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Ein junger Mann hat das einsame Leben in einem Shinto-Schrein in den Bergen Nordjapans satt und fängt in Tokyo ein neues Leben an. Er findet Freunde, einen Job und trifft eine junge Frau. Doch Etwas ist ihm gefolgt aus den Bergen, etwas Gefährliches. Der Tod kommt nach Tokyo und droht sein neues Leben zu zerstören. Und welches Geheimnis verbirgt die junge Frau? Teil 3 eines Serials mit 3 Teilen.
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Seitenzahl: 107
Veröffentlichungsjahr: 2015
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M.P. Anderfeldt
Dunkelheit über Tokyo – 3
Mystery-Romance-Thriller
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Dunkelheit über Tokyo
7
Tsubasa, 1985
8
9
Naoki, heute
10
11
Erklärung der japanischen Begriffe
Nachwort des Autors
Bonus: Die Kurzgeschichte „Sploit“
Impressum neobooks
Serial-Version, Teil 3 von 3
Erklärung zur Serial-Version
Sie halten den dritten Teil der Serial-Version in den Händen. Nur der erste Teil ist gratis, der zweite und der dritte weiteren kosten Geld.
Der Sinn ist, dass Sie sich selbst ein Bild von der Geschichte machen können.
Sehen Sie es als besonders große Leseprobe.
Wenn Ihnen der erste Teil gefallen hat, können Sie im gleichen Shop auch den zweiten und dritten Teil kaufen. Oder Sie holen sich gleich den Gesamtroman, dann haben Sie alles zusammen.
Anmerkung: In diesem Buch kommen viele japanische Ausdrücke vor.
Sie können darüber »hinweglesen« und werden dennoch alles verstehen.
Wenn Sie das aber wurmt, finden Sie am Ende im Kapitel Erklärung der japanischen Begriffe eine Erklärung der häufigsten Begriffe.
Als sie am Bahnhof Ikebukuro ankamen, war es bereits Abend und die Leuchtwerbungen der großen Kaufhäuser strahlten um die Wette. Mei musste sich sputen, da sie versprochen hatte, die Abendschicht zu übernehmen und auch Takeo musste endlich mal wieder zu seiner Baustelle. Bevor sie um die Ecke bog, formte sie mit ihren beiden Händen ein Herz und warf es ihm zu, dann verschwand sie.
Takeo wollte schnell nach Hause und vor der Arbeit noch einmal baden oder zumindest duschen. Er schnupperte an seiner Kleidung – ja, das wäre kein Luxus.
Auf dem Weg klingelte sein Handy. Es war Chloé, die ihn bat, so schnell wie möglich zu kommen. Warum, das wollte sie nicht sagen.
Er klopfte an Chloés Tür und sie riss sie augenblicklich auf. Sie zog ihn sofort herein und umarmte ihn. Vorsichtig versuchte er, sich von ihr loszumachen.
»Ist wieder etwas … Komisches passiert?«
»Nein. Nein, zum Glück nicht. Aber wo bist du nur so lange gewesen?«
»Ich war bei Mei.«
»Hmm, verstehe.« Sie wirkte enttäuscht, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen. »Hast du sie schon gefragt, ob sie im Maid Café arbeiten möchte?«
»Ja, sie möchte. Sie ruft dich deswegen noch an.«
»Sie sollte sich beeilen, sonst ist der Job weg.«
»Ich sage es ihr. Aber, warum warst du vorhin denn so aufgeregt?«
»Wegen Sano-san.« Als Takeo sie fragend ansah, sprach sie weiter: »Sano-san, unsere Vermieterin – seit Tagen erreiche ich sie nicht. Ich wollte gestern meine Miete zahlen, aber sie war nicht da. Ich habe es noch ein paar Mal versucht, aber ohne Erfolg. Sie war sonst immer da, und einmal, als sie für ein paar Tage zu ihrer Schwester gereist ist, hat sie allen Bewohnern mindestens hundert mal Bescheid gesagt und eine Notiz an ihre Tür gehängt.«
»Jetzt hast du Angst, dass etwas passiert ist.«
»Hai. Was, wenn sie in ihrer Wohnung ist und Hilfe braucht? Vielleicht ist sie hingefallen.«
»Weißt du, ob noch jemand einen Schlüssel hat?«
»Das glaube ich nicht.«
Sie gingen zur Wohnung der Vermieterin, klopften an die Tür, klingelten und lauschten. Kein Lebenszeichen. Durch ein kleines Fenster konnte man in die Küche sehen, drinnen war es aber so dunkel, dass man nichts erkennen konnte. Takeo gelang es, das Fenster aufzudrücken und in die Wohnung zu klettern. Er ging zur Wohnungstür und öffnete sie für Chloé.
