Ein schwerer Tag für Dr. Norden - Patricia Vandenberg - E-Book

Ein schwerer Tag für Dr. Norden E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Nun gibt es eine Sonderausgabe – Dr. Norden Gold Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen. In Dr. Nordens Praxis hatte man alle Hände voll zu tun. Über zu wenig Arbeit konnten sie sich eigentlich nie beschweren, die aufeinander eingespielt waren, Dr. Norden, Dorthe Harling und Franzi Spar, aber an manchen Tagen wurden sie so in Trab gehalten, daß man meinen konnte, es gäbe keinen anderen Arzt im Umkreis. Ausgerechnet an diesem Vormittag kamen auch noch drei neue Patienten, deren Personalien Dorthe aufnehmen mußte, was auch zusätzliche Zeit in Anspruch nahm. Wegschicken konnte man sie nicht, wenn es eine offizielle Sprechstunde war, und es war eine junge Frau dabei, die wegen eines Zeckenbisses behandelt werden wollte und auch mußte. Diese verflixten Zecken, dachte Dorthe, denn es war bereits der vierte Fall in dieser Woche. Es waren gefährliche kleine Biester. Parasiten, die sich in der Haut fest­saugten und die schwersten Erkrankungen und gar den Tod zur Folge haben konnten, wenn nicht schnell etwas unternommen wurde. Es wurde gewarnt vor Zeckenbissen, aber wer ließ sich schon gern impfen dagegen, da die meisten Wanderer ja doch meinten, daß solche Gefahren nicht überall lauerten. Die junge Patientin, Marlies Höller hieß sie, hatte jedenfalls erst am Morgen Angst bekommen, als sie im Autoradio hörte, wie ein Arzt vor Zeckenbissen warnte und die Folgen fast dramatisch schilderte. Sie war ein reizendes junges Mädchen, aber nun schrecklich aufgeregt, so daß Dieter Sommer, auch ein neuer Patient, beruhigend auf sie einredete. Dann war da noch eine Sally Kirk gekommen, Mitte zwanzig, sehr blaß und fast männlich wirkend in dem Jeansanzug und den kurzen blonden Haaren. Von Dorthe nach ihren Beschwerden gefragt, erwiderte sie in gebrochenem Deutsch, daß sie unter schweren Kreislaufstörungen leide. Dorthe, medizinisch sehr erfahren, denn sie hatte früher mal Medizin studiert, tippte eher auf drogensüchtig, als sie der Neuen forschend in die Augen blickte. Sie konnte es auch nicht verhindern, daß sich in ihr eine warnende Stimme meldete. Freilich hatte sie dafür keine Erklärung, und diese Sally Kirk sagte dann auch noch, daß es ihr nichts ausmachen würde zu warten. Im Wartezimmer saßen acht Patienten, als Dr. Norden Marlies Höller untersuchte, die jetzt nicht mehr so aufgeregt war. Dieter Sommer hatte zu ihr gesagt, daß er auf sie warten würde.

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Dr. Norden Gold – 40 –

Ein schwerer Tag für Dr. Norden

Patricia Vandenberg

In Dr. Nordens Praxis hatte man alle Hände voll zu tun.

Über zu wenig Arbeit konnten sie sich eigentlich nie beschweren, die aufeinander eingespielt waren, Dr. Norden, Dorthe Harling und Franzi Spar, aber an manchen Tagen wurden sie so in Trab gehalten, daß man meinen konnte, es gäbe keinen anderen Arzt im Umkreis. Ausgerechnet an diesem Vormittag kamen auch noch drei neue Patienten, deren Personalien Dorthe aufnehmen mußte, was auch zusätzliche Zeit in Anspruch nahm.

Wegschicken konnte man sie nicht, wenn es eine offizielle Sprechstunde war, und es war eine junge Frau dabei, die wegen eines Zeckenbisses behandelt werden wollte und auch mußte.

Diese verflixten Zecken, dachte Dorthe, denn es war bereits der vierte Fall in dieser Woche. Es waren gefährliche kleine Biester. Parasiten, die sich in der Haut fest­saugten und die schwersten Erkrankungen und gar den Tod zur Folge haben konnten, wenn nicht schnell etwas unternommen wurde.

Es wurde gewarnt vor Zeckenbissen, aber wer ließ sich schon gern impfen dagegen, da die meisten Wanderer ja doch meinten, daß solche Gefahren nicht überall lauerten.

Die junge Patientin, Marlies Höller hieß sie, hatte jedenfalls erst am Morgen Angst bekommen, als sie im Autoradio hörte, wie ein Arzt vor Zeckenbissen warnte und die Folgen fast dramatisch schilderte.

Sie war ein reizendes junges Mädchen, aber nun schrecklich aufgeregt, so daß Dieter Sommer, auch ein neuer Patient, beruhigend auf sie einredete.

Dann war da noch eine Sally Kirk gekommen, Mitte zwanzig, sehr blaß und fast männlich wirkend in dem Jeansanzug und den kurzen blonden Haaren.

Von Dorthe nach ihren Beschwerden gefragt, erwiderte sie in gebrochenem Deutsch, daß sie unter schweren Kreislaufstörungen leide.

