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Drosselbrut - Falsch erinnert E-Book

Andreas Gößling

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Beschreibung

Falsch erinnert - eine Vorgeschichte zu Andreas Gößlings True-Crime-Thriller DROSSELBRUT. "Es fühlt sich an wie ein böser Traum, aber etwas stimmt nicht." Schwer verletzt, geschändet, mit stinkendem Schlamm beschmiert erwacht Malie aus der Ohnmacht. Die Schreie der Männer, die sie jagten, ihre Ledermasken und ihre Skelettbemalung, die grollenden Trommeln, der Schmerz, den sie ihr zufügten – war das Realität oder grausamer Alptraum? Malie will, dass es ein Traum war. Sie weiß, alles andere wäre ihr Tod. Bis Julian in ihr Leben tritt, ebenso traumatisiert …

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Seitenzahl: 66

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Andreas Gößling

Drosselbrut – Falsch erinnert.

Die Vorgeschichte

Knaur e-books

Über dieses Buch

Falsch erinnert – eine Vorgeschichte zu Andreas Gößlings True-Crime-Thriller DROSSELBRUT.

»Es fühlt sich an wie ein böser Traum, aber etwas stimmt nicht.« Schwer verletzt, geschändet, mit stinkendem Schlamm beschmiert, erwacht Malie aus der Ohnmacht. Die Schreie der Männer, die sie jagten, ihre Ledermasken und ihre Skelettbemalung, die grollenden Trommeln, der Schmerz, den sie ihr zufügten – war das Realität oder grausamer Albtraum? Malie will, dass es ein Traum war. Sie weiß, alles andere wäre ihr Tod. Bis Julian in ihr Leben tritt, ebenso traumatisiert …

Inhaltsübersicht

Falsch erinnertLeseprobe »Drosselbrut«
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Falsch erinnert

Es fühlt sich an wie ein böser Traum, aber etwas stimmt nicht. Malie friert schrecklich, und sie bekommt zu wenig Luft.

Mühsam atmet sie ein und aus. Sie liegt auf dem Rücken, und etwas liegt auf ihr. Irgendwie kriegt sie die Arme hoch und schiebt das Etwas weg. Ein Mädchenkörper, schlaff und warm.

Sie drückt die Ellbogen auf den Boden und stemmt sich hoch. Wo bin ich? Sie kann nicht richtig sehen, die Gedanken kollern schwerfällig in ihrem Kopf herum. Ein Transporter, denkt sie, Körper übereinandergestapelt, nackt. Und mit Schrammen, blauen Flecken übersät wie sie selbst.

Malie unterdrückt ein Stöhnen. Das ist kein Traum. Sie fühlt sich wund, überall, auch tief innen drin. Und nackter als nackt. Als hätte ihr jemand die Haut abgezogen.

Sie rollt sich zur Seite, auf die offene Hecktür zu. Der Transporter steht in einem düsteren Fabrikhof, alles still und leer. Malie kriecht über reglose Körper hinweg. Ihr ist schwindlig, vor ihren Augen flackert es. Sie will sich auf die Ladekante setzen, mit den Füßen zuerst aussteigen, aber das geht schief. Sie rutscht mit dem Kopf voran nach draußen, kann sich gerade noch mit den Händen abfangen. Unbeholfen zieht sie die Beine hinterher.

Einen Moment lang liegt sie benommen auf dem Asphalt. Dann kriecht sie auf allen vieren auf eine anscheinend stillgelegte Fabrikhalle zu. Dahinter verstecken, schnell.

Arme und Beine fühlen sich bleiern an. Immer noch hat sie Mühe zu atmen. Ihr hämmernder Herzschlag vermischt sich mit dem Dröhnen von Trommeln. Wo kommt das her?

Erinnerungsfetzen ... Sie rennt durch einen endlos großen Raum ... Überall Bäume, Büsche, der Betonboden bedeckt mit Schlamm, Blättern, Moos ... Zwei Männer hinter ihr her, nackt wie sie, vor den Gesichtern grimmige Ledermasken, die Körper wie Skelette bemalt ... Einer reißt sie zu Boden, dringt von hinten in sie ein, der Zweite kniet sich vor sie, drängt ihr den Penis in den Mund. Und dazu die Trommeln, die Schreie und dieser widerliche Gestank, der von ihr selbst auszugehen scheint. Von dem Schlamm, mit dem sie von oben bis unten beschmiert ist ...

Nicht daran denken, nicht jetzt. Sie kriecht, so schnell sie kann. Der Beton reißt ihr die Haut auf, an Händen und Knien, sie spürt es kaum. Die Spritze ... Dunkel erinnert sie sich, wie die Mädchen neben ihr eine nach der anderen zusammensackten, nachdem der Muskelmann ihnen eine Spritze verpasst hatte. Dann war er bei ihr, und irgendwie rutschte er mit der Nadel ab, sodass sie wohl nicht die volle Ladung abbekam. Deshalb bin ich jetzt nicht wie sie. Betäubt oder tot. Aber was hilft ihr das, wenn sie nur qualvoll langsam vorankommt, während hinter ihr Stimmen ertönen, und dann fliegt krachend eine Tür auf.

Schritte, ein Feuerzeug klickt, der Geruch von Zigarettenrauch. Zwei Männer, die sich gedämpft unterhalten. Malie erstarrt. Weiter, schnell. Sie haben mich nicht bemerkt. So schnell, so leise, wie sie kann, kriecht sie auf die Fabrikhalle zu.

