Durch Mag Moor - Andreas Wolf - E-Book

Durch Mag Moor E-Book

Andreas Wolf

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Beschreibung

Die dunkle Bedrohung senkt sich über die Welt Aron. Eine nicht greifbare Gefahr. Teras Alega reist nach seiner Ausbildung zum Gedankenkrieger durch das Land Mag Moor. Sein Ziel ist die Hauptstadt Ebron. Auf dem Weg dorthin begegnet er zahlreichen Gefahren und findet neue Gefährten. Begleite Teras Alega durch das Land Mag Moor und erlebe zahlreiche Abenteuer...

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Andreas Wolf

Durch Mag Moor

Fantasy - Reise - Erzählung

© 2021 Andreas Wolf

Verlag und Druck:

tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN

Paperback:      978-3-347-24480-1

Hardcover:      978-3-347-24481-8

e-Book:             978-3-347-24482-5

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

1. Larda Aboria

2. Dan Tomar

3. Bei den Eraniten

4. Eine gefährliche Jagd

5. Lumoc

6. Aslak Imblatur

7. Ordaran

8. Die Falle wird gelegt

9. Tamiras Entschluss

10. Auf der Fährte

11. Siriths Tod

12. Larda Tenomikon

13. Darobans Verhängnis

14. Lord Garen

15. Bei den Teralianern

16. Feenrache

17. Painta Danroh

18. Das Dorf Aramitäa

19. Selina

20. Entkommen

21. In Goren

Länderbeschreibungen von Teras Alega

Sprachführer durch die allgemeine Sprache des Landes Aron (nur einige wichtige Regeln, keine Komplette Übersetzung)

1. Larda Aboria

Ich wurde in Mag Moor geboren und hatte eine großartige Kindheit. Bis zu dem Zeitpunkt, als es darum ging, ob ich meiner Bestimmung folgen sollte. Diese war, in die Ausbildung zum Meister der ‚Gedanken‘ zu gehen. Diese Art der Kraft, war zu meiner Jugend noch weit verbreitet. Viele wollten diese Ausbildung machen, aber nur wenige wurden angenommen. Mein Vater sagte damals zu mir:

„Es ist eine sterbende Kunst. Aber du kannst sehr viel mit ihr erreichen. Wahre Meister beherrschen diese Kunst zur Verteidigung und im Kampf, aber auch in anderen Bereichen des Lebens.“

Nun, dass klang so seltsam, aber ich hatte schon damals den Willen alles Unbekannte zu lernen. Also begab ich mich in die Ausbildung, die einige Leben dauerte. Und sie war schwer. Aber ich habe es gelernt. Und ich bereue bis heute nicht, dass ich es getan habe. Als ich mich von meinem Meister verabschiedete, sagte er zu mir:

„Setze deine Gabe weise ein. Sie ist eine mächtige Waffe, aber auch eine gefährliche. Benutze sie mit bedacht. Du musst dich deiner Verantwortung stellen.“ Wir verneigten uns voreinander. Ich konnte zu jener Zeit nicht ahnen, dass ich ihn nie wiedersehen würde. Erst als ich schon auf meiner Reise war, erfuhr ich aus anderen Quellen, das man das Kloster überfallen hatte. Der Feind war mächtig und hatte schlimm gewütet. Und nur leise wurde mein Name genannt. Teras Alega der letzte, der die Kunst des Gedankens beherrscht. Der Feind, der diese Tat fertiggebracht hatte, war mir seinerzeit nicht genau bekannt. Damals fürchtete ich mich davor jemals auf ihn zu treffen. So führte mich meine erste Reise zurück zu meinen Eltern. Hier blieb ich sehr lange. Bis Meine Mutter verstarb. Mein Vater schaffte es auch nicht mehr lange und ich war allein. Nichts hielt mich mehr in dem Ort Geran. Mich zog es hinaus in die Welt. Ich wollte sie kennen lernen. Und so begab ich mich auf die Reise durch Mag Moor, die auch die Grasebene genannt wurde. Und sie trug diesen Namen zurecht. Ich schloss mich schon bald einer kleinen Gesellschaft an, die nach Ebron wollte. Ebron war die Hauptstadt der Ebene. Bei diesen Leuten war auch ein Trio, das recht seltsam anmutete. Zwei Hünen, die zwar gefährlich aussahen, aber eher friedlicher Natur waren und ein Kleiner dicker Mann, der sich Sheren nannte. Und ich wusste die erste Zeit nicht so genau was ich mit ihm anfangen sollte. Erst nach und nach kamen wir uns näher. Unser Zug war weit gekommen, als wir anhielten. Zuerst wusste ich nicht genau warum, aber Sheren kam zu mir und meinte:

„Wir werden hier lagern. Es wird bald Dunkel werden und wir werden dann nicht mehr genau erkennen, wohin wir fahren. Das ist zu gefährlich. Aber kommt einmal mit mir.“

Ich kannte ihn mittlerweile recht gut und folgte ihm ohne Fragen zu stellen. Die beiden Hünen saßen etwas abseits im Gras und rauchten eine Pfeife. Sie reagierten gar nicht auf uns. Ihre Namen kannte ich bisher noch nicht. Und ich fragte auch nicht danach.

Sheren lief vor mir her und ich bewunderte immer wieder, wie flink er doch war. Plötzlich blieb er stehen und winkte mich zu sich heran. Er deutete auf den Boden vor uns und sagte:

„Was seht ihr hier?“

Ich suchte mit meinem Blick den Raum vor uns ab, konnte aber nichts Bedeutendes entdecken. Und das teilte ich ihm auch mit.

„Das dachte ich mir bereits. Ihr seid ein seltsames Wesen. Aber ich werde euch alles beibringen, wenn ihr das zulasst. Wollt ihr?“

Und ob ich wollte. Und so begann meine Zweite Ausbildung. Ich lernte Fährten zu lesen. Die Richtung anhand von Bäumen oder auch Bodengewächsen zu bestimmen. Ich lernte mich anzuschleichen. Ja selbst den Umgang mit dem Bogen brachte er mir noch besser bei als ich es bisher gelernt hatte.

„Warum tut ihr das eigentlich?“ Ich fragte ihn das eines Tages als wir im Gras saßen und wir eine Rast eingelegt hatten.

„Glaube, dass ihr es wert seid. Außerdem werdet ihr den Zug wahrscheinlich in Ebron verlassen. Wenn ich richtig vermute wollt ihr weiter nach Mag Mell. Vielleicht sogar hinunter nach Tirn ail. Alles sehr gefährliche Gegenden. Und ich würde mir die größten Vorwürfe machen, wenn ich euch nicht das nötige Rüstzeug mitgegeben hätte.“

„Wie kommt ihr darauf?“

„Das ihr dorthin wollt? Ich bin nicht dumm. Ich beobachte euch schon eine ganze Weile. Ihr seid Teras Alega. Auch wenn ihr euch hier anders nennt. Aber das tut nichts zur Sache. Ich habe einen großen Respekt vor euch. Aber ihr müsst noch viel lernen. Ihr seid noch jung. Deshalb nehmt meinen Rat und vertraut mir.“

Ich habe bis heute keine Ahnung, wie er das alles wissen konnte. Und ich habe ihn auch nie danach gefragt. Alles was ich von Sheren gelernt habe, konnte ich auf meinen Reisen gut gebrauchen. Auch wenn ich bis heute nicht viel von ihm zu berichten weiß. Er war da und es war gut so. Woher er gekommen war, was später aus ihm geworden ist und wer diese beiden Hünen waren, all das konnte ich nie genau in Erfahrung bringen. Wir haben uns später manchmal getroffen und so manches Abenteuer miteinander überstanden. Aber bis heute weiß ich nichts aus seiner Vergangenheit.

An jenem Tag als wir so beieinander saßen fasste ich großes Vertrauen zu ihm. Und das war etwas, das nur sehr selten passierte. Ich bin vielen Wesen und auch Menschen begegnet und zu wenigen hatte ich so viel Vertrauen wie zu ihm. Aber ich gebe gerne zu, dass es schon noch einen Mann gab der ein noch größeres Vertrauen von meiner Seite aus genoss als er, doch davon später.

In den Tagen als wir in Richtung Ebron reisten lernte ich den einen oder anderen kennen. Unter anderem auch das Volk der Koronen. Ein kriegerisches Volk, das sehr streitlustig war. Die Koronen waren dem Aussehen nach eher Muskelpakete und sie hatten von Geburt an eine Knochenplatte, die sich oberhalb abzeichnete.

