Sackgasse – Ein Ruhrpott-Krimi - Horst Bieber - E-Book

Sackgasse – Ein Ruhrpott-Krimi E-Book

Horst Bieber

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Beschreibung

Sabine Kehlin, jung, hübsch, beruflich erfolgreich und überdies reich wird in ihrer Wohnung tot aufgefunden. Alle Indizien sprechen für Selbstmord, Hinweise auf Fremdeinwirkung nicht vorhanden. Aus Sicht der Essener Polizei ist damit der Fall geklärt und abgeschlossen.
Für Irene Kehlin, die Schwester der Toten, nicht: »Warum?«, fragt sie. »Wo ist das Motiv für diese Tat?« Sie beauftragt die sehr unterschiedlich gearteten, sich eben darum gut ergänzende Privatdetektive Peter Altmann und Walter Müller, die Suizid-Theorie von Hauptkommissar Martens zu widerlegen oder, falls er recht haben sollte, Sabines Motiv herauszufinden.
Das Umfeld der Toten wird untersucht; Bekannte und Arbeitskollegen vehement befragt und »durchleuchtet«. Ergebnis: Sabine war gehemmt, eigenbrötlerisch, verschlossen; sie war ein bisschen spießig, ein bisschen prüde und alles in allem ziemlich langweilig. Entsprechend erfolglos sind die Detektive bei ihren Ermittlungen: Sie kommen keinen Schritt voran. Aber dann wird die Sache höchst sonderbar: Peter Altmann wird mehrfach von einem blauen Opel verfolgt, eine mühsam gefundene Bekannte der Toten gibt falsche Kontaktdaten an. Und schließlich führt eine Spur in die Unterwelt …
Die Frage ist nur: Wie passt Sabine Kehlin, jung, hübsch, reich, prüde und ziemlich langweilig in dieses Puzzle? Altmann und Müller finden die Antwort. Aber damit haben sie keineswegs die Lösung des Problems gefunden – sondern nur weiteren Ärger!

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Horst Bieber

 

 

Sackgasse

 

 

Ein Ruhrpott-Krimi

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

Neuausgabe

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv

Cover: © by Steve Mayer mit Bärenklau Exklusiv, 2023

Korrektorat: Bärenklau Exklusiv

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die Handlungen dieser Geschichte ist frei erfunden sowie die Namen der Protagonisten und Firmen. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig und nicht gewollt.

 

Alle Rechte vorbehalten

 

Das Copyright auf den Text oder andere Medien und Illustrationen und Bilder erlaubt es KIs/AIs und allen damit in Verbindung stehenden Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren oder damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung erstellen, zeitlich und räumlich unbegrenzt nicht, diesen Text oder auch nur Teile davon als Vorlage zu nutzen, und damit auch nicht allen Firmen und menschlichen Personen, welche KIs/AIs nutzen, diesen Text oder Teile daraus für ihre Texte zu verwenden, um daraus neue, eigene Texte im Stil des ursprünglichen Autors oder ähnlich zu generieren. Es haften alle Firmen und menschlichen Personen, die mit dieser menschlichen Roman-Vorlage einen neuen Text über eine KI/AI in der Art des ursprünglichen Autors erzeugen, sowie alle Firmen, menschlichen Personen , welche KIs/AIs bereitstellen, trainieren um damit weitere Texte oder Textteile in der Art, dem Ausdruck oder als Nachahmung zu erstellen; das Copyright für diesen Impressumstext sowie artverwandte Abwandlungen davon liegt zeitlich und räumlich unbegrenzt bei Bärenklau Exklusiv.

 

 

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Sackgasse 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

11. Kapitel 

12. Kapitel 

13. Kapitel 

14. Kapitel 

15. Kapitel 

16. Kapitel 

17. Kapitel 

18. Kapitel 

19. Kapitel 

20. Kapitel 

21. Kapitel 

22. Kapitel 

23. Kapitel 

24. Kapitel 

25. Kapitel 

26. Kapitel 

27. Kapitel 

28. Kapitel 

29. Kapitel 

30. Kapitel 

31. Kapitel 

32. Kapitel 

33. Kapitel 

34. Kapitel 

35. Kapitel 

36. Kapitel 

37. Kapitel 

38. Kapitel 

39. Kapitel 

40. Kapitel 

41. Kapitel 

42. Kapitel 

43. Kapitel 

44. Kapitel 

45. Kapitel 

46. Kapitel 

47. Kapitel 

48. Kapitel 

49. Kapitel 

50. Kapitel 

51. Kapitel 

52. Kapitel 

Horst Bieber – sein Leben und Wirken 

 

Das Buch

 

 

 

 

Sabine Kehlin, jung, hübsch, beruflich erfolgreich und überdies reich wird in ihrer Wohnung tot aufgefunden. Alle Indizien sprechen für Selbstmord, Hinweise auf Fremdeinwirkung nicht vorhanden. Aus Sicht der Essener Polizei ist damit der Fall geklärt und abgeschlossen.

