Dr. Laurin 18 – Arztroman - Patricia Vandenberg - E-Book

Dr. Laurin 18 – Arztroman E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Dr. Laurin ist ein beliebter Allgemeinmediziner und Gynäkologe. Bereits in jungen Jahren besitzt er eine umfassende chirurgische Erfahrung. Darüber hinaus ist er auf ganz natürliche Weise ein Seelenarzt für seine Patienten. Die großartige Schriftstellerin Patricia Vandenberg, die schon den berühmten Dr. Norden verfasste, hat mit den 200 Romanen Dr. Laurin ihr Meisterstück geschaffen. Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist. »In der Prof. -Kayser-Klinik werden die Patienten mit dem Namen genannt«, sagte Dr. Uhl unwillig zu der jungen Schwester. Schwester Beates rundes Gesicht färbte sich dunkelrot. »Entschuldigung, Herr Berghoff hat geläutet«, berichtigte sie sich rasch. Dr. Uhl war schon auf dem Weg zu Zimmer 9, doch er traf unterwegs mit Dr. Sternberg zusammen. »Sie wollen auch zu Herrn Berghoff?« fragte Eckart Sternberg. »Das übernehme ich.« Auch Dr. Sternberg schöpfte noch einmal tief Atem, bevor er das Krankenzimmer betrat. Vier Wochen führte man hier bereits einen aussichtslosen Kampf um das Leben des Gutsbesitzers Robert Berghoff. Bleich und regungslos lag er in den Kissen, aber seine Augen, kluge, gütige Augen, richteten sich forschend auf das Gesicht des sympathischen Arztes. »Wie lange habe ich noch zu leben, Herr Doktor?« fragte er leise. Diesen Mann konnte man nicht mehr täuschen.

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Seitenzahl: 110

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Dr. Laurin – 18 –

Freude auf der Entbindungsstation

Kann die Mutter wirklich glücklich sein?

Patricia Vandenberg

»In der Prof.-Kayser-Klinik werden die Patienten mit dem Namen genannt«, sagte Dr. Uhl unwillig zu der jungen Schwester.

Schwester Beates rundes Gesicht färbte sich dunkelrot. »Entschuldigung, Herr Berghoff hat geläutet«, berichtigte sie sich rasch.

Dr. Uhl war schon auf dem Weg zu Zimmer 9, doch er traf unterwegs mit Dr. Sternberg zusammen.

»Sie wollen auch zu Herrn Berghoff?« fragte Eckart Sternberg. »Das übernehme ich.«

Auch Dr. Sternberg schöpfte noch einmal tief Atem, bevor er das Krankenzimmer betrat. Vier Wochen führte man hier bereits einen aussichtslosen Kampf um das Leben des Gutsbesitzers Robert Berghoff. Bleich und regungslos lag er in den Kissen, aber seine Augen, kluge, gütige Augen, richteten sich forschend auf das Gesicht des sympathischen Arztes.

»Wie lange habe ich noch zu leben, Herr Doktor?« fragte er leise.

Diesen Mann konnte man nicht mehr täuschen. Er wußte Bescheid, und nun bestätigte er es.

»Ich weiß es wahrscheinlich länger als Sie«, sagte Robert Berghoff ruhig. »Gegen Leukämie ist so leicht noch kein Kraut gewachsen. Ich möchte nur wissen, ob ich die Geburt unseres Kindes noch erleben werde.«

»Ich kann es nicht sagen, Herr Berghoff«, erwiderte Dr. Sternberg resigniert.

»Ich möchte Sie bitten, mich vor den Besuchen meiner Frau so zu präparieren, daß sie keinen Schock bekommt«, sagte Robert Berghoff bestimmt.

Das war völlig überflüssig, aber er mochte es dem Kranken nicht sagen. Viola Berghoff wußte, wie es um ihren Mann stand. Alle, die sie während dieser Woche kennengelernt hatten, waren voller Bewunderung für diese zarte Frau.

*

Viola Berghoff war indessen im Sprechzimmer von Dr. Laurin. Auch er fühlte nur Bewunderung und Verehrung für diese Frau, die vier Wochen vor der Geburt ihres Kindes stand, und deren Mann drüben gegen den unerbittlichen Tod ankämpfte, um diese Geburt noch zu erleben. Er würde sie nicht mehr erleben. Dr. Sternberg gab ihm höchstens noch eine Woche.

»Wenn er doch wenigstens erleben könnte, daß der Name Berghoff weiterleben wird«, sagte Viola leise. »Warum nur müssen die besten, gütigsten Menschen so früh sterben? Ich habe ihm so unendlich viel zu verdanken«, sagte sie verhalten. Dr. Laurin horchte auf. Seltsame Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Dankbarkeit und Liebe?

