Ecclesiae et scientiae fideliter inserviens -  - E-Book

Ecclesiae et scientiae fideliter inserviens E-Book

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Beschreibung

2019 vollendet der bekannte und renommierte Sankt Augustiner Kirchenrechtler Rudolf Henseler sein 70. Lebensjahr. Aus diesem Anlass haben sich rund 30 Freunde, Weggefährten, Kolleginnen und Kollegen aus Wissenschaft und Kirchenrechtspraxis versammelt, um dem Jubilar für seine Verdienste um das Kirchenrecht, insbesondere das Ordensrecht und seinen Dienst in der kirchenrechtlichen Praxis zu danken. Die Beiträge erfassen überwiegend das weite Spektrum des Kirchenrechts und geben Antworten auf viele aktuelle kirchenrechtliche, aber auch manche theologische Fragen unserer Tage.

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Inhalt

Vorwort der Herausgeber

GRUßWORTE UND GLÜCKWÜNSCHE

Grußwort der Kongregation für das Geweihte Leben

Grußwort des Erzbischofs von Köln

Grußwort des Provinzials der Kongregation des Heiligsten Erlösers (C.Ss.R)

Grußwort des Provinzials der Societas Verbi Divini (SVD)

KIRCHENRECHT & RELIGIONSRECHT

RÜDIGER ALTHAUS

„Rom ist weit weg…“ Oder: Was könnte eine Bischoskonferenz im Krisenfall leisten?

GÜNTER ASSENMACHER

Small is Beautiful? Die kirchlichen Ehegerichte: „An der Peripherie“ oder „Auf verlorenem Posten“?

CÄCILIA GIEBERMAN

ADHS im Erwachsenenalter gem. DSM-5: Überlegungen zur Diagnose und zur Relevanz und Ehenichtigkeitsverfahren

ELFRIEDE GLAUBITZ

Mitgliedschaft von nichtkatholischen Christen in katholischen Vereinigungen und kirchlichen Bewegungen

STEPHAN HAERING OSB

Synoden und synodale Prozesse in Deutschland seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Ein Überblick

JUDITH HAHN

Recht, Reform, Reformation. Luthers Billigkeitsverständnis als Impuls für die aktuellen Debatten um Recht und Barmherzigkeit

STEFAN IHLI

Matrimonium in possessione. Was eine vergessene Rechtsfigur über die Formgültigkeit nicht-kanonisch geschlossener Ehen Nicht-Formpflichtiger aussagt

KLAUS LÜDICKE

Sanatio in radice - ein sanierungsbedürftiges Rechtsinstitut?

CHRISTOPH OHLY

Pfarrei und Pfarrer. Fragen im Kontext der Neuordnung diözesaner Pfarreistrukturen

MATTHIAS PULTE

Veritatis Gaudium - Zwischen Hochschulautonomie und kurialer Steuerung

MARTIN REHAK

Kann ein Papa emeritus den Päpstlichen Segen Urbi et orbi spenden?

RAFAEL M. RIEGER OFM

Vom Sinn und Zweck kanonistischer Studien

KARL JOSEF RIVINIUS SVD

Das Dekret Non expedit vom 10. September 1874: Das Verbot politischer Betätigung der italienischen Katholiken …

THOMAS SCHÜLLER

Kirchlicher Datenschutz - neue Entwicklungen und Problemlagen

THOMAS A. WEITZ

Die Rücknahme der Berufung durch den Ehebandverteidiger Erfahrungen, Fragen und Problemanzeige

ORDENSRECHT

BERNHARD SVEN ANUTH

Ecclesiae Sponsae Imago. Kanononistische Beobachtungen zur Instruktion vom 8. Juni 2018 über den Ordo virginum

BURKHARD BERKMANN

Straf- und disziplinarrechtliche Befugnisse des Diözesanbischofs über Ordensleute

WEIHBISCHOF DOMINICUS MEIER OSB

Zwischen Koordination und Krisenmanagement - die Funktion der Förderationspräsidentin im Lichte der Instruktion Cor orans

MYRIAM WIJLENS

Staffelübergabe der Muttergemeinschaften an junge Missionsgebiete: Herausforderungen desStrukturwandels in Ordenstinstituten mit Missionstätigkeiten

THEOLOGIE & RELIGIONSWISSENSCHAFTEN

CLEMENS DÖLKEN O. PRAEM

Der institutionelle Charakter des Rechts und sein (sozial-)ethischer Geltungsgrund

PETER RAMERS

Der „Korb der Ordensdisziplin“ (Vinayapitaka). Ein kleiner Beitrag zur jungen wissenschaftlichen Disziplin des vergleichenden Rechts der Religionen aus religionswissenschaftlich-buddhologischer Perspektive

JOSEPH SCHMIDT CSSR

„Susanna“ als hermeneutischer Schlüssel für Joh 8,2-10. Zur Dramatik einer juristischen Auseinandersetzung

ANDREAS WECKWERTH

Mit dem Latein am Ende? - Überlegungen zu Chancen und Perspektiven lateinischer Liturgie im 21. Jahrhundert

ANHANG

Bibliographie von Rudolf Henseler CSsR

Autorenverzeichnis

Tabula Gratulatoria

VORWORT DER HERAUSGEBER

Mit großer Freude und Dankbarkeit legen die Herausgeber diese Festschrift für den langjährigen Hennef-Geistinger und St. Augustiner Kanonisten P. Prof. Dr. Rudolf Henseler CSsR im Jahr der Vollendung seines 70. Lebensjahres vor. Wissenschaftliche Festschriften haben sich in der Theologie und auch in der Kirchenrechtswissenschaft in den letzten 50 Jahren fest etabliert. Es ist allerdings eher eine Seltenheit, dass ein Kanonist, der ganz überwiegend an Ordenshochschulen in Forschung und Lehre die ganze Breite des Faches abzubilden hatte und darüber hinaus über Jahrzehnte einen wichtigen Dienst in der Verwaltung der erzbischöflichen Kurie sowie am kirchlichen Gericht des Erzbistums Köln geleistet hat, eine Festschrift gewidmet wird. Sie ist Zeichen der besonderen wertschätzenden Anerkennung gegenüber Rudolf Henseler für seine Kollegialität, Freundschaft und wissenschaftliche Arbeit an den Hochschulen und in der Rechtspraxis. Mit ihren Beiträgen wollen alle Kollegen, Freunde und Weggefährten, die sich beteiligt haben, diese wertschätzende Anerkennung ausdrücken. In diesen Kreis fügen sich auch all jene ein, die in der tabula gratulatoria auf ihre Weise ein besonderes Zeichen der Verbundenheit und des Dankes zum Ausdruck bringen wollen.

Für Rudolf Henseler gab und gibt es in beruflicher Hinsicht ein magisches Dreieck, das sich zwischen seiner Ordensgemeinschaft, der Congregatio Sanctissimi Redemptoris, der Societatis Verbi Divini und dem Erzbistum Köln ausspannt. Alle drei Institutionen sind ihm Heimat, allen drei hat er über Jahrzehnte durch seinen Dienst das Geschenk der Heimat zurückgegeben.

Rudolf Henseler wurde am 22. Juli 1949 in Bonn geboren. Zunächst lebte die Familie Henseler mit ihren drei Söhnen in der Bonner Südstadt auf der Reuterstraße. Bevor diese als Autobahnzubringer zu einer der meistbelasteten Durchgangsstraßen Bonns wurde, siedelte die Familie in den beschaulichen Bonner Norden, ganz in die Nähe des dortigen Redemptoristenklosters und des angeschlossenen Collegium Josephinum über. Dieser Umzug sollte für den jungen Rudolf zu einem Schlüsselereignis für sein ganzes weiteres Leben werden. Dort, am im Volksmund sogenannten CoJoBo, verbrachte Rudolf Henseler seine Schulzeit bis zum Abitur. Die damals in der Schule mit Patres noch stark vertretene Ordensgemeinschaft, hat unseren Jubilar tief geprägt. Sie hatte es ihm frühzeitig so sehr angetan, dass er sich nach dem Abitur 1969 nicht nur zum Studium der katholischen Theologie, sondern auch zum Eintritt in die Congregatio Sanctissimi Redemptoris entschlossen hat. Bis auf den heutigen Tag ist im die brüderliche Gemeinschaft, trotz oder vielleicht auch wegen der Individualität vieler Mitbrüder in Geistingen, Bonn und in der Weltkirche zur zweiten Heimat geworden. Sie hat ihm jene Freiheit und Geborgenheit geschenkt, die für ein erfülltes wissenschaftliches und seelsorgerisches Wirken hilfreich und notwendig ist. Die Weite der Welt hatte es dem jungen Redemptoristen angetan. Eigentlich wollte er hinaus aus Bonn, um in der Ferne Asiens als Missionar zu wirken. Allein es mangelte an der erforderlichen Tropentauglichkeit, so dass die Oberen nach einer neuen Aufgabe für den jungen und dynamischen Theologen Ausschau hielten.

Bevor es aber soweit war, studierte Frater Rudolf Henseler von 1970 bis 1976 Philosophie und katholische Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Redemptoristen in Hennef-Geistingen, in der Nähe von Bonn und Siegburg. In dieser Zeit legte er 1974 die ewige Profess ab und empfing, den Usancen der damaligen Studienordnungen folgend, bereits 1975 die Diakonen- und die Priesterweihe. Da sich an seiner Ordenshochschule Bedarf für einen jungen Kanonisten abzeichnete, schlugen ihm seine Oberen das Studium des Kirchenrechts vor, mit der Perspektive einer weiteren Entwicklung in Forschung und Lehre. Rudolf Henseler sagte zu und studierte von 1976 bis 1979 am Kanonistischen Institut der Ludwig Maximilians-Universität München, wo er unter der Betreuung des weithin bekannten und geschätzten Kollegen, Senator Prof. Dr. Audomar Scheuermann, das Lizentiat 1978 und die Promotion zum Dr. iur. can. 1979 erwarb. Die Münchener Jahre waren nicht nur für den jungen Kanonisten prägend. Die seinerzeit herausragende Lehre und Forschung von Audomar Scheuermann und Klaus Mörsdorf, die mit ihrer kanonistischen Expertise auch für Konzil und Codex bedeutsam waren, haben den wissenschaftlichen Ansatz von Rudolf Henseler bis auf den heutigen Tag geprägt.

