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Drei sind keiner zu viel E-Book

Jörn Holtz

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Beschreibung

Was bringt einen Workaholic dazu, sich unbezahlt beurlauben zu lassen, sein Haus unterzuvermieten, sich in seinen Campingbus zu setzen und alles hinter sich zu lassen? Und was bringt einen Misanthropen dazu, sich zu öffnen und sich anzunähern? Dies ist die Geschichte von Ole Stein, der schwer traumatisiert, körperlich und geistig erschöpft in seinen VW-Bus steigt und alles Vertraute hinter sich lässt, um das unbekannte Schöne zu finden.

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Jörn Holtz

Drei sind keiner zu viel

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Titel

Prolog

Peter

Der gelebte Albtraum

Die Party

Der Filmriss

Was jetzt?

Der Preis für den Deal

Der vereitelte Aufbruch

Gülle und die alternative Art zu reisen

Der Koiteich und der bunte Stein

Renata

Das Unisexbadeerlebnis

Der gefällte Baum

Die Welt im Rückspiegel

Die Anhalterin

Anne

Lektion im Hier und Jetzt

Der stumme Hilfeschrei

Margret

Wellness und das Einbettzimmer

Johannes und der Chauffeur

Ole im Glück

Gülle im Gepäck

Schwanger und eine Lektion in Vertrauen

Eine Göttin steigt herab

Das Happening

Demonstrationen

Die Regeln

Auf dem Boden der Tatsachen zurück

Abschiedsrituale

Die neuen Mitfahrer

Ein schmerzliches Frühstück

Siv

Mia

Das Familientreffen

Das gelbäugige Monster

Widersehfreuden

Yvette

Gefangen

Die Osterbescherung

Josef aus Bremen

Die letzte Etappe

Der Kreis schließt sich

Epilog

Impressum neobooks

Titel

Metamour

Band 1: Drei sind keiner zu viel

Jörn Holtz

„Wenn einem immer seine Liebsten abhandenkommen,

dann ist ein fester Partner einfach nicht genug,

um sich wirklich sicher und geborgen zu fühlen.

Ein Road-Trip zurück zu den Wurzeln des Miteinanders

und einer wirklich befreiten Liebe.“

Prolog

Ende Januar 2008

Alles im Leben hat seinen Preis. Diesen Satz habe ich nun schon wirklich oft gehört oder gelesen, und jedes Mal habe ich ihn lächelnd von mir gewiesen. Ich doch nicht!

Heute jedoch lernte ich schmerzhaft, wie viel Wahrheit hinter dieser Phrase steckt.

Okay, eine gewisse körperliche und geistige Erschöpfung verspürte ich schon seit Jahren immer mal wieder. Ich verlange mir und meiner Umwelt halt viel ab. Doch das mein Puls auf einmal wie wild in meinen Adern pochte und mein Blutdruck jenseits von Gut und Böse war, war selbst für meine Verhältnisse nicht normal. Daher bin ich heute Morgen statt zur Arbeit zu meinem Hausarzt gefahren und habe ihn gefragt: Wie verdammt nochmal das angehen kann! Immerhin ernähre ich mich seit Jahren, wie ich finde, relativ gesund und bin mindestens 4-mal die Woche im Fitnessstudio, wo ich auch regelmäßig die Sauna besuche.

Eine Antwort bekam ich jedoch nicht. Nach einem kurzen prüfenden Blick auf mich und das Blutdruck Messgerät riet er mir lediglich, ich soll die nächsten 2 Wochen zu Hause bleiben und diese Zeit nutzen, indem ich sie am besten allein im Bett verbringe. Als ich protestierte, weil ich in den kommenden Wochen sowohl auf der Arbeit als auch im Privaten viel vorhabe, sagte er, dass wenn ich diese Auszeit jetzt nicht nutze, um zu entspannen, er mir wohl als nächstes ein eigenes Bett im Krankenhaus spendieren muss.

Diese Aussicht war ein No-Go. Mied ich doch Krankenhäuser wie der Teufel das Weihwasser. Zudem mied ich tagsüber auch mein eigenes Bett, außer ich war ernsthaft krank und ich denke weiterhin nicht, dass ich es bin. Daher saß ich in meiner großen gemütlichen Couchecke, im Wohnzimmer meines geerbten Elternhauses, und frönte einen ungewohnten Müßiggang. Dies gelang mir jedoch wie immer nur recht kurz. Irgendwann griff ich gelangweilt nach meiner Bassgitarre, und meine Hände glitten in gewohnter Manier mechanisch über deren Saiten.

Während ich so irgendwelche Akkordfolgen übte, sah ich zum Hoffenster hinaus in meinen Garten. Dabei übte ich mich darin, nur über das nachzudenken, was mich hierhergebracht haben könnte und nicht an das, was da vorm Fenster noch alles zu erledigen war. Nur war beides gar nicht so einfach. Denn zum einen konnte ich nur zu deutlich den Druck spüren, den das Blut in meinem Adern erzeugte und der von unten aus in meinem Kopf zu münden schien. Dieser Druck brachte meine Gedanken dazu, zäh wie Lava den Berg hinabzufließen. Zum anderen war da dieser permanente Druck in meinem rechten Unterleib. Dieser hielt mich nachts oft wach und zwang mich jetzt dazu, die Bassgitarre zur Seite zu legen, weil die davon ausgehenden Schwingungen nicht mehr zu ertragen waren.

Wütend auf meine immer mehr außer Kontrolle geratenen Körperfunktionen stand ich auf und stellte das empfindliche Instrument schwungvoll zurück in seinen Halter.

Kurz erschrak ich, haderte kurz mit meiner zunehmenden Unbedachtheit. Dann schleppte ich mich mit unsicheren Schritten zu meinem Lieblingsplatz hinüber, einen bequemen Schaukelstuhl im sonnigen Wintergarten.

Mit leerem Blick starrte ich erneut aus dem Fenster und fragte mich nicht zum ersten Mal, warum all diese ignoranten Ärzte keine Ursache für meine fortwährende Pein fanden. Denn selbst der Proktologe und die anderen Spezialisten, die ich in den letzten 2 Jahren aufgesucht hatte, hatten medizinisch nichts Ungewöhnliches entdecken können. Und genau dies machte mir Angst und die Tatsache, dass dieser verdammte Familienfluch bisher ausnahmslos weibliche Verwandte mütterlicherseits getroffen und zumeist dahingerafft hatte, beruhigte mich keineswegs.

Als dann auch noch das Bild von Marion, meine Ex-Freundin, in meinen Gedanken auftauchte und ihr vorwurfvolles Gesicht nicht mehr verschwinden wollte, stand ich auf, um mir eine Tasse Fencheltee zu machen.

Peter

Ich stand gerade noch etwas unsicher da, weil mein Kreislauf noch gefühlt im Schaukelstuhl saß, wobei sich mein Wintergarten um mich herumbewegte, ohne dass ich mich selbst bewegte, da klopfte es hinter mir.

„Oh!“, stöhnte ich überrascht und drehte mich wieder um. So erkannte ich vor der gläsernen Tür des Wintergartens meinen alten Schulfreund Peter. ‚Man, der sieht ja noch schlechter aus als ich‘, stellte ich dabei amüsiert fest, bevor ich mich leicht schwankend auf den Weg zur Tür machte.

„Lass gut sein!“, ließ Peter sich selbst rein, ehe ich die Tür erreicht hatte. Dann kniete er sich hin, und betrachtete mich eingehend, während er sich die Schuhe auszog. „Verdammt, siehst du Scheiße aus!“, sagte er kurze Zeit später, nachdem er mich wie ein Schraubstock in seine Arme geschlossen hatte.

„Danke altes Haus. Du siehst aber auch nicht viel besser aus!“, lächelte ich gequält zurück.

„Jo, da magst du wohl Recht haben!“, nickte Peter, bevor er vordergründig lächelte. „Man so ein Zufall, ich hatte eigentlich gar nicht damit gerechnet, dass du zu Hause bist. Doch als ich hier vorbeilief, sah ich, dass dein Camper im Carport steht. Du bist doch nicht schon wieder krank, oder?“

„Ähm doch, irgendwie schon!“, sagte ich, wobei ich mich verlegen am Kopf kratzte, weil mir das Thema Kranksein, ohne wirklichen Befund, immer unangenehm war. „Na ja, mein Blutdruck war heute Morgen halt bei zweihundert zu einhundertfünfzig und ich fühl mich noch immer so, als wäre ich ungebremst gegen eine Wand gelaufen! Und du, wer hat dir den Tag versaut?“, fragte ich, nachdem ich das riesige Häufchen Elend, das vor mir stand, noch einmal eingehend betrachtet hatte.

„Ach, ich mir selbst! Anke hat mich eben rausgeschmissen, nachdem sie das mit Maya herausgefunden hatte“, rang Peter sich ein falsches, schiefes Lächeln ab, ohne dass ich sein Augenausdruck veränderte.

„Oh, das ist aber blöd!“, erwiderte ich mechanisch. Doch konnte ich mir ein hämisches Grinsen nicht verkneifen. „Na ja, aber so ist es wohl, wenn man den Hals nicht voll bekommt! Apropos, möchtest du vielleicht etwas trinken, einen Kaffee oder etwas Stärkeres?“

„Hey, sag Mal!“, baute Peter sich in voller Größe vor mir auf. Dann sank er wieder in sich zusammen und fügte schulterzuckend hinzu: „Danke, aber Kaffee reicht erst einmal.“.

