Ein philosophischer Streifzug durch die Jahrtausende - Markus Orians - E-Book

Ein philosophischer Streifzug durch die Jahrtausende E-Book

Markus Orians

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Beschreibung

Inhalt:: Es sind 8. Kapitel mit 9 Exkursen 1. Entwicklung unseres Bewusstseins 2. Philosophie in Indien und China Exkurs: Buddhistische Philosophie 3. Griechenland Exkurs: Drei grundlegende Philosophien 4. Die Philosophie des christlichen Mittelalters 5. Neuzeit: Wiedergeburt der Antike im Humanismus Exkurs: Bedeutung des Humanismus in der Antike, der Renaissance und in der heutigen Zeit 6. Die Philosophie der neuen, der bürgerlichen Zeit Exkurs: Untergang des Sozialismus und die Auswirkungen des Kapitalismus aus heutiger Sicht 7. Die Philosophie des 20. Jahrhunderts Exkurs: Von den Kelten zu den Nationalsozialisten Exkurs: Poststrukturalismus im Alltag 8. Philosophische Überlegungen im 21. Jahrhundert Exkurs: Die Existenzweise des Seins Exkurs: Die Bedeutung unserer Gefühle Exkurs: Sich der Weisheit annähern

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Seitenzahl: 484

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Markus Orians

Ein philosophischer Streifzug durch die Jahrtausende

Alternativen zu unserem jetzigen Gesellschaftssystem

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1

1Entwicklung unseres Bewusstseins

2Philosophie in Indien und China

3Griechenland

4Die Philosophie des christlichen Mittelalters

5Neuzeit: Wiedergeburt der Antike im Humanismus

6Die Philosophie der neuen, der bürgerlichen Zeit

7Die Philosophie des 20. Jahrhundert

8Philosophie im 21. Jahrhundert

Impressum neobooks

Kapitel 1

Einleitung:

Für Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770- 1831) begann die „wahre“ Philosophie erst im antiken Griechenland, also vor etwa 2500 Jahren. Für den zeitgenössischen Philosophen Andre´Comte- Sponville heißt Philosophie „denken“. Denken, Nachdenken über die Welt und das gesamte Sein. Die Philosophin Annegret Stopczyk hat in ihrem Buch „Nein danke, ich denke selber“ philosophieren ganzheitlich und umfassender beschrieben. Philosophieren entspricht bei ihr der Fähigkeit „eines eigenständigen Denkens, Fühlens, Erlebens und Han-delns.“ Philosophieren ist bei ihr nichts Abstraktes, sondern sehr konkret mit dem Erleben in dieser Welt verbunden. Niemand soll sich von anderen vorschreiben lassen, „ was und wie man denken soll.“ Man sollte sich auch nicht durch die großen Denker der Menschheit, die scheinbar schon alles perfekt durchdacht haben, entmutigen lassen. Sie glaubt auch, dass es gerade die großen Vorbilder sind, die unser eigenes Denkvermögen eher blockieren. Das Gefühl bekommt bei ihr auch deshalb einen besonderen Stellenwert, weil sie Denken vom Gefühl nicht trennt. In dieser Auseinandersetzung geht es um den alten Erkenntnisstreit zwischen Ratio und Gefühl. Worauf sollen ethische Handlungen gründen? Was ist bei un-seren Handlungen ausschlaggebender? Das Vernünftige oder das Emotionale? Dank neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse auf die ich vor allem im Schlusskapitel eingehen werde, sind meines Erachtens bei unseren Entscheidungen unsere Emotionen bedeutungs-voller als unser rationales Denken.

In unserer Kultur lernen wir nicht ausreichend auf unsere Gefühle zu achten und sie ernst zu nehmen. Als Kind wird uns immer wieder im Konflikt mit Erwachsenen unterstellt, dass unsere Gefühle „falsch“ sind, dass wir anders fühlen sollen. Daher werden unsere Empfin-dungen und Gefühle kaum gemerkt und oft verdrängt. Auch deshalb fällt es uns des öfteren schwer unsere Gefühle klar zu benennen. Häufig müssen wir lange um die richtigen Worte ringen und haben doch genauso häufig das Empfinden, dass wir nicht die Begriffe gefunden haben, die unserem jetzigen Gefühl wirklich entsprechen. Eine Empfindung des Körpers sagt uns nach C. G. Jung, dass da etwas ist, das Denken sagt uns, was es ist und die Gefühle bewerten das Empfundene in: das gefällt oder das gefällt nicht. Gefühle begleiten jedes Denken und Handeln und sind für unser Verhalten vor allem in Krisensituationen viel bedeutsamer und entscheidender, als wir dies in der Regel wahrhaben wollen. Immer wie-der versuche ich daher diese Behauptung zu begründen.

Philos heißt im Griechischen Freund- oder Freundschaft und Sophia bedeutet Weisheit. Ein Philosoph ist demnach ein „Freund“ der Weisheit. Die Weisheit ist nicht nur im Deutschen sondern auch im Russischen und Hebräischem weiblich. Dem Männlichen wird der Verstand und der Geist zugeordnet, dem Weiblichen der Leib und die Gefühle. Die Überbetonung des Verstandes, der Ratio hat uns nicht nur in die Krisen zu Beginn des 21. Jahrhunderts geführt. Die Gefühle und das weibliche Empfindungsbewusstsein können uns vielleicht aus diesem Schlamassel wieder herausführen.

Eine philosophische Idee, oder ein philosophisches Konzept sollte demnach ein Gedan-kengebäude sein, in dem die Weisheit zu Hause ist. Es bleibt aber ein Konzept und ist nicht die „absolute“ Wahrheit, wie dies immer wieder im Gegensatz zu religiösen Schriften, z. B. Beim Koran oder der christlichen Offenbarung der Fall ist.

Aber was soll ich tun? Dies ist eine der grundlegenden Fragen in der Philosophie. Sie ist eine moralische- und eine politische Frage und steht bei mir im Mittelpunkt dieses Buches.

Das selbstständige, unabhängige, undogmatische Denken, zu dem die Philosophie auffor-dert, ist eine Fähigkeit, ein Potential, das fast alle Menschen mitbringen, aber viele in sich noch schlummern lassen. Wenn sie oder er diese Kräfte nicht erwecken, verschleudern sie eine grundsätzliche menschliche Fähigkeit. Eine Fähigkeit, die das Leben zumindest inte-ressanter aber auch bewusster gestalten lässt. Man wird selbstbewusster, und kann selbst-bestimmter sein Leben in eine größere Fülle führen.

Menschen, die das Nachdenken anderen oder Ideologien überlassen, machen sich leichter abhängig von den Wenigen, die immer mehr durch dieses System zumindest materiell pro-fitieren und die ihre Interessen mit Hilfe der vierten Macht der Medien, vor allem der Boulevardpresse, so darstellen können, als wären dies auch die Interessen der Mehrheit des Volkes. Wenn Politiker erzählen, dass unser Wohlstand von einem ständigen Wachstum abhängig ist und deshalb jeder unentwegt konsumieren muss, auch wenn man gar kein Bedürfnis hat, dann wird man gefordert darüber nachzudenken, was das für ein System ist, indem ich ein guter Bürger bin, wenn ich mir Güter anschaffe, um der Güter und des Profits einiger weniger Willen. Was ist das für ein System, eine Ideologie, eine Philosophie, die mich auffordert Energien zu verschleudern, Rohstoffe auszubeuten und die Klimaerwärmung zu unterstützen? Wohin führt uns eine gesellschaftliche Ideologie, in der nicht ernsthaft über die Zukunft der kommenden Generationen nachgedacht wird? Wohin führt mich eine Ökonomie, in der es immer seltener um eine Bedarfsdeckung, als vielmehr um eine künst-liche Bedarfsweckung geht?

Wenn ich wissen will, was ich tun soll, wenn ich wählen will, muss ich Konzepte und Philosophien in ihren Grundaussagen kennen. Jedes philosophische Gedankengebäude hat einen eigenen Horizont. Da der Horizont immer auch eine Grenze darstellt, heißt dies, dass jede Philosophie auch eine geistige Grenze hat. Daher scheint es mir notwendig, in knapper Form, das Wissen und die Weisheiten, die geistigen Horizonte, die die Menschen im Laufe der Jahrtausende entwickelt haben, aufzuzeigen und zusammenzufassen. Beginnend, ganz von vorn im archaischen Zeitalter weil uns das Denken, diese Ideen, die Rituale immer noch mitprägen. Bevor wir zur Philosophie in Indien und China vor mehr als 3000 Jahren kommen, gehe ich auch noch auf das magische Zeitalter ein. Dem folgend die mythische Zeit in Griechenland, über die antike Zeit, das Mittelalter, die Renaissance, bis in die heutige Zeit. Zeigen wie die Philosophien nach der „Wahrheit“ suchen und doch alle in einem Denk- oder Erfahrungsrahmen begrenzt sind und die vermeintlich neu gedachten und entwickelten Ge-dankengebäude, auf die davor entstandenen aufbauen. Auch zeigen, wie Ideen abhängig von Kultur, Kunst, Politik und dem Zeitgeist sind. Darstellen, was für Menschen das sind, die diese Denkgebäude entworfen haben. Aufzeigen worauf letztendlich unsere Religionen un-ser Denken, unser Wissen, unsere Verhaltensweisen unsere heutigen Ideologien zurück-greifen und gründen.

