Durch Gott, mit Gott, zu Gott - Dr. Rainer Ehritt - E-Book

Durch Gott, mit Gott, zu Gott E-Book

Dr. Rainer Ehritt

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Beschreibung

Gehen Sie mit mir zusammen auf eine Pilgerreise über den Jakobsweg in Spanien. Dieser Weg hat mich zu Gott geführt, er hat mich demütig werden lassen. Ich wurde nicht zwingend ein besserer Mensch, aber ich wurde zu einem Menschen mit weniger Zweifel und mehr Glauben und Hoffnung, dass es eine wohlwollende Macht jenseits unseres Horizontes gibt, die uns liebevoll umfängt. Erleben Sie mit mir, welche Hindernisse und Beschwernisse es zu überwinden oder auszuhalten galt. Berichten möchte ich Ihnen aber auch von den schönen Erlebnissen, Begegnungen und Geschehnissen, die mich in einzigartiger Weise in den Zauber dieses Weges eintauchen ließen. In Form einer erzählenden Beschreibung mache ich Sie vertraut mit meiner Suche, mit meinen Zweifeln und meinem Finden von Gott. Die eingefügten Gedichte verdichten zeitnahe Gedanken, wie sie mir in den Tagen des Wanderns eingegeben wurden. Sie berichten von Schmerzen, Selbstzweifel, unerfüllten Hoffnungen und Träumen, stellen aber immer einen Gottesbezug her, der stets gegenwärtig zu sein schien. Wenn Sie es wollen, können Sie diesen faszinierenden Weg nach Santiago de Compostela und darüber hinaus mit den Augen meines Herzens betrachten. Sie können erfahren, welche Wunder noch heute möglich sind und wie tröstlich die Gewissheit sein kann, wenn ich bestärkt durch meine Erlebnisse sagen kann: "Wir sind nicht allein! Es gibt einen uns liebend zugewandten Gott, der zu und mit uns spricht. Wir müssen nur wieder lernen, auf die leisen Töne zu achten und ihm zuzuhören."

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
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Seitenzahl: 344

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Rainer Ehritt

Durch Gott, mit Gott, zu Gott

Weitere Titel des Autors im Verlag tredition:

2018 - "Reflexionen - Spiegelbilder meiner Seele"

Titel als Hardcover, Paperback und E-Book erhältlich

Über den Autor:

Rainer Ehritt, Jahrgang 55, verheiratet, studierte an der Humboldt Universität zu Berlin Zahnmedizin und praktiziert bis heute, gemeinsam mit seiner Frau, in der Nachbarstadt seines Wohnortes Bad Freienwalde in freier Niederlassung. Erlebnisse, Erfahrungen und Lebenskrisen fanden nach Jahrzehnten der Stummheit ihren Niederschlag im geschriebenen Wort. In Versen verdichtete er seine Gedanken. Lyrik wurde sein ständiger Begleiter. Mehr und mehr entbrannte seine Leidenschaft für die Schriftstellerei und mit dem vorliegenden Buch trat er, nachdem er bereits durch eine Vielzahl von Manuskriptlesungen Sicherheit gewonnen hatte, erstmalig im Jahr 2015 mit einem gedruckten Werk an die Öffentlichkeit.

Bestimmend für sein Leben waren und sind berührende Begegnungen und Lebenseinsichten, die ihm, als Pilger bei seinen Wanderungen auf Jakobswegen durch Spanien, geschenkt wurden.

 

2. Auflage 2018

1. Auflage 2015 - erschienen im

Persimplex Verlag

© Autor: Dr. Rainer Ehritt

Coverdesign: wolfsto (PxV),

Dr. Rainer Ehritt

Fotos: Dr. Rainer Ehritt

Gestaltung: Wolfgang Stohr,

Dr. Rainer Ehritt

Verlag tredition GmbH

Hamburg

ISBN: 978-3-7469-2436-6 (Paperback)

978-3-7469-2437-3 (Hardcover)

978-3-7469-2438-0 (e-Book)

www.tredition.de

[email protected]

„Der Pilger verlangt nicht, er ist dankbar für die Aufnahme,

die ihm diese Herberge gibt.

Diese Herberge verlangt nichts, sie ist dankbar für die Spende,

die der Pilger lässt,

denn dank dieser erhält sich diese Herberge.“

26.06.2009

Spruch in der Herberge in Villamayor de Monjardin

(Verfasser unbekannt)

Ich widme dieses Buch

allen Menschen,

die sich in den Dienst

der Jakobswege

gestellt haben.

Weise mir, Herr,

deinen Weg, dass

ich wandle

in deiner Wahrheit.

Psalmen 86, 11

Vorwort zur 2. Auflage

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

vor Ihnen liegt nun die 2. Auflage meiner Pilgergeschichte:

„Durch Gott, mit Gott, zu Gott“.

Sie erscheint im neuen Verlag in deutlich überarbeiteter Form, weist aber inhaltlich nur geringfügige Veränderungen auf, sodass nur im direkten Vergleich mit der Erstauflage diese erkennbar werden würden. Natürlich hoffe ich, dass es mir gelungen ist, die Zahl der gramatikalischen und orthografischen Fehler, die mir das alte Verlagslektorat übriggelassen hatte, im Rahmen meiner Möglichkeiten zu reduzieren. Den Mut zu haben, eine Neuauflage dieses Buches voranzutreiben, das vielleicht nicht unbedingt verdientermaßen, aber möglicherweise auf Grund seiner sehr individuellen Herangehensweise, kein Bestseller wurde, erschien mir wichtig.

Es mag sein, dass die unorthodox beschriebenen Erlebnisse, eingebunden in Themenschwerpunkte mit Fotografien des Weges und lyrischen Texten als Bilder der Seele, manchem fremd erschienen oder erscheinen könnten.

Aber ich denke, es ist jeder und jedem überlassen, ob die Bilder betrachtet werden, ob Sie sich auf das eine oder andere Gedicht im Text einlassen können oder ob Sie einfach darüber hinweglesen.

Dem selten geäußerten Vorwurf, „es fehle der Rote Faden in der Geschichte“, setze ich meinen Titel, „Durch Gott, mit Gott, zu Gott“, entgegen.

Wer sich auf das Abenteuer meines Pilgerweges einlässt, wird diesen „Roten Faden“ auf jeder Seite, eingewoben in die Geschichten und Gedichte finden können. Immer geht es darum von Gott zu erzählen und mich Ihnen preiszugeben.

Sie sind eingeladen, das Suchen und Finden meines Glaubens mitzuerleben, ohne dass ich Ihnen meine Schwächen und Niederlagen verschweige.

Der Blick den ich Ihnen gewähre ist immer mein ganz individueller, sowohl auf die Erlebnisse entlang des Camino francés, des Französischen Jakobsweges durch Spanien, als auch auf den Weg durch mein Leben.

Insofern stelle ich mich der Herausforderung, mittels dieser 2. Auflage Menschen auch weiterhin Hoffnung schenken zu wollen und ihnen diese zuzusprechen, in der Gewissheit, dass es mehr gibt als unser rationales Denken zulässt.

