Ein geduldiger Jäger findet sein Ziel – Sieben Fälle für Arne Wilster - Horst Bieber - E-Book

Ein geduldiger Jäger findet sein Ziel – Sieben Fälle für Arne Wilster E-Book

Horst Bieber

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Beschreibung

Arne Wilster, 47 Jahre alt, fähiger Kriminalhauptkommissar und äußerst erfolgreicher Zielfahnder, ist von einem betrunkenen Autofahrer schwer verletzt worden. Seinen alten Job kann er nicht mehr ausüben, doch im Präsidium findet sich eine Möglichkeit für ihn. Formell übernimmt er die Leitung des Archivs, zusammen mit seiner Assistentin Anja Stich, genannt ›die Nadel‹. Hauptsächlich hilft er bei schwierigen Fällen oder ungeklärten Verbrechen, bei denen Verjährung droht. Akten statt Fahndung: Wilster ist froh, dass er etwas zu tun hat. Und seine Aufklärungsquote überrascht selbst die größten Skeptiker. In diesem Band sind sieben seiner Fälle vertreten.

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Horst Bieber

 

 

Ein geduldiger Jäger

findet sein Ziel

 

 

Sieben Fälle für Arne Wilster

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

Neuausgabe

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv

Cover: © by Sofia Steinbeck mit Bärenklau Exklusiv, 2023

Korrektorat: Bärenklau Exklusiv

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die Handlungen dieser Geschichte ist frei erfunden sowie die Namen der Protagonisten und Firmen. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig und nicht gewollt.

 

Alle Rechte vorbehalten

 

Das Copyright auf den Text oder andere Medien und Illustrationen und Bilder erlaubt es KIs/AIs und allen damit in Verbindung stehenden Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren oder damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung erstellen, zeitlich und räumlich unbegrenzt nicht, diesen Text oder auch nur Teile davon als Vorlage zu nutzen, und damit auch nicht allen Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs nutzen, diesen Text oder Teile daraus für ihre Texte zu verwenden, um daraus neue, eigene Texte im Stil des ursprünglichen Autors oder ähnlich zu generieren. Es haften alle Firmen und menschlichen Personen, die mit dieser menschlichen Roman-Vorlage einen neuen Text über eine KI/AI in der Art des ursprünglichen Autors erzeugen, sowie alle Firmen, menschlichen Personen , welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren um damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung zu erstellen; das Copyright für diesen Impressumstext sowie artverwandte Abwandlungen davon liegt zeitlich und räumlich unbegrenzt bei Bärenklau Exklusiv.

 

 

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Ein geduldiger Jäger findet sein Ziel 

1. Ein geduldiger Jäger findet sein Ziel 

2. Gefährliche Orchidee 

3. Uwe will es wissen 

4. Feli und Ferdi 

5. Liebhaberei 

6. Zwei aus der Kohle 

7. Bärli hilft 

Horst Bieber – sein Leben und Wirken 

Eine kleine Auswahl der Veröffentlichungen von Horst Bieber: 

 

Das Buch

 

 

 

 

Arne Wilster, 47 Jahre alt, fähiger Kriminalhauptkommissar und äußerst erfolgreicher Zielfahnder, ist von einem betrunkenen Autofahrer schwer verletzt worden. Seinen alten Job kann er nicht mehr ausüben, doch im Präsidium findet sich eine Möglichkeit für ihn. 

Formell übernimmt er die Leitung des Archivs, zusammen mit seiner Assistentin Anja Stich, genannt ›die Nadel‹. Hauptsächlich hilft er bei schwierigen Fällen oder ungeklärten Verbrechen, bei denen Verjährung droht. Akten statt Fahndung: Wilster ist froh, dass er etwas zu tun hat. Und seine Aufklärungsquote überrascht selbst die größten Skeptiker.