Worauf gründen unsere theistischen Religionen? Welches Denken bestimmt uns unbewusst noch heute? Ist dies wirklich mein Denken? Um den Antworten dieser Fragen näher zu kommen, ist es mir auch wichtig, die Entwicklung unseres Bewusstseins, unserer Bewusst-seinsebenen darzustellen. Woher kommt z.B. unser magisches Denken? Wie kommt es, dass der Harry Potter-Zyklus, die Geschichte eines Zauberlehrlings nicht nur Millionen Jugend-liche, sondern genauso Erwachsene auf der ganzen Welt begeistert? Wie kommt es, dass wir uns so weit außerhalb der Natur wähnen, dass Konzernlenker und Brooker die Natur nur noch unter dem Horizont des Geldes mit „Geldaugen“ sehen und sie deshalb derartig skru-pellos ausbeuten und zerstören können? Wie kommt es, dass ein geringer Teil der Menschheit, die Mehrheit der Menschen manipulieren und abhängig machen kann? Wie kommt es, dass die Gier nach Geld, so von uns Besitz nehmen kann?

Wie sie schon jetzt erkennen können, werde ich auf diesem „Streifzug“ immer wieder zu unserem Gesellschaftssystem auch kritisch Stellung nehmen. Philosophische Konzepte hin-terfragen, inwieweit sie uns zu mehr Gerechtigkeit, Gleichheit, Verantwortung und zu einem friedvolleren Umgang miteinander führen können. Wir brauchen die Tugenden als eine Art „Kompass“, um ein sinnvolles, verantwortetes Leben führen zu können. Ohne diesen Kom-pass ist man in dieser marktkonformen Demokratie in großer Gefahr, Ziele anzusteuern, in denen die Gier, der Machtmissbrauch, der Egoismus die Tugenden dominieren.

Wenn wir die technische Entwicklung der letzten Jahrhunderte betrachten dann können wir dank unserer Ratio eine kaum fassbare Entwicklung in den letzten Jahrhunderten wahrneh-men. Wenn jemand in meiner Jugendzeit die Funktionsmöglichkeiten eines I-Pad erklärt und behauptet hätte, dass dies 50 Jahre später ein Medium für die Mehrheit der Menschen in Deutschland wäre, man hätte ihn für ver- rückt erklärt. Nur wenig mehr als 100 Jahre nach den ersten Flugversuchen landen Menschen auf dem Mond. Kaum fassbar!

Wenn wir im krassen Gegensatz dazu unsere geistige, ethische Entwicklung betrachten? Können wir mit Sicherheit behaupten, dass wir uns hier überhaupt in den letzten Jahrhun-derten weiterentwickelt haben? Welche Auswirkungen diese Polarität der unterschiedlichen Entwicklung bedeutet, können wir an der Klimaerwärmung, Ausbeutung der Rohstoffe, am perversen Finanzwesen, an der globalen sozialen Ungerechtigkeit erkennen.

Was will ich mit diesem Buch erreichen?

Wenn wir immer deutlicher erkennen müssen, dass uns das weltweit verbreitete System des Kapitalismus keine Gerechtigkeit und Gleichheit bringen und den Menschen und die Natur zerstört, indem es die Menschheit in wenige Reiche und viele Arme spaltet und die Natur ausbeutet ohne die Zukunft kommender Gene-rationen zu berücksichtigen, dann müssen wir uns doch auch fragen lassen, warum wir in einem solchen System leben wollen und ob wir in einem solchen System leben wollen?

Wenn ich mir die Frage stelle, in welcher Gesellschaft ich leben will, dann muss ich auch Wissen über eventuell andere und gerechtere Systeme haben.

In alten und uralten philosophischen Systemen können wir andere Werte finden, die vielleicht eine sinnvolle Alternative zeigen. Die uns in eine gerechtere Welt führen können.

Mit diesem Nachschlagewerk möchte ich auch Menschen erreichen, die sich sonst wenig für Philosophie interessieren. Deshalb werde ich das übliche Dickicht der typischen Philosophensprache, so durchlässig wie möglich gestalten und deshalb alle speziellen Begriffe aus dem Text heraus erklären.

Deutlich machen, dass kein Philosoph ganz allein seine „Weisheiten“ und Ideen nur aus sich selbst heraus geschaffen hat. Jeder Philosoph steht mit seiner Lehre auf den Schultern vieler Vorgänger. So können wir Hegels Dialektik sowohl in der indischen als auch in der chinesischen Philosophie erkennen. Oder Schopenhauers Konzept über den Willen aus der buddhistischen Philosophie herauslesen. Selbst Kants „Kategorischen Imperativ“ finden wir schon bei Lao-Tse. Alle drei Philosophen kannten die Texte, die vor mehr als 2000 Jahren geschrieben wurden.

Immer wieder halte ich es auch für notwendig nicht nur die zum Teil großartigen Ideen der Philosophen herauszustellen, sondern auch ihre Verletzlichkeit, ihre Moral oder ihre Einsamkeit zu beschreiben.

Die Grundlage dieses Buches bilden einige philosophische Klassiker: Von Christoph Helferich „ Geschichte der Philosophie, von Hans Joachim Störig „ Kleine Weltgeschichte der Philoso-phie, von Wilhelm Weischedel „ Die philosophische Hintertreppe“ und von Edmund Jacoby „50 Klassiker“.

Das erste und letzte Kapitel befindet sich ähnlicher Form auch in „ Horizonte öffnen“.

1Entwicklung unseres Bewusstseins

1.1Drei grundsätzliche Fragen

Es ist anzunehmen, dass die Menschen schon immer die drei Fragen beantwortet haben wollten:

Wer sind wir?

woher kommen wir?

wohin gehen wir?

Wie weit sind wir mit unserem heutigen Wissen bisher bei den Antworten zu diesen Fragen gekommen? Wir haben vier Bewusstseinsbereiche im Laufe der Evolution entwickelt. Zuerst das Archaische, dann das Magische, dem folgend das Mythische und bis jetzt zuletzt das Rationale. Die meisten Menschen schätzen vor allem die Entwicklung des rationalen Be-wusstseins, denn sie hat uns mit der Entwicklung der Wissenschaften diesen materiellen Reichtum beschert. Außerdem gehen sie davon aus, dass es mit Abstand der wichtigste Bewusstseinsbereich ist. Die meisten Philosophen in den letzten 2500 Jahren haben dies ähnlich gesehen und die Vernunft über die Gefühle gesetzt. Zumeist ganz von den Gefühlen und der Intuition abgetrennt. Die theistischen Religionen haben sogar Gefühle, die sich vor allem im magischen und mythischen Bewusstseinsbereich entwickelt haben, für das See-lenheil als schädlich, sogar als teuflisch bezeichnet.

Der letzte gemeinsame Vorfahre von Menschen und Schimpansen lebte vor mehr als 7 Mil-lionen Jahren. Gut drei Millionen Jahre später ging der Vormensch auf zwei Beinen. „Lucy“, ein 3,2 Millionen altes Skelett ist hier die berühmteste Vertreterin davon. Schimpansen haben in jeder Zelle 99 % unserer Gene. Und jeder Mensch, gleichgültig, wo er lebt hat 99,9 % aller Gene von uns. Wir sollen immerhin 100 Billionen von ihnen haben.

Wir sind wahrscheinlich etwa vor 4 Milliarden Jahren aus einer Zelle aus dem Meer ent-standen. Alles Lebende was es gab und heute gibt, könnte von dieser einen Zelle abstam-men. Deswegen haben selbst Pilze 30 % unserer Gene. Daher kommt es, dass man unser heutiges Dasein, „jede einzelne Situation“ nur verstehen kann, weil zuvor jede einzelne Situation genauso geschah. Vom schlimmsten Erdbeben, über Meteoriteneinschläge, zum größten Vulkanausbruch, bis zum leisesten Windhauch und dem berühmten Sack Reis der in China irgendwann umgefallen sein soll. Nur so lässt sich jede einzelne Situation, der ich heute begegnen werde, erklären. Wenn der Sack Reis in China nicht umgefallen wäre, würde ich heute andere Situationen erleben. Alles wäre dann anders geworden, denn alles hängt miteinander zusammen. Alles ist wirklich voneinander abhängig, ist ein Ganzes. Deshalb kann man Situationen auch nicht wirklich verstehen, geschweige denn vorhersagen. Ist dann alles was geschieht reiner Zufall? So einfach ist das Weltgeschehen und die Erfahrungen meines eigenen Lebens auch wiederum nicht, weil ich selbst eine große Freiheit habe, wie ich mich entscheide und deshalb immer auch ein anderer werden kann. Alles lebt unter einem Horizont und trotzdem hat jeder einen einmaligen (auf die Zeit bezogen) und einen einzigartigen (auf den Ort bezogen) Horizont, den er erweitern aber auch verkleinern kann.

