Eckhart Tolle - Jetzt - Evert van de Ven - E-Book

Eckhart Tolle - Jetzt E-Book

Evert van de Ven

3,0

Beschreibung

Tolles Leben und Lehre Eckhart Tolle ist einer der weltweit größten spirituellen Lehrer unserer Zeit. In seinem Buch gelingt es Evert van de Ven, die Lehre und den bemerkenswerten Lebensweg Eckhart Tolles zu verknüpfen. Aus zahlreichen persönlichen Begegnungen und der jahrelangen Auseinandersetzung mit Tolles Werk entstand ein Buch, das uns die Botschaft und den Menschen Eckhart Tolle näher bringt.

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Titel der Originalausgabe: Een kennismaking met Eckhart TolleOriginally published by Ankh Hermes Publishers, imprint of VBK,Utrecht, The Netherlands

Copyright © 2013 Uitgeverij Ankh Hermes, Utrecht

Evert van de Ven:

Lektorat: Viviane Korn

Eckhart Tolle JETZT – sein Leben, seine Lehre

Umschlaggestaltung:

Projektmanagement: Marianne Nentwig

Kerstin Fiebig / ad-department

© J. Kamphausen Mediengruppe GmbH,

Titel-Illustration: © Nikdoorg (ingimage.com)

Bielefeld 2015

Coverfoto Eckhart Tolle: © Eckhart Teachings Inc.

[email protected]

Satz: Wilfried Klei

Übersetzung: Yutta Klingbeil

Druck & Verarbeitung: Westermann Druck Zwickau

www.weltinnenraum.de

1. Auflage 2015

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diesePublikation in der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internetüber http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN Printausgabe: 978-3-89901-886-8

ISBN E-Book: 978-3-89901-888-2

Dieses Buch wurde auf 100% Altpapier gedruckt und ist alterungsbeständig. Weitere Informationen hierzu finden Sie unterwww.weltinnenraum.de

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten.

EVERT VAN DE VEN

ECKHART

TOLLE

JETZT

SEIN LEBEN • SEINE LEHRE

VORWORT

EINFÜHRUNG

1WAS INSPIRIERT DICH?

2JETZT! DIE KRAFT DER GEGENWART

3AUSSERHALB DER ZEIT

4TANZ IM WIND

5EINE NEUE ERDE

6STILLE SPRICHT

7DIE MACHT DER LIEBE

ECKHART TOLLE – EINE KURZE BIOGRAFIE

LITERATURVERZEICHNIS

ÜBER DEN AUTOR

VORWORT

Meister Eckharts Bewusstseinspfad –Ein Schnupperkurs

Das ist genial: Ein Bewusstseinslehrer macht Lust auf einen Bewusstseinslehrer … und er macht das sehr souverän.

Evert van de Ven ist ein Schüler, wie Eckhart Tolle ihn sich wünscht: Kein unterwürfiger Vasall, sondern einer, der seit gut 13 Jahren Tolles Spiritualität in seine Arbeit und sein Leben webt: „Ein Guru führt in die Trennung, ein Lehrer zu sein bedeutet Verbindung“. Und so surft van de Ven durch Tolles Werke, Bücher, CDs und DVDs, um uns sehr offen, sehr persönlich seine Verbindung zu „Meister Eckharts“ Philosophie zu schildern.

Er versucht nicht, das „Phänomen Tolle“ zu definieren oder Details aus seinem Privatleben offenzulegen, um unsere Neugier auf diesen Ausnahmemenschen oberflächlich zu befriedigen. Das Einzige, was er uns aus der Welt des Boulevards serviert, können wir selber unschwer erspähen: Die Tatsache nämlich, dass Tolle kein „Jesus-Typ“ sei, auch ließe er sich nicht von weißen Gewändern umwallen. Nein, am liebsten trage er „Hemd mit Pullunder. Von letzteren besitzt er auch eine gehörige Menge in extrem vielen, jedoch immer gedeckten Farbtönen“. Also: Kein Enthüllungsbuch!

Oder doch eins? Aber auf einer deutlich höheren Ebene … Denn Evert van de Ven führt uns entspannt, fast plaudernd auf den Tolle-Bewusstseinspfad. Und dabei gelingt ihm genau das, was mich an Tolle so fasziniert: Er beschreibt mit Worten, was sich Worten konsequent entzieht.

