Ein MORDs-Team - Band 20: Der verlorene Junge - Andreas Suchanek - E-Book

Ein MORDs-Team - Band 20: Der verlorene Junge E-Book

Andreas Suchanek

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Beschreibung

Um das Leben von Alice zu retten, begeben sich Mason, Olivia, Randy und Danielle auf die Suche nach deren verschollenem Zwillingsbruder. Unterdessen beginnt Elisabeth damit, die Macht der Dynastien an allen Fronten anzugreifen – und Harrisons Dad unternimmt den entscheidenden Schritt. Dies ist der 20. Roman aus der Reihe "Ein MORDs-Team".

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Table of Contents

»Der verlorene Junge«

Was bisher geschah

Prolog

Barrington Cove, Gegenwart

Im alten Leuchtturm

Vor dem Einstieg zum Geheimen Raum

Drei Stunden später

Ein Dienstagabend

Das Museum

Der Altwarenhandel

Auf dem Weg zum Leuchtturm

Im Altwarenhandel

Im alten Leuchtturm

Das Barrington Cove Museum

Im alten Leuchtturm

Epilog I – Das Geheimnis

Epilog II – Wer ist das?

Vorschau

Seriennews

Impressum

Ein MORDs-Team

Band 20

»Der verlorene Junge«

von Andreas Suchanek

 

 

Was bisher geschah

 

1985: Die vier Jugendlichen Harrison, Jamie, Shannon und Billy besuchen den Zirkusrummel auf Angel Island. Ein entspannter Tag verwandelt sich in ein Inferno. Zwischen Feuer und Rauch, Trümmern und Panik treffen die Mächtigen von Barrington Cove aufeinander. Pläne werden zunichtegemacht, geheime Identitäten enthüllt, ein Mord geschieht. Doch es soll dreißig Jahre dauern, bis endlich jemand die Frage stellt: Wer tötete Corey Parker?

Gegenwart: Sonja Walker erinnert sich zurück an ihre Kindheit, als die Katastrophe auf Angel Island ihr einen Teil der Familie nahm. Sie möchte einen Blick in die Vergangenheit werfen, um eine Reportage zu drehen. Dabei entdecken Randy, Olivia und sie einen toten Jungen in der Geisterbahn. Anscheinend wurde er erschossen.

Die Ermittlungen ergeben, dass das Opfer Corey Parker heißt und am Tag der Zirkuskatastrophe 1985 mit seiner Schwester auf dem Rummel unterwegs war. Damals starb auch Sonjas Bruder. Um endlich die Wahrheit hinter den Ereignissen aufzudecken, die viele Leben kostete, beginnen die Freunde zu ermitteln. Im alten Gefängnis der Dynastien treffen sie auf eine maskierte Frau, die sich als Wendy Parker entpuppt. Coreys von Hass zerfressene Schwester will die Gründungsfamilien auslöschen, um sich für den Mord an ihrem Bruder zu rächen.

Auch der Graf mischt in diesem Intrigenspiel mit und so kommt es zum großen Showdown, als die Freunde endlich hinter die Maske blicken. In einer fatalen Verfolgungsjagd kann der Moriarty von Barrington Cove zu Fall gebracht werden.

Gleichzeitig findet die Bürgermeisterwahl statt. Alice, die vergiftet im Krankenhaus liegt, gewinnt. Doch sie kann nicht antreten. Martha Collister übernimmt den Posten, bis ihre Konkurrentin wieder auf den Beinen ist. Doch Alice’ Zustand verschlechtert sich dramatisch. Gibt es noch Rettung? Als eine Spenderniere benötigt wird, ist Mason, Olivia, Randy und Danielle klar: Sie müssen Alice’ Bruder finden – den verlorenen Jungen.

Prolog

 

1985

 

»Schau nicht so.«

»Wie schaue ich denn?«

Wendy verschränkte die Arme und maß Corey mit dem Kleiner-Bruder-Blick, der ihn so ärgerte. »Als täten wir etwas Verbotenes.«

»Tun wir ja auch«, gab er zurück.

Sie betraten den Zirkusrummel.

Direkt vor ihnen strebten vier Jugendliche auf das Gelände. Wendy rempelte eines der Mädchen versehentlich an und entschuldigte sich. Corey schob sich zaghaft vorbei.

»Shannon, kommst du?!«, rief ein cooler Typ in Jeansjacke.

Die vier verschwanden in der Menge.