»Sano-san?«, riefen beide und gingen langsam von einem Raum zum anderen. Chloé hakte sich bei ihm ein. Sie war ganz bleich.
Sie fanden sie im Schlafzimmer. Sie saß auf ihrem Bett, an die Wand gelehnt. Chloé berührte sie vorsichtig am Arm und die Alte blinzelte.
»Hol mir ein Glas Wasser«, befahl sie.
Takeo holte eines aus der Küche und kam wieder. Wie es aussah, war die Vermieterin nicht ansprechbar. Sie reagierte einfach nicht, wenn Chloé oder Takeo etwas zu ihr sagte, sondern starrte nur ins Leere.
Chloé nahm ihr Handy und rief einen Krankenwagen. Während sie telefonierte, blickte Frau Sano plötzlich auf. Sie sah an Takeo vorbei, als ob dort jemand stünde. Takeo drehte unwillkürlich seinen Kopf in die gleiche Richtung, es war aber niemand da. Unbeirrt blickte sie immer in die gleiche Richtung. Takeo sah, dass sie etwas in der Hand hielt, so fest, dass die Knöchel ihrer Finger ganz weiß waren. Etwas, was er gut kannte – ein Omamori, ein Talisman aus einem Schrein.
»Sano-san?«, fragte er noch einmal. Chloé gelang es immerhin, der Alten ein paar Schlucke Wasser einzuflößen, dann kamen auch schon die Sanitäter. Sie legten sie auf eine Trage und brachten sie in ihren Krankenwagen.
Chloé und Takeo konnten ihre Fragen nur ungenügend beantworten – weder wussten sie, wie lange sie schon in diesem Zustand war, noch, was der Grund für diesen Schock gewesen sein könnte. Auch hatten sie keine Ahnung, ob es irgendwelche Angehörigen gebe, die sie verständigen könnten, außer einer Schwester, deren Name Chloé nicht kannte. Dennoch bedankten sich die Sanitäter für das beherzte Eingreifen der beiden. »Sie haben keine Ahnung, wie oft wir in solchen Fällen zu spät kommen.«
Nachdenklich gingen Chloé und Takeo wieder nach oben. »Möchtest du kurz reinkommen?«, fragte das Mädchen und fügte hinzu: »Bitte.«
»Hai.« Takeo wollte eigentlich nicht, aber er fühlte sich auch verantwortlich. Er war fest entschlossen, sie diesmal nicht zu küssen. Nachdenklich sah er seinen kleinen Finger an, durch den er – Mei zufolge – mit ihr verbunden war.
Chloé ließ ihn auf ihrer Tatami-Matte Platz nehmen und stellte einen Kessel mit Wasser auf den Herd.
»Japanisch oder französisch?« Takeo sah sie mit großen Augen an – war das irgendeine sexuelle Anspielung?
»Der Tee, du Dummerle. Möchtest du einen japanischen grünen Tee oder schwarzen Tee mit Milch, wie in Frankreich? Obwohl in Frankreich die meisten Leute eigentlich Kaffee bevorzugen. Ich habe aber gerade keinen Kaffee. Also?«
Takeo entschied sich für den französischen Tee. Schweigend saßen sie am niedrigen Tisch und nippten an ihren Tassen. Zögernd begann Chloé: »Wir können aber doch Freunde sein, oder?«
»Wie meinst du das?«
»Naja, das mit dir und Mei, das ist was Ernstes, oder?«
»Ja, ich glaube schon.«
»Dachte ich mir. Ich möchte dich aber nicht als Freund verlieren. Ich kenne hier niemanden.« Sie sah ihn mit ihren tiefblauen Augen an und Takeo hatte plötzlich die Vorstellung von Swimmingpools, in die er hineinspringen könnte.