„Gut, dann lass uns mal in die Küche gehen!“, nickte ich ihm auffordernd zu, bevor ich mich von ihm abwandte und los ging.

Nachdem ich den Kaffeevollautomaten eingeschaltet hatte, betrachtete ich ihn eingehend. „Tja, und nun?“

„Oh, ehrlich gesagt, weiß ich es gerade nicht“, wand Peter sich nicht nur verbal vor meinen Augen. „Oder wärst du vielleicht so nett, mir kurzfristig dein Gästezimmer unterzuvermieten?“, fragte er nach einer gewollten Pause. Dann stockte er erneut, ehe er mit fester Stimme hinzufügte: „Natürlich nur so lange bis ich was Neues habe!“.

„Mein Gästezimmer soll ich dir untervermieten? Damit meinst du bestimmt Marions altes Zimmer, oder?“, machte sich mein Bauch bei der Erkenntnis einen Moment lang noch unangenehmer bemerkbar, wobei ich innerlich mit meinem Wunsch kämpfte, nichts an meiner derzeitigen Wohnsituation verändern zu wollen. „Ähm, na okay,… geht klar!“, sagte ich nach einer Weile, wenn auch widerstrebend, da ich meinen alten Freund nicht hängen lassen konnte.

Der gelebte Albtraum

Zwei Wochen später war ich gerade erst den zweiten Tag wieder in der Firma und fühlte mich einigermaßen gut. Mittlerweile war es kurz vor der Mittagspause, die ich mit einem Kollegen zusammen verbringen wollte. Die Sonne schien und wir wollten nach dem bestimmt gehaltvollen Mittagessen, in einer nahegelegenen Trucker Kneipe, spazieren gehen, um die Neuigkeiten der letzten Zeit auszutauschen. Doch als ich gerade meine Jacke in der Hand hielt, um ihn abzuholen, klingelte mein Handy und das Display zeigte die Rufnummer und das Bild meiner ältesten Schwester Doro. Kurz starte ich ungläubig auf das Handydisplay, da dies, mal abgesehen von der frühen Uhrzeit, sehr ungewöhnlich für sie war.

„Moin Schwesterherz, das ist ja schön, dass du mich mal anrufst!“, begrüßte ich sie mit gespielter Überschwänglichkeit, nachdem ich das Gespräch angenommen hatte.

„Hallo Ole, nein eigentlich nicht!“, erklang ihre Stimme daraufhin schluchzend in meinem Headset. „Denn das was ich dir mitteilen möchte, ist alles andere als schön. Petra geht es seit gestern sehr schlecht, und zwar so schlecht, dass die Ärzte sie vorhin ins künstliche Koma versetzt haben, nachdem sie einen weiteren Schlaganfall hatte“, kam sie wie immer direkt und ohne weitere Formalitäten zur Sache, wenn auch dieses Mal etwas stockend. Nachdem sie mir die Gelegenheit gewährt hatte, diese Hiobsbotschaft etwas zu verarbeiten, fragte sie: „Würdest du daher bitte umgehend ins Städtische kommen?“.

„Ähm ja, geht klar! Doch sag mal, was ist denn bloß passiert?“, erwiderte ich, während ich verwirrt aus dem Fenster starrte.

„Das wissen die Ärzte noch nicht. Aber es sieht gerade gar nicht gut für unsere Schwester aus. Daher solltest du dich auch ein wenig beeilen. Vielleicht ergibt sich dann noch einmal die Möglichkeit, dass du mit ihr reden kannst.“

„Sicher, dass wäre toll!“, stammelte ich höflich, denn genau dies hatte ich versucht seit Jahren zu vermeiden. Dennoch ließ ich alles stehen und liegen und raste über die Autobahn zurück nach Kiel.

Im Krankenhaus angekommen, fragte ich mich bis zur Intensivstation durch. Dort streifte ich einen weißblauen Kittel, sowie jeweils hellblaue Papierhauben über die Haare und Schuhe, bevor ich beklommen das sterile Krankenzimmer betrat, wo einer meiner schlimmsten Albträume ad-hoc Realität wurde.

Zuerst meinte ich noch, mich im Raum geirrt zu haben, denn die nackte Frau, die dort in der Shavasana Stellung rücklings auf einem metallenen Bett lag, war so immens aufgedunsen, dass ich meine zweit älteste Schwester erst auf den zweiten Blick erkannte. Dabei stellte ich aber auch erschrocken fest, dass ihr Körper überall mit irgendwelchen Geräten verbunden war, wobei nur die Genitalien notdürftig mit einem Handtuch abgedeckt waren. Als mein Kopf diese Informationen entsetzt verarbeitet hatte, entdeckte ich Doro.

Sie saß in sich zusammengefallen am Kopfende des Bettes und hielt die Hand unserer Schwester, wobei sie unaufhörlich murmelte: „Du bist nicht allein, hörst du. Wir sind bei dir!“, und als sie mich durch ihre verquollenen Augen wahrnahm, fügte sie hinzu: „Und Ole nun auch!“.

Michael, Doros und Petras Halbbruder, war ebenfalls anwesend und hockte mit seiner Frau zusammengekauert am anderen Ende des Raumes auf zwei Stühlen. Freundlich nickte ich zu ihnen hinüber, während ich mich, von der skurrilen Umgebung und der vorherrschenden trüben Stimmung paralysiert, hinter Doro aufbaute und meine Hände auf ihren Rücken legte. Die Anwesenheit von Michael machte mir wieder einmal bewusst, dass meine Schwestern eigentlich nur meine Halbschwestern waren, weil sie aus der ersten Ehe unserer Mutter stammten. Aber auf solche Feinheiten hatte ich nie Wert gelegt, trotz allem was mittlerweile zwischen uns stand. Dann stimmte ich in den mechanischen Sing-Sang von Doro mit ein, wobei mein Blick unruhig im Raum umherschweifte. Dabei verweilte ich immer wieder kurz bei den Instrumenten, die die verschiedenen Körperfunktionen von Petra visualisierten. So bemerkte ich mit der Zeit, wie ihr Blutdruck und ihre Herzfrequenz langsam sanken, bis ein lautes, durchgehendes Piepen, gefolgt von einer grell blinkenden, orangefarbenen Lampe am Fußende des Bettes, mich aus meiner Litanei riss.

Ein gedrungener Arzt und eine hochgewachsene Krankenschwester erschienen daraufhin und machten sich ohne Umschweife an ein paar medizinischen Geräten zu schaffen, ohne uns eines Blickes zu würdigen. Erst als sie damit fertig waren und eine vermeintliche Ruhe im Krankenzimmer zurückgekehrt war, wandte sich der Arzt mit besorgter Miene und räuspernd an Doro. „Ähm, ihre Schwester hatte gerade ein Nierenversagen und ehrlich gesagt,“, stutzte er , während seine Hände rastlos ineinander rieben, „verstehe ich es immer noch nicht, was hier vor sich geht!“ Dann schwieg er eine Zeitlang nachdenklich, bevor er weiterredete. „Denn ehrlich gesagt, bin ich mit meinem Latein gerade so ziemlich am Ende, was ihre Schwester betrifft. Ähm, wünschen sie dennoch, dass ich weitere lebensverlängernde Maßnahmen ergreife? Ich meine ja nur, in Anbetracht der beiden Schlaganfälle von heute Morgen. Denn diese sind bestimmt auch nicht spurlos an ihrer Schwester vorbeigegangen, auch wenn ich zurzeit natürlich noch nichts Näheres dazu sagen kann“, dabei sah er sie ratlos, aber mitfühlend an.

„Was soll ich?“, schluchzte Doro ungläubig nach einer Zeit des bedrückenden Schweigens, so als ob sie meinte sich verhört zu haben. „Nein!“, riss sie plötzlich entsetzt ihre Augen weit auf, als ihr die Bedeutung der Frage klar wurde. „Das kann und will ich nicht allein entscheiden, dass müssen ihre Brüder mitentscheiden.“

Woraufhin mein gesenkter Kopf erschrocken hochfuhr und ich sie entsetzt anstarrte. Doch, ehe ich protestieren konnte, ergriff Michael das Wort: „Okay, da wir gerade alle ganz ehrlich zueinander sind“, sah er kopfschüttelnd und mit feuchten, roten Augen erst zu Petra und dann zu den ganzen Maschinen hinüber, die sie am Leben erhielten. „Auch ich verstehe nicht,“ stockte er erneut, wobei er hörbarmit seiner Fassung rang, „was hier gerade vor sich geht, wie auch! Jedoch glaube ich, dass es besser für sie ist, wenn sie nicht noch länger leiden muss!“, wurde seine Stimme mit der Zeit immer brüchiger und leiser, so dass ich ihn am Ende kaum noch verstand. Trotzdem hallten seine Worte einen Moment in meinen Kopf nach, weil ich wusste, was nun von mir erwartet wurde. Doch erst als Doro zustimmend nickte, stammelte ich: „Dem habe ich nichts hinzuzufügen!“.

„Okay!“, nickte der Arzt milde lächelnd in meine Richtung, bevor er langsam und nacheinander in unsere Gesichter blickte. „Na, dann wollen wir mal dafür sorgen, dass ihre Schwester schmerzfrei und friedlich von uns gehen kann!“, fügte er dann ruhig an. Daraufhin wandte er sich von uns ab und machte sich erneut an den Gerätschaften zu schaffen. Mit der Aussage: „So, nun wird es nicht mehr lange dauern und sie wird bestimmt keine Schmerzen haben“, schloss er seine Arbeiten ab und verließ das Zimmer.