 

 

***

Ein geduldiger Jäger findet sein Ziel

 

Sieben Fälle für Arne Wilster

 

 

1. Ein geduldiger Jäger findet sein Ziel

 

 

Kriminalhauptkommissar Arne Wilster ging nicht mehr gerne ins Büro. Aber weil es gleichgültig war, wo er sich langweilte und auf eine Entscheidung der Personalabteilung wartete und weil er in seiner neuen Eigentumswohnung Schwiegersohn und Tochter plus Freunden beim Einrichten und Einräumen nur störte, hinkte er jeden Vormittag in sein altes Büro im Präsidium, trank zu viel Kaffee, las die Zeitung bis hin zu den Kleinanzeigen und wartete geduldig. Was blieb ihm schon anderes übrig? Natürlich war es nicht einfach, für einen 47-jährigen Kriminalhauptkommissar eine passende Position zu finden, der nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall ein steifes linkes Bein zurückbehalten hatte, am Stock humpelte und ab und zu vor Schmerzen laut aufstöhnte, wobei er abenteuerliche Grimassen schnitt, weil das linke Ilio-Sakral-Gelenk mal wieder ohne Vorwarnung gnadenlos so zubiss, dass es ihm die Tränen in die Augen trieb. Mit seiner alten Funktion – Zielfahnder – war es vorbei, aber womit sollte man ihn im Präsidium sinnvoll beschäftigen? Eine Frühpensionierung mit siebenundvierzig wäre eine ungerechtfertigte Bestrafung für das Opfer eines angetrunkenen Fahrers gewesen. Aber wo in der Organisation Kripo sollte Arne Wilster künftig arbeiten. Sein Problem waren Treppen und längere Fußwege. Und für seine unveränderten Fähigkeiten – Englisch, Französisch und Italienisch – gab es in der Alltagsroutine nicht genügend Beschäftigung.

Am frühen Nachmittag klopfte Kollege Max Becker an Arnes Tür.

»Komm rein!«

»Hei, Arne. Hast du einen Moment Zeit für mich?«

»So viel, wie du willst. Zeit ist im Moment das Einzige, das ich im Überfluss besitze.«

»Also immer noch keine Entscheidung?«

»Nein. Und ich fürchte, das wird auch noch eine ganze Weile dauern.«

»Hm. Dann könntest du doch bitte mal einen Blick auf diese Fallakte werfen. Ich komm’ damit nicht voran. Und der Schnauzbart hat mir heute Vormittag deswegen eine dicke Zigarre verpasst.«

Der Schnauzbart war Kriminalrat Herbert Füllgraf, Leiter der Abteilung Eins – Gewaltkriminalität.

Auf dem Aktendeckel stand: »Tötung zum Nachteil von Waldemar Hochfeld.«

Von dem Fall hatte Wilster in der Zeitung gelesen. »Das ist dieser klavierspielende Ex-Kaufmann aus dem Magdalenenviertel?«

»Genau. Ganz blöder Fall. Und das Ärgerlichste: Der PP wohnt nur drei Häuser weiter.«

»Ach du armer Kerl.« Der PP war der Polizeipräsident, ein wegen seiner Ungeduld und aufbrausende Ungerechtigkeit wenig beliebter Vorgesetzter, der seinen Posten nicht seinen Fähigkeiten, sondern seinem Parteibuch verdankte.

»Na, dann lass mal sehen. Kaffee müsstest du dir selber besorgen.«

»Kein Problem, Arne. Für dich auch noch?«

»Irgendwelche Komplikationen?«, erkundigte sich Wilster nach der ersten Tasse.