Ihr Anführer ein Mann namens Tyron war ein sturer Mensch. Wobei das Wort Mensch hier nicht ganz zutraf. Er war einfach nur ein Wesen, das immer glaubte, recht zu haben. Und wenn das nicht stimmte, so verschaffte er es sich. Wir mussten durch ihr Gebiet. Und sie zwangen uns dazu bei ihnen zu lagern. An diesem Abend saßen wir zusammen am Feuer. Tyron hatte lange nichts gesagt, sondern nur dagesessen. Er wirkte sehr angespannt. Sheren hatte sich eine Pfeife angesteckt. Ich weiß bis heute nicht was er da genau geraucht hat. Aber es stank fürchterlich. Ich hielt mich zurück und wollte nichts Verkehrtes sagen. Bei den Koronen war das meistens der Fall. Plötzlich traten Zwei Krieger zu uns und führten einen Gefangenen vor. Eine braun gebrannte Gestalt. Er hatte einen Lederanzug an. Auf seinem Gesicht zeichnete sich eine Narbe ab, die quer hindurch lief. Sheren sprang auf und sagte:

„Warum habt ihr ihn gefangen?“

Tyron blickte auf zu ihm und antwortete:

„Er ist unser Todfeind. Er wird zur Höhle gebracht und dann dort sterben. Er wusste, worauf er sich einließ als er sich angeschlichen hat.“

„Ist es nicht besser seinen Feind zu achten und ihm das Leben zu schenken?“

Ich konnte nicht anders und stand auch auf. Es war an der Zeit Tyron in seine Schranken zu weisen. Er blickte mich böse an. Dabei war das Funkeln in seinen Augen nicht zu übersehen. Und zum ersten Mal benutzte ich meine Gabe. Tyrons Blick wurde mit einem Mal trübe. Seine Krieger reagierten nicht darauf, sondern wollten schon auf mich losgehen. Aber Tyron winkte ihnen kurz zu und sie blieben stehen. Dann sagte er:

„Macht ihm die Fesseln ab und lasst ihn laufen. Er wird den gleichen Fehler nicht noch einmal machen. Tut was ich euch sage.“

Er brüllte seine Männer regelrecht an. Und so lösten sie seine Fesseln und gaben ihm seine Waffen wieder. Noch immer hielt ich die Kontrolle aufrecht. Der Fremde Krieger sah mich kurz an und um seine Mundwinkel zuckte kurz ein Lächeln, dann verschwand er in der Nacht. Sheren sah mich durchdringend an, dann sagte er:

„Setzt diese Gabe nicht zu oft ein. Sie könnte euch zum Verhängnis werden. Ich habe schon davon gehört. Aber bis heute wollte ich einfach nicht glauben das es sie wirklich gibt. Respekt. Man sollte euch Larda Arboria nennen.“

Dieser Name bedeutet übersetzt Gedankenkrieger. Und es ist ein Ehrentitel.

„Danke. Aber ich denke es ist nicht so angemessen. Ich habe immerhin die Ausbildung gemacht und habe mich jahrelang auf diese Augenblicke vorbereitet.“

Sheren schüttelte den Kopf und meinte:

„Bescheidenheit ist manchmal gar nicht so gut. Aber bitte wenn ihr meint.“

Er setzte sich wieder hin und widmete sich wieder seiner Pfeife. Inzwischen hatte sich Tyron wieder erholt und sah mich hasserfüllt an. Er sagte nichts, aber diese wortlose Drohung war schlimmer als jedes offen ausgesprochene Wort. Ich hatte mir einen Todfeind geschaffen. Aber im Augenblick waren wir sicher. Es ist ein ungeschriebenes Gesetz bei diesem Volk, das die, die am Feuer gemeinsam sitzen, Frieden halten, bis das Feuer gelöscht ist, oder der Tag anbricht.

Es dauerte doch noch gut Zwei Fackeln lang, bis der Häuptling sich auf den Boden legte und schon bald schnarchte. Seine Krieger taten das gleiche. Nur einer blieb wach und hielt die Augen offen. Sheren setzte sich neben mich und flüsterte:

„Wir werden diese Kraft gleich brauchen. Die Wache darf unser Verschwinden nicht bemerken. Wenn das Feuer abgebrannt oder der Tag angebrochen ist, so werden wir alle zusammen den Weg der großen Erleuchtung gehen*1.“

Ich verstand was er mir sagte. Die Gefahr, in der wir steckten, war wirklich nicht zu unterschätzen. In diesem Moment drehte sich der Wächter zur Seite, um noch einmal Holz auf die Flammen zu schmeißen. Diesen Augenblick benutzte ich, um auf ihn einzuwirken. Er kippte nach hinten weg und schnarchte auch sofort. Vorsichtig erhob sich Sheren und auch die Zwei Hünen. Er machte Zwei vorsichtige Schritte in die Richtung des schlafenden. Nach einem kurzen Blick nickte er und ich stand auch auf. Wir schlichen uns zu unseren Reittieren. Leise machten wir uns auf den Weg und führten die Tiere am Zügel hinter uns her. Als wir glaubten weit genug weg zu sein stiegen wir auf und trabten dann davon. Als wir weit genug weg waren stoppte ich und wandte mich an Sheren:

„Was ist mit den anderen? Werden die nicht in Gefahr schweben?“

Sheren stoppte und schien kurz zu überlegen. Dann sagte er:

„Wir werden gegen Mittag wieder zu ihnen stoßen und dann wird Tyron schon weit weg vom Zug sein. Wir werden einen Bogen schlagen und dadurch unsere Spuren unkenntlich machen. So kann er uns nicht folgen. Aber wir sollten in naher Zukunft vermeiden wieder mit ihm zusammen zu treffen.“

Zwar hatte ich nur eine ungefähre Vorstellung von dem was er gesagt hatte, aber es war in Ordnung. In diesem Fall war er von uns Zwei der erfahrenere. Und er sollte Recht behalten. Gegen Mittag trafen wir wieder auf die Wagen und wurden freudig begrüßt. Der erste der Wagen, der uns entgegenkam, hielt an und der Fahrer sagte:

„Schön euch wieder zu sehen Sheren. Dachte mir schon, dass ihr das Machen würdet. Tyron hat sich nicht mehr lange bei uns aufgehalten. Er war hasserfüllt. Und ich würde ihm in nächster Zeit nicht mehr über den Weg laufen. Es könnte gefährlich werden.“

„Ist schon so. Aber irgendwann werde ich mir den Burschen einmal kaufen. Und dann wird es nicht so glimpflich ausgehen. Also lasst uns weiterfahren. Wir müssen noch eine gute Strecke schaffen.“

Ohne eine Antwort abzuwarten wendete er und trabte dem Wagenzug voran. Ich ließ mich etwas zurückfallen. Dabei kam ich neben den Wagen von Irana. Sie war eine schöne Frau und ich gebe zu, dass sie mir nicht schlecht gefiel. Ob auch sie diese Sympathie für mich hegte wusste ich nicht.

„Na, seid ihr wieder bei uns? Hab euch schon ein bisschen vermisst.“

„War notwendig. Aber es wäre zu gefährlich gewesen, mit diesem Tyron. Hab aber das Gefühl, das ich ihn wiedersehen werde.“

„So passt gut auf euch auf.“

Sie lachte noch kurz und wandte dann das Gesicht wieder nach vorne. Und auch ich konzentrierte mich wieder auf den Weg.

Wir hatten noch eine ziemliche Strecke vor uns. Und die Landschaft um uns herum war immer gleich. Plötzlich stoppte der Zug. Und ich ritt nach vorne, um nachzusehen, was der Grund dafür war. Sheren hatte angehalten und ihm gegenüber war eine Gruppe von Fünf Männern zu erkennen.

Zumindest glaubte ich, dass es Männer seien. Der Abstand zwischen uns war einfach zu groß.

Gerade eben sagte Sheren:

„Wir sind auf der Reise nach Ebron. Wir sind in friedlicher Absicht unterwegs.“

Die eine der Frauen sah mich kommen und betrachtete mich mit einem misstrauischen Blick. Ich

stoppte mein Tier an der Seite meines Freundes und sah sie ernst an. Ich hielt mich mit Absicht zurück. Es war in diesen Situationen immer ratsam, erst einmal abzuwarten.

„Buren Torr.“ Damals verstand ich nicht sofort was die Fremde gesagt hatte.

Sheren übersetzte es für mich.

„Sie hat euch begrüßt. Erwidert den Gruß und benutzt bitte die allgemeine Sprache.“

Ich tat wie mir geheißen. Sofort wurde das Gesicht der Frau freundlicher und auch die anderen in der Gruppe schauten etwas entspannter in unsere Richtung.

