Ein MORDs-Team - Band 16: Aus dem Schatten (All-Age Krimi) - Andreas Suchanek - E-Book

Ein MORDs-Team - Band 16: Aus dem Schatten (All-Age Krimi) E-Book

Andreas Suchanek

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Beschreibung

Gemeinsam mit den 84ern erreichen Mason, Olivia und Randy den Ort, an dem ihre Freundin festgehalten wird. Dort herrscht Chaos. Eine alte Bekannte verfolgt Danielle durch die fremde Stadt. Sie kennt nur ein Ziel: Rache! Die Tochter von Shannon Holt soll sterben. Zwischen Kampf und Verfolgung, zwischen Freunden und Feinden enthüllt sich die Legende der fünften Dynastie. Und die weiße Dame tritt aus dem Schatten. Dies ist der 16. Roman aus der Reihe "Ein MORDs-Team".

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Table of Contents

»Aus dem Schatten«

Was bisher geschah

Prolog

Barrington Cove, im alten Leuchtturm

Barrington Cove

Kanada, Haven Rock

In der Nähe des Internats

Kanada, Haven Rock

Barrington Cove

Haven Rock, in der alten Mine

Barrington Cove

Das Centre der Fünften Dynastie

Barrington Cove, Zur rüstigen Eiche

Kanada, Haven Rock

Einen Tag später

Epilog I – Was wirst du tun?

Epilog II – Zusage oder Absage?

Epilog III – Ist alles vorbereitet?

Vorschau

Seriennews

Impressum

Ein MORDs-Team

Band 16

»Aus dem Schatten«

von Andreas Suchanek

 

 

 

Was bisher geschah

 

1985: Die vier Jugendlichen Harrison, Jamie, Shannon und Billy besuchen den Zirkusrummel auf Angel Island. Ein entspannter Tag verwandelt sich in ein Inferno. Zwischen Feuer und Rauch, Trümmern und Panik treffen die Mächtigen von Barrington Cove aufeinander. Pläne werden zunichtegemacht, geheime Identitäten enthüllt – ein Mord geschieht. Doch es soll dreißig Jahre dauern, bis endlich jemand die Frage stellt: Wer tötete Corey Parker?

Gegenwart: Sonja Walker erinnert sich zurück an ihre Kindheit, als die Katastrophe auf Angel Island ihr einen Teil der Familie nahm. Sie möchte einen Blick in die Vergangenheit werfen, um eine Reportage zu drehen. Dabei entdecken Randy, Olivia und sie einen toten Jungen in der Geisterbahn. Anscheinend wurde er erschossen.

Die Ermittlungen ergeben, dass das Opfer Corey Parker heißt und am Tag der Zirkuskatastrophe 1985 mit seiner Schwester auf dem Rummel unterwegs war. Um endlich die Wahrheit hinter den Ereignissen aufzudecken, die so viele Leben kostete, beginnen die Freunde zu ermitteln. Im alten Gefängnis der Dynastien finden sie einen weiteren Wachraum und stoßen dort nicht nur auf Bilder der alten Direktoren, sie werden auch mit einer maskierten Frau konfrontiert, die sich als Wendy Parker entpuppt. Coreys von Hass zerfressene Schwester will die Gründungsfamilien auslöschen und sich für den Mord an ihrem Bruder rächen.

Die Freunde wollen im Geheimen weiterermitteln, um die Dynastien nicht auf sich aufmerksam zu machen.

Unterdessen verkündet Alice King ihre Kandidatur zur Bürgermeisterin von Barrington Cove. Ihre Gegenkandidatin ist niemand geringeres als Masons Mutter, Martha Collister.

Gleichzeitig tobt ein Rosenkrieg zwischen Shannon und Richard Holt. Letzterer geht aufs Ganze, um seine Frau unter Druck zu setzen. Er schickt Danielle in ein Internat in der Schweiz. Ihre Freunde ahnen nichts davon, dass sie außer Landes gebracht wurde.

Dort angekommen, sieht Danielle sich mit Kälte und Abweisung konfrontiert. Einzig Tony Flütsch und die Chemielehrerin Claudette Lefevre – in Wahrheit eine Reporterin, die undercover gegen die Schule ermittelt – stehen ihr zur Seite. Noch ahnt Danielle nicht, dass der Plan ihres Vaters sabotiert wurde. Sie befindet sich nicht in dem Internat, in dem sie sein sollte und auch die vermeintliche Reporterin entpuppt sich als Wolf im Schafspelz.

Nach einigen Wochen erfahren ihre Freunde endlich, dass sie in Kanada gefangen gehalten wird.

