Ein Gigolo für Maddy - Leslie Kelly - E-Book

Ein Gigolo für Maddy E-Book

Leslie Kelly

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Beschreibung

Auf einer Auktion hat Maddy den sympathischen Jake ersteigert. Natürlich nur für den guten Zweck! Trotzdem bringt dieser Traumtyp ihr Gefühlsleben völlig durcheinander, zumal Maddy glaubt, seinen "Beruf" zu kennen: Sexy Jake ist ein Mann für gewisse Stunden …

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© 2023 für die deutschsprachige Ausgabe by MIRA Taschenbuch in der Verlagsgruppe Harper Collins Deutschland GmbH, Hamburg © 2008 by Leslie Kelly Originaltitel: »Slow Hands« Erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V. / SARL Übersetzung: Christian Trautmann Covergestaltung von Birgit Tonn / Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH Coverabbildung von bee32 / Getty Images ISBN E-Book 9783745753509

Ein Gigolo für Maddy

Cover

Impressum

Inhalt

Ein Gigolo für Maddy

Titel

PROLOG

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

13. KAPITEL

Guide

Start Reading

Contents

PROLOG

„Du lieber Himmel, ich kann das nicht, es ist hoffnungslos! Wir werden es nicht schaffen.“

Penny Rausch hörte die Panik in der Stimme ihrer Schwester Janice, die ihre Geschäftspartnerin war, und versuchte die Nerven zu behalten. Eine von ihnen musste ruhig bleiben, sonst würden sie beide den Verstand verlieren – ganz zu schweigen von ihrem jungen Grafikdesign-Unternehmen.

„Beruhige dich, wir haben es doch gleich.“

Janice strich sich durch das stachelige blonde Haar, sodass es noch wilder vom Kopf abstand. Sie war eine gefragte Grafikdesignerin, hatte zwar keinen Sinn fürs Geschäftliche, war aber dafür umso kreativer – nicht nur bei ihren Frisuren. Ihre Grafiken waren fantastisch, ihre Bilder Sammlerstücke, ihr Gespür für Mode unglaublich.

Zu schade, dass sie ansonsten in nahezu jeder Hinsicht hilflos war.

„Du kannst mich erschießen. Ich habe die letzten sechs Fotos durcheinandergebracht.“

Sie sah völlig fertig aus, mit dunklen Ringen unter den Augen und eingefallenen Wangen. Normalerweise achtete Janice sehr auf ihr Äußeres, doch jetzt hatte ihr T-Shirt Flecken, die entweder vom Ketchup oder von der Tomatensauce auf der Pizza stammten, die sie in der vergangenen Nacht gegessen hatten.

Seit sechsunddreißig Stunden hatten sie ihr Büro nicht mehr verlassen – seit Janices teurer, fast nagelneuer Computer abgestürzt war. Dabei waren die meisten Dateien für die topmoderne Hochglanzbroschüre, an der sie arbeiteten, verloren gegangen. Damit drohte ihrem Unternehmen das Aus.

Diese Broschüre war für eine Junggesellenversteigerung im Rahmen einer Wohltätigkeitsveranstaltung gedacht, und wenn sie die nicht rechtzeitig fertig hatten, waren sie erledigt. Sie würden die Miete nicht mehr zahlen können, mit der sie ohnehin spät dran waren, den Strom nicht und auch nicht die Druckkosten. Über Nacht wären sie nach nur acht Monaten aus dem Geschäft.

„Wir werden das hinbekommen“, beschwor Penny ihre Schwester. „Wir haben es doch schon fast geschafft.“

„Wir könnten Kontakt zu Mrs. Baxter aufnehmen …“

„Nein, das ist völlig unmöglich.“ Die hochnäsige Angehörige der Schickeria durfte nicht erfahren, dass ihnen schon wieder ein Missgeschick unterlaufen war. Dank einiger kleinerer Probleme, wie Janices Erkältung und einer Überschwemmung im Büro, arbeiteten sie schon auf Bewährung. Sollte sie von dem Computerabsturz erfahren, würde die Frau ihnen den Auftrag endgültig entziehen.