„Das Volk der Ebene erlaubt euch die Weiterfahrt. Mögen die Götter des Himmels über euch wachen. Tamara wünscht euch langes Leben und Frieden.“

Sie legte die Hand auf ihre Brust und streckte sie langsam nach vorne, während sie die Worte aussprach. Sheren machte das gleiche. Und auch ich folgte der Geste. Erst jetzt fiel mir der junge Mann auf, der sich im Hintergrund gehalten hatte. Auch er schien mich zu erkennen und nickte kurz in meine Richtung. Dann sagte er:

„Ich grüße Larda Aboria. Es ist eine Ehre ihn hier wieder zu sehen.“

Ich konnte meine Überraschung nur schwer verbergen. Und die Frau, die uns gegrüßt hatte, drehte sich in die Richtung des Sprechers, dann wieder zu mir und meinte:

„Es ist ein guter Tag. Wenn ihr uns freundlich gesinnt seid, so folgt uns in unser Dorf. Wir würden euch gerne für die Rettung meines Sohnes danken. Auch werdet ihr dort sicher sein. Denn die Koronen sind euch gefolgt. Tyron hat die Niederlage, die ihr ihm beigebracht habt, nicht verwunden. Und er wird schon bald bei euch sein. Er hat richtig vermutet, dass ihr wieder zum Zug stoßen wolltet.“

„So freue ich mich, zu euch zu kommen. Aber ich will euch nicht in Gefahr bringen.“

Sheren nickte freundlich und wandte sich dann an mich.

„Wir werden diesen Leuten folgen. Es sind Waldläufer, die sich in dieser Ebene besser zurechtfinden, als wir es jemals könnten. Die Wagen werden uns folgen und wir brauchen eine Pause. Tyron wird nicht ruhen, bis er uns gefunden hat. Euer Auftritt bei ihm hat euch einen Todfeind geschaffen.“

Ich sah ihn an und nickte. Er hatte recht. Diese Entscheidung war die vernünftigere. Und so folgten wir mit unserem Wagenzug der Gruppe der Waldläufer. Es dauerte doch noch fast eine Stunde, bis wir ihr Dorf erreichten. Es waren große Hütten und Stabil gebaut. Wir wurden freundlich begrüßt. Die Wagen fuhren seitwärts, um zwischen einigen Hütten halt zu machen. Wir folgten Tamara und kamen so zu einer größeren Behausung. Ja fast schon eine Art Palast. Es wirkte

wie ein Schloss. Aber trotzdem schlicht und doch so schön. Tamara stieg ab und alle anderen folgten ihrem Beispiel. Dabei kam ich näher an den jungen Krieger heran, dem ich das Leben gerettet hatte. Er sah mich freundlich an und sagte:

„Grensleves dankt Larda Aboria. Du hast eine große Tat vollbracht. Und ich weiß nicht, wie ich euch danken soll.“

„Er braucht mir nicht zu danken. Ich habe nur getan, was jeder in meiner Lage getan hätte.“

Ich wollte gerade Tamara folgen, als ich etwas abseits einen Mann stehen sah, der so gar nicht in das gesamte Bild passte. Er lächelte kurz und drehte sich dann um, um in einer der Hütten zu verschwinden. Ich spürte einen kurzen warmen Schauer über meinen Rücken laufen. Dann liefen wir hinter Tamara her und ich wurde erneut überrascht. Als wir den ‚Palast‘ erreicht hatten und eingetreten waren, staunte ich nicht schlecht. Innen drinnen bot sich eine schlichte, aber doch sehr schöne Pracht Tamara drehte sich wieder uns zu. Sie öffnete die Hände und sagte:

„Mein Haus sei euer Haus. Mein Gut sei euer. Alles was wir besitzen teilen wir gerne mit unseren Gästen. Setzt euch und äußert was ihr wünscht.“ Ich war zutiefst beeindruckt von diesen Worten. Selten hatte ich ein Volk kennen gelernt, das so großzügig zu seinen Gästen war. Später erklärte mir Sheren einmal, dass diese Worte eine große Bedeutung hatten. Denn wenn ein Waldläufer einmal diese Worte dir gegenüber äußert, so stehst du bei ihm hoch im Ansehen. Er wird im äußersten Notfall sogar sein Leben für dich hergeben, um deines zu retten. Wir setzten uns und sofort wurden Speisen gebracht. Und es war reichlich was da vor uns abgestellt wurde. Wir bedienten uns und aßen mit Tamara und ihrem Sohn. Das Ganze lief schweigend ab. Erst als wir mit dem Essen fertig waren, begannen die Gespräche. Im selben Augenblick trat der Mann ein, den ich schon draußen bemerkt hatte. Er lächelte freundlich und als Tamara ihn sah, sprang sie auf und begrüßte ihn freundlich:

„Serena. Ich freue mich dich zu sehen. Setz dich bitte zu uns und erzähl.“ Der Mann setzte sich an die Seite von Tamara und begann zu sprechen:

„Ich freue mich euch alle hier zu sehen. Es ist eine schöne Zeit, auch wenn die Schatten weit ins Land eilen und wir alle uns entscheiden müssen, was wir tun werden. Weit entfernt ist eine Kraft dabei sich zu stärken. Und es gibt nur wenige, die sie aufhalten können.“ Dabei sah er zu mir und nickte mir zu. Ich verstand nicht was er meinte. Aber er erzählte einfach weiter:

„Die großen Krieger reisen nach Ebron, um sich zu beraten und die nächsten Zeiten werden zeigen ob es eine gute Entscheidung sein wird. Wir alle müssen stark sein. Die friedlichen Zeiten nähern sich ihrem Ende. Ein gewaltiger Umbruch wird kommen.“

Keiner stellte eine Frage oder sagte etwas. Alle sahen betreten zu Boden und ich wollte dieses Schweigen nicht brechen. Aber Grensleves stand auf und hob die Hand:

„Wir werden auch nach Ebron gehen. Dort werden wir erfahren wie groß die Gefahr ist, in der wir uns befinden. Mein Bruder Larda Aboria mag mit mir kommen.“ Er verließ das Haus und ich stand auf und folgte ihm. Es war das erste Mal, das er mich Bruder nannte. Keinen der Anwesenden schien es zu stören, dass wir die Versammlung verließen. Grensleves wartete draußen auf mich und winkte mir ihm zu folgen. Wir gingen zu einem Platz etwas außerhalb der Stadt. Hier setzten wir uns unter einen Baum. Lange schwiegen wir. Schließlich brach er es und sagte:

„Bist du Herr deines Weges?“

„Ich wollte eigentlich mit Sheren nach Ebron. Weil der Wagenzug auch dorthin fährt. Aber ich kann das auch ändern.“

„So werden wir gemeinsam reiten und auf Wegen wandeln, die anderen verschlossen bleiben. Ist Mein Freund damit einverstanden?“

„Ich bin es. Aber erlaube mir noch eine Frage.“

Er sah mich erwartungsvoll an und ich fragte:

„Wieso hast du mich als deinen Bruder bezeichnet?“

„Grensleves wusste es, bevor er in die Gefangenschaft der Koronen geriet. Unser Volk ist auf der Suche nach gleichen Geistern. Jemand der gut ist wird immer zu uns gehören. Ich wollte wissen, wie du reagieren würdest als sie mich Gefangennahmen. Es wäre ein leichtes für mich gewesen mich selbst zu befreien.“

„Es ehrt mich, aber ich habe eine lange Ausbildung gemacht, um diese Kunst zu lernen. Mein Lehrer sagte immer zu mir diese Gabe nur mit Bedacht anzuwenden und nur wenn es erforderlich ist.“

Grensleves nickte. Und ich hatte das tiefe Gefühl, das wir noch viel miteinander erleben würden. Wir saßen noch lange an dieser Stelle und er erzählte mir viel von seinem Volk und von der Suche. Wir waren so vertieft, dass wir gar nicht bemerkten, wie Serena neben uns stand. Wir erhoben uns und er sagte:

„Ihr werdet noch eine große Zeit haben, aber es wird auch noch viel Leid kommen. Bewahrt euch vor den Feinden. Sie sind näher als ihr denkt.“

Der Mann sah mich an und wieder war kurz das Lächeln zu sehen. Er war jemand aus dem man nie so richtig schlau wurde. Grensleves hat mir später einmal erzählt, wie er zum Volk der Ebene gekommen war. Aber das ist eine andere Geschichte. Wir wurden jäh in unseren Gedanken unterbrochen, als mein Freund die Hand ausstreckte und nach Süden deutete. Er sah kurz zu mir und ich folgte seiner Hand. Zuerst konnte ich nichts erkennen. Aber dann sah ich sie auch. Es waren unscheinbare Bewegungen des Grases weiter unten.

„Die Koronen kommen. Sie werden uns überfallen. Aber wir werden das zu verhindern wissen. Kommt mit mir.“ Er lief voran und wir folgten ihm schnellen Schrittes. Auf dem Weg zum Dorf stieß er einen seltsamen Laut aus, der sich wie ein Tierschrei anhörte. Auch wenn ich nicht genau wusste, von welchem Tier. Zuerst konnte ich mir nicht erklären, warum er das tat. Aber als wir ihn erreichten sah ich es. Schon kamen von überall her die Männer mit ihren Bögen und bestiegen ihre Tiere. Ich war überrascht, wie schnell das alles passiert war.