Corey gefiel es hier. Es roch nach gebrannten Mandeln und Zuckerwatte, die Sonne spiegelte sich in den Eisenbeschlägen der Stände. Autoskooter kurvten über eine graue Fläche, das Riesenrad drehte sich.

»Träumst du schon wieder?«

»Gar nicht.« Er rannte seiner Schwester hinterher.

Die lachenden Gesichter waren nicht mehr als Schein. Ein Trugbild. Dazu gedacht, sie alle zu verwirren. Denn hinter all der Schönheit und Freude lauerten sie – die Dynastien.

Holt. Corvus. Van Straten. Halbroke.

Immer wieder sagte Corey sich die Namen vor. Jahrelang hatte er mit seinem Dad, seiner Mum und seiner Sis in Maple Peaks gelebt. Genau genommen tat er es noch immer. Doch nun kannten sie die Wahrheit. Vor einigen Monaten war das Päckchen angekommen. Es hatte ihnen alles enthüllt, geschickt von einem anonymen Absender. Kurz darauf kam Tante Radenbrock. Ein komischer Name, aber nicht ihr echter. Sie leitete ein Internat in Kanada. Wendy und er sollten dorthin übersiedeln, damit sie aus der Reichweite der Dynastien gelangten.

Mit einem Mal fühlte sich sein Rucksack bleischwer an. Die Tonfigur war darin verstaut. Mit ihr hatten sie den Ratssaal der Dynastien ausfindig machen können. Zuerst hatten sie geglaubt, dass die Punkte auf der Gründungsurkunde von Barrington Cove ein Sternbild darstellten. Doch nachdem sie ihren Fehler erkannt hatten und obendrein den Turm besaßen, war es leicht gewesen.

Sie schlängelten sich zwischen den Menschengruppen hindurch, vorbei an dem Riesenrad, in Richtung Geisterbahn.

»Dort drinnen also«, murmelte Wendy.

Corey betrachtete skeptisch das aufgerissene Maul des Monsters, in das die Wagen auf Schienen einfuhren. Sie ruckelten, was die Jungs und Mädchen im Inneren zum Kichern brachte. »Wie lange noch?«

Wendy warf einen Blick auf ihre Uhr. »Nicht mehr lange. Legen wir los.«

Sie lösten ihre Tickets und stiegen in einen Waggon.

Das Maul verschluckte sie.

Licht und Hoffnung blieben hinter ihnen zurück.

 

*

 

Barrington Cove, Gegenwart

Der Dienstag nach der Wahl

 

»Außerdem wird das Sicherheitssystem jeden Eindringling melden«, verkündete der Securitytyp. Er stand mit durchgestrecktem Rücken im Zentrum des Wohnzimmers.

Mason saß mit seinen Eltern auf der Couch und lauschte den Ausführungen von Agent Forbes. Er war der Teamleiter der Secret-Service-Agenten, die ab sofort für den Schutz der amtierenden Bürgermeisterin und deren Familie zugeteilt waren – also ihnen.

»Eine gepanzerte Limousine wird Sie jeden Morgen zum Büro bringen und danach wieder nach Hause, Bürgermeisterin«, wandte Forbes sich an Masons Mum. »Wir werden einen Agenten an Mister Collisters Seite stellen und eine Agentin ist zum Schutz Ihres Sohnes abgeordnet.«

Mason nickte. Dann begriff er, was gerade gesagt worden war. »Was?! Kommt gar nicht infrage! Ich brauche keinen Aufpasser.«

Seine Mum warf ihm einen Blick zu, der Stein zum Schmelzen gebracht hätte. »Ich schwöre dir, ich mache aus deinen Skateboards Feuerholz und du wirst jeden Tag bei Doktor Shoeven sitzen, wenn du wieder Mist baust! Es geht hier um zu viel.«

Mason murrte, verlegte sich aber aufs Schweigen. Dieses Mal schien es seiner Mum todernst zu sein. Und immerhin besaß sie Leibwächter. Damit konnte Leopold – der Stabschef – ihr nichts anhaben.

Socke hatte in der Zwischenzeit die Sandwiches für die Agenten entdeckt, die außerhalb seiner Reichweite auf dem Wohnzimmertisch standen. Er stupste einen der Stühle an, damit dieser sich besser zum Erklimmen des Hindernisses eignete. Masons Mum stand auf, schob den Stuhl wieder an seinen Platz und warf Socke einen bösen Blick zu. Der Vierbeiner schaute unschuldig zurück, drehte sich auf den Rücken und streckte seinen Bauch in die Höhe.