„Ich kann sie nicht einmal mehr auseinanderhalten“, jammerte Janice und deutete mit einer wedelnden Handbewegung zu dem mit Fotos und Texten übersäten Tisch. „Nachdem ich mir stundenlang einen attraktiven Mann nach dem anderen angesehen habe …“

„Was für ein harter Job.“

„Das ist nicht witzig. Als wir die Kopien der Fotos gefunden haben, dachte ich, wir wären gerettet. Warum bloß haben wir die Informationen über die Männer nicht sofort auf die jeweilige Rückseite geschrieben, bevor wir die Originale zurückgegeben haben?“

Die Biografien der Junggesellen, die versteigert werden sollten, um Spenden für bedürftige Kinder in Chicago zu sammeln, hatten auf den Originalen gestanden. Aber die waren an Mrs. Baxter, die Organisatorin der Wohltätigkeitsveranstaltung, zurückgegangen, nachdem sie kopiert worden waren. Jetzt hatten sie die eingescannten Fotos auf der Festplatte, die kopierten Fotos sowie die ausgedruckten Biografien. Nur leider hatten sie keine Ahnung, wer wer war.

Sie hätten längst aufgeben müssen, wären nicht wenigstens einige prominente Männer dabei, deren Identität per Internet-Suchmaschine und anhand einiger handschriftlicher Notizen schnell geklärt werden konnte.

„Wir sind doch schon bei den letzten sechs angelangt“, erklärte Penny, zeigte auf die auf dem Tisch ausgebreiteten Fotos und schnappte sich die Karteikarten mit den persönlichen Angaben. „Und vier konnte ich identifizieren.“

„Wirklich?“, meinte Janice erfreut.

Penny heftete die Karten an die entsprechenden Fotos, damit sie nicht wieder durcheinandergerieten. „Ich habe die letzten fünf Stunden damit verbracht, die Archive der Chi cago Tribune zu durchforsten, und dabei einige unserer Jungs gefunden. Über begehrte Junggesellen wird offenbar viel und gern berichtet.“

Janice nahm Penny in den Arm und drückte sie. „Dann bleiben nur noch zwei übrig.“

„Leider läuft uns die Zeit davon. Wir haben nicht einmal mehr eine Stunde, bis alles in der Druckerei sein muss.“ Für weitere Recherchen hatten sie keinen Spielraum.

Penny hob die beiden Fotos hoch und betrachtete eingehend die gut aussehenden Gesichter. Beide Männer waren dunkelhaarig, aber da endete die Ähnlichkeit auch schon. Der eine hatte braune Augen, der andere lebhafte blaue. Die Haare des einen waren sehr kurz und konservativ geschnitten, die des anderen waren etwas länger und fielen ihm fast bis auf den Hemdkragen. Im Blick des einen lag ein gefährliches Funkeln, der andere hatte ein sexy Lächeln.

„Einer ist Rettungssanitäter, der andere ein internationaler Geschäftsmann“, meinte Penny, die die Biografien inzwischen auswendig kannte. „Einer von euch ist Jake und einer Sean.“

Janice schaute ihr über die Schulter. Sie war genauso nervös vor Anspannung wie ihre Schwester. Dies war der Augenblick, in dem sie sich entscheiden mussten.

„Das muss der Geschäftsmann sein“, meinte Penny und zeigte auf den mit den kurzen Haaren und den braunen Augen.