Für Irene Kehlin, die Schwester der Toten, nicht: »Warum?«, fragt sie. »Wo ist das Motiv für diese Tat?« Sie beauftragt die sehr unterschiedlich gearteten, sich eben darum gut ergänzende Privatdetektive Peter Altmann und Walter Müller, die Suizid-Theorie von Hauptkommissar Martens zu widerlegen oder, falls er recht haben sollte, Sabines Motiv herauszufinden. 

Das Umfeld der Toten wird untersucht; Bekannte und Arbeitskollegen vehement befragt und »durchleuchtet«. Ergebnis: Sabine war gehemmt, eigenbrötlerisch, verschlossen; sie war ein bisschen spießig, ein bisschen prüde und alles in allem ziemlich langweilig. Entsprechend erfolglos sind die Detektive bei ihren Ermittlungen: Sie kommen keinen Schritt voran. Aber dann wird die Sache höchst sonderbar: Peter Altmann wird mehrfach von einem blauen Opel verfolgt, eine mühsam gefundene Bekannte der Toten gibt falsche Kontaktdaten an. Und schließlich führt eine Spur in die Unterwelt … 

Die Frage ist nur: Wie passt Sabine Kehlin, jung, hübsch, reich, prüde und ziemlich langweilig in dieses Puzzle? Altmann und Müller finden die Antwort. Aber damit haben sie keineswegs die Lösung des Problems gefunden – sondern nur weiteren Ärger! 

 

 

***

Sackgasse

 

Ein Ruhrpott-Krimi

 

***

 

A Faint Cold Fear Thrills Through My Veins – William Shakespeare

 

***

 

 

 

Hauptpersonen:

Sabine Kehlin: war jung, schön, reich und ziemlich langweilig. Jetzt ist sie tot: Überdosis Schlaftabletten.

Irene Kehlin: ihre Schwester – glaubt nicht an Selbstmord.

Peter Altmann und Walter Müller: werden von ihr beauftragt, die Selbstmordtheorie der Polizei zu widerlegen oder, wenn sie doch stimmt, das Motiv zu finden.

Siegfried Braun: sieht alles, hört alles, weiß alles und ist ein ganz mieser Typ.

Marianne (»Sylvi«) Nolte: ist kein Kind von Traurigkeiten.

Regine Bellinger: reist viel und ist schwer anzutreffen.

Heinz-Peter Mack: sieht gut aus und reist auch viel.

Dr. Richard Kaufmann: ist blind und spielt Schach.

Dietmar Loyscha: stirbt, aber nicht wegen seines Tante-Emma-Ladens.

Charlotte Cartier: steht nicht im Telefonbuch.

Der Macker: unterhält einen lukrativen Dienstleistungsbetrieb.

Hauptkommissar Martens: hat keine Ahnung, aber er behält recht.

Johnny Wunderlich: ist kooperativ und weiß dann nicht, wie ihm geschieht.

 

 

***

 

 

Dies ist ein Roman. Darum sind Personen und Ereignisse (fast) frei erfunden.

(H. B.)

 

 

***

 

 

1. Kapitel

 

Im Ruhrgebiet, Sommer 1982

 

Die junge Frau wurde ungeduldig: »Nun, wie ist es? Haben Sie Zeit?« Nach der Stimme konnte ich sie mir gut vorstellen: jung, selbstbewusst, energisch, aktiv, kein Mensch, der viel Geduld besaß. Leise seufzend nahm ich den schweißfeuchten Hörer in die andere Hand: »Um was geht es denn?«

»Das würde ich Ihnen lieber in einem persönlichen Gespräch erzählen.«

»Ja, aber in großen Zügen müssen Sie’s mir schon am Telefon sagen.«

Am anderen Ende blieb es einen Moment still. Dann brach es aus ihr heraus: »Ich habe heute meine Schwester begraben. Sie war fünfundzwanzig Jahre alt und hat Selbstmord begangen. Das behauptet wenigstens die Polizei. Aber ich glaube das nicht, nie und nimmer. Für mich war das Mord, und Sie sollen den Mörder finden.«

Nachdenklich starrte ich zum weit geöffneten Fenster hinaus. Auf den Tennisplätzen gegenüber herrschte reger Betrieb; die dicht belaubten alten Platanen versperrten zwar die Sicht, aber man hörte die Zurufe und das dumpfe, regelmäßige Plopp der Tennisschläger. Für die Spieler hatte am Freitagnachmittag um vier Uhr bereits das Wochenende begonnen, und wenn es nur nach mir gegangen wäre, hätte ich auch schon längst das Büro geräumt. Seit Tagen stand die Luft in der Stadt, stickig, schmutzig, klebrig-feucht. Die Leute flüchteten sich in die Schwimmbäder.