Er entführt uns in die „Kraft der Gegenwart“, er outet den „Schmerzkörper“, er lässt uns fühlen: „Du bist nicht dein Verstand“. Van de Ven schreckt uns mit Platons „Horror-Höhlen-Gleichnis“, lässt Nietzsche „Gott ist tot“ proklamieren, umarmt Krishnamurti, durchblättert die Bibel als Quelle der Inspiration und postiert alle zusammen als Wegweiser für uns … auf dem Pilgerweg ins Sein.

Van de Ven liefert uns also eine Tour d‘Horizon durch Tolles Begriffswelt – und hat durchaus was auszusetzen: Tolle beschreibt unser „Ego“ als raffinierten Verführer, als den Getriebenen in uns, der Bedeutung sucht, die Ratio kultisch verehrt und den Zugang zum Wesentlichen niemals finden wird. Und was befreit uns von der Herrschaft des Ego in uns? Die schlichte, aber nicht unbedingt verbreitete Erkenntnis, dass wir nicht unser Ego sind! Wir sind viel mehr. Welch ein Glück! „Dann sprich doch gleich vom ‚erfundenen Selbst‘, Eckhart!“ meint Evert. Weil die Vokabel „Ego“ so widersprüchlich und emotional besetzt sei in unserem Sprachgebrauch. Van de Ven – ein kritischer Schüler. Und solche Schüler mögen wir!

Also: Wer Lust hat, in die Schule des Lebens zu gehen, der wird in diesem Buch einen genialen Lehrer mitsamt seiner Lehre beschrieben finden, der uns bewusst macht, dass unsere wichtigste Aufgabe ist, uns selbst zu lehren und zu entwickeln. Die für uns richtigen Lektionen, die für uns passenden Übungen und dann den Lernerfolg können wir nur ganz allein gestalten. Anhand der Impulse, die uns lebensweise Lehrer liefern!

Wer sich drauf einlässt, mit ganzem Herzen, der wird sie genießen: Die Einführung in die Kunst des Lebens.

Nina Ruge im November 2014

EINFÜHRUNG

Das einfache Haus gibt den Blick frei auf die Berge. Von der Dachterrasse auf der Rückseite des Hauses eröffnet sich ein wundervoller Blick auf die San Francisco Bay; in der Ferne erkennt man die berühmtberüchtigte Insel Alcatraz und die verlängerten Streichholzschachteln einer großen Stadt. Den ganzen Tag lang huschen Nebelschwaden, angetrieben von starken Windböen, über die Hügel und lösen sich hinter ihnen in nichts auf. Das Haus, in dem Eckhart Tolle den größten Teil von Jetzt! Die Kraft der Gegenwart schrieb, befindet sich in dieser malerischen, ruhigen Umgebung. Frühmorgens schleicht die aufgehende Sonne über die San Francisco Bay Bridge, setzt dann am Nachmittag die Dachterrasse in ein flammendes Licht und spielt den ganzen Tag über mit dem Wind, dem Wasser, den Hügeln und dem Nebel. Elf Jahre später, nachdem ich das Buch Jetzt! Die Kraft der Gegenwart (Original: The Power of Now, 1997) kennengelernt habe, befinde ich mich ganz in der Nähe der Geburtsstätte dieses Werkes, das mein Leben dramatisch verändert hat. Damals nahm ich an einem Vortrag von Eckhart Tolle in dem gemütlichen Theater Mill Valley teil. Nun stehe ich vor seinem Haus, das gerade renoviert wird. Denn „jede Form zerfällt“, würde Tolle sagen.

Tolle lebt mittlerweile in Vancouver, Kanada. Sein Buch Jetzt! Die Kraft der Gegenwart ist in 34 verschiedenen Sprachen erschienen und hat sich millionenfach über den ganzen Globus verkauft. Es ist ein ganz besonderes Gefühl, an diesem Ort zu stehen, vor seinem damaligen Haus. Ich erlebe die vielen Begegnungen mit ihm nochmals, die entweder schriftlich, visuell oder in direktem Kontakt mit ihm stattfanden und die durch ihre Einfachheit, ihre Ruhe und ihre Freude für mich etwas ganz Spezielles waren. Aus dieser Inspiration heraus habe ich dieses Buch geschrieben.