Der Homo erectus tauchte vor fast 2 Millionen Jahren auf. Der moderne Mensch, der Homo sapiens ging aus diesem hervor. In der Schule vor 50 Jahren lernte ich, dass sich der Mensch etwa vor einer Million Jahre entwickelte. Dies ist ein Beispiel, dass unser Wissen immer nur vorläufig ist. Weil das rationale Denken nicht in der Lage ist, die Vernetzung in der Natur zu erfassen und noch viel weniger die unendlichen Wechselwirkungen zwischen ihnen, haben die Forscher eine Methode entwickelt, die von einem oder mehreren Teilen auf das Ganze schließen lassen. Für Rationalisten (ratio-die Vernunft) lässt sich die Welt vollständig verste-hen, wenn alle ihre kleinsten Teile entschlüsselt sind. Der Reduktionismus (Vereinfachung) versteht das gesamte Sein wie ein riesiges Uhrwerk, bei dem man nur jedes Rädchen und Teilchen kennen muss, um das ganze Uhrwerk, das heißt das gesamte Sein zu verstehen. In einem Uhrwerk hat jede Wirkung eine Ursache. Und wer die Ursache kennt, kann damit auch die Wirkung steuern. Und die erste Ursache oder der Schöpfer ist für die einen, dann Gott und für die anderen die Natur, die schon immer da war und immer da sein wird. Obwohl wir unbestreitbar technisch und mittlerweile elektronisch und digital Fähigkeiten entwickelt haben, die noch vor 100 Jahren kaum vorstellbar waren und wir mittlerweile nur etwas mehr als 10 Jahre brauchen, um unser Wissen zu verdoppeln, können wir die drei Fragen nicht beantworten. Die seriöse Wissenschaft weiß, dass ihr Wissen immer nur vorläufig und nicht sicher oder absolut ist. Und Immanuel Kant, der vor mehr als 200 Jahren lebte, hat ein für alle Mal bewiesen, dass bei diesen Fragen, die Vernunft zu ihrem Ende gekommen ist. Niemand kann beweisen, dass es einen Gott gibt, genauso wie niemand beweisen kann, dass es keinen Gott gibt. Diese Fragen, sozusagen den letzten Sinn, betreffen den Glauben aber nicht das Wissen.

1.2Das archaische Bewusstsein

Diese Epoche liegt in der Frühzeit des Menschen, in einer Zeit ohne schriftliche Überlieferung. Ihre Anfänge verlieren sich in so weiter Ferne, in der noch nicht einmal eine differenzierte Sprache entstanden war. Aus dieser Epoche gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Man kann nur vorsichtige Schlüsse ziehen. Bei der Art und Weise, wie der Homo erectus vor ca. 500 000 Jahren Knochen arrangierte, kann man religiöses Erleben vermuten. Jean Gebser, der Kulturphilosoph, der dieser Epoche den Namen gab, abgeleitet vom griechischen „arche´“, was so viel wie Ursprung heißt, sieht in der archaischen Struktur einen Zustand des Denkens, Fühlens und Wahrnehmens, der im Laufe der langen Geis-tesgeschichte keineswegs verschwunden ist, sondern allen späteren Bewusstseins-zuständen zu Grunde liegt. Der chinesische Weise Dsuang Dsi, der etwa im 3. Jahrhundert v. Chr. lebte glaubt, dass die Menschen damals weder Zeit noch Raum wahrnahmen. Was nicht in ihrem Bewusstsein war, schien auch nicht in ihrer Welt zu sein. Ihr Bewusstsein war noch nicht erwacht und um sich von ihrer Umwelt nicht zu trennen, waren sie „eins“ mit der Welt. Sie lebten in Einheit mit allem, was sie umgab. Man kann davon ausgehen, dass es für sie kein „Außen“, kein Objekt, kein anderes gab. Ein alter chinesischer Begriff „T´sing“, schreibt der Kulturforscher Joachim Faulstich, hat bei ihnen die Bedeutung, dass Himmel und Erde noch nicht voneinander getrennt sind.

1.3Das magische Bewusstsein

Mit dem Heraufdämmern der nächsten Epoche des Bewusstseins, dem magischen Zeitalter, sagt Dsuang Tsi, haben die Menschen ihre „Einfachheit“ verloren, den Verlust des sicheren Wissens und der vollständigen Verbundenheit mit der Welt. Indem sie lernten einfache Werkzeuge herzustellen, ist eine Distanz, ein Außen entstanden, in das sie eingreifen konnten. Durch diese Regungen und Entwicklungen des Geistes entstand aber auch eine Unsicherheit. Man fühlte sich nicht mehr behütet und geborgen und wollte auch wieder in den ursprünglichen „Einheitszustand“ zurück.

Es ist eine Zeit, in der die Familiengruppe, der Stamm und das überschaubare Jagdgebiet eine Einheit bilden, in der auch alle Pflanzen und Tiere untrennbar noch miteinander verbunden sind. Die Stämme hatten vielleicht eine Art Gruppenseele, in der sich deren Mitglieder kaum als Einzelwesen sahen. Alle arbeiteten für alle und Besitz und Herrschaft auf Grund von der Geburt, wie z. B. Im Mittelalter, gab es noch nicht. Das, was außerhalb dieses Rahmens war, war das „Andere“. In dieser Zeit müssen die magischen Handlungen entstanden sein, die wir von den Schamanen kennen.

Beim Schamanismus handelt es sich um die nachweislich älteste religiöse Form des Denkens. Seit der Entdeckung der Höhlenkunst von Chauvet im Tal der Ardeche in Frankreich kann man dies relativ sicher nachweisen. Eine Kunst, die vor ca. 30 000 Jahren entstand. Im Oktober 2011 hat man durch Funde festgestellt, dass die Menschen schon vor 100 000 Jahren Farben herstellten konnten. Statuen und auch Zeichnungen zeigen kaum einen Mund. Die Sprache spielte wohl noch nicht die-se dominante Rolle wie bei uns. Um die Außenwelt vor allem bei der Jagd zu verändern, brauchte man eine Magie, einen Zauber, um die größere Kraft und Schnelligkeit der Tiere auszugleichen, um eine Chance zu haben, sie zu besiegen. Das Denken kreiste um die Gegenwart, um das Ritual, um die magische Handlung.

Dafür waren die Schamanen zuständig. Schamanen sind auch religiöse Heiler, die sich mit Hilfe von Ekstasetechniken, in einen veränderten Zustand bringen, um in eine Welt zu reisen, die man im Wachzustand nicht erreichen kann. In dieser „Anderswelt“ suchen sie nach positiven Kräften, Geistern oder auch Bildern, die ihnen sagen und helfen, wie man einen Kranken heilen kann. Ähnlich ist es, wenn sie einen Rat in einer wichtigen Angelegenheit brauchen. Sie können auch mit Hilfe von Gesängen mit ihren Ahnen Kontakt aufnehmen und mit ihnen sprechen. Bevor sie aber in diese Welt gelangen, müssen sie Hindernisse über-winden und auch negative Geister als Unterstützer gewinnen oder sie besiegen. Deshalb werden die Schamanen von ihren „Krafttieren“ und guten Geistern unterstützt. Sie sind Mittler zwischen dieser und der „Anderswelt“. Druiden bei den Kelten und Germanen wurden von den Göttern auserwählt und mussten viele Jahre bei einem Meister in die Lehre gehen, bevor sie selbst dieses oft wichtigste Amt in alten Kulturen ausführen durften. Von Caesar wissen wir, dass die Druiden auch Lehrer und Richter waren.

Magische Handlungen sind Handlungen, die weder von der Vernunft noch von der Naturwissenschaft nachzuvollziehen sind. Der Handelnde selbst geht davon aus durch über-natürliche Kräfte „Wunder“ zu vollbringen. Der Magier oder der Schamane greift durch Ri-tuale in die Wirklichkeit in nicht rationalem, nachzuvollziehendem Maße ein. Die Interpre-tation des Religionspsychologen Mircea Eliade für den Schamanen lautet: „der außer sich ist.“ Ein Mensch, der die körperlichen Fesseln sprengt und in eine andere Landschaft reist. Er reist in die Welt, in der die herkömmlichen Naturgesetze aufgehoben sind. Dazu braucht er die Imagination, die Vorstellungskraft durch die innere Bilder entstehen. Auf diese Weise hat er gelernt Einfluss auf die Natur zu nehmen. Er war überzeugt, indem er den Kontakt zu der Anderswelt herstellt, die guten Geister so beeinflussen zu können, dass sie ihm helfen, die Jagd oder eine Heilung positiv zu gestalten.

Zauberer, Medizinmänner oder Schamanen findet man in vielen früheren Kulturen: In Sibirien, die Aborigines in Australien, bei den Eskimos, den Indianern, in Südamerika. Huilt-krantz sagt über den Schamanismus: „Der Schamanismus bildet ein religiöses Glaubens-system, das auf religiöser Erfahrung und sakralen Mythen sowie auf Riten beruht. Letztere finden ihren Ausdruck durch kulturspezifische, schamanistische Techniken, unter denen Trance oder Ekstase eine hervortretende Rolle spielen.“ Das Ritual, bei dem oft der ganze Stamm teilnimmt, ist bis ins kleinste Detail vorbestimmt. Allein dadurch entstehen Kräfte, die es im Alltag so nicht gibt. Man reinigt sich vorher in einer Schwitzhütte, die Zeit ist bestimmt, der Ort ist besonders hergerichtet, durch das Feuer entsteht eine besondere At-mosphäre und nicht nur der Schamane auch alle Beteiligten sind besonders geschmückt. Gesänge, Tänze, bewusstseinsverändernde Getränke, Zaubersprüche, Beschwörungen, oft auch der Rauch einer Pfeife durch besondere Blätter und Fetische wie besondere Knochen oder Steine können zu diesem Ritual gehören. Schon die äußeren Umstände führen alle Teilnehmenden in eine andere Welt. Diese besonderen Umstände lassen eine Atmosphäre entstehen, der sich niemand entziehen kann und allein dadurch und im Zusammenhang mit den inneren Bildern und positiven Imaginationen entstehen ungewöhnliche und außeror-dentliche Gefühle und Kräfte, die sich auch auf den Körper auswirken. Ein Kranker kann durch diese Kräfte gesunden, wie wir dies aus vielen solcher Behandlungen wissen. Neuropsychologen können diese Kräfte heute bestätigen, weil durch sie das Immunsystem verbessert und die Selbstheilungskräfte, der Glaube an die Macht dieser Zeremonie, ungewöhnlich aktiviert werden. Wir kennen diese Kräfte in schwächerer Form beim Place-boeffekt, wo allein der Glaube und nicht das „Medikament“ heilt. In den letzten Jahren zunehmend hat man die Kräfte der Rituale und der Imaginationen bei Krebserkrankungen und chronischen Krankheiten wiederentdeckt.

