Ein gutes Team kann Wunder wirken - Patricia Vandenberg - E-Book

Ein gutes Team kann Wunder wirken E-Book

Patricia Vandenberg

0,0

Beschreibung

Nun gibt es eine Sonderausgabe – Dr. Norden Gold Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen. »Leute, die Vesper heute geht aufs Haus!« rief der Firmenchef Fritzner und legte verschiedene in Zeitungspapier eingewickelte Pakete auf den Tisch. »Das hab ich bei der Metzgerei bestellt. Laßt es euch schmekken.« Die drei Dachdecker und der Lehrling sahen sich verwundert an, während sie sich an den Tisch setzten, um vor dem Rohbau, an dem sie gerade arbeiteten, eine Pause einzulegen. »Wie kommen wir zu der Ehre?« erkundigte sich der Dachdecker Johannes Kramer, während er eines der Pakete zu sich heranzog und das Papier abwickelte, das ihm als Tischtuch dienen sollte. »Gibt es was zu feiern?« fragte sein Kollege, dem bei dem verführerischen Duft des warmen Leberkäses das Wasser im Mund zusammenlief. Doch der Chef schien entgegen der Erwartungen nicht in Feierlaune zu sein. »Das ist unser letzter Auftrag. Wenn wir hier fertig sind, gibt es vorerst nichts mehr zu tun«, gestand er geknickt, während er sich neben Johannes auf die Bierbank setzte. Seine Mitarbeiter sahen Karl Fritzner mit großen Augen an und wollten nicht glauben, was sie da hörten. »Du willst uns wohl hochschießen«, rief Johannes schließlich erleichtert, der des Rätsels Lösung gefunden zu haben meinte. »Die Saison ist zu Ende, und wie immer werden wir uns mit Innenausbauten über Wasser halten, bis es im nächsten Frühjahr mit Karacho weitergeht«, mutmaßte er erleichtert und biß hungrig in seine Brezel. Doch Karl Fritzner hatte diesmal nicht gescherzt. »Diesmal ist es kein Witz, Leute.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 121

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Dr. Norden Gold – 63 –

Ein gutes Team kann Wunder wirken

Unveröffentlichter Roman

Patricia Vandenberg

»Leute, die Vesper heute geht aufs Haus!« rief der Firmenchef Fritzner und legte verschiedene in Zeitungspapier eingewickelte Pakete auf den Tisch. »Das hab ich bei der Metzgerei bestellt. Laßt es euch schmekken.«

Die drei Dachdecker und der Lehrling sahen sich verwundert an, während sie sich an den Tisch setzten, um vor dem Rohbau, an dem sie gerade arbeiteten, eine Pause einzulegen.

»Wie kommen wir zu der Ehre?« erkundigte sich der Dachdecker Johannes Kramer, während er eines der Pakete zu sich heranzog und das Papier abwickelte, das ihm als Tischtuch dienen sollte.

»Gibt es was zu feiern?« fragte sein Kollege, dem bei dem verführerischen Duft des warmen Leberkäses das Wasser im Mund zusammenlief.

Doch der Chef schien entgegen der Erwartungen nicht in Feierlaune zu sein.

»Das ist unser letzter Auftrag. Wenn wir hier fertig sind, gibt es vorerst nichts mehr zu tun«, gestand er geknickt, während er sich neben Johannes auf die Bierbank setzte.

Seine Mitarbeiter sahen Karl Fritzner mit großen Augen an und wollten nicht glauben, was sie da hörten.

»Du willst uns wohl hochschießen«, rief Johannes schließlich erleichtert, der des Rätsels Lösung gefunden zu haben meinte. »Die Saison ist zu Ende, und wie immer werden wir uns mit Innenausbauten über Wasser halten, bis es im nächsten Frühjahr mit Karacho weitergeht«, mutmaßte er erleichtert und biß hungrig in seine Brezel.