Dorthe, medizinisch sehr erfahren, denn sie hatte früher mal Medizin studiert, tippte eher auf drogensüchtig, als sie der Neuen forschend in die Augen blickte. Sie konnte es auch nicht verhindern, daß sich in ihr eine warnende Stimme meldete. Freilich hatte sie dafür keine Erklärung, und diese Sally Kirk sagte dann auch noch, daß es ihr nichts ausmachen würde zu warten.

Im Wartezimmer saßen acht Patienten, als Dr. Norden Marlies Höller untersuchte, die jetzt nicht mehr so aufgeregt war. Dieter Sommer hatte zu ihr gesagt, daß er auf sie warten würde. Anscheinend, mit einem Schmunzeln hatte Dorthe das festgestellt, hatten sie sich sehr schnell angefreundet, während Dr. Norden zwei Patienten, die zur Arbeit mußten, ihre Spritzen verabreicht hatte.

Dr. Daniel Norden ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Langjährige Erfahrung hatte es ihn gelehrt, daß an solchen Tagen alles drunter und drüber gehen konnte, und da mußte man die Nerven behalten. Er ahnte jedoch nicht, wie sehr gerade an diesem Tag seine Nerven auf eine ganz harte Probe gestellt werden würden.

*

Fee Norden wartete auf ihre Schulkinder, die nur die Zeugnisse in Empfang zu nehmen brauchten an diesem heißen Julitag. Die großen Ferien standen vor der Tür, und sie waren wegen der anhaltenden Hitze noch einen Tag vorverlegt worden. Die Zwillinge Jan und Désiree, die Dési oder Jolly gerufen wurden, weil ihre drei größeren Geschwister früher gesagt hatten, daß Jan und Jolly lustiger klingen würde, plantschten im Garten in ihrem Kinderbecken, allerdings auch dort bewacht von Lenni, die sich sehr aufgeregt hatte, als kürzlich in der Nachbarschaft ein kleiner Junge im Swimmingpool ertrunken war.

Fee Norden beschäftigte sich wieder mit ihren Urlaubsplänen. Bisher hatte sie Daniel dafür noch nicht erwärmen können, denn er meinte, daß sie doch gerade erst Urlaub in Frankreich gemacht hätten. Das war in den Pfingstferien gewesen, und da hatten sie auch ein aufregendes Erlebnis gehabt. So meinte Daniel Norden, daß es ihnen wahrscheinlich doch nie vergönnt sein würde, mal so richtig Faulenzerferien zu machen, in denen sie wirklich durch nichts gestört würden.

Mit ihrem Vater und seiner Frau war Fee aber schon übereingekommen, daß Danny, Felix und Anneka zwei Wochen zu ihnen auf die Insel der Hoffnung kommen würden. Fee würde mit den Zwillingen zu Hause bleiben, und wenn dann auch für Daniel der Urlaub begann, wollten sie auch zur Insel fahren und von dort aus Ausflüge in die Schweiz und nach Österreich machen, und Fee hoffte, daß dann auch ein paar Tage herausspringen würden, die sie mit Daniel allein verbringen konnte. Sie trennte sich zwar ungern von den Kindern, aber sie wußte auch, wie nötig Daniel zwischendurch mal richtige Entspannung brauchte.

Die Kinder kamen heim. Ein großes Hallo gab es nicht. Die Zeugnisse waren zwar gut, gut durchwachsen, wie Fee meinte, aber zufrieden war nur Felix, der ein gesundes Phlegma besaß, was die einzelnen Fächer anging, die ihm nicht sonderlich lagen. Anneka beschwerte sich, daß sie in Deutsch eine Zwei bekommen hatte, Danny war wütend über die Zwei im Turnen und in Musik. In Musik hatte Felix eine Eins, die hätte er lieber in Mathematik gehabt. So wurde eine Weile debattiert, aber dann läutete es Sturm an der Haustür. Es war die Nachbarin Käthe Meixner, eine nette ältere Dame. Sie war ganz außer sich vor Aufregung, und Fee fürchtete schon, daß sie eine schlechte Nachricht von ihren Kindern, die in den Urlaub nach Afrika geflogen waren, bekommen hätte, aber dann stöhnte sie die Schreckensbotschaft heraus.

»Die Bank ist überfallen worden, die neben dem Haus, wo die Praxis von Ihrem Mann ist, und sie haben gesagt, daß die Räuber in dieses Haus geflüchtet sind.«

Fee wurde blaß. Die Kinder standen hinter ihr, und Anneka drückte sich gleich an ihre Seite.

»Ruf gleich den Papi an, damit er Bescheid weiß«, flüsterte sie ängstlich.

Fee nickte mechanisch, aber sie dachte, daß Daniel es wohl schon wissen würde, wenn das stimmte, was Frau Meixner gesagt hatte.

Sie wählte die Nummer, sie ließ es läuten, aber es meldete sich niemand, und dann herrschte auch in der Leitung plötzlich Totenstille. Ihr Herzschlag setzte momentan aus, doch dann riß sie sich zusammen. Sie durfte den Kindern ihre Angst nicht zeigen.