Für mich ist es sowohl eine große Ehre als auch eine Herausforderung, eine Einführung für jemanden schreiben zu dürfen, den ich sehr schätze und dessen Arbeit ich aus vollem Herzen unterstütze. Dieses Buch dient denjenigen, die den Namen Eckhart Tolle gelegentlich gehört haben; für sie ist es eine gute Einführung. Aber es erreicht sicherlich auch die Leser, die neugierig sind und mehr über die Hintergründe von Leben und Werk Tolles erfahren und die Vielschichtigkeit seiner Arbeit verstehen wollen. Letztendlich ist dieses Buch für all die Menschen gedacht, die seine Lehren in ihr tägliches Leben umsetzen wollen.

Für das Schreiben dieser Einführung habe ich sämtliche seiner Bücher von Anfang bis Ende nochmal durchgelesen und mir seine unzähligen DVDs und CDs angesehen und angehört. Diese erneute Bekanntschaft mit Tolle entpuppte sich zusätzlich als eine Art, mich wiederholt in einem anderen Licht kennen zu lernen. Das Schreiben war für mich wie eine Art Retreat, in dem sich Sonne und Schatten gegenseitig abwechselten. Vieles wurde ans Licht geholt: meine Talente und Unzulänglichkeiten, meine Schwächen und Stärken, das Schöne und das Hässliche in mir. Es war zeitweise schmerzhaft, dann wieder sehr aufschlussreich und letztendlich erhielt ich neue Erkenntnisse über mich selbst und über Tolles Arbeit. Jeder, der Eckhart Tolle kennen lernen möchte, wird dabei unweigerlich sich selbst kennen lernen.

Außer Frage steht auch, dass ich dieses Buch ohne die liebevolle Unterstützung meiner Frau Caroline nie hätte schreiben können. Ich bin ihr sehr dankbar für die vielen Stunden der Auseinandersetzung mit mir, mit meinen Gedanken und mit dem Redigieren des Manuskriptes. Sie half mir, mich zu fokussieren und setzte ihr ganzes Vertrauen in mich.

Ich möchte auch Eckhart Tolle und Kim Eng für unsere freundschaftliche und herzliche Zusammenarbeit danken, für das Vertrauen, das sie mir entgegenbrachten, und für den unendlichen Strom an Weisheit, Freude und Begeisterung, der durch sie in die Welt kommt und so viele Menschen inspiriert.

Liebe Leser, wenn ihr dieses Buch lest, dann bitte nicht mit eurem Verstand, sondern vielmehr mit eurem Herzen. Worte allein haben keine große Bedeutung, es ist die Herzensqualität in ihnen. Das Leben an sich ist wunderschön; es sind hauptsächlich unsere endlosen Gedanken über das Leben, die es zur Hölle machen können. Wenn es mir mit diesem Buch gelingt, die Weisheit, die Energie, den Humor und die Lebensfreude, die Tolle mit jeder Faser seines Seins ausdrückt, erfahrbar zu machen, dann habe ich meinen Auftrag erfüllt. Sich selbst kennen zu lernen ist von allen Dingen im Leben das Faszinierendste und letztendlich der einzige Weg, den wir gehen können. Ich möchte euch hiermit Eckhart Tolles Leben und Werk vorstellen.

1

WAS INSPIRIERT DICH?

Jeder, der Eckhart Tolle kennen lernen will, wird unweigerlich sich selbst erfahren. Dir selbst zu begegnen ist die größte Erfüllung im Leben. Aber, offen gestanden, ist es eine der schwierigsten Aufgaben. Eigentlich sollte es das Einfachste sein. Aber dass es nun mal nicht so ist, hat seine Gründe. Auf diesem Stück deines Lebensweges gibt es im Grunde keinen besseren Reiseführer als Eckhart Tolle; er ist ein erfahrener Experte in Sachen „Höhen und Tiefen“, die das Leben für uns bereithält. Seine Arbeitsweise als spiritueller Lehrer ist etwas ganz Besonderes, sie spiegelt das Leben in Wort und Tat und dient uns als hervorragende Inspiration auf einem Weg, den wir allein gehen müssen.