„Meine Krieger, wir werden sie umzingeln. Wir müssen sie umgehen und werden ihnen in den Rücken fallen. Es bleiben hier nur so viel zurück, um einen Angriff zu verhindern. Kommt. Mein Bruder bleibt bei der Gruppe im Dorf. Er wird genauso handeln, wie ich es tun würde.“

„Ich werde ihn nicht enttäuschen.“ Ich zog mein Schwert und streckte es in den Himmel. Er nickte nur. Tamara war auch aus dem Haus getreten und sah sehr ernst zu ihrem Sohn. Was auch immer da zwischen ihnen geschah, blieb mir damals noch ein Rätsel. Erst viel später erklärte mir Grensleves wie das genau funktionierte.

Er ritt seinem Trupp voran und war schon bald nicht mehr zu sehen. Ich drehte mich in Richtung der Krieger und rief ihnen zu:

„Wir werden uns in Deckung begeben und abwarten was passiert. Die Männer sahen mich an und blickten dann zu Tamara. Sie nickte kurz und die Männer reagierten sofort und begaben sich in Deckung. Es dauerte eine ganze Zeit, bevor die erste Bewegung am Rand des Dorfes zu sehen war. Die Bewohner, die in Deckung gegangen waren, sahen zu mir, um auf meinen Befehl zu warten.

„Wartet noch. Lasst sie erst näher rankommen.“

Ich hatte den Befehl sehr leise gesprochen. Aber die Männer hatten mich verstanden jetzt kamen die ersten Gestalten zum äußersten Haus

Es waren drei. Wahrscheinlich Späher, die die Lage auskundschaften sollten. Sie waren vorsichtig. Wir Liesen sie weiter herankommen., dann erhob ich mich und sagte:

„Legt eure Waffen nieder und ergebt euch. Dann werden wir euch schonen.“

Der vorderste sah mich an und wollte schon seinen Bogen spannen. Aber da traf ihn ein Pfeil seitlich in die Hand. Ich hatte nicht gesehen, wer geschossen hatten. Ungläubig schaute der Mann auf seine Hand. Er musste Schmerzen haben, trotzdem verzog er keine Mine. Eine Eigenschaft die sehr großen Mut bewies. Trotzdem konnte ich ihm keinen Respekt zollen. Er hätte sich einfach ergeben sollen.

Ein anderer trat vor und legte seinen Bogen ab. Der dritte folgte seinem Beispiel und auch der Getroffene machte keinerlei Anstalten mehr sich zu wehren. Alle Drei wurden gefesselt und geknebelt und zu einer der Hütten geführt.

So warteten wir noch eine ganze Zeit, aber nichts passierte. Mich hielt es nicht länger auf meinem Platz. Vorsichtig schlich ich zu einer weiter vorne stehenden Hütte und spähte nach vorne in das Tal.

Unter mir sah ich eine Gruppe, die sich dem Dorf näherte. Anscheinend hatte man nicht auf ein Zeichen der Späher gewartet, oder man dachte das etwas passiert sei und man ihnen helfen müsse. Allen voran kam Tyron. Ich bemühte mich auch Grensleves irgendwo zu entdecken, aber es gelang mir nicht. Aber ich vermutete, dass er bereits hinter den Feinden war. Tyron blieb stehen und sah sich misstrauisch um. Ich musste warten, wollte ich keinen Fehler machen. Er duckte sich auf den Boden und kroch auf allen vieren weiter. Seine Leute taten es ihm gleich und folgten ihm. Sie hatten das Ende des Gebüsches erreicht, als ich aus meiner Deckung hervortrat und meinen Bogen auf ihn richtete.

„Tyron mag stehen bleiben. Der nächste Schritt könnte ihn sonst das Leben kosten.“

Er starrte mich hasserfüllt an und sagte dann:

„Meint Teras Alega, dass er schnell genug ist den Pfeilen meiner Krieger zu entkommen? Selbst wenn er mich treffen würde, so würden doch hunderte von Pfeilen ihn treffen. Aber wenn du den Mut besitzt, so schieße.“

Ich wollte ihm nicht das Gefühl geben, das ich Angst vor ihm habe. Aber bevor ich mein Geschoß loslassen konnte, sauste aus einem seitlichen Winkel ein seltsam geformtes Stück Holz auf die Füße des Koronen zu. Tyron vernahm das Geräusch zwar, reagierte aber zu spät darauf. Der Bumerang prallte gegen seine Beine und er stürzte. Im gleichen Augenblick hagelte es Pfeile von allen Seiten. Viele wurden getroffen und bleiben liegen. Die anderen hoben die Hände und sofort erlosch der Hagel. Grensleves erhob sich und ich musste feststellen, dass er besser unentdeckt bleiben konnte, als ich jemals gedacht hatte.

Tyron lag noch immer auf dem Boden und reagierte gar nicht auf uns. Die Krieger der Waldläufer kamen herbei und nahmen die Koronen gefangen. Man führte sie ins Dorf, wo uns Tamara bereits erwartete.

„Die Männer des Waldes und der Ebene haben einen großen Sieg errungen. Wir alle danken ihnen für diese Tat.“

Grensleves trat neben mich und legte mir eine Hand auf die Schulter.

„Mein Bruder hat großen Mut und große Tapferkeit bewiesen. Aber hätte er wirklich geschossen?“

„Wenn es nötig gewesen wäre so hätte ich ihn nicht getötet. Aber vielleicht hätte ich wieder meine Gabe eingesetzt. Aber es ist besser, dass es so verlaufen ist.“

Er nahm seine Hand von meiner Schulter und folgte Tamara in eine Hütte.

„Ihr hättet ihn töten können und euch vielleicht eine Menge Gefahren gespart. Die Koronen sind ein Rachedurstiges Volk. Und das war bereits die Zweite Niederlage, an der ihr beteiligt wart. Seid vorsichtig.“

Serena war so lautlos neben mich gekommen, dass ich ihn nicht bemerkt hatte. Dieser Mann war seltsam und gleichzeitig fasste ich großes Vertrauen zu ihm.

„Nennt es wie ihr wollt. Aber es ist besser auf Gewalt nicht mit Gewalt zu reagieren. Ich habe schon zu oft erlebt, dass es nur zu neuer und noch brutalerer Gewalt führt. Einen Sieger gibt es auf keiner Seite.“

„Sei trotzdem vorsichtig. Dunkle Gefahren lauern auf euch. Und der Pfad, den ihr geht, ist ein verworrener.“

Er drehte sich, ohne eine Antwort meinerseits abzuwarten einfach um und ließ mich stehen. Ich überlegte kurz, wo ich hinsollte, als Sheren auf mich zu kam. Er hob kurz die Hand zum Gruß. Dann sagte er:

„Ich glaube das sich hier unsere Wege trennen werden. Wir werden weiterziehen. Und ihr solltet besser hierbleiben. Es sei denn, ihr wollt unbedingt mit uns mit. Aber ratsam wäre es nicht. Dieser Tyron wird auf eine Gelegenheit warten euch zu töten.“

„Ihr habt recht. Ich würde die anderen in Gefahr bringen, aber glaubt ihr nicht, dass euch Tyron auch das Licht auslöschen möchte? Immerhin wart ihr bei mir, als wir ihm die eine Niederlage beigebracht haben.“

Sheren sah mich nachdenklich an. Er sagte nichts und doch glaubte ich seine Antwort zu kennen. Aber er hatte vielleicht recht. Für die Wagen war es sicherer, wenn ich hierbleiben würde. Aber was würde Grensleves dazu sagen?

„Ich werde mit Tamara und Grensleves sprechen und sie fragen. Wenn sie auch der Meinung sind, so werde ich hierbleiben.“

Sheren nickte und begleitete mich zu den beiden. Als wir die Hütte betraten saßen beide auf dem Boden. Vor ihnen lag eine Karte. Tamara stand auf und begrüßte mich:

„Ich grüße Larda Aboria. Es ehrt uns das er zu uns gekommen ist. Was wünscht ihr?“

„Mein Freund Sheren schlug mir vor, dass ich besser hier bei euch bleiben sollte. Er meinte das die Koronen mir nach dem Leben trachten. Und das Tyron nicht eher ruhen wird, bis er mein Leben ausgelöscht hat.“

„Du kannst bei uns bleiben. Solange es dir gefällt.“

Grensleves war aufgesprungen und reichte mir die Hand. Diese Geste war bedeutungsvoller als jedes weitere Wort. Es war beschlossene Sache, das ich hierbleiben würde. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine Ahnung, dass es eine bedeutsame Entscheidung gewesen war. Sheren nickte. Sagte aber nichts. Was eigentlich mehr seiner Art entsprach. Er drehte sich um und ließ uns stehen. Tamara deutete mit beiden Händen auf den Boden und sagte:

„Setz dich bitte zu uns. Wir wollen mit dir sprechen.“

Ich wusste nicht um was es gehen sollte, aber ich setzte mich zu ihnen und wartete gespannt. Beide schwiegen noch eine Zeit lang. Dann begann Grensleves:

„Mein Bruder mag mir sagen, ob er bereit wäre mit mir zur Versammlung zu gehen. Wir müssen erfahren, wie die Zukunft aussieht. Es wurde von einer großen Bedrohung gesprochen. Und auch wir vom Volk der Ebene wollen diese Gefahr kennen.“

