Dunkle Macht der Leidenschaft - Christine Feehan - E-Book

Dunkle Macht der Leidenschaft E-Book

Christine Feehan

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Beschreibung

In den Bergen der Sierra Nevada erfüllt sich für die Magierin Julija Brennan und den Karpatianer Isai Florea der Traum eines gemeinsamen Schicksals.
Nach langer Gefangenschaft in einem Kloster kann Isai kaum glauben, dass er seine Seelengefährtin gefunden hat. Aber Julija ist auf der Flucht. Sie wird von ihren Feinden verfolgt und bald müssen Isai und sie lernen, einander bedingungslos zu vertrauen. Denn nur gemeinsam können sie die Gefahr, die für Julija und die Karpatianer besteht, abwenden.

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Seitenzahl: 688

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Inhalt

CoverÜber dieses BuchÜber die AutorinTitelImpressumWidmungStammbaum: Karpatianer – Teil 1Stammbaum: Karpatianer – Teil 2Stammbaum: Andere Karpatianische GefährtenFür meine LeserDanksagung123456789101112131415161718192021

Über dieses Buch

In den Bergen der Sierra Nevada erfüllt sich für die Magierin Julija Brennan und den Karpatianer Isai Florea der Traum eines gemeinsamen Schicksals.

Nach langer Gefangenschaft in einem Kloster kann Isai kaum glauben, dass er seine Seelengefährtin gefunden hat. Aber Julija ist auf der Flucht. Sie wird von ihren Feinden verfolgt und bald müssen Isai und sie lernen, einander bedingungslos zu vertrauen. Denn nur gemeinsam können sie die Gefahr, die für Julija und die Karpatianer besteht, abwenden.

Über die Autorin

Christine Feehan lebt gemeinsam mit ihrem Mann und ihren elf Kindern in Kalifornien. Sie schreibt seit ihrer frühesten Kindheit. Ihre Romane stürmen regelmäßig die amerikanischen Bestsellerlisten, und sie wurde in den USA bereits mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet. Auch in Deutschland erfreut sich die Autorin einer stetig wachsenden Fangemeinde.

CHRISTINE FEEHAN

Dunkle Machtder Leidenschaft

ROMAN

Aus dem amerikanischen Englischvon Anita Nirschl

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2019 by Christine Feehan

Titel der amerikanischen Originalausgabe: »Dark Illusion«

Originalverlag: Berkley Books

All rights reserved including the right of reproduction inwhole or in part in any form.

This edition published by arrangement with Berkley, an imprint ofPenguin Publishing Group, a division of Penguin Random House LLC.

Für die deutschsprachige Ausgabe:

Copyright © 2021 Bastei Lübbe AG, Köln

Titelillustration: © Petr_Joura/Getty Images;Angel_1978/Thinkstock; Anson_iStock/Getty Images;Smitt/Getty Images; Maria Jeffs/Getty Images

Umschlaggestaltung: Guter Punkt, München

eBook-Produktion: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7325-9492-4

luebbe.de

lesejury.de

Für meinen Enkel James Clarke, in Liebe.

Für meine Leser

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Danksagung

Bei jedem Buch habe ich so vielen Leuten zu danken. Zuerst danke ich meiner Schwester Anita Toste, die stets für alles zu haben ist, was mit Magiern, Zaubersprüchen und Dichtkunst zu tun hat. Du bist immer für mich da, und das weiß ich sehr zu schätzen! Dank dir hat es so großen Spaß gemacht, dieses Buch zu schreiben. Domini und Sheila, danke für eure Überarbeitungen, bei denen ihr alle losen Enden aufgespürt habt. Danke an Brian, dass er mich dazu herausgefordert hat, schneller zu schreiben, allerdings muss ich sagen, manchmal hatte ich den Verdacht, dass er nicht an seinem Buch geschrieben, sondern stattdessen Videospiele gespielt und mich nur veräppelt hat!

1

Julija Brennan verschränkte die Finger hinter dem Kopf und genoss die ungehinderte Sicht auf die Sterne. Hier draußen gab es weder Großstadtlichter noch Luftverschmutzung. Der Himmel über den Bergen der Sierra Nevada war absolut klar und bot einen unvergleichlichen Blick auf die Milchstraße, wie er sich ihr auf ihren vielen Reisen noch nie geboten hatte.

Vor lauter Faszination bemerkte sie kaum, dass sie in der Nachtluft fröstelte. Nachts war es kühl in den Sierras, und da der Winter vor der Tür stand, kündigten die Temperaturen für die nächsten Tage Schnee an. Sie hatte gehofft, ihr Auftrag würde vor dem ersten Schneefall erledigt sein, aber es sah nicht danach aus. Zu jedem anderen Zeitpunkt wäre es einfach nur perfekt gewesen, unter dem nächtlichen Sternenhimmel zu liegen.

Es machte ihr nichts aus, weit weg von allen anderen in einer schönen Berglandschaft zu sein. Sie mochte die Einsamkeit. Sie sehnte sich sogar danach. Doch unglücklicherweise lieferte sie sich gerade den Wettlauf ihres Lebens. Bisher war sie gut vorangekommen, aber jetzt war sie ins Stocken geraten. Sie hatte keine Ahnung, wohin sie gehen oder was sie tun sollte, um die richtige Spur wiederzufinden. Das Gebiet war sechshundert Kilometer lang und hundert Kilometer breit. Etwas so Kleines wie ein Buch darin aufzuspüren, ohne eine Ahnung zu haben, wo es sein könnte, war unmöglich, aber bei dieser Suche ging es um Leben und Tod. Sie verabscheute Drama und wollte auf keinen Fall dramatisch sein, nicht einmal in ihren Gedanken. Doch es war eine unvermeidliche Tatsache, dass sie dieses Buch finden musste, bevor jemand anders es tat, und es waren einige auf der Suche danach.

Seltsam, dass etwas so Kleines wie ein Buch die Macht haben konnte, Leben zu zerstören. Zu korrumpieren. Gute Menschen in Monster zu verwandeln. Von Macht beherrscht. Sie blickte hoch zu den Sternbildern und wünschte sich, sie könnte auf den Sternen reiten oder die Kometen hinunterrutschen, anstatt einem Buch hinterherzujagen, das niemand je zu Gesicht bekommen, geschweige denn von seiner Existenz etwas wissen sollte. Auf Sternen zu reiten und Kometen hinunterzurutschen war womöglich viel leichter, als in sechshundert Kilometern Wildnis ein mythisches Buch aufzuspüren.

Sie mochte jene Orte auf der Welt am liebsten, an denen sie den Sternen am nächsten und fern von anderen Menschen war. Wie in diesen Bergen. Den Sierras. Wer hätte gedacht, dass sie einmal mit den Karpaten um Julijas Zuneigung konkurrieren würden? Sie war eine heimatlose Nomadin und eine Ausgestoßene. Eine Verräterin. Eine Kriminelle in ihrer Welt. Es hatte einige Zeit gedauert, bis sie sich damit abgefunden hatte. Orte wie dieser hier hatten ihr dabei geholfen.

Julija glaubte nicht daran, dass sie je ein Zuhause oder eine Familie haben würde. Ihre einzige Freundschaft war aus purer Verzweiflung geschlossen worden, denn sie hatte gesehen, was niemand sonst sehen konnte – Elisabeta. Eine Gefangene, die man mit Gewalt zur Unterwürfigkeit gezwungen hatte und die nach einer Ewigkeit in Gefangenschaft Angst davor hatte, frei zu sein. In all den Jahren, in denen Elisabeta eingesperrt gewesen war, war es niemandem gelungen, die Schichten der Illusion zu durchschauen, in die ihr skrupelloser Entführer sie gehüllt hatte, bis Julijas Blick die Schutzschilde durchdrungen und sie gefunden hatte.

Julija hatte den Geist nach ihr ausgestreckt, trotz Elisabetas Ängsten, und versucht, ihr Hoffnung zu geben. Mehr hatte sie nicht tun können.

Seufzend schloss sie die Augen, um die Millionen funkelnder Lichter über ihr auszublenden. Manchmal war es mehr Fluch als Segen, besondere Gaben zu haben. Eine Freundin gefunden zu haben war der Segen; sie ihrem Schicksal überlassen zu müssen, nachdem sie in Sicherheit war, ein Fluch. Elisabeta brauchte sie dringend, aber Julija musste ihre Mission erfüllen. Ihr blieb keine Wahl. Sie konnte nur hoffen, dass Elisabeta es verstehen und ihr verzeihen würde.

Dankbar für die sternenklare Nacht blickte Julija zum Himmel, auch wenn die klare Sicht mit eisigen Temperaturen einherging. Sie schauderte ein wenig und kuschelte sich tiefer in ihren Schlafsack. Wie praktisch wäre es, wenn sie ihre Körpertemperatur regulieren könnte, wie es Karpatianer ihres Wissens taten. Es gab Dinge, die sie beinahe ebenso gut konnte wie Karpatianer, aber leider gehörte die Kontrolle ihrer Körpertemperatur nicht dazu.

Karpatianer waren eine besondere, nahezu unsterbliche Spezies, die sich vom Blut anderer ernährten, dabei aber nicht töten durften, weil sie sich sonst in Vampire verwandeln würden. Sie schliefen im regenerierenden Erdreich und konnten sich tagsüber nicht draußen aufhalten, aber sie besaßen mächtige Gaben, Kräfte, die ihnen erlaubten, jede erdenkliche Gestalt anzunehmen.

