Sinnliche Küsse im Mondlicht - Leslie Kelly - E-Book

Sinnliche Küsse im Mondlicht E-Book

Leslie Kelly

0,0
3,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten: Für 5000 Dollar ersteigert Annie bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung den knackigen Sean – den sie ihren Eltern als Verlobten vorstellen will. Die Proben für diesen Auftritt entwickeln sich allerdings stürmischer als geplant …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 200

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



© 2023 für die deutschsprachige Ausgabe by MIRA Taschenbuch in der Verlagsgruppe Harper Collins Deutschland GmbH, Hamburg © 2008 by Leslie Kelly Originaltitel: »Heated Rush« Erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V. / SARL Übersetzung: Dorothee Halves Covergestaltung von Deborah Kuschel / Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH Coverabbildung von Nastco, seyfettinozel / Getty Images ISBN E-Book 9783745753790

Sinnliche Küsse im Mondlicht

Cover

Impressum

Inhalt

Sinnliche Küsse im Mondlicht

Titel

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

EPILOG

Guide

Start Reading

Contents

1. KAPITEL

Hätte sie die Wahl gehabt, wäre Annie Davis lieber über glühende Kohlen gelaufen, als ohne einen festen Freund auf der Familienfeier zu erscheinen.

Annie hatte jedoch keine Wahl. Sie musste zum fünfunddreißigsten Hochzeitstag ihrer Eltern daheim auftauchen. Damit sie dort nicht noch Schlimmeres erlitt als verbrannte Fußsohlen, brauchte sie dringend einen Begleiter. Deshalb war sie mit ihrer Freundin Tara zu dieser Junggesellen-Auktion gegangen.

Sie griff nach ihrem Scheckbuch und rechnete nochmals durch, wie viel sie ausgeben konnte. „Zweitausendfünfhundert“, sagte sie zu Tara, die neben ihr im hinteren Teil des Ballsaals saß. „Das ist mein äußerstes Limit.“ Zweitausendfünfhundert könnte sie abzwacken und trotzdem im nächsten Monat ihre laufenden Kosten bezahlen.

Tara, die gelegentlich im „Baby Daze“ aushalf, dem Kindergarten, den Annie leitete, war nur zur moralischen Unterstützung zu dieser Wohltätigkeitsversteigerung mitgekommen. Als angehende Schauspielerin kam sie finanziell gerade eben über die Runden und hätte nicht mal auf dem Parkplatz der Heilsarmee einen Mann ersteigern können, geschweige denn im „Intercontinental“, einem der glamourösesten Hotels in Chicago.

Eigentlich konnte auch Annie sich die Ausgabe nicht leisten, ihr Sparkonto war für Notfälle vorgesehen. Was sie auf diese Veranstaltung getrieben hatte, war die pure Verzweiflung – Verzweiflung darüber, als erbarmungswürdiger Single auf der Hochzeitstagsfeier herumstehen zu müssen. Sie ertrug den Gedanken nicht, von allen Frauen in der Familie bemitleidet und von den Männern gehänselt zu werden, besonders von ihren Brüdern. Sie würde die unausweichliche Frage beantworten müssen, warum sie allein gekommen war, zumal die ganze Familie wusste, dass sie vor einigen Wochen einen netten, gut aussehenden Mann kennengelernt hatte. Sollte sie ihren Eltern etwa gestehen, dass dieser nette, gut aussehende Mann verheiratet und ein elender Schuft war? Um diese Peinlichkeit zu vermeiden, war sie bereit, ihr Konto zu plündern.

„Bis jetzt ist noch keiner für weniger als dreitausend weggegangen“, gab Tara zu bedenken.

Dreitausend ist entschieden zu viel! Es gibt doch auch nett aussehende Obdachlose, die sich über eine Einladung zu einem erholsamen Wochenende auf dem Lande freuen würden, dachte Annie voller Verzweiflung.