»Hallo, sind Sie noch dran?«

»Wenn es Mord war, ist die Polizei zuständig«, wehrte ich ab.

»Aber ich sage Ihnen doch, die Polizei hält es für Selbstmord. Sie hat den Fall abgeschlossen.«

»Dann weiß ich nicht, was ich da noch machen soll.«

»Herrgott!«, sagte sie scharf. »Sind Sie immer so schwer von Begriff? Nachforschen sollen Sie, recherchieren – so heißt das doch? Sind Sie nun Privatdetektiv oder nicht?«

Langsam ärgerte mich ihr Ton. »Natürlich kann ich nachforschen. Aber wenn die Polizei sagt, es war Selbstmord, dann war es Selbstmord. Darauf können Sie sich verlassen, und falls Sie mich jetzt engagieren, um den angeblichen Mörder Ihrer Schwester zu finden, schmeißen Sie nur Ihr Geld zum Fenster hinaus. Was Sie mit Ihrem Geld anstellen, kümmert mich nicht, aber ich nehme grundsätzlich keine unlösbaren Aufträge an.« Wütend schnaufte ich. »Ich verplempere nicht gern meine Zeit.«

Plötzlich lachte sie. »Das hat Herr Martens auch gesagt.«

»Wer?«

»Herr Martens, ein Kriminalbeamter. Ich glaube, er ist Leiter der Mordkommission, nicht wahr? Er hat mir Ihr Büro empfohlen.«

»Wie bitte?«

»Ja, ich habe ihm sehr deutlich erklärt, dass ich mit der Selbstmordtheorie nicht einverstanden bin, und wenn die Polizei sich damit zufriedengebe, würde ich Privatdetektive anheuern, und wen er mir da empfehlen könne.«

»Und er hat uns vorgeschlagen?«

»Sag ich doch – deswegen hab’ ich Sie ja angerufen.«

Das verschlug mir erst einmal die Sprache. Ausgerechnet Hauptkommissar Martens, Leiter der Essener Mordkommission, sollte uns empfohlen haben, die Privatdetektei Peter Altmann & Walter Müller, uns, seine langjährigen Intimfeinde? Welche hinterlistige Teufelei hatte er da wieder ausgeheckt?

»Hallo, Herr Altmann«, unterbrach sie meine Grübelei, »sind Sie eigentlich mundfaul?«

»Nein«, fuhr ich sie an, »ich überlege gerade, das kommt bei mir gelegentlich vor, auch wenn Sie’s stören sollte.«

»Aha!«, machte sie trocken. »Und über was denken Sie nach?«

»Dass Martens unsere Detektei genannt hat, muss nicht unbedingt ein Kompliment für uns sein.«

Sie kicherte schadenfroh: »Dasselbe hat Herr Martens auch gesagt. Er kann Sie nicht leiden, was?«

»Das ist noch sehr vornehm ausgedrückt.«

»Ach, so läuft das. Trotzdem: Nehmen Sie den Auftrag an?«

Wieder zögerte ich, bis sie leise stöhnte.

»Also schön – Herr Martens hat mich schon gewarnt, dass Sie nicht gleich Feuer und Flamme sein würden. Aber er bietet Ihnen Folgendes an: Sie rufen ihn an, lassen sich erklären, was die Polizei denkt und weiß, und dann sprechen wir noch einmal miteinander. Ist das ein faires Angebot?«

»Okay«, willigte ich ein.

»Danke!«, sagte sie schnell und diktierte mir ihre Telefonnummer.

 

 

2. Kapitel

 

Mord – Martens spürte meine Zweifel, für so etwas besaß er einen siebten Sinn – und knurrte gereizt: »Stellen Sie sich nicht an; ich will Ihnen nichts am Zeug flicken.«

»Wenn ich das nur glauben könnte!«, murmelte ich.