Bereits im Jahr 1980 wurde er zum außerordentlichen Professor und noch im selben Jahr zum Inhaber des kirchenrechtlichen Lehrstuhls an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Geistingen ernannt. Nach der Anerkennung seiner wissenschaftlichen Publikationen als habilitationsgleiche Leistung gemäß § 49 a.F. HochschG-NRW und der zeitgleichen Erteilung des Nihil obstat durch die Kongregation für das Katholische Bildungswesen wurde er 1982 zum ordentlichen Professor ernannt. Bis zur Einstellung des Lehrbetriebs 1996 vertrat Rudolf Henseler in Geistingen das Fach Kirchenrecht in vollem Umfang in Lehre und Forschung. Bereits ab 1980 traten die beiden Ordenshochschulen der Redemptoristen und der Steyler Missionare in eine Hochschulgemeinschaft ein, die seit 1980 unseren Jubilar schrittweise in den Lehrkörper der Philosophisch-Theologischen Hochschule SVD St. Augustin integrierte. Seit 1996 bis zu seiner Emeritierung 2017 war der Jubilar Lehrstuhlinhaber für das Fach Kirchenrecht an dieser Hochschule. Als wären zwei akademische Bildungseinrichtungen nicht genug, nahm Rudolf Henseler, als einer der herausragenden Ordensrechtsexperten Deutschlands, den Ruf als Lehrbeauftragter an das nachmalige Institut für Kanonisches Recht der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster an. Hier unterrichtete er bis zum Jahr 2012 äußerst fruchtbar Lizentiatsstudierende aus allen Teilen Deutschlands und darüber hinaus; bei vielen weckte er Begeisterung für Qualifikationsarbeiten in seinem Spezialgebiet. Weitere Lehraufträge führten Rudolf Henseler 1996/97 an die Bischöfliche Theologische Fakultät Trier, 1998/1999 an das interdiözesane Studienhaus St. Lambert in Grafschaft und 2008/2009 an das Erzbischöfliche Diakoneninstitut Köln. Aufgrund seiner hervorragenden Kompetenz wurde der Jubilar zu Gastvorlesungen an die Katholische Universität Lublin und an die Philosophisch-Theologische Hochschule in Tuchów eingeladen. Einen Ruf auf den renommierten Kirchenrechtslehrstuhl des Instituts für Kirchenrecht der Universität Wien, zur Nachfolge seines Mitbruders Bruno Primetshofer CSsR, hat der so heimatverbundene Rheinländer 1997 ausgeschlagen.

Die Vielzahl der Publikationen des Jubilars wird in der dieser Festschrift beigefügten Bibliographie sichtbar. An dieser Stelle sollen nur die ordensrechtlichen Highlights herausgehoben werden, die bis auf den heutigen Tag Referenzcharakter besitzen. Die kanonistische Dissertation, veröffentlicht 1980, trägt den Titel: „Die Mitbestimmungsrechte der Mitglieder zentralistischer klösterlicher Verbände an den verbandsinternen Leitungsaufgaben in der Zeit nach dem II. Vaticanum. Grundlegung, Beispiele und Leitlinien“. Der heute von Weihbischof Prof. Dr. Dominikus Meier OSB weitergeführte Kommentar zum Ordensrecht in der allseits bekannten Loseblatt-Sammlung, die Klaus Lüdicke herausgibt, ist unter Henselers alleiniger Verantwortung 1987 und 1998 in zwei Auflagen auch in Buchform erschienen. Der „Münsterische Kommentar“ zum Ordensrecht ist in seiner Konzeption so uneinholbar, dass er, mit seinen Aktualisierungen und Fortschreibungen, als das deutschsprachige Standardwerk zu diesem Rechtsgebiet bezeichnet werden kann.

Henselers wissenschaftliches Arbeiten wurde und wird bis auf den heutigen Tag durch ein vielfältiges seelsorgliches Engagement begleitet und geerdet, das teils der Öffentlichkeit verborgen, teils durch Seelsorgeaushilfen dort, wo er gebraucht wird, von vielen Menschen wahrgenommen wird. Rudolf Henseler lebt aus dem gegenseitigen Austausch von Wissenschaft und Seelsorge, ganz in der Nachfolge seines Ordensgründers, des Hl. Alfons Maria von Liguori. Zu dieser Verbindung von Wissenschaft und Praxis passt es auch sehr gut, dass sich der Jubilar von 1981 bis 2014 über 33 Jahre in den Dienst seines Heimatbistums, der Erzdiözese Köln, hat nehmen lassen, von 1981-2006 als Diözesanrichter am Erzbischöflichen Offizialat und von 2007-2014 als Ordensreferent im Erzbischöflichen Generalvikariat. An beiden Stellen hat er wissenschaftliche Präzision mit seelsorglichem Feingefühl verbunden, um den ihm anvertrauen Menschen einen guten Weg mit und in der Kirche aufzuzeigen. Es war sicherlich eine herausragende Würdigung der Verdienste von Rudolf Henseler, dass er von 1995 bis 2000 durch den hl. Papst Johannes-Paul II. zum Konsultor der Kongregation für die Institute geweihten Lebens und für die Gesellschaften apostolischen Lebens berufen wurde. Auch dort hat er überaus fruchtbar gewirkt, wie das Grußwort des Präfekten dieser Kongregation zu dieser Festschrift bekundet. Mit gutem Grund haben wir daher die Festschrift unter eine Überschrift gestellt, die auch als Lebensmotto von Rudolf Henseler wahrgenommen werden kann: „Ecclesiae et scientiae fideliter inserviens“. Für diesen keineswegs selbstverständlichen treuen Dienst, in durchaus unruhigen kirchlichen Zeiten, danken heute viele Menschen.

Die Redaktion dieses Bandes hat sich, soweit wie möglich und vertretbar, um eine einheitliche Schreib- und Zitierweise bemüht. Dieses Bemühen fand freilich seine Grenzen, wo der individuell geprägte Schreibstil der Verfasserinnen und Verfasser der Beiträge berührt wurde. In die inhaltliche Argumentation hat die Redaktion hingegen nicht eingegriffen; diese steht ganz in der Verantwortung der jeweiligen Autorinnen und Autoren.

Die Herausgeber danken besonders herzlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Seminars für Kirchenrecht, Kirchliche Rechtsgeschichte und Staatskirchenrecht der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sie haben durch ihre unermüdliche redaktionelle Arbeit maßgeblich zum Entstehen dieser Festschrift beigetragen. An dieser Stelle sind zu nennen: Lic. iur. can. Julia Fink, M. A., Anna-Christina Schmees, MEd., M.A., Janina Eiselt, MEd., Cathrin Kipfstuhl, MEd. und Lukas Walther.

Ohne die großzügige finanzielle Unterstützung des Erzbistums Köln, der Deutschen Provinz der Steyler Missionare und der Provinz St. Clemens der Redemptoristen hätte dieses Buch nicht gedruckt werden können. Diesen drei Institutionen, die für P. Rudolf Henseler auf je eigene Art und Weise zur Heimat geworden sind, danken wir für ihr besonderes Zeichen der Verbundenheit mit dem Jubilar.

Als Herausgeber dieser Festschrift, als Kollegen, Weggefährten und Freunde, gratulieren wir dem Jubilar P. Prof. Dr. Rudolf Henseler CSsR von Herzen und wünschen ihm, zum Ende eines außerordentlich vielfältigen, beanspruchenden und bewegten Berufslebens, im wohlverdienten Ruhestand viele weitere erfüllte und gesegnete Jahre in der Gemeinschaft seines Ordens und seiner Freundinnen und Freunde aus den unterschiedlichen Lebensabschnitten fruchtbaren Wirkens, im stets getreuen Dienst in Kirche und Wissenschaft. Admultos annos!

Mainz – St. Augustin, 22. Juli 2019

Die Herausgeber

Matthias Pulte – Rafael M. Rieger OFM

GRUßWORTE UND GLÜCKWÜNSCHE

CONGREGATIOPRO INSTITUTIS VITAE CONSECRATAEET SOCIETATIBUS VITAE APOSTOLICAE

Ho accolto volentieri l’invito a esprimere le mie congratulazioni e il mio plauso al Rev. P. Rudolf Henseler CSsR in occasione del suo 70° compleanno.

Non ho avuto l’opportunità di conoscere il Rev. P. Rudolf, ma dalle testimonianze raccolte posso riconoscere in lui una persona che ha dedicato con passione e amore gran parte del suo impegno al mondo della vita consacrata.

Dopo aver completato la formazione come religioso della Congregazione del Santissimo Redentore, ha studiato Diritto Canonico presso l’importante Università di Monaco di Baviera, conseguendo i titoli di licenza e dottorato. In seguito, ha potuto non solo dedicarsi all’insegnamento del diritto canonico in diversi centri accademici, arricchendo il suo curriculum con tante pubblicazioni, ma ha anche messo generosamente al servizio della Chiesa e degli Istituti di vita consacrata la sua ricca esperienza di canonista. Come autentico figlio del suo Fondatore S. Alfonso Maria de Liguori, ha saputo coniugare la chiarezza del diritto con una visione pastorale rispettosa della realtà umana. Come Delegato per i religiosi della Arcidiocesi di Colonia, come consulente di tanti Istituti e Congregazioni maschili e femminili, tra cui molti monasteri che vivevano momenti difficili, ha saputo mostrare allo stesso tempo grande competenza nella conoscenza della legge canonica e la sua applicazione sempre illuminata dalla carità e attenta alle reali situazioni umane delle persone coinvolte.

Per questa sua riconosciuta competenza e amore ai e alle consacrate, nel 1995 e stato chiamato dal Santo Padre S. Giovanni Paolo II a collaborare con la Santa Sede come Consultore della Congregazione per la vita consacrata e le società di vita apostolica, allargando così il suo appassionato contributo alla vita consacrata di tutto il mondo.

Siamo grati al rev. P. Rudolf per tutto il bene che ha potuto compiere in tanti anni di vita e gli auguriamo che il Signore porti a compimento ogni desiderio di bene che egli porta nel cuore.

Vaticano, 24 gennaio 2019

GRUßWORT DES ERZBISCHOFS VON KÖLN

Alphons Maria di Liguori (1696-1787), der Gründer der Redemptoristen, war zunächst als Anwalt tätig. Nach einem verlorenen Prozess entschloss er sich, Priester zu werden. Den Schwerpunkt ihrer Arbeit sahen er und die Gemeinschaft, die sich um ihn bildete, die Congregatio Sanctissimi Redemptoris (CSsR), nicht in der Übernahme der damals bestehenden Pfarrseelsorge, sondern in der Zuwendung zum Einzelnen durch Volksmissionen und Exerzitien sowie in der Ausbildung guter Beichtväter.

Die neue Ordensgemeinschaft konnte erst 1859 im Erzbistum Köln Fuß fassen. Sie entwickelte sich aber hier wie im übrigen Rheinland rasch, der Verbannung in der Zeit des Kulturkampfes (1873-1894) zum Trotz. 1938 wurde das Provinzialat der Niederdeutschen Provinz von Trier nach Köln verlegt. 1920 übersiedelte das Collegium Josephinum (das Juvenat des Ordens) vom niederländischen Vaals nach Bonn, wo es staatlicherseits 1930 als privates Gymnasium anerkannt wurde. Bis heute ist es eine gute Adresse. 1902/03 konnte die Ordensgemeinschaft in Hennef-Geistingen ein Kloster mit einem Studienhaus errichten, welches das 1861 im westfälischen Rorup gegründete Hausstudium fortsetzte und 1945 den Rang einer Philosophisch-Theologischen Hochschule erhielt. Leider musste es 1996 aufgegeben werden.