Jeder der offen ist für eine Betrachtungsweise jenseits des Gewohnten und wissenschaftlich Beweisbaren, könnte irgendwann ebenso ganz persönlich spüren und erfahren, was ich erleben durfte;

„Durch Gott gerufen, mit Gott gegangen, zu Gott gefunden.“

Ich wünsche Ihnen Freude beim Lesen und verbinde es mit der Hoffnung, dass Sie anschließend einräumen würden:

„Es könnte sein …!“

Ihr Rainer Ehritt

Juli 2018

Prolog

15. Juni 2010. Es ist 359 Tage her. Zwischen dem Heute und dem Gestern liegen vielleicht 1900 km.

Ein Fenster gibt meinen Blick auf den Himmel frei.

Die Wolken dort oben scheinen eine Grenze zu bilden aus grau-weiß­bläulicher Haut, narbig, Pocken übersät, als umhüllten sie ein Wesen, das über mir schwebend, durchbrochen von Wunden, das Blau seines Körperinneren preisgibt und Strahlen zu mir heruntersickern lässt.

Es ist als würden seine Verletzungen Licht bluten.

Ich liege im Krankenhaus und warte auf meine Operation.

Morgen werden mich die Wolken sehen, wenn sie da sind und wenn sie einen Moment innehalten.

Sie werden mich sehen, wie ich aufgebrochen unter ihnen liege.

Vielleicht erinnern sie sich an mich, an unser Treffen in einem anderen Land, in einer anderen Zeit.

Vielleicht werden sie mich sehen und mich begleiten, wenn ich zu ihnen aufsteige, einem Schatten gleich, der auf dem Heimweg ist.

Innerlich bin ich ruhig.

Noch vor einem Jahr war ich sicher, der Himmel ist der Himmel der irgendwann in das Weltall übergeht, die Erde ist die Erde und ich bin ich und ich bin sterblich und dann bleibt nichts mehr.

Wenn es einen Gott dort draußen in diesen unendlichen Weiten gäbe, hätte der mit Sicherheit keine Zeit für ein so unbedeutendes Wesen wie mich, dachte ich.

Zwischen diesen Gedanken und heute liegt jedoch eine Zeit die meine Sicht völlig veränderte, die mein bisheriges Weltbild umstieß und mich eine neue Wahrheit finden ließ.

Ich hebe den Kopf.

Dort wo die Wolken die Erde berühren, mischen sie sich mit dem Grün des Waldes, unterstrichen von einem gelbgrünen Wiesenstreifen.

Schutzwälle aus Bäumen und Freiräume aus Grasflächen wechseln sich ab und lassen alles überschaubar, einschätzbar, vertraut erscheinen.

Nichts verrät was sich dahinter befindet.

Es fehlt an Weite, der Weite des Blickes, der Weite der Gedanken.

Es fehlt das Gefühl einer Freiheit, wie ich es nur einmal geschenkt bekam und nur einmal in seiner ganzen Intensität spüren durfte.

Vor fast einem Jahr war’s, auf diesem einzigartigen Weg, durch dieses eine Land und ich erinnere mich, wie es war vor 359 Tagen.

Wie gestern war’s, aber es war in einem anderen Leben.

Ich bin nicht sicher, wie der morgige Tag ausgehen wird, aber ich bin völlig frei von Angst.

Seitdem ich fühlen und erleben durfte, dass es eine neue Welt geben muss, die Gott für mich bereithält, in die er mich einlädt, wenn meine Zeit gekommen ist, sehe ich der Zukunft ohne Sorge entgegen.

Vielleicht sollte ich von diesem anderen Leben berichten, das meine Weltsicht so dramatisch veränderte. Vielleicht sollte ich einen Brief schreiben, nicht unbedingt einen Abschiedsbrief, aber schon in gewisser Weise ein Bekenntnis, das meine Erlebnisse, Eindrücke und Gefühle offen legt. Manchmal, wenn es ganz still ist, lausche ich hinaus, suche nach der Stimme, die mich ruft, von der ich jetzt weiß, dass es sie gibt.

Die Nacht webt ihren dunklen Schleier. Voller Bewunderung sehe ich zum Himmel hinauf. Er ist sternenklar. Frieden liegt über dem Land, über dem Haus, über meiner Seele und die Ruhe lässt Bilder der Erinnerung in mir aufsteigen. Sie bestärken mich in dem Wissen, dass es für mich wichtig ist, alles festzuhalten, was mich berührte, alles preiszugeben und mein Innerstes bloßzulegen, ehrlich und rückhaltlos zu bezeugen, was mir widerfahren ist.

In Gedanken, beginne ich Worte zu formen, die einstimmen könnten auf den Jakobsweg durch Spanien. Worte, die auf eine Reise mitnehmen, die von meinen Gefühlen erzählen, von meinen Erlebnissen durch und mit Gott, die von vielen Kleinigkeiten berichten, die mich bis in die Seele berührten. Worte, die den Weg beschreiben, der mich veränderte.

Wenn ich mich auf die Abfolge von Erlebnissen besinne, muss ich rückblickend feststellen, wie jeder der Tage sein eigenes Gesicht hatte, wie vielfältigste Eindrücke sie prägten, wie Entwicklungen immer wieder von Pausen oder auch Rückschritten unterbrochen wurden.

Die gedanklichen Auseinandersetzungen mit jedem Einzelnen, festgehalten in meinen Tagebuchaufzeichnungen, weben ein mit Licht und Schatten erfülltes Bild.

Wie bei einer Bildbeschreibung fokussiere ich meinen Blick mal auf das eine, mal auf das andere Detail, stelle Querverbindungen her, vergleiche und analysiere, um etwas von dem Geheimnis dieser letztlich harmonischen Zeitkomposition zu enthüllen.

Meine Augenlider werden schwer. Es ist bereits spät, aber ich finde keine Ruhe. Meinen Erinnerungen möchte ich mit meinen Worten Leben einhauchen, hoffend, dass sie das Morgen überdauern und in Gedanken beginne ich zu schreiben.

Manchmal kommt mir alles, wie ein Märchen vor, wie eine schöne Träumerei deren Erinnerungsfetzen aus einer anderen Welt herüberwehen, aber es ist mehr, mehr als nur die Möglichkeit: „Es könnte sein!“

Ich erinnere mich des Erlebten und führe mir meine eigene Suche, meinen Weg zu Gott, meine Glaubenserfahrungen und meine Gottesnähe, die ich intensiv wie nie gespürt habe, gewährt auf meiner Pilgerreise über den Camino de Santiago, dem Weg nach Santiago de Compostela, zum Grab des Apostels Jakobus (des Älteren), vor Augen.

Ich bin diesen Weg im Sommer 2009 gegangen, d. h. ich wurde, was nach meinem Empfinden keine Übertreibung darstellt, wahrhaftig über ihn geführt und getragen. So gebührt Gott mein Dank, dass Er mich seiner Annahme und Liebe teilhaftig werden ließ.