Normalerweise fragen wir andere Menschen: „Was bewegt dich?“, im Sinne von „Was würdest du wirklich gerne tun?“ oder sogar „Was machst du eigentlich aus deinem Leben?“, wobei hier ein etwas negativer Unterton mitschwingt. Das ist seltsam, denn eigentlich ist das eine gute Frage, die wir uns selbst selten stellen. Früher oder später kommt jeder an den Punkt in seinem Leben, an dem er sich fragt: „Was bewegt mich wirklich?“ In den letzten Jahren scheint diese Frage immer öfter aus dem Nichts aufzutauchen: mit dem Fahrrad auf dem Weg zu deiner Zahnarztpraxis, obwohl du dich doch eigentlich lieber mit Pflanzen beschäftigt hättest; oder in deinem schicken Wagen auf dem Weg ins Callcenter, wo du doch viel lieber unterrichten würdest; oder zuhause, während du gerade arbeitslos bist und eigentlich immer dein Gesangstalent ausprobieren wolltest. Diese Fragen tauchen inzwischen auch zunehmend in jüngeren Jahren auf, plötzlich und mit unterschiedlicher Vehemenz. Fragen wie: „Wo steuere ich gerade hin?“, „Was will ich eigentlich?“, „Wofür brennt meine Seele wirklich?“. Fragen, die aus Neugier gestellt werden, aus Unwissenheit und Entmutigung, aus Wut oder Trauer, aus Ohnmacht, Verzweiflung oder Sehnsucht. Es ist ein gutes Zeichen, wenn sich uns diese Fragen aufdrängen, besonders in jüngeren Jahren. Dann haben wir noch genügend Zeit, die Antworten zu finden oder zumindest einen Weg, wie wir mit diesen Fragen umgehen können.

Die heutigen unsicheren und chaotischen Zeiten können uns dabei helfen, unsere Aufmerksamkeit auf diesen Fragenkomplex zu richten. Wenn sich uns die Welt in einer geschmeidigen, geordneten und scheinbar reibungslosen Art präsentierte, würde sie einschläfernd auf uns wirken. Wir hätten keinen Grund, uns diese bedeutungsvollen Fragen zu stellen. Die Frage „Was bewegt mich?“ drängt sich uns dann manchmal wie ein wahrhafter Peiniger in der Stunde des unvermeidbaren und erbarmungslosen Todes auf, sodass kaum Zeit und Lebenskraft bleibt, sich damit auseinanderzusetzen. Nichts ist herzzerreißender als die Stimme eines Sterbenden zu hören, der sich in seiner Todesstunde angestrengt fragt: „Was hat mich denn in meinem Leben tatsächlich inspiriert?“ Wenn „inspirieren“ nur noch in der Vergangenheitsform vorkommt und wenn es bis dahin nie eine Erfahrung der Inspiration im Leben gegeben hat, dann hat dieses Leben seine Bestimmung nicht gefunden. Das ist Sünde! Das Wort „Sünde“ ist hier insofern berechtigt, als es im Sinne einer Rosenknospe gemeint ist, die nicht blühen kann, weil sie abgeknickt, ungenügend gewässert oder von plötzlichem Frost überwältigt wurde und deshalb nie in den Genuss des Erblühens kommen wird. Es geht bei „Sünde“ also nicht um Unrecht oder die Perspektive von Verdammung und Hölle. Die ursprüngliche Bedeutung von „Sünde“ beinhaltet ein Fehlen. Es bedeutet nicht, etwas Falsches zu tun. Es heißt vielmehr, dass du in deinem Leben fehlst, d.h. nicht präsent bist. Es wurde dir geschenkt, aber du hast es nicht ausgepackt. Meine Frau Caroline drückt es mit folgenden Worten aus: „Jeder Tag, an dem dein Leben die Leidenschaft der Inspiration erfahren hat, ist ein guter Tag zu sterben.“ Die Angst vor dem Tod ist nicht die Angst vor dem Tod, sondern vielmehr die Angst davor, unerfüllt zu bleiben. Jeder Augenblick ist ein guter Augenblick zu sterben und es liegt nicht an dir, das zu entscheiden. Du kannst dich dem Tod genauso hingeben, wie du dich deinem Ausatmen hingibst. Jedes Ausatmen ist ein kleiner Tod. Im Grunde kannst du das Leben nicht richtig leben, solange du Angst vor dem Tod hast. Dich selbst kennen zu lernen bedeutet auch immer, dich mit dem Tod auseinanderzusetzen. Eine der größten Fragen, die man sich stellen könnte, lautet: „Kann ich irgendetwas tun, um den Tod zu finden, bevor er mich findet?“ Aber als Erstes musst du das Geschenk deines Lebens auspacken. Und eins mit diesem Geschenk werden. Sei wachsam anstatt zu schlafen. Sei präsent.