Wenn sie es unbemerkt hinter den Bau schafft. Wenn den Männern nicht auffällt, dass eine Gefangene fehlt. Wenn sie den Schrei unterdrücken kann, der ihr in der Kehle wütet ... Wenn, wenn, wenn ... Beim dritten Wenn kriecht sie um die Ecke, in den modrigen Schatten hinter der Fabrik.

+++

Wie sie es über den Zaun geschafft hat, Stunden, nachdem der Transporter mit den anderen weggefahren war. Wie sie auf der anderen Seite weitergekrochen ist, irgendwann das Bewusstsein verloren hat. Wie sie in einem Einkaufswagen wieder aufgewacht ist, das Metallgitter schmerzhaft in Hintern und Rücken gedrückt ... Erinnerungsbrösel. An den Mann mit dem zerlumpten Mantel, mehr Lücken als Zähne hinter dem Vollbart. Wie er sie angrinste, während er sie in dem klapprigen Aldi-Wagen über eine Ödfläche schob, die toter aussah als die Rückseite des Mondes. »Nackte Frau, findet man nicht jeden Tag«, nuschelte er und beugte sich vor, drückte ihr schnaufend seine Lippen auf die Stirn. Er roch noch übler als sie. Sie hörte das Winseln, und erst als sie sein entsetztes Gesicht sah, verstand sie, dass sie selbst fiepte wie ein sterbendes Tier.

Er kroch fast zu ihr in den Wagen. Sie wollte ihn zurückstoßen, aber sie war starr. Vor Ekel, Hass, Panik. Seine Hände rau wie Pfoten auf ihren Brüsten. Sein Mund ein fauliges Loch in seinem wirren Bart. Sie wollte mit der Faust hineinschlagen, treten, doch ihre Hände, Arme, Beine gehorchten ihr nicht. Erst als sie sah, wie er den Gürtel öffnete, das Klirren der Gürtelschnalle hörte, löste sich die Starre, und sie schrie. Strampelte und schlug, bis der Wagen umfiel, sie auf den Zerlumpten fiel, sich aufrappelte, wegrennen wollte, in den Augenwinkeln sah, dass er reglos liegen blieb.

+++

Alles ein dunkles Durcheinander. Nie mehr wird sie das sortiert bekommen. Was gestern, heute, morgen ist, sein wird, war. Was sie geträumt, erlebt, erinnert, fantasiert hat. Vor Kurzem hat sie doch noch studiert? Kaum mehr zu glauben. Neulich war sie noch ein Teenie? Lächerlich. Immer noch ist sie im Urwald, bei den Tieren, Jägern, Trommeln, zumindest fühlt es sich so an. Ihre Schwänze in allen ihren Öffnungen, stundenlang, tagelang, lebenslang. Malie rennt, kriecht, Blut spritzt, fließt, rinnt, Riesenechsen reißen ihre Rachen auf. Ein Junge robbt an ihr vorbei, hinter ihm das Krokodil. Es schnappt nach seinem Fuß, sie sieht seinen Schrei, das verzerrte Gesicht, den weit offenen Mund, aber sie hört ihn nicht. Sie hat nie irgendetwas gehört, wird nie etwas hören. Nur die Trommel in ihrer Brust. Ein böser Traum, aber etwas stimmt nicht.

Sie hat einen zerlumpten Mantel an, sonst nichts, und sie weiß nicht, wieso. Sie taumelt eine Straße entlang, und sie weiß nicht, wo. Sie weint Rotz und Blut, aus ihrer Nase fließen Tränen und Sperma. Jemand greift nach ihrer Hand, sie will sich losreißen, aber sofort ist sie wieder starr. Für immer und alle Zeit. Der Jemand zerrt sie hinter sich her. Weg von der Straße über eine Wiese ins Gebüsch. Sie will schreien, nichts. Er hebt sie hoch, wirft sie zu Boden, sie schaut in den Himmel, sieht Wolken und Vögel, dann sein Gesicht, die glimmenden Augen ganz nah über ihr. Hinter der grimmigen Ledermaske.

Malie schreit. So hat sie nie geschrien. So hat nie irgendwer geschrien. Der Schrei bricht wie eine Flutwelle aus ihr hervor. Der Schrei schwemmt ihn fort, der Schrei hat sie befreit. Keuchend liegt sie auf der Wiese, hinter den Büschen, über ihr wieder Wolken und Vögel. Und in ihr die Trommeln, die jagenden Schatten, die Männer mit den Ledermasken, mit Speeren, Pfeilen, Schwänzen auf Menschenjagd.

+++

Als sie zu sich kommt, ist alles wieder gut. Sie liegt in einem hellen Zimmer im Bett. Sie hat ein Nachthemd an. Kein Schlamm mehr auf ihrer Haut.

Alles nur ein böser Traum? Nein, etwas muss passiert sein. Etwas Schlimmes. Vielleicht hatte sie einen Unfall. Gehirnerschütterung, deshalb die quälenden Visionen. Oder jemand hat ihr was in den Drink gekippt, daher die grässlichen Halluzinationen. Aber Dschungel, Echsen, Jäger im Steinzeitlook? So was gibt es nicht in echt.

Sie horcht in sich hinein. Trommeln? Nur ihr Herz.

Die Tür geht auf, eine Frau in weißem Kittel kommt herein. »Ich bin Dr. Herzog«, sagt sie mit mütterlichem Lächeln. »Wissen Sie, was passiert ist?«

Malie schüttelt den Kopf. Das ganze Zimmer schwingt mit ihr hin und her. Einschließlich der Ärztin.