„Ich würde sehr gerne mitkommen. Auch ich muss wissen wie groß die Gefahr ist, die uns bedroht. Lange hatten wir friedliche Zeiten. Aber wenn das jetzt vorbei ist, dann sollten wir uns vorbereiten. Mein Bruder mag mir sagen, wann er aufbrechen will.“

Grensleves sah mich mit einem ernsten Blick an, dann sagte er:

„Wir werden morgen aufbrechen. Und wir werden auf Pfaden weit abseits der Wege gehen. Wir werden den Koronen aus dem Weg gehen und wir werden auch die Völker der Wälder nicht stören. Grensleves kennt geheime Wege, die nur sein Volk beschreitet. Larda Aboria wird mir folgen und dann werden wir Ebron erreichen.“

„Mein Lehrer hat einmal von dieser dunklen Bedrohung gehört. Aber er sagte, dass sie in einem Gefängnis sitzen würde, aus dem es kein Entkommen gäbe.“

Tamara sah mich ernst an und sagte aber nichts. Ihr Sohn sah kurz zu ihr, sagte aber auch nichts weiter. In diesem Augenblick kam Serena herein. Er verbeugte sich und deutete auf mich und sagte:

„Ihr werdet draußen gebraucht. Und ihr beide solltet auch mitkommen. Es ist ein Bote da. Er bringt wichtige Nachrichten.“

Alle traten nach draußen. Auf dem Platz vor der Hütte stand ein Mann in einem Panzer mit einem Helm der aus Knochen geformt zu sein schien. Aber ich hätte es nicht mit Bestimmtheit sagen können. Grensleves und Tamara stellten sich vor ihm hin, während ich im Hintergrund wartete. Serena stand neben mir und beobachtete die ganze Szene.

Der Bote sagte nichts, sondern gab Grensleves ein Stück Leder. Tamara machte eine Bewegung mit der Hand. Noch immer wurde nichts gesprochen. Mein Bruder faltete das Leder auseinander und betrachtete es. Dann nickte er und hob die Hand. Der Bote nickte und drehte sich um. Er verschränkte die Arme vor der Brust und Tamara tat das Gleiche. So standen die beiden Rücken an Rücken. Grensleves kam zu mir und flüsterte:

„Mein Bruder sage jetzt nichts, aber er beobachte genau was der Bote tut.“

Ich verstand zwar nicht was er meinte, aber ich tat trotzdem was mir gesagt worden war. Ich konzentrierte mich auf den Boten und behielt ihn im Auge. Grensleves trat wieder zu seiner Mutter und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Dann drehte sie sich wieder um und wollte wohl etwas sagen, als der Bote langsam mit seiner linken Hand in Richtung seines Gürtels wanderte. Ich winkte leicht mit der Hand in Richtung meines Freundes, der sofort verstand, was ich meinte. Blitzschnell zog er ein Beil aus seinem Gürtel und schwang es in Richtung des Boten. Dieser tauchte seitlich weg, als habe er bereits gewusst das diese Aktion kommen würde. Er drehte sich um und riss auch ein Beil aus seinem Gürtel und noch bevor er zuschlagen konnte hatte ich ihm mein Schwert an die Kehle gesetzt. Ich sagte nichts, aber mein Blick war scharf auf ihn gerichtet. Er ließ die Keule sinken und stand starr auf seinem Platz und bewegte sich nicht mehr.

Serena hob beschwichtigend die Hände und sagte:

„Man nehme die Waffen herunter. Er kam in Friedlicher Absicht und er wird in Frieden gehen dürfen.“

Ich senkte das Schwert und hielt es trotzdem weiter in seine Richtung.

„Der Krieger der Wälder hat die Botschaft gebracht. Wir werden aber nach Ebron gehen, um zu erfahren, wie groß die Bedrohung wirklich ist. So sage deinem Dom, dass wir nicht kommen werden. Und wir werden die Herausforderung nicht annehmen.“

Der Krieger mit dem Knochenhelm nickte. Sagte aber weiter nichts.

Er drehte den Kopf in meine Richtung und nickte auch zu mir. Ich antwortete auf die gleiche Weise und steckte mein Schwert wieder ein.

Er drehte sich um und lief in Richtung der Wälder davon. Kurze Zeit später sahen wir ihn schon nicht mehr. Tamara wandte sich mir zu.

„Du hast klug und schnell gehandelt und ich danke dir dafür. Aber achte immer darauf, nicht zu schnell zur Waffe zu greifen.“

„Ich war mir nicht bewusst, dass es so gefährlich war. Aber das Leben meiner Freunde ist mir höhergestellt als mein eigenes.“

Tamara zuckte kurz mit den Augenbrauen sagte aber nichts. Grensleves kam zu mir und legte mir die Hand auf die Schulter. Diese Geste sagte mehr als tausend Worte. Er lies mich stehen und folgte seiner Mutter. Und ich wandte mich in die andere Richtung. Ich wollte Sheren noch einmal aufsuchen, bevor er aufbrach. Ich traf ihn bei den Wagen und schlich mich vorsichtig an ihn heran.

„Braucht gar nicht versuchen den alten Sheren zu beschleichen. Ihr werdet es eines Tages vielleicht schaffen, aber im Augenblick jedenfalls fehlt euch noch viel dazu.“

„War ich wirklich so schlecht?“

„Ihr wart nicht schlecht, aber ihr müsst lernen euch noch leiser zu bewegen. Ich denke mal, dass ihr das bei diesen Leuten noch lernen werdet. Wollt euch verabschieden?“

„Deshalb kam ich her. Dachte mir schon, dass ihr bald aufbrechen werdet.“

„Der Weg ist noch weit. Und da die Koronen jetzt nicht mehr gut auf euch und mich zu sprechen sind, wird es ratsam sein, ein gutes Stück Weg zwischen uns und sie zu bringen.“

„Mögt recht haben.“

„Aber etwas möchte ich euch noch überlassen. Es könnte euch eines Tages nützlich sein.“

Dabei zog er ein Medaillon aus seiner Tasche und hielt es mir hin.

„Es gehörte meiner Mutter und hat mir große Dienste geleistet. Wenn ihr einmal in Lebensgefahr seid, und kein anderer Ausweg mehr da ist, so öffnet es und es wird euch beistehen.“

„Ich habe schon von solchen Amuletten gehört. Aber seid ihr euch sicher, dass ihr mir das überlassen wollt?“

„Mehr als jedem anderen. Ihr seid mein Freund geworden.“

Er reichte mir die Hand und sagte nichts mehr. Das Amulett hängte ich mir um den Hals. Dann stieg er auf. Ein kurzer Wink seiner linken Hand und er ritt zum Ausgang des Lagers. Dort wartete bereits der Wagenzug auf ihn und schon bald waren alle am Horizont verschwunden. Ich drehte mich um und wandte mich wieder meinen neuen Freunden zu.

Ich musste für einen Moment an den Abschied damals aus dem Kloster denken. Meine Ausbildung war beendet und mein Lehrer sagte damals zu mir:

„Große Dinge werden passieren. Und du solltest aufpassen, dass du nicht im Wirbel der Mächte untergehst.“

Zu jener Zeit war die Dunkle Bedrohung noch nicht greifbar. Sie war wie ein Schatten, der sich in der Dunkelheit verliert. Aber er war realer geworden. Hatte Gestalt angenommen. Und jetzt war die Zeit gekommen, in der sich die großen Völker aller Ebenen Entscheiden mussten, was zu tun war. Es gab eigentlich keinen Herrscher, der für alle entschied. Es gab einen Rat, aber der war schon seit ewigen Zeiten nicht mehr so richtig fähig, wirkliche Befehle zu erteilen.

Und es gab noch einen alten König, der aber nur noch eine provisorische Funktion hatte. Letztendlich entschied immer der Rat.

Und noch während ich so in Gedanken versunken dastand, war Serena neben mich getreten. Er lächelte kurz und ich wollte schon fragen, was los sei. Aber der Alte kam mir zuvor und fragte seinerseits:

„Woran habt ihr gerade gedacht? An die dunkle Bedrohung, von der keiner genau weiß, wie sie aussieht? Manchmal ist es besser einen Gegner erst einmal zu Gesicht zu bekommen, bevor man vor ihm Angst hat.“

„Ich habe keine Angst. Wenn es an der Zeit ist, werde ich die Gefahr bekämpfen. Und dabei würde ich mein Leben für das meines Freundes Grensleves hergeben, um seines zu retten.“

„Ich weiß. Und vielleicht erhaltet ihr schneller Gelegenheit dazu als euch lieb ist. Aber lasst uns von der Gegenwart sprechen. Wie ich hörte wollt ihr nach Ebron gehen, zusammen mit Grensleves? Sagt, würde es euch etwas ausmachen, wenn ich euch begleiten würde?“

„Ihr müsst ihn fragen. Darüber kann ich nicht entscheiden.“

„Er wird damit einverstanden sein.“

„Dann bin ich es auch.“

Und so begleitete uns Serena am nächsten Morgen als wir aufbrachen, um nach Ebron zu kommen. Tamara war mit uns zu den Tieren gekommen. Sie reichte uns beiden die Hand und sah mich mit freundlichem Lächeln an.

