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Der Zufall führt zwei Ehepaare im Urlaub zusammen. Die Männer, Endvierziger, waren Studienfreunde. Während Helmut Halm nichts mehr vom Leben erwartet, ihm zu entfliehen sucht, jagt der vitale Klaus Buch von einer Tätigkeit zur nächsten und bestimmt auch bald das Urlaubsprogramm. Die Kluft zwischen den Männern wächst, bis hin zu dem Tag, als sie beim Segeln in ein Unwetter geraten. Die Ausnahmesituation führt zum dramatischen Kampf zwischen den beiden.
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Seitenzahl: 138
Veröffentlichungsjahr: 2015
Der Zufall führt zwei Ehepaare im Urlaub zusammen. Die Männer, Endvierziger, waren Studienfreunde. Während Helmut Halm nichts mehr vom Leben erwartet, ihm entfliehen will, jagt der vitale Klaus Buch von einer Tätigkeit zur nächsten und bestimmt auch bald das Urlaubsprogramm. Die Kluft zwischen den Männern wächst, bis hin zu dem Tag, als sie beim Segeln in ein Unwetter geraten. Die Ausnahmesituation führt zum Kampf zwischen den beiden. Einfliehendes Pferd wurde 2007 mit Katja Riemann, Ulrich Tukur und Ulrich Noethen verfilmt.
»Diese Geschichte könnte zu dem gehören, was einmal übrigbleibt von einem Jahrhundert.« Stuttgarter Zeitung Martin Walser, 1927 in Wasserburg (Bodensee) geboren, lebt in Überlingen.
Martin Walser
Ein fliehendes Pferd
Novelle
Suhrkamp
eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2015
Der vorliegende Text folgt der 37. Auflage der Ausgabe des suhrkamp taschenbuchs 600.
© Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1978
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Umschlagfoto: Siegfried Lauterwasser
Umschlag: Göllner, Michels, Zegarzewski
eISBN 978-3-518-74365-2
www.suhrkamp.de
Für Franziska
»Man trifft zuweilen auf Novellen, in denen bestimmte Personen entgegengesetzte Lebensanschauungen vortragen. Das endet dann gerne damit, daß der eine den andern überzeugt. Anstatt daß also die Anschauung für sich sprechen muß, wird der Leser mit dem historischen Ergebnis bereichert, daß der andre überzeugt worden ist. Ich sehe es für ein Glück an, daß in solcher Hinsicht diese Papiere eine Aufklärung nicht gewähren.«
Sören Kierkegaard, Entweder/Oder
Plötzlich drängte Sabine aus dem Strom der Promenierenden hinaus und ging auf ein Tischchen zu, an dem noch niemand saß. Helmut hatte das Gefühl, die Stühle dieses Cafés seien für ihn zu klein, aber Sabine saß schon. Er hätte auch nie einen Platz in der ersten Reihe genommen. So dicht an den in beiden Richtungen Vorbeiströmenden sah man doch nichts. Er hätte sich möglichst nah an die Hauswand gesetzt. Otto saß auch schon. Zu Sabines Füßen. Er sah aber noch zu Helmut herauf, als wolle er sagen, er betrachte sein Sitzen, so lange Helmut sich noch nicht gesetzt habe, als vorläufig. Sabine bestellte schon den Kaffee, legte ein Bein über das andere und schaute dem trägen Durcheinander auf der Uferpromenade mit einem Ausdruck des Vergnügens zu, der ausschließlich für Helmut bestimmt war. Er verlegte seinen Blick auch wieder auf die Leute, die zu dicht an ihm vorbeipromenierten. Man sah wenig. Von dem wenigen aber zuviel. Er verspürte eine Art hoffnungslosen Hungers nach diesen hell- und leichtbekleideten Braungebrannten. Die sahen hier schöner aus als daheim in Stuttgart. Von sich selbst hatte er dieses Gefühl nicht. Er kam sich in hellen Hosen komisch vor. Wenn er keine Jacke anhatte, sah man von ihm wahrscheinlich nichts als seinen Bauch. Nach acht Tagen würde ihm das egal sein. Am dritten Tag noch nicht. So wenig wie die gräßlich gerötete Haut. Nach acht Tagen würden Sabine und er auch braun sein. Bei Sabine hatte die Sonne bis jetzt noch nichts bewirkt als eine Aufdünsung jedes Fältchens, jeder nicht ganz makellosen Hautstelle. Sabine sah grotesk aus. Besonders jetzt, wenn sie voller Vergnügen auf die Promenierenden blickte. Er legte eine Hand auf ihren Unterarm. Warum mußten sie überhaupt dieses hin- und herdrängende Dickicht aus Armen und Beinen und Brüsten anschauen? In der Ferienwohnung wäre es auch nicht mehr so heiß wie auf dieser steinigen, baumlosen Promenade. Und jede zweite Erscheinung hier führte ein Ausmaß an Abenteuer an einem vorbei, daß das Zuschauen zu einem rasch anwachsenden Unglück wurde. Alle, die hier vorbeiströmten, waren jünger. Schön wäre es jetzt hinter den geraden Gittern der Ferienwohnung. Drei Tage waren sie hier, und drei Abende hatte er Sabine in die Stadt folgen müssen. Jedesmal auf diese Promenade. Leute beobachten fand sie interessant. War es auch. Aber nicht auszuhalten. Er hatte sich vorgenommen, Kierkegaards Tagebücher zu lesen. Er hatte alle fünf Bände dabei. Wehe dir, Sabine, wenn er nur vier Bände schafft. Er wußte überhaupt nicht, was Kierkegaard in seinen Tagebüchern notiert hatte. Unvorstellbar, daß Kierkegaard etwas Privates notiert haben konnte. Er sehnte sich danach, Kierkegaard näherzukommen. Vielleicht sehnte er sich nur, um enttäuscht werden zu können. Er stellte sich diese tägliche, stundenlange Enttäuschung beim Lesen der Tagebücher Kierkegaards als etwas Genießbares vor. Wie Regenwetter im Urlaub. Wenn diese Tagebücher keine Nähe gestatteten, wie er fürchtete (und noch mehr hoffte), würde seine Sehnsucht, diesem Menschen näherzukommen, noch größer werden. Ein Tagebuch ohne alles Private, etwas Anziehenderes konnte es nicht geben. Er mußte Sabine sagen, daß er ab morgen die Abende nur noch in der Ferienwohnung verbringen werde. Er hätte zittern können vor Empörung! Er hier auf dem zu kleinen Stuhl, Leute anstierend, während er in der Ferienwohnung …
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