Auf jeden Fall würde es billiger sein, als einen Kerl auf dieser hochgestochenen Benefizauktion zu ersteigern. „Vielleicht sollte ich einfach die Parkbänke abklappern. Da finde ich garantiert einen Burschen, der es für einen Bruchteil von zweitausendfünfhundert macht.“

„Du bist verzweifelt, aber nicht lebensmüde“, mahnte Tara sie.

„Es wäre nicht riskanter als das, was ich jetzt mache. Diese Männer hier sind auch Fremde.“

Der einzige Unterschied bestand darin, dass die Burschen einer Schar reicher und beschwipster Frauen im Ballsaal eines teuren Hotels vorgeführt wurden. Sicher, sie boten die bei Dates üblichen Unternehmungen an – romantische Abendessen, Strandspaziergänge, Picknicks –, aber sie waren allesamt Fremde für Annie. Und falls sie tatsächlich einen dieser Junggesellen ersteigern sollte, wusste sie noch nicht mal, ob sie ihn zu einem Familienbesuch beschwatzen könnte.

Warum also machte sie überhaupt bei dieser Veranstaltung mit?

Tara schien ihre Gedanken zu lesen. „Zeiten der Verzweiflung erfordern entsprechende Maßnahmen.“

„Denkst du an einen Begleitservice?“

Tara schnaubte. „Klar. Kreuz einfach mit einem Callboy bei deinen Leuten auf. Das wird toll ankommen.“

„Er muss ja nicht unbedingt billig und ordinär sein. Es gibt sicher auch nette und normale Callboys.“

„Hör auf mit solchen Fantastereien.“ Tara schlug Annie mit dem aufgerollten Auktionskatalog auf den Arm. „Ich weiß, dir schwebt eine umgekehrte Version des Films ‚Pretty Woman‘ vor, aber glaub mir, nette, normale Callboys gibt’s in der Wirklichkeit nicht. Sie sind alle ausgebuffte Profis.“

„Aber ich brauche einen Plan B“, murmelte Annie. Der Hochzeitstag rückte immer näher, es war höchste Zeit, dass sie einen Begleiter fand. Sie hatte schon mit dem Gedanken gespielt, sich vor dem Arbeitsamt zu postieren und einen der jungen Männer anzusprechen, die herauskamen. Solange er noch alle seine Zähne und Gliedmaßen hatte, würde ihre Familie vielleicht nicht merken, dass er nicht ihr Freund war.

Sogar jemand mit drei Armen oder Beinen wäre okay … er könnte einer jener heldenhaften Männer sein, die bei Rettungs aktionen ihr Leben riskieren.

Heldenhaft war gut. Sogar sehr gut. Deshalb hatte Annie im Katalog sofort nach Typen gesucht, die Feuerwehrmännern oder Polizisten ähnelten. Ihr Dad mochte solche kernigen Jungs.

Annies Familie wusste nicht, was ihr Exfreund beruflich machte. Ihre Leute wussten fast nichts über Blake. Nur dass er groß und dunkelhaarig war und gut aussah. Mehr hatte sie nicht über ihn erzählt. Sie könnte also praktisch jeden mitbringen und behaupten, dass er der wundervolle Mann sei, von dem sie berichtet hatte.

„Hör auf, an den Bastard Blake zu denken.“

„Sag mal, kannst du Gedanken lesen?“

„Nein, du bist nur unglaublich leicht zu durchschauen. Man kann in deinem Gesicht lesen wie in einem offenen Buch. Du bist die nette Blonde von nebenan – immer freundlich, immer ein Lächeln auf den Lippen. Und wenn du an Blake denkst, verziehst du dein Gesicht und siehst aus, als wolltest du jemanden verprügeln.“

„Er hat Schlimmeres als eine Tracht Prügel verdient“, murmelte Annie.