Sie war erst vierundzwanzig. Robert Berghoff war siebzehn Jahre älter als sie, und er mußte den Keim seiner unheilbaren Krankheit schon lange in sich getragen haben, als sie heirateten. Sie waren noch nicht lange verheiratet.

Viola Berghoff war eine sehr anmutige Frau. Ihr Gesicht war unregelmäßig, aber unglaublich ausdrucksvoll. Wunderschön waren die Augen, die ihrem Namen entsprachen, von einem tiefen Violett, das in der Erregung schwarz wirkte. Ihr honigblondes Haar umgab in natürlichen Wellen dieses ovale Gesicht, über dem ein Hauch von Schwermut lag.

Was Dr. Laurin wunderte, war der Umstand, daß Viola Berghoff nicht ein einziges Mal gefragt hatte, ob die Krankheit ihres Mannes erblich sei. Wollte sie es nicht wissen? Wollte sie es von sich weisen, oder dachte sie gar nicht daran, daß es so sein könnte?

Jetzt zwang sie sich zu einem Lächeln. »Bei mir ist ja wohl alles in Ordnung«, sagte sie. »Ich werde jetzt zu meinem Mann gehen. Falls meine Schwiegermutter sich wieder nach meinem Zustand erkundigen sollte, können Sie sie beruhigen, nicht wahr?«

Die Schwiegermutter, Frau Lucy Berghoff, war ein weiteres Problem für Dr. Laurin. Auch über sie konnte er sich nur wundern. Sie war zwar fast zusammengebrochen, als man ihr sagen mußte, daß ihr Sohn nicht mehr gesund werden würde, aber jetzt war sie vor allem besorgt um ihre Schwiegertochter. Und das nahm manchen wunder, denn sie war eine sehr eigenwillige, fast hochmütige Frau, und jedermann wußte, daß Viola Berghoff vor ihrer Ehe eine kleine Angestellte gewesen war, Tochter eines Beamten. Die Berghoffs waren, wenn auch bürgerlich, ein altes, vornehmes Geschlecht und steinreich.

Etwas ganz Besonderes mußte um Viola sein, wenn sie das Herz dieser Frau hatte gewinnen können.

»Ich könnte heulen«, sagte Hanna Bluhme, Dr. Laurins bewährte, mütterliche Sprechstundenhilfe, als Viola Berghoff gegangen war. »Da kommt solch ein kleines Wesen vielleicht zur selben Stunde auf die Welt, in der sein Vater stirbt. Und sie ist doch noch so jung!«

Hanna Bluhme hatte selbst alles Leid der Welt erlebt, denn auch ihr Mann war an einer unheilbaren Krankheit gestorben. Sie war mit ihren beiden Kindern zurückgeblieben, aber diese waren schon halb erwachsen, als das geschah. Ihre Tochter Cornelia war inzwischen gut verheiratet, und Bernd, ihr Sohn, war nach einem schweren Unfall wieder genesen. Aber Hanna litt mit, wenn andere litten, und so mußte Dr. Laurin heute wieder einmal sie trösten.

Robert Berghoff war auf den Besuch seiner Frau vorbereitet. Er hatte kurz zuvor eine Infusion bekommen, und nun täuschte sein Aussehen über seinen wahren Zustand hinweg.

»Da bist du ja, mein Liebes«, sagte er zärtlich.

Viola beugte sich zu ihm hinab und küßte ihn.

»Wie geht es dir, Lieber?« fragte sie weich.

»Das muß ich dich fragen. Du bist viel wichtiger als ich, mein Kleines. Ist Dr. Laurin zufrieden?«

»Sehr zufrieden, Rob. Ich hoffe, Dr. Sternberg ist mit dir auch so zufrieden.«

Sie spielte nun schon seit Wochen die Zuversichtliche, und manchmal drohten sie die Kräfte zu verlassen.

Sie streichelte seine abgemagerten Hände. »Es wird bestimmt ein Junge, Liebster«, sagte sie. »Mama meint es auch. Sie ist die beste Schwiegermutter, die man sich wünschen kann. Ich weiß nicht, womit ich das verdiene.«

»Ich weiß es. Dich muß man liebhaben. Du hast mir eine wundervolle Zeit geschenkt, Viola.«

»Pssst.« Sie legte ihren Zeigefinger auf seine Lippen. »Du bist ein wundervoller Mann, Rob. Ich bin doch die Beschenkte.«

Nun erstickten die aufsteigenden Tränen doch ihre Stimme. Aber er merkte es nicht mehr deutlich, die Beruhigungsmittel begannen schon zu wirken.

»Ich liebe dich, Viola, ich habe dich von Anfang an geliebt. Du sollst glücklich sein. Meine Gedanken werden immer bei dir sein, meine Liebe…«

Er war wieder eingeschlafen.