Er schnaubte. »Herr Altmann, wir wollen eines gleich klarstellen. Mit Ihren Methoden war und bin ich nicht einverstanden, daran hat sich nichts geändert, ich nehme immer noch jede Wette darauf an, dass Sie und Ihr Partner sich Informationen auf ungesetzlichem Weg beschaffen, dass Sie Telefone anzapfen und Wanzen installieren und …«

»Na, na«, protestierte ich automatisch, »das können Sie doch nicht so mir nichts, dir nichts behaupten.«

»Behaupten schon, aber leider nicht beweisen«, parierte er kühl. »Aber darum handelt es sich hier nicht. Noch einmal: Ihre Methoden missfallen mir, aber ich habe nie angenommen oder unterstellt, dass Sie Ihre Klienten übers Ohr hauen und ausnehmen.«

»Das freut mich«, bedankte ich mich ironisch, »aber was hat das mit …«

»Moment!«, fiel er mir ins Wort. »Eins nach dem anderen. Das spielt in diesem Fall schon eine Rolle.«

»Na schön«, brummte ich, »also raus mit der Sprache. Zuhören kann ja nicht schaden.«

Martens holte tief Luft: »Zum Teufel, Sie … Ach was, lassen wir’s. Ich hatte wieder einmal Besuch von einer Frau Kehlin, Irene Kehlin. Sie hat heute Morgen ihre ältere Schwester begraben.«

»Mord?«

»Nein, Selbstmord. Einwandfrei Selbstmord.«

»Was hat dann die Mordkommission damit zu schaffen?«

Er beherrschte sich mühsam. »Langsam. Die Schwester – sie hieß übrigens Sabine – hat am Sonntagnachmittag einen Abschiedsbrief geschrieben, eingeworfen und dann eine Überdosis Schlaftabletten geschluckt. Irene Kehlin hat den Brief am Montagabend in ihrem Briefkasten gefunden – ach so, das wissen Sie ja nicht: Irene Kehlin lebt in Stuttgart … Sie hat also den Brief gegen achzehn Uhr gelesen, sofort die Polizei in Stuttgart alarmiert, die Kollegen haben uns benachrichtigt, und wir haben natürlich einen Streifenwagen hingeschickt.«

»Wo wohnte denn die Schwester?«

»Am Bahnhof Stadtwald. Die beiden Streifenpolizisten wollten sich die Wohnungstür aufschließen lassen, mussten sie dann aber aufbrechen. Sie haben die tote Sabine Kehlin gefunden.«

Ich wunderte mich: »Ich verstehe noch immer nicht – war es nun Selbstmord oder Mord?«

»Ohne jeden Zweifel Selbstmord. Die Wohnungstür war von innen verschlossen, der Riegel war innen vorgeschoben, am Wasserglas und am Tablettenröhrchen haben wir nur die Fingerabdrücke der Toten gefunden. Keine Spuren eines Einbruchs. Die Leiche wies ebenfalls keine Spuren von Gewaltanwendung auf, und außer den Schlaftabletten hat die Gerichtsmedizin keine Fremdstoffe im Körper entdeckt. Der Pathologe sagt übrigens das Gleiche: Einwandfrei Selbstmord.«

»Was ist mit dem Abschiedsbrief?«

»Die Schwester und unser Graphologe sagen ohne Vorbehalt, dass Sabine Kehlin ihn geschrieben hat.« Er stockte einen Moment und setzte dann griesgrämig hinzu: »Bevor Sie mich löchern, will ich Ihnen lieber gleich sagen, dass der Pathologe auch nichts anderes gefunden hat: Sie war nicht schwanger, hatte keine lebensbedrohenden Krankheiten und auch keinen Gehirntumor. Eine kerngesunde Tote sozusagen.«

»Was stört Sie dann an dem Fall?«

»Mich stört gar nichts. Für die Kripo ist der Fall abgeschlossen. Wir haben die Leiche schon am Mittwoch freigegeben.«

»Ja, aber warum dann ein Privatdetektiv?«

Er grunzte ärgerlich. »Das Motiv: In dem Abschiedsbrief steht nicht drin, warum sie … Und wenn man der Schwester glauben will, hatte Sabine überhaupt keinen Grund, sich umzubringen.«

»Kann die Polizei ihr nicht helfen?«

»Nein. Wir haben den Fall abgeschlossen.«

Wir überlegten beide eine Weile, bis er einräumte: »Sehen Sie, Herr Altmann, mir passt es auch nicht, dass sich kein Motiv entdecken lässt. Auf der anderen Seite kann ich nicht bei jedem Selbstmord tage- und wochenlang herumstöbern, bis wir einen einleuchtenden Grund entdeckt haben. Wenn alle Indizien dafür sprechen, dass jemand die Tabletten selbst und freiwillig geschluckt hat, muss ich die Untersuchung abbrechen.«

»Und damit will sich Schwesterchen Irene nicht zufriedengeben«, ergänzte ich.

