlaflose Nächte, weil eine Klausurnote nur 4 war. Andere haben ein dickes Fell und lassen sich durch ein paar Fehlversuche nicht aus der Ruhe bringen. Es ist also auch aus subjektiven Gründen keineswegs einfach, das Ausmaß des Problems und seine Ursachen einzuschätzen. Handelt es sich nur um ein harmloses und vorübergehendes Formtief oder ist die Katastrophe vielleicht schon größer als angenommen? Analysieren Sie in diesem Kapitel Ihre Situation hinsichtlich der folgenden drei Punkte, die für eine realistische Einschätzung Ihrer Situation wichtig sind:

Ihre Stressbilanz

Ihre Leistungsbilanz

die möglichen Ursachen des Problems

2.1 Ihre Stressbilanz

Stress

Ein begrenztes Maß an Leistungsdruck ist im Studium normal, in manchen Fachbereichen mehr, in anderen weniger. Kein Studierender besteht jede Prüfung, auch das ist normal. Eine völlig stressfreie Studien- und Arbeitswelt wäre recht langweilig, denn Stress ist nicht unbedingt problematisch. Stress ist zunächst eine geradezu alltägliche Angelegenheit. Der Begriff meint lediglich, dass jemand sich in einer Situation befindet, die ihn vor ungewöhnliche Herausforderungen stellt.

Wir nehmen etwas Beunruhigendes wahr, das wir nicht erwartet haben. Wir sind in einer Situation, die etwas Bedrohliches an sich hat. Angst macht sich in unserem Körper breit, ohne dass wir uns dagegen wehren können. Wir suchen in allen Winkeln unseres Gehirns nach Verhaltensmustern, um die bedrohliche Situation zu bewältigen und das Problem zu lösen. Finden wir eine Bewältigungsstrategie, macht sich Erleichterung breit und der Stress lässt nach. Das Interessante daran ist, dass das erfolgreiche Verhalten verstärkt wird. Neurologen können nachweisen, wie sich die Verschaltungen im Gehirn so verändern, dass das erfolgreiche Verhalten verstärkt wird und bei der nächsten bedrohlichen Situation schneller und reibungsloser abläuft. Es handelte sich um eine normale kontrollierbare Stressreaktion. Völlig anders sieht es aus, wenn wir die Situation nicht bewältigen können und keine Verhaltensmuster finden, mit denen wir uns das Bedrohliche vom Hals schaffen können. Wir fühlen uns in einer ausweglosen Situation. Die Angst lässt nicht nach. Wir erleben eine typische Reaktion von unkontrollierbarem Stress. Geschieht das wiederholt, beispielsweise weil Prüfungssituationen uns immer wieder überfordern, hat dieser unkontrollierbare Dauerstress negative physiologische und psychische Folgen.10

Während die erfolgreiche Bewältigung einer kontrollierbaren Stresssituation uns stärker macht, macht uns unkontrollierbarer Dauerstress immer schwächer. Die Schlussfolgerung: Ein Studium ohne Stress ist keine gute Wahl. Ein Studium ganz ohne Stress wäre zu leicht. Es würde keine Herausforderungen bereithalten, in denen neuen Verhaltensmuster erlernt oder bestehende weiterentwickelt werden. Kontrollierbare Stresssituationen im Studium sind also völlig o.k. und Belastungen gehören zu einem Studium. Bei angemessenem Schwierigkeitsgrad wird das Arbeits- und Lernverhalten, das Sie schon in der Schule erlernt haben, in anspruchsvolleren Situationen auf ein effizienteres Level gebracht und der Belastung angepasst. Eine Klausur oder ein Referat lösen Lampenfieber aus, aber sie werden nicht als ausweglose Situation erlebt. Das ändert sich, wenn ein Studium nicht bewältigt wird. Unkontrollierbare Stresssituationen kündigen sich an. Die Lernfähigkeiten (die Verhaltensmuster) reichen nicht aus, um die Prüfungssituationen zu bewältigen. Wenn Sie in Prüfungen immer wieder scheitern, können Sie Ihre Fähigkeiten nicht anpassen und laufen immer wieder mit dem Kopf gegen eine Wand. Prüfungen (und irgendwann schon der bloße Aufenthalt in der Hochschule) werden als angstauslösende Bedrohung erlebt.

Symptome von Studienstress

Wenn auf die Anstrengung zur Bewältigung einer Aufgabe ein Versagen folgt, fehlt es bei neuen Aufgaben an erfolgreichen Verhaltensmustern und in der Folge an Selbstvertrauen und Motivation. Die Misserfolge häufen sich und der vergebliche Versuch, dies durch mehr Anstrengung auszugleichen, macht auf Dauer krank. Früher oder später machen sich die Anzeichen von physischem und psychischem Stress bemerkbar.

Die Symptome von Stress haben die heimtückische Eigenschaft, dass im Anfangsstadium nicht klar ist, ob es überhaupt am Studium liegt. Schlecht geschlafen? Kann auch an der Matratze liegen. Kopfschmerzen, Grübeln, Anspannung? Auch dafür gibt es hundertundeins mögliche Gründe. Es muss also nicht unbedingt, kann aber am Studium liegen. Bestimmte Stresssymptome sprechen dafür, dass die Beschwerden tatsächlich durch das Studium verursacht sind.