Sie vernahm die schwachen, unregelmäßigen Atemzüge und spürte, wie Tränen über ihre Wangen rollten.

Verlaß mich nicht, dachte sie. Warum sollst du nicht mit mir leben dürfen? Ich würde dich nie verlassen, Rob, nie mehr. Ich kann vergessen, was gewesen ist.

Konnte sie es wirklich? Die Zeit rann dahin, und sie saß noch immer an seinem Bett. Und die Bilder der Vergangenheit wurden vor ihren Augen lebendig. Ein Mann, der auch den Namen Berghoff trug, schien vor ihr zu stehen, zwischen ihr und Robert. Herbert Berghoff, Roberts Bruder.

*

Er war Chefingenieur gewesen in der Fabrik, in der sie als Sekretärin beschäftigt war. Herbert Berghoff, dreiunddreißig, von allen Frauen umschwärmt.

Viola dachte nicht daran, es den anderen gleichzutun und sich bei jeder Gelegenheit an ihn heranzumachen, obgleich er gerade ihre Nähe immer wieder suchte. Bis dann dieses Betriebsfest stattfand. Ihre Kollegin Tina Dreiers hatte sie überredet, mit ihr und ihrem Freund, der ebenfalls Ingenieur war, daran teilzunehmen. Da hatte Herbert Berghoff an ihrem Tisch Platz genommen. Er hatte ausschließlich mit ihr getanzt, und es schien ihn nicht zu interessieren, daß man zu tuscheln begann.

Ihre Gedanken wurden unterbrochen. Leise war die Tür aufgegangen. Eine schmale Hand legte sich auf ihre Schulter.

»Viola, mein Kind, du brauchst jetzt Ruhe«, sagte die Stimme von Lucy Berghoff fürsorglich. »Es ist schon spät. Robert würde es gar nicht gefallen, daß du so lange an seinem Bett sitzt.«

Viola erhob sich, noch immer nicht ganz in die Gegenwart zurückgekehrt. Sie warf ihrer Schwiegermutter einen kurzen Blick zu, sah, wie es in ihrem schmalen Gesicht arbeitete, wie mühsam sie Haltung bewahren konnte beim Anblick ihres ältesten Sohnes.

»Rob schläft, Mama«, flüsterte sie.

Er wird bald für immer schlafen, dachte Lucy Berghoff schmerzlich bewegt, doch sie wollte sich nicht in diesem Schmerz verlieren. Hier war ein junger Mensch, der sie brauchte, der leben durfte und neues Leben in sich trug. Lucy Berghoff wußte, daß sie ihren Sohn verlieren würde, aber ihren Enkel wollte sie behalten.

»Du hast lange auf mich gewartet, Mama?« fragte Viola, als sie den Wagen bestiegen, den Lucy Berghoff selbst chauffierte.

»Das spielt doch keine Rolle, Kind. Ich habe so viel Zeit. Ich bin nur nicht so stark wie du.«

Es war ein erschütterndes Bekenntnis aus ihrem Munde. »Ich bin gar nicht so stark, Mama«, schluchzte Viola auf.

»Dann wein dich aus, Kleines. Vor mir brauchst du dich nicht zu beherrschen. Du brauchst alle Kraft für dein Kind.«

Mein Kind!

Und da waren sie wieder, diese Gedanken, die sie wie ein Schatten verfolgten.

*

Das Gutshaus war ein weitläufiger Bau, inmitten eines herrlichen Parks gelegen. Als Viola es zum erstenmal gesehen hatte, war sie sich winzigklein vorgekommen und hatte sich nicht vorstellen können, hier zu leben. Aus einer normalen, weitaus bescheideneren Welt in eine großartige gestellt, die jahrhundertealte Traditionen bestimmte.

Lucy Berghoff, eine geborene Gräfin von Rechlin, paßte hier hinein. Zitternd vor Angst hatte Viola damals vor ihr gestanden, diesem forschenden Blick aus durchdringenden Augen ausgesetzt.

»Herzlich willkommen, Viola«, hatte Lucy Berghoff dann gesagt, und die Angst war gewichen, um sofort einer tiefen Zuneigung Platz zu machen. Viola fühlte, wem diese Frau einmal die Hand reichte, der brauchte nicht vor ihr zu zittern.

»Leg dich nieder bis zum Abendessen, mein Kind«, sagte Lucy Berghoff. »Benötigst du noch etwas?«

»Danke, Mama, ich brauche nichts. Ich habe auch gar keinen Hunger.«

»Agnete hat sich wieder etwas besonders Gutes ausgedacht. Du wirst Appetit bekommen«, sagte die Ältere. Sie küßte Viola auf die Stirn und ging.

Dennoch blieb sie im Raum, in Violas Gedanken. Wie an jenem Tag, dem ersten, den sie hier verbracht hatte.