„Ja, aber jetzt hör auf, dich wegen dieses Mistkerls zu grämen. Du hast Blake doch gar nicht geliebt. Das hast du selbst gesagt. Und du hast nicht mal mit ihm geschlafen.“

„Gott sei Dank!“ Irgendetwas hatte sie davon abgehalten, wahrscheinlich Intuition. Zu dieser Intuition hatte sie sich beglückwünscht, als sich herausstellte, dass ihr Mr. Wunderbar-Geschieden in Wahrheit Mr. Ehebrecher war.

„Vergiss ihn ganz einfach.“

„Hab ich schon. Fast. Ich muss nur noch dieses Wochenende durchstehen, und dann kann ich so tun, als hätte ich diesen Mann nie gekannt.“

„Erklär mir bitte noch mal, warum du deiner Familie nicht einfach die Wahrheit sagen kannst. Es war doch nicht deine Schuld, dass der Kerl dich belogen hat.“

„Du hast meine Eltern kennengelernt, als sie mich im Frühjahr besucht haben. Musst du mir diese Frage wirklich immer wieder stellen?“

Tara schüttelte den Kopf. Sie hatte bei jenem Besuch einen klaren Einblick in Annies Situation gewonnen. Da waren überbesorgte Eltern, beide bodenständige Kleinstädter, die ihre einzige Tochter wieder zu Hause haben wollten. Wenn sie herausfanden, dass ihr „kleines Mädchen“ eine Affäre mit einem verheirateten Mann gehabt hatte, würden sie Annie ständig bearbeiten, ihren Traum von einem erfolgreichen Berufsleben in der Großstadt endlich aufzugeben und heimzukommen, einen ordentlichen jungen Mann zu heiraten und eine Familie zu gründen.

„Sorry. Vergiss, dass ich gefragt habe.“

„Ich werde schon einen passenden Begleiter finden und der ganzen Sippe zeigen, wie glücklich und zufrieden ich bin. Dann werde ich die Beziehung bei jedem meiner wöchentlichen Anrufe etwas mehr bröckeln lassen, bis es aus ist.“

Annie griff nach ihrem Glas mit Mineralwasser und sann von Neuem über einen Plan B nach. Der Mann, den sie mitnehmen würde, musste ja nicht überragend aussehen, nur weil sie das ihrer Familie erzählt hatte. Es konnte ruhig jemand sein, der längst nicht so gut aussah wie diese sexy Junggesellen, die sich für einen guten Zweck versteigern ließen.

Schönheit lag bekanntlich im Auge des Betrachters, und das wusste auch ihre Familie. Erst letztes Jahr hatte ihr Bruder Jed ihnen allen verkündet, dass er eine zukünftige Miss America kennengelernt hätte. Seine Verlobte – ein wahrer Schatz, den jeder in der Familie mochte – wirkte jedoch eher wie eine Miss Landbrot.

Annie lächelte in sich hinein. Ihre Eltern würden genau wie bei Jed denken, dass sie ihren Darling durch die rosa Brille der Verliebten sah und zu einem superschönen Model-Typ idealisierte. Nein, sie musste wirklich keinen Mann mitbringen, der aussah wie … wie …

Wie der.

Zum x-ten Mal betrachtete Annie das Foto in ihrem Auktionskatalog. Es zeigte den Junggesellen Nummer zwanzig, der als freundlicher Rettungssanitäter beschrieben wurde. Ein absoluter Held. Und somit ideal.

Und überdies war dieser Typ ein Bild von einem Mann.

Während Annie in seine nachtblauen Augen starrte, machte ihr Herz ein paar wilde Hüpfer. So wie in dem Moment, als sie das Bild zum ersten Mal gesehen hatte. Das Bild eines völlig fremden Mannes, dessen Namen sie nicht einmal kannte, doch dessen Gesicht und Körper ihr so vertraut vorkamen, als wäre er der Held ihrer erotischen Träume.

Er hatte hohe Wangenknochen, eine geradezu klassische Nase und ein markantes Kinn, das wie gemeißelt wirkte. In seinem einen Ohrläppchen blitzte ein winziger goldener Ohrstecker, der seinem Gesicht einen zusätzlichen Reiz verlieh. Und dann dieses atemberaubende sexy Lächeln!

