Dr. Laurin 5 – Arztroman - Patricia Vandenberg - E-Book

Dr. Laurin 5 – Arztroman E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Dr. Laurin ist ein beliebter Allgemeinmediziner und Gynäkologe. Bereits in jungen Jahren besitzt er eine umfassende chirurgische Erfahrung. Darüber hinaus ist er auf ganz natürliche Weise ein Seelenarzt für seine Patienten. Die großartige Schriftstellerin Patricia Vandenberg, die schon den berühmten Dr. Norden verfasste, hat mit den 200 Romanen Dr. Laurin ihr Meisterstück geschaffen. Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist. Professor Joachim Kayser warf seinem zukünftigen Schwiegersohn einen nachdenklichen Blick zu. Antonia war heute morgen aus dem Haus gestürzt, ohne etwas zu sich zu nehmen, und Leon wirkte ziemlich gereizt. »Habt ihr euch gestritten?« fragte er geradezu. »Wer?« fragte Leon Laurin geistesabwesend zurück. »Wer schon? Du und Antonia natürlich.« »Es ist das übliche, Joachim«, sagte Leon. Er betrachtete den Älteren als seinen Freund, und so redeten sie auch miteinander. »Sie will ihre Praxis nicht aufgeben.« »Diese emanzipierten Frauen«, antwortete Joachim Kayser lakonisch. »Da lobe ich mir meine Resi. Sie hat sich sehr rasch umgestellt.« »Wenn Antonia erst einmal fünf­undvierzig ist, wird sie sich auch umgestellt haben«, knurrte Leon. »Wie bist du mit Sternberg zufrieden?« lenkte er dann rasch ab.

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Seitenzahl: 112

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Dr. Laurin – 5 –

Schönheitschirurg Prof. Dr. Murmann

Er vollbringt ein Wunder an einer unglücklichen Frau

Patricia Vandenberg

Professor Joachim Kayser warf seinem zukünftigen Schwiegersohn einen nachdenklichen Blick zu. Antonia war heute morgen aus dem Haus gestürzt, ohne etwas zu sich zu nehmen, und Leon wirkte ziemlich gereizt.

»Habt ihr euch gestritten?« fragte er geradezu.

»Wer?« fragte Leon Laurin geistesabwesend zurück.

»Wer schon? Du und Antonia natürlich.«

»Es ist das übliche, Joachim«, sagte Leon. Er betrachtete den Älteren als seinen Freund, und so redeten sie auch miteinander. »Sie will ihre Praxis nicht aufgeben.«

»Diese emanzipierten Frauen«, antwortete Joachim Kayser lakonisch. »Da lobe ich mir meine Resi. Sie hat sich sehr rasch umgestellt.«

»Wenn Antonia erst einmal fünf­undvierzig ist, wird sie sich auch umgestellt haben«, knurrte Leon. »Wie bist du mit Sternberg zufrieden?« lenkte er dann rasch ab.

Seit acht Wochen war Dr. Eckart Sternberg nun bereits in der Privatklinik Professor Kaysers beschäftigt. Leon hatte sich noch nie danach erkundigt, ob sein Schwiegervater mit dem neuen Kollegen zufrieden war.

»Er ist außerordentlich tüchtig«, stellte Joachim Kayser fest. »Ansonsten ist er verschlossen wie eine Auster. Seit eurer Verlobung erfindet er jedesmal eine andere Ausrede, wenn wir ihn einladen.«

»Warum ladet ihr ihn überhaupt ein?« wollte Leon wissen.

»Na, hör mal, wir sind doch sozusagen ein Familienbetrieb. Ich möchte persönlichen Kontakt zu meinen Mitarbeitern haben.«

»Du hast leider nur eine Tochter«, meinte Leon ungehalten.

Joachim Kayser hob die Augenbrauen. »Du wirst doch nicht eifersüchtig sein, Leon«, meinte er überrascht. »Das ist doch lächerlich! Dr. Sternberg ist über jeden Verdacht erhaben. Er kümmert sich rührend um seine Schwester. Das ist alles, was man ihm nachsagen kann.«

»Antonia findet ihn jedenfalls faszinierend«, murrte Leon weiter.

