Dunkelheit über Tokyo – 2 - M.P. Anderfeldt - E-Book

Dunkelheit über Tokyo – 2 E-Book

M.P. Anderfeldt

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Beschreibung

Ein junger Mann hat das einsame Leben in einem Shinto-Schrein in den Bergen Nordjapans satt und fängt in Tokyo ein neues Leben an. Er findet Freunde, einen Job und trifft eine junge Frau. Doch Etwas ist ihm gefolgt aus den Bergen, etwas Gefährliches. Der Tod kommt nach Tokyo und droht sein neues Leben zu zerstören. Und welches Geheimnis verbirgt die junge Frau? Teil 2 eines Serials mit 3 Teilen.

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Seitenzahl: 88

Veröffentlichungsjahr: 2015

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M.P. Anderfeldt

Dunkelheit über Tokyo – 2

Mystery-Romance-Thriller

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Dunkelheit über Tokyo

4

5

6

Will, 1945

Erklärung der japanischen Begriffe

Nachwort des Autors

Impressum neobooks

Dunkelheit über Tokyo

Serial-Version, Teil 2 von 3

Erklärung zur Serial-Version

Sie halten den zweiten Teil der Serial-Version in den Händen. Nur der erste Teil ist gratis, der zweite und dritte kosten Geld.

Der Sinn ist, dass Sie sich selbst ein Bild von der Geschichte machen können.

Sehen Sie den ersten Teil als besonders große Leseprobe.

Wenn Ihnen der erste Teil gefallen hat, können Sie im gleichen Shop auch den zweiten und dritten Teil kaufen. Oder Sie holen sich gleich den Gesamtroman, dann haben Sie alles zusammen.

Anmerkung: In diesem Buch kommen viele japanische Ausdrücke vor.

Sie können darüber »hinweglesen« und werden dennoch alles verstehen.

Wenn Sie das aber wurmt, finden Sie am Ende im Kapitel Erklärung der japanischen Begriffe eine Erklärung der häufigsten Begriffe.

4

Am nächsten Morgen kam ihm seine nächtliche Begegnung wie ein Traum vor. Wenn überhaupt etwas passiert war, dann hatte es sich wohl um einen Stromausfall gehandelt. Und er hatte sich auf den Boden gekniet wie ein abergläubischer Hinterwäldler. Unvorstellbar, was gewesen wäre, wenn Mei ihn so gesehen hätte – sie hätte ihn sicher ausgelacht. Gewiss gab es in ihrer Welt keine Geister. Geister in Tokyo – das passte wirklich nicht. Er schnaubte belustigt.

Er hatte seinen Wecker extra früh gestellt und überlegte nun, was er anziehen sollte. Der Anzug wäre sicher unpassend für eine Stadtführung, aber seine Alltagskleidung schien ihm auch zu schäbig. Was würde Mei wohl anziehen? Und wo war sie? Hatte sie die Nacht bei Koji verbracht? Bei dem Gedanken spürte er einen Stich, dann schimpfte er sich selbst, da das doch ihr gutes Recht war. Umso netter, dass sie ihm die Stadt zeigen wollte.

War Koji wirklich ein Yakuza? Er kannte Yakuza nur aus dem Fernsehen und da wurden sie sehr unterschiedlich dargestellt – einmal als brutale Verbrecher, ein anderes Mal als nette Jungs »fürs Grobe«. Immerhin hatte Koji ihm einen Job verschafft, und wenn er Meis Freund war, würde er schon nicht so schlimm sein.

Nach einigem Nachdenken entschloss sich Takeo, seine Anzugjacke über einem T-Shirt und einer Jeans zu tragen. So ähnlich wie Koji eben. Dann machte er sich auf die Suche nach Mei.

Als er am Convenience Store vorbeilief, machte Meis Kollege von drinnen wild Zeichen. Yuuto, das war sein Name, erinnerte sich Takeo. Takeo ging in den Laden.

»Hey, Mei hat gesagt, wenn du hier vorbeikommst, soll ich dich sofort rausschmeißen. Sie meinte, du wüsstest, wo sie sitzt.«

»Arigato gozaimasu!« Takeo wollte davonstürzen, doch Yuuto hielt ihn zurück.

»Moment nch! Und was schenkst du ihr? Sag bloß, du hast nichts dabei?«

Oje, daran hatte er überhaupt nicht gedacht. »Äh, brauche ich etwas?«

»Aber hallo! Natürlich brauchst du etwas. Doch du hast Glück. Hier, dieses Buch wollte sie schon immer mal lesen. Ich hab’s schon eingepackt für dich.«

»Das kann ich doch nicht annehmen.«

»Doch, du Glückspilz. Ich schenke es dir. Jetzt aber los!«

Takeo spurtete los. Den Mädchen in seinem Heimatort hatte er nie etwas geschenkt, außer vielleicht ein kleines Omiyage, wenn er von einer Reise zurückgekehrt war. Aber mit denen ist er ja auch nie so richtig gegangen. War das denn nun ein richtiges Rendezvous?