Gut ein Jahr liegt es jetzt zurück, dass ich auf dem Camino unterwegs war. Meine Erinnerungen sind nicht mehr so frisch, als wäre ich erst gestern zurückgekehrt.

Die Zeit webt einen Schleier, der sich einem Nebel gleich über alle Erinnerungen legt.

Sie macht es mir zunehmend schwer, mich an dem festzuhalten, was ich für mich als „Geschenk des Weges“ bezeichnen würde - innere Ruhe, Zufriedenheit, Gelassenheit und die Ahnung von dem, was wirklich wichtig im Leben ist. Seit ich zurück bin greift das Leben in unserem „so reichen Land“ nach mir, will mich festhalten, einbinden, mich zurückstoßen in meine Realität vor dem „Camino“. Es will mich locken, mich erneut zu einem willig funktionierenden Teilchen machen, das von Konsumwünschen getrieben der Hektik unserer Gesellschaft aufs neue verfällt, das von Oberflächlichkeit bestimmt wird, bis es irgendwann nicht mehr schmerzlich vermisst, was die Gabe dieses Weges nach Santiago de Compostela war.

Noch versuche ich immer wieder einzutauchen in die Landschaft, in die Gefühle und in die Stille, in der mir Gott so nah war, wie nie zuvor und in mir wächst eine Sehnsucht.

Meine Tagebuchaufzeichnungen halten die Erinnerungen wach. Obwohl ich meinte, vieles hätte sich unauslöschlich in meine Seele eingebrannt, merke ich, wie die Leere nach mir greift und wie sehr ich es vermisse, Gott so intensiv, wie dort in der Zeit des Pilgerns zu spüren.

Davon möchte ich erzählen, ich möchte Mut machen, ich möchte Zeugnis geben. Ich berichte von meiner Hinwendung zu Gott.

Mit meinem Versuch, Größe, Schönheit und Einmaligkeit der Schöpfung zu beschreiben, möchte ich Gott ehren.

Vorausgeschickt sei, dass ich weder reich mit Optimismus, noch mit einem Selbstwertgefühl gesegnet bin. Sie sind und waren nie hervorstechende Attribute meiner Person in Vergangenheit und Gegenwart.

Es mag mit Erlebnissen in der Kindheit, mit Fehlentscheidungen im Erwachsenenalter und meinem Empfinden, meinen eigenen und den Erwartungen anderer nie genügt zu haben, in Zusammenhang stehen. Irgendwann begann ich meine Gefühle und Gedanken, im wahrsten Sinne des Wortes, zu verdichten. Neben den Notizen und Fotos gibt es auf dem Jakobsweg entstandene Gedichte, die Bilder meiner Seele festhielten.

Es gibt so viel Wichtiges, was ich sagen, schreiben, retten möchte, aber die Müdigkeit übermannt mich, nimmt mich bei der Hand und führt mich in das Land der Träume …

***

Der Sucher

Ein Buch zur rechten Zeit

„Bittet, so wird Euch gegeben …“*

Alles begann mit einem Buch, das zu lesen mir nahe gelegt wurde:

„Ich bin dann mal weg - Meine Reise auf dem Jakobsweg“ von Hape Kerkeling. Heute bin ich sicher, Gott wusste was ich brauchte und legte mir die Lösung förmlich in die Hand.

Im Februar 2009 las ich das Buch und irgendetwas in mir sagte:

„Das ist es, das möchte ich einmal machen! Ich möchte mich auf die Suche nach mir und nach Gott machen. Ich möchte meine Grenzen erfahren und ich möchte sehen, wie weit ich komme - irgendwann einmal, vielleicht in den nächsten Jahren.“

Obwohl mich der Gedanke nicht wirklich losließ, verdrängten ihn die täglichen Erfordernisse und Geschehnisse immer wieder. Jedoch erwähnte ich meinen Traum, irgendwann auf dem Jakobsweg zu pilgern, gegenüber vertrauten Menschen.

Wir kamen zu dem Schluss, dass es bestimmt bereichernd für mich sein würde, aber dass es gut vorbereitet werden müsste und erst in einem der nächsten Jahre ins Auge gefasst werden könnte, sozusagen, als ein Punkt auf meiner „Löffelliste“ (wer den Film „Das Beste kommt zum Schluss“ kennt, weiß was damit gemeint ist).

Vom 29.03.2009 bis zum 05.04.2009 war „ProChrist“, eine Evangelisierungsveranstaltung, in Bad Freienwalde zu Gast.

Bei allen Schwierigkeiten die ich am Anfang mit den Predigten bzw. dem Prediger hatte, hinterließen sie Spuren in mir. Nach der Abschlussveranstaltung am 05.04.2009, einem Sonntagabend, betete ich zu Gott und bat ihn inständig um Rat und vor allem um ein Zeichen, da die Sehnsucht nach dem Jakobsweg mich wieder eingeholt hatte und immer drängender wurde.

Ich wandte mich im Gebet ganz konkret an IHN mit der Frage, ob ich überhaupt gehen und ob es vielleicht schon in diesem Sommer geschehen sollte.

Einerseits dachte ich mir, dass ich mich zur Zeit körperlich vielleicht noch eher dazu in der Lage fühlte als später, ist die Gesundheit doch etwas das sich manchmal sehr schnell ändern kann, wie mir die jüngste Vergangenheit bewies. Aandererseits war meine seelische Verfassung zu diesem Zeitpunkt so schlecht, dass alles in mir nach einer Auszeit schrie und Frust und Aggression meinen Alltag bestimmten.

Ich balancierte nur noch auf einem schmalen Grat über den ich einen Monat später schrieb:

Der schmale Grat

Nebel liegen über meinem Land,

ich kann seinen Horizont nicht sehen.

Je mehr ich mich bemüh` vorauszuschauen,

umso dichter die Schleier, die vor die Zukunft wehen.

Selbst der Weg den ich grad` beschreite,

liegt nicht deutlich und klar vor mir

und jeder Schritt den ich vorwärts setze,

führt mich hin und weg von mir.

Ich verdränge die Schlingen, die tagtäglich gelegt sind

ahn` nicht, wann mir wird ein Bein gestellt.

Ich suche nach Klarheit in der Falschheit nicht lauert,

und nach dem Licht, das meinen Geist erhellt.

Mein Pfad ist steiler und schmaler geworden,

ausweichen zu können, ist mir lang schon versagt.

Beidseits seh` die dunklen Abgründe ich liegen,

und ich muss balancieren, auf diesem schmalen Grat.

Nur wenig braucht es, das Gleichgewicht zu stören,

einen Fuß falsch gesetzt und die Katastrophe wird wahr.

Die Angst schnürt ehern mein Herz mir zusammen

und doch geh` ich weiter als blinder Narr.

***

Gedicht vom: April 2009

So war ich also mit meinen Überlegungen an dem Punkt angekommen, wo es nur noch eines ersehnten Anstoßes bedurfte. Alles war wie ein Rufen in mir. Der Gedanke an den Weg zog mich in seinen Bann und ließ mich nicht mehr los.