Janice nickte und deutete auf den Mann mit dem Lächeln und den längeren Haaren. „Und der sieht eindeutig wie ein Retter aus.“

„Dann sind wir uns einig?“

„Absolut. Kein Zweifel.“

Damit war das erledigt. Penny klemmte die Biografien an die Fotos, froh, dass ihre Schwester sich so sicher war wie sie. Dann machte sie sich daran, die Datei auf ihrem älteren Computer fertigzustellen. Sie tippte, so schnell sie konnte, und versuchte zu überhören, dass ihre jüngere Schwester flüsterte: „Hoffe ich.“

1. KAPITEL

„Unsere liebe Stiefmutter will sich einen Gigolo kaufen.“

Madeline Turner, die gerade einen Stapel Dokumente auf ihrem Schreibtisch unterzeichnete, ließ ihren Füllfederhalter fallen, der prompt einen schwarzen Tintenklecks auf der Gewinn-und-Verlust-Rechnung hinterließ. Es überraschte sie kaum, dass Tabitha, ihre ältere Halbschwester, aufgebracht war.

Aufgebracht, aber schön wie immer. Sie hatte die Größe, die schlanke Figur sowie die blonden Haare und die Eleganz ihrer Mutter geerbt, was bestens zu ihrem Lebensstil passte. Sie dagegen hatte eher die kleine, rundliche Statur ihres Vaters abbekommen. Wie er hatte sie fast schwarzes Haar, lebenslustig funkelnde Augen und Grübchen. Was zu ihrem Leben als hart arbeitende Bankmanagerin überhaupt nicht passte.

Tabitha warf die Tür mit dem Absatz eines ihrer Fünfhundert-Dollar-Schuhe zu. Ihre Designerhandtasche landete auf einem freien Sessel. „Maddy, hast du gehört, was ich gesagt habe?“

„Ich glaube, sogar die Bauarbeiter zwanzig Stockwerke weiter unten haben dich gehört“, murmelte Madeline und fragte sich, warum Tabitha immer so melodramatisch sein musste. Noch etwas, das sie mit ihrer Mutter gemeinsam hatte.

„Diese geldgierige Hexe wird unseren Vater betrügen.“

In Anbetracht der Tatsache, dass Tabitha sowohl einen ihrer Ehemänner als auch einen ihrer Verlobten betrogen hatte, stand es ihr nicht gerade zu, den moralischen Zeigefinger zu heben. Trotzdem hörte Madeline diese Nachricht über die neueste Frau – der vierten – ihres Vaters nicht gern.

Tabby konnte Deborah nicht ausstehen, doch Maddy hatte nie etwas gegen sie gehabt. Die Frau war nicht unbedingt die personifizierte Herzlichkeit, schon gar nicht gegenüber ihren Stieftöchtern, aber sie war immer noch besser als manche der Alternativen. Ihr Vater hätte auch eine Fünfundzwanzigjährige heiraten können, jemanden, der jünger war als sie und ihre Schwester. Deborah war in den Vierzigern und wenigstens kultiviert und erfolgreich. Sie hatte ein gut gehendes Tanzstudio geführt – dort hatte sie auch ihren Vater kennengelernt, und sie schien ihn glücklich zu machen, zuerst als Tanzpartnerin, jetzt als Ehefrau.

Daher hoffte Maddy, dass Tabby sich täuschte. „Woher weißt du das?“

„Ich habe es direkt von Bitsy Wellington gehört.“

Das war die beste Freundin ihrer Stiefmutter. „Warum sollte sie dir so etwas erzählen?“

„Du kennst doch Bitsy. Sie muss ständig für Ärger sorgen.“

Das stimmte. Diese Frau war reinstes Gift.

„Außerdem will sie den Mann für sich selbst. Es ist irgendein europäischer Gigolo, der bei der Wohltätigkeitsgala ‚Give A Kid A Christmas‘ im Inter Continental morgen Abend versteigert werden soll.“

Ein Gigolo, der bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung für Kinder versteigert werden sollte. Das entbehrte nicht einer gewissen Ironie. Auf die Idee, einen Gigolo zu engagieren, um Geld für eine gute Sache zu sammeln, konnten auch nur die „Ladies Who Lunch“ kommen. Und dann konkurrierten sie auch noch um ihn.