»Weil es auf sie sehr großen Eindruck macht, daß er so für seine Schwester sorgt. Und sie ist wirklich ein armes Ding. Neulich habe ich sie zum ersten Mal von nahem gesehen. Sie ist böse zugerichtet. Weißt du eigentlich, wie es passiert ist?«

»Sie war Chemikerin. Bei einem Experiment ist etwas explodiert und ihr ins Gesicht gespritzt. Schuld an der ganzen Geschichte soll ihr früherer Verlobter sein. Dr. Peter Dohrmann. Schon mal von ihm gehört?«

Joachim Kayser schüttelte den Kopf.

»Ich kannte ihn auch nicht. Du kannst dich aber bei deiner Schwägerin erkundigen. Monika erfährt alles, was sie interessiert.«

»Monika und Bert sind verreist. Sie wollen ihren Florian für sich haben«, stellte Joachim Kayser spottend fest. »Ich hätte auch nicht geglaubt, daß sie sich mit einem fremden Kind mal so anstellen würden.«

Dr. Leon Laurin fühlte sich verpflichtet, Monika und Bert Kayser zu verteidigen. »Sie sind glücklich mit dem Jungen«, stellte er fest. »Und ich muß sagen, er ist wirklich ein lieber Kerl.«

»Na, ihr habt ihn ja auch aufgegabelt«, meinte Professor Kayser.

Leons Gedanken wanderten zu jenem Tag zurück, als Antonia und er den kleinen, elternlosen Florian im Wald gefunden hatten, als sie noch einen Abendspaziergang machen wollten. Wie schnell die Zeit verging! Insgeheim hatte Leon gehofft, schon bald mit Antonia verheiratet zu sein. Bis zur Verlobung hatten sie es gebracht, aber jetzt verstand sie es immer wieder, die Hochzeit hinauszuzögern. Und daran war – seiner Ansicht nach – nur Dr. Eckart Sternberg schuld.

*

Dr. Sternberg, dem diese vorwurfsvollen Gedanken galten, befand sich im Operationssaal und quälte sich mit einem komplizierten Blinddarm herum.

Ja, es war buchstäblich eine Qual. Was anfangs so einfach ausgesehen hatte, stellte sich als ein komplizierter Fall heraus, denn an dem Wurmfortsatz hatte sich nicht nur eine Zyste gebildet, sondern der Blinddarm war auch verwachsen.

Dr. Eckart Sternberg behielt die Ruhe, obgleich die Operationsschwester leise zu stöhnen begann.

»Nachnarkose«, sagte er leise. »Ich werde noch eine Viertelstunde brauchen.«

Schwester Marie stöhnte wieder. »Der Chef und die OP an der Gallenblase warten«, sagte sie.

»Dann müssen sie eben warten«, gab er lakonisch zurück. Seine Routine war imponierend.

Er hatte sich rasch Ansehen in der Klinik verschafft. Man war froh, daß Dr. Hausner endlich Urlaub genommen hatte und Dr. Sternberg richtig beweisen konnte, was in ihm steckte, denn der Ältere hatte immer eifersüchtig darüber gewacht, daß ihm nicht der Rang abgelaufen wurde.

Dr. Sternberg brauchte wirklich nicht länger als eine Viertelstunde. Präzise war alles abgelaufen. Nur Schwester Marie merkte ihm an, daß er nun erleichtert war. Sie war die einzige, die ihn schon ein wenig besser kannte.

Bevor Dr. Sternberg den Operationssaal verließ, warf er noch einen Blick auf den Patienten.

»Es ist Patient Meyer mit Ypsilon«, betonte er. »Blutgruppe A. Daß mir da keiner einen Wurm hineinbringt.«

Sie hatten zur gleichen Zeit noch einen Patienten Meier mit i und Blutgruppe AB. Gewissenhaft, wie Dr. Sternberg war, betonte er es noch einmal ausdrücklich.