In praktisch allen modernen Religionen finden wir heute noch zahlreiche schamanische und magisch interpretierbare Reste. Z. B. Als Mittler in die „Anderswelt“ - bei den Juden waren dies die Propheten, die „Gott“ als Mittler zwischen ihm und den Menschen auserwählt hat: Moses, Ezechiel, Jesus... Der Exorzismus, der in der katholischen Kirche durch Papst Benedikt XVI eine Renaissance erfährt. Der Exorzist, (Priester) treibt die bösen Dämonen oder gar den Teufel persönlich aus. Wunder von denen in der Bibel immer wieder die Rede ist. Z.B. die Wiedererweckung des Lazerus, oder die Verwandlung von Wasser in Wein. Auch die Himmelfahrt sowohl bei Jesus, Maria und auch Mohammed. Die Schutzgeister finden wir in Form von Schutzengeln wieder. Die Heiligen- und Reliquienverehrung war früher der Fetischismus bei den Schamanen. Auch die Verwandlung von Wein in das Blut von Christus entspricht einem magischen Zauberspruch. Die rituelle Reinheit bei den Muslimen, früher waren es die Schwitzhütten. Die uralten Initiationsriten finden wir in der Kommunion und Konfirmation wieder. Und die Gesänge und der Weihrauch alles hat einen heidnischen Ursprung, der viele tausend Jahre zurückliegt.

Auch in der Naturwissenschaft finden sich heute noch dieses Wissen und diese Weisheiten. Der Kulturwissenschaftler Joachim Faulstisch berichtet von Hospitälern im Regenwald in Peru, wo die Schulmedizin nur dann Erfolge hat, wenn sie bereit ist mit dem zuständigen Schamanen zusammen zu arbeiten. Die Patienten hören auf den Medizinmann und der Medizinmann hat, wie sie immer wieder feststellen die Macht Patienten zu heilen. Erst als die Schulmedizin dafür bereit war, haben sie sich mit Erfolg etablieren können. Die Wissenschaft kann zwar die Wirkung der Akupunktur nicht erklären, die Heilerfolge sind aber nicht zu übersehen und deshalb wird sie mittlerweile auch von Schulmedizinern angewen-det. Man hat wissenschaftlich nachweisen können, dass positive Imaginationen, (innere Bil-der) die Heilungschancen verbessern. Besonders bei Krankheiten, bei denen die Schul-medizin ihre Grenzen erfährt, wie bei Krebs, chronischen Krankheiten und Traumata, können Imaginationen und damit verbundene Rituale die Heilung unterstützen. Im Sport wurde dies noch vor 20 Jahren zumindest belächelt, heute gehört die Versenkung in innere Bilder, in der der Lauf vorweggenommen wird zur Ausbildung und Vorbereitung für den Wettkampf.

Fast alle Kinder durchlaufen eine magische Phase, wenn sie mit Puppen oder Figuren spielen, mit ihnen reden, ihnen Kräfte verleihen, ihnen Essen geben. Wie wichtig kann dieses Spiel bei Kindern sein, die sich in ihrer Entwicklung zwangsläufig nicht immer verstanden fühlen. Wenigstens ihr Held oder die Fee hört zu und kann die Welt nach ihrem Sinne verwandeln.

In unserer ausgeprägten rationalen Welt ist die Magie, meistens leicht verdeckt, in vielen Situationen noch zu erkennen. Beim Würfelspiel hauchen wir, wenn wir eine 6 brauchen den Würfel 3mal an, Menschen klopfen 3mal auf Holz, um auszudrücken, dass sie bisher Glück hatten, wer hat nicht schon mal ein 4-blättriges Kleeblatt gesucht, mit Blumen - er liebt mich, er liebt mich nicht- gespielt. Fußballer achten darauf, dass sie mit dem rechten Fuß zuerst den Rasen betreten und wenn man mit dem roten Pullover einmal Glück hatte, zieht man ihn immer wieder an, wenn das Glück einem besonders wichtig ist. In Konstanz hatten die Bauern, alle tief katholisch, über der Tür des Stalles, indem ihre wichtigsten Tiere lebten, ein Hufeisen angebracht.

Gerald Hüther, der Neuropsychologe geht noch einen Schritt weiter indem er sagt, dass Imaginationen, die inneren Bilder, unsere Wahrnehmung in der Welt grundsätzlich bestim-men, sowohl individuell als auch kollektiv. Nicht nur ist jeder einzelne Mensch von diesen Mustern bestimmt, sondern auch Gruppen, die einer gemeinsamen Idee folgen, bis hin zu Nationen. Was wir im Sprachgebrauch als „Nationalcharakter“ bezeichnen, ist eine Sammlung innerer Bilder, die der ganzen Nation gemeinsam ist und damit ihre Wahr-nehmung der Wirklichkeit steuert. Wir müssen nur, bedingt durch unsere unterschiedliche Geschichte, das Selbstbewusstsein bei den Amerikanern im Unterschied zu uns Deutschen anschauen. Wir sehen nicht die Banane, die vor uns liegt, sondern die Banane im Inneren, ein Bild das wir mit Banane verbinden. Ebenfalls innere Bilder filtern unsere Eindrücke, die unser Gehirn erreichen. Sie sind ein Ordnungsfaktor und Zensor zugleich. Was keine Entsprechung im Inneren hat, wird als irreal, als Sinnestäuschung wahrgenommen. Wenn der Verstand sagt, das gibt es nicht, dann sehe ich es auch nicht. Oder Menschen, die damit aufwachsen, dass es Geister gibt, sehen die Geister. Einer dem das fremd ist, sieht sie nicht. Tief, sehr tief und nachhaltig ist in uns das magische Bewusstsein noch am Wirken. (Der erste Teil ist auch in „Horizonte öffnen“ zu finden.)

2Philosophie in Indien und China

2.1Indus-Kultur

2.1.1Arier, Veden, Upanishaden, Bhagavad Gita

Indien, in den 80er Jahren das Land meiner Träume. Ein Land voller Gegensätze und oft trotz tiefster Armut mit wenigen unglücklichen Menschen. Gerade die ganz Armen, die Unberührbaren, die auf den Straßen leben, sehen glücklicher aus als so manch reicher Mensch im Westen.

Religion und Philosophie lassen sich in Indien nicht trennen. Im östlichen Denken gibt es hier keinen Unterschied. Beim östlichen Denken und Handeln geht es um die Verwandlung des ganzen Menschen. Das zu werden, was man ursprünglich war. Das Suchen nach der verlorenen Einheit. Das Selbst oder das Göttliche wiederzufinden, es geht um Erleuchtung oder Erlösung. Im östlichen Denken gibt es auch keinen eigenen Begriff für Philosophie. Deshalb wird vom Westen oft verkannt, dass der Buddhismus z.B. eine hochdifferenzierte „Philosophie“ entwickelt hat. Die Welt der Inder besteht aus vielen Göttern und unzähligen Ritualen. Selbst bei vielen Christen oder Moslems findet man dort in der Wohnung Krishna, Shiva oder Ganesh, den Elefantengott.

Die Indus-Kultur reicht mindestens 5000 Jahre zurück. Sie war eine der ältesten uns bekannten Hochkulturen. Nomadisierende Rinderhirten drangen etwa um 1500 v. Chr. in Indien ein und eroberten nach und nach ganz Indien. Sie nannten sich Arier, was so viel wie Edelleute bedeutet. Diese indoeuropäischen Stämme wurden im Alten Testament als Philister bezeichnet und von Hitler zu den Herrenmenschen erkoren. Bis auf die Finnen und Balten zählen alle europäischen Sprachen zu den indo-europäischen.

Indien wird etwa bis zu Beginn des 13. Jahrhundert vom Hinduismus, vom 13. Jahrhundert bis ins 17. Jahrhundert von den Moslems geprägt. Die britische Fremdherrschaft begann etwa 1750. Nachdem Großbritannien die französischen und portugiesischen Kolonialisten verdrängt hatten, übernahmen sie die vollständige politische Kontrolle über Indien. 1947 führte Mahatma Gandhi durch eine beispiellose, friedliche Revolution Indien in die Unabhängigkeit. Indien ist mit mehr als einer Milliarde Menschen der größte demokratische Staat.

Nach der indischen Verfassung zählen heute alle Religionen: Jainismus, Buddhismus, Sik-hismus, aber auch Christen und Muslime zum Hinduismus. Ein Begriff, der erst im 19. Jahrhundert den Zusammenschluss aller dieser Religionen bezeichnet. Deshalb ist der Hinduismus mit etwa einer Milliarde Menschen auch nach dem Christentum und den Mus-limen die drittgrößte Religion.

Die Bevölkerung war in vier Gruppen aufgeteilt: die Krieger und Fürsten mit dem König an der Spitze, den Priestern, den Bauern und den Unfreien.