Tabitha setzte sich in einen der Sessel vor Maddys breitem Schreibtisch und rümpfte ein wenig die Nase über das Durcheinander an Papieren. Tabby liebte das Geld, das die Bank einbrachte, die ihr Urgroßvater vor Jahrzehnten gegründet hatte. Was sie weniger mochte, war die Arbeit, die ein solches Unternehmen einem abverlangte. Manchmal fragte Maddy sich, ob nicht eine von ihnen beiden adoptiert war, weil sie so wenig gemeinsam hatten, weder äußerlich noch sonst irgendwie.

Es hieß, dem Charakter nach ähnele sie ihrer Mutter, Jason Turners zweiter Ehefrau, die gestorben war, als Maddy vier war. Angeblich hatte ihr Vater sehr um sie getrauert, obwohl er nie von ihr sprach. Das könnte erklären, weshalb ihre Schwester ihr stets vorgeworfen hatte, der Liebling ihres Vaters zu sein.

Vielleicht war es genau das, was sie gemeinsam hatten. Abgesehen davon, dass sie ihrem Vater ähnlicher sah als Tabby, hatte sie von ihm auch den scharfen Verstand und die Faszination für das Bank- und Finanzwesen geerbt. Darüber hinaus besaß sie die nötige Arbeitsethik, um das Unternehmen zu führen, das seit Generationen im Besitz der Familie war.

Allerdings hatte auch Tabby einige Charakterzüge ihres Vaters, zum Beispiel Wankelmütigkeit. Sie, Maddy, schien die Einzige aus der Familie Turner zu sein, die sich nicht ständig neu verliebte.

„Wir müssen etwas unternehmen“, meinte Tabby.

„Gegen was?“

„Gegen diese kleine Betrügerin!“

Maddy seufzte und lehnte sich zurück. „Aber sie hat ihn noch nicht betrogen, oder?“

„Nein, und wir werden dafür sorgen, dass sie es nicht tut.“

Die Haltung ihrer Schwester überraschte Maddy. Da Tabitha Deborah absolut nicht leiden konnte, hätte sie eher erwartet, sie würde sich wünschen, dass Deborah sich auf einen Seitensprung einließ – um sie dabei zu ertappen. Ihr Vater tolerierte vieles bei seinen Ehefrauen. Es störte ihn nicht, dass sie Geld ausgaben, Aufmerksamkeit einforderten und Wutanfälle bekamen. Einen Seitensprung jedoch würde er niemals hinnehmen, wie einige seiner früheren Frauen bestätigen konnten. Einschließlich Tabithas Mutter.

„Ich bin erstaunt, dass du keinen Detektiv angeheuert hast, der sie beschattet, damit du etwas gegen sie in der Hand hast“, meinte Maddy.

Tabitha betrachtete ihre perfekt manikürten Fingernägel.

„Hast du etwa doch? Du meine Güte, Tabby …“

„Das war dumm, und ich habe meine Meinung auch geändert. Ich will das Miststück nicht auf frischer Tat ertappen.“

„Nein?“

„Er liebt sie, und sie macht ihn glücklich. Er wirkt zwanzig Jahre jünger, seit er mit ihr zusammen ist. Ich will einfach nicht, dass er schon wieder verletzt wird.“

„Und was schlägst du vor?“

„Na ja, meine Idee ist ziemlich einfach.“

„Ach?“

„Ja. Sie kann unseren Vater nicht mit diesem Kerl betrügen, wenn jemand sie überbietet.“ Mit einem gewinnenden Lächeln fügte sie hinzu: „Deshalb musst du diesen Gigolo ersteigern.“

Jake Wallace hatte in seiner Funktion als Rettungssanitäter beim vierten Bataillon des Chicago Fire Department den Tod schon Dutzende Male gesehen. Seit er vor fünf Jahren dort seinen Job angetreten hatte, waren Brände und Schießereien, Schlägereien und Fälle häuslicher Gewalt für ihn an der Tagesordnung. Er hatte sich um Menschen mit Herzattacken gekümmert und um Ertrinkende. Und er hatte es schon mit Menschen zu tun gehabt, die mit einem Bein im Jenseits standen und es dann doch noch zurück ins Leben schafften.