Wie er es erwartet hatte, saß Mei auf den Stufen, die zum Park führten. Sie hatte ihre Augen geschlossen und genoss offensichtlich die warmen Sonnenstrahlen. Takeo kam vorsichtig näher und blieb stehen. Mit ihrem gestreiften T-Shirt und dem kurzen Rock und sah sie einfach hinreißend aus. Zum Verrücktwerden schön. Takeo stellte sich vor, wie es wäre, ihr ganz nah zu sein, ihr weiches, braunes Haar zu berühren, sie zu küssen.

»Wenn du noch länger so rumstehst, ist der Tag vorbei«, grinste Mei mit geschlossenen Augen. Dann stand sie auf. »Du bist spät, Takeo-chan. Aber damit muss ich mich wohl abfinden, wenn ich mich mit so einer Nachteule abgebe. Na dann, los!«

»Wohin gehen wir?«

»Lass dich überraschen. Ich hoffe, du bist gut zu Fuß. Ah, hier schon die erste Sehenswürdigkeit, gleich hier bei uns in Ikebukuro: Sunshine 60. Das war mal das höchste Gebäude in Japan. Das Besondere ist aber, dass es darin spukt.«

»Spukt? So wie in einer alten Burg?«

»Ja. Hier stand nämlich früher Sugamo Kochi-sho, das berüchtigtste Gefängnis des Landes. Hier wurden Gefangene gehängt und wer weiß, was sie noch alles gemacht haben. Kein Wunder, dass einige immer noch darin spuken.«

»Aber niemand, den du kennst, oder?«

»Hey, das mit der Breitmaulfrau ist etwas ganz anderes. Das ist wirklich passiert.«

Sie gingen durch kleine Gassen und auf großen Straßen, manchmal mussten sie eine Autobahn auf einer Fußgängerbrücke überqueren. So viele Häuser, so viele Menschen, dachte Takeo, ich werde mich hier niemals zu Hause fühlen. Mei zeigte ihm allerlei kleine und große Sehenswürdigkeiten. Irgendwann standen sie inmitten glitzernder Hochhäuser aus Glas und Stahl.

»Shinjuku«, kommentierte seine Fremdenführerin und breitete die Arme aus. »Da, unser Rathaus.« Takeo musste den Kopf in den Nacken legen, um die Spitze der gewaltigen Zwillingstürme zu erkennen.

»Gehen wir hoch. Weil es das Rathaus ist, kostet es auch nichts.«

Der Blick aus 200 Metern Höhe war atemberaubend. Die Stadt erstreckte sich kilometerweit in alle Richtungen. Auf der Bucht von Tokyo wimmelte es von Containerschiffen, Tankern, Fähren, Ausflugsschiffen und kleineren Booten. Von hier oben sahen sie alle wie Spielzeuge aus. Mei führte ihn auf die andere Seite des Turms.

»Wir haben Glück, der Fujisan!«

Tatsächlich, wie eine Vision schwebte die Spitze des Fuji am Horizont, über dem grauen Dunst der Großstadt gerade noch erkennbar. Mit seinen schneebedeckten Hängen und der regelmäßigen Form wirkte er wie ein Überbleibsel aus einer anderen Zeit. Eine Familie mit zwei kleinen Kindern hatte den Fuji ebenfalls entdeckt und alle schrien aufgeregt durcheinander. Dann fotografierten sie sich abwechselnd vor dem Panorama. Mei bot an, sie alle zusammen zu fotografieren und sie nahmen das Angebot gerne an.

Als sie wieder alleine waren, sagte Mei: »Puh, jetzt habe ich aber Hunger.«

Diesen Satz hatte Takeo befürchtet. Würde er sie nun einladen müssen? Er hatte doch kaum Geld. Auf der Aussichtsplattform gab es ein Café, aber er hatte schon im Vorbeigehen gesehen, dass es der gehobenen Preiskategorie angehörte.

Ohne seine Antwort abzuwarten, holte Mei zwei Reisbälle und eine kleine Thermoskanne aus ihrem winzigen Rucksack. Sie gab ihm einen der Onigiri.

»Bitte! Sind selbstgemacht, das schmeckt doch besser als das Zeug aus dem Laden.«

»Hmmm, lecker!« Der Onigiri war wirklich ausgezeichnet. Beide tranken Tee aus dem Verschluss der Thermoskanne und gegen seinen Willen musste Takeo immer an eine Anime-Serie aus dem Fernsehen denken, in der Schulmädchen das gemeinsame Trinken aus dem gleichen Becher als »indirekten Kuss« bezeichnet hatten. Zum Glück schien sich Mei daran nicht zu stören.