Mit dieser historischen Skizze sind schon wichtige Orte aus der Biographie des mit dieser Festschrift Geehrten genannt: Bonn, wo Rudolf Henseler am 22.7.1949 geboren wurde und 1969 am o.g. Collegium Josephinum das Abitur machte; Hennef-Geistingen, wo er seine Studien absolvierte, auf den priesterlichen Dienst vorbereitet wurde und die hl. Weihen empfing, um dann nach der Promotion 1979 im kanonischen Recht an dem ebenso angesehenen wie anspruchsvollen Kanonistischen Institut in München (heute Klaus-Mörsdorf-Studium) dieses Fach selbst an der eigenen Ordenshochschule sowie in Sankt Augustin und Münster zu lehren; und schließlich Köln, wo P. Henseler seit dem 6.8.1981 als fleißiger und allseits geschätzter Prosynodal- bzw. Diözesanrichter im Offizialat mitarbeitete. 2007 wechselte er zu Weihbischof Melzer und tat dort seinen Dienst als Referent des Bischofsvikars für die weiblichen Ordensgemeinschaften bis 2014.

In der geistlichen Topographie eines Bistums sind die Niederlassungen der Orden ganz wichtige Bestandteile. Die Bedeutung, die sie haben, ermisst man leider - wie im Leben allgemein - oft erst dann, wenn sie nicht mehr da sind. Verlust schafft Erkenntnis. Niemand, der die Entwicklung der Kirche in den letzten Jahrzehnten aufmerksam verfolgt hat, wird im Blick auf diese Topographie von einem ruhigen, beständigen Bild sprechen. Wie hinter den Verfahren am kirchlichen Ehegericht Lebensgeschichten stehen, so auch hinter den Veränderungen der geistlichen Landschaft. Mit jeder Niederlassung wie Auflösung eines Konventes oder gar einer Ordensgemeinschaft sind davon zunächst sehr konkrete Menschen betroffen. Es hängen aber auch sehr viele praktische wie rechtliche Fragen daran, für die guter Rat teuer ist. So wundert es nicht, dass P. Henseler, einer der wenigen ausgewiesenen Experten des Kirchenrechtes allgemein wie des Ordensrechtes im Besonderen, vom Offizialat „abgeworben“ wurde und sich höheren Notwendigkeiten stellte, indem er die ihm angetragene Aufgabe im Bischofsvikariat für die weiblichen Ordensleute übernahm und aus der Sicht des Bischofs ebenso fachkundig wie segensreich ausübte. Das werden zahlreiche Ordensleute dankbar bestätigen können. Nicht umsonst wird P. Henseler auch heute noch von Einzelnen und Gemeinschaften oft konsultiert. Daneben behielt er, langwierigen und schweren Krankheiten zum Trotz, so lange es ihm möglich war, die regelmäßigen akademischen Lehrtätigkeiten in Hennef, an der Theologischen Fakultät der Philosophisch-Theologischen Hochschule SVD in Sankt Augustin und am Kanonistischen Institut der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster bei. Außerdem war er ab 1995 für einige Jahre Konsultor der Religiosenkongregation in Rom.

Das Zweite Vatikanische Konzil erinnerte im Dekret über die Hirtenaufgabe der Bischöfe Christus Dominus (Nr. 33) die Ordensleute daran, dass sie, immer in Treue zum Charisma und unter Wahrung der Eigenart der eigenen Gemeinschaft, sowohl der Gesamtkirche wie den Diözesen verpflichtet sind, da in und aus den Teilkirchen die eine und einzige katholische Kirche besteht (Lumen Gentium 23). Die Ausführungsbestimmungen, vor allem die Notae directivae pro mutuis relationibus inter Episcopos et Religiosos in Ecclesia

(AAS 70 [1978] 473-506) betonen die Aufgabe der Bischöfe als Beschützer und Förderer der Ordensgemeinschaften und Ordensleute. Diese sind nicht eine Art Reservoir, auf welches die Ortsbischöfe je nach Bedarf zurückgreifen dürften, wenn die Aufgaben in ihren Diözesen mit eigenen Kräften nicht mehr zu bewältigen sind. Vielmehr müssen die Ordensleute gemäß dem Charisma ihrer eigenen Gemeinschaft geachtet, gefördert und ggf. an geeigneter Stelle eingesetzt werden.

P. Henseler oblag also vor allen rechtlichen Auskünften und Ratschlägen im Einzelfall diese nicht hoch genug zu schätzende Brückenfunktion, sozusagen die Anwaltschaft für beide Seiten, die verständlichen Interessen des Bistums und die legitimen Belange der Ordensleute. Für seinen kompetenten wie engagierten Dienst über viele Jahre und die diskrete Art seiner Amtsführung danke ich ihm von Herzen.

Köln, den 22. Juli 2019

GRUßWORT DES PROVINZIALS DER KONGREGATION DES HEILIGSTEN ERLÖSERS (C.SS.R.)

Als Rudolf Henseler in die Kongregation des Heiligsten Erlösers eintrat und sein Theologiestudium begann (1970), sah sich die katholische Theologie durch das Vatikanische Konzil vor eine gewaltige Herausforderung gestellt. Es war die Zeit, in der bedeutende Vertreter der damals florierenden Ordenshochschulen der nachkonziliaren Debatte wichtige Impulse zu geben vermochten und sich dem studierenden Ordensnachwuchs unter anderem die Chance bot, sich für ein philosophisches oder theologisches Zweitstudium zu empfehlen.

Unserem Mitbruder war diese Chance aber erst als zweite Option in den Blick getreten, nachdem nämlich sein ursprünglicher Wunsch, in der Vizeprovinz Sumba (Indonesien) als Missionar zu wirken, am Gutachten des konsultierten Arztes gescheitert war und der Provinzial ihn mit den Worten „Wir werden schon etwas anderes für dich finden“ vertröstet hatte.

Kurze Zeit später erhielt Pater Henseler das Angebot, Nachfolger des damals noch rüstigen, aber bereits 72 Jahre alten P. Adam Werner zu werden, der an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Geistingen (Hennef/Sieg) Kirchenrecht lehrte. Der Eifer, mit dem sich Henseler von Anfang an auf seine künftige Bestimmung vorbereitete, führte bereits zwei Jahre nach Vollendung des Theologiestudiums zum Lizentiat am Kanonistischen Institut der Universität München (LMU) und ein Jahr später (1979) zur Promotion bei Prof. Audomar Scheuermann über ein ordensrechtliches Thema.

Beeindruckt vom raschen Studienerfolg gewährte die Provinzleitung dem damals Dreißigjährigen ein Freisemester in Rom mit dem Auftrag, in der Generalleitung der Kongregation ordensrechtliche Erfahrungen zu sammeln. Seine Lehrtätigkeit eröffnete P. Henseler mit der Lectio brevis des Wintersemesters 1980/81 über „Nachkonziliare Tendenzen des Ordensrechts“. Bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2017 lehrte er danach Kirchenrecht an den Hochschulen der Redemptoristen in Geistingen (bis 1996) und der Steyler Missionare in Sankt Augustin. Er war ein hoch geschätzter Dozent im Kirchenrecht am Diakoneninstitut in Köln, am Studienhaus Lantershofen und an der theologischen Fakultät in Trier.

Dass der Jubilar bei den vielfältigen Aufgaben, die er in der großen Geistinger Kommunität wahrnahm, der wissenschaftlich betriebenen Kanonistik nicht verloren ging, sondern im Gegenteil der anerkannte Fachmann für Ordensrecht geworden ist, als der er nicht nur von vielen Ordensgemeinschaften, sondern auch als Ordensreferent der Erzdiözese Köln (2007-2014) in Anspruch genommen wurde, verdankt sich einer zweiten Chance, die der Jubilar – kurz nach Erscheinen des neuen Codex – als solche erkannt und entschlossen genutzt hat.

Der ihm aus der Münchener Studienzeit bekannte Kollege Klaus Lüdicke, seit 1980 Leiter des Instituts für Kanonisches Recht (IKR) in Münster, bat ihn um Mitarbeit am Münsterischen Kommentar und übertrug ihm darin die Kommentierung des gesamten Ordensrechts. Es ist dem P. Henseler hoch anzurechnen, dass er sich dieser Herausforderung gestellt und sich dazu die Freistellung von anderweitigen Verpflichtungen und sogar einen zeitweiligen Umzug in die Bonner Kommunität der Redemptoristen „erkämpft“ hat: unabdingbare Voraussetzung dafür, dass der inzwischen zum Standardwerk avancierte Kommentar nach eineinhalb Jahren fertiggestellt und 1984 erstmals erscheinen konnte. Als einige Jahre später ein Lizentiatsstudiengang am Institut für Kanonisches Recht in Münster eingerichtet wurde, übernahm Rudolph Henseler dort den Lehrauftrag für Ordensrecht, den er über zwanzig Jahre lang (1992-2014) wahrgenommen hat.

Dass der Orden die Geistinger Hochschule im Jahr 1996 schließen musste ist ihm – und vielen Mitbrüdern mit ihm – damals sehr schwer gefallen. Wie es in vielen Ordensgemeinschaften der Fall ist, hat die personelle Situation, wie sie sich um die Jahrtausendwende abzeichnete, zu einer Zusammenlegung mehrerer ehemals selbständiger Provinzen geführt. Bei der Ausformulierung der entsprechenden Provinzstatuten besaßen wir Redemptoristen in Pater Henseler und dem durch ihn hochgeschätzten Niederländischen Mitbruder,

Kollegen und Freund, P. Ignaz Dekkers - vorzügliche Helfer und Ratgeber.

Ich wünsche Dir, lieber Pater Rudolf, das wir und viele andere Ordensgemeinschaften noch lange deine Weisheit und Expertise genießen dürfen.

P. Drs. Jan L. J. Hafmans C.Ss.R.

Provinzial der Provinz St. Clemens

GRUßWORT DES PROVINZIALS DER SOCIETAS VERBI DIVINI (SVD)

Prof. P. Dr. iur. can. Rudolf Henseler CSsR gehörte seit 1980 zum Lehrkörper der Philosophisch-Theologischen Hochschule SVD St. Augustin – zunächst als Mitglied der Ordenshochschule der Redemptoristen in Hennef-Geistingen, seit der Einstellung des Lehrbetriebs in Geistingen, dann seit 1996 als Inhaber des Lehrstuhls für Kirchenrecht an der Hochschule der Steyler Missionare. Bis zu seiner Emeritierung 2017 hat er das Fach Kirchenrecht vertreten und in den insgesamt fast 40 Jahren Generationen von Studierenden in die Geheimnisse des Codex Iuris Canonici eingeführt, sowie auf den Umgang mit rechtlichen Problemen und Herausforderungen vorbereitet. Ich habe P. Henseler in Vorlesungen als äußerst engagierten und kompetenten Professor erlebt und im Laufe der Jahre immer wieder mitbekommen, wie sehr er sich in Fragen des Kirchenrechtes einsetzt.