»Du hast doch sicher viele Freunde aus dem Maid Café.«
Chloé winkte ab. »Von wegen. Die wären vielleicht gerne meine Freunde, aber die sehen nur etwas in mir, was ich nicht bin.«
»Was sehen sie denn in dir?«
Sie runzelte die Stirn. »Eine verrückte Ausländerin. Die loben mich, nur weil ich mit Stäbchen essen kann. Sie antworten Englisch, wenn ich etwas auf Japanisch frage. Dabei ist mein Englisch echt schlecht.« Schief grinste sie ihn an. »Für die bin ich ein wildes Cosplay-Girl. Ein französisches Dienstmädchen. Die sehen meine blauen Haare und fragen sich, wo ich überall Tattoos habe.«
»Verstehe.« Insgeheim musste er sich eingestehen, dass er sie auch so gesehen hatte. Naja, die Sache mit den Tattoos vielleicht nicht. Obwohl es eine interessante Frage war, jetzt, wo er darüber nachdachte.
»Du dagegen, du bist so herrlich altmodisch. Und Mei auch, ich habe sie mal beobachtet, in ihrem Convenience Store. Nach außen: Yamato Nadeshiko – nur Lächeln und Freundlichkeit. Sie ist höflich und benimmt sich musterhaft. Aber das ist sie nicht. Denn manchmal verschwindet diese Fassade, wenn sie glaubt, dass niemand sie sieht. Dann sehe ich ein Mädchen, das viel durchgemacht hat. Sehr viel.« Takeo war beeindruckt – Chloé schien eine hervorragende Beobachterin zu sein.
»Da magst du recht haben.«
Er verabschiedete sich, weil er zur Baustelle musste. Chloé gab ihm eine Plastiktüte voller Croissants mit – für ihn selbst und »die Jungs«. Die hätte sie zwar nicht selbst gebacken, sondern am Bahnhof gekauft, aber sie seien trotzdem ganz gut. Außerdem würde er sie dann nicht so nicht so schnell vergessen. Zum Abschied hielt sie ihn am Arm fest. »Noch was, Takeo.« Sie zog ihn zu sich.
»Ja?«
»Und wenn’s mit Mei nicht klappt … du weißt ja, wo ich wohne.« Er sah sie an, sprachlos und mit offenem Mund. Sie stieß ihn von sich weg. »Hey, war nur ein Witz. Oder doch nicht?« Chloé zwinkerte ihm zu. »Nimm doch nicht immer alles so ernst.«
Die Männer an der Nachtbaustelle freuten sich, dass Takeo wieder da war und noch mehr freuten sie sich über die Croissants. In der Pause nahm der Vorarbeiter ihn zur Seite und fragte: »Takeo-kun. Wie lange willst du das hier eigentlich noch machen?«
»Ich weiß nicht …«
»Dieser Job ist nichts auf Dauer. Und schon gar nicht für dich. Such dir etwas Ordentliches, in einem Geschäft, einem Büro oder meinetwegen in einer Fabrik.«
»Vielleicht bekomme ich bald etwas in einem Convenience Store.«
»Das wäre ein Anfang, aber nur ein Anfang. Ein cleverer Bursche wie du, der sollte etwas Richtiges arbeiten, nicht nur nachts an einer Baustelle stehen.«
Am nächsten Tag, gegen 12, weckte ihn sein Handy. Es war Mei.
»Ohayoooooo!«
»Ohayo.«
»Gute Nachrichten, mein Meister.«
»Du hast den Job im Maid Café?«
»Haaaaai! Ich war heute früh da und der Besitzer hat mich gleich eingestellt. Deine Freundin Chloé muss mich in den höchsten Tönen gelobt haben.«
»Das freut mich.«
»Ich habe auch schon im Konbini Bescheid gesagt, dass ich vielleicht bald nicht mehr so viel arbeiten kann. Und dass du an der Stelle interessiert wärst.«
»Danke.«
»Du sollst gegen Mittag mal vorbeikommen.«
»Waaas? Das ist ja jetzt.«
»Deswegen rufe ich ja an. Ganbatte! Ruf mich danach an!«
Takeo sprang unter die Dusche und zog seinen Anzug an. Die Jacke war zwar etwas zerknittert, im Großen und Ganzen war er aber zufrieden mit seinem Outfit. Dann eilte er zum Convenience Store.