Während ich erneut in den Sing-Sang von Doro mit einstimmte, die den Text in: „Alles ist gut, du darfst gehen. Wir sind bei dir!“, geändert hatte, schweifte mein Blick erneut unruhig im Raum umher. Dabei kam mir hier alles so surreal vor, dass ich mich über mich selbst wunderte, weshalb ich nicht schreiend davonlief. Doch aus irgendeinem Grund und trotzt der ganzen schrägen Ereignisse in der Vergangenheit, fühlte es sich für mich richtig an, hier zu sein, weil ich mich gerade aus unerklärlichen Gründen zugehörig fühlte. Ja ich, der sich seit seiner frühesten Jugend nicht mehr zu irgendjemandem zugehörig fühlte, fühlte sich in diesem surrealen Moment wieder zu jemandem zugehörig, und zwar zu seinen Schwestern. Dabei fühlte es sich für einen Moment so wie früher an, bevor sie mich von einem auf den anderen Tag und ohne einen ersichtlichen Grund verlassen hatten.

Während ich diesem verloren geglaubten warmen Gefühl nachhing, verstrich die Zeit um mich herum wie in Zeitlupe. Wobei ich sehr genau verfolgte, wie der Puls und der Blutdruck meiner Schwester langsam, ganz langsam immer weiter sanken.

Als keine Vitalfunktionen mehr angezeigt wurden, erschien die Krankenschwester erneut. „Mein herzliches Beileid! Und ich möchte auch gar nicht weiter stören. Ich sorge nur mal kurz dafür, dass sie sich ungestört verabschieden können“, wandte sie sich an uns, ehe sie alle Geräte ausschaltete. Dann befreite sie Petras Leichnam von der künstlichen Beatmung und breitete ein Laken über ihr aus, so dass Petra mit einem Mal so aussah, als ob sie schlief. Mit den Worten: „Der Arzt schaut gleich noch einmal vorbei“, verließ sie diskret den Raum.

Wie versteinert und mit einem Mal innerlich leer, betrachtete ich eine Zeitlang meine tote Schwester. Dann wanderte mein Blick abwechselnd zwischen ihr und dem mittlerweile dunklen Nachthimmel im Fenster hin und her. Und der, der beim Grübeln über die Frage: Warum Gott seine Mutter so früh zu sich genommen hatte, seinen Glauben an einen gütigen Gott und alles andere verloren hatte, sah nun zum Himmel hinauf, so als ob er der Seele seiner Schwester hinterher schauen konnte. Dabei stellte ich mir vor, dass meine Mutter milde lächelnd auf mich hinabsah, während sie die Seele ihrer Tochter in Empfang nahm. So gelang es mir allen Schmerz, der mich umgab auszublenden, während ein warmes Kribbeln an meinen Beinen hinunterlief. Erst das Erscheinen des Arztes holte mich in die traurige Realität zurück.

Nachdenklich und mit vor dem Bauch gefalteten Händen sah der Arzt eine Weile schweigend auf Petras Leichnam hinab, bevor auch er: „Mein herzliches Beileid!“, sagte. Erst dann sah er auf und blickte in die Runde. „Wie eben schon erwähnt, ist es mir immer noch ein echtes Rätsel, was hier gerade geschehen ist und ich weiß natürlich, dass der Zeitpunkt nicht gerade passend ist. Dennoch möchte ich fragen, ob wir nachschauen dürfen, wieso es so unglücklich gekommen ist. Damit könnten sie vielleicht zukünftigen Patienten helfen, die sich in der gleichen Situation befinden.“

Am darauffolgenden Montag teilte mir Doro die Diagnose des Krankenhauses telefonisch mit. Es handelte sich um einen Herztumor, und zwar um ein ganz besonders fiesen. Denn dieser hatte sich im gesunden Gewebe versteckt gehalten. Da die Chance an dieser Krankheit zu erkranken, einen Sechser in Lotto gleichkam und weil man außerdem ein paar Tage zuvor eine Probe aus Petras Herzen entnommen hatte, hatte der Arzt und seine Kollegen diese Möglichkeit zuvor kategorisch ausgeschlossen. Und so hatte die Seltenheit dieser Krankheit mir meine Schwester beraubt, die ich kurz zuvor erst wieder wahrgenommen hatte.

Die Trauer und Wut, die ich darüber empfand, raubten mir ad-hoc das letzte bisschen Kraft, dass ich mir bis dahin noch erhalten hatte. Zudem sorgten die bizarren Bilder aus dem Krankenzimmer, die immer und immer wieder vor meinem geistigen Auge auftauchten, für eine weitere durchwachte Nacht. Weshalb ich mich am nächsten Morgen völlig übermüdet und mit Kopfschmerzen auf den Weg zu meinem Hausarzt machte, um mich für den Rest der Woche krankschreiben zu lassen.

Am frühen Nachmittag des darauffolgenden Freitages betrat ich mit gemischten Gefühlen das Friedhofsgelände in Elmschenhagen. War es doch der Ort, den ich seit 25 Jahren ebenso mied, wie der Teufel das Weihwasser, weil hier neben den Rest meiner Verwandtschaft auch meine Mutter begraben war. Als Kind wollte ich die Erinnerung an meine Mutter unverfälscht in meinen Herzen behalten, weshalb ich mich strikt weigerte, ihr Grab zu besuchen.

Das heißt, die Reste ihrer Gebeine werden hier vielleicht noch irgendwo in der Erde ruhen. Denn mein Vater hatte vor 5 Jahren ihre Grabstelle gekündigt, so dass jetzt wohl ein anderer Grabstein ihre letzte Ruhestätte zierte.

Die Gedanken an meine Mutter schob ich erst zur Seite, als ich meine Verwandten begrüßte, die überraschend zahlreich zu Petras Beerdigung erschienen waren. Beklommen ging ich in die kleine Kapelle hinein, wo ich bewusst einen Platz weiter hinten auswählte. Zum einen wollte ich so Doros direkte Gegenwart entrinnen, die in der ersten Reihe lautstark und für jedermann sichtbar um unsere Schwester trauerte. Denn selbst aus dieser Entfernung konnte ich ihren Schmerz spüren und dieser zerrte an meinen noch nicht wiedererlangten Kraftreserven. Zum anderen fand ich, stand mir ein Platz weiter vorne auch gar nicht zu. Denn ich hatte in den vergangenen 23 Jahren, von einigen zufälligen Begegnungen mal abgesehen, gar keinen Kontakt mehr zu Petra gehabt.

Deshalb wartete ich in meinem selbst gewählten Exil gespannt darauf, wie sich die Beerdigung entwickeln würde und wurde gleich am Anfang der Zeremonie von der Trauerrednerin angenehm überrascht.

Diese Dame fand großartige Worte für Petra und ihren Lebensweg, was mir jedoch überaus komisch vorkam. Zuerst wollte ich es damit abtun, dass diese Art von Reden von ihr erwartet werden. Wusste ich von Hörensagen doch, dass ihr erworbenes Handicap Petra das Leben nicht einfach gemacht hatte und dass ihr das langfristige Glück bei den Männern ebenso verwehrt blieb. Nachdenklich verfolgte ich daraufhin sehr genau jeden einzelnen Wortbeitrag und hörte so heraus, dass die Aussagen der Trauerrednerin wohl nicht beschönigt waren. So verdunkelte sich mein Gemüt noch weiter, weil ich mich mit einem Mal um die Zeit mit ihr betrogen fühlte.

Auf Petras Wunsch hin dröhnte zum Ende des ersten Teils der Zeremonie auf einmal: Hells bells von AC/DC, durch die Kapelle, was mich zuerst entsetzte. Doch während sich im Mittelgang der kleinen Kapelle eine Prozession formierte, an dessen Spitze die Urne meiner Schwester feierlich aus der Kapelle getragen wurde, musste ich lächeln.

Als ich an der Reihe war, mich in die Prozession einzureihen, blieb ich jedoch sitzen und starrte nachdenklich auf die vielen Kränze und Gestecke, die ich nun barrierefrei betrachten konnte. Dabei haderte ich erneut mit meinem Schicksal und den Absichten, die vielleicht irgendeine höhere Macht bei mir verfolgte.

Erst als der Rest der Trauergäste schon lange bei dem Urnenfeld angekommen war, welches Petras letzte Ruhestätte bilden sollte, verlies ich die Kapelle. Statt dem Trauerzug zu folgen, streifte ich planlos übers Friedhofsgelände, da ich den ganzen neuen Eindrücken einen Raum geben musste. Außerdem hoffte ich die Energien meiner hier begrabenen Verwandtschaft zu erspüren, um eine neue Inspiration oder irgendetwas anderes zu erhaschen, was sich jedoch nicht bewusst ergab.

Erst als es schon dämmerte suchte ich Petras letzte Ruhestätte auf, wo ich mich in der Habach Haltung vor ihren Kränzen aufbaute und diese eine Zeitlang anstarrte. Dabei versuchte ich mich an unsere gemeinsame Kindheit zu erinnern, was mir jedoch nicht gelang.

Die Party

Der Verlust von Petra und den Erinnerungen an unsere gemeinsame Kindheit bedrückte mich auch am nächsten Tag noch so sehr, dass ich Kopfschmerzen bekam. Deshalb mochte ich die alte und langsam unbequeme Couch in meinem Arbeitszimmer nicht verlassen. Die Leere und der Schmerz, den ich gerade empfand, ließen die Faszien in meinem Rücken zusammenziehen und verkleben, womit sie mich zusätzlich auch körperlich lähmten.