„Passt gut auf euch auf. Der Weg nach Ebron ist gefährlich. Und behütet Serena und eure Freundschaft. Mögen die Götter über euch wachen.“

Wir stiegen auf unsere Tiere und ich hob die Hand zum Gruß. Meine beiden Begleiter taten das Gleiche und Tamara folgte der Geste. Damit verabschiedeten wir uns und verließen das Dorf. Unser Weg führte uns durch die Grasebene. Am Abend des Tages lagerten wir in einem kleinen Ausläufer eines Waldes. Wir hatten einen Tribun gefangen und grillten ihn über dem Feuer. Tribuns sind kleine Schweineähnliche Tiere. Sie schmecken vorzüglich. Serena schaute tiefsinnig in die Flammen und sagte:

„Wie groß doch die Kraft des Feuers ist und doch muss die Flamme der Macht des Wassers weichen. Und selbst der Fels kann dem Wasser nicht standhalten.“

„Und doch ist der Fels so stark, dass es mehrere Leben braucht, bis das Wasser ihn verändern kann.“

Ich hatte mich hinreißen lassen ihm zu Antworten.

„Ihr seid ein gelehrter Krieger Larda Aboria, und doch werdet auch ihr scharf überlegen müssen, wenn ihr der Dunklen Macht gegenübersteht.“

„Was genau ist eigentlich diese Dunkle Bedrohung? Jeder spricht von ihr, aber niemand kann sie beim Namen nennen.“

„Eine Uralte Macht. Ein Wesen dessen Bösartigkeit aus längst vergessenen Zeiten stammt. Alte Legenden berichten, das es unmöglich sei, sie endgültig zu besiegen. Es heißt, dass man sie nur wieder zurückdrängen kann.“

„Aber wohin zurückdrängen? Woher kam diese Macht? Wo hat sie ihren Ursprung?“

Grensleves sah uns beide abwechselnd an.

Serena drehte den Kopf in seine Richtung und sagte:

„Sie wird genährt von den Wesen, die hier leben. Wenn alle vergessen, was Frieden bedeutet, so wird sie immer gewaltiger.“

Ich erinnerte mich an eine Erzählung, die ich bei uns im Kloster gelesen hatte. Auch dabei ging es um diese Dunkle Bedrohung. Nur damals hatte ich es nicht für Wahr gehalten. Aber als ich jetzt wieder daran dachte, wurde mir bewusst, dass ich wohl die Wahrheit verdrängt hatte. Wahrscheinlich schien es mir damals unwahrscheinlich.

„Aber können wir den die Wesen hier zu einer Rückkehr zum Frieden bewegen? Ich meine ist es überhaupt möglich wieder zu einem Frieden zurück zu finden?“

„Mein Bruder bedenke, dass die meisten Wesen zwar friedlich sind, aber dass es auch Völker gibt, die den Frieden verabscheuen. Tyron ist ein gutes Beispiel dafür. Ich meine, er wird nicht eher ruhen, bis er uns beide ausgelöscht hat.“

„Mein Bruder Aboria hat recht. Wir werden uns vorsehen müssen.“

Damals konnte ich noch nicht ahnen, wie Recht er hatte.

Am nächsten Morgen erwachte ich als erster und stand leise auf, um die anderen nicht zu wecken. Gerade wollte ich mich entfernen, als ganz in der Nähe ein Ast knackte. Sofort suchte ich die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war, ab und sah auch schon ein paar Augen, die in unsere Richtung sahen. Ich tat so als hätte ich nichts bemerkt und wandte mich in die andere Richtung. Mit geschlossenen Augen suchte ich mit meiner Gabe die Umgebung ab und entdeckte in dem Gebüsch hinter mir einen Zwerg. Er kauerte hinter einem Busch mit Dariombeeren. Seiner Aura nach war er keine große Gefahr für uns. Ich drehte mich also wieder um, öffnete die Augen und lief zielstrebig in seine Richtung. Er schien das zu bemerken und wollte aufspringen, um zu entkommen. Aber ich hatte ihn schon erreicht und hielt ihn fest. Mit einem kräftigen Zug an seinem Umhang hob ich ihn aus dem Gestrüpp und stellte ihn vor mich hin.

„Wer bist du? Und warum beobachtest du uns?“

„Ich werde dir nicht antworten. Ich bin keine Gefahr für euch warum sollte…“

„Cedar, was machst du denn hier?“

Grensleves war aufgesprungen und war zu uns gekommen.

Der Blick des Kleinen fiel auf meinen Gefährten. Sein Gesicht hellte sich auf und er sagte:

„Daroban. Ich habe nicht gewusst, dass du da bist. Dann wäre ich offen aufgetreten.“

Ich hörte diesen Namen zum ersten Mal.

„Wenn du offen aufgetreten wärest, dann befändest du dich jetzt nicht in dieser Lage. Mein Bruder Larda Aboria lasse ihn los. Er ist keine Bedrohung für uns.“

Ich folgte der Aufforderung meines Freundes und löste den Griff. Cedar schüttelte sich und drehte sich zu mir. Seine kleinen Augen wanderten über meine Gestalt. Er schien etwas zu suchen, dann sagte er:

„Soso, Larda Aboria. Hab schon von dir gehört. Man erwartet dich in Ebron. Du bist der Große Krieger, der die Kraft der Gedanken beherrscht.“

„Ai, der bin ich. Aber ich wusste nicht das mir mein Ruf schon so weit vorausgeeilt ist.“

„Doch, doch, Auf den Pfaden, auf denen ich geschritten bin, wird euer Name mit Ehrfurcht genannt. Und auch deiner wird nur mit Respekt ausgesprochen. Und Serena ist sowieso bekannt.“

„Was führt dich eigentlich zu uns?“

„Ich habe versucht vor den Koronen zu fliehen. Sie haben die Schilde des Krieges aufgenommen. Man ist nicht mehr sicher, wenn sie in der Nähe sind. Und wenn man gar mit Larda Aboria und Daroban befreundet ist, dann ist es fast schon der Spruch der ewigen Nacht.“

Grensleves sah mich an und ich verstand sofort, was er meinte. Zwischen uns bedurfte es nicht vieler Worte. Serena nickte nur. Auch er verstand was wir beide meinten. Die Gefahr war doch größer als wir angenommen hatten. Zwar hatten wir auf unserer Reise mit Gefahr gerechnet, aber eher nicht von der Seite der Koronen.

Ich fragte meinen Bruder nicht nach dem Namen, den ihm der Zwerg gegeben hatte. Es war im Augenblick auch nicht so wichtig. Erst viel später in der Zeit unserer Freundschaft erfuhr ich, dass Daroban sein Name in der Zwergen Sprache war. Wir teilten die Wache ein und das Los fiel auf mich als ersten. Aufgrund der Lage, in der wir uns befanden, löschten wir das Feuer vollständig. Zwar war es dadurch empfindlich kalt, aber in jenen Nächten war es besser kein noch so deutliches Ziel abzugeben. Als die Reihe an meiner Ablösung war weckte ich Grensleves und legte mich schlafen. Bei den ersten Strahlen in der Morgendämmerung erhob ich mich. Dabei beobachtete ich Serena, der etwas abseits neben einem Busch saß und in Gedanken versunken zu sein schien. Ich wollte ihn nicht stören und legte mich noch einmal hin. Er war aber doch nicht so in Gedanken, und sprach mich an:

„Larda Aboria mag sich ruhig erheben und zu mir setzen.“

„Ich wollte euch nicht stören.“

Er antwortete nicht, sondern sah mich nur mit freundlicher Miene an. Also stand ich auf und setzte mich neben ihn. Suchend sah ich mich nach Grensleves um, konnte ihn aber nirgendwo entdecken.

„Er ist etwas abseits in den Wäldern. Ihr werdet ihn bald wiedersehen. Mögen die Götter ihr Licht leuchten lassen über euch. Ihr seid für diese Welt von großer Bedeutung.“

„Ich weiß nicht, wie ihr darauf kommt. Ich habe als letzter die Gabe des Gedankens erlernt. Aber ich will noch so viel Wissen. Und angesichts der Gefahr, in der sich diese Welt befindet, ist meine Verantwortung doch groß.“

„Wir alle tragen Verantwortung. Aber nur wenn wir alle unsere Aufgabe erfüllen, dann werden wir vielleicht die Gefahr abwenden können.“

Ich wollte gerade etwas erwidern, als Cedar aufsprang und sich misstrauisch umsah. Er wirkte dabei sehr komisch und ich beobachtete genau was er da machte. Er duckte sich und schirmte die Augen mit der Hand ab und sah sich nach allen Richtungen um. Dann zog er vorsichtig einen kleinen Dolch aus seinem Gürtel. Damit fuchtelte er wild in der Gegend herum. Er machte Zwei Schritte nach vorne, einen Dritten und stolperte. Dabei bohrte sich der Arm mit dem Messer in den Boden und blieb darin stecken. Cedar stöhnte und richtete sich auf. Aber das Messer blieb im Boden.

