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Jenny Behnisch, die Leiterin der gleichnamigen Klinik, kann einfach nicht mehr. Sie weiß, dass nur einer berufen ist, die Klinik in Zukunft mit seinem umfassenden, exzellenten Wissen zu lenken: Dr. Daniel Norden! So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche! »Heute stellt sich doch der neue Qualitätsmanager in der Klinik vor, nicht wahr?« Dr. Felicitas Norden balancierte gerade das Tablett mit dem abgeräumten Frühstücksgeschirr zurück in die Küche und eilte danach mit flinken Schritten zurück ins Esszimmer. Dort hatte ihr Mann gerade die Zeitung raschelnd zusammengelegt und seine Lesebrille in die Brusttasche seines Jacketts gesteckt. »Wenn ich dich und meine Assistentin Katja nicht hätte«, scherzte er, »würde ich glatt meine sämtlichen Termine vergessen.« »Du meinst das jetzt sicherlich ironisch«, gab Felicitas lächelnd zurück. »Ich habe die Frage nicht deshalb gestellt, um dich zu erinnern, sondern weil heute die neue Krankenschwester auf meiner Kinderstation ihren Dienst antritt und ich würde dich gern mit ihr bekannt machen. Du warst ja nicht da, als sie das Vorstellungsgespräch hatte. Erinnerst …« »Da!«, unterbrach Daniel seine Frau. »Du tust es schon wieder.« Er lachte laut, sprang auf und umarmte seine geliebte Ehefrau. »Ja, entschuldige bitte«, gab sie gespielt kleinlaut zu, während sie mit ihren feingliedrigen Fingern versuchte, ihre blonde Mähne zu bändigen. »Da hilft dir auch dein süßes Lächeln und dein verführerischer Augenaufschlag nichts, mein Schatz. Du bist ertappt.« Er gab ihr einen scherzhaft gemeinten Klaps auf den Po und küsste sie auf die Wange.
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Seitenzahl: 105
Veröffentlichungsjahr: 2024
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»Heute stellt sich doch der neue Qualitätsmanager in der Klinik vor, nicht wahr?« Dr. Felicitas Norden balancierte gerade das Tablett mit dem abgeräumten Frühstücksgeschirr zurück in die Küche und eilte danach mit flinken Schritten zurück ins Esszimmer. Dort hatte ihr Mann gerade die Zeitung raschelnd zusammengelegt und seine Lesebrille in die Brusttasche seines Jacketts gesteckt.
»Wenn ich dich und meine Assistentin Katja nicht hätte«, scherzte er, »würde ich glatt meine sämtlichen Termine vergessen.«
»Du meinst das jetzt sicherlich ironisch«, gab Felicitas lächelnd zurück. »Ich habe die Frage nicht deshalb gestellt, um dich zu erinnern, sondern weil heute die neue Krankenschwester auf meiner Kinderstation ihren Dienst antritt und ich würde dich gern mit ihr bekannt machen. Du warst ja nicht da, als sie das Vorstellungsgespräch hatte. Erinnerst …«
»Da!«, unterbrach Daniel seine Frau. »Du tust es schon wieder.« Er lachte laut, sprang auf und umarmte seine geliebte Ehefrau.
»Ja, entschuldige bitte«, gab sie gespielt kleinlaut zu, während sie mit ihren feingliedrigen Fingern versuchte, ihre blonde Mähne zu bändigen.
»Da hilft dir auch dein süßes Lächeln und dein verführerischer Augenaufschlag nichts, mein Schatz. Du bist ertappt.« Er gab ihr einen scherzhaft gemeinten Klaps auf den Po und küsste sie auf die Wange. »Komm, lass uns zur Arbeit fahren. Wir können uns im Auto absprechen, wie wir die Termine heute hinbekommen.«
Dr. Daniel Norden und Felicitas waren privat wie beruflich ein eingespieltes Team. Beide waren engagierte Ärzte und dass sie in derselben Klinik arbeiteten, sahen sie als großes Glück an. Daniel war der erfahrene Chefarzt der Behnisch-Klinik und Felicitas leitete die Kinderstation. Die Verantwortung lastete manchmal schwer auf ihren Schultern, genau wie alles, was mit den beruflichen Herausforderungen zu tun hatte. Aber sie liebten das, was sie taten und es gab nichts, was sie davon abhalten hätte können, ihre ganze Kraft für die Patienten und das Wohl der Klinik einzusetzen.