Deshalb fühlte ich mich auch anfangs gar nicht angesprochen, als Peter von unten rief: „Ole, bist du denn nun bald fertig?“.

„Oh verdammt, schon so spät!“, wurde mir einen Augenblick später die Bedeutung seiner Worte gewahr, nachdem ich lustlos und aus alter Gewohnheit auf meine Armbanduhr geschaut hatte. „Okay, ich komme gleich. Gib mir einfach noch eine Viertelstunde, dann bin ich so weit“, rief ich daraufhin ins Treppenhaus und machte mich mit steifem Rücken auf den Weg ins Badezimmer, um mich schnell ausgehfertig zu machen.

„Ach Ole, nicht schon wieder! Immer erscheine ich deinetwegen als Letzter auf einer Party“, maulte Peter unterdessen.

„Ja, das ist dann nun mal so!“, schlug ich die Badezimmertür hinter mir zu, um meine geliebte Ruhe wiederzuerlangen. Dann holte ich eine Kopfschmerztablette aus den Medizinschrank und schluckte sie.

Seitdem Peter bei mir wohnte, traf er sich regelmäßig mit Maya, die heute Geburtstag hatte und eine Party steigen ließ. Wohl eher aus Mitleid vermute ich, hatte sie mich Anfang der Woche ebenfalls eingeladen. Denn ich kannte die Frau gar nicht, für die Peter seine langjährige Beziehung mit Anke erst riskiert und dann geopfert hatte. Das Wenige das ich von ihr wusste war, dass sie etwas abseits auf einem alten Gut bei Schönberg lebte, dass von ein paar Lebenskünstlern, wie Peter Mayas Mitbewohner abfällig titulierte, bewirtschaftet wird und dass sie als Sprechstundengehilfin für eine Heilpraktikerin arbeitet, die ihre Praxis auf dem Gut betreibt. Ein solch alternativer Lebensstil war mir eigentlich viel zu suspekt, daher wollte ich die Einladung zuerst dankend ablehnen. Doch nach kurzem Zögern, schob ich meine Vorurteile zur Seite und sagte zu. Da ein wenig Abwechslung mir bestimmt guttun wird.

Also saßen wir nun in Peters Cabriolet und fuhren auf der B202 in Richtung Lütjenburg, um dann in Wittenberger Passau in Richtung Fargau / Pratjau abzubiegen, wo dann irgendwo dort, mitten in der Schleswig-Holsteinischen Pampa, das besagte Gut lag. Derweilen genoss ich die Fahrt, die Sitzheizung und den Fahrtwind, der mir auf Grund des geöffneten Verdecks um die Ohren wehte. Kannte ich doch diese Gegend und die Wegstrecke von damals noch sehr genau, als mein geliebter Freund Andreas hier lebte. Leider liebte Andreas neben der Musik auch seinen Sportwagen, mit dem er immer viel zu tief über die Landstraßen flog. So kam es vor ein paar Jahren so, wie es wohl kommen musste. Mit viel zu hoher Geschwindigkeit raste er frontal gegen einen entgegen kommenden Geländewagen mit Bullenfänger.

Seit seiner Beerdigung mied ich zumeist auch diese Gegend, da dieser Landstrich für mich noch viel zu sehr mit ihm verbunden war. Doch heute in Begleitung von Peter freute ich mich, hier zu sein. Wohlwollend nahm ich jede Veränderung in mich auf, während meine Augen die Umgebung abscannten.

Als wir an dem umgebauten Resthof von Andreas Eltern vorbeikamen, bat ich Peter anzuhalten, damit ich den Anblick des liebevoll renovierten Gebäudes in Ruhe genießen konnte. ‚Großartig sieht es aus!‘, stellte ich dabei fest. Genauso hatte ich es mir vorgestellt, als ich dabei mitgeholfen hatte, die Pläne von Andreas Eltern in die Realität umzusetzen. ‚Respekt!‘, nickte ich bei dem Gedanken an die ganze Arbeit, die hier drinnen steckt, bevor ich kopfschüttelnd gedanklich anfügte: ‚Oder vielmehr schade, dass du Dussel das fertige Projekt nicht mehr erlebt hast. Mist, du hättest dir man auch eine Pause kaufen sollen, anstatt diesen dämlichen Audi Quadro!‘ Bei dem spontanen Gedanken, an die damals hier gängige Bezeichnung für einen zumeist zum Camper ausgebauten VW-Bus, huschte mir ein Lächeln übers Gesicht.

Ich selbst fuhr seit dieser Zeit auch eine sogenannte Pause, weil ich sie praktisch finde. Hoch oben auf dem Fahrersitz hatte man einen guten Überblick, Stauraum war mehr als genug vorhanden und bei Bedarf konnte man irgendwo schlafen oder sich einen Kaffee kochen. Bei diesem Gedanken erklärte Peter plötzlich den Halt als beendet, indem er das Gaspedal runter drückte.

‚Ja, und warum sind wir dann heute Abend mit Peters Cabrio unterwegs?‘, fragte ich mich, während ich unsanft aus meinen Gedanken über die Zeit mit Andreas gerissen und in den Sitz gedrückt wurde. Im nächsten Moment hielt ich mich krampfhaft an der Armlehne fest, da Peter viel zu schnell in einen kleinen Feldweg aus Panzerplatten abbog, auf dem gerade mal ein Auto genug Platz fand. „Ruhig mein bester, ruhig! Ich habe hier in der Gegend schon einmal einen sehr guten Freund verloren“, stammelte ich, bevor ich im Sitz zusammensackte.

„Maybe, but no Risk, no Fun!“, erwiderte Peter zufrieden grinsend und drückte das Gaspedal noch weiter nach unten.

‚Na, dann mal schönen Dank, and welcome back to the Eighties!‘, quittierte ich gerade gedanklich seine Aussage, als meine Missbilligung durch Erstaunen ersetzt wurde, weil vor uns eine Waldlichtung auftauchte, in deren Mitte plötzlich ein altes gepflegtes Gemäuer vor uns erschien, das silbrig in der sanften Abendsonne glänzte. Viele alte Birken umrahmten romantisch das Gebäude sowie die große Wiese davor. Auf den ersten Blick wirkte dieses Gut wie aus einer anderen Zeit. Doch zerstörten die modernen Sonnenkollektoren und die Sattelitenantenne auf dem Dach diesen Eindruck auf den zweiten Blick, genauso wie die vielen geparkten Autos drum herum.

Nachdem Peter seinen Wagen schwungvoll neben den anderen, mitten auf der Wiese geparkt hatte, war ich froh, endlich aussteigen zu dürfen. Die Erinnerung an Andreas Tod, sowie die meiner Meinung nach viel zu hohe Geschwindigkeit, war eine schlechte Kombination und der dadurch ausgelöste Stress steckte mir noch in den Knochen. Daher lockerte ich instinktiv meine Beine, damit ich die darin aufgestaute Anspannung vertrieb

„Ähm, was genau machst du da gerade?“, sah Peter mich erst überrascht von der Seite an, dann wandelte sich sein Gesichtsausdruck. „Ach, nun komm schon! Maya wartet bestimmt schon“, schob er mich nachdrücklich in Richtung des Haupthauses, kaum dass ich damit fertig war.

Wie aufs Stichwort erschien in diesem Moment eine junge Frau, die uns winkend über die Wiese entgegengelaufen kam. Dabei musterte ich sie eingehend. Sie war recht zierlich, so gerade mal ein Meter fünfundsechzig groß und hatte blonde Dreadlocks, welche durch ein lila/blaues Batiktuch, wenn auch nur widerwillig, auf den Kopf zusammengehalten wurden.

„Hallo, ich bin Maya!“, stellte sie sich mit einer glockenklaren Stimme vor, umarmte mich herzlich und hauchte mir jeweils einen dicken Kuss links und rechts auf die Wange. Während mir noch das Blut in die Wangen schoss und ich sie verlegen betrachtete, vereinnahmte sie schon Peter.

„Oh…, dann bist du also das Geburtstagskind?“, stammelte ich, als ich mich wieder einigermaßen gefangen hatte.

„Richtig, die bin ich!“, erwiderte sie verschmitzt zwischen zwei leidenschaftlichen Küssen, die sich aus meiner Sicht endlos hinzogen. Als sie endlich von Peters Lippen abließ, lächelte sie mich noch strahlender an, als zuvor. „Und du bist dann Ole! Schön dich endlich kennenzulernen“, betrachtete sie mich von oben bis unten, bevor sie mich an ihre linke und Peter an ihre rechte Hand nahm und uns ins Gebäude führte.

In der Tenne schlug mir eine flirrend heiße Luft entgegen, was mir Mayas spärliches Outfit erklärte, und die zudem irgendetwas süßliches hatte. In dem Raum selbst herrschte ein unübersichtliches, dichtes Gedränge von vielen etwas schräg aussehenden Zeitgenossen. Während ich mich zu orientieren versuchte, krempelte ich mir die Ärmel meines Hemdes hoch und öffnete gerade den zweit-obersten Knopf meines Hemdes, als ich hinter mir eine ältere, weibliche Stimme krächzen hörte. „Hey Sweetheart, weißt du eigentlich schon? Ich habe tatsächlich mein Ziel für dieses Jahr jetzt schon erreicht. Denn es ist kaum zu glauben, diese elenden Bürokratenreiter haben doch tatsächlich meinen Hartz-IV-Antrag letzte Woche genehmigt!“

„Booah, super Ey!“, kam prompt die begeisterte Antwort von dem angesprochenen Sweetheart zurück, die dem Klang nach in etwa so alt war wie meine Eltern.