»Nee. Ich komm’ einfach nicht weiter. Ein richtig schöner runder Raubmord, aber kein Hinweis auf den Täter.«

»Erzählst du mir was über das Opfer?«

»Waldemar Hochfeld. 71 Jahre alt, verwitwet, steinreich und ziemlich schrullig.«

»Was verstehst du unter schrullig?«

»Erstens machte er Hausmusik. Seit Jahren, er war angeblich ein hervorragender Klavierspieler. Jeden Mittwoch Punkt 19.00 Uhr wurde bei ihm gefidelt.«

»Das ist nicht schrullig, sondern kultiviert.«

Kollege Max Becker schnitt eine Grimasse. Unter Kultur verstand er etwas anderes, aber über manche Sachen konnte man mit dem Kollegen Arne Wilster nicht diskutieren.

»Zweitens sammelte er alte Taschenuhren. Wertvolle Stücke, man soll gar nicht glauben, was für solchen Schrott gezahlt wird. Und drittens hatte er eine gefährliche – für ihn gefährliche – Marotte, er wollte immer ausreichend Bargeld im Hause haben.«

»Daraus schließe ich, dass der Raubmörder Bargeld und Uhren eingesackt hat.«

»Sicher, wenigstens zwei Dutzend Uhren und eine Summe zwischen fünf- und fünfzehntausend Euro.«

»Genauer weiß man’s nicht?«

»Nee. Leider nicht. Ich sagte doch, er war schrullig, und selbst seine Haushälterin kann nur schätzen, wie viel Geld er im Hause aufbewahrte. Und eine kleine Tischdecke aus dem Esszimmer ist verschwunden. Behauptet die Haushälterin steif und fest.«

»Wie bitte?«

»Ja, eine Tischdecke. Sechzig mal sechzig Zentimeter ungefähr. Frag mich bitte nicht, warum und weshalb.«

Wilster zog die Akte heran und sah Max aufmerksam an.

»Hochfeld hatte ein schönes Haus in der Magdalenenstraße 57. Du kennst das Viertel? – Okay, alles schmale Straßen und nach hinten raus riesige Gärten, zwischen deren Schmalseiten öffentliche Fußwege verlaufen. Hochfelds Garten ist mit einer recht hohen Mauer umgeben, über die wahrscheinlich der Täter geklettert und eingedrungen ist.«

»Was heißt das?«

»Eine Glasscheibe in der Tür zum Garten war von außen eingeschlagen, der Schlüssel steckte innen. Ach so, ja, die Scherben lagen im Haus.«

»Und du hast keinen Nachbarn, keinen Spaziergänger gefunden, der gesehen hat, wie der Täter über die Mauer in den Garten gestiegen ist?«

»So ist es, Arne. Passiert ist das alles am 5. Mai zwischen achtzehn und neunzehn Uhr.«

»Sagt der Arzt?«

»Klar, aber auch die anderen Zeugen.«

»Welche anderen Zeugen?«

»Der 5. Mai war ein Mittwoch, Arne.«

»Kapiert. Also ein Hausmusikabend. Und wie ist Hochfeld umgebracht worden?«

»Erschlagen. Mit einem Schürhaken vom Kamin des Musikzimmers. Aber das war wohl nicht beabsichtigt.«

»Wie meinst du das?«

»In der Diele haben wir einen großen Wattebausch, getränkt mit Chloroform, gefunden. Außerdem Anzeichen, dass ein Kampf stattgefunden hat, verrutschte Teppiche, Risse in der Tapete und ein heruntergefallenes Bild. Deswegen denke ich mir, der Unbekannte hat Hochfeld in der Diele betäuben wollen, Hochfeld hat sich gewehrt, ist dann in das Musikzimmer geflüchtet, und dort hat der Täter ihn niedergeschlagen.«

»Ist das sicher?«

»Sagen wir mal so: In diesem Punkt gibt es zwischen mir und der Kriminaltechnik und Rechtsmedizin keinen Dissens.«

»Aha!« Wilster kannte Becker; mit den Kollegen von der Spurensicherung stand er auf Kriegsfuß. »Und die Zeugen helfen nicht weiter?«

»Eine Zeugin fehlt mir noch, sie kommt jede Minute, aber die anderen …«

»Gib mir doch mal die Aussagen.«

Max strahlte. Das und nichts anderes hatte er beabsichtigt. »Vier Gäste und die Haushälterin.«

»Dann fange ich mit der mal an.«

 

*

 

Caroline Knudsen, 58 Jahre alt, verwitwet, wohnhaft Magdalenenstraße 57, seit elf Jahren Haushälterin bei Waldemar Hochfeld.