Sein Vorstellungsgespräch fand im Pausenraum des Ladens statt und wurde von einer der älteren Frauen geführt, die er schon öfter gesehen hatte. Sie war sehr freundlich und erklärte ihm, welche Aufgaben er im Geschäft haben würde. Dass es in einem so kleinen Laden so viel zu tun gab, hätte er nie gedacht. Sie sagte, Mei habe sich für ihn eingesetzt und würde sich verbürgen, dass er zuverlässig und ehrlich sei. Auch Yuuto schätze ihn. Am Ende des Gesprächs meinte die Frau: »Wann kannst du anfangen?«
Als sich die Ladentür hinter Takeo schloss, rief er sofort Mei an und sie entschieden, ihre neuen Jobs zu feiern. Sie kauften sich Bier und ein paar Snacks im Supermarkt und wollten zum Park gehen, als ihnen Riko entgegen kam. Strahlend begrüßte sie Takeo: »Takeo-kun, du bist wieder zurück! Und das – ist das deine Freundin?« Sie zeigte auf Mei und betrachtete sie neugierig.
Mei trat vor und verbeugte sich. »Mei Suzuki, ich freue mich, Sie kennenzulernen.«
Als Riko erfuhr, was die beiden feiern wollten, freute sie sich sehr und beglückwünschte sie. Mei überredete sie, sich zu ihnen zu setzen und so nahmen sie gemeinsam auf einer Bank im Park Platz. Riko bestand darauf, dass die beiden sie und Masao bald besuchen müssten. Sie versprach, etwas ganz Besonderes zu kochen – etwas viel Besseres, als das, was es in ihrem Restaurant gebe. »Etwas richtig chinesisches. Das, was ihr aus dem China-Restaurant kennt, ist nur ein schwacher Abglanz der wahren Kochkunst aus dem Reich der Mitte.« Grinsend sahen Mei und Takeo sich an.
Bis zum Abend saßen die Drei auf der Bank und tranken und aßen. Heute, beschloss Takeo, wollte er Mei fragen, ob sie die Nacht bei ihm verbringen wollte. Oder er bei ihr, was sicher viel gemütlicher wäre, aber das konnte er ja schlecht fragen. Riko wollte gerade aufbrechen, »bevor dein Onkel noch eifersüchtig wird«, als Takeos Telefon klingelte. Er ging ein paar Schritte abseits und nahm ab.
»Ichihara hier.« Takeo spürte, wie das wunderbar leichte Gefühl, das er nach dem Bier hatte, schlagartig von ihm abfiel.
»Kommissar Ichihara. Was kann ich für Sie tun?« Mei beobachtete Takeo und setzte alarmiert die Bierdose ab, als sie sein Gesicht sah.
»Takeo Toda, nicht wahr?«
»Hai.«
»Kannten Sie Fumiko Sano?«
»Sano-san heißt meine Vermieterin … warum ›kannten‹?«, fragte Takeo und wusste doch schon die Antwort.
»Ich möchte mich mit Ihnen unterhalten. Ich warte vor ihrem Haus, haben Sie Zeit?«
»Ich kann in 15 Minuten bei Ihnen sein.«
»Perfekt. Vielen Dank für Ihre Kooperation.«
Hastig verabschiedete sich Takeo von Riko und Mei. Mei ließ sich nicht davon abbringen, ihn zu begleiten.
Und so standen sie wenige Minuten später vor Takeos Haus. Kommissar Ichihara lehnte lässig an seinem Auto, einem großen, altmodischen Toyota mit Stufenheck und rauchte eine Zigarette. Als er Takeo kommen sah, zog er einen kleinen Aschenbecher aus der Tasche und drückte die Zigarette sorgfältig darin aus. Takeo beobachtete, wie die Augen des Kommissars interessiert aufleuchteten, als Mei sich vorstellte. Zweifellos erinnerte er sich an die letzten Worte des Selbstmörders aus dem Manga Café. »Mei, Suzuki Mei, sagten Sie?«
»Hai.«
»Am besten, Sie kommen auch mit.« Überrascht sah Mei Takeo an. Sie gingen in Takeos Zimmer und setzten sich auf den Boden. Ichihara begann.