Die umfangreiche Liste seiner Veröffentlichungen, deren Schwerpunkt das Ordensrecht ausmacht, weist ihn sowohl als Experten in allgemeinen Fragen des Ordensrechtes wie auch in zahlreichen rechtlichen Einzelthemen im Zusammenhang mit dem Ordensleben aus.

Neben seiner Lehrtätigkeit hat P. Henseler seit Jahren zahlreiche Ordensgemeinschaften in rechtlichen Fragen beraten. Der Titel dieser Festschrift bringt seinen umfassenden Einsatz hervorragend zum Ausdruck: „Ecclesiae et scientiae fideliter inserviens.“

Dem „treuen Diener von Kirche und Wissenschaft“ gilt unser aufrichtiger Dank! Sein Einsatz an der Philosophisch-Theologischen Hochschule SVD St. Augustin war ein Segen für die Hochschule und weit darüber hinaus. Für seine Hilfe und Unterstützung bei vielen rechtlichen Fragen sind wir ihm sehr dankbar!

Aus Anlass seines 70. Geburtstages wünschen wir P. Henseler Gottes Segen, Gesundheit und weiterhin Freude am Dienst an Kirche und Wissenschaft, der ja sicher mit seiner Emeritierung nicht enden kann.

P. Prof. Dr. Martin Üffing SVD

Provinzial

KIRCHENRECHT UND RELIGIONSRECHT

RÜDIGER ALTHAUS

„Rom ist weit weg…“ Oder: Was könnte eine Bischofskonferenz im Krisenfall leisten?

In den vergangenen gut zehn Jahren haben mehrere größere und kleinere Skandale die katholische Kirche in Deutschland erschüttert und nicht erst durch das mediale Interesse ihrem Ansehen schweren Schaden zugefügt. In besonderer Weise genannt seien der sexuelle Missbrauch Minderjähriger durch Priester und die Baumaßnahme auf dem Limburger Domberg.1 Während ersterer alle deutschen Diözesen (und weit darüber hinaus) betroffen hat, hatte letzterer seine Ursache nur in einer einzelnen Diözese. In der medialen Öffentlichkeit und der Wahrnehmung der Menschen blieb es jedoch nicht bei dieser lokalen Konzentration, sondern wirkte sich auf das Erscheinungsbild „der Kirche“ im ganzen Land aus. Damit kann nicht nur eine „Amtskirche“ gemeint sein, vielmehr betrifft dies – bedenkt man die Dogmatische Konstitution Lumen gentium des II. Vatikanischen Konzils – letztlich die hierarchisch verfasste Gemeinschaft der Glaubenden insgesamt, das Volk Gottes. Dabei treffen die Themen, die sich immer wieder auf Fragen der Sexualität und der Finanzen beziehen, auch auf fest verwurzelte Vorurteile gegenüber der Kirche. Manches, was behauptet wird, entpuppt sich bei näherer Betrachtung im Laufe der Zeit als weniger schwerwiegend oder gar unzutreffend, weil Fakten nicht zutreffen oder falsch interpretiert werden. Das negative Image aber entsteht und bleibt lange.

Gläubige und Öffentlichkeit warten auf eine Stellungnahme seitens „der Kirche“, auf Transparenz, Aufarbeitung und Ahndung der Vorkommnisse. Während im erstgenannten Beispiel die Verantwortung hierfür beim jeweiligen Diözesanbischof liegt, aber wegen der Involvierung mehrerer bzw. zahlreicher Bistümer zugleich aber eine überdiözesane Koordination angemessen ist, so liegt im zweitem Fall ein behauptetes Fehlverhalten eines Diözesanbischofs in seiner Amtsführung vor. An wen richten sich die Erwartungen? Die Aufmerksamkeit richtet sich auf die Bischofskonferenz und deren Vorsitzenden, auf deren Stellungnahme, Eingreifen und Machtwort man wartet, denn hier sieht man den hierarchischen Dienstvorgesetzten.2 Häufig aber ist – weil unzuständig – ein langes Zögern oder Schweigen zu beobachten, wodurch das Problem nicht aufgearbeitet wird, sondern in der medialen Öffentlichkeit präsent bleibt, weil man sich „darauf eingeschossen“ hat.

Schaut man von außen auf die verfassungsrechtliche Struktur der Kirche, gewinnt man den Eindruck einer ausgeprägten hierarchischen Stufung: Diözesanbischof, (Metropolitan-)Erzbischof (Vorsteher einer Kirchenregion), Präsident bzw. Vorsitzender einer Bischofskonferenz und – weit weg – schließlich der Papst in Rom. Dabei steht – auch aufgrund eines im deutschen Sprachraum ausgeprägten eigenen Verwaltungsapparates sowie der allgemeinen Berichterstattung in den Medien – gerade die Bischofskonferenz im Fokus. Die an diese gerichteten Erwartungen sind jedoch tatsächlich vergeblich, denn um eine wirkliche hierarchische Zwischeninstanz handelt es sich bei dieser Körperschaft nicht. Dies mag theologischen und daraus resultierend rechtlichen Prämissen entsprechen, doch in einer solchen Situation kann es nicht nur darum gehen, wer formalrechtlich „Dienstvorgesetzter“ eines Diözesanbischofs ist, sondern Ziel muss sein, weiteren Schaden von der Kirche abzuwenden. Notwendig ist ein zeitnahes – selbstverständlich ergebnisoffenes – Befassen mit dem Fall, was auch den Medien entsprechend kommuniziert werden kann. So ergibt sich mitunter das Erfordernis einer wirklichen „Zwischeninstanz“, ohne gleich den Ap. Stuhl mit einem Problem behelligen zu müssen, was wiederum dem kirchenrechtlichen Prinzip der Subsidiarität entspricht.

Nachfolgend sei in einem ersten Schritt auf die vorhandenen „Zwischeninstanzen“ und ihre rechtlichen Befugnisse geschaut, um dann die Verantwortungsträger Diözesanbischof und Papst unter Einbeziehung des Prinzips der Subsidiarität zu skizzieren, um abschließend dann Gedanken für eine mögliche und nötige Fortentwicklung des Rechts darzulegen.

1. Bereits vorhandene „Zwischeninstanzen“ und ihre Kompetenzen

1.1 Die Metropolitan-Erzbischöfe3

Zwar weiß man z. B. in Köln, dass man in einem Erzbistum lebt, dass der Erzbischof zugleich Metropolit der Kölner Kirchenprovinz ist4 und als Zeichen seiner Stellung ein Pallium als Teil des Pontifikalornates trägt, aber ein Wissen um dessen jurisdiktionelle Befugnisse ist kaum vorhanden. Dies liegt aber nicht in der Unkenntnis der Gläubigen oder auch kirchlicher Bediensteter begründet, sondern in der Sache: Beim Metropoliten scheint es sich in der lateinischen Kirche des Abendlandes um kaum mehr als einen Ehrentitel zu handeln. Während man im ersten Jahrtausend von einer wirklichen hierarchischen Ebene sprechen kann und einem Provinzialkonzil, d. h. der Versammlung der Bischöfe einer Kirchenprovinz große Bedeutung zukam, so schwanden mit Erstarken der römischen Zentralgewalt seit dem 11. Jahrhundert die Befugnisse des Metropoliten zusehends.5 Obgleich im Bereich der (auch katholischen) Ostkirchen den Metropoliten noch eine bedeutende Stellung zukommt6, so fehlt diese wohl in der Westkirche.

Gleichwohl schreibt das geltende Kirchenrecht7 den Zusammenschluss benachbarter Teilkirchen zu einer Kirchenprovinz in der Regel zwingend vor8 und verbietet für die Zukunft das Vorhandensein exemter Diözesen, wobei die Errichtung, Veränderung und Aufhebung solcher Gebietskörperschaften dem Ap. Stuhl nach Anhörung der betroffenen Bischöfe zukommt (c. 431 § 1 CIC/1983). Eine solche Kirchenprovinz soll der Förderung des gemeinsamen pastoralen Vorgehens der benachbarten Bistümer entsprechend den personellen und örtlichen Umständen und der Pflege der Beziehungen der Diözesanbischöfe untereinander dienen (c. 431 § 1 CIC/1983). Damit eröffnet sich für den Metropoliten im Kreis seiner Mitbischöfe eigentlich ein weites Betätigungsfeld. Diesen Gedanken stützt auch die Aussage, dass diesem und einem Provinzialkonzil9 Leitungsgewalt zukommen (c. 432 § 1 CIC/1983), doch besitzt diese Befugnis kaum oder gar keine praktische Relevanz: So kommt dem Provinzialkonzil zwar ein pastoraler Dienst zu, und es besitzt auch Gesetzgebungsgewalt (c. 445 CIC/1983), doch nennt der geltende Codex Iuris Canonici mit der Festlegung der Höhe des Messstipendiums und der Stolgebühren (cc. 952 § 1, 1264 CIC/1983) lediglich nebensächliche Materien.10 Zudem finden solche Kirchenversammlungen de facto nicht statt.11

Auch die konkreten Befugnisse des Metropoliten nehmen sich bei allgemeiner Betrachtung sehr bescheiden aus:

– Der Metropolit wacht in den Suffraganbistümer seiner Kirchenprovinz über die Bewahrung des Glaubens und die Einhaltung der kirchlichen Disziplin, doch darf er sich nicht in die Leitung einer anderen Diözese einmischen; vielmehr hat er über eventuelle Missstände den Papst zu informieren (c. 436 § 1 CIC/1983).12 Dies trifft auch auf den Fall einer unrechtmäßigen, mehr als sechs Monate andauernden (!) Abwesenheit eines Diözesanbischofs von seiner Diözese zu (c. 395 § 4 CIC/1983). Diese Aufsicht gehört zu den klassischen Aufgaben des Metropoliten, die in der frühen Kirche vor allem auf den Provinzialkonzilien wahrgenommen wurde, doch ist nicht bekannt, dass diese Vigilanz in jüngerer Zeit zum Tragen gekommen wäre.

– In zwei Bereichen kommt dem Metropoliten subsidiäres Handeln zu:

1. Er soll die Visitation in einer Suffragandiözese durchführen, wenn der eigene Diözesanbischof dieser Pflicht nicht nachkommt; allerdings bedarf es hierzu der Genehmigung des Hl. Stuhles (c. 436 § 1, 2 CIC/1983).

2. Die Ernennung eines Diözesanadministrators überträgt das Recht ipso iure dem Metropoliten, wenn der Administrator aus irgendeinem Grund nicht fristgerecht gewählt wird (c. 421 § 2 CIC/1983) oder wenn einem bereits Gewählten die vom Recht vorgeschriebenen Eigenschaften fehlen (c. 425 § 3 CIC/1983).