»Nein, sie will das Motiv wissen. Sie hat mir eben vor einer Stunde zu diesem Punkt sehr gründlich die Meinung gegeigt – Moment, ich hab’ mir Notizen gemacht …« Ich hörte Papier rascheln. »Ah ja, hier. Also, Sabine war gesund, hübsch, sie hatte eine gute Figur und Erfolg in ihrem Beruf. Sie hatte Freunde und auch Liebhaber, sie war nicht einsam, nicht unglücklich verliebt, interessierte sich für vieles, sie hatte keine Feinde und war reich, sogar sehr reich. Außerdem weiß die Schwester mit absoluter Gewissheit, dass Sabine nicht in eine Straftat verwickelt war und nicht erpresst wurde. Sie hatte keinen Kummer und ist nie in psychiatrischer Behandlung gewesen … Wollen Sie im Ernst behaupten, solch ein Mensch begeht Selbstmord?! Ausrufezeichen, Fragezeichen … So Irene Kehlin«, setzte er grimmig hinzu.

»Die Dame scheint resolut und gründlich zu sein.«

»Auf beides können Sie Gift nehmen!«, bestätigte er.

»Was will sie also?«

»Ein Motiv erfahren. Oder mit hundertprozentiger Sicherheit wissen, dass es eine Kurzschlusshandlung war, obwohl sie diese Erklärung im Augenblick noch weit von sich weist. Eines von beiden. Um jeden Preis.«

»Um jeden Preis …«, wiederholte ich gedehnt.

Wir verstanden uns ohne Worte. »Der Auftrag schmeckt Ihnen nicht?«, fragte er ruhig.

»Nein, im Augenblick überhaupt nicht. Ich habe übrigens noch nicht zugesagt.« Danach warteten wir beide, aber er war zäher als ich, und weil er die letzte Unklarheit nicht freiwillig ausräumte, musste ich sie ansprechen: »Herr Martens, wie kommen Sie überhaupt dazu, einer fremden Frau einen Privatdetektiv zu empfehlen? Schließlich gibt’s im Telefonbuch ein Branchenverzeichnis, in dem wir auch stehen.«

Man musste schon sehr genau hinhören, um das winzige Zögern mitzukriegen. »Ich will sie endlich loswerden, sie rennt mir sonst die Bude ein.«

»So ist das also!«, sagte ich ausdruckslos.

Er räusperte sich nur. Wieder verging fast eine Minute, und diesmal kapitulierte Martens: »Na schön, dann sollen Sie auch den Rest erfahren. Es gibt noch zwei – nein, drei unklare Punkte … Zuerst der Abschiedsbrief.«

»Ich denke, der ist koscher?!«

»Schon, aber seien Sie doch nicht immer so ungeduldig. Passen Sie auf: Haben Sie schon einmal am Sonntag Post in einen Briefkasten geworfen, die am nächsten Tag pünktlich ausgeliefert wurde?«

»In letzter Zeit selten.«

»Eben. Am Bahnhof Stadtwald, drei Minuten Fußweg von der Kehlinschen Wohnung, steht ein Briefkasten, der sonntags um zwanzig Uhr dreißig geleert wird. Gut, aber was macht unsere Sabine Kehlin? Sie setzt sich in die S-Bahn, fährt zwei Stationen zum Hauptbahnhof und wirft ihren Brief um sechzehn Uhr vierzig in den Kasten an der Hauptpost ein, der ständig geleert wird. Das geht zweifelsfrei aus dem Stempel hervor.«

»Hm … Woher wissen Sie übrigens, dass sie mit der S-Bahn gefahren ist?«

»Erstens hat sie ihr Auto am Freitag zur großen Inspektion in ihrer Werkstatt abgeliefert, und zweitens haben wir in ihrer Handtasche zwei S-Bahn-Fahrkarten gefunden.«

»Seltsam.«

»Kann man wohl sagen. Und der dickste Hammer: Am Sonntag hat sie in einer Konditorei am Stadtwaldplatz Kuchen gekauft, und zwar so viel, dass sie ihn nie und nimmer allein aufessen konnte. Nun mag sie ihren Appetit überschätzt und den Rest weggeworfen haben, aber die Bedienung in der Konditorei, die Sabine Kehlin ganz gut kannte, schwört Stein und Bein, dass so etwas ausgeschlossen sei.«

»Mit anderen Worten: Die Kriminalpolizei geht davon aus, dass Sabine Kehlin am Sonntagnachmittag Besuch hatte …«

»… der sich bis jetzt noch nicht gemeldet hat!«, ergänzte er schnell.