So entsprach mein Beten, mein Flehen um eine Antwort, um ein Zeichen, der Konsequenz meiner inneren Zerrissenheit in jener Sonntagnacht.

Gebetserhörung 1

Am nächsten Tag geschah ein Wunder. Wem schon einmal widerfahren ist, dass etwas Erhofftes eintritt, das zwar ersehnt, aber dessen Realisierung nie wirklich erwartet wurde, ahnt vielleicht, wovon ich berichte. Mich jedenfalls traf das nachfolgend Beschriebene völlig überraschend.

Mein Mobiltelefon klingelte während der Sprechstunde.

Jeder, der mich kennt, weiß, dass diese Zeiten für persönliche Gespräche tabu sind und nur Notfälle die Verletzung dieser Regel rechtfertigen.

Ich nahm also das Gespräch entgegen und hörte eine aufgeregte Stimme die sagte:

„Ich rufe Dich an, weil mich ein Gedanke nicht mehr loslässt, der mich den ganzen Morgen schon verfolgt. Du solltest deine Pilgerreise noch in diesem Jahr antreten, denn wer weiß, was später ist.“

Ich erfuhr von einem inneren Drang meines Gegenüber, von einer Getriebenheit und dem zwanghaften Wunsch, mir diese Überlegungen mitzuteilen.

Erstaunliches war geschehen. Wochen waren vergangen, da ich von meinem Träumen betreffs des Weges erzählt hatte. Aus einer inneren Resignation heraus hatte ich seitdem nicht mehr darüber gesprochen, umso mehr überraschte und bewegte mich dieser Anruf und vor allem dessen Botschaft. Ich hatte um ein Zeichen gebetet und ich hatte mein Zeichen, meine ganz eindeutige Antwort auf meine Frage an Gott, bekommen.

Von diesem Moment stand für mich fest, dieses Jahr werde ich ein Pilger!

Ein Zitat – „Warum ich pilgere?“

Die Frage, warum ich quasi von einem Moment auf den anderen beschloss, dieses Unternehmen anzugehen und mich, ganz gegen meine Gewohnheit, über die Meinung anderer hinwegzusetzen, stellten sich nicht nur andere, sondern stellte auch ich mir selbst. Plötzlich musste ich nicht mehr tausend Mal das Für und Wider abwägen. Zuerst war da nur ein unbestimmtes Gefühl, ein Drängen, dass etwas in meinem Leben geschehen musste und ich spürte eine Sehnsucht in mir, die der Verstand noch nicht benennen konnte. Die verständliche Antwort fand ich im Buch von Hape Kerkeling. Er zitiert dort eine Passage aus seinem Wanderführer. Sensibel und eindrucksvoll formuliert diese treffend, weshalb ich mich auf den Weg machen, weshalb ich ein Pilger werde musste. Dort stand geschrieben:

„… dass Menschen sich seit vielen Jahrhunderten auf die Reise machen, wenn sie wörtlich und im übertragenen Sinne, keinen anderen Weg mehr gehen können!“ *

Ich denke, ich war von meinem Seelenzustand genau an diesem Punkt angelangt - ICH KONNTE KEINEN ANDEREN WEG MEHR GEHEN, ich brauchte die völlige Lösung von alten Bindungen, ich brauchte die Überlegenheit der Stille, und das Lauschen auf die Gedanken in mir.

Ich suchte die Nähe zu Gott und suchte gleichzeitig mich zu finden und hoffte, irgendwann nur den Augenblick leben zu dürfen.

Wer aber meint, nun wäre ja alles klar und eindeutig und man brauche nur noch auf das Ziel hinarbeiten, ignoriert die Schwierigkeiten und Widerstände und inneren Zweifel die sich plötzlich auftürmten.

Vorbereitungen, Widerstände und Zuspruch

Viele Dinge gab es plötzlich zu bedenken! Wie viel Zeit muss ich einplanen? Wie gelange ich an meinen Startpunkt und wie komme ich zurück nach Deutschland? Was muss ich, was kann ich mitnehmen? Was ist geeignete Bekleidung? Welche Schuhe? Welcher Rucksack und, und, und …?

Vorbereitung Marschgepäck, 19.06.09

Bis zum 10.April 2009 hatte ich so viele Informationen, auch durch Unterstützung lieber Menschen gesammelt, dass ich mich entschloss zu fliegen. Dazu wählte ich die Möglichkeit eines sogenannten Gabelfluges und plante:

BERLIN

nach

BIARRITZ (Frankreich)

SANTIAGE DE COMPOSTELA

nach

BERLIN.

Meine Urlaubszeit hatte ich entsprechend meines Wissensstandes immer wieder angepasst, sozusagen Häppchen weise.

Der gefühlte Termin, an dem ich mein Abenteuer starten wollte, war der 20. Juni 2009.

Auch das Ende der Reise legte ich, nur meiner inneren Stimme gehorchend, auf den 06. August 2009 fest.

Beim Versuch die Flüge zu ordern ergaben sich die ersten Probleme.

20.06. ging nicht, aber 21.06.2009.

Nach einigen Schwierigkeiten, die meiner Naivität im Umgang mit PCs zuzuschreiben sind, gelang es mir, alle Buchungsdaten in die dafür vorgesehene Eingabemaske einzutragen und die Bestellung auszulösen. Es dauerte und dauerte. Der blaue Balken, der den Grad der Datenübertragung visualisierte, kroch langsam vorwärts.

Endlich schien alles übertragen zu sein, doch beunruhigte mich die nachfolgende Information schon sehr:

„Sie haben mit einem Doppelklick ihre Buchung zweimal ausgelöst.

Bitte warten Sie die Buchungsbestätigung innerhalb der nächsten 10 Minuten ab und überprüfen Sie diese. Merken Sie sich dazu Ihre Vorgangsnummer.“

Auf die Buchungsbestätigung wartete ich in dieser Nacht vergebens. In meinem Kopf begann es zu arbeiten. Wie storniere ich?

Irgendwann fand ich noch eine Seite des Reiseunternehmens mit Fragen und Antworten rund um Reise, Buchung und Schwierigkeiten, woraus hervorging, dass Buchungen nach 20.00 Uhr erst am nächsten Morgen bestätigt werden würden.

Im Bett betete ich zu Gott und bat Ihn, Er möge doch bitte machen, dass ich meine Reise wie geplant antreten könne, und das bitte nur eine Buchung vorgenommen worden wäre und ich wurde erhört.

In der Folgezeit galt es, alle notwendigen Vorbereitungen voranzutreiben, besonders aber, den mir nahe stehenden Menschen ihre Fragen zu beantworten. Leider war das Verständnis nicht immer da und mir fehlte oft ein ermutigendes, helfendes Wort.