Doch Karl Fritzner hatte diesmal nicht gescherzt. Auf seiner Stirn standen tiefe Sorgenfalten als er antwortete:

»Diesmal ist es kein Witz, Leute. Ich habe lange gezögert, euch den Stand der Dinge mitzuteilen, weil ich auf ein Wunder hoffte. Aber die Bücher sind und bleiben leer. Wir werden hier im Umkreis nicht mehr gebraucht. Jetzt werden wir erst mal Kurzarbeit anmelden. Wie lange wir noch bis zur Insolvenz durchhalten, steht in den Sternen.« Fritzner warf einen bedrückten Blick in die betretenen Gesichter. »Ich würde euch ja gerne anbieten, zur Konkurrenz zu wechseln. Aber die Branche steht im Moment schlecht da. Weit und breit ist kein Job zu haben.«

Resigniertes Schweigen machte sich in der Runde der Arbeiter breit.

Johannes starrte auf die Zeitungsseite vor sich, als er gewahr wurde, daß es sich um Stellenanzeigen handelte.

»Deshalb hast du uns die Brotzeit gleich in den Stellenmarkt einwickeln lassen«, feixte er unfroh, während seine Blicke über die Anzeigen glitten und an einem besonders verlockend aufgemachten Angebot hängenblieben. Er stutzte, legte die Brezel beiseite und riß vorsichtig die Hälfte der Seite ab. Ohne sich zu rechtfertigen, faltete er das Stück Papier zusammen und steckte es in seine schwarze Zimmermannshose.

»Sieh mal einer an, der Jo hat schon was gefunden!« meldete einer der Kollegen, die ihm aufmerksam und mit fragenden Blicken zugesehen hatten.

»Schön wärs«, stellte der fest, doch seine Miene war schon nicht mehr so deprimiert wie die der anderen.

»Was ist es denn?«

»Laß mal hören, vielleicht haben die für uns auch was«, kamen prompt die neugierigen Anfragen.

Doch Johannes schüttelte nur dem Kopf und hüllte sich für den Rest des Arbeitstages in beharrliches Schweigen.

An diesem Morgen wurde Leander Hoffmann nicht wie sonst von der kühlen Morgensonne geweckt. Vielmehr waren es die Schmerzensrufe seiner kleinen Schwester, die ihm in diesem Urlaub Gesellschaft leistete, die ihn aus seinen schönen Träumen rissen.

»Mann, das tut vielleicht weh. Nie mehr wieder färbe ich mir die Haare, ich schwör’s! Das hat man nun davon, daß man für die Männer schön sein will«, jammerte Sophie so laut, daß sich Leander genötigt fühlte, das warme, gemütliche Bett zu verlassen.

»Mann, Sophie, was ist denn jetzt schon wieder los?« murrte er unwillig und klopfte an die Badzimmertür.

Die wurde beinahe sofort aufgerissen, und seine Schwester präsentierte das Malheur.

Beinahe hätte er sie nicht wiedererkannt, so verändert sah das vormals blonde Mädchen mit den jetzt rabenschwarz gefärbten Haaren aus. Doch nicht nur das erweckte seinen Schrecken.

»Du kommst wie gerufen, Bruderherz. Wie gut, einen Arzt in der Familie zu haben«, rief Sophie trotz der quälenden Schmerzen, die ihr ein großflächiger Ausschlag bereitete. Von der Stirn zogen sich leuchtend rote Pusteln und Quaddeln bis hinunter zu den Wangen, die dick geschwollen schienen.

Eine steile Falte erschien zwischen Leanders grünen Augen, als er die Bescherung betrachtete.

»Da hast du ja mal wieder ganze Arbeit geleistet«, seufzte er schließlich, nachdem er die entzündeten Hautpartien eingehend begutachtet hatte.

»Ich werde nie mehr wieder unter Menschen gehen können«, jammerte Sophie weiter, und es war nicht ersichtlich, ob der Ausschlag mehr schmerzte oder die Tatasche ihrer Entstellung.