»Diese Hausmusikabende fanden schon statt, als ich vor elf Jahren bei Herrn Hochfeld anfing. Jeden Mittwoch um Punkt 19.00 Uhr, Herr Hochfeld legte größten Wert auf Pünktlichkeit.

Den Mittwochabend hatte ich regelmäßig frei. Nachmittags bereitete ich einen kalten Imbiss für die Gäste vor und stellte Gläser bereit.«

Auf Nachfrage: »Nein, wie viel Musiker kamen, wusste ich nicht immer. Das schwankte, manche sagten erst kurz vorher telefonisch ab, in der Regel waren es drei bis fünf Besucher.«

Wilster schaute nachdenklich hoch: »Das verstehe ich nicht, Max.«

»Was meinst du?«

»Nehmen wir mal an, am ersten Mittwoch hatte Hochfeld mit zwei Gästen ein Trio geübt. Oder meinetwegen gespielt. Am nächsten Mittwoch kommen plötzlich vier Gäste. Also zwei zu viel für das Trio. Was haben die beiden anderen dann gemacht?«

»Das habe ich diese Perle des Haushalts auch gefragt. Sie sagt, dann wurde entweder kurzfristig ein Quintett gespielt, wenn alle Anwesenden ihren Part einigermaßen beherrschten – ach so, ich kapiere. Hochfeld hatte eine riesige Notensammlung in seinem Musikzimmer. Kammermusik mit allen Einzelstimmen – so nennt man das ja wohl. Und wenn sich partout nichts Passendes fand, setzte sich einer auch mal in die Bibliothek und stimmte sich innerlich ein.«

»Wie bitte?«

»Hochfelds Weinkeller genoss einen exzellenten Ruf.«

Wilster lachte und las weiter. Auf Nachfrage: »Nein, am 5. Mai hatte mir Herr Hochfeld nicht gesagt, wie viele Gäste er erwartete. Ich hatte vier Gläser im Musikzimmer bereitgestellt; denn in der Woche davor hatte ich die Noten eines Klavierquartetts von Mozart weggeräumt. Ich nahm an, dieses Stück würde wieder gespielt.

Wenn ich alles vorbereitet hatte, ging ich gegen achtzehn Uhr fort und war meistens gegen zweiundzwanzig Uhr wieder zurück.«

Auf Nachfrage: »Ja, es ist richtig, Herr Hochfeld verwahrte immer viel Bargeld im Hause auf, in seinem Arbeitszimmer im ersten Stock. Das war kein Geheimnis. Auch von seiner Uhrensammlung erzählte er oft. Den genauen Wert der Sammlung kenne ich nicht, aber Herr Hochfeld hatte mir mal verraten, dass er ihn auf eine Viertelmillion schätze.«

Auf Vorhalt: »Ja, wenn Sie mich so fragen – ich habe es für leichtsinnig gehalten. Aber Herr Hochfeld wollte nicht auf mich hören. Er war stolz darauf, ein gastfreies Haus zu führen. Um mich zu ärgern, sagte er immer, in anderen Häusern würden die Hausherren einladen, bei ihm lade sich jeder selbst dadurch ein, dass er ein Instrument spiele und Kammermusik liebe.