»Den Wurm haben Sie ja gerade erst herausoperiert«, erlaubte sich Schwester Marie ausnahmsweise eine scherzhafte Bemerkung.

Professor Kayser empfing seinen Assistenten mit einem undefinierbaren Lächeln. »Haben Sie Schwierigkeiten gehabt?« fragte er hintergründig.

»Der Appendix hat mir Schwierigkeiten gemacht«, erklärte Dr. Sternberg und erklärte den Vorgang.

»Aber Sie kann das ja nicht umwerfen«, stellte Professor Kayser mit versteckter Anerkennung fest.

»Das wäre schlimm. Dann würde ich meinen Beruf aufgeben und umsatteln.«

»Wenn nur alle Kollegen so dächten«, bemerkte Kayser. »Dann wäre noch manch einer am Leben – ich meine, von den Patienten. So, jetzt werde ich mich um die Gallenblase kümmern. Hoffentlich ist die nicht auch extravagant.«

Er nickte dem Jüngeren freundlich zu und dachte unwillkürlich: Na, wenn Leon nicht wäre, solch ein Schwiegersohn wäre auch nicht übel.

*

Leon mit seiner dummen Eifersucht, dachte Antonia, als sie von ihrer Praxis heimwärts fuhr. Sie hatte Teresa und Gerda versprochen, mit ihnen das Mittagessen einzunehmen.

Antonia war heute schneller fertig geworden, als sie angenommen hatte. Die Sommerferien machten sich bemerkbar. Viele waren in Urlaub gefahren, und es war, von einigen kleinen Verletzungen und verdorbenen Mägen vom übermäßigen Eisgenuß abgesehen, eine ruhige Zeit.

Wie oft soll ich Leon noch sagen, daß diese Eifersucht grundlos ist, überlegte Antonia weiter. Sternberg interessiert mich rein menschlich. Schade, daß seine Schwester gar so menschenscheu ist. Ob ich einmal den Anfang machen sollte? Mit einem solchen Handicap, wie es Corinna Sternberg hatte, begibt man sich als Frau doppelt ungern in die Öffentlichkeit. Aber schließlich kann sie sich nicht ein Leben lang verkriechen. Man muß ihr Mut machen.

Ganz spontan kaufte Antonia einen bunten Sommerstrauß und hielt vor dem Haus, in dem sich Dr. Sternbergs Wohnung befand.

Weil sie es von daheim gewohnt war, läutete sie dreimal.

Es dauerte nicht lange, bis sich die Tür auftat und Corinna Sternberg erschien. Erschrocken wich die junge Frau jedoch sofort zurück und wandte ihre entstellte Gesichtsseite ab.

»Ich dachte, es wäre mein Bruder«, sagte sie leise. »Es ist unser Klingelzeichen.«

»Meines auch«, erwiderte Antonia freundlich. »Es war unbeabsichtigt. Verzeihen Sie, Frau Sternberg, ich wollte Sie nicht überfallen. Ich wollte Ihnen ein paar Blumen bringen. Schon längst hätte ich es tun wollen.«

»Vielen Dank«, erwiderte Corinna Sternberg tonlos. »Ich muß mich entschuldigen, daß ich so unhöflich bin, aber ich biete keinen erfreulichen Anblick. Bitte, verstehen Sie mich.«

»Das möchte ich gern, aber ich sehe nicht ein, daß Sie sich auch vor denen verstecken wollen, die Sie nicht neugierig anschauen. Ich möchte Sie gern kennenlernen, Corinna.«

Ganz selbstverständlich nannte sie die andere beim Vornamen und streckte ihr die Hand entgegen, die zögernd ergriffen wurde. Eine schmale, zarte und kühle Hand lag in der ihren.