– Um die communio Ecclesiarum in der Kirchenprovinz zu verdeutlichen, bleibt dem Metropoliten (in der Regel) das Recht der Weihe der Suffraganbischöfe.13

Die Jurisdiktionsgewalt des Metropoliten bleibt ausdrücklich strikt auf die im Gesetzbuch genannten Fälle beschränkt, doch kann ihm der Papst besondere Aufgaben und Vollmachten übertragen (c. 436 §§ 2 und 3 CIC/1983). Dabei tritt der Metropolit nicht so sehr als primus inter pares der Bischöfe seiner Kirchenprovinz hervor, sondern als Beauftragter des Papstes (was gerade auch im Pallium seinen Ausdruck findet14). Allerdings: Auch dies bleibt eher im Bereich des theoretisch Möglichen und betrifft nicht den des praktisch Relevanten. Und irgendwie aufschlussreich ist: Einer Kirchenprovinz kommt zwar von Rechts wegen eigene Rechtspersönlichkeit zu (c. 432 § 2 CIC/1983), doch sprechen das Nichtvorhandensein einer eigenen Vermögensmasse und – gerade auch in Deutschland – das Fehlen einer eigenen Verwaltungsbehörde oder auch nur eines Mitarbeiterstabes für sich.

Eine praxisrelevante Ausprägung erfährt die Metropolitanverfassung nur in der Gerichtsorganisation, insofern das Gericht des Metropoliten in der Regel II. Instanz für die Gerichte der Suffraganbistümer ist (c. 1438, 1°CIC/1983). Allerdings büßte diese Regelung infolge der Reform des Eheprozessrechts durch Papst Franziskus mit dem Fortfall einer obligatorischen II. Instanz bei einem affirmativen Urteil in Eheprozessen (vgl. c. 1682 CIC/1983 in der Fassung von 1983 und von 2015) ihre Bedeutung ein.15

Die vom II. Vatikanischen Konzil (CD Art. 40 n. 1) geforderte Neugestaltung des Metropolitenamtes erstreckt sich somit auf pastorale Initiativen und den Ausdruck der Kollegialität16; die der synodalen Tradition (CD Art. 36) zielt ins Leere.

Die kirchliche Verfassung kennt zudem die Kirchenregion (regio ecclesiastica), die auf Vorschlag der Bischofskonferenz vom Ap. Stuhl vorgenommene, (fakultative) Vereinigung mehrerer Kirchenprovinzen (c. 433 § 1 CIC/1983). Dem Konvent der Bischöfe einer solchen kommt wiederum die Zusammenarbeit und die Förderung des gemeinsamen pastoralen Handelns zu (c. 434 CIC/1983). Im deutschen Sprachraum besteht eine solche Kirchenregion de iure nicht, doch könnte in der sog. Bayerischen Bischofskonferenz, dem Zusammenschluss der bayerischen Diözesanbischöfe und dem Bischof von Speyer, etwas Ähnliches gesehen werden.17

1.2 Die Bischofskonferenz18

Obgleich als nationalkirchliche Bestrebungen vom Hl. Stuhl mitunter beargwöhnt, haben sich nationale Zusammenkünfte der Diözesanbischöfe zwecks Absprache eines einheitlichen Vorgehens seit dem 19. Jh. bewährt. Wohl vor diesem Hintergrund zunächst in Anbetracht der Herausforderung, die römische Liturgie unter Wahrung ihrer Einheit moderat der jeweiligen Kultur anzupassen19, rief das II. Vatikanische Konzil die Bischofskonferenzen offiziell ins Leben (vgl. CD Art. 37 und 38), deren heutige Rechtsgestalt der Codex Iuris Canonici rahmenrechtlich festlegt.20

Eine solche Bischofskonferenz zu errichten, obliegt dem Ap. Stuhl, der zuvor die betroffenen Bischöfe anhört (c. 449 CIC/1983). Ihr gehören alle Diözesanbischöfe und Weihbischöfe an, die ihr Amt innerhalb des Konferenzgebietes ausüben.21 Die von der Bischofskonferenz zu erarbeitenden und vom Ap. Stuhl zu rekognoszierenden Statuten haben insbesondere ihre Organisation und Arbeitsweise (c. 451 CIC/1983) sowie die Befugnisse des Vorsitzenden (c. 452 CIC/1983) festzulegen, doch nimmt er unter den Bischöfen (nur) die Stellung eines primus inter pares ein. Zur Zielsetzung einer Bischofskonferenz heißt es allgemein, diese soll in ihrem Gebiet pastorale Aufgaben nach Maßgabe des Rechts gemeinsam ausüben, besonders Formen und Methoden des Apostolats, die den zeitlichen und örtlichen Umständen angepasst sind (cc. 447, 448 CIC/1983). – In folgenden Bereichen kommt der Bischofskonferenz nicht unerhebliche Bedeutung zu:

1. Die Bischofskonferenz kann sog. decreta generalia erlassen, meist als Partikularnormen bezeichnet.22 Hierbei handelt es sich um Gesetze (c. 19 CIC/1983), die mit einer 2/3 Mehrheit der Diözesanbischöfe beschlossen und vom Ap. Stuhl rekognosziert werden müssen, damit die Befugnisse der Diözesanbischöfe nicht über Gebühr eingeschränkt werden.23 Allerdings beschränkt sich diese Kompetenz auf solche Materien, die das allgemeine Kirchenrecht vorsieht oder in denen der Ap. Stuhl dies aus eigenem Antrieb oder auf Ansuchen der Bischofskonferenz gewährt (c. 455 CIC/1983).24 Viele Verlautbarungen der Bischofskonferenz können daher lediglich den Anspruch einer pastoralen Verlautbarung erheben oder einer gemeinsamen Empfehlung zwecks Transformation in diözesanes Recht durch eine möglichst einheitliche Gesetzgebung aller Diözesanbischöfe.25

2. Der Bischofskonferenz kommen genau umschriebene Kompetenzen bei der Ordnung der Liturgie zu, d. h. die Bischofskonferenz hat die Übersetzungen der liturgischen Bücher in die Volkssprachen zu besorgen und sie innerhalb der in diesen festgelegten Grenzen den Verhältnissen im Konferenzgebiet anzupassen, doch bedürfen diese Bücher vor ihrer Herausgabe der vorgängigen Überprüfung (recognition) durch den Hl. Stuhl (c. 838 § 3 CIC/1983).26

3. Die Bischofskonferenz besitzt Lehrautorität. So heißt es im Apostolischen Schreiben Apostolos suos vom 21. Mai 1998 über die theologische und rechtliche Natur der Bischofskonferenzen in Anknüpfung an c. 753 CIC/1983, die Bischöfe übten ihr Lehramt in den Bischofskonferenzen gemeinsam aus. Daher bedürfen deren Lehraussagen der Beschlussfassung ab omnibus oder bei einer 2/3-Mehrheit der recognitio durch den Hl. Stuhl.27

Auf der Ebene der Bischofskonferenz kann ein sog. Plenarkonzil abgehalten werden (cc. 438-446 CIC/1983), das einem pastoralen Zweck dient und Gesetzgebungsbefugnis besitzt (c. 445 CIC/1983), doch besitzt auch dies keine praktische Relevanz.28

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Bischofskonferenz zwar eine nicht unerhebliche Rolle auf pastoraler und rechtlicher Ebene spielt, was die Koordination und Förderung gemeinsamer Maßnahmen und die Applikation gesamtkirchlicher Vorgaben betrifft, doch eine wie auch immer geartete Aufsicht über das Wirken eines einzelnen Diözesanbischofs ist nicht vorgesehen.

2. Diözesanbischof und Papst – Ämter göttlichen Rechts

2.1 Der Diözesanbischof und seine Amtsgewalt29

Der CIC/1983 beginnt seine Abschnitte über die Bischöfe im Allgemeinen (cc. 375-380 CIC/1983) und die Diözesanbischöfe (cc. 381-402 CIC/1983) mit einer programmatischen, lehrmäßigen Aussage, die auf das II. Vatikanische Konzil zurückgeht: Die Bischöfe treten kraft göttlicher Einsetzung durch den ihnen geschenkten Hl. Geist an die Stelle der Apostel und werden in der Kirche zu Hirten bestellt, um auch selbst Lehrer des Glaubens, Priester des Gottesdienstes und Diener in der Leitung zu sein (c. 375 § 1 CIC/1983).30 Mit dieser Fundierung des Bischofsamtes im göttlichen Recht – im Unterschied zu allen anderen kirchlichen Ämtern, sieht man von der primatialen Stellung des Papstes ab – erkennt der Gesetzgeber den Amtsinhabern eine herausragende und nicht zu hinterfragende Stellung zu. Sie empfangen ihre Kompetenzen kraft der Bischofsweihe31, doch ist die Ausübung derselben ihrer Natur nach an die hierarchische Gemeinschaft mit dem Bischofskollegium und dessen Haupt gebunden (c. 375 § 2 CIC/1983).

Diese Vollmachten sind territorial oder personal begrenzt (c. 372 CIC/1983), insofern ein Diözesanbischof zwar aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Bischofskollegium für die Leitung der gesamten Kirche Mitverantwortung trägt, ihm Jurisdiktion aber nur in seiner Diözese zukommt. Hier aber hat er die ganze, ordentliche, eigenberechtigte und unmittelbare Gewalt, die er zur Ausübung seines Hirtenamtes benötigt, sofern nicht von Rechts wegen oder aufgrund einer Anordnung des Papstes etwas seiner oder einer anderen kirchlichen Autorität vorbehalten ist (c. 381 § 1 CIC/1983). Diese umfassenden Kompetenzen dürfen aber nicht willkürlich eingeschränkt werden, weil dies der Zuständigkeit und Vollmacht des Diözesanbischofs zuwiderlaufen würde. Vielmehr muss ein solcher Eingriff in dessen sakramental begründete Gewalt in der Einheit der Kirche bzw. im Rechtsschutz der Gläubigen begründet liegen.

Unbeschadet dessen nimmt der Diözesanbischof in der Leitung seiner Diözese eine zentrale Stellung ein, insofern sämtliche Ämter der Diözesankurie (v. a. General- und Bischofsvikar, Gerichtsvikar und Diözesanökonom: cc. 475-481, 494, 1420 CIC/1983)32 und auch im pfarrlichen Dienst – so leitet der Pfarrer seine Pfarrei sub auctoritate Episcopi dioecesani (c. 519 CIC/1983) – von ihm abhängen. Dennoch ist seine Position nicht absolutistisch konzipiert, sondern synodal, was bedeutet, dass es eine Reihe von gesamtkirchlich vorgeschriebenen, fakultativ vorgesehenen oder vom Diözesanbischof als zweckmäßig erachteten Räte gibt.33 Diese hängen von seiner Autorität ab, insofern er deren Mitglieder beruft. Die Aufgabe dieser Gremien besteht darin, den Bischof aufgrund besonderer (fachlicher aber auch persönlicher) Kompetenzen zu beraten34, ihn in seiner Verantwortung zu unterstützen, diese aber nicht zu ersetzen. Eine wie auch immer geartete Aufsicht über die Amtsführung des Bischofs steht aber weder einem seiner Mitarbeiter noch einem diözesanen Gremium zu.35

2.2 Zur Stellung des Papstes36 und zum Subsidiaritätsprinzip

Zu Beginn des Teils über die hierarchische Verfassung der Kirche enthält das kirchliche Gesetzbuch die grundlegende Aussage:

„Der Bischof der Kirche von Rom, in dem das vom Herrn einzig dem Petrus, dem ersten der Apostel, übertragene und seinen Nachfolgern zu vermittelnde Amt fortdauert, ist Haupt des Bischofskollegium, Stellvertreter Christi und Hirte der Gesamtkirche hier auf Erden; deshalb verfügt er kraft seines Amtes in der Kirche über höchste, volle, unmittelbare und universale ordentlichen Gewalt, die er immer frei ausüben kann“ (c. 331 CIC/1983).