Sie konnte aus dem Internat entkommen und befindet sich auf der Flucht, dicht gefolgt von Claudia Kastelano, der alten Feindin Shannons, die sich als Lehrerin in die Schule eingeschlichen und vor Danielle als Lehrerin ausgegeben hatte.

Gleichzeitig erfahren auch die 84er vom Aufenthaltsort Danielles.

 

Prolog

 

1985

 

»Das ist beeindruckend.«

»Danke«, erwiderte Isolde. »Die Computer sind aufgebaut, die geheimen Zugänge angelegt und die Internatsstruktur ist errichtet. Unsere Agenten werden in den unteren Bereichen leben und von dort im Verborgenen die Dynastien destabilisieren.«

»Schwester, ich bin so stolz auf dich.«

Isolde trat an das Fenster ihres Büros und ließ den Blick über den rückwärtigen Garten schweifen. Eine Schülerschar war auf dem Weg vom Hauptgebäude zum Sportplatz. »Wer hätte gedacht, dass wir eines Tages so weit sind? Bisher war es immer nur Flucht. Ich kann nicht mehr zählen, wie oft ich meine Identität gewechselt habe.«

»Wir alle.« Die Worte kamen mit Bedauern. »Doch als Isolde Radenbrock wirst du diesen Platz zu einem perfekten Versteck machen, da bin ich sicher.«

»Du weißt, du bist jederzeit willkommen.«

Ein Kopfschütteln war die Antwort. »Mein Platz ist in Barrington Cove.«

»Du konntest es noch nie lassen. Immer mit dem Feuer spielen.« Isolde kehrte dem Fenster den Rücken zu und sank in den Ledersessel.

»Ich werde Zeit benötigen.« Ihre Schwester ging nicht auf den Vorwurf ein. »Alles wird sich fügen.«

»Du warst auch schon immer die Optimistischere von uns beiden. Aber das kann ich dir kaum zum Vorwurf machen.«

Das Telefon auf dem Schreibtisch klingelte.

Isolde griff nach dem Hörer. »Ja?«

Eine vertraute Person antwortete: »Ich bin es. Katrina.«

»Was ist passiert?« Sie betätigte den Knopf, der den Lautsprecher aktivierte.

Die Stimme am anderen Ende der Leitung drang nun deutlich vernehmbar aus einer angeschlossenen Box.

»Es geht um Wendy und Corey.«

»Was ist passiert?«, wiederholte Isolde die Frage. »Wo sind die Kinder?«

»Weggelaufen. Sie haben den Turm aus Lehm und sind auf dem Weg nach Barrington Cove.«

Isolde schlug die Hand vor den Mund. »Bleib, wo du bist. Was auch passiert, greif nicht ein.« Sie beendete die Verbindung. »Du musst sofort zurückfliegen.«

»Natürlich«, erwiderte ihre Schwester. »Wo die Kinder auch sind, ich finde sie.«

Isolde blieb alleine zurück.

Am Tag darauf erfuhr sie von einer schrecklichen Katastrophe, die auf Angel Island stattgefunden hatte.

 

 

Barrington Cove, im alten Leuchtturm

Ein Sonntagabend, Gegenwart

 

Für einen Augenblick herrschte Stille.

Dann sprachen alle gleichzeitig.

»Ruhe!«, brüllte schließlich Vince. »Beruhigt euch.«

»Aber … Danielle …« Mason fuhr sich hektisch durch die Haare.

»… braucht unsere Hilfe. Und dafür müssen wir einen kühlen Kopf bewahren.«

Randy war längst dabei, wie wild auf seine Tastatur einzuhämmern.

Olivia zog ihr Smartphone hervor. »All die Nachrichten der letzten Tage waren dann gar nicht von ihr.«

Unruhig lief Mason auf und ab. »Ihr Dad, eindeutig. Oder Brandon. Aber das ist jetzt egal. Wir wissen, dass Danielle in Kanada ist. Also, wie kommen wir am schnellsten dorthin?«

»Sollten wir nicht eure Eltern informieren?«, fragte Vince.

Randy tätschelte seinem Freund den Arm, während er weiterhin auf den Laptop starrte. »Du bist echt süß.« Er lachte auf. »Eltern informieren.«

»Du siehst ja, was hier abgeht«, sagte Mason. »Danielles Mum muss davon gewusst haben, hat uns aber nicht informiert. Ihr Dad liest heimlich die Chats mit und vertuscht ihr Verschwinden. Nein, wir müssen sie da rausholen. Das ist doch völlig klar.«

»Total«, kam es trocken von Vince.

»Was machst du da eigentlich?«, fragte Mason.