Annie konnte sich nicht vorstellen, dass dieser Mann in Wirklichkeit so fantastisch aussah. Der Schimmer seines fast pechschwarzen, zu einem sexy Pferdeschwanz gebundenen Haars und das violette Glitzern in diesen unergründlichen nachtblauen Augen mussten mit der neuesten Foto-Software erzeugt worden sein.

Und w enn schon. Du wirst ihn sowieso nicht kriegen. Be denk doch mal, für welch eine Summe dieser bleichhäutige Knabe eben weggegangen ist.

Plötzlich wollte Annie nicht sehen, wer ihn gewann. Sie wollte Nummer zwanzig auch nicht in natura sehen, weil kein Mann so schön sein konnte wie der auf dem Foto.

Gerade wollte sie sich erheben, da fasste Tara ihren Arm und zeigte zur Bühne, wo der Auktionator das Publikum animierte und die Spannung vor dem Ende des Abends steigerte. Das große Finish: Junggeselle Nummer zwanzig.

„Dieser Typ ist deine letzte Chance. Also vermassel es jetzt nicht.“

„Ich finde, wir gehen.“ Annie machte erneut Anstalten aufzustehen. „Dies wird nicht klappen, Tara. Ich werde niemals das höchste Gebot abgeben.“

„Ach komm, Geld ist dazu da, um auf den Kopf gehauen zu werden. Wir wissen doch beide, dass du diesen Burschen von Anfang an im Auge gehabt hast.“

Annie war völlig perplex. War ihr Interesse so offensichtlich gewesen? Vielleicht für Tara, die sie immerhin schon fünf Jahre kannte. Die beiden Frauen hatten sich angefreundet, als Annie nach Chicago gezogen war, und manchmal schien Tara besser zu wissen, was in ihr vorging, als sie selbst.

Tara beugte sich zu Annie und redete auf sie ein. „Hast du gesehen, wie leer der Saal geworden ist? Die Hälfte der Frauen ist nach der Versteigerung dieses Geschäftsmannes gegangen.“

„Ja, das habe ich bemerkt. Ich begreife aber nicht, warum sie verschwunden sind“, erwiderte Annie.

Vor zehn Minuten war Junggeselle Nummer neunzehn für unglaubliche fünfundzwanzigtausend Dollar weggegangen, danach hatte der Saal sich schlagartig geleert. Als wären viele der Ladys mit den Perlenketten und Pelzen nur wegen dieses einen Mannes gekommen. Sicher, er hatte gut ausgesehen, doch in Annies Augen konnte er Nummer zwanzig nicht das Wasser reichen. „Vielleicht hat der hohe Preis für den Geschäftsmann diese Frauen vertrieben. Sie denken bestimmt, dass der nächste Typ nicht unter fünfzigtausend zu haben ist“, meinte Annie.

„Das glaube ich nicht.“ Tara beugte sich noch näher zu Annie. „Die oberen Zehntausend sind weg. Sieh dich doch mal um. Jetzt sitzen hier nur noch Mädels wie wir, die ihre Brötchen mit ihrer Hände Arbeit verdienen.“

Annie ließ ihren Blick durch den Saal schweifen und merkte, dass die Stimmung bedeutend lockerer geworden war. Ab und zu klang leises Gelächter auf. Vielleicht hatte Tara recht. Die Zurückgebliebenen sahen aus wie Happy-Hour-Girls, die sich nach Büroschluss mit Kollegen bei einem Drink zum halben Preis entspannten. Die Champagner-Typen, die sich um den Geschäftsmann gerissen hatten, waren tatsächlich nicht mehr da.

Tara tippte auf das Foto des sexy Junggesellen. „Sieh dir das Bild an! Das hier ist ein ideales Beispiel dafür, dass man das Beste bis zum Schluss aufheben soll. Hol ihn dir, sonst werde ich kein Wort mehr mit dir sprechen.“

Das wäre manchmal ein Segen, dachte Annie, aber im Moment war sie zu nervös, um über diesen Aspekt weiter nachzudenken.