Aus diesen vier Gruppen bildete sich später das Kastenwesen. Die Priester oder Brahmanen nahmen sehr früh eine führende Rolle ein, weil sie die einzigen waren, die das „Heilige Wissen“ oder die Rituale kannten, die für die Opfer bei der Geburt, der Heirat, bei Krankheit, beim Tod... gehalten werden mussten. Fester Glaube war, dass von den Göttern alles abhängt: die Ernten, das Wohl und die Gesundheit der Familie, die Macht der Fürsten und Könige...

Nur die Brahmanen konnten durch das Wissen der Veden(Heilige Schriften) mit den Göttern in Kontakt treten. Auch besaßen sie das Monopol der Erziehung. Im Unterschied aber zu den theistischen Religionen haben sie nie eine weltliche Herrschaft angestrebt. Auch hatten sie nie ein Oberhaupt. Sie waren freie, gleichberechtigte einzelne Priester.

Die Arier waren gegenüber der einheimischen Bevölkerung bei weitem in der Unterzahl. Weil sie sich aber „rein“ erhalten wollten, bildeten sie das Kastenwesen. Die Unreinen oder Tschudras waren die Einheimischen. Später bildeten die Kriegsgefangenen und die Sklaven die unterste Kaste. Man nannte sie die Unberührbaren, denn im wahrsten Sinne des Wortes hatten sie nicht das Recht Menschen der anderen Kasten auch nur zu berühren. Genauso wenig war es vorstellbar, dass ein Brahmane eine „normale“ Tätigkeit, wie putzen oder das Essen zubereiten, ausführt. Obwohl Mahatma Gandhi sich gerade für die unterste Kaste einsetzte, war dies, als ich vor mehr als 30 Jahren mehrmals in Indien war, noch ein strenges Tabu.

Die heiligen Schriften der Hindus, die Veden, sind in Sanskrit, der sakralen Sprache des Hinduismus verfasst. Dies ist vielleicht vergleichbar mit dem Mittelalter im Westen, wo in ganz Europa Schriftliches in Latein verfasst und gelehrt wurde. Niemand außer den Brahmanen konnte die Veden lesen. Dies bestärkte natürlich ihre uneingeschränkte, reli-giöse und gesellschaftliche Machtposition.

Vor den Ariern gab es in Indien keine Geschichtsschreibung. Die erste Hauptperiode, das Vedische Zeitalter ist von 1500-500 etwa anzusetzen. Veda oder Plural die Veden sind religiöse Literatur, die aber noch magisches und mythisches Gedankengut enthält, das noch weit älter ist. Die Veden übertreffen die Bibel an Quantität etwa um das sechsfache. Sie waren Kultbücher für die Priester. Bei jeder Opferhandlung mussten vier Priester anwesend sein.

Die Veden galten als unantastbare Wahrheiten, die bis ins dritte Jahrhundert vor Chr. nur mündlich weitergegeben wurden. Da die vedische Religion keine Tempel und Götterbilder kannten, konzentrierte sich das kultische Geschehen auf die Opfer. Dabei steht die heilige Silbe „OM“ zu Beginn und am Ende jeder Rezitation bei den Hymnen, von denen es etwa 1000 gibt.

An Varuna:

Möge ich nicht Varuna, Oh König, in das irdene Haus (Grab) eingehen- Sei gnädig, du von guter Herrschaft! Zeige Gnade!

Die Texte erinnern an Bitten, Beschwörungen oder Zaubersprüche, denn bestimmte Krank-heiten wurden mit bestimmten Verfehlungen verbunden wie z.B. die Wassersucht. Man verband sie mit jemandem, der die Unwahrheit gesagt hat.

Da die Rituale und Formen der Brahmanen im Laufe der Zeit immer mehr erstarrten, suchten Philosophen und weise Menschen, auch Frauen, deren Namen man nicht kennt, nach Ideen, die sie mehr berührten. So entstanden noch vor der Zeit Buddhas, also zwischen 700-500 die Upanishaden. Schopenhauer sprach ehrfürchtig von der erhebendsten Lektüre, die in der Welt möglich ist.

Bei den Upanishaden werden Fragen zur Welt und dem Selbst gestellt. Upa heißt nahe, nämlich in der Nähe des Meisters, der die heiligen Texte nur einer begrenzten Anzahl von Eingeweihten lehrt. Die Texte sind anderer Natur als die der Veden. Zauberei, Beschwörun-gen und Magie findet man hier nicht mehr.

Der Aufbau des Makrokosmos entspricht dem Mikrokosmos. So ist Atman, der Weltatem, die göttliche Kraft und das Selbst ihrem Wesen nach gleich dem Wind und dem Atem des Körpers.

Die Namen der Verfasser sind kaum bekannt. Im Gegensatz zum Westen treten die Philosophen in Hintergrund zu den Schriften, die sie verfassten. Auch Frauen haben diese Texte mitgeschrieben. Sie nahmen zu dieser Zeit auch an der Wahrheitssuche teil.

Eine Unterweisung aus den Upanishaden:

Hol mir doch eine Feige!

Hier ist sie Ehrwürdiger.

Spalte sie!

Sie ist gespalten.

Was siehst du darin?

Ganz feine Körner, Ehrwürdiger.

Spalte nun eines von ihnen!

Es ist gespalten, Ehrwürdiger.

Was siehst du darin?

Gar nichts, Ehrwürdiger!

Wahrlich mein Lieber, dieses Feinste, das du gar nicht mehr wahrnimmst, aus ihm ist jener große heilige Feigenbaum entstanden. Glaube mir, mein Lieber, was diese feinste Substanz ist, die ganze Welt enthält es als ihr Selbst. Das ist das Wirkliche, das Atman, das du bist !

Brahman könnte man als göttliche Kraft übersetzen. Es ist aber auch ein Paradoxon, weil es für die Hindus keinen theistischen, persönlichen Gott gibt. Das Paradoxon wird in der doppelten Bedeutung von Brahman deutlich. Es heißt so viel wie: es bewegt sich und es bewegt sich nicht, es ist fern und es ist doch so nah. Es geht hier um die Einheitserfahrung durch die Meditation über die Erleuchtung. Sie entspricht dem, was die Mystiker wie Meister Eckhard oder Johannes vom Kreuz mit „Verzückung“ umschrieben haben.

Etwa um 300 v. Chr. wurde die Bhagavad Gita geschrieben:

Krishna sagt im 10. Gesang:

Verkündung:

Weil du mir lieb bist, will ich sie dir zu deinem Besten offenbaren

Weder die Scharen der Götter noch die großen Seher kennen meinen Ursprung...

Jeder Keim aller Geschöpfe bin ich...

Ich bin der Würfel des Falschspielers

Ich bin die Stärke des Starken

Ich bin der Sieg

bin die Bemühung

bin die Reinheit des Reinen...

Die Bhagavad Gita, Gita der Gesang, enthält etwa 100 000 Verse. Das Heldenepos umfasst 700 Strophen. Sie geben Antwort auf die grundlegenden Fragen des menschlichen Daseins. Sie vereinigt viele Strömungen der Zeit und wurde im Laufe der Zeit immer umfassender.

Ein anderer Text aus der Baghavad Gita:

Mir ist keiner verhasst noch lieb. Für alle Wesen bin ich der Gleiche.

Wer sich aber selbst mir weiht (anvertraut) in voller Hingabe, der ist in mir und ich bin in ihm.

Etwas Ähnliches sagt auch Jesus. Allerdings wird diese mystische Verschmelzung von der Kirche damals wie heute ignoriert.

Alles ist Brahman- das Reine, wie der Falschspieler. Das Göttliche ist nicht wie in den theistischen Religionen in gut und bös, in Gott und den Teufel getrennt. Zum Leben, zum Sein, zu Atman, zu Gott gehört beides. Es gibt hier keine Antithese. Die Dialektik von Hegel, bei der in der Synthese die scheinbaren Widersprüche aufgehoben sind und nur im Ganzen das Wahre zu finden ist, hier ist das schon vor mehr als 2500 Jahren in der Bhagavad Gita umgesetzt.

Die Wahrheit, die Erleuchtung ist dem Verstand nicht zugänglich, sie ist nicht in Worte zu fassen und auch nicht für alle zu erreichen. Nur wer bereit ist einen langen Weg zu gehen, der mit Askese, vom Verstand nicht zu begreifende Anstrengungen und Herausforderungen auf sich nimmt, indem er lernt sein Ego und seine Gefühle zu beherrschen, kann diese Befreiung erfahren. Dies ist aber nur durch einen Meister möglich, der zuvor selbst diese Befreiung erlebt hat. Zum Hinduismus gehört die Lehre der Seelenwanderung. Sie ist in Indien tief verwurzelt. Das „Karma“, die Handlung, die jemand ausführt wird sein jetziges und seine zukünftigen Leben bestimmen. Wer Gutes tut, wird als Guter, als Brahmane ge-boren, wer Böses tut, als Bettler, als Kranker oder sogar als Tier wiedergeboren. Dies ist auch der Grund, warum die Inder keine Tiere töten, nicht einmal Moskitos, oder für uns gefährliche Tiere, denn es sind für sie alles wiedergeborene Seelen.

2.1.2Exkurs: Buddhistische Philosophie vor 2600 Jahren und heute

Der Buddhismus, nach 500 v. Chr. hat das Sanskrit zu einer toten Gelehrtensprache gemacht, weil Buddha auch für die einfachen Menschen lehrte. Buddha hat wie Jesus in einfachen Gleichnissen gesprochen, weil die Lehre ja auch für einfache Menschen gedacht war. Beide haben einen neuen Weg der Selbstverwirklichung gezeigt. Von beiden gibt es keine einzige Schrift, kein einziges Wort von der oder dem wir sicher sagen können, dass es von ihnen gesprochen wurde. Ähnliches gilt auch für Mohammed.