Obwohl das Privatleben manchmal zu kurz kam, waren die Nordens eine glückliche Familie. Von den fünf gemeinsamen Kindern wohnten nur noch die beiden jüngsten zu Hause – die Zwillinge Dési und Janni. Aber auch sie waren längst erwachsen geworden und kümmerten sich engagiert darum, ihre Zukunft zu sichern. Alle Familienmitglieder waren sich von Herzen zugetan. Die Nordens hielten zusammen wie Pech und Schwefel.
Letzte Absprachen für den Tag und manchmal auch für den Feierabend, trafen Daniel und Felicitas oft auf der gemeinsamen Fahrt in die Klinik. »Um auf deine Frage von vorhin zurückzukommen, meine Fee: ja, Dr. Wittig stellt sich heute vor. Die Leitung der Abteilung für Qualitätsmanagement ist ja schon länger vakant. Ich wäre froh, wenn es mit ihm passen würde.«
»Die Bezeichnung ›Abteilung‹ ist wohl etwas hochgegriffen«, meinte Fee schmunzelnd. »Es ist sozusagen ein Ein-Mann-Resort, unterstützt von Katja, deiner Assistentin.«
»Stimmt. Und genau deshalb wäre es ja so wichtig, wenn die Stelle wieder besetzt wäre. Ein Krankenhaus braucht jemanden, der sämtliche Abläufe in der Klinik kritisch auf den Prüfstand stellt, zum Wohle der Patienten.«
»Was weißt du über den Bewerber?«, fragte Fee.
»Nun, er ist Mediziner. Chirurg soweit ich weiß. In den letzten drei Jahren hat er noch ein BWL-Studium für das Gesundheitswesen draufgesattelt und nun sucht er seine erste Stelle in der Qualitätssicherung.«
»Einen guten Chirurgen könnten wir aber auch gut brauchen«, bemerkte Fee nachdenklich.
»Auch hiermit hast du recht, mein Schatz. Aber er bewirbt sich für die QM-Stelle. Ehrlichgesagt sehe ich seine medizinische Vorbildung als sehr vorteilhaft an. Du weißt doch noch, mit welchen Vorgaben wir früher beim Vorgänger zu kämpfen hatten. Wirtschaftlich mochte das ja alles Hand und Fuß gehabt haben, aber in der täglichen Arbeit für unsere Patienten war vieles davon nicht umzusetzen. Naja, ich schaue mir den jungen Mann mal an. Dann sehen wir weiter. Und was war das jetzt mit der neuen Krankenschwester?«
»Sie steigt nach mehrjähriger Pause wieder in ihren Beruf ein, in Teilzeit natürlich, weil sie einen fünfjährigen Sohn hat. Bei ihrer Vorstellung hat sie auf mich einen sehr guten Eindruck gemacht. Ich glaube, sie freut sich, ihren Beruf wieder ausüben zu können. Wann darf ich mit ihr in dein Büro kommen? Ich denke, sie wird dir gefallen.«
Daniel nannte ihr eine Uhrzeit kurz vor der Mittagspause. »Dann könnten wir danach gemeinsam, also du und ich, eine Kleinigkeit zu Mittag essen.«
*
Bettina Scholz war lange nicht mehr so aufgeregt gewesen, wie an diesem Morgen. Heute war der Tag, an dem sich alles ändern sollte. Lange hatte sie darauf hingearbeitet und nun war es endlich soweit. Im Grunde war es leicht gewesen, eine Stelle als Kinderkrankenschwester zu bekommen, denn gute Pflegekräfte wurden überall gesucht und sie verfügte über beste Referenzen. Dennoch hatte sie Befürchtungen gehabt, nicht so schnell unterzukommen, da sie wegen Jonas, ihrem Sohn, in Bezug auf die Arbeitszeit wenig Spielraum hatte. Die Behnisch-Klinik war von Anfang an ihr Wunsch-Arbeitgeber gewesen und als sie von der Leiterin der Pädiatrie, Frau Dr. Norden, eine Einladung zum Vorstellungsgespräch erhalten hatte, konnte sie ihr Glück gar nicht fassen. Da Jonas schon seit zwei Jahren in den Kindergarten ging, hatte sie sich zum Glück wegen seiner Betreuung während ihrer künftigen Arbeitszeiten keine Sorgen machen müssen. Finanziell versprach sie sich auch einiges von ihrem neuen Job, denn die Witwenrente, die Halbwaisenrente für Jonas und das Kindergeld waren nicht gerade üppig bemessen. Es hatte die vergangenen Jahre zwar gereicht, aber große Sprünge hatte sie nicht machen können. Und nun war der Tag gekommen, ab dem es in jeder Hinsicht aufwärts gehen sollte.