Als der Auktionator begann, die Biografie des letzten Junggesellen vorzulesen, wurde es still im Saal. Annies Pulsschlag beschleunigte sich, ihre Atemzüge gingen schneller.

„Du kannst doch mehr bieten als zweitausendfünfhundert“, flüsterte Tara. „Ich weiß, dass du noch was drauflegen kannst.“

„Du gehst ja sehr großzügig mit meinem Geld um“, gab Annie zurück und überlegte, wie viel sie auf ihrem Sparkonto hatte.

„Knack das Sparschwein im Kindergarten. Den Kindern ist es egal, ob sie noch ein Buchstaben-Puzzle bekommen oder nicht. Sie mögen andere Spiele sowieso viel lieber.“

„Psst!“

Annie drängte den Auktionator im Stillen, schneller zu lesen, während sie den Vorhang nach einer Bewegung absuchte. Einerseits wäre sie am liebsten geflohen, um sich eine Enttäuschung zu ersparen, andererseits wollte sie den Mann aus dem Katalog unbedingt sehen. Nur um herauszufinden, ob er tatsächlich existierte.

„Ich werde den ganzen nächsten Monat mein Essensbudget mit dir teilen, damit du nicht verhungerst“, versprach Tara und fügte grinsend hinzu: „Aber wahrscheinlich wird dein Erwerb dich so befriedigen, dass du überhaupt keinen Hunger haben wirst.“

Annie schüttelte den Kopf. „Also wirklich, Tara. Es geht hier um ein Geschäft. Ich will nur, dass meine Familie endlich Ruhe gibt und nie etwas von …“

„… Blake Bastard erfährt.“

„Das hier hat nichts mit Gefühlen zu tun. Ich hab meine Lektion bezüglich attraktiver Schmeichler gelernt. Hier sitzt eine Frau, die ihre Libido völlig im Griff hat.“

Annie meinte, was sie sagte. Sie war stark, selbstbewusst und überzeugt, dass sie mit allem fertig wurde.

Plötzlich ging der Vorhang auf, und ein schwarzhaariger Gott trat auf die Bühne. Sogar von ihrem Platz aus konnte Annie sehen, dass etwas Verwegenes und Draufgängerisches von dem Mann ausging. Das Foto brachte seine breiten Schultern und seinen schlanken Körperbau nicht voll zur Geltung, auch nicht seine hochgewachsene Statur. Er trug einen schwarzen Smoking, der seinem perfekten Sitz nach zu urteilen maßgeschneidert sein musste.

Annie mahnte sich, ruhig zu bleiben und vernünftig vorzugehen. Ein niedriges Anfangsgebot und abwarten, was die anderen boten.

Sie versuchte, den Mann nicht anzustarren, tat es aber trotzdem. Jetzt warf er dem Publikum ein verführerisches Lächeln zu, und seine blauen Augen funkelten im Scheinwerferlicht. Sein sinnlicher Mund, der zum Küssen wie geschaffen schien, verhieß geflüsterte Liebesschwüre und eine sagenhafte Nacht für jede Einzelne im Saal. Besonders aber für sie.

Und plötzlich übernahm ihre Libido die Herrschaft über ihren Körper. Sie sprang auf, und eine ihr fremde Stimme drang aus ihrer Kehle.

„Fünftausend Dollar!“

Ein einziges Gebot. Er war nach nur einem Gebot, das eine Blondine in den Saal geschrien hatte, „verkauft“ worden.

Er, Sean Murphy, war nicht der teuerste Mann des Abends gewesen. Diesen Rekord hielt der Rettungssanitäter namens Jake oder Jack, der vor ihm ersteigert worden war. Sean war sich jedoch ziemlich sicher, dass kein anderer ein Fünftausend Dollar-Gebot erhalten hatte, bevor der Auktionator überhaupt das Startsignal gegeben hatte.