Nach Eckhart Tolle existiert nur der „gegenwärtige Moment“. Für ihn hat das Leben kein Ziel wie bei einer Reise; als ob es einen Ort gäbe, an dem man zu einem bestimmten Zeitpunkt sein müsste, einen messbaren Punkt in Raum und Zeit, bei dem diese beiden Variablen perfekt koordiniert sind und entsprechend alles gut wäre. Offen gestanden, gibt es diesen besonderen Punkt gar nicht, oder dieser Punkt existiert, nach Tolle, sehr wohl, allerdings genau im Hier und Jetzt, im „gegenwärtigen Moment“. Es ist jedoch die Frage, ob wir diesen Moment so empfinden, als ob „alles gut“ ist.

Es ist verwirrend, dass ich mir als Autor dieses Buches in einem einzigen Satz selbst widerspreche, indem ich behaupte, es gebe „diesen Punkt“ überhaupt nicht und gleichzeitig, es gebe „diesen Punkt“ doch; außerdem behaupte ich auch, dass es Punkte gibt, die jedoch nicht dieser Punkt sind. Wenn ich sage: „Das ist der Punkt“, dann meine ich wohl einen speziellen Punkt, und alles was rechts, links, oberhalb, unterhalb oder dahinter ist, gehört nicht dazu. Sich selbst kennen zu lernen ist ein fortlaufender Prozess, in dem die Paradoxien des Lebens bewältigt werden müssen. So funktioniert unser unterscheidender Geist, dies ist es und das ist es nicht. Dies ist der richtige Zeitpunkt, aber nicht der richtige Ort; dies ist der richtige Ort, aber nicht der richtige Zeitpunkt. Und somit setzt sich die Suche fort, weg vom gegenwärtigen Moment hin zu einem zukünftigen Moment, der jedoch unweigerlich nur als ein gegenwärtiger Moment erlebt werden kann. Es ist ein sehr gesundes Zeichen, wenn du dich, nachdem du das gelesen hast, vollkommen verloren fühlst. Ich habe versucht, etwas zu erklären, das nicht zu erklären, geschweige denn mit dem Verstand zu begreifen ist.

In Wirklichkeit gibt es eigentlich nur Punkte, die genau das sind, nämlich einfach nur Punkte. Dein ganzes Leben ist ein Kontinuum von Punkten, die nichts anderes sind. Sie unterscheiden sich nicht voneinander, und es ist einfach ein fortwährender und endloser Strom eines unendlich großen Punktes, genannt der „gegenwärtige Moment“. Das ist der einzige Augenblick, der existiert, der existieren wird und der überhaupt jemals existieren kann. Deshalb gibt es nicht so etwas wie einen Weg, geschweige denn den Weg, der zu einem bestimmten Punkt führt; du bist bereits genau dort. Und noch entscheidender ist, dass du nicht nach dem richtigen Zeitpunkt oder dem richtigen Ort suchen musst!