Die ganze Nacht über hatte sie vor Aufregung so gut wie gar nicht schlafen können. Immer wieder schaltete sie ihre Nachttischlampe ein und schaute das Bild ihres verstorbenen Mannes an. »Es wird alles gut«, schien er ihr zuzuflüstern. »Mach dir keine Sorgen.«
Die letzten vier Jahre waren hart für sie gewesen. Der unerwartete Tod ihres geliebten Mannes hatte sie schwer getroffen. Die Erinnerung an seine Liebe schmerzte immer noch, aber mittlerweile hatte sie einen Weg gefunden, weiterleben zu können. Ihr kleiner Sohn hatte ihr all die Jahre die Kraft dazu gegeben. Er war das Wertvollste, was ihr Mann ihr hinterlassen hatte und sie wusste, dass sie für Jonas da sein musste.
Als um sechs Uhr ihr Wecker klingelte und sie hinüber ins Kinderzimmer ging, um Jonas zu wecken, brauchte sie nur einen Blick ins Gesicht ihres Kindes zu werfen, um zu wissen, dass er Fieber hatte. Zärtlich strich sie ihm durch das verschwitzte Haar und prüfte mit der Hand an seiner heißen Stirn, nur um die Bestätigung für ihre Vermutung zu bekommen. Schon wieder! Die letzte Erkältung lag erst wenige Wochen zurück und obwohl das Kind ansonsten eine robuste Gesundheit hatte, war der Infekt offensichtlich zurückgekommen.
»Mami, der Kopf tut so weh«, jammerte der Kleine und er rieb sich mit beiden Fäusten die brennenden Augen.
»Ich weiß, mein Schatz. Es wird bald wieder besser«, versuchte sie ihn zu trösten, während sie fieberhaft nach einer Lösung suchte.
Ausgerechnet heute! Bettina war klar, dass sie ihr Kind nicht in den Kindergarten bringen konnte. Gleich am ersten Arbeitstag würde sie fehlen! Das könnte bedeuten, dass sie ihre neue Stelle verlieren würde, bevor sie sie überhaupt erst angetreten hatte. Sie brauchte dringend einen Plan B.
Inga! Ihre Freundin hatte ihr erst vor ein paar Tagen versprochen, dass sie sich auf sie verlassen könne, wenn sie Unterstützung brauche. Sie hatte selbst ein vierjähriges Mädchen und war noch nicht wieder berufstätig. Bettina überlegte nicht lange. Sie griff zum Telefonhörer und nur eine halbe Stunde später traf Inga ein. Ihre Tochter hatte sie zu Hause bei ihrem Mann gelassen, der das Mädchen später in den Kindergarten bringen würde.
»Na los, mach dich fertig, Bettina und konzentriere dich auf deinen neuen Job. Am Nachmittag bist du wieder da. Jonas ist bis dahin entweder wieder fit oder aber du kannst dann immer noch mit ihm zum Kinderarzt fahren. Du weißt doch, wie schnell das bei den Kleinen manchmal geht. Am Morgen Fieber, zu Mittag wieder kerngesund. Mach dir keine Sorgen. Jetzt geh schon. Alles Gute für deinen ersten Tag.«
Bettina hatte sich überzeugen lassen. Sie wusste, auf Inga konnte sie sich verlassen. »Fiebersaft und Zäpfchen sind im Badezimmer im Arzneischrank und du rufst mich an, wenn sich sein Zustand verschlechtert, nicht wahr?«, bat sie und Inga versprach es.
Trotz der Aufregungen am frühen Morgen betrat Bettina auf die Minute pünktlich die Halle der Behnisch-Klinik. Der erste Schritt in ihr neues Leben fühlte sich gut an. Zufrieden blickte sie sich um. Es herrschte geschäftiges Treiben im Eingangsbereich, aber von Hektik oder Stress keine Spur. Ohne zu wissen, woher das warme Gefühl in ihrer Brust kam, war ihr instinktiv klar, dass sie in dieser Klinik ihre berufliche Heimat finden konnte.
Bevor sie sich in Richtung Aufzug begab, um zur Kinderstation zu fahren, betrachtete sie ihr Spiegelbild in einer der vielen Glasfronten. Es war lange her, dass sie mit sich und der Welt zufrieden war. Mit ihren 38 Jahren stand sie in der Blüte ihres Lebens. Wenn jemand die tragische Geschichte ihrer Vergangenheit nicht kannte, hätte er in ihr eine sportliche, aktive und vor Lebensfreude strahlende Frau sehen können.
Von ihrer neuen Chefin, der Leiterin der Kinderabteilung, wurde sie warmherzig in Empfang genommen. »Haben Sie Ihren Sohn gut im Kindergarten unterbringen können?«, fragte Felicitas einfühlsam.