Elisabeta war eine Karpatianerin und entstammte einer sehr starken Blutlinie, dennoch war sie als junges Mädchen entführt und für tot gehalten worden und hatte ihr Leben der Willkür ihres Entführers ausgeliefert verbracht. Julija würde also vorsichtiger sein müssen denn je zuvor. Wenn jemand so Starkes wie eine Karpatianerin überwältigt werden konnte, dann wäre sie leichte Beute.

Sie wurde zwar nicht wie Elisabeta in einer Höhle festgehalten, aber in gewisser Weise war sie ebenso sehr eine Gefangene, wie ihre Freundin es gewesen war – und wahrscheinlich immer sein würde. Man konnte jahrhundertelange Konditionierung nicht einfach abschütteln, wenn man plötzlich frei war. So funktionierte das nicht. Julija hatte mit ihrer Familie und ihren Freunden gebrochen, weil das, was sie planten – und taten –, falsch war. In jeder Hinsicht, und das wussten sie auch. Es war ihnen jedoch egal. Jetzt hatte Julija nichts und niemanden mehr, genau wie Elisabeta. Freiheit bedeutete nicht immer, frei zu sein.

Ein Stern schoss über den Himmel und fiel in einer spektakulären Explosion glühender Herrlichkeit zur Erde. Die Schönheit der Natur raubte ihr stets den Atem, aber ganz gleich, wie überwältigend oder fantastisch ihre Umgebung auch war, sie war hier allein. Es gab niemanden, mit dem sie diesen Moment teilen konnte. Ganz gleich, wie sehr sie im Recht war, moralisch oder anderweitig, sie war allein. Elisabeta musste nun bei Fremden zurückbleiben, aber wenigstens würden die auf sie achtgeben. Zwar war es nicht dasselbe, wie jemanden um sich zu haben, den sie liebte, aber sie lag diesen Leuten am Herzen.

Elisabeta hatte einen Bruder, den sie nicht mehr gesehen hatte, seit sie eine junge Frau war, und den sie nach all den Jahren nicht mehr wiedererkennen würde, aber wenigstens würde er sich um sie kümmern wollen. Julija hatte zwei Brüder, aber die wollten sie töten. Mehr noch, sie würden sie jagen. Höchstwahrscheinlich waren sie ihr bereits auf der Spur. Sie würden sie töten, falls sie sie einholten – und sie waren nicht allein.

Julija verschloss die Augen vor dem atemberaubenden Anblick über ihr und zwang sich dazu einzuschlafen. Sie liebte die Nacht und blieb für gewöhnlich einen Großteil davon wach. Bis sie Elisabeta gefunden hatte und schließlich von Karpatianern umgeben gewesen war.

Sie seufzte und drehte sich rastlos auf die Seite. Offensichtlich war die Nachricht, dass sie eine Feindin ihres Volkes war, noch nicht zu den Karpatianern in den Vereinigten Staaten durchgesickert. Sie hatte Elisabeta sehnlichst durch die kommenden Monate hindurchhelfen wollen, in denen sie eine Freundin am dringendsten brauchen würde. Aber sie war ihr begegnet, während sie auf der Suche nach dem Buch war, und obwohl sie für Elisabetas Befreiung gesorgt hatte, konnte sie nicht bleiben. Früher oder später würden die Karpatianer erfahren, dass sie ihr Feind war. Und sie wollte auf keinen Fall riskieren, gefangen genommen zu werden. Die Karpatianer waren mächtig – wahrscheinlich mindestens so mächtig wie sie.

Julija berührte die Narbe, die an ihrer Kehle entlanglief. Ihre Stimme war dadurch für immer verändert worden, aber wenigstens besaß sie noch eine. Zum Glück wusste niemand außer ihr selbst, dass ihre Kehle nicht zufällig Ziel des Angriffs gewesen war. Sergey, der Mann, der Elisabeta vor so langer Zeit entführt hatte, war sich Julijas Potenzial sehr wohl bewusst und hatte gehofft, sie zu töten oder daran zu hindern, ihre Bestimmung zu erfüllen. Keines der beiden Szenarien klang sonderlich verlockend. Sie war Herrin ihres eigenen Schicksals. Sie traf ihre eigenen Entscheidungen und folgte ihren eigenen Regeln. Das tat sie schon, seit sie beschlossen hatte, sich von ihrer Familie loszusagen und den Prinzen des karpatianischen Volkes vor den Plänen zu warnen, die hinter seinem Rücken geschmiedet wurden.

Aber sie war zu spät gekommen. Als sie das letztendliche Ziel erkannt hatte, waren die Dinge bereits in Gang gesetzt worden, und nun war sie hier und lieferte sich den Wettlauf ihres Lebens. Sie wusste, dass sie vielleicht nicht lebend davonkommen würde, aber eine Niederlage würde sie um keinen Preis akzeptieren. Sie durfte nicht verlieren. Es stand zu viel auf dem Spiel, zu viele Leben hingen davon ab, dass sie ihre Aufgabe erfüllte. Vielleicht sogar eine ganze Spezies.

Über ihr strahlten die Sterne. Ein langer Streifen, der wie Sternenstaub aussah, zog sich zwischen den hellsten Sternen hindurch und hinterließ eine breite, kometenhafte Spur strahlend funkelnder Flecken am Nachthimmel. Sogar der Sternenstaub hatte noch andere Partikel um sich. Benachbarte Sterne tanzten und strahlten, als würden sie von dem langen Schweif angezogen.

»Tu dir nur ruhig selbst leid«, murmelte sie laut, als ihr bewusst wurde, dass sie ihr einsames Leben mit den Sternen über ihr verglich. »Jetzt hast du wirklich den Verstand verloren.«

Sie hätte sich ein Haustier zulegen sollen. Einen Hund. Einen großen Hund. Aber wenn die anderen sie suchen kamen, was würde sie dann mit einem Tier machen? Besonders einem großen Hund. Er würde getötet werden oder müsste zurückbleiben und verhungern.

Die Spur aus Sternenstaub schien sich zu bewegen. Nur ganz leicht, als würden die Partikel wandern, und es wirkte, als habe der breite Streifen seinen Kurs geändert. Ihr stockte der Atem. Sie blinzelte mehrmals, um sich zu vergewissern, dass sie die trübe Konstellation genau sehen konnte. Es bestand kein Zweifel, der gesamte Streifen milchiger Sterne veränderte seine Position. Es geschah so langsam, dass sie es nicht bemerkt hätte, hätte sie nicht seit einer Stunde ununterbrochen in den Himmel gestarrt.

Nichts konnte den Kurs der Sterne tatsächlich verändern, also musste die Bewegung eine Illusion sein. Und das bedeutete, jemand suchte nach ihr. Äußerst langsam, um nicht den Blick ihres Verfolgers auf sich zu ziehen, drehte sie den Kopf. Es konnte jeder sein. Ihre Familie war vermutlich hinter ihr her. Die Karpatianer würden jemanden schicken. Ein Schauer durchlief sie. Erst vor wenigen Tagen noch war sie bei ihnen gewesen, um sich zu vergewissern, dass sie sich um Elisabeta kümmerten. Dann war Julija einfach gegangen, trotz ihrer aufgerissenen Kehle. Inzwischen würde der Prinz die Karpatianer, bei denen Elisabeta sich aufhielt, benachrichtigt haben, dass Julija eine Feindin war und um jeden Preis aufgehalten werden musste.

Spielte es überhaupt eine Rolle, ob es ihre Familie war, die sie verfolgte, oder ein karpatianischer Jäger? Beide würden versuchen, sie aufzuhalten, und das durfte sie nicht zulassen. Langsam kroch sie tiefer in den Schlafsack, bis nur noch ihre Augen herausschauten. Sie hatte kein Feuer gemacht, denn das hätte Aufmerksamkeit erregen können. Auf dem John-Muir-Trail und im Yosemite-Nationalpark waren überall Camper unterwegs, aber sie wusste, dass derjenige, hinter dem sie her war, sich niemals in die Nähe anderer Menschen begeben würde. Er würde so tief wie möglich in die Wildnis der Sierra Nevada vordringen.

Zuerst war sie in der Lage gewesen, ihn zu »spüren«. Manchmal hatte sie gewusst, was er dachte. Er war Karpatianer. Ein uralter Jäger, Iulian Florea, der letzte seiner Familie. Er war auf der Suche nach seiner Seelengefährtin gewesen – dieser einen Frau, die die andere Hälfte seiner Seele hütete –, aber als er sie endlich fand, hatte sie bereits hochbetagt im Sterben gelegen.

Er hatte sie nur noch wenige Minuten im Arm gehalten, und sie hatte nicht gesprochen, ihm nie seine Farben oder Emotionen zurückgebracht, obwohl er Kummer gespürt hatte, als er sie hielt. Sie hatte die Augen geöffnet und zu ihm hochgesehen, unmittelbar bevor sie starb. Ein friedlicher Ausdruck war auf ihr Gesicht getreten. Sie wirkte so zerbrechlich, und ihr Körper war vom Alter gezeichnet, doch sie besaß einen unzähmbaren Geist. Sie hatte Iulian ein schwaches Lächeln geschenkt, dann war sie von ihm gegangen. Julija hatte geweint, auch wenn der Karpatianer es nicht konnte.