»Was grinst du denn?«

»Ach, ich musste nur gerade …«

»Indirekter Kuss?«

Verdammt, woher wusste sie das? Takeo hoffte, dass er nicht wieder rot würde. Mei machte in einer Marilyn-Monroe-Parodie einen Kussmund und warf ihm lasziv einen Kuss zu. Er »fing« ihn und steckte ihn in seine Tasche.

Dann saßen beide schweigend da. Über dem Fuji bildete sich eine hauchzarte Federwolke.

»Glaubst du an Geister?«, fragte er Mei.

»An Geister? Weiße Bettlaken, die umherlaufen und ›buh‹ rufen? Frauen ohne Füße? Hey, ich habe dir doch keine Angst gemacht mit meinen Geschichten …«, sie grinste und kniff ihn in die Seite.

»Ja, … ich meine, nein. Ich weiß nicht. Glaubst du, dass nach dem Tod manchmal etwas auf der Erde zurückbleibt? Vielleicht etwas Böses, oder etwas, das wir nicht verstehen?«

Mei wurde ernst. »Ich weiß es nicht. Ich versuche, nicht zu viel an den Tod zu denken.« Sie schluckte. War da etwas? Takeo ärgerte sich. Was hatte ihn nur geritten, solch ein Thema anszuchneiden?

»Mein Großvater glaubt an so etwas. Und meine Großmutter«, fügte sie hinzu.

»Ich komme aus einem Schrein. Mein Vater war dort Shinto-Priester … und seine Väter vor ihm.« Sie sah ihn von der Seite an. Würde sie lachen, wie seine Klassenkameraden? Oder einen Witz machen wie alle anderen jungen Mädchen, denen er das bisher erzählt hatte? Doch sie blieb ernst.

»Hmmm … das ist gut. Ich wünschte, ich könnte glauben wie meine Großeltern. Warst du dort glücklich?« Takeo hatte nie darüber nachgedacht. Er hatte ja keine Vergleichsmöglichkeit. War er glücklich gewesen?

»Ja, vermutlich war ich das. Aber irgendwie wollte ich immer nur weg von da. Als Kind habe ich im Wald gespielt und mir vorgestellt, dass mich ein böser Geist jagt. Es gibt da eine Lichtung, die nur ich kenne. Zumindest habe ich da noch nie jemanden anderes gesehen. Wenn ich auf dieser Lichtung war, hatte ich gewonnen, weil der Geist mir nicht folgen konnte.«

»Warum nicht?«

»Ich weiß es nicht, er konnte einfach nicht. Es war Teil des Spiels.« Aber das war nicht alles. Mei sah ihn schweigend an. Wartete, dass er noch etwas sagte. Er flüsterte: »Weil das der Ort ist, an den sie nicht kommen können.«

Er verstummte. Noch nie hatte er mit jemandem darüber gesprochen. Warum erzählte er diesem Mädchen so viel? Die Situation wurde ihm unangenehm, er versuchte, sie zu entschärfen. In betont lockerem Tonfall fuhr er fort: »Naja, ist schön da, aber du kennst sicher viel tollere Sachen. Aber wenn du mal da bist, zeige ich es dir.« Hilfe, was hatte er denn jetzt gesagt? Als ob er sie einladen würde. Als ob ein Großstadtmädchen wie Mei Interesse an einem unbedeutenden Schrein mitten in den Bergen und einer zugewachsenen Lichtung im Wald hätte.

»Ja, das würde ich gerne mal sehen«, erwiderte Mei ruhig. Hatte sie das gerade eben wirklich gesagt? Takeo konnte es nicht glauben. Wahrscheinlich eine Höflichkeitsfloskel, dachte er.

Als sie wieder auf der Straße waren, brauchte Takeo eine Weile, bis er sich wieder an den Lärm und die Hektik gewöhnt hatte. Mei schien es nicht anders zu gehen. Sie sagte kaum noch etwas, während sie ihm den Weg zeigte.

»Unsere nächste Sehenswürdigkeit wird dir gefallen.«

»Ja? Was ist es denn?«

»Abwarten. Hier hinein.« Sie betraten einen Park. Auf beiden Seiten des Wegs ragten große Bäume auf. Takeo atmete tief durch; ja, ein wenig roch es hier wie zu Hause. Es wurde auch ruhiger, der Lärm der Großstadt trat in den Hintergrund. Plötzlich sah Takeo ein riesiges Torii vor sich, der Weg führte direkt hindurch. Nie hatte er ein derart riesiges Torii gesehen. Es war aus Holz. Wo um alles in der Welt wuchsen solche Bäume?

»Der Meiji Schrein. Ich komme manchmal hierher, um nachzudenken.«

»Hierher?«

»Ja, ich gehe hier spazieren. Nachher zeige ich dir noch etwas.«