‚Ja sag mal, wo bin ich denn hier gelandet?‘, wandte ich mich daraufhin verstohlen um, wobei ich zumindest eine Quelle des süßlichen Geruches gefunden hatte. Ein Riesenjoint glimmte und dampfte in der linken Hand der glücklichen Besitzerin der Stimme, die ihr Jahresziel Anfang März schon erreicht hatte. Daraufhin beschlich mich das Gefühl, einen Fehler begangen zu haben, als ich für die Party zugesagt hatte. Die Leute um mich herum gaben mir das Gefühl deplatziert zu sein, und mittlerweile fühlte ich mich zurückgelassen. Denn nachdem Maya und Peter vor gut einer viertel Stunde hinter einer der vielen Türen, die von dieser Tenne abgingen, verschwunden waren, waren sie noch nicht wiederaufgetaucht. So kämpfte ich mich zu der vermeintlichen Tür durch und klopfte dort kurz an und öffnete sie, was ich sofort bereute. Noch im Türrahmen stehend erstarrte ich, bevor ich mich selbst fragen hörte: „Wollten wir nicht noch gemeinsam auf das Geburtstagskind anstoßen?“. Was hierbei eindeutig als doppeldeutig zu werten ist, weil ich dabei auf Mayas nackten, recht knackigen Hintern starrte. Dieser bewegte sich gerade rhythmisch auf Peters ebenfalls nackten, jedoch wesentlich dickeren Beinen auf und ab.

„Klar, machen wir gleich, okay?“, gab Maya gelassen zurück, wobei sie sich nicht bei dem stören ließ, was sie gerade tat. Nur kurz bevor ich die Tür wieder von außen schloss, wandte sie sich zu mir um und schenkte mir ein verzücktes Lächeln, mit leicht erröteten Wangen.

„Ja okay, lasst euch nur Zeit!“, schloss ich die Tür ganz, bevor ich von außen am Türknauf ruckelte, um mich von deren geschlossenen Zustand zu überzeugen. Dann ging ich zu dem Tisch zurück, auf dem ich vorhin mein Gastgeschenk, eine Flasche Plum, abgestellt hatte.

Der Filmriss

„Oh man, du schnarchst ja fürchterlich!“, war das Nächste, dass ich bewusst wahrnahm, jedoch wie durch einen dicken Nebel hindurch. Überrascht und aus dem Tiefschlaf gerissen, fuhr mein Kopf seitlich ein wenig hoch. Dabei riss ich die Augen auf, jedoch nur, um sie einen Moment später wieder eiligst zu schließen. Denn eine schon ziemlich grelle Frühlingssonne schien mir durch ein ungeputztes Fenster direkt ins Gesicht. Verkatert und mit dem Gefühl der Desorientierung sank ich zurück auf die Matratze und in einen schützenden Schatten. Dort angekommen, machten sich plötzlich starke Kopfschmerzen bemerkbar, die wie ein Presslufthammer in meinem Schädel wüteten. Ungehalten über diesen unseligen Zustand und der abrupten Beendigung eines sehnlich erwarteten und dringend benötigten Schlafes, öffnete ich erneut meine Augen, wenn auch nun wesentlich vorsichtiger als zuvor. Doch was ich daraufhin vor mir entdeckte Verstärkte nur noch mein Gefühl der Desorientierung und auch Mehrmaliges blinzeln änderte daran nichts.

Direkt vor mir sah ich die einfache Darstellung eines Delphins, der mich keck anlächelte. Die Erkenntnis, dass dieser freundliche Meeressäuger ein Tattoo auf den schlanken, unverhüllten Damenrücken war, der vor mir auf der Seite ruhte, erschloss sich mir erst sehr zäh, ebenso wie die Tatsache, dass dieser sehr ansehnliche Körperteil von meinem linken Arm umschlungen war. Diese verblüffende Feststellung ging einher, mit einem lang vermissten Gefühl der Geborgenheit und der Sicherheit, welches mich plötzlich warm durchströmte. Zufrieden sank ich daraufhin zurück, wobei ich sehr bewusst dieses Gefühl und den Anblick des hübschen Rückens vor mir genoss. Doch war es mit der Entspannung schlagartig vorbei, als mir aufging, dass das, was sich gerade unter meiner linken Hand befand, eine wohl wohlgeformte, feste weibliche Brust ist.

‚Oops!‘, durchfuhr mich daraufhin ein Schreck wie ein elektrischer Schlag, wobei ich deutlich spüren konnte, wie mir das Blut ins Gesicht schoss. Augenblicklich öffnete ich meine Hand, bevor ich meinen Arm in einer fließenden Bewegung nach hinten wegzog. Aus irgendeinem Grund erleichtert rollte ich mich auf den Rücken und schloss erneut die Augen, in der Hoffnung, dass wenn ich sie wieder öffnete, alles nur ein Traum, wenn auch ein sehr schöner, gewesen war.

Doch dass dem nicht so war, wurde mir in dem Moment klar, als ich einen sanften Kuss auf meinen Lippen verspürte. Und so riss ich erstaunt meine Augen erneut auf, weshalb ich gerade noch mitbekam, wie die junge Frau, die eben noch neben mir verweilt hatte, sich von mir abwandte und wortlos das Bett verließ.

So wie Gott sie geschaffen hatte, wankte sie daraufhin auf noch unsicheren Stelzen zu einem Kleiderhaufen hinüber. Dort wuselte sie sich kurz in ihren von Schlaf zerzausten Harren herum, bevor sie sich vornüberbeugte, um ein enges Shirt aufzuheben. Fröstelnd streifte sie sich dieses über und zog es glatt. Doch bedeckte es dennoch nicht ihren schlanken, muskulösen Gluteus maximus, der nun im Fokus meines ungläubigen Blickes lag. Als sie sich kurz darauf erneut vornüberbeugte, um eine ausgewaschene Jeans aufzuheben, musste ich kurz blinzeln bei dem was sie mir so anbot, bevor ich schamhaft meinen Blick von ihr abwandte. Einen Augenblick später vernahm ich leise Schritte und sah erneut zu ihr hinüber, so erkannte ich, dass sie die Jeans mittlerweile anhatte und auf den Weg zur Tür war. Dabei meinte ich sie leise murmeln zuhören. „Mist, Jonas wartet bestimmt schon und hat Hunger!“

An der Tür angekommen, hielt sie jedoch plötzlich inne, und drehte sich zu mir um. „Ach ja, Tschüss, war nett mit dir!“, lächelte sie mich offen an.

„Ähm ja, fand ich auch!“, nuschelte ich reflexartig. „Ich bin übrigens Ole, und wie heißt du?“, richtete ich mich umständlich auf, doch da war die Tür schon wieder zu. „Gut, dann eben nicht!“, brummte ich und sank langsam zurück auf die Matratze, wobei ich weiterhin fragend die Tür anstarrte. Doch kaum, dass ich wieder flach auf der Matratze lag, forderte der Presslufthammer in meinem Kopf erneut meine volle Aufmerksamkeit. Zudem fing mein Magen nun auch noch schmerzhaft an zu krampfen. So vergas ich die unbekannte Schöne für den Moment und starrte stattdessen stöhnend an die Zimmerdecke, ohne einen klaren Gedanken fassen zu können.

Nach einer Weile, als die Schmerzen etwas nachließen, gingen meine Gedanken wieder zurück zu der unbekannten Schönen, die gerade nur spärlich bekleidet verschwunden war. Dabei stellte ich mir plötzlich eine andere sehr naheliegende Frage und so hob ich neugierig die Bettdecke ein wenig an, um einen kritischen Blick darunter zu werfen. ,Nun gut!‘, stellte ich überrascht lächelnd fest, dass zumindest ich meine Unterhose noch anhatte. Doch erstarb dieses gleich wieder, als ich versuchte mich an den Verlauf des gestrigen Abends oder daran zu erinnern, wo ich war.

Die letzte Frage beantwortete sich einen Augenblick später von selbst dadurch, dass ich vor der Zimmertür zwei träge, gedehnt sprechende Typen Tische rücken hörte. Erleichtert nahm ich daraufhin die Hände in den Nacken und sah mich neugierig in der winzigen Kammer um.

Neben den Kleiderhaufen, bei dem sich eben die unbekannte Schöne bedient hatte, gab es noch einen Stuhl, auf dem meine Kleidung von gestern Abend ordentlich zusammengefaltet lag. Ansonsten war die Kammer so gut wie unmöbliert. Lediglich eine kleine, hölzerne Truhe, die wie eine Schatzkiste aussah, befand sich neben dem Bett und ein großes, leicht vergilbtes Bild mit einem blinzelnden Smiley, der den Mund leicht geöffnet hatte, hing mir gegenüber an der Wand.

Gespannt auf den Inhalt der Truhe, zog ich sie näher zu mir hin und öffnete neugierig den Deckel. Als ich hineinsah entdeckte ich zu meiner Überraschung jede Menge Fotografien, die wie Schnappschüsse aussahen, sowie ein paar Bücher neben diversen handgeschriebenen Briefen, die alle in Spanisch verfasst waren, und eine große, fast leere Kondompackung. Als ich diese erblickte wurde mir plötzlich bewusst, dass ich gerade die Intimsphäre der jungen Frau verletzte. Deshalb schloss ich vorsichtig den Deckel wieder und schob die Kiste auf ihren alten Platz zurück, bevor mein Blick auf meine Armbanduhr fiel.