Sie stand da in einem schmalen dunkelblauen Kleid, unglaublich hoheitsvoll.

»Robert sagte mir, daß er dich liebt und dich heiraten will«, vermeinte sie ihre Stimme zu hören. »Er sagte mir auch, daß du ein Kind erwartest.«

Nicht der leiseste Vorwurf hatte in ihren Worten geklungen. Und es hatte alles gestimmt. Robert liebte sie und wollte sie heiraten, und sie erwartete ein Kind.

Rob hatte nur nicht gesagt, daß nicht er, sondern Herbert der Vater des Kindes war!

Das wußte Lucy Berghoff auch heute nicht.

*

Es war ein wundervoller Abend gewesen, an dem sie mit Herbert tanzte.

»Jetzt kannst du mir nicht mehr ausweichen, Viola«, hatte er gesagt. »Nun gehörst du mir.«

Ja, sie hatte ihm gehört, mit Leib und Seele, und sie hatte sich seiner Liebe sicher gefühlt. So konnte ein Mann doch nicht lügen!

Das wenigstens hatte sie geglaubt. Und dann hatte er ihr gesagt, daß er für einige Zeit nach Südamerika gehen müsse, um dort für die Firma ein wichtiges Projekt zu leiten.

Am letzten Abend vor seiner Abreise hatte er sie mit Robert, seinem acht Jahre älteren Bruder, bekannt gemacht.

»Du sollst jemanden haben, wenn dich etwas bedrückt. Rob ist der Richtige dafür. Er ist ein feiner Bursche, zu dem man mit allem kommen kann. Ich will, daß sich jemand um dich kümmert, Viola.«

Das hatte Robert getan. Er hatte sich rührend um sie gekümmert, so aufmerksam, daß es sie bedrückte, denn von Herbert war ein einziger Brief gekommen und dann nichts mehr. Und ihre Briefe waren ohne Antwort geblieben.

Dann wußte sie, daß sie ein Kind erwartete!

Ein paar kurze Zeilen hatte sie an Herbert geschrieben:

Ich muß Dir etwas Wichtiges sagen. Bitte, laß von Dir hören, sonst fällt es mir zu schwer.

Aber er hatte nicht geschrieben, und so hatte sie dieses Wichtige Robert gesagt.

Er hatte sie lange angeschaut mit seinen gütigen Augen, in denen wohl schon damals das Wissen stand, wie kurz sein Leben noch bemessen sein würde.

»Es ist schön, ein Kind zu haben, Viola«, hatte er gesagt.

»Herbert schreibt mir nicht mehr«, war ihre Antwort gewesen. »Was soll ich tun?«

Er hatte ein paar Minuten überlegt. »Heirate mich.« Nur diese zwei Worte hatte er ausgesprochen.

Aber es waren nicht die Worte, sein Wille stand dahinter. Sie hatten sehr lange miteinander gesprochen in dieser Nacht.

»Ich bin nicht gesund, Viola. Ich kann es nicht verantworten, Kinder in die Welt zu setzen. Aber eines sollst du wissen. Ich liebe dich. Ich will dich nicht nur des Kindes wegen heiraten.«

Er war kein Mann der großen Worte, er handelte. Er war ihre Zuflucht.

Und dann seine Mutter, die sie mit offenen Armen aufnahm, die Zeit nach der Hochzeit, die schon wenige Tage später stattfand, die Zeit mit Rob, die Gefühle in ihr weckte, die nicht so stürmisch waren wie die für Herbert, die aber in einem tiefen, unendlichen Ver­trauen wurzelten.

Von Herbert war ein Glückwunschtelegramm gekommen und sechs Wochen später die Anzeige, daß er sich mit Carmen Christallo verlobt hatte. Lucy Berghoff hatte die Augenbrauen hochgezogen. Geäußert hatte sie sich nicht. Aber inzwischen kannte Viola ihre Schwiegermutter so gut, daß sie ihre Gefühle nicht mehr in Worten auszudrücken brauchte.

Sie selbst hatte nur gedacht: Das ist also der Grund seines Schweigens, und ihre Zuneigung zu Robert hatte sich noch mehr vertieft.

Doch es kam eine Zeit, in der sie Verzweiflung packte. Sie konnte sich nicht mehr vorstellen, ohne ihn zu sein, und sie wußte, daß ihre gemeinsame Zeit begrenzt war.

Lucy Berghoff war die rücksichtsvollste Schwiegermutter. Sie liebte ihren Sohn, aber sie beanspruchte ihn nicht. Sie liebte Viola, ohne etwas zu fordern. Und sie sprach niemals von Herbert, obgleich Viola doch von Robert wußte, wie sehr sie ihm zugetan gewesen war.