Randy tippte noch einmal auf die Tastatur, dann sah er auf. »Hab sie.«

»Wie bitte?« Olivia kam herüber.

»Was schaut ihr so, ihr wisst doch, dass ich auf das städtische Kameranetz zugreifen kann. Schon seit Jahren.«

»Und wie du das so sagst, klingt es völlig natürlich.« Vince schüttelte den Kopf.

»Hab ich dir schon mal gesagt, dass du der beste Neek bist, den ich kenne?«, fragte Mason.

»Sag einfach zukünftig ›Genie‹ zu mir.«

»Jungs!« Olivia deutete auf den Laptop. »Wo ist Danielle?«

»Eine Kleinstadt in Kanada. Haven Rock.« Randy drehte den Laptop so, dass alle den Monitor sehen konnten. »Sie wurde von einem Privatjet in die Schweiz geflogen. Und jetzt schaut euch das an.« Er tippte auf eine Taste.

Auf dem Monitor waren zwei Männer zu sehen, die die bewusstlose Danielle aus dem Flugzeug trugen und in ein anderes verfrachteten.

»Von dort wurde sie nach Kanada gebracht, zumindest steht das so auf dem Flugplan«, erklärte Randy. »Dieser andere Jet trug übrigens die Bezeichnung White Queen.«

»Die weiße Dame«, flüsterte Olivia. »Die Gegnerin der Dynastien.«

»Wieso das?«, fragte Vince.

»In Maple Peaks haben ein paar Helfer des Grafen versucht, gestohlenes Geld aus einem alten Bankraub zu bergen«, erklärte Mason. »Nur war es längst weg. Das war wohl diese Weiße Dame. Und nun hat sie anscheinend Danielle vor Richard aka Kotzbrocken-Dad in Sicherheit gebracht.«

»Entführt«, warf Olivia ein. »Vergesst nicht, was Danielle gesagt hat. Die Fünfte Dynastie steckt da mit drin. Sie hassen die Dynastien und Danielle gehört zu den Holts. Möglicherweise wird Richard Holt erpresst und sie ist das Druckmittel.«

Mason seufzte. »Wieso haben die nicht einfach Brandon genommen? Das würde alles so viel leichter machen.«

»Wie kommen wir nach Kanada?«, fragte Olivia erneut.

»Die Holts hätten einen Jet«, überlegte Randy. »Falls wir Shannon einweihen …«

»… erfährt es ihr Mann«, unterbrach Vince. »Ich gebe es ja ungern zu, aber in dem Fall habt ihr recht.«

»Kennen wir sonst noch jemanden mit viel Geld, der möglicherweise einen Privatjet hat und uns ausnahmsweise mal nicht umbringen, sondern helfen will?«

Mason kam eine Idee. »Wartet hier.«

Er warf einen Blick auf Socke, der unbeeindruckt von der Hektik ringsum zusammengerollt auf dem Sessel lag, auf dem Mason zuvor gesessen hatte.

Bassett müsste man sein.

Er verließ den Leuchtturm, ohne auf den Protest der anderen zu achten. Es ging um jede Minute. An der Außenwand lehnte sein Skateboard.

Der Wind pfiff ihm durch die Haare, als er die Straßen entlangbretterte. Es war längst später Abend, Dunkelheit lag über der Stadt. Die Straßenlaternen warfen ihren fahlen Schein auf die Gehsteige.

Er wich ein paar Spaziergängern aus, registrierte im Vorbeisausen die Plakate zur kommenden Bürgermeisterwahl, bei der seine Mum gegen Alice antrat, und erreichte schließlich die wohlhabendere Gegend von Barrington Cove. Das Villenviertel.

Er wich einem Streifenwagen aus, indem er einen anderen Weg nahm.

Vor ihm wuchs ein schmiedeeisernes Tor in die Höhe. Eine gewaltige Mauer umrahmte das Grundstück, Stacheldraht lag auf dem oberen Ende. Das einst offene, luftige Areal war zu einer kleinen Festung geworden.

Er betätigte die Klingel.

»Ja?«, erklang eine patzige Stimme.

»Hallo, hier ist Mason Collister.« Er brachte sein Anliegen vor.

Sekunden vergingen. Wie von Geisterhand öffnete sich das Tor. Er durfte eintreten. Nun ging es um alles.

 

*

 

»Und mehr hat er nicht gesagt?«, hakte Olivia nach.

»Nein«, erwiderte Randy. »Nur: ›Packt euren Kram, wir treffen uns an der Ecke Coronation Street.‹«

Hier standen sie nun also. Vince und Randy hatten ihre Sachen von zu Hause geholt. Aufgrund des Brandes im Studentenwohnheim hatte Randys Tante seinen Freund aufgenommen.