Einmal hatte er einen völlig kaputten Junkie überredet, seine verletzte Freundin – die behauptete, der Junkie habe auf sie eingestochen – aus dem Haus holen zu dürfen, um sie notärztlich zu versorgen. Hinterher hatte sein Lieutenant ihn zur Schnecke gemacht, weil er sich über die Vorschriften hinweggesetzt und nicht auf die Polizei gewartet hatte. Als hätte er das Mädchen sterben lassen können.

Keine dieser Situationen hatte ihn eingeschüchtert.

Aber das hier jagte ihm eine Heidenangst ein.

„Warum habe ich mich bloß darauf eingelassen?“, murmelte er vor sich hin.

Nur aus einem Grund – er schuldete seinem Lieutenant einen großen Gefallen. Sein Lieutenant schuldete dem Chief einen Gefallen, und die Frau des Chiefs liebte diese Wohltätigkeitsgala. Ende der Geschichte. Deshalb hatten zwei Kollegen aus seinem Bataillon bereits ihren Auftritt im Scheinwerferlicht absolviert.

„Das habe ich mich auch gefragt“, erwiderte ein ihm fremder Mann.

Jake zupfte vergebens an seiner Fliege, die ihm die Luft abschnürte, und sah zum Junggesellen Nummer achtzehn, der direkt vor ihm an der Reihe war. Der Mann schien über seinen bevorstehenden Auftritt vor einer Horde reicher scharfer Frauen, die zu viel Zeit und zu wenig Selbstachtung hatten, ganz zu schweigen von Selbstbeherrschung, genauso unglücklich zu sein wie er.

„Dabei sollte ich es nicht so eng sehen“, sagte Jake, um sich selbst Mut zu machen. „Schließlich ist es für einen guten Zweck. Es lohnt sich also, einige Minuten Peinlichkeit und ein schreckliches Date durchzustehen.“

Der Mann mit der Nummer zwanzig lächelte schwach und lehnte sich gegen eine Säule. Er wirkte beinah gelangweilt, und Jake beneidete ihn um seine Ruhe. „Was denn, macht es Ihnen keinen Spaß, wenn Frauen für Ihre Dienste zahlen?“, fragte der Fremde. Er klang amüsiert und hatte einen ausländischen Akzent, vielleicht irisch.

Vielleicht haben europäische Männer weniger Hemmungen bei einer derartigen Fleischbeschau, überlegte Jake. Er fühlte sich jedenfalls äußerst unwohl. „Macht es Ihnen etwa Spaß?“

Nummer zwanzig überprüfte lächelnd seine Manschettenknöpfe unter dem offenbar teuren, maßgeschneiderten Smoking. Jake war sicher, dass der nicht gemietet war.

„Es kann ganz unterhaltsam sein.“

Anzug und Auftreten dieses Mannes verrieten, dass er selbst genug Geld hatte, um spenden zu können. Doch die langen Haare, die er zu einem kleinen Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, wiesen ihn als jemanden aus, der gern einmal etwas riskierte.

Das tat Jake auch. Aber ihm genügte der Nervenkitzel bei Notfällen, zu denen er gerufen wurde. Er konnte getrost darauf verzichten, von einem Haufen fremder, lüsterner Frauen gekniffen, gemustert und begafft zu werden.

„Außerdem ist es für einen guten Zweck, wie Sie schon bemerkten“, fügte der andere hinzu.

Ja, dachte Jake. Er mochte Kinder, auch wenn er selbst noch keine hatte und in den nächsten Jahren auch keine wollte. Sie waren süß, solange sie sich keine Rosinen in die Nase stopften oder in Abwasserkanäle stürzten oder der Familienkatze auf einen Baum hinterherkletterten.