Diese Vollmacht betrifft nicht nur die Kirche als Gesamtkirche, sondern der Papst besitzt

„auch über alle Teilkirchen und deren Verbände einen Vorrang ordentlicher Gewalt, durch den zugleich die eigenberechtigte, ordentliche und unmittelbare Gewalt gestärkt und geschützt wird, die die Bischöfe über die ihrer Sorge anvertrauten Teilkirchen innehaben“ (c. 331 § 1 CIC/1983).

Unbeschadet der diffizilen Frage der Verhältnisbestimmung zwischen päpstlicher und bischöflicher Gewalt, lassen diese Aussagen keine Zweifel, dass der Papst auch Jurisdiktion über die einzelnen Teilkirchen und deren Vorsteher besitzt37, er somit grundsätzlich Eingriffsmöglichkeit besitzt, was nicht nur, aber auch den Fall einer Säumigkeit des Diözesanbischofs betrifft. Dabei bleibt dem Papst überlassen, ob er selber regulierend tätig wird oder dies einem anderen überträgt, z. B. einem seiner Dikasterien38 oder auch dem päpstlichen Gesandten.39 Diese Zuständigkeit aber schließt das Tätigkeitwerden einer nachgeordneten Instanz aus eigenem Antrieb aus. Allerdings stellt sich die Frage, wie der Ap. Stuhl die notwendigen Informationen erhält, die sein Tätigwerden veranlassen. Natürlich wäre aufgrund seiner Berichtspflicht zunächst an den Päpstlichen Gesandten zu denken (c. 363,1°CIC/1983), doch schließt dies eine Initiative des Metropoliten (wie es ja seine Pflicht ist: c. 438 § 1, 1° CIC/1983) oder der Bischofskonferenz nicht aus. Hilfreich dürfte für den Ap. Stuhl dabei nicht nur eine lediglich kurze Mitteilung sein, sondern auch eine erste Aufbereitung einschließlich vorsichtiger Wertung der Fakten. Allerdings: Handelt es sich dabei nicht doch um eine Einmischung in die Zuständigkeit des Hl. Stuhles und auch des betroffenen Diözesanbischofs?

In diesem Zusammenhang sei an das sog. Subsidiaritätsprinzip erinnert, das nicht nur ein Begriff der katholischen Soziallehre ist.40 Vielmehr entspricht dieses auch dem Wesen der Kirche als eine communio Ecclesiarum (LG Art. 23). So hatte die Römische Bischofssynode von 1967 es in die zehn Principia, in die Leitsätze für die Erarbeitung des neuen Gesetzbuches aufgenommen.41 Theologisch begründet die Bischofssynode das Subsidiaritätsprinzip mit dem Faktum, dass nicht nur das Amt des Papstes, sondern auch das der Bischöfe göttlichen Rechtes ist42 und der einzelne Diözesanbischof in seiner Teilkirche nicht Bevollmächtigter des Papstes, sondern 15 Jahre Päpstliche CIC-Reformkommission, Trier 1979, 15-23. eigenberechtigter Hirte ist.43 Das Subsidiaritätsprinzip führt rechtlich allgemein zu der Konsequenz, die Ordnung einer Angelegenheit einer nachgeordneten Instanz zu überlassen, wenn diese von einer höheren weder sinnvoll geregelt werden kann noch notwendig geregelt werden muss.44 Dies aber betrifft nicht allein den einzelnen Diözesanbischof und seine Vollmacht, sondern auch Bischofsversammlungen, insbesondere die Bischofskonferenz. So bleibt die Frage, ob eine erste kritische „Draufsicht“ über die Amtsführung des Diözesanbischofs nicht unterhalb der Ebene des Ap. Stuhles möglich, ja sinnvoll ist.

3. Ansätze für eine Fortentwicklung des Rechts

Die geltenden kirchenrechtlichen Normen scheinen zunächst ein Tätigwerden von Bischofskonferenz oder Metropolit im Sinne einer Krisenintervention zu verhindern. Denn sie dürfen sich nicht in die Amtsführung und Rechtsbefugnisse eines Diözesanbischofs einmischen. Vielmehr hat der Metropolit die Sache dem Ap. Stuhl zu unterbreiten, um von dort geeignete Maßnahmen zu erwarten (c. 436 § 1, 1° CIC/1983). Dadurch aber verstreicht wertvolle Zeit. Zudem bedarf jede und gerade auch eine sensible Angelegenheit, die im Fokus der Öffentlichkeit steht, einer sorgfältigen Untersuchung, um eine vorschnelle und gar ungerechte Beurteilung zu vermeiden. Dies wäre Aufgabe eines „Untersuchungsausschusses“ – im politischen Bereich ein vielfach erprobtes Instrument zur Klärung unklarer Verhältnisse –, doch scheint die Einsetzung eines solchen in Bezug auf die Amtsführung eines Diözesanbischofs – sei es durch eigenes Handeln oder auch durch Nichthandeln bei offenkundigem Fehlverhalten ihm Unterstellter – nicht möglich. Damit ist „die Kirche“ nicht in der Lage, zeitnah ein positives Signal im Umgang mit einem behaupteten Skandal zu setzen und damit Handlungsfähigkeit und -willigkeit zu demonstrieren. Die Öffentlichkeit aber kennt diese sehr begrenzte Handlungsmöglichkeit nicht und interpretiert Schweigen oder auch nur Zögern leicht als Zustimmung zu diesem angeprangerten Fehlverhalten oder als Verweigerung dessen Aufklärung. So bleibt ein Vorfall über längere Zeit in den Medien und richtet großen Schaden an, der sich in Kirchenaustritten manifestiert45, aber auch in der Verunsicherung vieler Gläubiger, die treu zu ihrer Kirche stehen wollen. Im Fall der Krise des Bistums Limburg, gab es für die Gläubigen zudem auch keine Möglichkeit, ihr Unbehagen oder ihre Unzufriedenheit gegenüber einer kirchlichen Stelle zu formulieren, weshalb sich viele an die Medien wandten.

Doch enthält das geltende Recht nicht doch versteckte Anknüpfungspunkte für eine wünschenswerte Konkretisierung oder Fortentwicklung des Rechts im Sinne einer größeren Subsidiarität? Diesbezüglich seien folgende Aspekte angesprochen:

1. Metropolit und Bischofskonferenz nehmen keine hierarchische Zwischeninstanz zwischen dem Ap. Stuhl und den einzelnen Diözesanbischöfen ein. Deshalb kommt ihnen auch keinerlei Jurisdiktion oder auch nur Dienstaufsicht über diese zu. Vielmehr kann sich jeder Diözesanbischof dogmatisch und kirchenrechtlich auf seine Autorität berufen und jede „Untersuchung“ als Versuch der Einmischung in die inneren Angelegenheiten seiner Amtsführung zurückweisen. Es geht an dieser Stelle aber nicht um ein disziplinarisches oder gar strafrechtliches Vorgehen gegen einen Diözesanbischof (das obliegt weiterhin dem Ap. Stuhl). Vielmehr soll – ergebnisoffen – in der Öffentlichkeit hartnäckig vorgetragenen Behauptungen nachgegangen, d. h. dass Anhaltspunkte oder gar Beweise gesammelt werden, um einen Vorwurf zu fundieren oder aber auch zu entkräften, selbst wenn das Ergebnis eine gewisse Ambivalenz darstellt. Es geht also um eine Voruntersuchung.46

2. Der Kirchenprovinz (c. 431 § 1 CIC/1983) und der Bischofskonferenz (c. 447 CIC/1983) kommen insbesondere eine pastorale und koordinierende Aufgabe zu.47 Pastoral kann sich aber nicht auf Planungen und Strategien hinsichtlich des künftigen Vorgehens bei der Verkündigung der christlichen Heilsbotschaft beschränken. Um ihrer Zielsetzung wirklich zu entsprechen, hat sie sich auch mit den grundlegenden anthropologischen Bedingungen hierfür zu befassen. Dazu zählt sicher auch das Vertrauen. Ein negatives Erscheinungsbild der Kirche in der Öffentlichkeit durch verzerrte oder leider auch zutreffende Berichterstattung erschüttert dieses, führt zu Verunsicherung und Ärgernis. Nicht apodiktisches Leugnen, nicht das Deckmäntelchen des Schweigens, sondern nur das Bemühen um Aufklärung sowie das Eingestehen eventueller Fehler48 sind geeignet, verlorenes Vertrauen wiederherzustellen und damit eine Basis für das Wirken der Kirche im Lichte des Evangeliums zu bereiten.

3. Zu den Aufgaben des Metropoliten gehört bereits, darüber zu wachen, dass in den Suffraganbistümern der Glaube und die kirchliche Disziplin genau beachtet werden (accurate serventur); eventuelle Missstände hat er dem Papst mitzuteilen. Obgleich man vielleicht nicht sofort daran denken mag: Dies schließt die Amtsführung des Bischofs nicht aus. Das Direktorium für den Hirtendienst der Bischöfe zählt vielmehr ausdrücklich hierzu, „dass der bischöfliche Dienst in Übereinstimmung mit dem Kirchenrecht ausgeübt wird.“ Dann aber soll der Metropolit

„dem Päpstlichen Gesandten jenes Landes genau Bericht erstatten, damit der Apostolische Stuhl Vorkehrungen treffen kann. Sofern er es für angebracht hält, kann sich der Metropolit, bevor er dem Päpstlichen Gesandten Bericht erstattet, mit dem Diözesanbischof im Hinblick auf die in der Suffragandiözese aufgetauchten Probleme besprechen.“49

Will der Metropolit aber Gerüchte von deutlichen Hinweisen auf ein Fehlverhalten unterscheiden, legt sich die Einsetzung einer „Untersuchungskommission“ nahe. Zudem bedarf jede angemessene Entscheidung sorgfältig aufbereiteter Fakten, mit deren Erhebung sonst die Nuntiatur befasst wäre.

4. Dem Gespräch des Metropoliten (oder des Vorsitzenden der Bischofskonferenz) als primus inter pares mit dem betroffenen Diözesanbischof kommt – wie es auch das Direktorium anspricht – große Bedeutung zu, um gemeinsam einen Sachverhalt zu erhellen, nach Lösungen zu suchen, ggf. eine correctio fraterna auszusprechen bzw. eine vertiefte Untersuchung der Angelegenheit durch eine Kommission zu vereinbaren. Der Einwand, ein solches Vorgehen beschädige den guten Ruf des betroffenen Diözesanbischofs (vgl. c. 220 CIC/1983), greift nicht, denn Anlass sind letztlich öffentlich erhobene Vorwürfe.