Es waren für mich eine tief verunsichernde Erfahrung, dass Unternehmungen fremder Personen bewundert und mit Begeisterung aufgenommen werden, berühren Pläne plötzlich persönliche Belange anderer, schwindet deren Verständnis sehr schnell und Angst vor den Aufgaben und Unwillen über mögliche Mehrbelastungen bestimmen dann die Haltung.

Erzählte ich von meiner Reise, war die einzige Frage manchmal, wer die Praxis weiterführen würde, wenn ich nicht da sei.

"Wer führt sie wohl weiter, wenn ich tot bin?"

Meine Antwort darauf, dass die Praxis die längste Zeit geschlossen sei, schien völliges Unverständnis zu bewirken, jedenfalls sprachen die missbilligenden Blicke Bände.

Ich hätte eher Fragen danach verstanden, warum ich das tue, was ich erwarte. Dann hätte ich erzählt, dass mein Nervenkostüm so dünnhäutig geworden sei, dass mich der kleinste Fehler, die geringste Störung schon wütend machte und mein Ärger sich in so drängende Aggressionen verwandele, dass ich nicht sicher sei, wie lange ich sie noch zurückhalten könne. Ich hätte gesagt, dass ich nach mir suche, dass ich nach Neuorientierung suche, dass ich Gott suche, und dass ich lernen will, Ihm zu vertrauen. Ich hätte erklärt, dass ich einfach eine Auszeit brauche, ohne den Druck, eine Leistung erbringen zu müssen. Jedoch ahnte ich, es würde nicht verstanden werden, resultierend aus der unterschiedlichen Auffassung von Verantwortung, nicht nur gegenüber anderen, sondern auch dem Gottesgeschöpf gegenüber, das ich bin. Gewünscht hätte ich mir, dass mir Mut zugesprochen worden wäre. Nichts dergleichen. Es machte mich traurig und wütend zugleich und vertiefte bereits vorhandene Kluften.

Hinzu kam scheinbar jeden Tag ein neues Problem, für das sich kurzfristig keine Lösung fand. Ich musste Entscheidungen treffen, deren Tragweite ich manchmal nicht abschätzen konnte.

Wer jedoch schon einmal etwas entscheiden musste, wenn kein anderer etwas entschied und Ergebnisse produzierte, welche scheinbar schlimmer ausfielen als die Ausgangssituation, ahnt vielleicht etwas von den Reaktionen und dem Verhalten meines nächsten Umfeldes.

So signalisierte mein Gefühl immer öfter „Eiszeit“.

Die Arbeit fiel mir zunehmend schwer und ich reagierte sofort gereizt, wenn etwas nicht klappte - und nach meinem Empfinden klappte gar nichts. Diese Unzufriedenheit, wurde von der Umgebung reflektiert und kehrte scheinbar verstärkt zu mir zurück.

Als Resultat der sich häufenden Widrigkeiten trug ich mich in dieser Zeit des Öfteren mit dem Gedanken, meinen „Jakobsweg“ bereits in der Planungsphase enden zu lassen. Meine Option wäre gewesen, zu gehen, wenn sich alles geklärt hätte. Irgendwann. Vielleicht.

Zuspruch 1

Ich erfuhr aber auch Zuspruch. Besonders in den Zeiten, wenn alles scheinbar völlig verworren war, die Hindernisse sich wie Berge vor mir auftürmten, ich kaum ein noch aus wusste, schickte Gott, so bewerte ich es aus heutiger Sicht, Menschen zur rechten Zeit die Mut machten.

Vielleicht hilft zu verstehen, was ich meine, wenn Sie lesen was ich in mein Tagebuch schrieb:

„Ich habe das Empfinden, mich umgibt eine Welt aus Schweigen … Ich hasse sie und gleichzeitig habe ich Angst vor der Flut der Worte, wenn die Dämme brechen. Am liebsten wäre ich Geist, unsichtbar, nicht da, präsent, aber nicht greifbar.

Eine verbale Kommunikation fällt mir schwer, ist nur noch sachbezogen. Ich fühle mich angreifbar, wie einer der wissentlich etwas Falsches tut und habe den ganzen Tag immer wieder darüber nachgedacht, gebe ich den Plan auf, lege ich ihn quasi auf Eis?

Zum Feierabend schaut ein Bekannter in die Praxis. Er sagt, dass er mich um den Weg beneidet der sein Traum sei, und dass er glaube, es sei genau das Richtige für mich.

Ich deute ihm an, wie die Widerstände sich mehren und er meint:

„Glaub mir, es wird nie die richtige Zeit geben.“

Er ist sicher, dass ich es schaffe, obwohl er Angst um mich hat:

„Du wirst an den Punkt kommen, wo alles herausquillt was Dich belastet und ich habe Sorge, wie Du darauf reagierst. Du bist ein Kopfmensch, und das könnte Dich an Grenzen führen.“

„Bis Fisterra?! - Aber mindestens!“

„Gutes Schuhwerk, nicht daran sparen!“ - ich glaube, wir wären ein gutes Wanderteam.

Wie wichtig dieser Hinweis war, hatte ich bereits zuvor bei Trainingstouren in der Region erfahren.

Die ersten Male lehrte mich der Schmerz, die genutzten Wanderschuhe als völlig unbrauchbar, den Wanderrucksack als nur bedingt brauchbar, zu verwerfen.

Neues Equipment, deren Auswahl scheinbar Gottes Führung unterlag, ließ keine Wünsche offen.

Selbst der „Motivationsspruch“: „Quäl Dich Du Sau“, den Sprayer auf den Asphalt einer Bergauffahrt gesprüht hatten, sollte mich nicht auf meinem langen Weg durch Spanien begleiten. Für die Zeit des Wanderns war er einfach aus meinem Gedächtnis gestrichen.

Geblieben waren die Erinnerungen an Menschen in meiner Region, die ich während meiner Testläufe traf. So schrieb ich beispielsweise in Erinnerung eines Tages:

„Ein einladender Dorfanger mit alten, zweireihig gepflanzten Linden spendet den am Weg aufgestellten Bänken, und damit den Besuchern, Schatten. Kaum sitze ich, kommt Einer des Weges, erkundigt sich nach dem woher und wohin und ob ich den oder den kennen würde und ob ich Arbeit hätte.“

Eine Weile unterhielten wir uns über dieses und jenes, wobei ich viel Persönliches erfahren durfte, eine Offenheit, für die ich dankbar war.

„Wir trennen uns freundlich und jeder wünscht dem anderen eine gute Zeit. Es ist erstaunlich, wie das Aussehen eines Wanderers - Tippelbruders? - die Herzen anderer öffnet. Plötzlich, wenn kein Titel mehr vor dem Namen oder im Gesicht geschrieben steht, ist Vertrauen da. Ich denke, vielleicht hat mein „Jakobsweg“ schon begonnen. “

 

Wider dem Hochmut

Gott ist immer da. Er gibt mir Gedanken der Demut und Bescheidenheit ein. Nach einer weiteren vorbereitenden Wanderung in unserer Region schrieb ich an einem anderen Tag folgendes:

„Ich habe über die Bedeutung von Schritten und ihrer Anzahl nachgedacht. Ein einzelner Schritt kann bedeutsamer sein, als 100.000.