Allerdings, so gern mochte er Kinder nun auch wieder nicht. Nicht genug, um die bevorstehende Demütigung über sich ergehen zu lassen.

Aber dann dachte er an seine kleine Nichte und seine beiden Neffen, die Zwillinge. Es gab nichts, was er nicht für sie tun würde.

Er musste es einfach hinter sich bringen.

Er zupfte erneut an der Fliege seines gemieteten Smokings und spähte durch den Vorhang. Der elegante Ballsaal war voller runder Tische, an denen Frauen in Abend- und Cocktailkleidern saßen. Sie lachten und tratschten und amüsierten sich mit Fruchtcocktails oder Champagner. Alle verfolgten lüstern die Versteigerung des Junggesellen Nummer siebzehn, der gerade die Bühne betreten hatte, und riefen derbe Bemerkungen.

Alle, bis auf eine. Eine Brünette, die drei bis vier Meter vom Vorhang entfernt stand. Sie zog seinen Blick magisch an.

Sie stand im Schatten eines großen Scheinwerfers, der gnadenlos das Geschehen auf der Bühne ausleuchtete, doch was er sah, genügte vollkommen, um sein Interesse zu wecken.

Erstens wegen ihrer üppigen Kurven. Sie war nicht wie die großen mageren Frauen in ihren knappen schwarzen Kleidern, die etwa die Hälfte des Publikums ausmachten. Ihr Körper hatte Rundungen an genau den richtigen Stellen. Sie hatte sinnliche Hüften und volle Brüste, deren Ansatz im Dekolleté ihres tief ausgeschnittenen blauen Seidenkleids zu sehen war und seinen Herzschlag beschleunigte.

Auch ihr Haar war nicht blond gefärbt und zu einer kunstvollen Frisur aufgetürmt wie bei der Hälfte des Publikums. Nein, ihr Haar waren dunkel und voll. Lange Locken fielen ihr ungebändigt auf die Schultern. Sie sah sehr verführerisch aus, als hätte sie eben erst das Bett verlassen und nicht einen der exklusiven Schönheitssalons auf der Michigan Avenue.

Sie wirkte selbstbewusst und temperamentvoll und auf eine Weise sexy, wie die meisten Frauen es sich heutzutage nicht mehr gestatteten.

Aber es war nicht allein ihr Aussehen, das sein Interesse weckte, sondern ihn faszinierte, dass sie unnahbar und völlig fehl am Platz wirkte.

Die dunkelhaarige Frau lachte nicht mit den anderen reichen Frauen. Sie schien auch nicht wie die anderen darauf bedacht, ihr Glas so zu halten, dass auch jeder ihre kostbaren Ringe sah.

„Soll ich Ihnen verraten, wovor ich am meisten Angst habe?“, fragte Nummer achtzehn, ein blonder Surfertyp, der von sich behauptete, er sei Börsenmakler. „Was ist, wenn niemand mehr als fünfzig Dollar für mich bietet? Wie demütigend wäre das angesichts all dieser reichen Frauen, die wie eine Meute Straßenköter vor dem Schaufenster eines Metzgerladens hecheln?“

Der vornehme Europäer winkte lachend ab, doch Jake verstand die Besorgnis des Börsenmaklers sofort. Panik machte sich in ihm breit. Bisher hatte er gedacht, es sei erniedrigend, ersteigert zu werden, aber noch schlimmer wäre es, sollte keine Frau für ihn bieten. „Holt mich hier raus.“

„Zu spät“, meldete sich eine kecke Stimme zu Wort, die zu einer jungen Frau gehörte, der Inspizientin an diesem Abend. Sie wandte sich an den hübschen blonden Mann. „Sie sind als Nächster an der Reihe.“ Mit ihrem Kugelschreiber zeigte sie dann auf Jake. „Und Sie kommen gleich nach ihm, Nummer neunzehn.“

Neunzehn. So nannte man ihn, seit er sich am Abend angemeldet hatte und man ihn in einen Umkleideraum geführt hatte, in dem sich außer den anderen Kandidaten auch noch die Bosse, Freunde, Geschwister, Mütter oder Kollegen, die sie zu diesem Auftritt überredet hatten, aufhielten.