»In diesem Fall werden wir wohl den hiesigen Arzt aufsuchen.«

»Wieso das denn?« erkundigte sich Sophie unwillig und wandte sich wieder ihrem Spiegelbild zu. »Wozu hast du denn studiert?«

»Auf jeden Fall nicht, um dir die Färbeunfälle aus dem Gesicht zu zaubern.«

»Hast du keine Medizin dabei?« verfiel die siebzehnjährige Sophie in einen weinerlichen Tonfall. »Wenn ich so nach Hause komme, schaut mich Friedrich nicht mehr an. Dabei habe ich mir die Haare nur für ihn schwarz gefärbt, weil er es toll findet.«

»Ich hatte dich für selbstbewußter gehalten«, stellte Leander unbarmherzig fest. »Aber wenn die Liebe an diesem Ausschlag scheitert, ist sie ohnehin nicht viel wert. Und jetzt gehen wir frühstücken. Frau Pielmeier wird uns schon sagen können, wann der Arzt im Dorf Sprechstunde hat.«

»Du glaubst doch nicht im Ernst, daß ich so unter die Leute gehe«, schnappte Sophie empört nach Luft.

»Dann häng dir einen Schleier vors Gesicht. Komm jetzt, ich habe Hunger«, erklärte Leander schonungslos und schlüpfte in Jeans und sein Hemd.

»Hungrige Männer sind grausam!« seufzte Sophie nur. Sie litt wirklich große Schmerzen. Da sie aber selbstverschuldet waren, wußte sie, daß sie von ihrem großen Bruder keine Gnade zu erwarten hatte. Mit mehr als einer guten Portion Spott konnte sie nicht rechnen. So hielt sie lieber den Mund und folgte dem gutaussehenden Leander in den Frühstücksraum der Pension, in der sich die Woche gemeinsamer Ferien langsam aber sicher dem Ende entgegen neigte.

Kritisch untersuchte die Aushilfsärztin Dr. Corinna Kramer wenig später den Ausschlag, der sich auf dem Gesicht des Feriengastes ausgebreitet hatte.

»Das sieht nicht sehr schön aus«, stellte sie schließlich fest. »Bestimmt tut es sehr weh.«

»Es juckt wie die Hölle. Aber Leander hat mir verboten zu kratzen. Eigentlich ist er ja der Arzt. Aber er sagte, er habe keine geeigneten Medikamente dabei«, erklärte Sophie Hoffmann offenherzig. Sie deutete auf den Mann, der vor dem Fenster der Praxis Dr. Hartl auf und ab ging und auf seine Schwester wartete.

Corinnas Blick folgte nur kurz dem von Sophie Hoffmann. Sie hatte den auffallend gutaussehenden Mann mit dem gewinnenden Lächeln schon das eine oder andere Mal im Dorf gesehen, und wandte sich rasch wieder ihrer jugendlichen Patientin zu.

»Leander hat vollkommen recht. Wenn Sie die Quaddeln aufkratzen, riskieren Sie gefährliche Infektionen.«

»Das hat mir gerade noch gefehlt. Dabei wollte ich nächste Woche besonders gut aussehen«, antwortete Sophie geknickt. »Wissen Sie, ich feiere demnächst meinen achtzehnten Geburtstag. Ich wollte meinen Freund mit meinen schwarzen Haaren überraschen.«

»Daher rührt also der Hautausschlag«, nickte Corinna verstehend. »Dann handelt es sich zweifelsfrei um eine Allergie auf einen der Inhaltsstoffe. Reagieren Sie öfter so?«

»Bisher nicht, und es muß auch schnell wieder verschwinden. Ich brauche was, was schnell wirkt. Das ist die Hauptsache.«

»Dann schlage ich eine einmalige Injektion mit einem Antihistaminikum und eine kortisonhaltige Salbe vor.« Corinna ging an den Schreibtisch ihres Chefs, den sie stundenweise vertrat, und setzte sich. Während sie im Computer nach einer geeigneten Salbe suchte, unterhielt sie sich nebenbei mit Sophie. »Sie sind Feriengäste, nicht wahr?«

»Gezwungenermaßen«, gab Sophie wortkarg zurück und wartete mißmutig auf die angekündigte Spritze.

Corinna blickte auf und musterte die junge Frau lächelnd.

»Das klingt nicht gerade nach Traumurlaub.«

»Hätten Sie als Siebzehnjährige gerne Urlaub auf dem Bauernhof mit dem großen Bruder gemacht?«

»Beileibe nicht«, lachte Corinna vergnügt. »Dann ist Leander also Ihr großer Bruder? Wie kommt er zu der Ehre, daß Sie mit ihm verreisen?« fragte sie, während sie aufstand und im Arzneimittelschrank nach der geeigneten Injektion suchte.