Olivia hatte etwas länger gebraucht, da sie ihre Mutter zuerst hatte beruhigen müssen. Die nämlich hatte ihre Ausrede durchschaut und schließlich den wahren Grund aus ihr herausgekitzelt. Nach etlichen Flüchen hatte sie Olivia jedoch gehen lassen.

Nun standen sie zu viert bereit und warteten.

Socke hatte einen total spannenden Geruch an der Hauswand entdeckt, alles andere war ihm egal. Immer wieder musste Olivia ihn durch lautes Rufen aus seiner Geruchswelt holen und zurückbeordern. »Das Tier ist noch dickköpfiger als Mason.«

»Vermutlich wollten seine Eltern sich für all die Jahre rächen, in denen er sie zur Weißglut gebracht hat«, sagte Randy grinsend. »Mission erfolgreich, würde ich sagen.«

Eine Limousine fuhr vor.

Verblüfft starrten die vier auf das längliche Gefährt. Die Tür wurde mit einem Ruck geöffnet.

»Was steht ihr da noch rum, springt rein.« Mason winkte ihnen heftig gestikulierend zu. »Euer Zeug wird gleich im Kofferraum verstaut.«

Schon verließ der Fahrer die Limousine und griff nach den Taschen.

Olivia wechselte einen kurzen Blick mit den Jungs, dann stiegen sie ein. Socke hatte sein Herrchen natürlich entdeckt und sprang vor allen anderen ins Auto.

»Miss van Straten«, entfuhr es Randy.

Priscilla van Straten trug elegante Kleidung und wirkte ausgeruht. Die Frau war mittlerweile um die achtzig und hatte einen Großteil ihres Lebens in Gefangenschaft ihrer Schwester verbracht. Merilyn van Straten war eine eiskalte Psychopathin gewesen, die mit ihrer Schwester die Identität getauscht hatte, um so das Vermögen der Familie zu kontrollieren und einen Sitz im Rat der Dynastien einzunehmen.

Die Tür wurde zugeschlagen, die Limousine setzte sich in Bewegung.

»Wie geht es Ihnen?«, fragte Randy.

»Danke der Nachfrage.« Die alte Dame lächelte. »Ich habe die letzten Monate ein wenig zu mir selbst zurückgefunden. Es war schwierig. Die Welt hat sich in all den Jahren verändert. Und nennt mich doch Priscilla.«

Die alte Dame hatte nichts mehr mit der zerlumpten Gestalt gemein, die sie befreit hatten. Sie trug eine elegante Hose, darüber eine graue Bluse. Der einzige Schmuck bestand aus einer schlichten Halskette, an der ein geschlossenes Bild-Amulett hing. In ihren Augen lag eine Melancholie und Traurigkeit, die Olivias Herz schwer werden ließ.

»Ich habe damit begonnen, das Geld, das meine Schwester in all den Jahren über dunkle Kanäle vermehrt hat, an wohltätige Einrichtungen zu spenden«, erklärte sie. »Ich möchte etwas zum Guten verändern.«

»Das ist eine schöne Idee.« Olivia lächelte.

»Mason hat mir erzählt, was mit Danielle passiert ist.« Priscilla blickte versonnen durch die getönten Scheiben in die Nacht. »Die Dynastien haben jegliche Bodenhaftung verloren. Zugegeben, es wundert mich bei Richard kein bisschen. Er war schon als Kind schrecklich. Wenn auch nichts im Vergleich zu seinem Vater. Jeremiah hat mir immer einen Schauer über den Rücken gejagt, wenn er meine Eltern besuchte. Ich war noch sehr klein.« Sie schüttelte den Kopf, vertrieb die Erinnerungen an diese längst vergangene Zeit. »Mein Privatjet steht bereit. Nun ja, angeschafft hat ihn meine Schwester, doch jetzt gehört er mir. Ihr könnt ihn jederzeit benutzen.« Sie zog ein Etui hervor und überreichte es Olivia. »Darin befindet sich eine Vollmacht sowie eine Telefonnummer, unter der ihr den Jet buchen könnt. Ich vertraue darauf, dass ihr keine Dummheiten macht.«

»Das ist sehr großzügig, vielen Dank.« Sie nahm das Etui entgegen.

»Ich sagte ja, ich möchte dazu beitragen, das alles besser wird. Und wie mir scheint, ist es nicht der schlechteste Weg, euch zu unterstützen.« Sie zwinkerte ihnen zu. Für einen Augenblick blitzte die unbeschwerte, freundliche Frau durch, die Priscilla einst gewesen war.