»Keinerlei Hinweis darauf, wer es gewesen sein könnte?«

»Nein.«

Das Wort knallte wie ein Pistolenschuss, und ich rieb mir geistesabwesend mein schmerzendes Ohr. Schließlich erkundigte ich mich vorsichtig: »Kennt Irene Kehlin diese Einzelheiten?«

»Ja, das ließ sich nicht vermeiden.«

Im letzten Moment verkniff ich mir ein höhnisches Glucksen. Martens hatte also auf der ganzen Linie vor der resoluten Schwester nachgeben müssen. »Na schön«, murmelte ich endlich; »ich werde die Kehlin anrufen und zwei, drei Tage an den Fall hängen.«

»Viel Spaß«, knurrte er.

»Danke, den werd’ ich schon haben … Halt! Bevor Sie auflegen, könnten Sie mir noch einen Gefallen tun. Wie lautete denn der Abschiedsbrief?«

»Hm«, brummelte er, »der war verdammt kurz. Wo ist … Also: Liebe Irene, es tut mir leid. Dir Kummer bereiten zu müssen. Aber wenn Du diesen Brief liest, habe ich mit allem Schluss gemacht. Ich kann es nicht mehr länger ertragen und scheide freiwillig aus dem Leben. Dir wünsche ich alles Gute. Grüße Vater von mir. Deine Sabine.«

»Überströmend gefühlsvoll. Und sehr verzweifelt.«

»Warten Sie nur ab, bis Sie die Schwester kennengelernt haben«, beschied er mich spöttisch. »Die Familie Kehlin hält nicht viel von Gefühlsduseleien, das werden Sie noch merken.«

»Auch das noch … Aber erklären Sie mir doch bitte: Was konnte sie nicht länger ertragen?«

»Keine Ahnung«, gab er zu. Es klang verstimmt, und ich konnte mir gut vorstellen, dass ihm die energische Schwester dieselbe Frage auch schon unter die Nase gerieben hatte.

»Wenn das stimmt mit dem Reichtum, ich meine, wenn die tote Sabine tatsächlich über viel Geld verfügte, möchte man natürlich erfahren, wer den ganzen Schmutz erbt.«

»Schwester Irene. Die beiden haben gleichlautende Testamente gemacht und jeweils die andere als Alleinerbin eingesetzt.«

»Könnte das ein Motiv sein?«

»Unwahrscheinlich«, urteilte er, »und dann – was heißt hier Motiv? Für einen Mord? Verdammt, Herr Altmann, es war Selbstmord. Sie hat die Tabletten selbst geschluckt und niemand hat sie dazu gezwungen.«

»Na dann, vielen Dank und auf Wiedersehen.«

Er sparte sich eine Antwort.

 

 

3. Kapitel

 

»Fein.« Irene Kehlin freute sich. »Kommen Sie sofort?«

»Es dauert noch etwas. In anderthalb Stunden, einverstanden?«

»Natürlich!« Als sie mir die Adresse durchgab, kam mir flüchtig die Idee, dass sie wohl daran gewöhnt war, immer ihren Kopf durchzusetzen.

Nina Sehlbach, unsere rothaarige und rotzfreche Sekretärin, war im Vorzimmer mit der Ablage beschäftigt. Weiß der Henker, ob sie wieder einmal das Telefongespräch mitgehört hatte oder nur ihren berüchtigten siebten Sinn entwickelte, jedenfalls blinzelte sie mir schadenfroh zu: »Na, Peter, noch Arbeit? Ich bin gleich fertig und geh ins Schwimmbad.«

»Pass nur auf, dass du nicht zu viel Wasser schluckst«, entgegnete ich patzig.

»Hach«, machte sie verächtlich, und ich ärgerte mich, dass mir nichts Besseres eingefallen war. Nina schwamm nämlich wie ein Fisch, wie ich aus leidvollen, weil verlorenen Wettkämpfen sehr wohl wusste. Am meisten verblüffte mich dabei immer, dass ihre äußerst knappen Bikinis das aushielten und sich nicht selbständig machten, und mit dieser Sorge – oder Hoffnung – stand ich nicht allein. Nur ganz junge und ganz alte Knaben drehten sich nicht nach ihr um.

»Na schön, viel Spaß!«, lenkte ich ein.