Forbes zog drei Armbänder hervor. »Hierin befinden sich Sender, die wir auf wenige Meter exakt anpeilen können. Bitte tragen Sie sie stets.«

Er verteilte die Bänder, jeder legte eines an. Das Band bestand aus Stoff, der mit Metallfäden durchzogen war. Im Zentrum prangte ein kreisrundes, flaches Aluminiumelement, das einer Uhr ähnelte.

Mason machte sich keine Gedanken. Wenn nötig, würde Randy das Ding problemlos umprogrammieren.

»Mister Collister, das hier ist Agent Green.« Ein Kleiderschrank mittleren Alters mit kurzem blonden Haar nickte Masons Dad zu.

»Das hier ist Agent Red, die Ihrem Sohn zugeteilt ist, Frau Bürgermeister.«

Mason war stolz darauf, dass sein Gesicht nicht entgleiste. Die Frau, die ihn mit stoischem Blick musterte, musste Ende dreißig sein. Ihr dunkles Haar war zu einem Dutt gebunden, die Gesichtszüge kantig. Ob sie schon einmal in ihrem Leben gelacht hatte?

Das zufriedene Grinsen auf dem Gesicht seiner Mum machte Mason deutlich, dass er in Schwierigkeiten steckte. Agent Red war nicht Tonia. Sie auszutricksen, würde nicht leicht werden. Und um Alice’ Bruder zu finden, mussten sie genau das tun. Andernfalls war das Risiko zu groß, dass das Büro der Bürgermeisterin seine Mum und damit Leopold von der Suche erfuhren.

»Wir arbeiten eng mit dem FBI zusammen, um die Hintergründe des Anschlags zu klären«, sprach Agent Forbes weiter. »Solange der oder die Täter jedoch nicht festgenommen wurden, besteht akute Anschlagsgefahr. Wir müssen davon ausgehen, dass weitere Terrorakte bevorstehen. Bisher ist unbekannt, ob der Anschlag Alice King oder dem Amt der Bürgermeisterin an sich galt.«

Natürlich hätte Mason hierzu einiges erzählen können, doch davon sah er ab. Zum einen hätte ihm niemand geglaubt, dass der Stabschef, der selbst vergiftet worden war, hinter allem steckte und obendrein zu vier mächtigen Dynastien gehörte, die aus dem Schatten heraus die Stadt regierten. Zum anderen hätte er obendrein einiges erklären müssen. Inklusive der Tatsache, wie er an diese Information gelangt war.

Sein Dad wusste vermutlich Bescheid. Er kannte die Dynastien, den Grafen. Und aller Wahrscheinlichkeit nach konnte er sich die Hintergründe des Anschlags zusammenreimen.

»Wir möchten Sie alle bitten, gegenüber der Presse Stillschweigen über die bisherigen Erkenntnisse zu wahren. Aktuell ist diese ganze Sache ein Hexenkessel. Täglich gibt es neue Verschwörungstheorien.«

Und Randy sammelte sie alle. Mason konnte nur den Kopf über die Menschen schütteln. Einige dachten, dass seine Mum hinter allem steckte, weil sie Bürgermeisterin hatte werden wollen. Glücklicherweise war das die Minderheit. Die Mehrheit mochte seine Mum. Ohne den Anschlag auf Alice hätte sie vermutlich sogar gewonnen.

Immerhin war der Graf einstweilen aus dem Spiel. Richard, Jeremiah und Danielles Bruder waren tot. Bis ein neuer Unterweltboss ernannt war, gab es ein Machtvakuum.

»Ich versichere Ihnen, nicht einmal eine Maus wird sich Ihnen auf mehr als hundert Meter nähern, ohne dass wir …«

Die Alarmsirene durchschnitt die Stille. Die Agenten verwandelten sich in eine Abfolge aus zielgerichteten Bewegungen, gezogenen Waffen und blitzschnellen Schritten. Red, Green und zwei andere gruppierten sich um seine Mum, seinen Dad und Mason. Forbes stand mit erhobener Waffe im Türrahmen.

»Jemand hat sich Zugang zum Haus verschafft«, flüsterte Masons Mum. »Ich dachte, das System sollte uns vorher informieren.«

Die Sirene heulte laut und durchdringend auf. Vermutlich waren längst alle Reporter auf den Beinen, die vor dem Absperrperimeter Wache hielten.