Die Frau hatte nie geheiratet und ihr Lebensende allein in einem Pflegeheim verbracht. Iulian hielt sie lange Zeit an die Brust gedrückt, ihr Gesicht über seinem Herzen, bevor er ihren Körper sanft aufs Bett zurücklegte. Die Pflegekräfte waren mit den vielen anderen Patienten beschäftigt, und während sie auf seinen Befehl hin woanders hingesehen hatten, hatte Iulian den Leichnam genommen und war damit in der Nacht verschwunden. Er hatte sie zu einer Höhle in den Karpaten gebracht und sie dort begraben. Lange hatte er über ihr gestanden, und Julija hatte in seinem Geist gelesen, dass er plante, am nächsten Morgen in die Dämmerung zu gehen.

Was hatte ihn dazu bewogen, seine Meinung zu ändern? Warum hatte er die Höhle plötzlich verlassen und war zu seinem Prinzen gegangen? Was war in den karpatianischen Jäger gefahren, einen Mann, der jahrhundertelang ehrenhaft gelebt hatte, dass er sich plötzlich gegen seine Spezies wandte und ihre Existenz in Gefahr brachte? Er war nicht in den Blutrausch verfallen, als seine Seelengefährtin gestorben war. Das war unmöglich. Sie hatte ihm seine Farben und Emotionen nicht zurückgebracht. Und die flüchtigen Einblicke in seinen Geist, die Julija aufgeschnappt hatte, hatten kein innerliches Chaos offenbart. Iulian war voller Entschlossenheit gewesen.

Sie behielt die Sternenkonstellation über ihr im Auge, während sie überlegte, was der Krieger vorhatte. Sie war auf dem Weg zu Mikhail Dubrinsky, dem Prinzen der Karpatianer, gewesen, um ihn zu warnen, dass eine Verschwörung gegen ihn im Gange war und sie es beinahe zu spät herausgefunden hatte. Die Sache war bereits in Bewegung gebracht worden, und sie hatte innerhalb von Minuten eine Entscheidung treffen und diese in die Tat umsetzen müssen.

Xavier, der Hohe Magier, hatte ein Buch mit dämonischen Zaubersprüchen geschaffen. Darin standen die schwärzesten Zauber, die er je gewirkt hatte. Tod. Vernichtung. Alles, was er im Lauf der Jahre heraufbeschworen hatte, um jede andere Spezies zu vernichten oder zu unterwerfen. Er hatte nach der absoluten Macht gestrebt, und sein Zauberbuch konnte diese absolute Macht jedem geben, der es zu benutzen wusste. Julija war eine derjenigen. Ihr Vater und ihre zwei Brüder würden ebenfalls wissen, wie man seine magischen Fähigkeiten entfesselte.

Sie hatte ihre Absicht, den Prinzen zu warnen, aufgegeben und stattdessen Iulian verfolgt. Dieses Buch durfte niemals gefunden werden. Die Karpatianer glaubten, Xavier habe es mit dem Blut dreier Spezies versiegelt – Jaguar, Magier und Karpatianer –, denn das hatte man in einer Vision gesehen. Doch Julija wusste, dass dies nicht alles war. Mit einem anderen Zeremonienmesser war das Blutopfer eines Lykaners dargebracht worden. Außerdem vermutete sie, dass Xavier auch noch ein Menschenopfer miteinbezogen hatte.

Im Lauf der Jahre war der Hohe Magier äußerst paranoid geworden. Er hatte Unsterblichkeit und absolute Herrschaft über jede Spezies auf Erden begehrt. Er hatte sich für allen überlegen und unfehlbar gehalten, dennoch wusste sie, dass er Fehler gemacht hatte. Sie hatte ihn sorgfältig studiert, jede abgespeicherte Szene aufgerufen, die sie finden konnte, von allen, die eine Erinnerung an ihn besaßen – insbesondere ihrem Vater und ihren zwei Brüdern. Sie waren in sein Werk eingeweiht gewesen. Julija war eine Frau und im Gegensatz zu ihnen entbehrlich. Dennoch hatte sie durch ihre Familienmitglieder Informationen über Xavier gesammelt. Alle hatten es für harmlos gehalten, diese mit ihr zu teilen.

Sie war eine Meisterin der Illusion. Deshalb wusste sie auch, dass jemand den Himmel über ihr so geschaffen hatte, dass er aussah, als wäre er echt. Die Konstellation wandte sich mit unendlicher Langsamkeit in ihre Richtung. Julija konterte mit ihrer eigenen Illusion. Sie war keine einsame Camperin, das würde Aufmerksamkeit auf sie ziehen. Stattdessen war sie eine dunkle Reihe von flachen, runden Felsbrocken, die zwischen vielen anderen großen und kleinen Felsen lagen. Oben auf den Steilhängen über den Tälern gab es überall schöne Felsformationen. Es würde nicht den geringsten Verdacht erwecken, wenn sich dort noch ein paar mehr befanden. Sobald sie irgendwo Rast machte, würde sie jedes Mal eine Illusion schaffen müssen.

Julija war Iulian von den Karpaten in Rumänien bis in die Vereinigten Staaten gefolgt. Er war mit einem Privatjet gereist. Diesen Luxus hatte sie nicht. Ihre Familie war zwar wohlhabend, aber als sie sich von ihnen losgesagt hatte, hatte sie auch den Zugriff auf das Vermögen verloren. Sie war nicht mittellos, denn sie hatte sich vorbereitet, aber überflüssigen Luxus wie Privatjets konnte sie sich nicht leisten.

Iulian hatte seinen Vorsprung ausgebaut und die Sierra Nevada vor ihr erreicht. Dann hatte sie die Verbindung zu Elisabeta aufgefangen und sich in der Hoffnung, sie befreien zu können, von Elisabetas Entführern gefangen nehmen lassen. Das hatte wertvolle Zeit gekostet, und sie war dabei verletzt worden. Anschließend war sie relativ schnell wieder auf Iulians Fährte gestoßen.

Dennoch schien sie immer einen Schritt hinterherzuhinken, ganz gleich, wie sehr sie sich anstrengte. Zweimal hatte sie raten müssen, in welche Richtung Iulian unterwegs war, und beide Male hatte sie falschgelegen und wieder umkehren müssen. Zum Glück konnte sie seine Anwesenheit »fühlen«, eine Anziehungskraft ähnlich der eines Magneten. Doch dann war sie unerwartet verschwunden.

Wusste er, dass sie ihm folgte und flüchtige Einblicke in seinen Geist erhaschen konnte? Hatte er sie bewusst ausgetrickst? Es war möglich. Sie war stark und besaß unerschöpfliche Macht und Talent, aber sie war nicht so geübt, wie sie es gern wäre und sein musste. Zumindest, wenn es darum ging, mit einem uralten karpatianischen Krieger fertigzuwerden. Sie war eine direkte Nachfahrin von Xavier, dem Hohen Magier. In ihren Adern floss verräterisches, gieriges Blut. Sie wusste, dass Xavier weit größere Sünden begangen hatte, als irgendjemand ahnte, und sie wollte nicht, dass diese Sünden ans Tageslicht kamen. Aber falls dadurch diejenigen aufgehalten werden konnten, die hinter dem Buch her waren, dann sollte es eben so sein. Sollte die Welt doch von Xavier und den unheiligen Dingen, die er getan hatte, erfahren.

Völlig reglos schaute sie hoch zum klaren Nachthimmel. Der Wind zerzauste ihr Haar. Sie sorgte dafür, dass es aussah wie eine kleine Pflanze, die am Fels festgewachsen war, nur für den Fall, dass die winzige Bewegung Aufmerksamkeit auf sie lenkte. Während sie die Sterne über ihr musterte, versuchte sie, das eine kleine Detail an dieser nahezu perfekten Illusion zu finden, das ihr erlauben würde, deren Erschaffer zu identifizieren.

Das Werk war bewundernswert. Ihre Brüder beherrschten beide die Kunst der Zaubersprüche hervorragend, aber Illusionen zu erzeugen war, auch wenn es leicht wirkte, sehr schwer, wenn man es mit jemandem zu tun hatte, der in der Zauberkunst bewandert war. Illusionen waren Bilder, die jene in die Irre führen konnten, die sie sahen, eine Fehlinterpretation der Realität – der tatsächlichen Natur. Die Täuschung über ihr war nahezu makellos. Wenn sie die Sterne nicht beobachtet hätte, dann wäre sie ihr nicht aufgefallen.

Julija liebte die Nacht und vor allem die Sterne. Das wusste ihre Familie. Wenn es draußen dunkel und der Himmel klar war, stand sie draußen. Zu Hause hatte sie ein sehr gutes Teleskop auf dem Dach, um die Sterne besser studieren zu können. Sie konnte jede Konstellation benennen, war ein wandelndes Lexikon voll Fakten über das Universum und alles darin. Ihre Brüder würden sorgsam darauf achten, welche Mittel sie benutzten, um sie zu finden.

Sie wussten auch, dass sie eine Meisterin der Illusion war. Natürlich existierten noch weitaus geübtere, aber dank der Macht, die in den Adern ihrer Familie floss, hatte es eine Zeit gegeben, in der ihre Brüder sie für die beste der ganzen Familie gehalten hatten. Das hatte sich im Lauf der Jahre geändert. Jetzt glaubten sie, sie so unterdrückt zu haben, dass sie kaum mehr in der Lage war, überhaupt Magie zu wirken. Dennoch würden sie nicht die Sterne wählen, es sei denn, sie wollten sie wissen lassen, dass sie hinter ihr her waren. Es würde ihnen keinen Nutzen bringen, wenn sie es wüsste. Schließlich würde sie es ihnen dann nur noch schwieriger machen – was sie natürlich bereits tat.