Gleich zu Anfang dieses Buches möchte ich etwas kundtun, das vielleicht ungeschickt wirkt, aber dennoch wahr ist: Es gibt kein entsprechendes Wort, das die Größe und Weite dessen einfangen kann, was uns wahrhaft inspiriert. So wie Tolle es in seinen Büchern und Vorträgen tut, suchen wir auch in der Arbeit anderer Künstler, die sich durch Sprache, Bilder oder Musik ausdrücken, Hinweise zur Qualität des gegenwärtigen Moments. Kunst, die uns gefällt, stellt eine Resonanz her zwischen dem, was sich der Künstler vorstellt, und dem, was uns selbst inspiriert. Das Wesen der Kunst liegt darin, unsere eigene Inspiration zu stimulieren und uns wachzurütteln. Das, was wir erleben und was uns bewegt, kann nicht vollkommen in einem Bild ausgedrückt werden, und doch besteht eine große Sehnsucht danach, das, was uns inspiriert, zu ergründen. Diese Sehnsucht ist untrennbar mit der Frage „Was inspiriert mich?“ verbunden. In dieser Sehnsucht liegt das Streben zu werden, was und wer wir wirklich sind, die Brücke zu schlagen zwischen dem, was wir geworden sind, und dem, wer wir eigentlich sind, zwischen dem menschlichen Tun („human doing“) und dem menschlichen Sein („human being“). Sehnsucht und Inspiration bilden zusammen eine wunderbare, antreibende, evolutionäre Kraft in uns Menschen, durch die wir erblühen können. In diesem Sinne ist Sehnsucht als Verb gedacht: Sich sehnen ist das Streben nach Einheit, nach Ganzheit. Aus dem gleichen Grund ist auch dein Name ein Verb: Ich bin Evert ist „work in progress“. Ich bin keine Form, ich bin ein Prozess. Es geht darum, das zu entdecken, was dich begeistert. Das Leben ist nicht etwas, was dir geschieht; es ist das Kernstück deiner Aufmerksamkeit, die bis zum Tag deines Todes geübt werden will. Es ist eine bewusste Entscheidung, die du Tag für Tag immer wieder triffst. Tolle drückt es so aus: „Es geht darum, deine Verbindung und Ausrichtung zu finden und aus deinem inneren und äußeren Sinn zu leben.“ (Eine neue Erde, Arkana)

Die Frage „Was inspiriert dich?“ wird uns zum ersten Mal in einem Anfall von Bestürzung von unseren Eltern gestellt. Dabei klingt sie eher wie: „Was fällt dir eigentlich ein?“ oder „Was ist bloß in dich gefahren?“. Das passiert in einem Moment, in dem wir als Kind, unserer Neugier folgend, gerade etwas sehr Spannendes tun, was wir eigentlich nicht tun dürften. Im Allgemeinen ist es vor allem der scharfe Ton, mit dem uns die Frage trifft, der uns erschrecken lässt. Dieser Schreck macht uns darauf aufmerksam, dass uns unsere Neugier auf einen Weg gebracht hat, der nicht auf allgemeine Akzeptanz stößt. Wir tun dann etwas Falsches. Bis zu einem gewissen Alter wird unser Verhalten mehr oder weniger gebilligt und wir können uns durch irgendwelche Ausreden aus der Verantwortung für unsere „Fehler“ stehlen. Wenn wir einen fünften Keks nehmen, dann rechtfertigen wir uns mit: „Das war ich nicht, das waren meine Hände …“. In der Formulierung „Was fällt dir eigentlich ein?“ liegt der Keim dessen, womit alle unsere Taten früher oder später verglichen, wonach sie beurteilt werden. Letztendlich erwartet man von uns, dass wir überlegen, was wir tun, dass wir uns Gedanken über unsere Handlungen machen und, was noch wichtiger ist, dass wir genau hinschauen, bevor wir springen, und genau wissen, was wir die ganze Zeit über tun. Notgedrungen durchlaufen wir diese Schule, die uns bedauerlicherweise lehrt, vielmehr auf unseren Kopf als auf unser Herz zu hören. Das Sehnen ist die Sprache des Herzens, die Sprache der Kreativität, die Sprache des Lebens. Der Kopf hingegen spricht die Sprache der Gewohnheit, der Reaktionsfähigkeit und des Überlebens.

Für jeden Menschen beginnt das Leben auf die gleiche Weise: Du wirst geboren und trittst deinen Aufenthalt auf diesem blauen Planeten an. Du bleibst vielleicht nur einen Tag oder vielleicht auch ein Jahrhundert oder irgendetwas dazwischen. Du weißt es einfach nicht, auch wenn du es gerne wüsstest. Wir können uns sehr darin verwickeln, aber schlussendlich läuft es auf Folgendes hinaus: Das Leben ist eine Entdeckungsreise. Du wirst geboren und dann stirbst du. Aber was machen wir in der Zwischenzeit? Darum geht es doch. Die Menschen haben sich seit Jahrhunderten den Kopf darüber zerbrochen, was wohl der Sinn des Lebens sei, und die Meinungen gehen dabei sehr weit auseinander. Außerdem ist diese Frage der Ursprung vieler Religionen und Ideologien; darin liegt auch der Keim für Konflikte und Kriege. Es ist doch merkwürdig, wie der Irrsinn von Konflikten und Kriegen letztendlich tief mit der Sinnsuche verbunden ist. Welchen Sinn macht es, deine persönliche Ansicht über die Sinnsuche deinen Mitmenschen mit Hilfe von Feuer und Schwert aufzudrängen? Es ist schwachsinnig, aber wir tun es, im Kleinen wie im Großen. Im vorigen Jahrhundert brachten wir 180 Millionen Menschen deswegen um. Wenn Religion und Spiritualität ihre Seele verlieren, dann tritt ihr Schatten zutage: der Fundamentalismus.