Sophie machte eine wegwerfende Handbewegung.

»Eigentlich wollte er ja mit seiner Freundin herkommen. Aber er hat es mal wieder geschafft, sie im geeigneten Augenblick zu vergraulen. Das und die Tatsache, daß er mir ein schickes neues Kleid spendiert, hat mich milde gestimmt. Wenn ich allerdings gewußt hätte, daß er mich auf sämtliche Gipfel der Umgebung jagt, hätte ich mich nicht so abspeisen lassen.«

»Die Bergluft tut dem Teint gut. Wenn erst der Ausschlag abgeklungen ist, wird Ihr Freund begeistert sein«, tröstete Corinna ihre Patientin. »Vorsicht, jetzt piekst es ein wenig.«

Sophie zwickte fest die Augen zusammen. Doch Corinna setzte die Nadel so geschickt, daß die junge Frau beinahe nichts spürte und erleichtert durchatmete.

»Hoffentlich ist der Spuk bald vorbei. Ich möchte doch gut aussehen auf Friedrichs Party.«

»Seid ihr schon lange zusammen?« erkundigte sich Corinna. Sie hatte als Dorfärztin nicht viel zu tun und immer Zeit für eine Plauderei mit den Patienten. »Oder darf ich das nicht fragen?«

»O doch, natürlich. Friedrich und ich sind schon seit drei Jahren ein Paar. Mit vierzehn hat er mich gefragt, ob ich seine Freundin sein möchte. Damals haben, glaube ich, meine Haare den Ausschlag gegeben«, lachte Sophie vergnügt, während sie den Ärmel ihrer Bluse herunterschob und behende von der Behandlungsliege sprang.

»Und heute? Sind es immer noch die Haare?« fragte Corinna amüsiert.

Sophie schüttelte den Kopf.

»Nein, heute lieben wir uns, weil wir uns so gut kennen. Ich finde es herrlich, mit einem Menschen so vertraut zu sein. Meinetwegen könnte ich mit Friedrich den Rest meines Lebens verbringen.«

Als sie diese leidenschaftlichen Worte aus dem Munde der jungen Frau hörte, mußte Corinna lächeln.

»Weißt du was? Ich darf doch du sagen?« murmelte sie in vertraulichem Tonfall und beugte sich ein wenig vor. Dabei fielen ihr die blonden langen Haare ins Gesicht, und ihre großen grünen Augen lachten fröhlich. »Bei mir war es genauso. Ich habe meinen jetzigen Mann auch schon früh kennengelernt und wußte sofort, daß er derjenige ist, mit dem ich alt werden will. Gut, ich war nicht ganz so jung wie du. Mit siebzehn habe ich ihn kennengelernt. Aber wir sind schon seit über zehn Jahren zusammen und seit acht Jahren verheiratet.«

Sophie warf der Ärztin einen hoffnungsvollen Blick zu.

»Lieben Sie ihn denn noch?«

»Verliebt bin ich natürlich nicht mehr so sehr in Johannes. Dafür ist er inzwischen mein bester Freund. Er ist der Mensch, der mich besser kennt als jeder andere und dem ich vertraue wie keinem auf der Welt. Für ihn würde ich alles tun und er für mich.

Da bin ich ganz sicher. Und ich sage dir: das ist besser als jede Verliebtheit der Welt«, erklärte Corinna enthusiastisch.

Sophie ließ sich diese leidenschaftlich ausgesprochenen Worte durch den Kopf gehen und nickte schließlich.

»Das finde ich auch. Und ich finde es toll, daß Sie das sagen. Friedrich und ich werden nämlich schon oft von unseren Freunden aufs Korn genommen. Sie rufen: seht mal, da kommt unsere altes Ehepaar. Mich stört das nicht so sehr, aber Friedrich ist jedesmal richtig sauer.«

»Die sind doch alle nur neidisch. Laßt euch nicht beirren auf eurem Weg«, bestärkte Corinna die junge Frau in ihren Ansichten.

Glücklich über diesen Zuspruch verabschiedete sich Sophie von der Ärztin und ging vergnügt hinaus zu ihrem Bruder, der immer noch vor dem Fenster auf und ab wanderte.