Ihre Brüder befanden sich irgendwo dort unten im Tal und suchten nach ihr. Zwar hatte es dafür keine Anzeichen gegeben, doch sie hatte ihre Brüder genauso »gespürt« wie den Karpatianer, den sie jagte. Das war eine der Gaben, die ihr angeboren waren. So hatte sie auch gewusst, dass Elisabeta in der Nähe war, obwohl sie sie nicht sehen konnte. Elisabetas Entführer hatte sie in einer unterirdischen Kammer in einen kleinen Käfig gesperrt und ihn zu einem Teil der Felsen gemacht. Sie war vor aller Augen versteckt gewesen. Aber Julija kannte sich mit Illusionen aus und konnte zudem andere Lebewesen »erspüren«.

Sie wusste beinahe immer, wie weit jemand von ihr entfernt war und in welche Richtung sie gehen musste, um ihn zu finden. Auch wenn es nicht immer von Vorteil war, konnte sie spüren, was derjenige tat. Höchstwahrscheinlich war das auch der Grund, warum ihre Geschwister sie von ihrem Plan ausgeschlossen hatten, in Xaviers Fußstapfen zu treten und die Weltherrschaft an sich zu reißen.

Wenn es nicht ihre Brüder waren, die die Sterne benutzten, um sie zu finden, dann musste es ein Karpatianer sein, und zwar ein sehr erfahrener. Der Gedanke ließ ihr Herz schneller schlagen. Sie wusste, was der Prinz denken würde, sobald man herausgefunden hatte, wer sie war. Sie hatte sich in der Nähe des Buchs aufgehalten, unmittelbar bevor es gestohlen worden war. Man würde ihr vielleicht sogar die Schuld geben und glauben, Iulian sei hinter ihr her, um das Buch der schwarzen Zauberkünste zurückzuholen. Das würde für den Prinzen mehr Sinn ergeben, als es andersherum anzunehmen. Er würde wissen, dass sein karpatianischer Jäger nicht nachgegeben hatte und zu einem Vampir geworden war.

Ein kleiner Schauer durchlief sie. Sie war schon mehr als genug Vampiren begegnet und würde es jederzeit lieber mit einem Magier aufnehmen. Elisabeta war von einem alten Freund der Familie entführt worden, der dann absichtlich zum Vampir geworden war. Jahrhunderte hatte sie in seiner Gefangenschaft verbracht, durch Gewalt und Schmerz darauf dressiert, alles zu tun, was ihr gesagt wurde. Sie hatte es überlebt. Aber die Elisabeta, die sie einst gewesen war, war längst verschwunden. Sie war zu einer Frau geworden, die sich vor dem Leben fürchtete. Davor, auf sich allein gestellt zu leben. Davor, selbst auch nur die kleinste Entscheidung zu treffen. Jahrhundertelang hatte sie das nicht gewagt, und jetzt erschien ihr schon die bloße Vorstellung furchteinflößend und überwältigend. Julija wusste, dass Elisabeta Hilfe brauchte, und sie hatte vorgehabt, ihr zur Seite zu stehen. Doch nun konnte sie nicht mehr absehen, wann sie zu ihrer einzigen Freundin zurückkehren können würde.

Die Karpatianer hofften, Elisabeta zu heilen, indem sie sie in der Erde ruhen ließen, wie es bei ihnen üblich war. Die Beschaffenheit des Erdreichs, insbesondere sein Mineralgehalt, half der Spezies, schneller zu heilen, und regenerierte sie tagsüber, wenn sie schliefen. Die Erde mochte zwar Elisabetas Körper heilen, aber nicht ihr Herz, nicht ihre Seele, ebenso wenig konnte sie den emotionalen Tribut lindern, den die letzten Jahrhunderte von ihr gefordert hatten. Sie würde völlig verloren sein.

Keiner der allmächtigen karpatianischen Jäger begriff vermutlich, wie vollständig Sergey Malinov, Elisabetas Entführer, ihr Wesen kontrolliert hatte. Sie war noch jung gewesen, und er hatte sie zu einer Frau geformt, die vollkommen unterwürfig war und keine Vorstellung davon besaß, wie sie sich anders verhalten sollte. Es war so gut wie aussichtslos, dass sie sich änderte, nachdem sie jahrhundertelang Sergeys Manipulation ausgesetzt gewesen war.

Was machte sie bloß hier in den Bergen auf einer aussichtslosen Suche, wenn die einzige Freundin, die sie auf der Welt hatte, sie so dringend brauchte? Julija konnte nicht anders. Sie war telepathisch veranlagt und sehr mächtig. Obwohl sich Elisabeta Hunderte Kilometer entfernt in der Erde befand, nahm sie Kontakt zu ihr auf, denn ihre Freundin war ebenso mächtig wie sie.

Elisabeta. Kannst du mich hören?

Alle Karpatianer waren telepathisch veranlagt und verwendeten einen gemeinsamen Kommunikationspfad, um miteinander zu sprechen. Julija wusste sehr wohl um diesen Pfad und wollte ihn um jeden Preis meiden. Elisabeta und sie hatten ihren eigenen Kommunikationspfad geschaffen, damit ihr vampirischer Entführer nicht erfuhr, dass sie miteinander redeten. Damals hatten sie sich auf Elisabetas Flucht konzentriert, vor der sie aus vielerlei Gründen Angst gehabt hatte.

Erst dadurch hatte Julija das ganze Ausmaß der Probleme erkannt, denen sich ihre Freundin würde stellen müssen, falls sie entkam. Seit ihrem siebzehnten Lebensjahr hatte sich jemand um sie gekümmert, und davor hatte ihre Familie auf sie aufgepasst.

Daran erinnerte sich Elisabeta aus ihrer Kindheit. Sie war noch sehr jung gewesen, als sie Sergey, einem Jugendfreund ihrer Familie, voller Vertrauen gefolgt war. Er hatte ein Denkmal für seine vermisste Schwester erbaut, und sie war mit ihm gegangen, um es sich anzusehen. Stattdessen war sie in die Fänge eines Wahnsinnigen geraten.

Julija legte mehr Macht in ihre Frage und sandte sie hinaus in Elisabetas Richtung. Kannst du mich hören? Bist du wach? Schon aus der Erde heraus?

Während sie auf Antwort wartete, zählte sie die markantesten Sterne am Firmament und wünschte sich dabei etwas, wie ein kleines Kind. Wann war sie zuletzt ein Kind gewesen? Sie konnte sich nicht einmal mehr erinnern. Elisabeta war manchmal noch sehr kindlich, und dennoch hatte sie mehr durchgemacht, als irgendein Lebewesen je durchmachen sollte.

Julija?

Die Stimme war schwach – nicht aufgrund der Entfernung, denn Julija stellte die Verbindung her, und sie war mächtig genug, die Distanz zu überwinden. Es half ihr, dass sie genau wusste, wo ihre Freundin war. Doch was Julija hörte, gefiel ihr gar nicht. Elisabeta klang unsicher. Verängstigt.

Bist du allein, meine Freundin?

Ja, antwortete Elisabeta, ohne zu zögern. Unter der Erde. Ich möchte der Welt noch nicht gegenübertreten. Dazu bin ich noch nicht bereit.

Ich komme so bald wie möglich. Diese Aufgabe dauert länger als erwartet.

Es folgte ein kurzes Schweigen. Julija wartete mit klopfendem Herzen. Versteckt unter dem Schlafsack legte sie eine Hand auf ihr Herz. Sie wollte Elisabeta in die Arme nehmen. Ihre Freundin war immer noch das junge Mädchen, das nie eine Chance bekommen hatte, zu erblühen und zu der Frau heranzuwachsen, die es sein sollte.

Bist du in Sicherheit?

Julija wusste nicht, warum ihr diese einfache Frage von Elisabeta die Tränen in die Augen trieb. War sie sicher? Sie schaute hoch zu der Sternenkonstellation, die am Himmel langsam ihre Position änderte. Wie sollte sie darauf antworten? Ich weiß nicht genau. Jemand ist hinter mir her. Ich habe dir ja von meinen Brüdern und ihrem Plan erzählt.

Die beiden Frauen hatten oft miteinander gesprochen, während Sergey geglaubt hatte, sie seien dazu nicht in der Lage. Julija hatte Elisabeta alles über ihre Brüder und deren Machenschaften erzählt. Im Gegenzug hatte Elisabeta ihr von ihrem Leben mit Sergey berichtet. Julija war klar gewesen, dass sie ihr nie eine Erklärung hätte entlocken können, ohne selbst persönliche Informationen über sich preiszugeben. Dazu hatte Elisabeta zu viel Angst gehabt, mit irgendjemandem ohne Sergeys ausdrückliche Erlaubnis zu reden.

Und dennoch bleibst du auf deinem Kurs. Eine Frau wie du ist mir noch nie begegnet. Sie hörte die Bewunderung in Elisabetas Stimme.

Es gibt viele wie mich und auch viele auf dieser Welt wie dich.

Während sie das sagte, musste sie an all die Frauen denken, die nicht wie sie die Chance hatten zu werden, was sie sein wollten. Julija hatte an den besten Universitäten studiert, einfach nur, weil Bildung sie angesprochen hatte. Wissen war Macht, hatten ihre Lehrer stets behauptet, und sie teilte ihre Meinung. Allerdings waren sie nicht derselben Meinung darüber gewesen, welche Art von Wissen einem Macht verlieh.

