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Dr. Laurin ist ein beliebter Allgemeinmediziner und Gynäkologe. Bereits in jungen Jahren besitzt er eine umfassende chirurgische Erfahrung. Darüber hinaus ist er auf ganz natürliche Weise ein Seelenarzt für seine Patienten. Die großartige Schriftstellerin Patricia Vandenberg, die schon den berühmten Dr. Norden verfasste, hat mit den 200 Romanen Dr. Laurin ihr Meisterstück geschaffen. Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist. Dr. Leon Laurin schrieb gerade ein Rezept für eine Patientin aus, als es passierte. Seine Sprechstundenhilfe Karin hatte zufällig am Fenster gestanden, als die Bremsen kreischten und einige Passanten erschrocken aufschrien. »Eine Frau!« rief sie aufgeregt, »Herr Doktor, sie wäre fast überfahren worden!« Dr. Laurin überlegte nicht lange, er handelte. Er stürzte hinaus auf die Straße und bahnte sich einen Weg durch die Neugierigen, die ihm bereitwillig Platz machten, als sie seinen weißen Arztkittel bemerkten. Schreckensbleich stieg der Fahrer des Lieferwagens, der kurz vor der Frau stand, aus. »Ich habe keine Schuld«, ächzte er. »Sie ist einfach zusammengeklappt!« Er hatte sie nicht einmal gestreift, dennoch lag sie in einer Blutlache, die sich rasch ausbreitete. Neben ihr stand ein Kind und begann jämmerlich zu weinen. »Steh doch auf, Mami, steh auf. Du wolltest doch zum Doktor.« Sie war auf dem Weg zu mir, wußte Dr. Leon Laurin sofort, aber er kannte sie nicht. Die junge Frau war schwanger, wohl schon im sechsten und siebenten Monat, und die Blutlache rührte nicht von einer Verletzung her. Diese Frau befand sich in höchster Lebensgefahr.
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Seitenzahl: 106
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Dr. Leon Laurin schrieb gerade ein Rezept für eine Patientin aus, als es passierte. Seine Sprechstundenhilfe Karin hatte zufällig am Fenster gestanden, als die Bremsen kreischten und einige Passanten erschrocken aufschrien.
»Eine Frau!« rief sie aufgeregt, »Herr Doktor, sie wäre fast überfahren worden!«
Dr. Laurin überlegte nicht lange, er handelte. Er stürzte hinaus auf die Straße und bahnte sich einen Weg durch die Neugierigen, die ihm bereitwillig Platz machten, als sie seinen weißen Arztkittel bemerkten.
Schreckensbleich stieg der Fahrer des Lieferwagens, der kurz vor der Frau stand, aus.
»Ich habe keine Schuld«, ächzte er. »Sie ist einfach zusammengeklappt!«
Er hatte sie nicht einmal gestreift, dennoch lag sie in einer Blutlache, die sich rasch ausbreitete. Neben ihr stand ein Kind und begann jämmerlich zu weinen.
»Steh doch auf, Mami, steh auf. Du wolltest doch zum Doktor.«
Sie war auf dem Weg zu mir, wußte Dr. Leon Laurin sofort, aber er kannte sie nicht. Die junge Frau war schwanger, wohl schon im sechsten und siebenten Monat, und die Blutlache rührte nicht von einer Verletzung her.
Diese Frau befand sich in höchster Lebensgefahr. Das erkannte der junge, aber schon sehr erfahrene Allgemeinmediziner und Gynäkologe sofort. Es mußte schnellstens gehandelt werden.
Dr. Laurin hörte Karins Stimme hinter sich. »Die Trage«, rief er ihr zu. »Rasch, beeilen Sie sich!«
Und wie sie sich beeilte, die immer so tüchtige Karin. Gleich darauf kamen sie und Ilka Rohde, die Praxishilfe, mit der Trage.
Behutsam wurde die junge Frau darauf gebettet, und dann mit Hilfe einer der Passanten in die Praxis des Arztes getragen.