Was haben die Religionen aus ihnen gemacht? Buddhas Worte wurden zum Teil Jahrhun-derte später aufgeschrieben. Jesus Worte sind frühestens 40 Jahre und das Johannes- Evangelium etwa 100 Jahre nach seinem Tod aufgeschrieben worden. Auch Mohammeds Koran wurde frühestens 20 Jahre nach seinem Tod aufgeschrieben.

Es gibt nicht die buddhistische Philosophie. Der tibetische und der japanische Zazen unterscheiden sich beträchtlich. Auch ist der westliche Buddhismus ziemlich weit von den Methoden des östlichen entfernt. Im Westen gibt es mittlerweile viele und sehr unter-schiedliche Schulen. Aber bei allen befinden sich einige wichtige Werte ganz oben in der Wertehierarchie, auf die ich hier ein-gehen möchte und die man als buddhistische Bildung bezeichnen könnte.

Weder die Aufklärung noch die christlichen Religionen hatten für uns 68er nachhaltige Antworten auf die Fragen zur modernen Welt geben können, die wir als existenziell empfunden hätten. Es war eine Zeit in der die bisher größte Katastrophe fiel, die Menschen bisher verursacht haben. Der Faschismus mit seinen etwa 60 Millionen Toten im II. Welt-krieg. Diesen vielleicht tiefsten Fall in der Menschheitsgeschichte, wollten die Menschen auch so schnell wie möglich verdrängen. Viele „Mitläufer“ wollten weder ihr Denken noch ihr barbarisches Tun hinterfragen und verantworten. Sie fühlten sich fast alle als Opfer. Es gab aber nicht nur die Mitläufer sondern Träger des Faschismus, die wieder in führenden Ämtern in Politik und Verwaltung, im Justizministerium und dem Staatsschutz unterkamen. Z.B. Bundeskanzler Kiesinger, der langjährige Ministerpräsident von Baden-Württemberg Filbinger oder der wichtigste Berater von Adenauer, Globke. Es war auch eine Zeit der Doppelmoral, was die Sexualität anbelangte und die Kirche wurde uns durch die immer mehr bewusst werdenden Widersprüche immer fremder. Ich war zuvor 10 Jahre Ministrant. Es gab wenig Glaubwürdiges und Sinnerfüllendes in der Nachkriegsgesellschaft. Stattdessen fand man einen neuen Sinn im Konsum. Nach dem Hungern kam die Fress- dann die Konsum- und zuletzt die Reisewelle. Der technische Fortschritt und das Wachsen des Bruttosozialpro-duktes war das Bindeglied, das was die Nachkriegsgesellschaft miteinander verband. Dieser „Fortschritt“ genügte einem Großteil der Jugendlichen und Heranwachsen-den bald nicht mehr, um darin einen Sinn im Leben erkennen zu können.

Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre war ich deshalb auf der Suche nach einem Sinn im Leben. Über einen Zeitraum von 7 Jahren habe ich schamanische, buddhistische und huma-nistisch therapeutische Ausbildungen gemacht oder selbst Kurse gegeben und davon gelebt. Man kann auch sagen, dass ich von einem Guru zum anderen unterwegs war.

Vor mehr als 35 Jahren kam ich daher ins Altmühltal und machte dort eine Woche Zazen. Zazen ist die japanische Art des Buddhismus. Von all den vielen Methoden, Übungen und Ausbildungen hat mich als einzige Zazen (Sitzmeditation) nie mehr verlassen. Ich habe nicht die ganzen Jahre regelmäßig Zazen geübt, aber auch nach längeren Unterbrechungen kam ich immer wieder auf Zazen zurück. Die wenigste Zeit habe ich in Gruppen geübt, meistens alleine und seit etwa sechs Jahren ziemlich regelmäßig sechs Mal in der Woche mit meiner Frau. Zazen ist in Stille und Unbeweglichkeit sitzen und wahrnehmen, was ich denke und fühle, ohne in das innere Geschehen einzugreifen. So bewusst wie möglich wahrnehmen, was im Geist mit mir geschieht.

Die Gewaltfreiheit, die Toleranz, das Mitgefühl, die Stille in der Meditation und die Atmosphäre, die dadurch entstehen kann, war für uns neu und hat uns auf unserer Suche nach „Wahrheit“ genauso schwer beeindruckt, wie das Charisma und die Authentizität die-ser Lehrer. Sie waren die einzigen unter den Gurus, die ich in dieser Zeit kennengelernt habe, bei denen Sagen und Handeln in hohem Maße übereinstimmte.

Gautama Buddha, der Begründer des Buddhismus, ist etwa 560 v. Chr. in Indien geboren. Er lebte dort etwa 80 Jahre. Es war die Zeit in der auch Sokrates in Griechenland und Lao Tse in China ihre Lehren verkündeten. Er war der Sohn eines Fürsten, um den sich viele Legenden ranken. Als Gautama das Elend der Menschen erkannte, gab er sein luxuriöses Leben am Hofe auf, obwohl er verheiratet und vor kurzem Vater eines Sohnes geworden war. Als strenger Asket suchte er lange die Befreiung aus dem ewigen menschlichen Leid. Nach lan-ger Suche erlangte er, nachdem er das strenge Asketendasein aufgegeben hatte die „Er-leuchtung“. Danach nannte er sich selbst Buddha, was Erleuchteter heißt.

Einige wichtige Lehren von Buddha:

Während der Erleuchtung erkannte Buddha die „Vier Edlen Wahrheiten“:

Das Leben ist Leiden. Solange man im Daseinskreislauf gefangen ist, wird man un-freiwillig mit Leiden konfrontiert: Leiden ist geboren werden, Krankheiten zu be-kommen, älter zu werden, materielle Verluste, der Tod geliebter Menschen, Ängste, Wünsche...

Das Leiden kommt nicht zufällig, sondern hat klar erkennbare Ursachen. Die Ursachen gehen vom Geist aus und sind Begierden, Hass, Neid, falsche Ansichten, falsches Den-ken und Unwissenheit.

Es ist möglich sich aus dem Leiden zu befreien. Die Ursachen sind im Geist und des-halb muss der Geist gewandelt werden. Der Geist ist von Natur aus rastlos, das heißt der Geist bindet sich unentwegt an irgendwelche Gedanken. Er muss von diesen Ab-lenkungen befreit und befriedet werden. Man muss ihn führen lernen, indem man erkennt, was man denkt, und das Denken dann bewusst beeinflussen.

Es gibt einen Weg, der aus diesem Leiden führt.

Die Essenz des Buddhismus ist die Befreiung aus diesem Leiden. Der Weg, den er „Mittleren Weg“ nannte, der zu dieser Befreiung führen kann, verläuft zwischen den Gegensätzen. Wir sollen in der Mitte bleiben:

Kein Hass, aber auch keine Gleichgültigkeit

Keine Gier, aber auch keine Vermeidung

Kein Klammern, aber auch kein Wegschieben

Keine Völlerei, aber auch kein Hungern

Sich aus Abhängigkeiten befreien. Nirgendwo festhalten. Dies ist wohl die einzige Möglich-keit, um aus der ewigen „Achterbahnfahrt“ der Extreme, der polaren Gefühle sich zu befrei-en. Dieser Weg kann zu einem guten Einvernehmen mit der Ambivalenz des Lebens führen.

Buddha nennt acht Bereiche in unserem Alltagsleben, in denen wir unsere Erkenntnisse um-setzen sollen. Dieser achtfache Pfad ist eine praktische auf direkter Erfahrung beruhende Methode, um ein sinn- und friedvolles Leben zu führen. Dieser achtfache Weg besteht aus:

Rechtes Verstehen: Rechtes Verstehen entsteht durch Reflexion. Ich habe hier zu klä-ren, was mir wirklich wichtig ist, das heißt zu den Werten zu stehen, nach denen ich leben will. Rechtes verstehen beinhaltet meine Reflexion über die Konsequenzen meiner Handlungen bezogen auf das gesamte Sein.

Rechte Absicht: Meine Absicht bestimmt, ob meine Handlungen friedvoll sind. Es geht auch darum meinen Geist kennen zu lernen, um meine Emotionen und Gefühle steu-ern zu lernen.

Rechte Rede: Zur rechten Rede muss man Achtsamkeit entwickeln, um zu erkennen was wahr, was nützlich und angemessen in diesem Moment ist. Tratschen und Klat-schen gehört nicht dazu, aber mit Mitgefühl zuhören zu können.

Rechtes Handeln: Kultivierte Achtsamkeit bei jeder meiner Handlung soll ich verhindern, etwas zu tun, wodurch andere ausgebeutet oder betrogen werden. Dazu gehört auch meine Zeit so einzuteilen, dass ich andere und mich nicht überfordere. Was ist meine Absicht, ist eine Frage, die ich mir immer wieder zu stellen habe?

Rechter Lebenserwerb: Ich soll meinen Lebensunterhalt so verdienen, dass ich ande-ren möglichst keinen Schaden zufüge. Nirgendwo, wo Waffen hergestellt werden, kann ein buddhistisch gebildeter Mensch arbeiten.

Rechte Anstrengung: Hier geht es um die Achtsamkeit und das Gewahrsein meiner Gedanken. Einerseits soll ich möglichst in heilsamen Gedanken verweilen und an-dererseits negative und aggressive Gedanken, die mit Neid, Eifersucht, Gier, Ärger und auch Wut verbunden sind, nicht verdrängen. Alle starken Emotionen und Ge-danken, die ich verdränge, führen in meinem Innern ein mächtiges Eigenleben und kommen durch unkluge Worte und kaum zu kontrollierende auch gewalttätige Handlungen wieder in meine Existenz zurück.