Die Welt hat sich erheblich verändert, während du gefangen gehalten wurdest.

Er ruft nach mir.

Julijas Herz setzte einen Schlag lang aus und hämmerte dann wild. Sergey ruft nach dir?

Ja. Ich habe Angst, dass ich zu ihm gehen werde, wenn ich die Erde verlasse. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich weiß nicht, wie ich irgendetwas anderes sein soll als das, was er von mir verlangt.

Elisabeta sprach mit tränenerfüllter Stimme, doch Julija wusste, dass sie keine vergoss. Das war nicht ihre Art. Tränen waren ihr mit Schlägen ausgetrieben worden, zusammen mit jeglichem Widerspruch.

Du weißt, dass du nicht zu ihm zurückgehen darfst. Du verachtest ihn.

Mehr als alles andere. Mit jedem Atemzug. Ich weiß nur nicht, wie ich ohne ihn leben soll. Bis ich das herausgefunden habe, bleibe ich, wo ich bin. Er hat mir alles gegeben, Julija. Ich habe getan, was er sagte, und im Gegenzug versorgte er mich mit dem Blut, das ich zum Leben brauchte. Weil es ihm besonders gefiel, mein Blut zu nehmen, hat er mir Blut von anderen gegeben.

Es folgte ein Augenblick Stille. Julija konnte spüren, wie Elisabeta ihre Gedanken sammelte, und diese Gedanken waren ihr zuwider.

Ich nehme an, dass er diejenigen ermordet hat, deren Blut er mir gab. Diesmal konnte sie den Kummer ihrer Freundin nicht nur hören, sondern auch spüren.

Julija zögerte einen Moment, während sie nach den richtigen Worten suchte. Du weißt, dass du nichts hättest tun können, um ihn aufzuhalten, Elisabeta. Das kannst du immer noch nicht. Bitte wirf deine Freiheit nicht weg. Ich weiß, es ist furchteinflößend, aber gib dir Zeit. Die Karpatianer können es nicht erwarten, dir zu helfen. Und du hast einen Bruder.

Das sagen mir alle. Aber ich erinnere mich nur bruchstückhaft an meine Kindheit, und ich bin mir nicht sicher, ob diese Erinnerungen echt sind oder ob Sergey sie mir in den Kopf gepflanzt hat. Sie hielt inne. Wenn mein Bruder kommt, wird er Dinge von mir erwarten, die ich ihm nicht geben kann. Ich fühle mich so ängstlich and allein. Wenigstens war ich durch Sergey vor allen geschützt.

Mit wachsendem Kummer schloss Julija die Augen. Sie hatte gehofft, Elisabeta wäre in sicheren Händen, doch ihre Freundin versteckte sich vor allen. Als sie das hörte, tat es Julija noch mehr leid, dass sie nicht da war, um Elisabeta zu beschützen und ihr behutsam zu einem richtigen Leben zu verhelfen. Aber was für ein Leben konnte das sein? Wie sollte das für jemanden wie Elisabeta aussehen? Die moderne Welt würde sie nie verstehen. Man würde von ihr erwarten, zur Therapie zu gehen und zu »heilen«. Das würde nie geschehen. Jahrhundertelange Misshandlung ließ sich nicht einfach fortwischen. Nach Hunderten Jahren der Unterwürfigkeit konnte sie sich nicht plötzlich in eine temperamentvolle, unabhängige Frau verwandeln. Julija wusste das und hatte Angst um sie.

Kleine Schritte, Elisabeta. Schon vergessen? Wir haben darüber gesprochen. Du kannst nicht erwarten, sofort auf eigenen Füßen zu stehen, wenn das überhaupt jemals geschehen wird. Du musst dich auf die Leute verlassen, die dir die Hand reichen, die, bei denen es sich richtig für dich anfühlt.

Es folgte Schweigen. Ablehnung. Du hast das nicht getan.

Julija verfluchte es, dass sie Elisabeta so viel über ihr Leben erzählt hatte. Es fällt mir schwer, Freunde zu finden. Ich hatte niemanden, auf den ich mich verlassen konnte.

Ihre Eltern hatten sie nie vergessen lassen, dass sie eine direkte Nachfahrin von Xavier, dem Hohen Magier, war. Sie hatten nicht gewollt, dass sie sich mit anderen anfreundete, egal ob es Magier waren oder sie zu einer anderen Spezies gehörten. Sie hatte jeden Zauber gelernt, das Erschaffen von Illusionen geübt und alles getan, was ihre Stiefmutter sonst noch von ihr verlangt hatte. Dabei war keine Zeit geblieben, um zu lernen, wie man Freundschaften schloss, oder eine Kindheit zu haben, auf die man lachend zurückblicken konnte. Ihre Brüder hatten sie oft als Rivalin angesehen, aber wie eine erbärmliche Magierin und wie eine Nahrungsquelle behandelt.

Du hast Angst vor deinen Brüdern.

Vor meinen Eltern auch. Die darfst du nicht vergessen. Sie waren an allem beteiligt, was meine Brüder getan haben. An der Züchtung von Katzen, um sie in Schattenwesen zu verwandeln. Das war unmoralisch und falsch. Diese Katzen leiden. Sie brauchen Blut zum Überleben genau wie du, aber wenn sie nicht gehorchen, werden sie nicht gefüttert.

Genau so hat Sergey mich behandelt. In manchen Nächten ging es so weit, dass ich zu schwach war, um noch klar sehen zu können. Dann wurde er so wütend, dass er mich mit einem Stock oder einer Peitsche schlug. Bis ich nicht mehr stehen konnte. Anschließend kam er zu mir und behandelte mich so sanft, dass ich verwirrt war. So verwirrt. Unfähig zu begreifen, dass er derselbe Mann war.

Dasselbe haben meine Brüder mit den Katzen gemacht. Sie haben sie darauf konditioniert, immer zu ihnen zurückzukommen, nachdem ihre Aufträge ausgeführt sind.

Warum sind manche Leute so grausam?

Ich weiß es nicht, Elisabeta. Geld. Macht. Einfach weil sie es können.

Er sagte, dass ich ohne einen Meister nie überleben würde. Er sagte, dass er dafür gesorgt habe, und dann lachte er immer so grausam. Aber er hat recht. Ich werde nie fähig sein, allein zu überleben.

Du brauchst keinen Meister. Da liegt er falsch. Ich werde dir helfen, sobald ich zurückkommen kann. Das sollte nicht mehr lange dauern.

Sie drängen mich, mich zu erheben. Ein kleines Schluchzen war in Elisabetas Geist zu vernehmen, jedoch nicht in ihrer Stimme. Aber ich kann ihnen standhalten. Schließlich habe ich gelernt, zu schweigen und stur zu bleiben, wenn ich etwas nicht tun will. Ich glaube nicht, dass sie mich schlagen werden.

Nein, sie werden dich nicht schlagen. Warum habe ich das Gefühl, dass du mir nicht alles sagst?

Es gibt immer mehr zu erzählen. Du hast mir auch nicht alles gesagt. Was ist das für eine Aufgabe, die du erledigen musst?

Julija tippte sich mit dem Zeigefinger ans Kinn. Würde sich Elisabeta zu viele Sorgen um sie machen, wenn sie es ihr nicht erklärte? Wahrscheinlich. Elisabeta war darauf konditioniert worden, es anderen recht machen zu wollen – sogar jenen, die böse waren. Sergey hatte all das liebevolle Mitgefühl, das Elisabeta für andere empfand, so verdreht und verstärkt, wie er es wollte. Es war möglich, dass Elisabeta schon immer ein unterwürfiges Wesen gehabt hatte, aber sie hätte ein hohes Selbstwertgefühl besessen, und ihre Fähigkeit, andere einzuschätzen und ihnen zu vertrauen, hätte sich mit zunehmendem Alter entwickelt.

Elisabeta drängte sie nicht, noch versuchte sie, ihre Entscheidung zu beeinflussen. Genau wie Julija war sie einfach damit zufrieden, eine richtige Freundin zu haben, jemanden zum Reden, den sie nach einer Meinung fragen konnte.

Erinnerst du dich an den Namen Xavier? Er war der Hohe Magier und hat den Karpatianern angeboten, sie zu lehren, wie man Schutzzauber wirkt.

Ja, natürlich.

Xavier hat heimlich ein Komplott geschmiedet, das karpatianische Volk und jede andere mächtige Spezies zu vernichten. Bei der Jaguar-Rasse ist es ihm so gut wie gelungen. Er hat die Männer gegen die Frauen aufgebracht, und sie sind praktisch ausgestorben. Die Werwölfe sind noch stark, aber ein Krieg zwischen ihnen und den Karpatianern konnte nur knapp verhindert werden. Ihr Bündnis ist immer noch bestenfalls instabil. Magier werden von allen Spezies mit Argwohn betrachtet.

Elisabeta stieß ein leises Keuchen aus. Als ob die Vampire nicht schon schlimm genug wären.

Die Vampire haben unter den Malinov-Brüdern begonnen, Armeen zu bilden, wie du wohl weißt. Sergey trägt Splitter von Xavier in sich. Mindestens zwei, vielleicht sogar drei. Auch einen Splitter seines Bruders.

Das weiß ich, aber woher weißt du das?