Sie hat noch einen langen Weg vor sich, begriff Olivia.

Möglicherweise konnte Erna Brewster dabei helfen. Sie beschloss, die alte Dame nach ihrer Rückkehr zu fragen, ob sie sich ein wenig um Priscilla kümmern wollte.

Die Limousine brauste durch die Nacht.

Etwa zwei Stunden später erreichten sie den kleinen Flughafen in Sunforest Cove. Die Maschine stand bereit. Der Check-up ging problemlos vonstatten.

Minuten später waren sie auf dem Weg nach Haven Rock.

 

*

 

Danielle sah sich vorsichtig um.

Wer konnte schon ahnen, wo Isolde Radenbrock, die Heimleiterin des Internats, ihre Spitzel hatte. Da niemand zu sehen war, tauchte Danielle tiefer in das Gewirr der kleinen Gässchen ein.

Mittlerweile hatte sie die Wahrheit begriffen.

Der Plan ihres Dads war kolossal gescheitert. Sie war nicht in einem Internat gelandet, auf das er Kontrolle ausüben konnte. Stattdessen hatte jemand sie in eine Erziehungsanstalt der Fünften Dynastie gebracht. Erst vor wenigen Stunden hatte sie gemeinsam mit Tony das gewaltige Areal unter dem Internat entdeckt. Sie war entkommen, ihr neuer Freund allerdings nicht. Er hatte mit dem angeblich vermissten Mädchen Nicole gekämpft. Ein Schuss war das Letzte, was Danielle gehört hatte, bevor sie durch den geheimen Ausgang in den Stadtpark geflohen war.

Die Straßennamen hatten ihr recht schnell verraten, dass sie keinesfalls in der Schweiz gelandet war. An einer Zeitungsauslage hatte sie den Namen des Städtchens erkannt, in dem sie sich aufhielt.

Haven Rock.

Das Flair einer typischen Kleinstadt, die hoch im Norden lag. Ein dumpfer Schleier der Melancholie umwogte alles. In der Ferne sah sie gewaltige Berghänge, deren Spitzen von Nebel umgeben waren.

Danielle hielt inne und atmete tief durch.

Glücklicherweise war der Winter vorüber. Es war kalt, aber nicht mehr eisig. Sie nieste, zog die Jacke enger um sich. Aufgrund ihres Schnupfens hatte sie sich extra dick eingepackt, als Tony und sie sich auf die Lauer gelegt hatten, um Nicole aufzuspüren. Das kam ihr jetzt zugute.

Ihr knurrender Magen kündete jedoch von einem weiteren Problem. Sie besaß kein Geld und ihre Ausweispapiere waren sowieso weg.

Was also tun?

Der hiesige Sheriff würde sie sofort verhaften, wenn sie sich meldete. Oder genauer: Er würde sie ins Internat zurückschleifen. Niemals hätte Isolde Radenbrock, hätte die Fünfte Dynastie, hier so etwas aufziehen können, wenn die Behörden nicht eingeweiht gewesen waren. Sie musste unter dem Radar bleiben, bis Mason, Randy und Olivia kamen.

Sie kommen.

Erst durch das kurze Telefonat hatte sie erfahren, dass ihre Freunde bisher davon ausgegangen waren, sie sei krank und liege zu Hause im Bett. Niemand hatte ihre Abwesenheit bemerkt. Der Gedanke zog ihr den Magen zusammen.

»Das verzeihe ich dir nie, Dad.« Sie ballte die Fäuste. Wie so oft in den letzten Tagen sah sie das feiste Gesicht ihres Bruders vor sich. Eines stand fest: Mit ihm würde Richard Holt – ihr Erzeuger – einen perfekten Erben auf die Menschheit loslassen.

Die Dämmerung zog herauf.

Danielle vertrieb ihre düsteren Gedanken und konzentrierte sich auf die unmittelbaren Probleme. Sie musste etwas tun. Wo sollte sie schlafen?

Sie rannte weiter.

In den vergangenen Stunden hatte sie die Kleinstadt durchstreift. Es gab die typischen Cafés und Läden, ein Viertel, das ziemlich heruntergekommen war, eines, das den Charme von Künstlerwohnungen und Street Art verkörperte. An anderer Stelle reihten sich Neubauten aneinander, auf die Villen folgten. Im Zentrum lagen die Stadtverwaltung und das Bürgermeisteramt.

Doch wohin wenden?

Sie entschied sich dafür, das östliche Ende abzusuchen und dann eine Entscheidung zu treffen.