»Willst du nicht nachkommen?«

»Nein, ich habe eine neue Kundin an der Hand, und ich fürchte, das wird ein paar Stunden dauern.«

»Ist sie wenigstens hübsch?«

»Keine Ahnung, ich kenne sie nur vom Telefon. Aber das klang ganz gut.«

Sie runzelte die Stirn und schoss mir einen scharfen Blick zu. Ich konnte mir schon denken, was in ihrem hübschen Kopf vorging. Unsere Affäre lag nun Jahre zurück, aber mit dem Gedanken, dass ich nach ihr keinen Zölibatseid abgelegt hatte, konnte sie sich einfach nicht anfreunden, das widersprach ihrem ausgeprägtem Besitztrieb. Schließlich lächelte sie schmal:

»Ich werde sie ja wohl mal sehen, oder?«

»Warum nicht?«

Sie murmelte etwas Unverständliches und drehte mir den Rücken zu; die Partie stand unentschieden, also hätte ich gehen können. Aber weil es einen Sieger geben musste, ärgerte ich sie:

»Hör mal, Nina, du musst alle Zeitungen dieser Woche durchstöbern. Am Montag ist in Essen-Stadtwald ein Selbstmord entdeckt worden, die Tote heißt Sabine Kehlin. Such mal alles raus, Meldungen, Todesanzeigen und so weiter.«

»Jetzt noch?«

»Ja, ich brauch’s heute noch.«

Einen Augenblick lang schien sie mir an den Hals springen zu wollen, dann beherrschte sie sich, und weil ich meinen Triumph gehabt hatte, gab ich ihr die Telefonnummer unserer neuen Klientin, damit sie das Ergebnis ihrer Recherchen dorthin melden konnte.

 

 

4. Kapitel

 

Zu Hause, unter der Dusche, gestand ich mir ein, dass Mord-Martens seinen Ruf als gefährlicher Fuchs wirklich verdiente. Dieser Kerl hatte mich doch tatsächlich dazu gekriegt, das zu erledigen, was er als Polizist wegen seiner Dienstvorschriften nicht erledigen konnte, aber erledigt haben wollte – nämlich ein Motiv für den Selbstmord auszugraben.

Wie versprochen bremste ich eine Stunde später vor dem Domizil der verblichenen Sabine Kehlin und stieß erst einmal einen halb bewundernden, halb neidvollen Pfiff aus. Das vierstöckige Haus verriet vom untersten Naturweiß-Ziegel bis zum kupfergedeckten Schrägdach Geld, Geld und nochmals Geld. Um den Garten und den Rasen hatte sich ein erstklassiger Gärtner gekümmert, die Halle war blitzsauber und der Aufzug funktionierte lautlos.

Sabine Kehlin hatte im obersten Stock gewohnt, ihre Schwester stand in der Tür und sah mir neugierig entgegen. Die gegenseitige Musterung stellte uns beide zufrieden.

Sie war dunkelhaarig und dunkeläugig, und der Hosenanzug betonte ihre gute Figur, deren sie sich sehr genau bewusst war. Mein grauer Anzug kaschierte meinen kleinen Bierbauch vorzüglich, musste er auch, schließlich hatte er mich allerhand Geld gekostet.

Bei der schwülen Hitze empfand ich die Wohnung angenehm kühl. Sie war groß und hell und war geschmackvoll, aber für meine Begriffe zu demonstrativ teuer eingerichtet. Irene Kehlin lächelte kurz, als sie meinen Inspektions-Rundblick bemerkte, und ich hatte das unangenehme Gefühl, dass sie mich durchschaute.

»Setzen Sie sich doch! Kaffee, Tee, Bier oder Wein?«

»Wenn Sie Whisky hätten …«

»Haben wir.«

»Dann mit viel Eis und viel Soda bitte!«

Geschickt und schnell bediente sie mich, und ich hatte kaum den ersten winzigen Schluck getrunken, als sie auch schon loslegte:

»Nehmen Sie den Auftrag an?«

»Das weiß ich noch nicht«, dämpfte ich ihren Eifer. »Ich habe mit Herrn Martens gesprochen, und ich will Ihnen lieber gleich vorwegsagen, dass ich nicht an Ihre Mordtheorie glaube. Wenn Martens behauptet, es war Selbstmord, dann war es einer.«

»Mord! Selbstmord!«, wiederholte sie aufgebracht. »Herr Altmann, wir müssen erst einmal die Begriffe klären. In meinen Augen ist derjenige ein Mörder, der meine Schwester veranlasst hat, die Tabletten zu schlucken. Auch wenn er juristisch dafür nie belangt werden kann oder …«

»Das ist eine sehr eigenwillige Interpretation«, fiel ich ihr ins Wort.

»Schön, mag sein. Vielleicht gefällt es Ihnen nicht. Aber für mich ist sie richtig und deswegen …«

»Moment!«, unterbrach ich sie energisch. »Bevor wir uns in die Haare kriegen, einigen wir uns doch darauf, dass Sie den Grund für den Tod Ihrer Schwester erfahren wollen. Okay?!«

»Einverstanden«, stimmte sie zu, immer noch erregt.