Auf dieselbe Weise wie du, Elisabeta. Ich kann sogar die Vampire spüren. Als Sergey mir nahe kam, sogar nah genug, um mich zu töten, habe ich Xavier in ihm gespürt. Xaviers Gegenwart ist sehr charakteristisch, und ich bin eine direkte Nachfahrin von ihm.

Wie ist das möglich?

Xavier hat Rhiannon entführt.

Rhiannon verschwand spurlos. Niemand konnte sie finden. Nachdem Sergey mich gefangen genommen hatte, dachte ich, dass vielleicht einer seiner Brüder sie in seiner Gewalt hat. Es waren schon Jahre vergangen, aber ich dachte, sie sei vielleicht noch am Leben und wir würden einander finden. Ich wollte nicht allein sein. Das Letzte sagte sie beschämt.

Das ist ein völlig natürliches Gefühl. Besonders wenn man bedachte, dass Elisabeta nach karpatianischer Zeitrechnung noch sehr jung war. Erneut wollte Julija sie in die Arme nehmen und trösten. Hatte das je irgendjemand getan? Es war Xavier, der Rhiannon entführt hat. Er wollte unsterblich sein. Es gelang ihm, sie durch Zauber daran zu hindern, um Hilfe zu rufen oder sich selbst zu befreien. Er hatte drei Kinder mit ihr. Drillinge. Soren, Tatijana und Branislava.

Elisabeta seufzte. Arme Rhiannon. Ich hatte keine Ahnung, dass Xavier so ein Monster war.

Er hat die Kinder behalten und Rhiannon umgebracht, weil er sich sicherer fühlte, wenn sie keine Pläne schmiedete, einen Weg zu finden, ihn zu töten. Er schien versucht zu haben, die Kinder als seine Familie aufzuziehen, aber Rhiannon hatte ihnen bereits die Wahrheit gesagt. Die beiden Mädchen sperrte er in eine Eishöhle, nachdem sie sich in ihre Drachenformen verwandelt hatten. Zuerst tat er mit Soren dasselbe, aber er wollte ihn für seine Zwecke benutzen, deshalb bestrafte er die beiden Mädchen, wenn ihr Bruder sich gegen ihn wandte. Soren hat sich schnell gefügt.

Elisabeta erschauderte leicht. Mit anzusehen, wie jemand, den man liebt, für die eigenen Vergehen bestraft wird, ist sehr schwer. Diesbezüglich hatte ich lange Zeit Glück, Sergey erlaubte es nicht, dass sich jemand anders in meiner Nähe aufhielt. Als er es schließlich doch tat, stellte ich fest, welch ein Albtraum das war. Ihm gefiel es, weil ich es zwar ertragen konnte, wenn er mich schlug, es aber verabscheute, wenn er anderen Schmerzen zufügte.

Julija wusste, dass Sergey diese Methode oft bei Elisabeta angewandt hatte. Er hatte sie gezwungen, ihm dabei zuzusehen, wie er ganze Familien auslöschte, und dann behauptet, es wäre ihre Schuld. Die menschlichen Marionetten, die er erschuf, fraßen das Fleisch von lebenden Geschöpfen, hauptsächlich Kindern. Elisabeta hatte stets alles getan, was Sergey von ihr verlangte, solange er die Marionetten nur aufhielt.

Xavier hielt Soren von seinen Schwestern getrennt, außer wenn er ihn bestrafen musste. Er gestattete ihm, mit einer Magierin zusammen zu sein, die Xavier ausgesucht hatte. Sie brachte einen Sohn zur Welt, und ihnen wurde gesagt, das Baby sei bei der Geburt gestorben. Das Kind wurde einer anderen Magierin gegeben, um es fern von Soren aufzuziehen, und die leibliche Mutter wurde vor Sorens Augen von Xavier getötet, weil sie ihn »enttäuscht« hatte. Ein paar Jahre später heiratete Soren eine menschliche Frau, ich glaube, ihr Name war Samantha, ein weiteres Experiment, außerdem wollte Sergey nicht, dass ihre Kinder mächtiger wären als Sorens Erstgeborener. Sie bekamen Zwillinge, Razvan und Natalya.

Elisabeta schnappte nach Luft. Xavier ist genauso schlimm wie Sergey.

Ich glaube, sie stehen sich in ihrer Verderbtheit in nichts nach. Sorens Erstgeborener, Anatolie, wuchs zu einem mächtigen Magier heran, einem, der Xavier dabei helfen sollte, ihre Feinde auszulöschen. Anatolie heiratete eine Magierin, die Xaviers Zustimmung fand. Es war keine Liebesheirat, weil ich nicht glaube, dass einer von beiden wusste, wie man wirklich liebt. Sie bekamen Zwillinge, zwei Jungen. Sie sollten ihr größtes Kapital sein und unter anderem auch ihr Blut geben, um Xavier am Leben zu erhalten.

Magier haben ein sehr langes Leben, erinnerte sich Elisabeta. Aber sie sind nicht unsterblich.

Technisch gesehen sind Karpatianer das auch nicht, weil man sie töten kann. Doch um zu erreichen, was sie wollten, musste Xavier weiterleben und unsterblich sein. Die Zwillinge waren viel mehr Magier als Karpatianer, und ihr Blut konnte die anderen nicht ausreichend ernähren. Also schmiedeten die drei Magier den Plan, eine Karpatianerin zu finden. Sie setzten die Malinov-Brüder auf eine karpatianische Familie an, worauf diese erst den Vater und dann die Mutter ermordeten. Die Tochter nahmen sie mit. Sie war nicht älter als sechzehn. Sie hat mich zur Welt gebracht. In meinen Adern fließt Magier- und Karpatianerblut. Damit habe ich sie alle ernährt. Offenbar war mein Blut ausreichend dafür.

Julija, hauchte Elisabeta ihren Namen. Sie hatte Sergey fast jeden Tag ihres Lebens Blut gegeben, seit sie siebzehn war. Sie wusste, wie es sich anfühlte, grausam benutzt zu werden.

Julija schaute hoch zu dem Sternbild. Es stand jetzt direkt über ihr, und ihr war, als würden tausend Augen sie beobachten. Sie blieb völlig reglos, verschmolz mit der Landschaft. Ihr Lager befand sich hoch oben in den Bergen der Sierra Nevada in einer besonders felsigen Gegend. Gewaltige Felshänge erhoben sich über ihr und erstreckten sich unter ihr. Die Felsen, die sie geschaffen hatte, waren nur ein paar unter vielen. Normalerweise hatte sie sehr viel Vertrauen in ihre Illusionen, aber aus irgendeinem Grund, vielleicht wegen der Unterhaltung mit Elisabeta, war sie ein bisschen nervös.

Xavier besaß ein Buch mit Zaubersprüchen, in dem er jeden nur möglichen dunklen Zauber niedergeschrieben hatte. Es war durch und durch böse und enthielt die Macht, jede Spezies zu vernichten. Das Buch wurde versiegelt, bis Xavier die mächtigen Magier um sich sammeln konnte, deren Unterstützung er für die Zauber benötigte. Doch Soren stahl das Buch und versteckte es in einem Sumpf. Daraufhin sandte Xavier seine Dämonenkrieger hinter ihm her und folterte ihn, um herauszufinden, wo es war. Sorens Tochter Natalya sah das Ganze in einer Vision und konnte das Buch finden. Die Vision empfing sie, als sie den Zeremoniendolch hielt. Sie sah, wie Xavier einen dunklen Magier, einen Jaguar und eine Karpatianerin opferte. Die Karpatianerin war Rhiannon. Natalya glaubte, dass dadurch das ganze Siegel gebildet worden war. Nach allem, was ich belauscht habe, glaube ich allerdings, dass sie in ihrer Vision nicht mehr gesehen hat, weil sie keinen Zugriff auf alle wertvollen Zeremoniendolche hatte, die Xavier verwendet hatte.

Elisabeta blieb einen Moment lang stumm, während sie versuchte, alles zu begreifen, was Julija ihr gerade erzählt hatte. Natalya fand das Buch vor Xavier.

Richtig. Das Buch wurde dem Prinzen des karpatianischen Volkes übergeben.

Und vernichtet.

Leider nicht. Es konnte nicht geöffnet werden, was gut ist, aber es kann auch nicht so einfach vernichtet werden. Die Karpatianer glaubten, es sei bei Mikhail sicher.

Elisabeta mochte es nicht behagen, ihren eigenen Weg zu gehen, aber dennoch war sie intelligent. Sie zählte alles sehr schnell zusammen. Die Schattenkatzen, die deine Brüder gezüchtet haben – sie wurden eigens dazu geschaffen, das Buch zu stehlen.

Genau. Um die Katzen auszubilden, brachten meine Brüder sie in verschiedene Länder, damit sich niemand zusammenreimen konnte, was sie vorhatten. Sie setzten auch noch andere Magier und Menschen ein, nur für den Fall, dass sie erwischt wurden, und in ein paar Ländern ist das auch passiert, aber meinen Brüdern gelang es zu entkommen, ohne je gesehen oder verdächtigt zu werden. Als sie in der Lage waren, die perfekte Katze zu erschaffen, sandten sie sie los, um das Buch zu holen.

Aber etwas ging schief.

Das zu erraten war leicht. Julija hatte Elisabeta gesagt, dass sie auf einer wichtigen Suche war, einer, die notwendig war, und gerade hatte sie ihr mitgeteilt, dass sie es nicht innerhalb der versprochenen drei Wochen zurückschaffen würde.