Am 5. Mai habe ich das Haus kurz vor 18.00 Uhr verlassen, aber noch vor der Bushaltestelle bemerkt, dass ich meine Brille vergessen hatte. Ich wollte nämlich mit meiner Nichte ins Kino gehen. Ich bin in das Haus zurückgegangen und hörte das Telefon in der Diele läuten, als ich die Haustür aufschloss. Meine Nichte rief an, sehr aufgeregt, sie könne sich nicht mit mir treffen, eine Freundin habe einen Verkehrsunfall gehabt, und sie müsse zu ihr ins Krankenhaus fahren. Deshalb habe ich herumtelefoniert und mich mit einer früheren Nachbarin verabredet. Gegen achtzehn Uhr vierzig habe ich das Haus wieder verlassen und bin gegen dreiundzwanzig Uhr zurückgekommen.«

»Max, diese Nichte und die verunglückte Freundin …?«

»Alles paletti und geprüft.«

Befragt zu den Besuchern am 5. Mai: »Astrid Schäfer kommt seit acht oder neun Jahren, ziemlich regelmäßig. Markus Riddel kenne ich nicht. Erika Dercks nimmt seit etwa fünf Jahren an den Hausmusikabenden teil. Karl Simson war schon ständiger Mittwochsgast, als ich im Hochfeld-Haus anfing.«

»Max, diese Haushälterin …«

»Astrein, Arne. Perfektes Alibi, absolut wasserdicht. Und weil ich dein Misstrauen kenne – keine Geldsorgen, nie unehrlich. Eine echte Perle.«

»Wenn du das sagst! Also weiter.«

 

Karl Simson, 53 Jahre alt, wohnhaft Schönbusch 11, ledig, Leiter der Personalabteilung der Westenholz AG.

»Ich kannte Waldemar Hochfeld seit gut 20 Jahren. An den Hausmusikabenden nehme ich seit etwa fünfzehn Jahren teil.«

Auf Nachfrage: »Ja, ich wusste von dem Bargeld-Fimmel und der Uhrensammlung. Beides im Haus aufzubewahren hielt ich für leichtsinnig, aber in diesem Punkt stellte sich Hochfeld taub.

Am 5. Mai bin ich gegen neunzehn Uhr fünf vor dem Haus in der Magdalenenstraße eingetroffen. Weil das Wetter so schön war, habe ich meinen Wagen oben auf der Mertenstraße geparkt und bin noch ein Stück zu Fuß herumgelaufen, deshalb hatte ich mich ein wenig verspätet. Ja, es stimmt, Hochfeld legte großen Wert auf Pünktlichkeit. Vor der Haustür traf ich auf Erika Dercks, die ich seit gut fünf Jahren von den gemeinsamen Musikabenden kenne. Sie erschien mir aufgeregt zu sein und erklärte, sie sei vor etwa einer Viertelstunde eingetroffen und habe seitdem mehrfach geläutet, aber niemand habe ihr aufgemacht.«

Auf Nachfrage: »Ja, ich wusste, dass Frau Knudsen, die Haushälterin, mittwochs einen freien Abend hatte, aber ich hatte es noch nie erlebt, dass Hochfeld nicht zu Hause war. Wenn die Musikabende nicht stattfinden konnten, hatte er immer rechtzeitig telefonisch abgesagt.

Nach vielleicht drei oder vier Minuten wies Frau Dercks plötzlich auf einen Mann, der auf uns zugelaufen kam. Er trug einen Geigenkasten und stellte sich als Markus Riddel vor. Er sei zum ersten Mal von Hochfeld zu einem Musikabend eingeladen worden, und zwar durch Vermittlung seiner Bekannten Astrid Schäfer, mit der er sich um 19.00 Uhr vor dem Haus treffen wollte, die sich aber offenkundig verspätet habe. Wir haben noch zwei- oder dreimal vergeblich geläutet, bis ich unruhig wurde. Auch Frau Dercks meinte, da müsse etwas passiert sein, deshalb schlug ich vor, wir sollten in das Haus eindringen und nachsehen.«

Auf Nachfrage: »Nein, die Haustür war ins Schloß gezogen.