„Mein Freund mag sich entspannen. Die Koronen sind nicht in der Nähe.“

Serena sagte das mit sanfter Stimme. Und es schien auf den Zwerg zu wirken. Er richtete sich auf und sah uns ernst an. Dann steckte er den Dolch zurück in den Gürtel. Im selben Augenblick trat auch schon mein Freund Grensleves aus den Büschen und schien kurz zu lächeln.

„Wir machen uns auf den Weg. Das Gelände ist sicher. Mein Bruder mag mir folgen.“

Wir gingen zu den Reittieren. Ich folgte ihm und er ging zu seinem Tier und machte sich dort an der Satteltasche zu schaffen. Ich wusste nicht genau was er dort machte. Aber schon hatte er eine Tasche herausgeholt. Sie war mit reichen Stickereien verziert. Die Zeichen waren in der Sprache des Volkes der Ebene gemacht. Damals konnte ich sie noch nicht lesen.

„Mein Bruder mag dieses Geschenk von mir nehmen.“

Die Tasche war länglich. Ich nahm sie in die Hand und spürte einen Bogen darin. Vorsichtig zog ich ihn heraus. Es war ein Elfenbeinbogen wie ich bisher nur einen gesehen hatte. Ich war sprachlos und wusste nicht so recht was ich sagen sollte.

„Mein Bruder beschämt mich. Denn ich weiß nicht, wie ich dieses Geschenk erwidern soll.“

„Du brauchst nichts zu geben. Es ist ein Bogen aus den Knochen und Sehnen des Eripahirsches. Bei unserem Volk ist er ein wertvoller besitz. Er soll dir gehören, als Zeichen unserer Freundschaft.“

Ich reichte ihm die Hand und sagte nichts mehr. Dann gab er mir noch einen Köcher mit Pfeilen.

„Du wirst mit diesen Pfeilen dein Ziel nie verfehlen. Auch werden sie dir nie zur Neige gehen.“

„Was wird mit Cedar? Wird er uns begleiten?“

„Wir werden ihn fragen, aber so wie ich meinen Freund kenne, wird er lieber allein weiterwollen. Er ist ein seltsamer Oger.“

Wir machten unserer Tiere los und führten sie zum Lagerplatz. Cedar stand schon da und hatte sich anscheinend entspannt. Er sah uns kommen und meinte:

„Möge Daroban in Frieden weiterziehen und mögen die Götter ihre Schützende Hand über euch halten. Ich werde mich hier verabschieden und weiter gen Süden ziehen. Je weiter weg ich von euch bin, umso heilvoller scheint es mir. Aber seid meiner Freundschaft gewiss.“

Wir reichten ihm die Hände und schon war der kleine seitwärts in den Büschen verschwunden. Es war die erste Begegnung mit ihm. Und es sollten noch einige folgen. Wir bestiegen unsere Tiere und trabten dann auf verschlungenen Pfaden in Richtung Ebron. Dabei kamen wir vorbei an Kreetabäumen, die in ihrem Wuchs so bizarr und gleichzeitig schön waren. Und zum ersten Mal wurde mir die Schönheit dieser Ebene bewusst. Am Abend dieses Tages lagerten wir an einem kleinen Bach. Wir befanden uns im Land der Gergen. Ein friedliches Nomadenvolk. Wir hatten ein kleines Feuer angezündet. Grensleves und ich streiften durch die Gegend. Serena war beim Feuer und im Lager geblieben. Ich hatte meinen Bogen mitgenommen und auch meine Pfeile. Bei diesen Steifzügen brachte er mir viel bei, was Spurenlesen und auch kleinste Hinweise zu erkennen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Kurzum, es war die zweite Ausbildung, die ich mitgemacht habe. Wir waren schon weit weg vom Lager, als wir auf eine seltsame Fährte stießen. Es waren drei Punkte, die ein Dreieck bildeten. Und es waren in gewissem Abstand immer wieder die Eindrücke von Kreisen zu sehen. Eine wirklich seltsame Spur.

„Mein Bruder mag vorsichtig weitergehen und die Spur nicht betreten. Ich möchte ihm etwas zeigen.“

Mehr sagte er nicht, sondern lief neben der Spur vorsichtig her. Ich folgte ihm. Schon bald kamen wir an einen Bachlauf. Er legte sich auf den Boden und blieb ruhig liegen. Ich folgte seinem Beispiel und schaute vorsichtig nach vorne. Aber ich konnte nichts sehen. Da stieß er mich sanft an und deutete auf das gegenüberliegende Ufer. Ich folgte der Richtung seines Fingers und sah es jetzt auch. Drüben kniete ein Wesen auf dem Boden und schöpfte mit seinen Händen Wasser aus dem Bach und reichte es einem Einhorn, das neben ihm stand. Ich hatte von diesen Wesen gehört, aber noch nie eines Gesehen. Als das Tier fertig war, nahm auch der andere sich etwas Flüssigkeit. Jetzt konnte ich sein Gesicht erkennen. Und mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Grensleves kroch vorsichtig zurück und ich machte es wie er.

Als wir weiter weg waren, erhoben wir uns und ich fragte ihn:

„Wer war das?“

„Ich kenne seinen Namen nicht, aber er ist ein gefährlicher Gegner. Ich hatte einmal mit ihm zu tun. Aber ich bin nur knapp entkommen. Die Gefahr ist größer als wir bisher dachten. Er kommt aus dem Norden und die Bezeichnung seines Volkes heißt bei uns Schatten. Sie beherrschen dunkle Mächte. Aber man kann sie nicht beherrschen.“

Mehr sagte er nicht. Ich drang auch nicht weiter ein und wir machten uns auf den Weg zurück. Als wir zu unserem Lager zurückkamen, saß Serena am Feuer und blickte sehr ernst in die Flammen.

„Ihr habt ihn gesehen?“

Ich war erstaunt darüber, dass dieser Mann wusste was uns passiert war. Grensleves nickte.

„Ihr kennt diesen Mann?“

„Ich kenne seinen Namen nicht. Er ist einer der Krieger des Schattenvolkes. Wir wissen sehr wenig über sie, aber sie sind gefährliche Gegner. Und wenn sie schon hier in dieser Gegend sind, so sollten wir noch vorsichtiger sein als wir es sowieso schon sind.“

In dieser Nacht hielten wir abwechselnd Wache. Aber es blieb ruhig.

Am Morgen suchten wir die Umgebung nach Spuren ab, konnten aber nichts mehr entdecken. Wir machten uns daran unsere Spuren so gut es ging zu verwischen und folgten dann einem kleinen Pfad. Grensleves führte uns durch Wälder, die mir vollkommen fremd waren. Dabei mussten wir immer wieder anhalten, um uns zu vergewissern, ob wir nicht doch in die Arme unserer Feinde liefen. Die Koronen hatten den Krieg erklärt. Und nach dem Erlebnis mit dem Schattenkrieger war die Vorsicht noch größer geworden. Wir erreichten eine Flache Ebene. Und hier wurde mir bewusst, warum es die Große Ebene genannt wurde. Am Horizont sahen wir einige Punkte.

„Das ist der Wagenzug mit dem du zu uns gekommen bist. Wollen wir zu ihnen stoßen oder wollen wir allein weiterreiten?“

Ich sah ihn an und erwartete fast, dass er sagen würde allein, aber er überraschte mich.

„Wir wollen zu ihnen reiten. Eine Zeitlang können wir sie begleiten. Dann können wir vielleicht sicherer reisen.“

Damals ahnte ich nicht was uns erwarten würde. Und ich bereue noch heute den Entschluss den Treck verlassen zu haben. Auch wenn ich dadurch meinen Bruder kennenlernte. Wir strengten unsere Tiere an und kamen schnell näher. Uns bot sich ein schreckliches Bild. Wir hatten uns beide geirrt. Es war nicht der Wagenzug, mit dem ich gereist war, sondern ein kleinerer. Aber er war überfallen worden. Die Fünf Wagen waren nur noch Rauchende Trümmer. Wir stiegen ab und begannen den Platz nach Spuren abzusuchen. Schon nach kurzer Zeit fand ich Abdrücke von Schuhen. Aber sie waren seltsam geformt. Neben der Spur entdeckte ich eine Leiche. Sie war schrecklich entstellt. Am schlimmsten aber war der Gesichtsausdruck. Es war so, als hätte die Frau in ihren letzten Atemzügen ein schreckliches Wesen gesehen, das über jede Vorstellungskraft hinausging. Ich drehte mich weg. Der Anblick ging mir doch ziemlich nahe. Als ich mich nach rechts wandte sah ich einen Pfeil in einem Balken stecken. Gerade wollte ich ihn berühren, als eine

Stimme mich warnte:

„Nicht anfassen. Die Schat…“

Erschrocken drehte ich mich um und sah einen Mann am Boden liegen, der durch eine Stichwunde schwer verletzt war. Es fiel ihm offensichtlich schwer zu sprechen. Ich kniete mich zu ihm nieder und untersuchte seine Wunde. Sie war so schwer, dass er den heutigen Tag nicht überleben würde. Eigentlich war es schon ein Wunder, das er überhaupt noch am Leben war.