Das war das einzig Positive dieser lächerlichen Veranstaltung gewesen. Das und die Tatsache, dass sein Preis höher war als der einiger Kandidaten vor ihm.

„Nochmals vielen Dank, Mr. Murphy. Es hat mich sehr gefreut, dass Sie an unserer Auktion teilgenommen haben. Wir haben eine Menge Geld zusammenbekommen, und die Heimkinder in Chicago werden dieses Jahr ganz bestimmt ein fröhlicheres Weihnachtsfest feiern als in den vergangenen Jahren.“

Sean nickte der Organisatorin des Events zu. Sie sah etwas mitgenommen aus, war aber eine hübsche dunkelhaarige Frau namens Noelle. Ihren Nachnamen hatte er vergessen. Noelle hatte es fertiggebracht, diese heikle Versteigerung mit Anstand über die Bühne zu bringen und nicht in Geschmacklosigkeiten abgleiten zu lassen. Alle Achtung! „Gern geschehen, Ma’am. Es war mir ein Vergnügen.“

Verkauft vor einer Horde von Frauen. Sean seufzte, als ihm bewusst wurde, was er sich mit seiner Teilnahme an dieser Sache eingebrockt hatte. Wahrscheinlich ging sein Name und sein Foto im Zusammenhang mit der Auktion nun durch die Presse.

Er konnte sich die Reaktion seines Vaters lebhaft vorstellen. Sein alter Herr surfte regelmäßig durch die Webseiten der renommierten Zeitungen, um von seinem Anwesen in Irland aus die Bewegungen auf den Finanzmärkten zu verfolgen. Falls er dabei auf den Unterhaltungsseiten über einen Bericht über diese Auktion stolpern sollte, könnte Sean sich auf eine weitere Flut telefonischer Nachrichten und E-Mails gefasst machen. Alle mit etwa demselben Inhalt: Du bist eine Schande für die Familie, komm sofort nach Hause, und zwar auf Knien, dann wird dir vergeben, und fortan tust du genau das, was ich von dir erwarte.

„Wem habe ich es eigentlich zu verdanken, dass Sie sich für unsere Auktion zur Verfügung gestellt haben?“, fragte Noelle.

Sean fragte sich, wie sie reagieren würde, wenn er wahrheitsgemäß antwortete. Er war von einer der reichen, gelangweilten Chicagoer Ehefrauen um seine Teilnahme gebeten worden, einer Endvierzigerin, die er gelegentlich besuchte, wenn er in den Staaten war. Jetzt nur noch eine gute Freundin, war sie seine erste „Klientin“ gewesen. Er hatte sie vor gut sechs Jahren in Singapur kennengelernt, nachdem ihr Ehemann ihn als ihren Begleiter angeheuert hatte. Seans Aufgaben bestanden darin, die Frau in der Stadt herumzuführen, für ihre Sicherheit zu sorgen und sie beschäftigt zu halten.

Was das konkret bedeutete, hatte er nicht ganz verstanden, bis die Frau ihn verführte.

Am Ende waren sie alle mit dem Arrangement zufrieden gewesen. Der Geschäftsmann brauchte sich nicht um seine Frau zu kümmern und hatte reichlich Zeit, um seine finanziellen Kontakte zu knüpfen. Die Frau genoss die Liebesdienste eines ziemlich unerfahrenen, jedoch gelehrigen Zweiundzwanzigjährigen, der sich heftig in sie verliebte. Und er selbst war in sexueller und gefühlsmäßiger Hinsicht um unschätzbare Erfahrungen reicher, als seine Geliebte die Beziehung schließlich auf zartfühlende Art beendete.

Er war mit wehem Herzen gegangen – und mit einer Menge Geld.

„Mr. Murphy?“ Noelle wartete noch immer auf eine Antwort.

Würde sie ihn verstehen oder verachten? Mit ihm flirten oder würde sie ihm den Rücken kehren? All das hatte er im Lauf der Jahre erlebt.