‚Was, halb zwölf durch!‘, stellte ich dabei überrascht fest, da dies bedeuten würde, dass, egal wie spät oder früh ich gestern ins Bett gegangen war, ich mehr als die üblichen 3 Stunden am Stück geschlafen hatte. Kurz sinnierte ich über diese Erkenntnis nach, wobei ich immer wieder den freundlichen Meeressäuger vor meinem geistigen Auge sah. Dies alles löste eine große Unruhe in mir aus, weshalb ich beschloss aufzustehen.

Während ich mich mit dröhnendem Kopf und üblen Sodbrennen langsam ankleidete, vernahm ich plötzlich Peters Stimme, die schrill meinen Namen rief. ‚Ja, ich komme ja schon!', brummte ich genervt, dennoch beeilte ich mich nun mit dem Anziehen.

Bevor ich die Kammer verließ, blieb ich ebenfalls auf der Türstelle stehen und sah mich noch einmal lächelnd um, wobei ich mir unbewusst mit der linken Hand durchs Haar fuhr, wohl aber mit dem gleichen Erfolg, wie bei der hübschen Unbekannten zuvor.

‚Nichts von alldem, was hier eben passiert ist, werde ich Peter erzählen‘, beschloss ich, bevor ich die Tür hinter mir schloss und durch die Tenne ins Freie lief.

Peter ließ gerade das Dach seines Cabriolets vollautomatisch im Kofferraum verschwinden, als ich ihn erreichte. „Moin, hast du etwa auch so gut geschlafen?“, begrüßte er mich überschwänglich, während er mich zufrieden angrinste, so als sei gestern Abend nichts vorgefallen.

„Ja allerdings, das habe ich tatsächlich! Nur wäre ich dir dankbar, wenn du nicht so schreist“, sagte ich, während ich mich auf den Beifahrersitz plumpsen ließ, die Augen schmerzverzerrt zusammenkniff und meine Ohren mit den Händen schützte.

„Okay, kein Problem!“, sah Peter mich einen Moment kritisch an, bevor er grinsend anfügte, „das war aber auch ’ne wilde Party, oder?“

Auf dem schmalen Feldweg drückte er das Gaspedal wieder bis zum Bodenblech durch, wobei er zufrieden seufzte: „Man, was für ein schöner Tag!“

Was jetzt?

Am späten Nachmittag erwachte ich langsam aus einem unruhigen Schlaf. Noch etwas benommen hing ich mit geschlossenen Augen einem merkwürdigen Traum hinterher, in dem ich zuletzt den nackten Rücken der unbekannten Schönen vor mir liegen sah. Doch als ich versuchte, den darauf tätowierten Delphin zu berühren, löste sich die Gestalt auf und ich hatte das Gefühl in eine bodenlose Tiefe zu stürzen.

Als dieses sehr reale Gefühl des Fallens endlich nachließ, öffnete ich die Augen und beschloss mir einen Kaffee zu machen. Dabei fiel meine Wahl nach kurzer Überlegung auf einen Espresso mit etwas Zitrone, in der Hoffnung so die letzten verbliebenen Kopfschmerzen ganz zu vertreiben. Diesen stürzte ich noch an Ort und Stelle und in nur einem Zug hinunter, bevor ich zum Schaukelstuhl hinüber schlürfte.

Während ich mich dort leicht vor und zurückwiegte, wartete ich auf die ersehnte Wirkung. Dabei ging ich gedanklich noch einmal die Ereignisse der etwas merkwürdigen Party durch.

Jedes einzelne Ereignis, an das ich mich noch erinnern konnte, ob es nun Mayas coole Reaktion war, nachdem ich sie und Peter beim Sex überrascht hatte, die Alte mit dem Joint, die ihr ungewöhnliches Jahresziel jetzt schon erreicht hatte und ganz zu schweigen von dem blonden Engel, der so natürlich und gechillt drauf war, verwirrte mich, da es mit meinem Weltbild nicht übereinstimmte. Und überhaupt, warum strahlten alle diese Freaks auf dem Gut eine so merkwürdige zufriedene und in sich ruhende Art aus? Denn dies war genau das Gegenteil meiner eigenen Gefühlswelt. Ich selbst war rastlos und dabei immer sehr leicht erregbar. Das hatten schon viele, die mir quergekommen waren oder meinen Sicherheitsbedürfnis entgegenstanden zu spüren bekommen. Zudem war ich aufgrund der jüngst zurückliegenden Ereignisse und des permanenten Schlafentzuges körperlich und geistig so erschöpft, dass ich wo immer ich kurz zur Ruhe kam, einfach einschlief.

So erschloss sich mir in einer der kurzen wachen Phasen die Erkenntnis, dass es so wie jetzt auf keinen Fall weitergehen konnte! Kurz kaute ich gedanklich auf meiner jüngsten Erleuchtung herum, bevor ich davon beflügelt aufstand, um spazieren zu gehen.

Vor der Tür blies mir ein kalter, starker Wind ins Gesicht, der mich sofort erfrischte, während ich ihn gierig einsog. Dann ging ich durch den Carport hindurch, in Richtung Straße. Dabei strich ich gedankenverloren mit der Hand über den Lack meines ausgebauten VW-Busses, der dort wie immer auf mich wartete. Vorne an der Fahrertür angekommen, hielt ich plötzlich inne, da ich auf einmal ein so massives Fernweh verspürte, das ich seit langem nicht mehr verspürt hatte. ‚Warum packe ich nicht einfach ein paar Sachen und verschwinde von hier für ein paar Tage oder Wochen, um irgendwo in der Sonne das süße Leben zu genießen?‘, flashte mich plötzlich ein Gedanke, wobei mir ein warmes Kribbeln die Beine hinunterlief.

Während ich diesem warmen Gefühl, wie immer viel zu kurz nachhing, wandte ich mich von meinem treuen Reisebegleiter ab und dem Bürgersteig zu. Dabei lies mich der Gedanke, alles hinter mir zu lassen, und den ganzen Problemen davon zu fahren, nicht mehr los. Denn wenn ich ehrlich zu mir war, nervte mich gerade alles und auch mein Verhältnis zu Doro gestaltete sich gerade wieder schwierig. Ihre Trauer um Petra verstärkte gerade ihre schon immer dagewesene Art, sich allen bedingungslos zu unterwerfen, und nie für ihre eigenen Bedürfnisse einzustehen. Dies nervte mich schon immer, weil ich für genau das Gegenteil stand. Außerdem verstand ich nicht meine unterschwellige Wut auf sie, die ich meistens in ihrer Gegenwart empfand.

Am nächsten Morgen, bei einer kurzfristig anberaumten Betriebsversammlung in meiner Firma, kam der Gedanke, alles hinter mir zu lassen, zurück. Während mein CFO über die derzeitige schwierige wirtschaftliche Lage der Firma referierte, die aufgrund einer verzögerten Neuentwicklung zu erwarten war, träumte ich mich weit weg. Dann sah ich auf einmal alles ganz klar vor mir.

Warum bat ich nicht meinen Chef, mich für ein halbes Jahr zu beurlauben?

Wäre das nicht derzeitig eine Win-Win Situation?

So könnte die Firma kurzfristig Personalkosten einsparen, was sie gerade eh vorhatte, und ich konnte mir meinen Traum erfüllen.

Den ganzen Tag ließ mich dieser Gedanke nicht mehr los und auch als ich wieder zu Hause ankam, war er immer noch da. Kurzentschlossen ging ich nicht wie geplant ins Haus, um das Abendessen vorzubereiten, sondern wechselte dort nur kurz die Schuhe und Jacke, um spazieren zu gehen.

Gedankenversunken folgte ich den vertrauten Straßen, bis ich bei einer Schafkoppel stehen blieb. Während ich dort den Schafen beim Fressen zusah, überlegte ich was oder wer mich hier hielt. Und auch wenn mir die Antwort zuerst traurig vorkam, da mir nichts dazu einfiel, bestätigte diese Erkenntnis doch, dass es nichts gab, was meinen Plan im Wege stand.

Nur konnte ich mir solche Spinnereien eigentlich leisten?

Um mir diese Frage zu beantworten, fing ich noch an der Schafweide stehend damit an, gedanklich einen Kassensturz zu machen. Seit zwei Jahren hatte ich vor, auf die Malediven zu fliegen, um dort zu tauchen, und dieses Geld hatte ich mittlerweile zusammengespart. Dann war da ja noch die Miete, die Peter mir seit neustem regelmäßig in die Hand drückte. Und diese ließ sich vielleicht noch steigern, wenn ich Peter meine Wohnung während der Zeit ganz untervermiete. Dann standen mir meine Ersparnisse für den Urlaub, Peters Miete, inklusive der letzten zwei Monate und das, was das geerbte Mehrparteienhaus an Erträgen sonst noch abwirft zur Verfügung. Was mehr war als ich zuerst erwartet hatte. Dies summierte ich grob auf. Überrascht von dem Ergebnis wiederholte ich die Rechnung mit dem Taschenrechner des Handys und tatsächlich es reichte, um mir die kleine Auszeit zu finanzieren.

Nachdenklich starrte ich die Schafe an, ohne diese wirklich wahr zu nehmen. Irgendwann weitete sich mein Tunnelblick und ein zufriedenes Lächeln huschte mir übers Gesicht. Beschwingt von dieser Erkenntnis drehte ich um, um zu Hause eine genauere Berechnung anzufertigen.