»Kliniken anrufen«, sagte Dr. Laurin im Befehlston. »Hoffentlich ist ein Operationssaal frei.«
Das Kind, ein etwa vierjähriges Mädchen, begann noch jämmerlicher zu weinen.
»Kann denn niemand das Kind beruhigen?« sagte Dr. Laurin energisch.
Was mit dem Kind geschah, darum konnte er sich augenblicklich nicht kümmern. Seine ganze Aufmerksamkeit galt der Frau, deren Leben an einem hauchdünnen Faden hing. Dazu bedurfte es keiner großen Untersuchung. Blutungen in diesem Stadium der Schwangerschaft bedeuteten immer allerhöchste Gefahr!
Von der Straße her tönte das Martinshorn der Funkstreife, die jemand herbeigerufen hatte. Wenig später erschien ein Polizist in der Praxis, der ein Protokoll aufnehmen wollte.
»Sie haben Nerven!« fauchte ihn Dr. Laurin an. »Wir brauchen einen Operationssaal, nichts weiter. – Karin, was ist los?«
»Alles besetzt«, stöhnte sie verzweifelt. »Dr. Riemann sagt, wir sollen es in der Prof.-Kayser-Klinik versuchen.«
Der Name dieser Privatklinik war Leon Laurin bekannt, aber nur einen Augenblick dachte er, daß es wohl ein seltsamer Zufall wäre, wenn er ausgerechnet dort mit der Patientin landen würde.
»Versuchen Sie es. Ich will dann selbst den Chefarzt sprechen.«
Er tat es, und wenig später stand auch die Ambulanz bereit. Der Krankenwagen raste dem Funkstreifenwagen nach zur Prof.-Kayser-Klinik.
Dr. Leon Laurin schwang sich hinter das Steuer seines Wagens und jagte in halsbrecherischem Tempo die breite Alleestraße entlang.
Der junge Arzt wußte: Ihm stand ein Wettlauf mit dem Tod bevor!
*
»Ein verrücktes Mannsbild«, meinte Antonia Kayser kopfschüttelnd zu ihrem Onkel, als der Sportwagen an ihnen vorbeisauste. »Ein Draufgänger nicht nur bei Frauen.«
Er warf ihr einen überraschten Blick zu. »Du kennst den Fahrer?«
»Mein ›lieber‹ Kollege, der Allgemeinmediziner und Gynäkologe Dr. Leon Laurin«, erwiderte sie spöttisch.
»Hast du die Sirenen gehört? Vielleicht ist ein Unfall passiert. Es mag sein, daß er es deshalb so eilig hat«, stellte Bert Kayser nachsichtig fest. »Schau, vor eurem Haus muß etwas los gewesen sein. Ich habe was gegen sensationslustige Menschen, Antonia. Ich verziehe mich lieber gleich.«
»Nett, daß du mich hergebracht hast. Danke, Onkel Bert.«
»Bis heute abend ist dein Wagen bestimmt in Ordnung. Ich werde schon dafür sorgen.«
»Ich komme dann noch zu euch. Du bist wirklich der beste Onkel der Welt!«
Dann eilte Antonia auf das Haus zu, in dem sich ihre Praxis befand. Aufgeregt diskutierten die herumstehenden Menschen immer noch. Zwei Polizeibeamte stellten dem Fahrer des Lieferwagens Fragen.
Antonia hielt sich nicht auf. Was geschehen war, würde sie schon noch zeitig genug erfahren. Sie hörte das jammervolle Weinen eines Kindes, das immer wieder rief: »Ich will zu meiner Mami! Was ist mit meiner Mami?«
Die junge Ärztin konnte sich denken, daß das Weinen des Kindes mit dem Unglück in Zusammenhang stehen mußte. Sie eilte in Dr. Laurins Praxis, wo Karin und Ilka Rohde sich vergeblich bemühten, das kleine Mädchen zu beruhigen.