Es tat Antonia weh, in dieses einstmals so schöne, zerstörte Gesicht zu blicken, dessen ganze Schönheit man noch erkennen konnte, wenn man das Profil betrachtete. Fein und zart war es wie die Hände, die völlig unversehrt waren. Wahrscheinlich hatte Corinna bei dem Unglück Handschuhe getragen.

»Bitte, treten Sie ein«, wurde Antonia mit stockender Stimme aufgefordert.

Die Wohnungseinrichtung verriet ungewöhnliche Kultur und zeigte auch, daß die Geschwister nicht zu sparen brauchten. Wenige, aber ausgewählt schöne Bilder schmückten die Wände, echte Teppiche bedeckten den Parkettboden.

»Bitte, nehmen Sie Platz«, bat Corinna mit belegter Stimme. Ihre Blicke ruhten jetzt voll auf Antonia. Wenn man in diese Augen blickte, die mandelförmig geschnitten, dunkel und schwermütig waren, dann sah man die entstellten Züge nicht mehr.

Corinna suchte krampfhaft nach Worten. »Ich war kürzlich wieder bei Professor Wagener in London«, sagte sie. »Er ist Spezialist für plastische Operationen. Aber er meint, es wäre noch zu früh. Und dann wird es auch so entsetzlich teuer. Ich kann es Eckart fast nicht mehr zumuten. Es war alles so belastend für ihn.«

Antonia fühlte sich hilflos. Sie hatte regelrecht Angst vor ihrer eigenen Courage bekommen. Was sollte sie sagen, wie sollte sie trösten? Plötzlich kamen ihr die Worte ganz von selbst von den Lippen.

»Mein Vater kennt Professor Murmann sehr gut. Ein ausgezeichneter Chirurg, der sich auf plastische Chirurgie spezialisiert hat. Ganz sicher ist er nicht so bekannt wie Wagener, aber bestimmt auch nicht so teuer. Und zudem ist er ein sehr sympathischer Mann, der auch Verständnis für die Seele eines anderen hat. Ich würde gern mit ihm sprechen. Papa auch. Sie dürfen sich nur nicht so abschließen. Es tut Ihrem Seelenleben nicht gut, wenn Sie immer allein sind. Wir sind doch keine bornierten Leute. Teresa ist eine prachtvolle Frau, und Gerda schaut gar nicht hin, wenn es Sie geniert. Von mir ganz zu schweigen. Ihr Bruder ist sehr tüchtig. Wir mögen ihn alle. Papa schätzt ihn sehr. Er wird noch genauso menschenscheu wie Sie, wenn Sie ihm nicht eine Brücke bauen.«

Der Kopf der jungen Frau sank nach vorn. Trockenes Schluchzen schüttelte ihren Körper.

»Ich bin egoistisch. Oh, ich weiß es, was Eckart mir für Opfer bringt, obwohl…« Sie unterbrach sich und preßte die Lippen aufeinander. »Ich hätte gar nicht hierherkommen sollen«, fuhr sie dann flüsternd fort. »Es war unrecht von mir ihm gegenüber. Aber Sie dürfen nicht denken, daß Eckart erst jetzt so ernst und verschlossen geworden ist, Frau Kayser. Er war es schon immer. Er ist ein wundervoller Mensch. Ich möchte ihm nicht zur Last fallen, aber er duldet es nicht, daß ich allein lebe, und wir haben doch nur noch uns.«

Welch tiefe Tragik lag in diesen Worten!

Ein Frösteln kroch durch Antonias Körper, obgleich es ein drükkend heißer Tag war.

»Darf ich Ihnen einen Vorschlag machen?« fragte sie zögernd. »Ich hole Sie heute abend zu einem Spaziergang ab. Wir können auch erst ein Stück mit dem Wagen fahren, wenn es Ihnen so lieber ist.«

»Sie geben sich große Mühe mit mir. Ich verdiene das gar nicht«, murmelte Corinna.