Temperament hatte sie ja, aber hoffentlich nicht zu viel. Solche Kunden brachten nur Ärger. »Fein«, bekräftigte ich deswegen rasch, »aber dann wollen wir noch eins klären: Es wird ein teurer Spaß werden … Okay, okay, entschuldigen Sie das unpassende Wort, ein teures Unternehmen.«

»Geld spielt keine Rolle«, erklärte sie.

Der herablassende Ton ärgerte mich: »Wie Sie meinen. Dann wollen wir gleich mit der Arbeit anfangen. Wo ist eine Steckdose?«

Sie half mir, das Tonbandgerät anzuschließen und die Mikrophone aufzubauen. »Also dann!«, kommandierte ich. »Erzählen Sie mir alles über Ihre Schwester.«

»Wo soll ich da anfangen?«

»Am besten bei der Geburt.«

Wieder blitzte sie mich an, gehorchte aber. »Sabine Kehlin war meine ältere Schwester, geboren am 18. April 1952 in Wiesbaden. Sie war das erste Kind, ich wurde am 3. September 1953 geboren, ebenfalls in Wiesbaden. Mein Vater heißt Eberhard Kehlin, geboren 1890 in Ratibor. Meine Mutter hieß Nora Kehlin, geborene Sedrusch, Geburtsjahr 1935; wo sie zur Welt kam, weiß ich allerdings nicht.«

»Was bedeutet: hieß?«

»Ich verstehe Sie nicht …«

»Sie sagten eben, Ihre Mutter hieß. Was bedeutet die Vergangenheitsform? Ist sie gestorben?«

Einen Augenblick blinzelte sie unschlüssig: »Das kann ich nicht sagen. Ist das denn wichtig?«

»Vielleicht. Woher soll ich das jetzt schon wissen?«

»So, ja. Nun, ich habe keine Ahnung, ob sie noch lebt. Soviel ich weiß, haben sich meine Eltern drei Monate nach meiner Geburt scheiden lassen.«

»Warum denn das?«

Ihr Gesicht verfinsterte sich jäh. »Darüber möchte ich nicht sprechen; das geht niemand was an.«

»Schön, dann kann ich ja zusammenpacken.«

»Was soll das heißen?«, fuhr sie auf.

Mit dem letzten Rest von Geduld, den ich noch besaß, setzte ich ihr auseinander: »Es hat keinen Sinn weiterzumachen. Sie wollen von mir ein Motiv für den Tod Ihrer Schwester erfahren. Dazu muss ich sie bis in die letzten Winkel durchleuchten, ohne Rücksicht auf irgendwelche Empfindlichkeiten. Oder Peinlichkeiten. Aber Sie legen sich schon bei der simplen Frage quer, warum sich Ihre Eltern haben scheiden lassen. Wie soll ich da was rausfinden?«

Sekundenlang funkelte sie ihn geradezu gefährlich an; dann gab sie nach. »Sie haben recht, entschuldigen Sie. Ich werde alle Fragen beantworten.«

»Hm, hoffentlich. Also: Warum haben sich Ihre Eltern scheiden lassen?«

»Mein Vater hat nur einmal angedeutet, dass ein anderer Mann im Spiel war. Aber davon hat er nur einmal gesprochen, sonst wurde meine Mutter nicht erwähnt. Jedenfalls trennten sie sich, und ich habe meine Mutter nie gesehen.«

»Nie? Nicht ein einziges Mal?«

»Nein, ich habe sie nie bewusst gesehen. Sabine übrigens auch nicht. Einmal habe ich von ihr einen Brief bekommen, an meinem einundzwanzigsten Geburtstag. Sie fragte mich, ob wir uns nicht einmal treffen könnten … Ich habe nach langem Überlegen nicht geantwortet. Verstehen Sie? Sie war eine Fremde für mich, und irgendwie glaubte ich, es solle so bleiben. Ich vermisste sie nicht.«

»Hm. Ihr Vater lebt noch?«

»Ja, in Wiesbaden.«

»Was war er oder was ist er von Beruf?«

»Verleger und Drucker. Mit siebzig hat er sich zur Ruhe gesetzt und den Verlag und die Druckerei verkauft.« Unversehens schmunzelte sie: »Sehr gut verkauft. Er ist ein reicher Mann, und wir sind reiche Erbinnen. Um Ihr Honorar brauchen Sie sich nicht zu sorgen.«

»Na fein. Erzählen Sie mehr von Sabine.«

»Ja, was soll ich erzählen?

---ENDE DER LESEPROBE---