5. Das Statut der Deutschen Bischofskonferenz sieht im Horizont des c. 451 CIC/1983 die Einrichtung „Bischöfliche[r] Kommissionen zur Bearbeitung von Fragen eines bestimmten Teilgebietes“ vor (Art. 30)50, die „das anzustrebende Ziel wirksamer zu erreichen helfen“. Entsprechend könnte eine Kommission von drei bis fünf Personen (unter Leitung eines – ggf. emeritierten51 – Diözesanbischofs) im Krisenfall agieren. Zum einen wäre denkbar, dass deren Mitglieder auf bestimmte Zeit (z. B. wie derzeit die der Kommissionen auf fünf Jahre) berufen werden, um im Sinne eines „Beschwerdeausschusses“ bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände und bei besonderem öffentlichem Interesse auf Wink des Vorsitzenden, auf schriftlichen Antrag von wenigstens drei Diözesanbischöfen oder eigenständig zu reagieren, wobei ein Hinzuziehen einzelner Experten im konkreten Fall angemessen wäre. Zum anderen käme die Einsetzung einer „ad-hoc-Kommission“ aus konkretem Anlass in Betracht, deren Mitglieder entsprechend der benötigten Sachkenntnis ausgewählt werden könnten. – Angemessen wäre, die übrigen Mitglieder der Bischofskonferenz oder zumindest des Ständigen Rates über das Tätigwerden zu informieren. Dabei muss klar sein, dass das Ziel der Arbeit einer solchen Kommission nicht in der Verurteilung eines Diözesanbischofs besteht.

6. Durch eine solche „Untersuchungskommission“ können zur Erhellung und besseren Beurteilung eines Sachverhaltes wichtige Fakten über Tatbestand und nähere Umstände zusammengetragen werden.52 Zur Objektivität der Arbeit trägt – auch im Sinne eines audiatur et altera pars – sicher bei, dass der betroffene Diözesanbischof kooperiert, indem er seinerseits Informationen zur Verfügung stellt und die Situation beurteilt. An sich muss er sich zur konstruktiven Zusammenarbeit mit der Kommission moralisch verpflichtet sehen. Im Ergebnis sollte die Arbeit zeitnah zu einem kurzen, summarischen Bericht führen, der kirchenintern (aufgrund besserer Sachkenntnis, nicht aber durch Ausblenden von Fakten) auf soliderer Basis als bei reiner Medienberichterstattung Pro und Contra darlegt und ein abgewogeneres Urteil ermöglicht, auch im Sinne einer Zuarbeit für den päpstlichen Gesandten für dessen Bericht an den Ap. Stuhl (c. 364, 1° CIC/1983). Dem kirchenexternen Bereich wird durch eine Untersuchung signalisiert, dass man sich um Aufhellung und Aufklärung des Vorwurfes kümmert. Damit die (mediale) Öffentlichkeit dies nicht nur als leeres Gerede empfindet, wäre die Publikation eines Abschlussberichtes – wie in Limburg geschehen – durchaus angemessen.53

7. Die Zuständigkeit für ein solches Vorgehen liegt historisch und zumindest ansatzweise heute eigentlich beim Metropoliten; zudem hat er räumlich eine größere Nähe zu den einzelnen Diözesen seiner Kirchenprovinz; es bedürfte einer Explikation des geltenden Rechts: Allerdings besteht selbst bei praktizierenden Kirchengliedern kein Bewusstsein für eine über eine reine Ehrenstellung hinausgehende Position des Metropoliten. Vielmehr richtet sich die Aufmerksamkeit – auch aufgrund der medialen Öffentlichkeit, des Vorhandenseins einer eigenen Verwaltungsbehörde und einer größeren personellen Ressource – auf die Bischofskonferenz und dessen Vorsitzenden als „Repräsentant“ der katholischen Kirche in einer Nation. Zudem könnte diese(r) auch bei einem behaupteten Fehlverhalten eines Metropoliten tätig werden. Diesbezüglich bedürfte es einer Fortentwicklung des Rechts.

8. Vor dem Hintergrund der angesprochenen Aspekte ist von Interesse, wie der Abschlussbericht über die Baumaßnahme auf dem Limburger Domberg einzuordnen ist. Dieser führt an:

„Erzbischof Dr. Robert Zollitsch hat als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz mit Schreiben vom 04.10.2013 eine Prüfungskommission aus kircheninternen und kirchenexternen Fachleuten eingesetzt.“54

Dies geschah – zumindest soweit bekannt – ohne päpstlichen Auftrag.55 Bei diesem Bericht handelt es sich nicht – weder formal noch vom Inhalt her – um eine disziplinar- oder gar strafrechtliche Untersuchung der Amtsführung des seinerzeitigen Bischofs von Limburg, sondern um die sachliche Aufarbeitung eines komplexen Vorganges, eine Aufgabe, die mittelbar der Pastoral diente.

4. Fazit

Jeder Diözesanbischof besitzt in seiner Teilkirche umfassende Amtsgewalt, die nur um der Einheit der Kirche und dem Heil der Seelen willen eingeschränkt sein kann. In seiner Amtsführung ist er nur in seinem Gewissen vor Gott verantwortlich. Ein öffentlich und massiv behauptetes Fehlverhalten – sei es sine, sei es cum fundamentum in re – schadet dem Ansehen der Kirche und behindert ihr pastorales Wirken. Ein straf- oder disziplinarrechtliches Vorgehen oder auch ein direktes Eingreifen in die Amtsführung eines Bischofs bleibt dem Nachfolger Petri oder einem von ihm Beauftragten vorbehalten, dem der Dienst der Einheit der Kirche in besonderer Weise aufgetragen ist.

Dies aber kann – wenn überhaupt erforderlich – erst der zweite Schritt sein. Zunächst muss es – möglichst nach einem ersten Gespräch mit dem betroffenen Diözesanbischof – um ein Auffinden und erstes Einordnen von Fakten gehen, um Transparenz im eigentlichen Sinn. Eine vom Metropoliten oder vom Vorsitzenden der Bischofskonferenz eingesetzte „Untersuchungskommission“ tritt nicht in Konkurrenz zur Kompetenz des Hl. Stuhles, sondern trägt dem Subsidiaritätsprinzip Rechnung. Deren Arbeit kann eine solide Basis für dessen Tätigwerden bilden, macht solches mitunter aber auch überflüssig. Das Ergebnis mag erhobene Vorwürfe erhärten, kann aber durchaus auch Anschuldigungen entkräften oder eine Falschbewertung von Fakten aufzeigen. Der Öffentlichkeit aber wird dadurch signalisiert, dass sich „die Kirche“ um „Aufklärung“ bemüht.

Ein solches Vorgehen bedeutet keinen völligen Neuansatz, sondern kann an die Verantwortung des Metropoliten anknüpfen, wobei sich allerdings heute als Initiator die Bischofskonferenz als allgemein bekannte „Größe in der Kirchenverfassung“ nahelegt. Rechtliche Ansätze lassen sich deutlich ausmachen, bedürfen aber der Konkretisierung.

1 Ohne an dieser Stelle auf die zahlreichen Presse- und Buchpublikationen einzugehen, sei zum einen daran erinnert, dass die Deutsche Bischofskonferenz am 23. August 2010 (überarbeitete) „Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Kleriker, Ordensangehörige und andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ verabschiedet hat (abgedr.: Archiv für katholisches Kirchenrecht [AfkKR] 179 (2010), 562-569); kommentiert in: Althaus, Rüdiger / Lüdicke, Klaus, Der kirchliche Strafprozess nach dem Codex Iuris Canonici und Nebengesetzen. Normen und Kommentar [Münsterischer Kommentar zum Codex Iuris Canonici Beiheft (BzMK) 61], Essen 2011, 22015), zum anderen den im Auftrag des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz von einer Prüfungskommission erstellten „Abschlussbericht über die externe kirchliche Prüfung der Baumaßnahme auf dem Domberg in Limburg (Stand 14.02.2014)“, siehe online: http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2014/2014-050b-Abschlussbericht-Limburg.pdf, Zugriff am 21.08.2017. Die wichtigsten Fakten in letzterer Sache nennt auch: Klappert, Sebastian, Das Verhältnis des Papstes zu dem Diözesanbischof – eine kirchenrechtliche Würdigung aus Anlass der Ereignisse in Limburg, in: Kirche und Recht (2014), 1-19.

2 Ist ein Gläubiger mit dem Verhalten eines kirchlichen Amtsträgers in der Pfarrei nicht einverstanden (gleich ob ein tatsächliches Fehlverhalten vorliegt oder der Gläubige lediglich seine Wünsche nicht erfüllt sieht), beschwert sich dieser mitunter nicht nur bei dessen Diözesanbischof, sondern zugleich beim Vorsitzenden der Bischofskonferenz, um der Sache Nachdruck zu verliehen.

3 Dieser (für viele ungewohnte) Begriff bezeichnet einen Erzbischof, der zugleich als Metropolit einer Kirchenprovinz vorsteht. – Vgl. Aymans, Winfried / Mörsdorf, Klaus, Kanonisches Recht. Lehrbuch aufgrund des Codex Iuris Canonici, Bd. 2, Paderborn 1997, 309-312; Bier, Georg, Die Kirchenprovinz, in: Haering, Stephan / Rees, Wilhelm / Schmitz, Heribert (Hrsg.), Handbuch des katholisches Kirchenrechts (HdbKathKR3), Regensburg 32015, 577-584; ferner die dezidierte Studie von Hohl, Heinrich, Das Amt des Metropoliten und die Metropolitanverfassung in der Lateinischen Kirche. Geschichte, Theologie und Recht (BzMK 59), Essen 2010; Stoffel, Oskar, cc. 435-437, in: Lüdicke, Klaus (Hrsg.), Münsterischer Kommentar zum Codex Iuris Canonici (MKCIC), Essen seit 1985 (Loseblattwerk, Stand: April 2017).

4 Seit Errichtung der Hamburger (oder norddeutschen) Kirchenprovinz im Jahre 1995 (vgl. Ap. Konstitution vom 24. Oktober 1994, in: Acta Apostolicae Sedis [AAS] 87, 1995, 228-230) gehören zur Kölner Kirchenprovinz die Suffraganbistümer Aachen, Essen, Limburg, Münster und Trier. Derzeit bestehen in der Bundesrepublik Deutschland sieben Kirchenprovinzen, deren Vorsteher – Metropolitan-Erzbischöfe – ihren Sitz in Bamberg, Berlin, Freiburg, Hamburg, Köln, München und Freising sowie Paderborn haben.

5 Vgl. (mit weiterführender Literatur): Hohl, Das Amt des Metropoliten (Anm. 3), 5-66, zum Recht unter Geltung des CIC/1917 ebd., 67-93.