Ein Kleinkind, das seinen ersten Schritt tut, erobert sich die ganze Welt. Ein Querschnittsgelähmter, dem es gelingt aufzustehen und einen Fuß vor den anderen zu setzen, aus eigener Kraft, erobert sich sein Leben zurück.

Jemand kann nach wenigen Schritten schon sein Lebensziel erreicht haben und bei sich selbst angekommen sein. Ein anderer ist vielleicht nach 100.000 Schritten weiter vom Ziel entfernt als vordem. Es gibt also keinen Grund voller Stolz eine Zahl zu präsentieren, sagt sie doch nichts über die wahre Leistung, und das Ergebnis aus!”

Voller Dankbarkeit formen sich im Kopf folgende Verse:

„Herr Gott, ich dank` Dir

für die Fähigkeit des Laufens

und für die Zeit,

die Du mir zum Denken schenkst.

Doch alles wäre vertan,

würd` ich mein Ziel nicht schauen,

dass ich begreif,

warum und wohin Du meine Schritte lenkst.“

Ich erkenne, ein Schritt kann alles sein, ein Schritt kann nichts sein, aber wer irgendwo ankommen will muss loslaufen.

 

Zuspruch 2

Immer wieder sind Zweifel in mir und immer wieder erfahre ich Zuspruch und Ermutigung.

An einen Tag schrieb ich:

„Meine Seele ist im freien Fall und irgendwann reißt sie die Fassade hinter sich her.

Der Tag fühlt sich an, als müsste ich mich ständig verstecken und große Lasten mit mir tragen.“

An einem anderen:

„Gestern habe ich kein passendes Reisetagebuch gefunden, heute bekomme ich eines geschenkt. Liebevoll gemacht ließ es mich an den Ausspruch von Jesus denken, der, frei formuliert, fragte: ,Was sorgt ihr euch, Gott sorgt für euch.' - und wahrhaftig sind die Zeichen, die mir gegeben werden.“ Im Internet lese ich die Worte eines Pilgers unter „Ein Jahr danach“* :„… hat mich der Weg verändert, ich weiß es nicht. Aber ich habe viele Erfahrungen sammeln dürfen, die ich nicht missen möchte.

Z. Z. ist in mir eine große Leere und Sehnsucht nach dem Camino und irgendwann werde ich wieder gehen …"

Dazu kommentiere ich in meinem Tagebuch:

„ Wenn ich das lese, frage ich mich, ob der Weg den ich einschlage, mein Leben leichter, erträglicher, mich duldsamer und ausgeglichener macht.“

Auf einer Web-Seite zum Jakobsweg finde ich folgendes:

„Auf-Brechen

sich auf den Weg machen

aufbrechen,

der Sehnsucht folgen,

aufbrechen,

Mut fassen,

aufbrechen,

Vertrautes verlassen,

aufbrechen,

Neues wagen

— im ersten Schritt liegt der ganze Weg

(Denkanstoß am fränkisch-schweizerischen Jakobsweg)“ *

Und dann lese ich bei Anselm Grün, im Buch, „Die Weisheit des Pilgers“*, Worte, die wie für mich bestimmt sind, Worte über das Loslassen, das Losgehen, über den Ruf dem man folgen muss, in eigener Verantwortung und was von einem bleibt, wenn man nicht darauf hört.

Sie geben mir Antworten auf meine stummen Fragen, und das Gelesene streicht die letzten Zweifel durch.

Aus einem spontanen Gefühl heraus schreibe ich:

Traumdämmern

Wundersam sind die Gedanken,

wenn sie träumend sich erheben.

Es versinken Grenzen und Schranken

und wir finden zurück zum Leben.

Lasten gleiten von den Schultern,

dass die Seele sich kann strecken,

und das Herz, das eingeschnürt war,

plötzlich Freiheit kann entdecken.

Und der Geist streift ab die Ketten,

die durch Verbote ihm aufgezwungen,

dass die Schönheit des Denkens wir fühlen,

als einen Sieg, den wir errungen.

Das unseren Körper wir wieder spüren,

der so wundersam gemacht

und Gefühle uns wieder anrühren,

wenn aus der Erstarrung wir erwacht.

Heiß rinnt das Blut nun durch die Adern,

trägt geheime Botschaft an jeden Ort,

dass wir uns wohl fühlen in unserer Heimstatt,

bis wir gehen aus ihr fort.

Unsere Augen werden klarer,

blicken weit über des Horizontes Grenze,

sehen das Keimen der Morgenröte,

warme Farben umhüllen uns in Gänze.

Gottes Worte können wir nur hören,

wenn wir voller Demut lauschen,

dass Seine Stimme laut in uns halle,

wenn im Gebet wir uns mit Ihm austauschen.

Lasst die Träume in euch nicht sterben,

macht euch auf, die Suche lohnt.

Selbst wenn das Alte geht in Scherben,

brecht aus, aus dem Leben, das altgewohnt.

***

Gedicht vom: Juni 2009

-Weg der Träume-

 

Von der Endlichkeit und vom Loslassen

Die letzten Tage vor meiner Abreise veränderten ihren Charakter. Es war nicht mehr das zermürbende Arbeiten, dass alles sich wieder und wieder und wieder, schier endlos wiederholte. Ich fühlte mich viel mehr, wie ein Mensch der ein Ende herbeisehnte und gleichzeitig eine Hoffnung spürte, die sich damit verbinden könnte.

Fühlt so ähnlich, wer mit dem Leben abgeschlossen hat?

Ich weiß es nicht, aber vielleicht traf es in dem Moment so für mich zu.

In meinem Tagebuch konnte ich lesen:

„Meine Wanderung beginnt in wenigen Tagen.

Ich stehe früh mit einem ausgeglichenen Gefühl auf und denke, dass alles überschaubar wird, dass ich die Grenze sehe, hinter der mich keiner mehr erreicht.

Ich spüre die Endlichkeit meines Tuns und es ist unheimlich und beruhigend, so als müsste ich nie mehr an diesen Platz zurückkehren.“

Am letzten Arbeitstag schrieb ich:

„Der letzte Arbeitstag liegt vor mir und hat, als er vorbei ist, viel Kraft gebunden, mich aber auch viel Zuwendung spüren lassen.

Enge Mitarbeiterinnen haben sich … fast liebevoll verabschiedet.“ So unglaublich reich wurde ich beschenkt und dachte wieder voller Dankbarkeit an das Bibelwort: „Was sorgt ihr euch …“ *

Der bereits erwähnte Bekannte „kam extra am Tage zu mir und wünschte mir Kraft und Gottes Führung und erkundigte sich, wann und wie ich losginge.

Es gab drängende Angebote, ich solle mich zum Flughafen fahren lassen. Meine Ablehnung wurde mit mehr oder weniger verhohlenem Missverständnis quittiert.

Ich befürchte, sie werden mich nie verstehen, sie leben in einer anderen Welt als ich.