Erleichtert atmete Karin auf, als sie Antonia bemerkte. »Ein Glück, Fräulein Doktor, daß Sie kommen! Das Kind muß einen Schock haben. Dr. Laurin bringt die Mutter zur Klinik – zur Prof.-Kayser-Klinik«, fügte sie leise hinzu. »Ein schlimmer Fall.«
Ilka warf Antonia einen gehässigen Blick zu, als diese behutsam und liebevoll auf das Kind einsprach, das darauf tatsächlich ruhiger wurde.
»Wie heißt du denn?« fragte die Ärztin.
»Sabine«, erwiderte das Kind. »Ich will zu meiner Mami!«
»Ich werde die Kleine mit zu mir hinaufnehmen«, sagte Antonia freundlich. »Es ist Ihnen doch recht? Hat man den Vater schon benachrichtigt?«
»Daran hatte in der Aufregung niemand gedacht. Man wußte nicht einmal den Namen der Patientin. Eine zerknautschte Handtasche hatte sie bei sich gehabt, aber in ihr befand sich nur eine schmale Geldbörse mit einem Zwanzigeuroschein, jedoch keinerlei Ausweispapiere.
»Wie heißt du denn weiter, Sabine?« fragte Antonia Kayser das kleine Mädchen.
»Nur Sabine«, erwiderte es stockend.
»Und wie heißt dein Vati?«
Trotzig schob die Kleine ihre Unterlippe vor. »Papa ist fort. Papa ist böse!« stieß sie hervor.
Guter Gott, auch noch solche Probleme, dachte Antonia.
»Benachrichtigen Sie mich bitte, wenn Dr. Laurin zurück ist«, sagte Antonia Kayser zu Sprechstundenhilfe Karin. »Ich werde mit ihm sprechen müssen.«
Ihr Tonfall verriet, daß sie das sehr gern umgangen hätte, aber in diesem Fall würde es sich nicht mehr vermeiden lassen.
*
Im Operationssaal der Prof.-Kayser-Klinik war alles für den Eingriff vorbereitet. Der Chef der Klinik hatte es persönlich veranlaßt.
Professor Dr. Joachim Kayser – Dr. Antonia Kayser – überlegte Leon Laurin, während er sich wusch. In welchem Verhältnis standen sie zueinander?
Die Schwester brachte den sterilen Kittel, Schürze und Mundschutz und streifte ihm die Handschuhe über.
»Ist die Blutgruppe bereits festgestellt?« fragte Leon Laurin kurz.
Sie nickte. »AB, Rhesusfaktor positiv. Es ist alles zur Transfusion bereit. In solcher Hektik wird bei uns nicht oft gearbeitet.«
Ich bringe die Pläne einer Privatklinik durcheinander, dachte Dr. Laurin ironisch, aber dann war er schon auf dem Weg zu der unbekannten Patientin.
Sie lag bereits auf dem Operationstisch, neben sich ein fahrbares Gestell, an dem zwei Behälter hingen, einer mit Traubenzucker und Kochsalzlösung, der andere mit Blutplasma gefüllt. Beides wurde intravenös injiziert.
Ein junger Arzt, der Anästhesist der Prof.-Kayser-Klinik, kontrollierte laufend den Blutdruck der Patientin. Präzise erteilte er Dr. Laurin Auskunft. »Bei der Einlieferung hatte sie achtzig zu dreißig, jetzt ist der Druck auf neunzig zu sechzig gestiegen.«
»Danke. Es wird wohl eine zweite Transfusion nötig sein.«
»Alles bereit, aber dennoch wohl ein ziemlich hoffnungsloser Fall«, kam die Erwiderung.
Das brauchte Dr. Laurin niemand zu sagen. Ein solch schwerer Fall und dann auf die Hilfe ihm völlig fremder Ärzte angewiesen zu sein, die ihn womöglich als einen lästigen Eindringling betrachteten, war problematisch.