„Wer hat euch das angetan?“

Er setzte noch einmal zum Sprechen an, aber es ging nicht mehr. Ein Blutstrom quoll aus seinem Mund und erstickte jeden Laut. Die Augen starrten mich an und ich schloss sie ihm vorsichtig. Im selben Augenblick trat Grensleves hinter mich. Er legte mir eine Hand auf die Schulter und flüsterte:

„Mein Bruder muss Stark sein. Wir haben einen Feind vor uns, der schrecklicher nicht sein könnte. Wir müssen so schnell wie möglich nach Ebron. Mögen die Götter der alten Zeit uns beistehen.“

Hier machte ich zum ersten Mal mit den Gräueln der Schatten Bekanntschaft.

*So wird in Aron der Tod beschrieben

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2. Dan Tomar

Wir konnten hier nichts mehr tun. Also verließen wir den Ort, der mir vor Augen führte, was uns wirklich bevorstand. Schweigend setzten wir unseren Weg fort. Serena sagte auch nichts. Er hatte etwas weiter entfernt von den verkohlten Wagen angehalten. Er hatte uns auch nicht gefragt, was wir gesehen hatten. Es war unseren Gesichtern anzusehen. Ich habe in diesen Zeiten nicht gefragt, woher die Schatten eigentlich gekommen waren. Aber sie verbreiteten in dieser Region einen unbeschreiblichen Schrecken.

Am Abend des Tages erreichten wir Gobrach. Ein Dorf, das eigentlich friedlich in der großen Ebene lag und bisher recht unberührt von den Schrecken der Zeiten war. Am ersten Haus trafen wir auf einen Mann, der uns misstrauisch anschaute. Wir hielten an.

„Sordan. Wir suchen eine Unterkunft für die Nacht.“

Er kniff die Augen zusammen. Aber eine Antwort gab er uns nicht.

„Du solltest wissen, dass es unhöflich ist eine Frage nicht zu beantworten.“

Auch jetzt bekam ich keine Antwort. Das Verhalten des Mannes war mir unerklärlich. Gerade wollte ich mein Tier weiterführen, als eine Stimme Seitwärts sagte:

„Ihr müsst ihn entschuldigen. Er hat schlimmes erlebt mit Fremden. Und er misstraut ihnen, wo immer er mit ihnen zusammenkommt. Die Schatten haben seine Familie ermordet. Ich habe gehört das ihr eine Unterkunft sucht?“

Ich drehte mich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war und sah eine junge Frau, die ein Kopftuch trug und einen freundlichen Eindruck machte.

„Ja. Mein Name ist Larda Aboria und das ist mein Freund und Bruder Grensleves. Und das ist Serena. Wir sind auf dem Weg…“

Sie machte große Augen als ich unsere Namen genannt hatte.

„Solch berühmte Leute werden selbstverständlich bei mir wohnen. Mein Name ist Xeronia. Mein Haus ist hier in der Seitenstraße. Folgt mir bitte.“

Sie wartete keine Antwort ab und drehte sich einfach um. Ich warf Grensleves einen kurzen Blick zu, der nickte kurz und wir folgten ihr. Serena machte ein nachdenkliches Gesicht. Ich bemerkte dies zwar, wollte ihn aber erst später nach dem Grund fragen. Wir erreichten ein kleines Haus. Als wir abstiegen drehte sich Xeronia noch einmal zu uns um und meinte:

„Ihr könnt eure Tiere mit hineinnehmen. Es ist genügend Platz vorhanden.“

Ungläubig blickte ich auf das Haus und wollte eigentlich der Sache nicht so recht trauen. Einzig Serena führte seins am Zügel ins Innere. Grensleves folgte ihm. Ich machte den Schluss. Und jetzt erlebte ich eine Überraschung. Das innere war weitaus größer als es von außen den Anschein gehabt hatte.

„Was für eine Art der Magie ist das?“

„Eine einfache, aber wirkungsvolle.“

Ich war beeindruckt. Und erst jetzt sah ich sie genauer an. Das Gesicht war wohlgeformt. Die dezenten hohen Wangenknochen passten gut dazu. Das Lange Rote haar hatte sie mit einem violetten Band zusammengebunden. Ich war mir nicht sicher welcher Rasse sie angehörte. Auf dieser Ebene waren viele verschiedene Wesen vertreten. Sie schien zu bemerken, dass ich sie genauer angeschaut hatte und lächelte.

„Elbenhexen haben die Magie im Blut, ob sie es wollen oder nicht. Wir lernen schon sehr früh damit umzugehen. Aber es gibt nicht mehr viele von uns. Die Schattenkrieger haben unser Volk bekämpft und uns so fast von dieser Welt genommen.“

„Wir haben auf unserer Reise hierher einen gesehen. Er macht einen gefährlichen Eindruck. Und ich möchte ihnen nicht in mehreren entgegentreten.“

„Larda Aboria würde sie vernichten. Er ist ein großer Krieger.“

Sie sagte das so gleichmütig und doch schwang eine gewisse Ehrfurcht in ihrer Stimme.

Serena hatte sich gesetzt und eine Pfeife angezündet. Er wirkte sehr entspannt. Grensleves blieb neben ihm stehen und verschränkte die Arme.

„Was macht meinen Namen eigentlich so berühmt? Ich meine ich habe ihn erst seit kurzem.“

„Ihr müsst wissen, dass auf dieser Ebene die Nachrichten schneller eilen als ihr reiten könnt.“

„Kommt ihr mit uns nach Ebron? Ich kann mir vorstellen, dass jede Hilfe gebraucht wird.“

Serenas Stimme klang freundlich und liebevoll.

Xeronia drehte sich in seine Richtung und überlegte kurz bevor sie antwortete.

„Nein. Es ist noch zu früh. Meine Zeit ist noch nicht gekommen. Es wird eine Zeit kommen, da werde ich an deiner Seite stehen.“

Ihre Stimme klang seltsam fremd. Ich kann nicht genau sagen, was sich verändert hatte. Aber in ihren Augen lag eine kälte, die ich mir nicht erklären konnte.

„Wir reiten nach Ebron. Dort treffen sich die verschiedenen Rassen und beraten über den Weg, um gegen die Dunkle Bedrohung vorzugehen. Noch ist die Gefahr nur vage zu ahnen, aber die

Bedrohung aus dem Norden ist da. Und nachdem die ersten Krieger der Schatten auf der großen Ebene zu sehen sind, wird es Zeit Entscheidungen zu treffen.“

Serena hatte in einem ruhigen Ton gesprochen. Sie drehte sich zu ihm und sagte nichts. Was auch immer da zwischen ihnen vorging, es war für mich jedenfalls nicht erkennbar. Xeronia wandte sich wieder an mich:

„Larda Aboria mag mir verzeihen, aber ich habe meine Gründe, warum ich nicht mit euch kommen kann.“

„Ich spüre etwas, aber ich achte die Ansicht unserer Gastgeberin.“

Ich hatte eine Ahnung, die sich aber im Augenblick nicht zu bestätigen schien. Und mein Meister hatte mir einmal beigebracht auf mein Gefühl zu hören. Und ich tat das in diesem Augenblick.

Xeronia sah mich mit einem friedvollen Lächeln an und antwortete:

„Ich werde euch morgen ein Stück begleiten. Es gibt aus dem Dorf einen Weg nach Ebron der euch durch das Gebiet der Eraniten führt. Dein Bruder Grensleves kennt dieses Volk sehr gut. Und ich glaube das er sie gerne besuchen möchte.“

„Xeronia errät meine Gedanken. Wir werden diesen Pfad gehen. Ich freue mich darauf meinen Freund Ublan wieder zu sehen.“

Viel gesprochen wurde an diesem Abend nicht mehr. Nur ein Gespräch möchte ich noch erzählen, Es war zwischen Xeronia und Serena. Wir waren schon schlafen gegangen. Doch ich wollte noch einmal nach meinem Tier schauen und kam noch einmal in die Nähe der beiden.

Es war Xeronia die gerade sagte:

„Glaubt ihr wirklich, dass er die Gefahr kennt, in die er sich begibt?“

„Er kennt sie nicht genau, aber er wird ihr offenen Herzens entgegentreten. Und mit dem Bogen den ihm Grensleves geschenkt hat, wird er sein Ziel nicht verfehlen.“

„Ein reines Herz ist selten in diesen Zeiten. Selbst die Eraniten haben lange gesucht.“