Frau Dercks meinte, dass wir es über die Gartenmauer versuchen sollte, und Herr Riddel bot sich an, über die Mauer zu steigen. Ich bin mit ihm die Magdalenenstraße hinuntergelaufen und habe ihm den Weg zwischen den Gärten gezeigt, dann über die Mauer in den Hochfeld-Garten geholfen. Frau Dercks war vor der Haustür geblieben und wollte dort auf uns warten. Riddel stieg über die Mauer, ich bin sofort in die Magdalenenstraße zurückgelaufen, und als ich dort ankam, hatte Riddel schon die Haustür von innen geöffnet. Zu dritt haben wir das Haus betreten und laut nach Waldemar Hochfeld gerufen.«

Auf Nachfrage: »Ja, die Unordnung in der Diele ist mir aufgefallen. Nein, einen Wattebausch habe ich in der Aufregung nicht bemerkt. Ich bin dann in das Musikzimmer gegangen und habe Hochfeld gefunden. Er lag nahe dem Kamin auf dem Boden, mit einer schweren Kopfwunde, die stark geblutet hatte. Ich habe vor Schreck geschrien, und daraufhin sind Erika Dercks und Markus Riddel in das Musikzimmer gekommen. Während wir noch auf den Toten starrten, hörten wir Astrid Schäfer in der Diele rufen. Unmittelbar danach betrat sie das Musikzimmer. Ich habe dann die Polizei und den Notarzt alarmiert, vom Telefonapparat im Wohnzimmer aus.«

»Was hast du über diesen Simson herausgefunden?«

»Ein komischer Kauz, Arne.«

»Zufällig weiß ich, dass du mich in der Kantine auch so nennst.«

Gegen solche Nadelstiche bewährte sich Maxens dickes Fell: »Du hast auch viel mit Simson gemeinsam.«

»Du meinst, dass ich anderen gelegentlich einen Dämpfer verpasse?«

»Das auch. Simson ist Junggeselle, die Verknöcherung auf zwei Beinen, und seine Bekannten meinen, er lebe in seelischer Bigamie. Einerseits ist er mit seinen Personalakten verheiratet, andererseits mit seinen Musik-Noten.«

An Maxens lockere Sprüche hatte Arne sich gewöhnt, deshalb schmunzelte er nur.

»Als Personalleiter verdient er doch wohl mehr als den Hartz-Vier-Satz.«

»Anzunehmen. Aber er haust in einer winzigen Wohnung in einer scheußlichen Gegend, fährt einen durchgerosteten Kleinwagen – wie der beim letzten Mal durch den TÜV gekommen sein mag – und trägt Anzüge, also, die würdest selbst du nicht einmal mehr als Putzlappen benutzen.«

»Hat er Schulden?«

»Nein, das wohl nicht. Aber er ist immer knapp bei Kasse, und unsere Haushaltsperle hat mir – übrigens hochrot vor Verlegenheit – gestanden, dass sich Simson von ihrem Brötchengeber Hochfeld mehr als einmal Geld geliehen hat.«

»Woher weiß sie das?«

»Sie sagt, von Hochfeld.«

»Wofür gibt Simson so viel Geld aus?«

»Keine Ahnung. Wenn er irgendeinem teuren Hobby frönt, so haben wir’s noch nicht entdeckt.«

 

Aussage Erika Dercks, 42 Jahre alt, ledig, wohnhaft Saarlandstraße 45, Studienrätin für Französisch, Sport und Musik am Pauline-Mälzer-Gymnasium.