Daß er Dr. Laurin als Eindringling empfand, verriet jedenfalls die Miene Dr. Rudolf Hausners. Der Assistenzarzt Professor Kaysers begrüßte den Arzt mit frostiger Miene. Ihm gefiel es gar nicht, daß ein unbekannter Kollege hier eindrang, und noch mehr ärgerte es ihn, daß er ihm assistieren sollte. Aber das war eine Anordnung des Chefs.
»Die Anamnese?« fragte der Assistenzarzt, während Dr. Laurin mit wachsamen Blick das von der Operationsschwester bereitgelegte Instrumentarium überflog.
Dr. Leon Laurin zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Ich sehe die Patientin heute zum ersten Mal. Sie ist auf der Straße zusammengebrochen. Möglicherweise war sie auf dem Weg zu mir, denn es geschah direkt vor meiner Praxis. Diagnose: Blutsturz Anfang des siebenten Monats. Hoffentlich ist sie noch zu retten.«
Dr. Hausner runzelte unwillig die Stirn. Er verübelte es seinem Chef sehr, daß er seine Klinik für einen so aussichtslosen Fall zur Verfügung gestellt hatte.
»Name der Patientin?« fragte er weiter.
»Vorläufig noch unbekannt.« Dr. Laurins Stimme klang ungeduldig. »Es geht um ein Menschenleben, Herr Kollege. Da interessiert mich der Name nicht.«
Dr. Hausner schluckte. Ihm wurde diese Geschichte immer unangenehmer. Eine namenlose Patientin, der man kaum eine Chance geben konnte, ein fremder Arzt, der ausgesprochen gut aussah, und das in der Prof.-Kayser-Klinik! Wie konnte der Chef das nur zulassen? Doch nun gab es kein Zurück mehr!
Der Anästhesist nahm seinen Platz am Kopfende des OP-Tisches ein und machte sich an den Instrumenten zu schaffen. Er regulierte die Sauerstoff- und Narkosemittelzufuhr und kontrollierte noch einmal den Blutdruck.
»Ich werde ihr nur eine leichte Narkose geben, damit der Kreislauf nicht kollabiert«, sagte er ruhig.
Dr. Laurin nickte.
Die OP-Schwester hatte Dr. Hausner inzwischen ein mit Jod gefülltes Gefäß und eine lange Zange mit einem Mulltupfer gereicht. Er tauchte ihn ein und bepinselte damit das Operationsfeld. Der übrige Teil des Körpers wurde durch grüne Tücher abgedeckt.
Das Operationsteam der Prof.-Kayser-Klinik war gut aufeinander eingespielt. Es ging alles sehr rasch, ohne viel Worte. Jeder Handgriff saß.
»Kann ich anfangen?« fragte Dr. Laurin.
Hausner nickte verdrossen. Er hielt diesen Eingriff für vollkommen sinnlos. Für ihn war diese Frau schon abgeschrieben. Ein solches Risiko, das seine Karriere gefährden konnte, wäre er niemals eingegangen.
»Bitte, Herr Kollege«, sagte er spöttisch.
Leon Laurin zog es vor, diesen Ton zu überhören. Er streckte die Hand aus. Die Schwester reichte ihm das Skalpell.
»Ich öffne die Bauchhöhle.«
Er setzte einen langen Schnitt von oben nach unten. Mit großen Haken spreizte Dr. Hausner die Wundränder auseinander. Blut quoll heraus und wurde von der Schwester abgetupft, bis Dr. Laurin die Arterien abgeklemmt hatte.
Er operierte mit nachtwandlerischer Sicherheit, schnell und präzise. Die Bauchhöhle der Patientin war mit Blut gefüllt. Es mußte abgesaugt werden, doch es quoll sofort neues nach.