Rechte Achtsamkeit: Zu einem bewussten Leben gehört Achtsamkeit. Meine Absicht achtsam zu sein, ist eine grundsätzliche Voraussetzung den achtfachen Pfad zu gehen.

Rechte Sammlung: Rechte Sammlung entwickelt man vor allem über die Meditation.

Die Philosophie des achtfachen Pfades ist, wie man erkennt, ganz auf das alltägliche, spirituelle Leben ausgerichtet und wie bei den Philosophien steht die Frage: Was soll ich tun, im Mittelpunkt.

Obwohl es heute in Asien viele nach Landessitten ausgerichtete buddhistische Religionen gibt, bei denen Buddha als Gott verehrt wird (Laos, Thailand), verwarf Buddha selbst nicht nur jede Art von göttlicher Verehrung, sondern auch jeden äußeren Kult.

Der Buddhismus ist eine „Religion“ ohne Gott, ohne Schöpfer, ohne Schöpfung, ohne Ich. Buddha: Da alles sich ständig verändert, ist es durch etwas Anderes verursacht oder bedingt und kann daher nicht das Absolute sein.

Der Buddhismus ist in erster Linie eine geistige Wissenschaft. Seine Methoden befassen sich mit der Erforschung des Geistes.

Für Buddha gibt es nur einen beständigen Wandel, ein ewiges Fließen. Alles Sein blitzt nur für einen Moment auf. In dem Moment, wo das Denken einsetzt, ist der Augenblick schon wieder vergangen. Das einzige Überdauernde ist daher der ständige Veränderungsprozess in allen Dingen. Deshalb zählt nur der Augenblick, das Jetzt. Zeit ist daher die Aufeinanderfolge von lauter Einzelmomenten. Daher kann es auch kein feststehendes „Ich“ geben. Dies ist eine Behauptung, zu der die Wissenschaftler, die Neurowissenschaftler noch 2500 Jahre brauchten, bis sie dieses Wissen zu ihrer eigenen Überraschung bestätigen mussten.

Vieles, was Buddha als Lehre verkündete, sagte 500 Jahre später in ähnlicher Form auch Jesus:

Die Seligpreisungen des Buddha:

Selig ist, wer ohne Hass lebt, obwohl Hass und Lieblosigkeit ringsumher walten.

Selig ist, wer ohne Verblendung ist, obwohl die Welt verblendet dahinsiecht.

Selig ist, wer frei atmen kann, weil er das nimmersatte Raffen aufgegeben hat, ob-wohl die Welt voller Gier sich selber frisst.

Selig ist, wer die Einfachheit gewählt hat, denn ihn durchströmt beseligend göttliche Heiterkeit.

Vor 2500 Jahren gesagt und noch heute aktuell, oder gerade heute.

Einst soll Buddha von einem Kaufmann nach der Essenz seiner Lehre gefragt worden sein. Er sagte: Tu Gutes, meide das Böse und zähme deinen Geist. Der Kaufmann soll entgegnet haben: „ Aber das weiß doch jedes Kind.“ Da sagte der Buddha: „Aber noch mit achtzig hält sich kaum jemand daran!“

Eine Verwandtschaft zu Jesus besteht auch darin, dass er sich an alle Menschen, alle Stände und alle Völker wandte. Das Kastenwesen ignorierte er und machte deutlich, dass die Zugehörigkeit zu einer Kaste keine Bevorzugung oder Benachteiligung beinhaltete, um die-sen Weg zu gehen.

Buddha machte auch deutlich, dass jeder das Heil finden kann und dass dieses Heil innen, im geistigen Bereich liegt (wie bei allen Mystikern). Die Vorstellung eines Gottes zu dem man beten und Hilfe erbitten kann, lehnte er ab. Dagegen betonte er, dass man alleine und selbst für sein Schicksal und die spirituelle Entwicklung verantwortlich ist.

In schroffem Gegensatz zur christlichen oder muslimischen Ausbreitung und Missionierung, erfolgte die weltweite Verbreitung des Buddhismus in diesen 2500 Jahren ohne jede Gewalt. Sie ist eine Lehre des Friedens, selbst wenn Tibet von China seit mehr als 50 Jahren besetzt, unterdrückt und ausgebeutet wird, und die Tibeter, vor allem die Mönche umerzogen und gefoltert werden. Diese grundsätzlich friedliche Haltung ist ein ganz wichtiger Faktor, dass der Buddhismus sich im Westen so ausgebreitet hat.

Mit der wichtigste Unterschied zu den theistischen Religionen besteht im „Nichtglauben.“ Buddha empfahl, man solle ihm nicht einfach glauben, sondern seine Lehren ausprobieren. Über die Erfahrung kann „Einsicht“ geschehen. Einsicht ist für den buddhistischen Lehrer Phi-lip Moffitt: „ eine tiefe Ebene des Verstehens, die rein intellektuelle Kognition transzendiert und nur durch direkte Erfahrung erkannt werden kann.“ Eine der Methoden ist hierfür die Achtsamkeit. Achtsamkeit ist die Fähigkeit im gegenwärtigen Augenblick vollkommen präsent zu sein. Die theistischen Religionen haben wenig mehr als Methode anzubieten, als zu Gott beten und ihn zu bitten, um den Glauben zu verstehen und anzunehmen. Wünsche, die einen großen Teil des Betens im christlichen Glauben ausmachen und das Ego befrie-digen sollen, kann es im Buddhismus auch nicht geben, weil es niemanden gibt, den man bitten oder anbeten kann.

Die Art unserer Erfahrungen ist von unserem Bewusstsein abhängig. Wilfried Reuter beschreibt in seinem Buch „Weck den Buddha in dir“ wie der tibetische Meister Tarab Tulka zwei Bewusstseinsarten unterscheidet. Das Verstandesbewusstsein und das Spürbewusst-sein.

Das Verstandesbewusstsein ist das Bewusstsein, das sich mit dem Ich und auch mit dem Ego verbinden kann. Den größten Teil unseres Lebens verbringen wir in der Regel in dieser Art von Bewusstsein. Es ist mit unserer Vergangenheit oder mit der Zukunft beschäftigt. Mit ihm denken wir nach, erinnern uns, planen für die Zukunft. Es ist auch diese Art des Bewusst-seins, das bewertet, kontrolliert, vergleicht und unterscheidet. Es schaut gewissermaßen von außen auf die Dinge. Hier finden wir unsere Muster, Konzepte und Konditionierungen. Es ist die Welt der Begriffe, der Worte, der Gedanken. Wir nehmen die Welt als von uns getrennt wahr. Wirklichkeit ist hier nicht das Ganze sondern besteht aus Ausschnitten. Es ist unsere individuelle, einzigartige Wirklichkeit, die wir aber nicht selten für die einzige und ganze Wahrheit halten. Außerdem baut das Ich immer eine Distanz zum anderen auf.

Anders das Spürbewusstsein. Es gibt keine Sprache, kein Vergleichen, kein Bewerten, kein sich Erinnern, kein Zukünftiges. Das Spürbewusstsein bringt mich in Kontakt mit mir selbst. Die Sinne sind geöffnet und ich nehme direkt wahr, bin mit meiner Empfindung beim Gegenüber. Ich bin im Hier und jetzt. Ich benenne nicht die Bäume als Eiche oder Buche, oder bezeichne den Vogel als Amsel oder benenne den Sonnenuntergang, sondern höre das Rauschen der Blätter, das Singen des Vogels und berausche mich am Sonnenlicht. Nichts wird gedeutet oder verglichen. Die Erfahrung ist einmalig. Es gibt hier keine Erinnerung. Es gibt keinen Abstand zu dem Gegenüber, keine Trennung und keine Angst. In dieser Art von Bewusstsein ist eine Berührung oder ein Kuss mit seiner seit 20 Jahren verheirateten Frau immer wieder neu und einmalig. Nur diese Seite unseres Bewusstseins kann mit Freude, Liebe oder Glück verbunden sein.

Im Buddhismus gibt es eine Vielzahl von Methoden, die alle mit der Arbeit unseres geistigen Vermögens, unseres Bewusstseins und der reflektierten Selbstwahrnehmung verbunden sind. Daher ist es nicht möglich sich als Opfer zu sehen, wie dies in unserer westlichen Kultur ein tief internalisiertes Denken bei vielen Menschen ist und zu vielem unnötigem Leiden und auch zur oft nicht an-gemessenen Hilfe der Helfer führen kann. Welches Leid steckt alleine darin, sich als Opfer zu sehen. Menschen, die sich in der Opferrolle sehen, haben es schwer an der Wirklichkeit zu bleiben. Erlittenes wird dann immer wieder hervorgehoben. Verant-wortung wird abgegeben, in Beziehungen und Konflikten irgend- etwas oder jemand wird stattdessen schuldig gesprochen! Der Buddhismus kennt keine Schuld. Deshalb kann es auch keine Schuldzuweisungen geben. Wenn es keine Schuld, keine Sünde gibt, dann gibt es auch keine Sühne. Im Leid gibt es nur mich und meinen Geist.