Er war in den Jahren, als er in der Welt herumreiste, sehr vielen Menschen begegnet. Und sie alle hatten eine vorgefasste Meinung über das, was er tat. Manchmal korrigierte er ein Vorurteil, aber normalerweise machte er sich nicht die Mühe, seine Lebensweise zu erklären. Schon gar nicht Leuten, die er überhaupt nicht kannte. Deshalb antwortete er Noelle: „Ich habe von einem Freund davon gehört und dachte mir, dass ich helfen sollte.“

Noelle lächelte. „Das ist wundervoll. Einige unserer Junggesellen sind von ihren Schwestern oder Kolleginnen bearbeitet worden, bis sie endlich nachgaben und sich für unsere Auktion zur Verfügung stellten.“

Sean nahm an, dass der Typ, der vor ihm versteigert worden war, in diese Kategorie gehörte. Der Bursche hatte den Eindruck gemacht, als fühle er sich in seinem Smoking so unbehaglich, wie er sich in einem Overall gefühlt hätte.

Smokings dagegen … ja, darin konnte er sich bewegen. Wahrscheinlich hatte er schon über seinen Windeln einen Smoking getragen, noch bevor er laufen lernte.

„Wir haben für die Gewinnerinnen und ihre Junggesellen vorn im Partyraum einen Umtrunk vorbereitet, damit sie sich kennenlernen und Pläne machen können.“

Oh, oh. Pläne. Telefonnummern austauschen. Über die bevorzugten Verhütungsmaßnahmen reden …

Sean stoppte seinen Gedankengang. Vielleicht war er einfach nur blasiert. Es konnte ja durchaus sein, dass einige der Frauen, die zu diesem Wohltätigkeits-Event gekommen waren, als Gegengabe für ihre Unterstützung nichts als einen netten Abend mit ihrem ersteigerten Junggesellen erwarteten. So war es ja auch offiziell gedacht.

Einige werden mit einem romantischen Dinner vollauf zufrieden sein, dachte er, aber bestimmt nicht alle.

„Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden, ich muss wieder an die Arbeit“, sagte Noelle mit einem Blick zu einer freiwilligen Helferin, die sichtlich überfordert Geldbündel durchzählte und in eine Kasse legte. Vor ihr stand ungeduldig die zierliche, aber gut gebaute Brünette, die für den Kandidaten vor ihm eine exorbitante Summe gezahlt hatte.

Sie war sehr attraktiv. Und jung. Das ließ Sean hinsichtlich seiner eigenen Aussichten hoffen. Leider durfte er nicht allzu viel erwarten, denn nach dem, was er vorhin durch den Vorhangschlitz erspäht hatte, waren hauptsächlich ältere Frauen zu der Versteigerung gekommen. Natürlich konnten auch ältere Frauen reizvoll sein, aber nicht die mit den harten Gesichtern.

„Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend“, sagte Noelle, während sie sich zum Gehen wandte.

Sean murmelte ein Danke, verließ den Festsaal und ging den Flur hinunter. Besser, er brachte es hinter sich. Er wollte die Frau, die ihn ersteigert hatte, richtig sehen, da er von der beleuchteten Bühne aus nur blondes Haar wahrgenommen hatte.

Er war sich ziemlich sicher, dass sie wusste, wer er war. Es war doch sonnenklar, weshalb sie sofort solch eine Riesensumme geboten hatte, ohne auch nur auf das Startgebot des Auktionators zu warten. Sie hatte ihre Konkurrentinnen abschrecken wollen, die auch prompt geschwiegen hatten. Blondie war fest entschlossen gewesen, ihn zu bekommen, das hatte auch die Entschiedenheit in ihrer Stimme verraten. Vielleicht hatte schon allein ihr lauter Ruf die anderen Frauen entmutigt.