Corinna blickte den beiden nach, wie sie nebeneinander her gingen. Leander war hochgewachsen und schlank und bewegte sich geschmeidig wie eine Tanne. Doch das bemerkte Corinna gar nicht. Während sie beobachtete, wie Leander Hoffmann und seine Schwester Sophie um die chrysanthemengeschmückte Ecke verschwanden, dachte sie mit zärtlichen Gefühlen an ihren Mann Johannes. Und als die nächste Patientin an die Tür klopfte, waren die Feriengäste längst vergessen.

Katharina Schmidbauer ließ sich ohne große Worte auf den Stuhl im Behandlungszimmer sinken und wickelte das Geschirrtuch von der Hand ab. Die Ärztin Dr. Corinna Kramer holte tief Luft, als sie die tiefe Wunde mit den ausgefransten Rändern zu Gesicht bekam, aus der unaufhörlich dunkelrotes Blut quoll.

»Du liebe Zeit, Kathi, wie ist denn das passiert?« fragte sie, bemüht darum, ihren Schrecken zu verbergen.

»Auf dem Dachboden ist ein Fenster verfault. Ich hab es ausgebaut und wollte die Luke sauber aussägen, um das neue einzupassen. Dabei bin ich abgerutscht«, erklärte die junge Bäuerin schulterzuckend und offenbar wenig beeindruckt von ihrem Mißgeschick.

»Du bist einfach unverbesserlich. Warum holst du dir nicht einen Mann ins Haus, der dir helfen kann?« erkundigte sich Corinna, während sie die Wunde desinfizierte.

»Was soll ich denn mit einem Mannsbild? Die machen nur Ärger«, quittierte Katharina die Bemerkung der Ärztin jedoch mit einer verächtlichen Antwort.

»Es muß ja nicht jeder sein wie dein Vater. Schau dir den Johannes an. Der ist fleißig und anständig und ein lieber Vater obendrein. So einen mußt du dir suchen«, erklärte Corinna unbedarft. Wieder huschte ein zärtliches Lächeln über ihr Gesicht, als sie an ihren geliebten Mann dachte. Was hatte sie doch für ein Glück gehabt in ihrem Leben, das so verkorkst begonnen hatte. Auch wenn das Geld knapp war, war sie zufrieden und froh mit dem, was sie sich gemeinsam mit Johannes erarbeitet hatte.

Katharina biß tapfer die Zähne aufeinander, als Corinna die Holzspreißel aus der Wunde entfernte.

»Du hast gut reden. Dein Johannes ist ein Glücksfall. So einen muß man erst mal finden«, erklärte sie dann. »Die meisten jungen Männer, die was taugen, wollen nicht im Dorf bleiben sondern träumen von der großen weiten Welt. Und die, die hierbleiben, sind längst vergeben und haben Familie.«

»Dann gib doch eine Anzeige auf. Ich hab mal gelesen, daß es extra für Bauern so eine Vermittlung gibt«, machte die Ärztin einen praktischen Vorschlag.

Aber davon wollte Katharina nichts wissen.

»Am Ende lande ich bei einem Mitgiftjäger, der mir nur meinen schönen Hof abjagen will. Nein, ich schaffe das schon alleine. Und für das Fenster kannst du mir ja mal deinen Johannes ausleihen.«

»Aber gerne«, versprach Corinna freundlich, ehe sie die Sprache auf die Verletzung der jungen, unglücklichen Bäuerin zurückbrachte. »Ich gebe dir jetzt ein Spritze und nähe dann die Wunde. Drei Stiche wird es schon brauchen. Wie sieht es aus mit deinem Impfschutz? Wann bist du das letzte Mal gegen Tetanus geimpft worden?«

»Keine Ahnung.«

»Dann machen wir das auch gleich noch, um nur ja kein Risiko einzugehen«, entschied Corinna Kramer kurzerhand.

»Wenn es unbedingt sein muß«, murrte Katharina mißmutig, zog dann aber doch den Rock hoch, um sich die Injektion verabreichen zu lassen.

»So, fertig. Und nun zu deiner Wunde.«

»Was? Und was ist mit der Spritze?« fragte Katharina ungläubig, die nichts vom Einstich gespürt hatte.