Einer der Agenten berührte in schneller Folge sein Pad. Die Sirene verstummte.

Alle starrten zur Wohnzimmertür.

Eine Schnauze schob sich ins Zimmer. Freudig mit dem Schwanz wedelnd flitzte Socke herbei. Glücklicherweise besaßen die Agenten keine zittrigen Finger. Erleichterung durchströmte alle Anwesenden.

»Toll!«, blaffte Mason und eilte zu dem jungen Basset. »Ein schrecklicher Attentäter ist eingedrungen. Er wird uns alle totkuscheln.«

»Er hat versucht, in der Küche an das Essen zu gelangen und dabei den Alarm des Fensters ausgelöst«, erklärte Green, nachdem er die Kameras geprüft hatte.

»Komm Socke, wir gehen.« Mason konnte sich nur knapp zurückhalten. Die Agenten nervten ihn über alle Maßen.

Vor dem Haus zog er sein Skateboard hervor, stieg auf und brauste davon. Socke folgte ihm. Die anderen warteten bereits im Leuchtturm. Erst auf halber Strecke bemerkte er den schwarzen SUV, der ihm folgte. Agent Red saß hinter dem Steuer und strahlte eine Ruhe aus, die ihn zur Weißglut trieb.

Na warte, wir werden ja sehen, wer gewinnt.

Sie näherten sich dem Leuchtturm.

 

*

 

Im alten Leuchtturm

 

»Ein Bodyguard?«, hakte Danielle nach. »Und sie heißt Agent Red?« Sie kicherte. »Der Farbcoce zeigt auf jeden Fall schon mal, wie sie dich einstufen.«

»Das ist nicht lustig.« Mason stopfte sich vor Frustration einen weiteren Keks in den Mund.

Socke stand neben dem Bücherregal, fixierte jeden Keks und hoffte darauf, dass einer davon zu Boden fiel. Danielle saß neben dem Vierbeiner im Sessel und wirkte zufrieden. Überhaupt hatte ihr Gesicht etwas Leuchtendes und sie roch gut. Irgendwas mit Pfirsich. Mason ging einen Schritt näher und schob ihr die Schachtel unter das Gesicht. »Willst du einen?«

Danielle lächelte, worauf er prompt errötete. Sie griff in die Packung, ehe sie ihn grimmig anschaute. »Die ist leer.«

»Oh.« Mason blickte verdattert hinein. »Das ging aber schnell.«

»Wir sind total verblüfft.« Olivia überschlug grinsend die Beine und tippte die letzten Buchstaben ihres Artikels in den Laptop. »Sonja wird begeistert sein. Eine Enthüllung über die Schlamperei im Sheriffsoffice.«

»Nach der Wahl ist vor der Wahl.« Randy saß auf den Sprossen der Leuchtturmtreppe und kaute auf einer Lakritzstange herum. »Bruker darf keinesfalls gewinnen.«

Die Bürgermeisterwahl mochte vorbei sein, die Sheriffswahl stand jedoch bevor.

Mason ging in die Hocke. Socke schoss herbei und beschnüffelte schwanzwedelnd die Packung. »Sorry, Kumpel.« Er kraulte den Winzling.

Vor dem Fenster des Leuchtturms verdeckten graue Wolken das Firmament. Der Frühling war schwach gestartet. Und dabei stand der Sommer vor der Tür. Durch das schräg gestellte Fenster wehte eine Brise vom Meer herein; es roch nach Tang und Salz. In der Ecke standen Tassen. In jeder hing ein voller Teebeutel und zog im Wasser vor sich hin.

»Eine Praktikantin, eine Bodyguard, was kommt als Nächstes?«, fragte Olivia. Sie wollte ihn ärgern, aber er ließ sich nicht darauf ein.

»Hast du noch mal was von Tonja gehört?« Randy biss ein großes Stück Lakritze ab.

»Ich habe sie gestern in der Stadt gesehen«, warf Danielle ein. »Händchen haltend mit Carry.«

Beinahe hätte Mason zufrieden gegrinst. Im letzten Augenblick erkannte er das gefährliche Funkeln in Danielles Augen. »Wir mögen Carry gar nicht. Richtig?«

Danielle lachte auf. »Schon okay. Er war nett, sonst nichts. Und Tonja …«

»War auch nur ganz nett«, warf Mason schnell ein. »Wie geht es deiner Mum?«

Olivia grinste ob des Themenwechsels, nickte dann aber. »Das würde mich auch interessieren.«

Sie hatten mit Jeremiah, Richard und Brandon Holt alle drei Grafen besiegt. Besiegt hieß in diesem Fall, dass alle drei umgekommen waren. Bis der unbekannte Chronist also wieder jemanden ausgewählt hatte, besaß die Unterwelt keinen Herrscher. Ob die Ganoven, Diebe und Mörder das schon bemerkt hatten?