Was auch immer, Blondie hatte ihr Ziel erreicht. Sean nahm an, dass sie Gerüchte über ihn gehört hatte, die sicher nicht viel Wahres enthielten. Hoffentlich hatte Blondie also nicht alle ihre Ersparnisse für ihn hingelegt, weil sie dachte, dass ihr das einen Platz in seinem Bett garantierte. Nichts auf der Welt konnte das garantieren. Nicht, wenn er nicht ernsthaft interessiert war. Es spielte keine Rolle, wer die Frau war und wie viel Geld sie hatte. Wenn er sich nicht zu ihr hingezogen fühlte, gingen seine Dienste nicht weiter, als dass er den Mann an ihrer Seite spielte, den Touristenführer, Dolmetscher oder auch mal den Bodyguard. Er verkaufte sich nicht, obwohl viele Leute das dachten. Seien es verwöhnte Gattinnen oder ihre reichen Ehemänner, die sie beschäftigt wissen wollten.

Oder auch sein Vater.

Sean wappnete sich innerlich und betrat den Partyraum. In schummrigen Nischen und an der Bar saßen Paare und unterhielten sich gedämpft. Einige Frauen lachten etwas zu laut, und einige der ersteigerten Junggesellen schienen sich in ihrer seltsamen Rolle ziemlich unbehaglich zu fühlen. Gut ein Viertel der „Gewinnerinnen“ war mindestens zwanzig Jahre älter als ihre Trophäen, wirkten aber dank der kosmetischen Chirurgie so, als wären es nur zehn.

Nur eine Handvoll Paare schien sich wirklich gut zu unterhalten – also nicht über den Vorschlag der jeweiligen Dame, doch lieber gleich in eine der Hotelsuiten zu gehen, statt irgendwann einen Strandspaziergang zu machen.

Sean ließ seinen Blick durch den Raum gleiten. Er wusste, dass er den Goldton von Blondies Haar überall wiedererkennen würde, selbst wenn er im Licht der Kronleuchter vielleicht etwas glänzender gewesen war als in natura.

Und dann sah er sie. Eine Frau, die allein an einem Fenster stand. Sie war blond. Sie war jung. Und – wie er erkannte, als er näher ging – sie war auch noch hübsch. Hübsch auf eine frische, unschuldige Art. Das Auffälligste an ihr waren ihre großen blauen, etwas erstaunt blickenden Augen. Ihre niedliche Nase war mit Sommersprossen besprenkelt, die sie mit Makeup zu überdecken versucht hatte. Sie sah aus wie das typische nette Mädchen von nebenan.

Vielleicht war sie nicht gerade atemberaubend schön, aber sie hatte auch nicht den gierigen Blick dieser reichen Piranhas. Sie hatte also womöglich Charakter .

Mit ihr könnte es gehen. Es sei denn, sie plapperte gleich drauflos und gab diesen geistlosen Quatsch von sich wie die Möchtegern-Starlets, die sich um jeden Preis hervortun wollten.

Sean bezweifelte, dass das passieren würde. Er musterte ihr gelbes Seidenkleid, das sich weich um ihren Körper schmiegte, die schlichte Bob-Frisur und die wenigen Schmuckstücke, die sie trug. Nein, für eine Society-Maus wirkte sie viel zu natürlich.

Und dann sah sie ihn. Ihre Lippen formten sich zu einem überraschten „Oh“, und ihr Blick begegnete seinem. Da wusste er, dass er mit seiner Einschätzung richtiggelegen hatte, denn sie war nervös und absolut nicht das auf Beute lauernde Raubtier, das er halbwegs erwartet hatte.

Sean fand sie sehr anziehend.

Und plötzlich dachte er, dass diese ganze Versteigerungsgeschichte vielleicht doch keine so schlechte Idee gewesen war.

2. KAPITEL

„Guten Abend“, sagte Sean, als er vor der Frau stand, die ihn für einen Abend gekauft hatte. „Entschuldigen Sie bitte, falls ich Sie warten ließ.“

„Sie haben ja einen Akzent!“

Er lachte. „Vielleicht sind Sie ja diejenige mit dem Akzent.“