Aber, DAS IST NICHT MEIN WEG.”

Davon erzählte ich ihm und wie ich mir mein Losgehen vorstelle: „Nach der Art der früheren Pilger - aus dem Haus treten, die Tür hinter mir schließen und es beginnt.“

Ein Plan der häufig auf wenig Verständnis und Zustimmung stieß.

Er meinte, dass das sehr gut und sehr richtig sei, und dass die anderen das Problem hätten, wenn sie nicht verstünden und:

„Sie werden es nie verstehen!“

Manche Verabschiedung hinterließ einen bitteren Nachgeschmack bei mir, manchmal war es nur ein kurzer Händedruck, ohne das ich Herzlichkeit darin spürte.

Früher wurden Menschen, von denen man nicht wusste, ob man sie in diesem Leben je wiedersehen würde, mit Segen in die Welt entlassen.

Ich ging mit dem suggerierten Gefühl, ein Verbrechen zu begehen.

Ich ließ einen Berg voller Probleme zurück, die sich bis zum Abreisetag extrem häuften, trotzdem war in mir eine Hoffnung, es werden sich Wege finden -

„… sorget nicht …!"

***

Der Pilger

Als ich mich dann auf meinen Pilgerweg machte, ahnte ich nicht, was mich erwartete, ahnte nichts von den kaum fassbaren Erlebnissen, die mir beschert werden sollten, nichts von der Stille die es bedarf, um Gott zu hören, nichts von den Wundern, derer ich teilhaftig werden sollte, nichts von all den Begegnungen, Zuwendungen, Eindrücken, Strapazen, Lehren und Prüfungen.

Verborgen lag noch das Geschenk des Weges, jenseits aller Vorstellungen und Erwartungen.

Wenn ich heute sage, ich war „mit Gott“ und „Gott war mit mir“, ist das keine leere Floskel. Er war an meiner Seite, Er blieb an meiner Seite, Er half mir, Er führte mich, Er trug mich und Er belehrte mich.

GOTT GING MIT!

Auf meinem Weg durfte ich bald erfahren, wie gut mich Gott vorbereitet und ausgestattet hatte.

Die Anreise

Auf dem Weg zur Bahn trennte ich mich von den ersten Sachen, die mich belasteten, von denen andere meinten, dass ich sie unbedingt brauchte und behielt nur das, was ICH für zwingend notwendig erachtete.

Die Zeit die es bedurfte, zum Flughafen zu gelangen, sowie das Warten auf den Abflug ließen mich Abstand gewinnen, als schlösse ich die Tür hinter meinem alten Leben und stieße die für ein neues auf.

Wie ein Kind, das wissensdurstig eine unbekannte Welt entdecken will, trat ich neugierig in diese ein und entdecke ihre Schönheit, von der ich schrieb: „Wir steigen auf. Die Erde scheint sich mit einer geschlossenen Schneedecke zu überziehen, deren Weiß alles einhüllt. Berge und Täler, zerklüftet und glatt, wechseln sich ab mit weiten erstarrten Ebenen. Blaue Flächen in der Ferne lassen an Seenlandschaften denken die nun gefroren sind. Ab und zu sehe ich Brüche in die Tiefe die meine Blicke auf scheinbare versunkene Welten lenken, als sollte ich sehen, wie die Erde einstmals war.

Ich fühle mich versetzt in die Erlebnisse von Flugreisen in Robert Merls Buch „Madrapour“*.

Wir sind wie Reisende in einer anderen Dimension, die eine Welt über der Welt besuchen und eingehüllt werden von den Strahlen einer, wüsste ich es nicht besser, ewig scheinenden Sonne.

Irgendwann tauchen wir wieder hinab in die alte Welt.

Das Auge sieht zergliederte Landschaft, wie mit Zirkel und Lineal gestaltet, selbst Wälder, viereckig, scharf begrenzt, es grüßt die Zivilisation.“

Umsteigen in ein anderes Flugzeug und dann weiter.

Noch einmal „erobern“ wir „die andere Welt zurück. Hoch türmen sich schneeweiße Berge, vereinigen sich zu Gebirgen. Je weiter wir nach Westen fliegen, umsa löchriger werden diese Gebilde. Wolkenfelder, die truppengleich herangeführt werden, schwimmen unter uns.

So muss das Eismeer aussehen, denke ich, wenn Schollen auf ihm treiben so weit das Auge reicht.“

Dann sitze ich „im Bus nach BAYONNE und sehe den Atlantik, glatt und graugrün.

Wahnsinn.

Leider fährt mein Bus über x Stationen, sodass ich erst gegen 16.00 Uhr am Bahnhof bin.

Nächster Zug, 21.06 Uhr, nach ST-JEAN-PIED-DE-PORT. Ich habe daher noch Zeit, mich etwas umzusehen, am Fluss zu sitzen, auf einer Wiese zu liegen und in den Himmel zu schauen.

Auf einem nahe dem Bahnhof gelegenen Platz tritt eine Flamencogruppe auf - toll! In einer Kirche am Platz findet ein Gospelkonzert statt, traumheft und tief bewegend. Es rührt mich bis in die Seele, gleichzeitig frage ich mich, mit wie viel Schuld auf meinen Schultern ich meinen Weg antrete.“

Als wir, es sind noch mehrere Pilger unterwegs, gegen 22.20 Uhr auf dem Bahnhof von ST-JEAN-PIED-DE-PORT ankamen, wurden wir von einem Vertreter der dortigen Jakobusbruderschaft erwartet. Alle Sorge, wie finde ich mich in einer fremden Stadt, im Dunkeln, unkundig der Landessprache zurecht, löste sich auf. Wir wurden durch die Stadt zum dortigen Pilgerbüro geführt, namentlich registriert, bekamen im Bedarfsfall ein „Credencial del Peregrino“, einen Pilgerausweis, ausgehändigt und wurden mit Jakobsmuscheln versorgt. Soweit vorhanden, wurde jedem Ankömmling ein Platz zum Schlafen zugewiesen. Dank meines viel belächelten Zeltes war ich weitestgehend unabhängig.

So lag ich also irgendwann nach 1.00 Uhr in meinem Schlafsack im Zelt und schlief dem morgigen, ersten wirklichen Pilgertag, entgegen. Wie wahr, „... sorget nicht...!“

Ankunft in St-Jean-Pied-de-Port, 21.06.09

Lehren, Segnung, Glauben

Ich startete am 22. Juni 2009 frühmorgens in ST-JEAN-PIED-DE-PORT in Frankreich mit Tagesziel RONCESVALLES.

Über diesen Tag schrieb ich:

„Der Anstieg im unteren Abschnitt ist relativ steil.

Die Sonne scheint und des öfteren treffe ich schon am Anfang meiner Pilgerreise auf „Opfer des Caminos“ (Regenwürmer, Schnecken) die ihren „Camino“, die Straße in der Sonnenglut zu überqueren, nicht geschafft haben.