Ein karpatianischer Krieger, der gerade erst seine Seelengefährtin verloren hatte, kam ihnen in die Quere. Julijas Herz krampfte sich zusammen, als sie sich daran erinnerte, wie der Krieger die Frau in die Arme genommen und gehalten hatte. Wie er ihr so sanfte Küsse auf die Lider und Lippen gehaucht hatte, dass es Julija zutiefst gerührt hatte.

Sein Name ist Iulian Florea. Er hatte beabsichtigt, in die Morgendämmerung zu gehen, und dann, urplötzlich, seine Meinung geändert. Ich sah das Buch vor mir und glaubte einen Moment lang, er würde versuchen, seine Seelengefährtin wieder zum Leben zu erwecken. Ich wollte nicht, dass er das versucht. Ich wusste, selbst wenn es ihm gelänge, würde alles, was von diesem Buch kommt, durch und durch böse sein.

Hat er das Buch gestohlen?

Er hat die Schattenkatze verwundet und das Buch an sich genommen. Ich bin ihm hierher gefolgt. Die ganze Zeit über konnte ich seine Gegenwart spüren, so habe ich seine Spur gefunden – aber jetzt kann ich es nicht mehr.

Unvermittelt fühlte sie sich unbehaglich. Die Konstellation verharrte direkt über ihr, als habe jemand einen Scheinwerfer auf sie gerichtet. Sie verspürte den Drang, den Schlafsack von sich zu werfen und wegzurennen. Das Bedürfnis zu flüchten war so stark, dass sie sich dabei ertappte, wie sie den Saum ihres Schlafsacks fest umklammerte. Der Drang wurde immer stärker. Doch sie zwang sich, ruhig weiterzuatmen.

Sie konnte Elisabeta nicht sagen, dass sie entdeckt worden war. Sie wusste nicht, wer sie gefunden hatte, aber das spielte nicht wirklich eine Rolle. Iulian, ihre Brüder oder einer ihrer zahlreichen Verbündeten, Vampire und ihre Marionetten oder karpatianische Jäger. Sie alle wussten, dass Julija am Wettlauf um das Buch teilnahm. Selbst wenn sie es als Erste erreichte, würde keiner von ihnen aufgeben, bis er sie gefunden hatte. Das Vernünftige wäre, zu Elisabeta zurückzukehren und ihr zu helfen. Falls die Karpatianer bereits erfahren hatten, dass sie eine Magierin und eine Verräterin war, dann würde es sie unschuldig aussehen lassen, wenn sie einer der ihren half.

Doch Julija konnte ihre Mission nicht aufgeben. Sie wollte es, aber es war unmöglich. Sie durfte nicht zulassen, dass ihre Brüder dieses Buch in die Hände bekamen. Weder jetzt noch jemals.

2

Von seinem Platz auf einem Felsblock starrte Isai Florea hoch in den klaren Nachthimmel. Der Anblick, der sich über ihm erstreckte, war atemberaubend. Ohne die störenden Lichter San Diegos konnte man sich regelrecht in der Schönheit der Sternbilder verlieren. Nachdem er so lange vor der Welt weggesperrt gewesen und dann zurück in eine Gesellschaft geworfen worden war, die er nicht verstand – ebenso wenig wie sie ihn –, vermittelten ihm so viele zusammengepferchte Menschen und Häuser das Gefühl, nicht dazuzugehören.

Ihm war die unerwartete Aufgabe übertragen worden, seinen eigenen Bruder zu jagen. Dabei hatte er nicht einmal gewusst, dass Iulian noch lebte. Jahrhundertelang hatte er nach ihm gesucht, lange bevor er sich in das Kloster hoch oben in den Karpaten zurückgezogen hatte. Er war sicher gewesen, dass Iulian diese Welt längst verlassen hatte, wie jeder, der ihm einmal am Herzen gelegen hatte.

Isai war dankbar dafür, dass er keine Emotionen empfand, während er hinter seinem einzigen noch lebenden Verwandten herjagte. Nachdem er herausgefunden hatte, dass sein Bruder etwas so unglaublich Böses gestohlen hatte wie Xaviers todbringendes Zauberbuch.

Zu welchem Zweck? Hatte Iulian einen Weg gefunden, es zu öffnen? Doch das spielte so oder so keine Rolle, denn er hatte etwas gestohlen, das für den Prinzen ihres Volkes von großer Wichtigkeit war. Mehr musste Isai nicht wissen, um sich ihm an die Fersen zu heften. Darüber hinaus war die kleine Magierin, von der alle gesprochen hatten, Elisabetas Freundin, nicht die, für die sie sich ausgegeben hatte. Entweder war sie hinter Iulian her, um ihm das Buch abzunehmen, oder sie hatte ihm bei dem Diebstahl geholfen.

Isai konzentrierte sich weiter vornehmlich auf die Sternenkonstellation am Himmel, diesen langen Streifen Sternenstaub, der sich zwischen den hellen Gestirnen ausbreitete. Er hatte ihn bis zur Perfektion nachgebildet, jedes Detail, jeden Partikel. Dadurch konnte er das Land darunter sehen, kilometerweite Wildnis mit Tälern und hohen Gipfeln. Er entdeckte Camper, nicht jene auf den Hauptwanderwegen, sondern jene, die sich abseits der üblichen Pfade gewagt hatten.

Die Sierra Nevada war ihm noch unbekannt, aber er hatte ihre Topographie studiert und alles verschlungen, was er über den Gebirgszug lesen oder hören konnte. Das half ihm auch, die Orte zu finden, von denen er sicher war, dass sein Bruder sie aufsuchen würde. Bei der Magierin war die Sache anders. Über sie wusste er nur sehr wenig. Er hatte versucht, mit Elisabeta zu sprechen, aber sie blieb in der Heilungsstätte und weigerte sich, irgendjemanden zur Kenntnis zu nehmen. Isai zuckte mit den Schultern. Wenn er durchgemacht hätte, was sie durchmachen musste, würde er auch mit niemandem reden wollen. Ebenso wenig würde er je jemandem dabei helfen, eine Freundin zu jagen.

Dann spürte er es. Eine plötzliche Veränderung der Energie. Subtil. So subtil, dass er glaubte, sich vielleicht geirrt zu haben, aber als er völlig reglos blieb und all seinen Sinnen erlaubte, sich auszudehnen, spürte er es wieder. Ein gleichmäßiges Fließen. Es war kein natürliches Phänomen, das der Gebirgszug hervorgebracht hatte. Das hier war von jemandem geschaffen worden. Die Energie kam von irgendwoher, und derjenige, der sie kontrollierte, besaß große Macht. Der Energiestrom schwankte nicht einen Moment.

Isai konnte nicht anders, als diese Leistung zu bewundern. Er konzentrierte sich vollständig auf die Energie, um sie zu ihrem Urheber zurückzuverfolgen. Weiblich. Der Energiefluss trug eine leichte Handschrift. Beinahe filigran. Er ertappte sich bei dem Gedanken, dass er in diesem Fluss baden wollte. In der bloßen Schönheit dieser Schöpfung. Es war ungewöhnlich für ihn, derart auf etwas zu reagieren. Die Energie schien ihn regelrecht anzuziehen. Er verspürte den Drang, zuerst seine Hände und dann seine Arme in ihren Strom zu stecken, die Augen zu schließen und der Energie zu erlauben, ihn zu verzehren. In ihn zu fließen und durch ihn hindurch. Ihn vollständig einzuhüllen.

Abrupt zog er sich zurück. Die Magierin also. Sie besaß große Macht, wenn sie einen uralten Krieger, der der Bruderschaft des Klosters angehörte, dazu bringen konnte, in ihren Bann zu fallen, besonders aus der Ferne. Es existierten nur wenige, die ihn besiegen konnten. Das zu denken war keine Arroganz, sondern eine schlichte Tatsache. Vielleicht war sie mit Iulian zusammen. Als ihm dieser Gedanke kam, machte sein Herz einen merkwürdigen stolpernden Satz, und sofort wollte er den Energiestrom wiederfinden und mit den Händen danach greifen.

Er schwang sich in den Himmel. Ein einziger Sprung, schon wechselte er die Gestalt und verschmolz mit dem Nachthimmel, der sich langsam durch die Atmosphäre bewegte, und wurde zu einem Teil der Sternenkonstellation, die er geschaffen hatte. Der Energie zu folgen war einfach, und ohne seinen physischen Körper konnte er dem Drang nachgeben, in diesen lebhaften Fluss einzutauchen.

Als er hinunterblickte, sah er Felshänge, hohe Berge fast ohne Vegetation, deren emporragende Felsen schöne Formationen schufen. Besonders eine zog immer wieder seine Aufmerksamkeit an. Auf einem nackten Felsvorsprung erkannte er drei kleinere Gesteinsbrocken, von denen ein machtvolles Schimmern ausging, so deutlich, dass er es beinahe sehen konnte.

Erneut geriet sein Herz ins Stolpern. Er hatte sie gefunden. Sorgfältig musterte er die Felsplatte. Keine Spur von Iulian. Die Nacht war noch jung genug, dass sein Bruder in der Nähe wäre, falls er zusammen mit der Magierin reiste. Vielleicht hatte er sich auf die Suche nach einem Camper begeben, um dessen Blut zu nehmen.