Zu Hause am Schreibtisch sitzend, stellte ich eine Was-wäre-wenn Betrachtung an. Dabei rechnete ich drei verschiedene Szenarien durch. Alle drei Ergebnisse waren überraschend positiv und sie bestätigten meine erste Annahme. Meine Ersparnisse reichen tatsächlich, wenn ich nicht allzu sehr über die Stränge schlage.

Innerlich aufgewühlt kippte ich mit dem Drehstuhl nach hinten und legte die Beine auf das Sofa, dass hinterm Schreibtisch steht. ‚Wow!‘, seufzte ich zufrieden, während mein Herz bis zum Hals schlug. Beseelt von der Erkenntnis hing ich diesem glücklichen Gefühl einen Augenblick nach. Dann drängte sich mir eine naheliegende Frage in mein Bewusstsein. Und, wohin jetzt?

Unruhig schweifte mein Blick bei der Suche nach einer zündenden Idee durchs Arbeitszimmer, bis er an der Wand mit den Familienfotos hängen blieb. Die Hochzeitsbilder meiner Eltern hingen dort, sowie das einzige Bild, dass mich zusammen mit meiner leiblichen Mutter zeigt, kurz bevor bei ihr der Krebs richtig derbe wurde. Mein Blick jedoch blieb an dem frisch ausgedruckten Foto meiner Cousine und ihrer Familie hängen.

Seitdem der Arbeitsplatz des Mannes meiner Cousine vor zwei Jahren nach Barcelona verlagert worden war, lagen sie mir in den Ohren, dass ich sie besuchen sollte. Und Barcelona, diese kosmopolitische Stadt am Mittelmeer mit seinen bekannten Stadtstränden, wollte ich schon seit langem erkunden. Bei dieser Eingebung kippte ich langsam mit dem Drehstuhl wieder hoch und nahm die Füße vom Sofa. Aufgeregt griff ich zum Telefon.

„Hola, buenas tardes soy Ole!“, meldete ich mich mit dem wenigen Spanisch, das ich bis jetzt gelernt hatte.

„Hola, primo!“, gab meine Cousine Nina freundlich überrascht zurück. „Schön, dass du anrufst! Wie geht es Marion und dir denn so?“

„Gut, gut!“, begann ich überschwänglich, dann stutzte ich und seufzte: „Na ja, eigentlich gar nicht so gut. Marion und ich haben uns schon vor einiger Zeit getrennt und wie du bestimmt schon mitbekommen hast, ist Petra vor kurzem gestorben…“

„Was, das ist ja schrecklich!“, fiel Nina mir ins Wort. „Nein, davon wusste ich nichts! Mein aufrichtiges Beileid Ole. Woran ist sie denn gestorben?“

„Oh, das ist eine lange Geschichte“, erzählt ich ihr dennoch von dem schrecklichen Tag im Krankenhaus. Dabei durchlebte ich alle schrecklichen Ereignisse noch einmal, während sie schweigend zuhörte, ohne mich zu unterbrechen. Erst als ich geendet hatte, fragte sie: „Ja sag mal, wie verkraftest du das alles bloß?“.

„Na ja, wie schon gesagt, gar nicht so gut! Das alles macht mich echt fertig, und zwar noch fertiger als ich eh schon bin. Daher habe ich mir eben überlegt, dass ich dringend mal eine längere Auszeit brauche. Morgen werde ich das mit meinem Vorgesetzten besprechen und wenn alles klappt, werde ich ein paar Sachen zusammenpacken, mich in mein Camper setzen und von hier eine Weile verschwinden. Kannst du dir zufällig vorstellen wohin?“

„Sag jetzt bloß nicht, du willst uns endlich mal besuchen kommen“, stieß Nina plötzlich freudig aus, bevor sie sich an ihren Mann im Hintergrund wandte: „José, du glaubst ja gar nicht, was Ole mir eben erzählt hat“.

„Will dein Primo uns endlich zu seiner Hochzeit einladen oder will er uns doch nur besuchen kommen?“, antwortete José, bevor er die Freisprechfunktion des Telefons einschaltete und sich dann sofort an mich wandte, „Hey Primo, wann kommst du denn? Das ist ja super und natürlich holen wir dich vom Flughafen ab, alles gar kein Problem!“

„Danke, doch das wird nicht nötig sein, da ich nicht fliegen werde. Vielmehr habe ich vor, mit meinem Camper zu euch zu kommen“, antwortete ich schnell, bevor ich verlegen fortfuhr. „Na ja, daher weiß ich auch noch gar nicht, wann ich genau kommen werde. Denn eigentlich habe ich vor in Ruhe die Mittelmeerküste runterzufahren und mir dort alles anzuschauen. Wäre das Okay für euch oder habt ihr vor zu verreisen in nächster Zeit?“

„Wow alter, das hört sich ja super an. Nein, alles gut! Mach das bloß, wir sind eh hier und müssen arbeiten“, sagte José begeistert. „Komm nur, wann es dir passt. Wir freuen uns und natürlich kannst du so lange bleiben, wie du willst!“

„Okay danke, nett von euch und ich freue mich auch. Doch jetzt erst mal: Adiós! Ich melde mich dann, wenn ich etwas Genaueres weiß“, verabschiedete ich mich von Nina und José, bevor meine Telefonrechnung eine zu große Lücke in mein knappes Budget riss.

Aufgekratzt stand ich auf, ging zum Fenster und blickte hinunter auf die erst kürzlich entstandenen Neubauten in meiner direkten Nachbarschaft. Meine Gedanken überschlugen sich und ich konnte keinen fassen. Nachdem ich mich einigermaßen beruhigt hatte, ging ich zurück zum Schreibtisch, und erstellte eine Checkliste mit Dingen, die ich vor der Abreise noch erledigen musste.

Der Preis für den Deal

Nach einer weiteren durchwachten Nacht fuhr ich zur Arbeit und bat um ein Gespräch mit meinem Vorgesetzten und der Personalabteilung. Dieses Meeting fand am späten Vormittag statt und verlief erfreulich problemlos. Beide waren zwar überrascht von meinem Gesuch, freuten sich aber darüber, so den temporären Personalüberhang zu eliminieren.

Mit sofortiger Wirkung war ich also auf einmal unbezahlt beurlaubt. Unglaublich! Allerdings dauerte es noch einen Moment, bis diese Information mein Bewusstsein erreichte. Gut gelaunt räumte ich traumwandlerisch meinen Arbeitsplatz und fuhr nach Hause. Jetzt musste ich nur noch mit Peter reden.

Doch war Peter nicht da. Natürlich, er war ja auch auf Arbeit wie ich eigentlich auch. Während mein Unruhezustandsnetzwerk im Kopf mir signalisierte, er könnte heute Nachmittag direkt zu Maya fahren und bei ihr auf dem Gut die Nacht verbringen, ging ich in mein Schlafzimmer, um mich umzuziehen. Doch kaum sah ich mein Bett, übermannte mich die Müdigkeit. So wie ich war, fiel ich dort einfach nach vorne, und döste ein. Erst als ich hörte, wie jemand die Haustür aufschloss, erwachte ich wieder.

„Moin Ole, ich bin wieder da!“, hörte ich kurz darauf Peter von unten rufen. „Und ich hoffe, du bist passabel angezogen. Denn ich habe Maya mitgebracht!“

‚Oh nee, was will die denn hier!‘, schreckte ich verschlafen hoch, wobei ich die Szene von letztem Wochenende vor mir sah, kurz bevor ich mich an gar nichts mehr erinnern konnte. Dann dachte ich grummelnd darüber nach, was außerdem wäre, wenn der blonde Engel ihr alles erzählt hatte. Diese Möglichkeit war mir äußerst unangenehm, bis ich verschmitzt grinste. „Nein, das ist wunderbar. Habt ihr vielleicht Lust auf einen Kaffee? Ich würde gerne mit euch etwas besprechen.“ Dabei rappelte ich mich auf, ordnete schnell meine Klamotten und ging aufgeregt zu ihnen nach unten in die Küche.

„Kaffee? Das trifft sich gut! Wir haben Kuchen mitgebracht, allerdings nur den gesunden vom Vollkornbäcker“, begrüßte Maya mich lächelnd, kaum dass ich die Küche betrat. Dann wandelte sich ihr Blick: „Und Moin erst mal! Ich freue mich dich wieder zu sehen. Doch sag mal, wie ist es dir eigentlich am letzten Sonntag so ergangen?“, betrachtete sie mich kritisch von oben bis unten. „Man, du bist ja voll der Partylöwe. Das hätte ich dir auf den ersten Blick gar nicht zugetraut“, sagte sie lächelnd. „Zumindest warst du es, bis du uns leider auf einmal zusammengeklappt bist. Davor jedoch hast du die ganze Tenne mit deinen Trommelkünsten unterhalten. Gütige Göttin, man gut, dass ich das mitbekommen habe. So konnte ich dich noch rechtzeitig ins Bett befördern, damit dir nix weiter passieren konnte“, sah sie mich plötzlich besorgt an.

„Was, du warst das? Du hast mich in wildfremde Betten gebettet!“, hielt ich überrascht die Luft an.

„Ja, wieso? Da war doch genügend Platz und außerdem habe ich dir doch deine Unterhose gelassen. Also?“, zuckte sie beim letzten Wort verständnislos mit den Schultern.