Ich habe den Buddhismus immer mehr als Selbsttherapie angesehen, als eine Art huma-nistische Therapie, denn das Wichtigste ist die persönliche Erfahrung durch Selbst-reflektion, nicht nur durch sich selbst Fragen zum eigenen Denken und Handeln zu stellen, sondern auch zu allen Ideologien, Philosophien, Meinungen, Religionen... Toni Packer nennt diese radikale Selbstbefragung „Meditatives Fragen.“ Deshalb wird Achtsamkeit, Mitgefühl, Medi-tation, Stille gelehrt. Viele dieser Aspekte des Buddhismus sind in die humanistische The-rapie hineingeflossen. Buddhismus passt auch gut zur westlichen Erkenntnisgewinnung über die Logik und die Wissenschaften.

Niemand hat mich gedrängt, von der Lehre etwas anzunehmen, wenn ich eine andere Meinung hatte. Weil jeder Lama oder Roshi (Meister, Lehrer) während seiner Praxis andere persönliche Erfahrungen gemacht hat, hat sie oder auch er im Detail eine unterschiedliche Lehrmeinung. Es gibt auch keinen der eine buddhistische Hierarchie anführt, wie dies bei den Katholiken durch den Papst der Fall ist. Daher gibt es aber zum Beispiel im Buddhismus auch eine feministische Richtung, nicht nur von Sylvia Wetzel. Man wird Lehrer oder Lehrerin, wenn man durch sehr viele und über jahrelange (3 Jahre) Selbsterfahrungen oft in der Einsamkeit hindurchgegangen ist. Eine Nonne oder ein Mönch verpflichtet sich auch zum Zölibat. Wenn man sich aber später z. B. für eine Partnerschaft entscheidet, behält man den Status der Lehrerin oder des Lehrers bei. Es gab und gibt auch richtige „Freaks“ unter den Meistern, wie Richard Baker Roshi, oder Toni Packer, aber auch sehr strenge Meister vor allem im Zen Buddhismus wie Shunryo Suzuki, der in Amerika lehrte. Ein buntes Kaleidoskop von Lehrern, die durch die jahrelange, für uns extreme Selbsterfahrungen, eine persönliche Reife und tiefgründige, geistige Erfahrungen und Wissen entwickelt haben. Was sie weitergeben ist daher nicht nur ein tiefgründiges geistiges Wissen sondern vor allem per-sönliche, spirituelle Erfahrung. Zum Teil sehr traditionell und streng hierarchisch gegliedert, zum Teil sich immer mehr sich aus diesen traditionellen Strukturen lösend. So hat Toni Packer in den 80er Jahren sich weit von der Zen Tradition entfernt, indem sie viele Rituale und Übungen, die vor allem eine hierarchische Struktur unterstützten, einfach fallen gelas-sen hat. Damit hat sie nicht nur die amerikanischen Zenklöster beeinflusst. Sie nimmt die Worte des Buddhas ernst, die besagen, dass der Buddha seine Hörer ermahnt hat, das gesprochene Wort nicht zu akzeptieren, noch das, was in einer Schrift geschrieben steht, noch die scheinbare Fähigkeit eines anderen, noch die Überlegung, dass diese Person mein Lehrer ist. Er sagte in seinen letzten Worten: „ seid euch selbst ein Licht. Nehmt keine Zuflucht in äußeren Dingen. Haltet fest an der Wahrheit. Sucht in niemandem Zuflucht außer in euch selbst.“ Diese Haltung führt wahrlich zu demokratischen Strukturen und ganz flachen Hierarchien. Diese geistige Wissenschaft fördert aber auch Selbsterkenntnis, Selbstbewusst-sein und eine kritische Einstellung zur Politik.

Der Buddhismus ist nicht dogmatisch und konnte sich deshalb auch den säkularen Philo-sophien und der Psychologie des Westens öffnen. Er hat sich westlichen Lehren, die auch Gewaltfreiheit und den Abbau des Egos lehren, weit geöffnet und mit in die eigene Lehre und Methoden eingebunden. Aber auch umgekehrt ist es heute nicht mehr ungewöhnlich, wenn Pfarrer und Mönche eine Zenausbildung gemacht haben oder sogar Zenmeister sind, wie die beiden Benediktinermönche Willigis Jäger oder David Steindl Rast. Der damalige Kardinal Josef Ratzinger und heutige Papst Pius XVI hat Willigis Jäger deshalb verboten, die Messe zu zelebrieren. Genauso lassen sich buddhistische Mönche in humanistischen Thera-pien ausbilden. Therapeuten mit analytischer Ausbildung wie z.B. Luise Reddemann aber auch in der Familientherapie findet man geistige Gesetze und Methoden, die an den Bud-dhismus angelehnt sind. Mittlerweile gibt es eine Fülle von Literatur über Psychotherapie und Buddhismus. Beide Therapien verbinden Wege aufzuzeigen, wie der Mensch sich selbst aus seinem Leiden befreien kann. Die Psychotherapie entstand genauso, wie der Buddhis-mus als Reaktion auf das scheinbar unentrinnbare Leiden in der Welt.

Innerhalb dieser Auseinandersetzung kommt man zu allen grundlegenden Fragen im Leben, über den Sinn im Leben, Tod, Krisen, Gier, Neid, Verluste, Angst, Glück, Verantwortung, Freiheit, Gerechtigkeit, Beziehung, Identität... Keine Frage, die nicht gestellt werden kann. Man erkennt in dieser Art Selbstreflektion, dass es auf viele Fragen keine konkreten Antwor-ten geben kann. Stattdessen wird man in die Stille geführt, die einem Antworten jenseits der Sprache, jenseits der Ratio ermöglichen kann. Durch dieses „Sich selbst Erkennen oder „me-ditative Fragen“ wie Toni Packard es nennt, kann man feststellen, dass es innerhalb dieses Fragenkomplexes nur Weniges gibt, das wir wirklich wissen. Es bleibt die Möglichkeit in die Stille „hineinzulauschen“ und jenseits von Ratio zu verstehen.

Im Zazen geht man davon aus, dass ein Großer Teil des Leidens, psychischer Schmerz, aber auch körperlicher Schmerz durch den Widerstand gegen den Lebensprozess auftritt. Unser Versuch, das Geschehene nicht anzunehmen, zu verdrängen und zu verleugnen, verursacht bei uns physische und psychische Schmerzen. Aufrichtige Trauer und die geistige Arbeit können uns wieder mit dem Leben verbinden. Diese Auseinandersetzung führt uns nicht vom Leiden und dem Schmerz weg, sondern mitten hinein und hindurch. Die Krise wird als Notwendigkeit zum inneren Wachstum begriffen. Krisen gehören zum Leben und sind nichts Ungewöhnliches. Man kann altes Denken und Handeln zurücklassen und sich neuem ganz-heitlichem Denken öffnen, das man ohne die Krise sonst niemals kennengelernt hätte. Krisen und Schicksalsschläge sehen wir häufig unter dem Horizont des „ Warum gerade ich.“ Dies ist eine Fragestellung die nicht wirklich zu Antworten führt. Der Horizont des „Wozu, was will mir diese Erfahrung zeigen“, kann uns zu Antworten, zu Einsichten, zum Verstehen leiten. Die Öffnung dieses Horizontes kann mir die inneren Bilder, die Meinung, die Ideologie zei-gen, warum ich diesem leidvollen Denken anhänge. Dies ist eine Voraussetzung die Situation und das gesamte „Sein“ mit neuen Augen zu sehen.

Diese Methoden, die die tägliche Praxis und Selbstreflektion mit in den Alltag nehmen, ist das besondere dieser „Religion“ oder Wissenschaft und damit sind sie allen mir bekannten Religionen oder Philosophien überlegen. Die Methoden beinhalten eine systematische Schulung des menschlichen Bewusstseins und des gesamten Geistes.

Ein japanischer Zenmeister empfing einen Universitätsprofessor, der etwas über Zen erfahren wollte. Der Zenmeister goss zur Begrüßung die Tasse seines Besuchers voll und hörte nicht auf weiterzugießen, bis der Professor ihm sagte, dass die Tasse übervoll ist. Nan in, der Zenmeister erwiderte: So wie diese Tasse, sind auch sie voll mit ihren Meinungen und Spekulationen. Wie kann ich ihnen da Zen zeigen?

Eine Methode, um die „eigene Tasse“ zu leeren ist das „Koan“. Z.B. Höre das Klatschen der einen Hand.

Diese Aufgabe verstört so einen rationalen Denker auf Tiefste. Das Klatschen der einen Hand kann man natürlich nicht hören. Die Aufgabe ist also nicht über den Verstand lösbar. Sie ist ein Widerspruch in sich selbst, ein Paradoxon. Trotz-dem hat man nur eine Chance, das Koan zu „verstehen,“ zu begreifen und zu lösen, wenn man konsequent den Verstand und die Vernunft an dieser Aufgabe abarbeitet. Das heißt langsam aber sicher kommt durch eine ernsthafte Auseinandersetzung der Verstand an seine Grenze und zur Ruhe. Bis er ganz zur Ruhe gekommen ist. Der Meister lässt einem mit dieser Aufgabe über längere Zeit alleine „brüten“ und fragt den Schüler immer wieder nach seiner gefundenen Antwort. Solange der Schüler auf der rationalen Ebene antwortet, wird er immer wieder weggeschickt. Bis der Schüler eine andere Lösung, jenseits des Rationalen, einen ganzheitlichen Weg, jenseits des Verstandes, vielleicht findet.

Es geht hier also um ein anderes geistiges Wissen als wir das in unserer rationalen Welt kennen. Auf diese Weise kann man seinen Verstand leeren und dieses andere Wissen, das durch die Meditation einfließen kann, aufnehmen.