»O nein«, meinte Antonia leichthin. »Mir tut es auch gut, wenn ich mal wieder hinauskomme. Daheim komme ich mir ziemlich überflüssig vor, wenn Leon keine Zeit hat. Sie wissen, wie das bei Ärzten ist. Sie haben oft keine Zeit.«

»Aber wenn er gerade heute abend zu Hause ist, werden Sie nicht mit mir spazierengehen«, erwiderte Corinna.

Ich werde trotzdem, dachte Antonia, auch wenn Leon Zeit haben sollte.

*

»Es wird ziemlich spät werden bei mir, Antonia«, stellte Leon fest, als er nach der Abendvisite rasch eine Tasse Kaffee mit ihr trank.

»Ich habe heute abend sowieso etwas vor«, erwiderte sie. »Ich werde mit Corinna Sternberg einen kleinen Ausflug machen.«

Sein Gesicht verdüsterte sich. »Corinna Sternberg?« fragte er gedehnt. »Wie kommst du an sie?«

»Ich habe ihr einen Besuch gemacht«, erzählte sie wahrheitsgemäß. »Er war schon überfällig.«

»An sich machen die Neuan­kömmlinge Antrittsbesuche«, murr­te er.

»In diesem Fall ist es etwas anderes«, stellte Antonia ruhig fest. »Sie kann sich nicht ewig vergraben. Man muß ihr Mut machen.«

»Willst du nicht nur die Bande zu ihrem Bruder inniger knüpfen?« fragte er sarkastisch.

»Meine Güte, manchmal kannst du mir wirklich auf die Nerven gehen«, entfuhr es ihr. »Nichts und niemand kann an Dr. Sternberg heran, das solltest du eigentlich wissen.«

»Aber du möchtest es gern«, stellte er bockig fest. »Ich Riesen­esel, wäre ich nur auch so zurückhaltend gewesen, dann wärest du vielleicht auch so um mich herumgeschlichen!«

»Du bist ein Kindskopf, Leon«, meinte sie kopfschüttelnd. »Seit wann leidest du an Minderwertigkeitskomplexen?«

»Das ist bestimmt nicht der Fall«, begehrte er auf. »Ich kann es nur nicht vertragen, wenn meine Verlobte dauernd den Namen eines anderen Mannes im Munde führt.«

Sie seufzte schwer. »Dir ist nicht beizukommen. Es wird noch einige Zeit dauern, bis wir uns zusammenraufen, mein lieber Leon.«

»Oder auseinander«, fauchte er. »Ich bin kein dummer Junge. Ich habe dir zuliebe mein ganzes Leben geändert. Ich bin ein richtiger Pantoffelheld geworden. Ist das nichts?«

»Du bist grundlos zornig, weil ich mich mit einem bedauernswerten Wesen treffe, das zufällig Dr. Sternbergs Schwester ist.«

»Du würdest dich nicht mit ihr treffen, wenn sie nicht seine Schwester wäre. Wenn du dich schon um andere kümmern mußt, weil du zuviel Zeit hast, wie wäre es denn, wenn du dich einmal deiner Schwägerin Sandra annehmen würdest, die in Kürze ein Baby bekommt?«

»Sandra ist genauso bockig wie du. Sie will zur Zeit niemanden sehen. Nicht einmal Teresa. Und manchmal sogar Andreas nicht. Sind Frauen im achten Monat eigentlich immer so schwierig, Leon?«

Er war für den Augenblick abgelenkt. Seine Schwester Sandra war lange Zeit für ihn der wichtigste Mensch gewesen, bis Antonia in sein Leben trat.

»Was meinst du mit Sandra und Andreas? Haben sie Differenzen?«

»Er ist von einer bewundernswerten Nachsicht«, stellte Antonia fest. »Sie kann sich augenblicklich selbst nicht leiden, weil ihr die Zeit zu lang wird. Ob du mit mir auch mal so viel Geduld haben wirst wie Andreas mit Sandra?«

»Im Augenblick bekommst du kein Kind. Diese Diskussion können wir uns für später aufheben. Wenn du um zehn Uhr nicht daheim bist, gehe ich aus, damit du es weißt.«

»Tu das«, erwiderte sie.