»Ich kannte Waldemar Hochfeld seit gut fünf Jahren. Seitdem habe ich ziemlich regelmäßig an den Musikabenden teilgenommen. Ich spiele Bratsche.Am 5. Mai hat mich eine Nachbarin im Auto mitgenommen, und deshalb bin ich schon gegen achtzehn Uhr fünfzig vor der Magdalenenstraße 57 eingetroffen. Auf mein Klingeln hat niemand geöffnet, was mich verwunderte. Natürlich wusste ich, dass die Haushälterin ihren freien Abend hatte, aber es war noch nie vorgekommen, dass Hochfeld einen Musikabend versäumt oder nicht rechtzeitig abgesagt hatte. Meine Unruhe wuchs. Kurz nach neunzehn Uhr kam Karl Simson auf mich zu; ich kenne ihn seit fünf Jahren von den Musikabenden. Ich erklärte ihm, was mich beunruhigte; auch er wunderte sich. Wenig später bemerkte ich einen Mann mit einem Geigenkasten, der die Magdalenenstraße heraufkam. Er sprach uns an und stellte sich als Markus Riddel vor. Er sei Geiger und zum ersten Mal von Herrn Hochfeld eingeladen worden, durch Vermittlung seiner Bekannten Astrid Schäfer, mit der er sich vor dem Haus verabredet habe. Astrid Schäfer kenne ich, seit ich Musikgast bei Hochfeld bin.

Simson schlug vor, in das Haus einzudringen. Ich riet den Männern, es auf der Rückseite über die Gartenmauer zu versuchen. Karl Simson und Markus Riddel liefen los, ich wartete vor der Haustür. Nach vielleicht vier Minuten öffnete Herr Riddel die Haustür von innen und erklärte mir, an der offenstehenden Tür zum Garten sei eine Scheibe eingeschlagen, der Bund mit dem Schlüssel für die Haustür habe in der Diele auf dem Boden gelegen. In dem Moment kam Karl Simson zurück. Zu dritt haben wir das Haus betreten und laut nach Herrn Hochfeld gerufen.«

Auf Nachfrage: »Ja, die Unordnung in der Diele und der Wattebausch sind mir sofort aufgefallen. Herr Simson war schon in das Musikzimmer gelaufen und schrie dort laut auf. Wir folgten ihm und fanden den erschlagenen Waldemar Hochfeld nahe dem Kamin. Während wir noch um Fassung rangen, rief Astrid Schäfer von der Diele nach ›Waldemar‹ und kam ins Musikzimmer. Als sie den Toten sah, wurde ihr schlecht. Herr Riddel hat sich um sie gekümmert und in die Küche geschleift, damit sie etwas Kaltes trank. Herr Simson hat darauf gedrungen, dass wir das Musikzimmer verließen und hat vom Telefon im Wohnzimmer Polizei und Notarzt angerufen.«

Auf Nachfrage: »Nein, im Musikzimmer waren keine Anzeichen eines Kampfes sichtbar. Hochfeld hatte schon vier Stühle und vier Notenpulte aufgestellt. Der Imbiss war wie jeden Mittwochabend in der Pantry neben dem Wohnzimmer vorbereitet.«

Auf Nachfrage: »Normalerweise spielten wir zwischen eineinhalb und zwei Stunden. Danach gab es den Imbiss und Wein. Weil wir alle berufstätig sind, dauerten die Treffen selten länger als bis zweiundzwanzig Uhr.«

Auf Nachfrage: »Ja, ich wusste von dem Bargeld und der wertvollen Uhrensammlung in Hochfelds Arbeitszimmer.«

»Es lebe die Gewohnheit«, murmelte Wilster. Max hielt die Klappe, obwohl er die Bemerkung nicht verstanden hatte.

»Wieviele Telefone gibt es eigentlich in dem Haus?«

»Einen Hauptanschluss, aber fünf Apparate, Arne.«

»Hast du die Dercks gefragt, welches Stück am 5. Mai gespielt werden sollte?«

»Ja, hab’ ich. So ganz klar hat sie sich nicht ausgedrückt. Am Mittwoch zuvor hatten sie ein Klavierquartett von Mozart gespielt, und deswegen sei sie davon ausgegangen, dass sie am 5.

---ENDE DER LESEPROBE---