Auch in der Dynastie war ein Sitz vakant. Zudem fiel das gesamte Vermögen dadurch an Shannon Holt.

»Es ist kompliziert«, erklärte Danielle. »Anscheinend hat Dad ein knallhartes Testament hinterlassen. Auf die Kanzlei hat Mum keinen Zugriff. Ein Teil der Immobilien wird über einen Fonds verwaltet, der zu den Dynastien gehört und nun in deren Besitz übergeht. Der Anwalt ist gerade dabei, alle Unterlagen zu sichten.«

Mason starrte sie verdattert an. »Soll das etwa heißen, ihr seid immer noch arm?«

Olivia stand seufzend auf, kam zu Mason herüber, verpasste ihm einen Schlag auf den Hinterkopf und kehrte zu ihrem Sitz zurück.

»Wofür war das denn?« Er rieb sich den Kopf.

»Wenn du das nicht weißt, stehe ich gleich noch mal auf«, drohte sie.

Randy kicherte und verschluckte sich prompt an der Lakritzstange.

»Kleine Sünden werden sofort bestraft«, kommentierte Mason.

»Wir sind noch arm«, bestätigte Danielle. »Durch Dads Tod ist auch die Scheidungsvereinbarung hinfällig, er kann ja nicht mehr unterschreiben. Durch die Scheidung hätte Mum vierzig Prozent des Vermögens bekommen. Jetzt ist alles offen und kann sich verdammt lange hinziehen.«

Mason nickte verstehend. »Falls es mal zu eng bei euch wird, kannst du gerne bei mir übernachten. Ich nehme dann die Couch.«

Danielle erwiderte seinen Blick schweigend.

Ein klatschendes Geräusch erklang, als Randy seine Hand gegen die Stirn schlug. »Alter, sie wohnen nicht in einer Baracke. Die Wohnung über Ms Brewsters Laden ist top.«

»Außerdem haben wir Wichtigeres zu besprechen.« Olivia klappte den Laptop zu. »Sonja hat neue Informationen. Der Zustand von Alice ist weiter kritisch. Lange wird sie nicht durchhalten. Die einzige Möglichkeit, dass sie überlebt, ist eine Nierenspende.«

Nach dem Anschlag auf ihr Leben lag Alice auf der Intensivstation des Krankenhauses. Ihre Großeltern waren zu alt für eine Spende, ihre Eltern tot. Zudem herrschte ein Mangel an Spenderorganen.

Die Presse berichtete täglich über die Ermittlungen zum Anschlag und auch über Alice‘ große Chance: deren verschollenen Bruder nämlich. Wusste er von seiner Schwester? Würde er helfen? Was war aus dem Zwilling geworden, der damals, ohne das Wissen Marietta Kings, im Sunforest Cove Waisenhaus geboren und niemals adoptiert worden war?

»Der verlorene Junge«, sagte Mason. »Keine Zeitung, die nicht über ihn berichtet.«

»Und wie immer werden sie nichts finden.« Randy kaute auf dem letzten Rest seiner Lakritzstange. »Mal ehrlich, die haben dreißig Jahre lang nicht bemerkt, dass Tyler ein Mörder ist. Den Grafen haben auch wir enttarnt.«

»Erinnere mich nicht daran.« Olivia schüttelte den Kopf, wie um düstere Gedanken zu vertreiben.

Brandon hatte sie und die verletzte Shannon durch die Tunnel unter dem Meer bis nach Angel Island verfolgt. Eine lange, düstere Geschichte hatte auf der kleinen Insel ihr Ende gefunden. Letztlich war Olivia für den Tod von Jeremiah und Brandon Holt verantwortlich – obgleich in beiden Fällen in Notwehr.

Doch ob es das besser machte?

Mason musterte sie. Bisher hatte sie keine Anzeichen von Problemen gezeigt.

»Aber wie finden wir einen Jungen, der vor über dreißig Jahren verschwunden ist?«, fragte Danielle. »Damals gab es noch keine Computer und die Aufzeichnungen des Waisenhauses sind weg.«

»Alle?«, hakte Olivia nach.