Der Anstieg wird etwas seichter und die Landschaft erinnert an eine Alpenlandschaft in Österreich, die „Silvretta“. Ich sehe begrünte Berge und Schafe, die, einer Sinuskurven folgend, am Berghang weiden. Hoch oben ziehen große Greifvögel majestätisch ihre Kreise.

Gänsegeier, die uns beobachten!?

Irgendwie ist nur "Laufen" im Kopf, kein klarer Gedanke.“

Der Aufstieg fiel mir rückblickend relativ leicht, so dass ich frühzeitig die Grenze zwischen Frankreich und Spanien überschritt.

Kaum hatte ich meine Wanderung jedoch begonnen, da erteilte mir Gott meine erste Lehre. In für mich ungewohnter Form erfuhr ich Segnung und Er ließ mich seines Beistandes teilhaftig werden.

In meinen Tagebuchaufzeichnungen liest es sich wie folgt:

„Gegen 14.30 Uhr bin ich in RONCESVALLES. Pilgerpass abstempeln ab 16.00 Uhr - Siesta - und ich friere 1,5 Stunden im kalten Gemäuer.

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, aber wer zu früh kommt, den bestraft es auch oder die Letzten werden die Ersten sein.“

„… Das Refugium ist okay und die Mitarbeiter sind sehr freundlich.

Für 6 EUR ist alles in Ordnung. Ich habe ein Bett, eines von rund 100; ich bin sauber und meine Wäsche ist gewaschen.

…Um 20.00 wurde in der Klosterkirche eine Messe zelebriert, bei der der Prior alle Anwesenden begrüßte. Erstaunt war ich über die Vielfalt der vertretenen Nationen.

Obwohl evangelisch getauft, denke ich mir, Kirche ist Kirche und betet vor mich hin.

Bewegend sind die anschließenden Segnungen, eingebettet in begleitende Wünsche zum Gelingen des Weges mit Gottes Hilfe, in den verschiedenen Landessprachen der Anwesenden.

Beim Essen sitze ich mit Wanderern aus Finnland, Italien und Brasilien zusammen. Wir unterhalten uns gut. Sprache des Weges ist Englisch …“

„Ach ja, heute ging der linke Schuh kaputt - eine Katastrophe!

Der Nietkopf der dritten inneren Öse brach ab.

Habe versucht es mit dem Nietstift eines Jeansknopfes zu reparieren - es klappt - danke Gott für die Eingebung.

Danke auch für das passende Werkzeug, das ein Mitarbeiter der Herberge in seinem Auto dabei hatte.”

Am darauf folgenden Tag gab Gott mir Kraft und belehrte mich aufs Neue. Ich war auf dem Weg von RONCESVALLES nach LARRASOANA.

Zum 23.06.2009 liest es sich in meinem Tagebuch, wie folgt:

„Die Nacht verläuft ruhig und der Schlaf ist erholsam.

Nichts erinnert an die gelesene Beschreibung des Refugiums. Es ist sauber, es ist ordentlich, es ist gut organisiert, und trotz der 100 Betten herrscht eine große Ruhe.

5.55 Uhr stehe ich auf. Kein Andrang im Waschraum. Ich räume meine Sachen zusammen und gehe gegen 6.45 Uhr los.

Mehrere Gruppen überhole ich, um hinter AURITZ festzustellen: „DER HUT FEHLT!!!“

Ich habe sofort kehrt gemacht. Es war 7.40 Uhr und bin zurückgehetzt, habe dabei gebetet und über mich geflucht. Ich habe so gebetet, dass Gott mir Kraft gebe, und dass Er mache, dass die Mitarbeiter noch nicht weg seien.“

Um die Situation zu verstehen, gilt es zu wissen, dass Refugien und Pilgerherbergen einem strengen Reglement unterliegen. Jeder Pilger darf, bis auf Ausnahmesituationen, nur eine Nacht in ihnen zubringen. Die Herbergen öffnen im Regelfall zwischen 13.00 und 16.00 Uhr und schließen um 22.00 Uhr. Danach ist keine Beherbergung mehr möglich und es herrscht Nachtruhe. Um 6.00 Uhr ist wecken, bis 8.00 müssen alle Pilger die Herberge verlassen haben. Bis zur Wiedereröffnung am Nachmittag bleibt sie geschlossen.

Mein Hut

„8.10 Uhr war ich dort, und das erste Mal durchgewärmt.

8118 Schritte umsonst. Umsonst? Nicht ganz. Ich begreife, dass ich alles in Ruhe angehen kann, die Letzten werden die Ersten sein und beten hilft. Danke Gott!

Danke den Mitarbeitern.

Irgendwo ist nun auch noch meine Brille vergraben.

„BUEN CAMINO“ *. Aufs Neue los …“

Es ist Zeit zum Nachdenken und zum ersten Mal fühle ich mich wirklich frei. Aus den Geschehnissen des gestrigen und heutigen Tages ziehe ich die Lehre, dass der Tag der Tag ist und die Stunde nichts ist.

Dass es unbedeutend ist, ob ich um 14.00, 15.00 oder 18.00 Uhr mein Ziel erreiche, und dass nur der Augenblick zählt.

Endlich verinnerliche ich, was Gott mir gestern und heute sagen wollte:

„Nur der Moment ist real, die Vergangenheit kannst Du nicht ändern, die Zukunft kannst Du nicht vorhersehen.

Lebe den Moment!“

Über die Schönheit des Weges

Als ich mich auf den Weg machte, tat ich das als mobiler, moderner Mensch, geprägt von dem Bestreben, immer mehr „Zeit zu sparen“ und in immer kürzerer Zeit mehr zu schaffen. Wie beschleunigt unser Leben, nicht nur meines, sondern dass der meisten Menschen in den modernen Industrienationen abläuft, vergegenwärtigte ich mir, dachte ich über die wenigen Stunden nach die es brauchte, um fast 2000 km zurückzulegen, um in der Ursprünglichkeit anzukommen, die bedeutete 25 oder 30 oder wenig mehr Kilometer am Tag zu gehen.

Ich kam nicht mehr schnell vorwärts, aber dadurch veränderte sich mein Blick und ich nahm wahr, was all die Jahre mehr und mehr verloren gegangen schien. Ich nahm eine Welt wahr, die sich mir selbst zu Füßen legte und mich einlud zu schauen.

Was gab es nicht alles an Schönem und an Schönheit in diesem Land, entlang des Weges zu entdecken. Ich wurde überreich beschenkt.

Daran möchte ich jeden teilhaben lassen und die Bilder zurückholen die mich tief bewegten.

Es war am 23.06.2009, ich war unterwegs nach LARASSOANA.

„Einige Landstriche erinnern an das Sauerland. Der Weg führt bergauf und bergab. Er kreuzt Straßen, die ich überquere. Ich tauche kurz ins Licht und werde dann wieder vom Dunkel des Waldes verschluckt.

Ich gehe über Wege, die von Steinadern durchzogen sind, gleich steinernen Wurzeln, rund getreten und poliert von tausenden und abertausenden Schuhen.