„Jetzt sag bloß nicht, du hast mich auch noch ausgezogen? Oh, Schande über mich!“, schoss mir spontan das Blut ins Gesicht, während ich sie mit weit aufgerissenen Augen anstarrte.

„Na, nun hör aber auf! Eigentlich solltest du mir dankbar sein und nicht jammern. Denn da war doch nun wirklich nichts dabei!“

Diese Aussage ließ mich innehalten und über ihr gesagtes nachdenken. „Okay, hast ja Recht!“, sagte ich schließlich kleinlaut, da ich spürte, wie mein Kopfkino dabei war, den Projektor einzuschalten, und wechselte lieber das Thema. „Dann jetzt mal ein anderes Thema. Was haltet ihr eigentlich davon, wenn ihr meine Hütte das nächste halbe Jahr ganz für euch allein zur Verfügung hättet?“

„Oh, wie meinst du denn das? Schickt deine Firma dich mal wieder weit weg, um die Welt oder vielmehr sich selbst zu retten?“, sah Peter mich überrascht an.

„Nein, leider oder zum Glück nicht! Vielmehr habe ich mir überlegt, dass ich gerne mal eine Zeitlang einfach so wegfahren würde, um auf andere Gedanken zu kommen. Die letzte Zeit war einfach echt blöd und sehr aufreibend für mich. Außerdem bin ich mittlerweile so im Arsch, dass ich morgens auf dem Weg zur Arbeit singen muss, um nicht einzuschlafen. Deshalb und aus ein paar anderen Gründen habe ich heute in der Firma um einen unbezahlten Urlaub gebeten und stellt euch vor, die haben tatsächlich zugestimmt! Krass, gel? Ich kann es selbst noch gar nicht glauben. Tja, und da ich in der Zeit meine Hütte nicht brauche, ich sie aber in guten Händen wissen will, dachte ich: Ihr wollt vielleicht auch mal etwas Zeit allein verbringen. Daher wäre es doch für alle prima, wenn ihr sie zwischenzeitlich komplett übernehmt“, sah ich die beiden fragend an und atmete erst einmal tief durch.

Peter, der sich gerade ein Stück Kuchen in den Mund schieben wollte, und Maya, die gerade ein Schluck Kaffee nehmen wollte, schauten mich derweilen zuerst überrascht an und dann sich gegenseitig.

„Also, das ist ja mal voll spontan und die Idee finde ich richtig klasse! Und wo und wie hast du vor Urlaub zu machen?“, sah Maya mich interessiert an.

„Ähm…?“, da war er wieder mein Wunderpunkt, doch zum Glück erinnerte ich mich spontan an das Gespräch mit Nina und José. „Also, ich hatte mir überlegt, endlich einmal meine Cousine und ihre Familie in Barcelona zu besuchen. Tja, und auf den Weg dorthin wollte ich mir Frankreichs Mittelmeerküste genauer anschauen und dann…, ach was weiß ich. Egal, irgendwohin, wo es schon warm und nicht allzu teuer ist“, improvisierte ich stockend, bevor ich stolz anfügte: „Und nein, einen fertigen Plan habe ich noch nicht! Aber das ist ja auch der Sinn der Sache. Denn ich wollte mich zur Abwechslung einfach mal treiben lassen, um so vielleicht ein anderes Ich an mir zu entdecken. Tja, wer weiß?“, dabei fing ich langsam an, mir die Sache selbst abzukaufen, im Gegensatz zu Peter, der mich kritisch, von der Seite aus beobachtete. „Also, was denkst du Peter? Du hast ja noch gar nichts gesagt.“

„Mm, also gut, was denke ich?“, wiegte Peter seinen Kopf kurz andächtig hin und her. „Gute Frage, denn so kenne ich dich ja gar nicht! Also…, ja doch, ich denke, ich schließe mich Maya an, großartige Idee!“, sagte er lächelnd. Dann sah er Maya verliebt an, bevor seine Miene sich änderte und er sie kritisch ansah. „Tja, wie soll ich es sagen, ohne jemanden von euch auf dem Gut zu nahe zu treten? Also, ich mag die Leute in deiner Kommune sehr, echt. Dennoch wäre ich auch gerne mal längere Zeit ganz allein mit dir. Also dann, wenn es dir nicht zu viel Fahrerei ist, gerne.“

„Nö Hasi, du weißt doch, wie gerne ich Auto fahre, auch wenn das für die Umwelt gar nicht in Ordnung ist, ich weiß, ich weiß!“, runzelte sie erst die Stirn, bevor sie zu strahlen anfing, und ihn verliebt über den Arm strich.

Kosewörter wie Schatzi, Bärchen oder Hasi ließen mir immer kalte Schauer den Rücken runterlaufen, deshalb starrte ich kurz mit leerem Blick an die Decke, und zählte in Gedanken langsam von zehn runter bis eins. Dann wurde mir der Inhalt ihrer Aussage bewusst, und ich sah Maja verstört lächelnd an. „Dann ist es also abgemacht?“

„Ja klar, wenn du keine horrende Miete verlangst!“, nickte sie zustimmend.

Kurze Zeit später war der Kuchen alle und wir uns einig. Völlig aufgekratzt, weil mein Plan immer mehr Gestalt annahm, musste ich erst einmal an die frische Luft. Dort lief ich planlos im Garten umher, blieb hier und da stehen, um die sich gerade entwickelnden Pflanzen zu betrachten. Dies machte ich immer, wenn ich mich beruhigen musste. Nur fand ich diesmal keine Ruhe beim Anblick meiner liebevoll angelegten Beete. Es schwirrten mir einfach zu viele Gedanken im Kopf herum, weshalb ich meine Umgebung gar nicht richtig wahrnahm.

So schaute ich auch verblüfft auf, als Maya plötzlich neben mir stand und mich unmittelbar ansprach. „Hey Ole, erwähntest du eben nicht, dass du nach Barcelona willst?“, lächelte sie mich dann so lange an, bis sie sich meiner Aufmerksamkeit sicher war. Dann sah sie mir tief in die Augen und fragte: „Was hältst du eigentlich davon, die Benzinkosten zu halbieren?“.

„Äh, wie bitte? … Willst du mich damit etwa fragen, ob ich jemand mitnehmen würde? Ähm… Danke fürs Angebot, aber nein, ich glaube das möchte ich nicht! Denn wie ich vorhin erzählte, wollte ich nicht auf dem direkten Weg nach Barcelona fahren. Außerdem ist der Flieger doch wesentlich bequemer und schneller, einfach 2 Stunden in der Luft und fertig!“, versuchte ich meine Gedanken in Worte zu kleiden. Dann bemerkte ich, dass ich einen viel zu harschen Ton angeschlagen hatte. „Aber sag mal, wie kommst du eigentlich darauf?“, fragte ich daraufhin betont freundlich.

„Oh, wie ich darauf komme? Na ja, Zeit spielt dabei eigentlich keine Rolle, … oder vielleicht doch ein wenig. Aber bis zum Geburtstag von Bernd ist ja noch über einen Monat hin und fliegen mag sie nun mal nicht“, stammelte Maya zuerst irritiert, bevor sie noch einmal tief Luft holte und dann ruhig hinzufügte: „Weißt du, ich kenne da jemanden, die auf den Kanaren lebt. Nur mag sie keine Flugzeuge, zu viel Umweltverschmutzung, Flugangst und so. Und da sie ja nun schon eine Weile bei uns zu Besuch ist, muss sie ja auch irgendwann einmal wieder zurück, also spätestens bis zum sechzigsten Geburtstag ihres Vaters. Denn da wollte sie wieder zu Hause sein und sie würde sich bestimmt riesig freuen, wenn du sie mitnimmst. Seit Tagen überlegt sie nämlich schon, wie sie es vermeiden kann, die ganze Strecke erneut allein mit dem Zug zurückzulegen“, holte sie erst einmal tief Luft, ehe sie lächelnd anfügte, „Also wie wäre es, Lust auf eine nette Begleitung?“.

‚Ja aber, mit einem Wildfremden eine Frankreich und Spanien Rundfahrt machen, das wäre okay für sie?‘, war das Erste was mir daraufhin durch den Kopf schoss, während ich sie ungläubig anstarrte. Denn irgendwie wurde ich aus ihrem Menschenschlag nicht schlau. Mir würde so eine Idee nicht einmal im Traum einfallen! Zudem würde ich auch nie per Anhalter bei irgendjemanden Wildfremden mitfahren und schon gar nicht würde ich im Normalfall einen Tramper mitnehmen. So gab ich mich noch eine Zeitlang meinen düsteren Gedanken hin, bis ich spürte das sie meine linke Hand ergriffen hatte. Als ich überrascht aufsah, bemerkte ich dass sie mir erneut unschuldig tief in die Augen sah, während sie geduldig meine Antwort abzuwarten schien.

„Na okay“, atmete ich aus. „Wenn es also für einen guten Zweck ist und es deiner Freundin aus der Patsche hilft, meinetwegen!“ Während ich mir dabei selbst zu hörte, wurde mir plötzlich bewusst, was ich da gerade zugestimmt hatte, weshalb ich mit ernster Stimme hinzufügte: „Aber meine Großzügigkeit hat Grenzen, und falls deine Freundin sich als eine Stress-Liesel entpuppt, habe ich kein Problem damit, sie am nächsten Bahnhof einfach abzusetzen. Außerdem hat mein Camper nur eine durchgehende Pritsche. Wenn sie möchte, kann sie sich gerne einen Schlafsack mitnehmen, aber…“