6 Vgl. ebd., 455-478.

7 Zur Literatur vgl. Anm. 3. Hingewiesen sei ferner auf das „Direktorium für den Hirtendienst der Bischöfe“ der Kongregation für die Bischöfe vom 22. Februar 2004 (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls [VApSt] 173), hier: Nr. 23b; hierzu: Hallermann, Heribert, Direktorium für den Hirtendienst der Bischöfe. Übersetzung und Kommentar (Kirchen- und Staatskirchenrecht 7), Paderborn u. a. 2006.

8 Diese Regel erfährt eine Reihe von Ausnahmen. So gibt es in der Schweiz (mit Blick auf die Gleichrangigkeit der Kantone) und in Skandinavien (weil sonst nationen-übergreifend) keine Kirchenprovinzen, bei den Erzbistümern Luxemburg und Vaduz handelt es sich mangels sog. Suffraganbistümer nicht um Kirchenprovinzen, sondern um exemte Diözesen. Auch auf dem Gebiet der früheren DDR gab es aufgrund der außerordentlichen politischen Umstände keine Kirchenprovinz(en), sondern nur zwei exemte Diözesen (Berlin, Dresden-Meißen), eine Apostolische Administratur (Görlitz) sowie drei Jurisdiktionsbezirke westdeutscher Diözesen, seit 1973 jeweils mit einem Apostolischen Administrator als Jurisdiktionsträger (Erfurt und Meinigen, Magdeburg, Schwerin).

9 Auf die entsprechenden Vorschriften der cc. 439-446 CIC/1983 (gemeinsam mit dem Partikularkonzil) sei – mangels praktischer Relevanz – an dieser Stelle nur verwiesen. Zu diesen Rechtsmaterie vgl. Aymans / Mörsdorf, Kanonisches Recht (Anm. 3), 299-308; Hohl, Das Amt des Metropoliten (Anm. 3), 434-441; Stoffel, c. 439-446, in: MKCIC (Anm. 3).

10 Dies kann ausdrücklich aber auch der Konvent der Bischöfe einer Kirchenprovinz regeln.

11 So fand die letzte Kölner Provinzialsynode im Jahre 1860 unter Erzbischof Paulus Melchers (1866-1884) statt. – Hingewiesen sei jedoch auf die beiden landesweiten Synoden zu Beginn der 1970er Jahre: die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland (1971-1975) (vgl. hierzu das in den Jahren 1970-1976 in 46 Heften erschienene Periodikum Synode als Amtliches Mitteilungsorgan, sowie die Synodendokumente in: Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland, Offizielle Gesamtausgabe, hrsg. i. Auftr. d. Präsidiums und der Deutschen Bischofskonferenz, 2 Bde., Freiburg 1975/77 [Neuausgabe 2012], sowie die Pastoralsynode der Jurisdiktionsbezirke in der DDR [1973-1975] [Beschlüsse in: Konzil und Diaspora. Die Beschlüsse Pastoralsynode der Katholischen Kirche in der DDR, hrsg. i. Auftr. d. Berliner Bischofskonferenz, Berlin 1977]).

12 Das Direktorium der Bischofskongregation (Anm. 7) führt hierzu aus (Nr. 23b), worauf weiter unten noch einzugehen sein wird: „Der Metropolit hat als eigene Aufgabe, darüber zu wachen, dass in der gesamten Kirchenprovinz mit Sorgfalt der Glaube und die kirchliche Ordnung bewahrt werden, und dass der bischöfliche Dienst in Übereinstimmung mit dem Kirchenrecht ausgeübt wird. Im Falle, dass er Missbräuche oder Irrtümer feststellen sollte, soll der Metropolit, bedacht auf das Wohl der Gläubigen und auf die Einheit der Kirche, dem Päpstlichen Gesandten jenes Landes genau Bericht erstatten, damit der Apostolische Stuhl Vorkehrungen treffen kann. Sofern er es für angebracht hält, kann sich der Metropolit, bevor er dem Päpstlichen Gesandten Bericht erstattet, mit dem Diözesanbischof im Hinblick auf die in der Suffragandiözese aufgetauchten Probleme besprechen. Die Sorge für die Suffragandiözesen soll besonders aufmerksam sein in der Zeit der Vakanz des bischöflichen Stuhls oder in eventuellen Zeiten besonderer Schwierigkeiten des Diözesanbischofs.“ Nachfolgend beschreibt dieses Dokument den Metropoliten als „älteren Bruder“ bzw. als „primus inter pares“.

13 Vgl. Caeremoniale Episcoporum, editio typica, Rom 1985, n. 1137.

14 Zum Pallium vgl. c. 437 CIC/1983, doch wurde die Form der Übergabe desselben seither mehrfach abgeändert, um die Abhängigkeit vom Papst zu visualisieren. Das Direktorium über den Hirtendienst der Bischofe (Anm. 7) behandelt unter der Überschrift die „Aufgaben des Metropolitan-Erzbischofs“ (die Thematik ausweitend) zunächst das Pallium (Nr. 23d). Hohl, Das Amt des Metropoliten (Anm. 3), 429-433, hier: 433, Fn. 323 weist darauf hin, dass die liturgische Formel beim Anlegen des Palliums in der deutschen Fassung des Caeremoniale Episcoporum dieses nicht als Teilhabe an der päpstlichen Gewalt, sondern als Zeichen der Liebe im Bischofskollegium sieht.

15 Vgl. Franziskus, Motuproprio Mitis Iudex Dominus Iesus vom 15. August 2015, in: AAS 107 (2015), 958-970.

16 Das Konzilsdekret selber bleibt inhaltlich blass, wenn es lediglich fordert, die Rechte und Privilegien der Metropoliten sollen durch neue geeignete Normen festgelegt werden. Dass solche erarbeitet oder erörtert worden sind, wurde bislang jedoch nicht bekannt.

17 Das heute noch gültige Statut vom 3. April 1968 wurde nicht veröffentlicht, sondern lediglich den Mitgliedern der Freisinger Bischofskonferenz als „Anhang zum Protokoll der Konferenz der bayerischen Bischöfe im Priesterseminar zu Freising vom 2. und 3. April 1968“ zugesandt und so promulgiert (freundliche Auskunft des Katholischen Büros Bayern durch Herrn Dr. Löffler). Zu einem kurzen historischen Überblick mit weiterführenden Literaturhinweisen siehe: Pfister, Peter, Art. Bayerische Bischofskonferenz, in: Historisches Lexikon Bayerns, siehe online: http://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/BayerischeBischofskonferenz, Zugriff am 20.08.2017.

18 Vgl. hierzu Aymans / Mörsdorf, Kanonisches Recht (Anm. 3), 276-298; May, Georg, Die Deutsche Bischofskonferenz nach ihrer Neuordnung, in: AfkKR 138 (1969), 405-461; Rees, Wilhelm, Plenar-Konzil und Bischofskonferenz, in: HdbKathKR3 (Anm. 3), 543-576; Stoffel, Oskar, c. 447-456, in: MKCIC (Anm. 3); Wenner, Reinhard, Die Deutsche Bischofskonferenz als Gesetzgeber. Unzulänglichkeiten bei Partikularnormen und anderen Beschlüssen, in: Puza, Richard u. a. (Hrsg.), Iustitia in caritate (FS Rößler, Adnotationes in iure canonico 3), Frankfurt am Main 1997, 677-692; Krämer, Peter, Das Verhältnis der Bischofskonferenz zum Apostolischen Stuhl, in: Müller, Hubert / Pottmeyer, Hermann-Josef (Hrsg.), Die Bischofskonferenz. Theologischer und juridischer Status, Düsseldorf 1989, 256-270; Schmitz, Heribert, Bischofskonferenz und Partikularkonzil. Rechtsinstitutionen unterschiedlicher Natur, Struktur und Funktion, in: ebd., 178-195.

19 Gemäß SC Art. 22 § 2 können die rechtmäßig konstituierten, für bestimmte Gebiete zuständigen Bischofsvereinigungen innerhalb festgelegter Grenzen die Liturgie ordnen. Diese Bischofsvereinigungen sollten – gegebenenfalls nach Beratung mit den Bischöfen der angrenzenden Gebiete des gleichen Sprachraumes – bestimmen, ob und in welcher Weise die Muttersprache gebraucht werden darf, wozu aber die Bestätigung durch den Apostolischen Stuhl gefordert wird (SC Art. 36 § 3). Zudem konnten sie innerhalb der in der editiones typicae der liturgischen Bücher Anpassungen vornehmen, besonders hinsichtlich der Sakramentenspendungen, der Sakramentalien, der Prozessionen, der liturgischen Sprache, der Kirchenmusik und der sakralen Kunst (SC Art. 39); dabei haben sie sorgfältig und klug zu erwägen, welche Elemente aus Überlieferung und geistiger Aneignung der einzelnen Völker geeignet sind, zur Liturgie zugelassen zu werden. Für nützlich oder notwendig erachtete Änderungen sollen dem Apostolischen Stuhl vorgelegt und dann mit dessen Einverständnis eingefügt werden (SC Art. 40 Art. 1).

20 Hingewiesen sei auf Johannes Paul II., Motuproprio Apostolos suos vom 21. Mai 1998, in: AAS 90 (1998), 641-658 (dt.: http://www.dbk.de/presse/details/?presseid=812&cHash=78ee102b7adf0aa9b362d6d95c694ea4, Zugriff am 25.08.2017). Das Direktorium für die Bischöfe (Anm. 7) nimmt von der Bischofskonferenz nur am Rande (Nr. 23d) Notiz.

21 Ausführlich regelt c. 450 § 1 CIC/1983 die Zusammensetzung; Weihbischöfe (episcopi auxiliares) haben entscheidendes Stimmrecht nur, wenn die Statuten dies vorsehen (c. 455 CIC/1983).

22 Vgl. hierzu Schmitz, Heribert, „Partikularnormen“ der Deutschen Bischofskonferenz: Ein vom Apostolischen Stuhl beanstandeter Begriff, in: De processibus matrimonialibus 8/II (2001), 279-294.

23 Schon in der Gesetzgebung war man darauf bedacht, die Befugnisse des einzelnen Diözesanbischofs nicht zu beschränken (vgl. die Erarbeitung des c. 1262). Ein Beispiel für solche Diskussionen im Rahmen des Rekognitionsverfahrens ist die Partikularnorm Nr. 19 zum vermögensrechtlichen c. 1292 CIC/1983: Vgl. Althaus, Rüdiger, Wi(e)der den Partikularismus – Zur Problematik der Partikularnorm Nr. 19 der Deutschen Bischofskonferenz zu c. 1292 § 1 CIC/1983, in: Theologie und Glaube 87 (1997), 409-422.

24 Ein vom Staatssekretariat am 8. November 1983, also knapp drei Wochen vor Inkrafttreten des CIC/1983 an die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen gerichtetes Schreiben (in: Communicationes 15 [1983], 135-139) nennt 21 Materien, in denen die Bischofskonferenz notwendig eine Partikularnorm erlassen muss, quasi um das gesamtkirchliche Recht zu vervollständigen, und 22 Materien, in denen sie eine solche erlassen kann