»Blutdruck sinkt«, meldete der Anästhesist. »Ich gebe mehr Sauerstoff.«
Leon Laurin trat der Schweiß auf die Stirn. »Coramin injizieren, einen Kubikzentimeter, rasch. Ich fürchte, ich muß die Gebärmutter entfernen. Die Blutung kommt nicht zum Stillstand.«
»Uterus-Amputation ohne Einwilligung der Patientin? Sind Sie wahnsinnig?« fragte Dr. Hausner entsetzt. »Das können Sie nicht machen!«
»Kann sie die Einwilligung geben?« fragte Leon Laurin sarkastisch.
»Dann muß der Mann sie geben!« zischte Hausner.
»Schaffen Sie ihn her«, konterte Dr. Laurin.
»Sie werden in Teufels Küche kommen und die Klinik in Verruf bringen.«
»Das können wir später erörtern, jetzt tue ich, was ich für richtig halte.«
Dr. Laurins Stimme klang sehr energisch.
»Aber nicht in der Prof.-Kayser-Klinik«, beharrte Hausner. »Ich dulde es nicht.«
»Sind Sie der Chefarzt?« fragte Dr. Laurin gereizt.
»Ich vertrete ihn. Sie können das Entgegenkommen Professor Kaysers nicht so selbstherrlich und unverantwortlich ausnutzen.«
»Über Selbstherrlichkeit und Unverantwortlichkeit streiten wir nachher«, sagte Leon Laurin ungerührt.
»Sollten wir nicht den Herrn Professor hinzuziehen?« mischte sich nun die Operationsschwester ein, deren langjährige Zugehörigkeit zur Klinik eine eigene Meinung rechtfertigte.
»Wir können keine Zeit mehr verlieren. Ich nehme die Uterus-Amputation auf meine Kappe. Für die Folgen trage ich selbst die Verantwortung. Ich sage das unter Zeugen.«
Dr. Laurins Gesicht war wie eine Maske, als er die Operation zu Ende führte. Er wußte, was für ihn auf dem Spiel stand. Er hatte für eine fremde, namenlose Frau alles riskiert, was er sich mühsam erarbeitet hatte.
Eine halbe Stunde später war alles vorüber. Die radikale Entfernung der Gebärmutter hatte die lebensbedrohende Blutung zum Stillstand gebracht.
Das Kind war tot. Es war schon tot gewesen, bevor man die Operation begonnen hatte. Aber die Patientin lebte. Sie hatte den Eingriff überstanden, und das war zunächst das Wichtigste.
Erschöpft und völlig ausgelaugt verließ Leon Laurin den Operationssaal. Er brauchte jetzt Ruhe, nur Ruhe!
Seine Hände zitterten, als er die Handschuhe abstreifte und in den Behälter warf.
*
Professor Kayser ließ den jungen Arzt zu sich bitten. Er war so entgegenkommend gewesen, ihm vorher eine Ruhepause zu gönnen.
Nun empfing er Leon Laurin im Chefarztzimmer, das recht nüchtern eingerichtet war. Nüchtern wirkte auch der große, schlanke Mann mit dem dichten graumelierten Haar. Sein markantes Gesicht mit dem ausgeprägten Kinn und den klugen tiefliegenden Augen verriet große Willensstärke.
Leon war von dieser imponierenden Erscheinung beeindruckt, ohne sich jedoch eingeschüchtert zu fühlen. Er bedankte sich zunächst für das Entgegenkommen, das ihm in der Klinik zuteil geworden war.
Professor Kayser beobachtete ihn aufmerksam, als Dr. Laurin dann ausführlich über den Verlauf der Operation berichtete.
Seine Miene verdüsterte sich. »Hm – eine Uterus-Amputation ohne Einwilligung der Patientin kann schlimme Folgen haben. Wir haben das bisher noch nicht praktiziert an meiner Klinik. Hoffentlich sind Sie sich über die eventuellen Folgen im klaren, Herr Laurin.«
»Selbstverständlich. Es war jedoch die einzige Möglichkeit, das Leben der Frau zu retten. Das wird wohl jeder bestätigen können, der bei dieser Operation zugegen war.«