Isai traf eine Entscheidung. Er ließ sich einfach vom Himmel fallen, direkt durch die Illusion hindurch, die die Magierin zu ihrem Schutz geschaffen hatte, und landete breitbeinig auf ihr, um sie in ihrem Schlafsack festzunageln. Ihre Lider flogen auf, und er starrte in fuchsteufelswilde schokoladenbraune Augen.

»Und du bist?«

Sie kniff fest die Lippen zusammen und funkelte ihn an. Ihre Augen waren äußerst ausdrucksstark, also verstand er. Sie war nicht erfreut darüber, dass er auf ihr saß. Er war muskulös, hatte nicht ein Gramm Fett am Körper, und sie fühlte sich sehr zierlich an. Sogar durch den Schlafsack merkte er, wie zart sie war. Er könnte sie ohne Weiteres zerquetschen. Doch das hielt ihn nicht davon ab, auf ihr sitzen zu bleiben.

»Ich kann die ganze Nacht hier sitzen. Genau genommen lege ich mich einfach auf dich drauf, falls ich müde werde. Du steckst in gewaltigen Schwierigkeiten, nur für den Fall, dass du dachtest, die Unschuldige spielen zu können.«

Er vergewisserte sich, dass ihre Hände gefangen blieben. Magier konnten hervorragend zaubern. Er kannte die meisten ihrer Zaubersprüche und konnte ihnen entgegenwirken. Als er aus dem Kloster zurück in die Welt gekommen war, hatte er es sich zur obersten Aufgabe gemacht, neue Zauber zu lernen. Magierzauber. Er war immer schon geschickt darin gewesen und nahm an, dass sich einiges in der Zauberkunst weiterentwickelt haben musste, während er weggesperrt gewesen war. Also hatte er sich alles angeeignet, was die anderen Karpatianer wussten.

Unter ihren langen Wimpern funkelte sie ihn an, was ihn erkennen ließ, dass ihr Zorn keineswegs abflaute.

Er konnte nicht anders. Sie sah … köstlich aus. Das war neu für ihn. Er empfand keine Emotionen, keine Gefühle, und das schloss sexuelle mit ein. Nicht die geringsten. Dennoch spürte er jetzt, wie sein Körper sich regte, als er so breitbeinig auf ihr saß. Ihm wurde heiß. Da er seine Körpertemperatur mühelos kontrollieren konnte, regulierte er sie sofort wieder. Doch es verhinderte nicht im Geringsten, dass ihm Hitze durch die Adern strömte. Flammen, ein Feuer, das durch sein Blut rauschte, um sich in seinen Lenden zu sammeln. Ein Ziehen, das rasch zu einem drängenden Fordern und dann zu echtem Schmerz wurde.

Isai starrte auf ihr wütendes kleines Gesicht hinunter. Ihre Haut war sehr zart. Ihr Gesicht oval mit hohen Wangenknochen. Sie hatte einen großen Mund mit vollen Lippen. Sehr weiße Zähne. Augen von der Farbe dunkler Schokolade. Farbe. Er wandte den Kopf, um über die Klippe in den Nebel zu starren, und der Atem stockte ihm in der Kehle. Das konnte nicht sein. Diese Magierin. Dieses tückische Weib? Nur seine wahre Seelengefährtin konnte ihm Farben und Emotionen zurückbringen. Die Frau, die die andere Hälfte seiner Seele hütete.

Er war Jahrhunderte früher geboren. Weit, weit vor dieser Zeit. Bei seiner Geburt war seine Seele in zwei Hälften geteilt worden, und er hatte all die Dunkelheit erhalten, während seine andere Hälfte das Licht erhielt. Nach zweihundert Jahren hatte er alle Emotionen und Farben verloren und mit der Suche nach der Einen begonnen, die die andere Hälfte seiner Seele hütete. Endlose Jahrhunderte voller … Leere. Eine graue, trostlose Welt der Gewalt. Die Zeit verging, und empfunden hatte er … noch mehr Leere.

Jetzt spürte er Emotionen, und anstatt Verwunderung war die erste davon Ärger. Eine langsam schwelende Wut, die in seinen Eingeweiden kochte, wenn er diese sture Frau ansah. Ihr tatsächliches Alter ließ sich schwer schätzen. Magier lebten sehr lang und alterten äußerst langsam. Zweifellos war sie im falschen Jahrhundert geboren. Mehr als ein Jahrhundert zu spät. Sie war eine Magierin, eine Todfeindin seines Volkes. Schon jetzt hatte sie ihre heimtückische Natur unter Beweis gestellt.

Mehr noch, sie presste die Lippen weiter fest zusammen und widersetzte sich ihm, obwohl sie wusste, dass er ihre andere Hälfte war.

Er beugte sich dicht zu ihr hinunter. Dabei nahm er ihren zarten Duft wahr. Sie roch nach Pfirsichen mit Sahne. Himmlisch. Strähnen ihres Haars verfingen sich in seinen dunklen Bartstoppeln. Als er das seidige Gefühl auf seiner Haut spürte, zog sich sein Bauch leicht zusammen.

Seine Lippen streiften ihre kleine Ohrmuschel, als er sie tadelte. »Ich bin dein Seelengefährte. Dein Mann. Du gehörst mir. Es spielt nicht die geringste Rolle, dass du dich gegen mich wehrst. Du wirst Gehorsam lernen, und du wirst lernen, dass Verrat ein sehr gefährliches Spiel ist.« Er unterstrich jedes Wort mit seiner Zunge, beanspruchte jede Stelle für sich, über die er leckte.

Er wollte keine Antwort von ihr. Er wollte nur eine einzige Sache, und die nahm er sich. Ohne Vorwarnung senkte er seine Zähne in ihren Hals. Sie schrie auf, ein Klang wie Musik, der die Stille der Nacht zerriss. Leuchtende Farben schlugen ihm entgegen, schimmerten und funkelten hinter seinen geschlossenen Augen. Ihr Blut füllte seinen Mund, köstlich und rein, ein rubinroter Trank, einzig und allein für seinen Gaumen geschaffen. Es war die absolute Perfektion. Erlesen. Ein Aroma, das alles übertraf, was er je gekostet hatte.

Er wusste, dass er für alle Zeit verändert war. Ein Gefühl der Abhängigkeit erfasste ihn. Er würde das hier für immer brauchen. Wachend. Schlafend. In jedem Moment, in dem er an sie dachte. Ihr Geschmack würde in seinem Mund sein, auf seiner Zunge. Sein ganzer Körper, Muskeln, Organe, Knochen, alles würde sich nach ihrem Blut verzehren. Sie war nur für ihn geschaffen worden, und die Vorstellung, seine Seelengefährtin getroffen zu haben, machte ihn beinahe trunken – nein, euphorisch. Besonders eine, die ihm bei jeder Gelegenheit Schwierigkeiten bereiten würde. Er würde das Zusammensein mit ihr beinahe so sehr genießen, wie ihr Blut zu nehmen.

Es kostete ihn Mühe, wieder in die Realität zurückzukehren und festzustellen, dass sie zappelnd versuchte, ihn von sich zu stoßen. Du wirst gehorchen. Er drängte den Befehl tief in ihren Geist, doch dort war ein Schutzschild. Ein sehr wirkungsvoller. Ihre Abwehr war zwar stark, aber nicht gegen einen Seelengefährten errichtet worden. Ebenso wenig war sie auf einen so alten und erfahrenen karpatianischen Krieger wie ihn vorbereitet.

Scheiß auf dich und den Vogel, auf dem du hergeflogen bist.

In ihren Worten lagen purer Trotz sowie eine Spur Angst, die sie zu verbergen versuchte. Gut. Sie würde beides brauchen, um zu überleben, und er würde dafür sorgen, dass sie das tat.

Das ist eine inakzeptable Ausdrucksweise für meine Frau, besonders wenn sie mit mir spricht.

Mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung rollte er sie herum, so dass sie mit dem Gesicht nach unten auf dem harten Felsen lag, die Arme unter ihrem Körper gefangen. Ein stummer Befehl, und der Schlafsack war von ihrem Körper verschwunden und ließ sie in Jeans und einem T-Shirt zurück. Hart ließ er seine Hand auf ihren Po klatschen. Immer wieder.

»Du kommst glimpflich davon, trotz deines Jammerns und Flehens. Du hast dabei geholfen, den Prinzen des karpatianischen Volkes zu bestehlen. Und das ist noch nicht einmal dein schlimmstes Verbrechen.« Er legte noch ein bisschen mehr Kraft in seine Hiebe auf ihr rundes Hinterteil. »Du hast absichtlich versucht, mir, deinem Seelengefährten, vorzuenthalten, was mein ist. Du gehörst mir. Ich habe ein ehrbares Leben geführt. Ich habe mein eigenes Wohl riskiert, um jede Spezies immer und immer wieder zu retten, Jahrhundert um Jahrhundert. Du wusstest es, ein Blick auf mich genügte, und dennoch hast du dich auf kindische und sture Weise geweigert, den Mund aufzumachen und mir Emotionen und Farben zurückzugeben.«

Sie schluchzte leise, ohne sich länger zu wehren oder zu versuchen, ihn von ihrem Rücken abzuschütteln. Ihr kleiner Körper bebte, während sie unter ihm lag und seine Bestrafung akzeptierte. Abrupt drehte er sie wieder um, zog sie in seine Arme und sah auf ihr tränenüberströmtes Gesicht herunter.

Du wirst jetzt mein Blut nehmen.