Jake spähte erneut durch den Spalt zwischen den Vorhängen und flüsterte: „Neunzehn.“

Ihm fielen leicht neunzehn Dinge ein, die er zu der Brünetten sagen könnte, falls er es schaffen sollte, sie kennenzulernen. Neunzehn Wege, um sie überhaupt kennenzulernen. Neunzehn Minuten, die er brauchte, um loszustürmen und sie zu sich nach Hause zu entführen, um sie leidenschaftlich zu lieben …

„Neunzehn? Hallo?“

Jake richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Inspizientin, die ihn erwartungsvoll und ein wenig verärgert ansah. Offenbar hatte er sich einige Minuten lang seiner Fantasie hingegeben.

„Nummer achtzehn ist fertig.“

„Wie viel hat er gebracht?“ Jake konnte sich diese Frage einfach nicht verkneifen.

„Fünfunddreißig.“

Fünfunddreißig. Um Himmels willen, nur fünfunddreißig Dollar? Er würde sein Scheckbuch zücken und das Zehnfache bezahlen, um sofort verschwinden zu können. Und dann würde er sich der Brünetten in dem blauen Kleid vorstellen.

„Fünfunddreißig Hunderter“, fügte die für den reibungslosen Ablauf hinter der Bühne verantwortliche Frau hinzu. Offenbar sprach sein Gesichtsausdruck Bände.

„Heiliger Strohsack.“

Wenn er eine solche Summe aufbringen könnte, würde er ganz bestimmt nicht in einer Ein-Zimmer-Wohnung über einem Blumenladen in Hyde Park wohnen.

„Ihre Biografie wird gerade vorgelesen, also machen Sie sich bereit“, forderte ihn die Inspizientin auf und umfasste tatsächlich seinen Arm, da sie offenbar seinen Wunsch zu fliehen erahnte. Er bezweifelte, dass er der Einzige war, der an diesem Abend diesen Wunsch hegte.

„Na schön“, sagte er. Er hörte dem Ansager gar nicht zu, dessen Stimme aus den Lautsprechern dröhnte. Er ließ den Vorhang los, dann wurde er auf die Bühne geschoben, wo das Licht der Scheinwerfer ihn blendete und ohrenbetäubendes Gejohle beschwipster Frauen ihm entgegenschlug.

So ungefähr müssen die Jungs von den Chippendales sich fühlen, überlegte er. Die Vorstellung, lediglich mit ledernen Beinschützern bekleidet auf der Bühne zu stehen, verursachte ihm Übelkeit.

„Wer bietet zuerst?“

„Fünfhundert!“, rief eine Frau.

Immerhin, das war ein Anfang. Fünfhundert Dollar waren eine achtbare Spende. Damit konnte man eine Menge Weihnachtsgeschenke für bedürftige Kinder kaufen. Im Vergleich zu der Summe, die der Börsenmakler gebracht hatte, war das aber noch mickrig.

„Sechs!“

„Sieben!“

Die Gebote kamen nun in schwindelerregendem Tempo, bis eine entschlossene weibliche Stimme zu hören war. „Fünftausend Dollar!“

Einen kurzen Moment herrschte absolute Stille. Jake hatte keine Ahnung, für welche Summe der teuerste Junggeselle versteigert worden war, aber das Schlusslicht würde er jedenfalls nicht mehr sein.