Bettina erzählte ihr kurz, was vorgefallen war und beeilte sich, zu versichern, dass Jonas an sich ein gesundes Kind und nicht oft krank sei.
»Ach, das kann man nicht immer voraussehen. Wenn Sie heute nicht zur Arbeit gekommen wären, hätten wir hier vollstes Verständnis gehabt. Bei uns arbeiten etliche Muttis und wir sind es gewohnt, als Team Lösungen zu finden, wenn es Probleme in den Familien gibt. Kinder gehen immer vor, da machen Sie sich mal keine Gedanken, Schwester Bettina. Jetzt kommen Sie, ich stelle Sie den Kollegen und Kolleginnen gleich vor. Bestimmt fühlen Sie sich wohl bei uns, und wenn Sie Fragen haben, können Sie jederzeit zu mir kommen.«
Bettina war überwältigt vom familiären Betriebsklima. Das hatte sie sich zwar erhofft, aber niemals erwartet. Von ihren früheren Arbeitgebern kannte sie es durchaus anders und nicht zum ersten Mal durchströmte sie ein tiefes Glücksgefühl. Ab sofort war sie ein Teil der Behnisch-Klinik. Sie wusste, dass es Pflegekräfte gab, die sie um diesen Job beneideten.
Mit Elan und frischem Schwung begann sie ihre neue Tätigkeit. Sie war an ihrem heutigen ersten Tag Schwester Gitta zugeteilt worden, die ihr die Abläufe zeigte und sie herumführte. Ab morgen sollte sie dann eigenständig ihre Aufgaben übernehmen.
*
Auch Daniel hatte einen neuen Mitarbeiter, um den er sich an diesem Vormittag kümmerte. Dr. Klaus Wittig war pünktlich bei ihm erschienen und nun lag bereits eine halbe Stunde hinter ihnen, in der Daniel seine Fragen stellen konnte. Allerdings hatte er angenommen, dass auch der Bewerber für die Stelle im Qualitätsmanagement etliche Punkte auf seiner Liste hatte, die er gerne geklärt haben wollte, aber dem war nicht so. Daniel wunderte sich insgeheim. Das äußere Erscheinungsbild seines Gegenübers schien so gar nicht zu seinem Verhalten zu passen. Vor ihm saß ein gut aussehender fünfundvierzigjähriger Mann mit markanten Gesichtszügen, die dunklen Haare exakt geschnitten, gut und vermutlich teuer gekleidet. Sein dunkelblaues Jackett passte farblich hervorragend zur gepflegten Jeans. Am gut gebräunten Gesicht glaubte Daniel erkennen zu können, dass sich Dr. Wittig in seiner Freizeit viel draußen aufhielt. Er wirkte sehr selbstbewusst und weltgewandt. Dr. Wittig saß aufrecht auf dem Besucherstuhl in Daniels Büro. Seine Hände ruhten auf seinen Oberschenkeln und sein Blick wich dem Chefarzt keine Sekunde aus. Das gefiel Daniel, aber dass Dr. Wittig kaum sprach, irritierte ihn.
»Nun, Herr Kollege, ich darf Sie doch so nennen, denn wie ich aus Ihren Unterlagen weiß, sind Sie Chirurg.« Daniel machte eine Pause, um seinem Gesprächspartner die Chance für eine Erklärung zu geben, aber es kam nichts. Also legte Daniel nach.
»Darf ich Sie fragen, warum Sie sich nicht als Mediziner bei uns bewerben? Sie müssen wissen, dass Sie auch in diesem Bereich gute Chancen hätten. Wir brauchen gute Ärzte.«
»Ich habe mich beruflich umorientiert«, lautete die karge Antwort. Der entschlossene Gesichtsausdruck ließ keine Zweifel daran, dass Klaus Wittig nicht vorhatte, eine Begründung nachzuschieben.
»Das weiß ich«, entgegnete Daniel und unternahm einen letzten Versuch. »Nicht, dass es für meine Entscheidung von Belang wäre, ich finde es nur schade, dass ich einen Chirurgen in meiner Klinik habe, der das Operationsbesteck offensichtlich an den sprichwörtlichen Nagel gehängt hat.«
Die Antwort war ein bedauerndes Augenzwinkern.
»Nun, gut, Herr Doktor Wittig. Sie können sich in der Personalabteilung Ihren Vertrag abholen. Wann können Sie bei uns anfangen?«
»Sofort. Ich bin frei. Und den Doktor können Sie gerne weglassen, Herr Chefarzt. Den habe ich in Medizin. In BWL habe ich nicht promoviert.«