Seit Tausenden von Jahren beginnen Menschen ihr Leben auf der Erde. Die Art deines Aufenthaltes hängt sehr von deinem Geburtsort und Geburtsjahr ab. Hast du dein Leben in der Eiseskälte des Nordpols verbracht oder in der sengenden Hitze der Serengeti oder etwa im milden Klima eines Landes wie Italien? Bist du vom Hightech der digitalen Welt umgeben oder ist dein Vater damit beschäftigt, seine Steinspeerspitze zu wetzen, bevor er zur Jagd geht? Die Umstände sind mannigfaltig, sie sind eine Gegebenheit, die dich prägt. Wir werden auf diesem Planeten geboren, um das zu werden, was wir sind, und das geschieht in Beziehung zu unserer Umwelt: zu Mitmenschen, Landschaften, Tieren, Pflanzen, Mineralien, anderen Planeten … Es ist ein Ganzes, in dem alles seinen Platz hat und in Beziehung zueinander steht und jedes Ding nicht mehr und nicht weniger als das andere ist. Es ist die „Einheit allen Lebens“, wovon Tolle in seinem gleichnamigen Buch berichtet. Die Buchecker entfaltet sich zu einer Buche, weil genau das ihre Bestimmung ist. Sie verfügt nicht über unsere menschliche Fähigkeit, im Verlauf ihrer Entwicklung zu sagen: „Mir ist die Sache mit der Bestimmung egal, mir ist heute nicht danach, deshalb kümmert sie mich nicht.“

Das Wunder der Empfängnis ist größer, als wir es mit unserem Intellekt begreifen können. Von Millionen von Samenzellen schafft es genau eine, in eine Eizelle einzudringen und sie zu befruchten. Von dem Moment an entfaltet sich innerhalb von neun Monaten durch vielfache Zellteilung und die Ausbildung bestimmter Zellfunktionen Lebensenergie. Zellen kommen und gehen, tragen zur Entwicklung eines menschlichen Körpers bei und arbeiten nach der Geburt weiter bis zum Tod. Tolle schreibt: „Allein die Erkenntnis, dass dein Körper aus Milliarden spezialisierter Zellen besteht, die wiederum aus unzähligen Milliarden atomischer Bausteine bestehen, lässt dich erkennen, dass die Intelligenz der Schöpfung um ein Vielfaches größer ist, als es der Intellekt überhaupt erfassen kann.“ (Eine neue Erde, Arkana)

Vom Tag der Empfängnis an entwickelt dein Körper alle möglichen Fähigkeiten in Bezug auf Einstellungen, Bewegungen, Empfindungen. Noch bevor du zur Welt kommst, bewegst du dich instinktiv und intuitiv dorthin, wo es sich gut und sicher anfühlt. Du vermeidest den Kontakt mit Bereichen, die sich unsicher und schlecht anfühlen. Du denkst gar nicht darüber nach, du folgst einfach diesem instinktiven Fluss. Die Fähigkeit, dich mit diesem Fluss zu bewegen, stellt die Grundlage für die harmonische Erhaltung des Lebens dar. Es ist der Tanz deiner Lebenskraft – die Energie, mit der du geboren wirst. Nachdem du das Licht der Welt erblickt hast, brauchst du diese Energie besonders dafür, deine Bedeutung herauszufinden und zu erfahren, wer dir Fürsorge, Aufmerksamkeit, Nahrung und Wärme geben kann. Auf diese Weise kann sich dein Körper, dein Zuhause für dieses Leben, entwickeln.