„Wir haben ein Gebot von fünftausend Dollar für diesen guten Zweck“, rief der Auktionator begeistert. „Und ich kann mir vorstellen, dass unser gut aussehender Junggeselle jeden Penny wert ist.“

Ah, wie wunderbar, von einem fetten Kerl mit verschwitzten Wangen und einem schmierigen Grinsen angepriesen zu werden, dachte Jake.

Plötzlich schwenkte das heiße Scheinwerferlicht von seinem Gesicht fort und über die Menge, auf der Suche nach der Frau, die die Auktionsregeln mit ihrem hohen Gebot einfach ignoriert hatte.

Jake hielt den Atem an, denn irgendetwas sagte ihm, dass sie es war – die Brünette, an die er schon die ganze Zeit denken musste.

Der goldene Lichtkreis des Scheinwerfers fing schließlich eine Frau mit sehr blonden Haaren ein.

Mist.

Die Frau mittleren Alters, die sich bemühte, jünger auszusehen, saß ganz vorn an einem der exklusiven reservierten Tische. In ihrer Gesellschaft befanden sich andere, ebenso verlebt aussehende Frauen der Oberschicht. Sie lächelte selbstzufrieden, weil sie den Saal zum Schweigen gebracht hatte.

Doch die Stille hielt nicht lange an, denn ihre drei Freundinnen fingen lautstark an, sie zu überbieten.

„Fünftausendeinhundert!“

„Fünftausendzweihundert!“

„Fünftausendfünfhundert!“

Das ging eine ganze Weile so weiter, bis Jake ganz benommen war. Diese verrückten reichen Frauen waren glatt bereit, eine Summe in Höhe einer Anzahlung für ein Haus zu bezahlen, um einmal mit ihm essen zu gehen und ein Baseballspiel zu besuchen.

Alles für einen guten Zweck, sicher, aber langsam konnte er es nicht mehr hören.

Die Gebote erreichten die Achttausender-Marke. Die Blonde und ihre drei Freundinnen überboten sich lachend gegenseitig. Doch in ihrem Lachen lag eine gewisse Boshaftigkeit. Es mochte für sie als Spaß begonnen haben, doch je weiter sie das Spiel trieben, desto verbissener wurden sie.

Wer weiß, wie lange das so weitergegangen wäre, wenn sie in Hundert-Dollar-Schritten geboten hätten. Aber das Ganze endete, als sich erneut eine Frauenstimme über alle anderen erhob und das Publikum zum Schweigen brachte.

„Fünfundzwanzigtausend Dollar!“

Jake flehte im Stillen, das Schicksal möge ihm wohlgesinnt sein, dann folgte sein Blick dem Scheinwerfer.

Er war erhört worden.

Die Frau mit dem höchsten Gebot war seine wunderschöne Brünette.

2. KAPITEL

„Auf welchen Namen soll ich den Scheck ausstellen?“

Maddy wartete, den Füller über dem Scheckbuch haltend, auf eine Antwort, nachdem sie endlich an der Kasse der Auktion an der Reihe war. Ihr Pech, dass ihr Junggeselle der Vorletzte der Veranstaltung gewesen war. Wäre er einer der früheren „Gewinne“ gewesen, hätte sie längst bezahlen und verschwinden können, um der Gefahr aus dem Weg zu gehen, ihrem legal erworbenen Prachtkerl zu begegnen. Denn das wollte sie auf keinen Fall.

Sie hatte erledigt, weshalb sie gekommen war – weshalb Tabitha gewollt hatte, dass sie an der Auktion teilnahm. Sie hatte ihre Stiefmutter davon abgehalten, sich einen anderen Mann zu schnappen, zumindest für diese Nacht.

Deborahs Gesichtsausdruck nach zu urteilen hatte die keine Ahnung gehabt, dass irgendwer aus der Familie ihres Mannes im Publikum war. Als sie ihre Stieftochter entdeckte, war sie vor Schreck blass geworden und aus dem Saal geflohen, gefolgt von ihrer besten Freundin Bitsy.