»Papi wird jetzt zu tun haben«, sagte sie. Doch die Angst griff um sich, ging auf die Kinder über. Die Zwillinge wurden ins Haus geholt, Lenni wurde kurz informiert, und dann lauschten sie alle auf Meldungen aus dem Radio, aber es kam noch keine.

Und so hatte es in der Bank begonnen. Frau Meixner hatte Geld abgehoben, und noch drei Kunden waren in der Bank gewesen, die eine kleinere Zweigstelle war mit drei Schaltern, der Kasse und dem Büro, in der der Zweigstellenleiter mit zwei Angestellten eine Besprechung hatte.

Frau Meixner hatte dann gesehen, wie ein junger schlanker Mann die Bank betrat und in der Vorhalle vor dem Kontoauszugsdrucker stehen blieb. Sie hatte noch in ihrer Handtasche nach dem Autoschlüssel gesucht und gefürchtet, sie hätte ihn wieder mal gedankenlos liegenlassen, aber dann hatte sie ihn doch herausgekramt, und dann ging sie zu ihrem Wagen, der vor einer Boutique stand. Da betrachtete sie erst noch die Schaufenster, und dann plötzlich hörte sie einen Schrei.

Eine junge Frau schrie: »Die Bank, da läuft der Räuber!«

Und alles überstürzte sich, aber Frau Meixner sah, wie der junge Mann, der etwas Dunkles über den Kopf gezogen hatte, in der Tiefgarage verschwand, die zu dem Haus gehörte, in dem sich auch Dr. Nordens Praxis befand, ein Haus, in dem es keine Privatwohnungen mehr gab.

Frau Meixner kannte Dr. Norden, die ganze Familie, weil sie ja nur ein paar Häuser von ihnen entfernt wohnte, und außerdem war sie Patientin von Dr. Norden.

Frau Meixner stand wie erstarrt, aber sie beobachtete mehr als andere. Sie sah, wie ein Auto vor der Tiefgarage hielt, aber nicht hineinfuhr, aber dann vernahm sie schon das Martinshorn der Funkstreife, und zwei Wagen kamen angebraust, aber der Wagen, der vor der Tiefgarage gehalten hatte, fuhr dann schnell davon.

Da kam plötzlich Angst auf in Frau Meixner, und sie fuhr mit ihrem Wagen heim. Unterwegs überstürzten sich ihre Gedanken, und daher kam dann auch die spontane Reaktion, zuerst Frau Norden zu sagen, was sie erlebt und gesehen hatte.

Später konnte sie, wieder ruhig geworden, den Polizeibeamten alles genau schildern, was sie zu diesem Überfall sagen konnte.

In der Bank war es so weitergegangen, daß der schlanke junge Mann eine Strumpfmaske über den Kopf gezogen hatte, mit einem Revolver die noch anwesenden Kunden bedrohte und Geld forderte. Der Kassierer, vierzig Jahre alt, verheiratet und Vater von drei Kindern, hatte Anweisung, Geld herauszugeben, wenn Gefahr für andere bestand.

Er raffte das Geld zusammen, und als er Zeit gewinnen wollte, gab der Räuber einen Schuß ab, der die Schalterbeamtin an der Schulter traf. Die Kunden hatten sich auf den Boden legen müssen, und es war verständlich, daß ihre Angst jetzt noch größer wurde. Geistesgegenwärtig und so, als wäre sie schwerverletzt worden, hatte Rita Drexler, die Getroffene, sich zu Boden fallen lassen. Dadurch mochte sie den Räuber zusätzlich irritiert haben, aber ihr gelang es, den Alarmknopf zu drücken, während er nun das Geld zusammenraffte und flüchtete, während er noch zwei Schüsse, die ungezielt waren, abgab.

Kurze Zeit später vernahm man auch in Dr. Nordens Praxis das Martinshorn. Die neue Patientin Sally Kirk stand am Fenster des Sprechzimmers und starrte auf die Straße.

Marlies Höller lag im Labor und bekam Blut abgenommen. Sie sollte auf jeden Fall gründlichst untersucht werden, da Dr. Norden eine schon beträchtliche Entzündung um den Zeckenbiß herum festgestellt hatte, obwohl Marlies gesagt hatte, daß sie das blöde Tier abgestreift hatte. Dr. Norden hatte sie aufgeklärt, daß dies nichts nutze, wenn sich der Kopf der Zecke bereits festgesaugt hätte.

Dieter Sommer hatte durch Franzi bestellen lassen, daß er im Café Fenstergucker auf Marlies warten würde, und so was richtete man gern aus. In der Praxis von Dr. Norden waren schon manchmal herzliche Freundschaften entstanden, und dreimal hatten Bekanntschaften auch zur Heirat geführt.

Daß sich aber ein Bankräuber in die Praxis flüchtete, geschah zum ersten Mal, und Dorthe hatte völlig arglos und unbefangen auf den Türöffner gedrückt, als der Türgong ertönte.

Im gleichen Augenblick stand auch Sally Kirk in der Tür des Sprechzimmers, und sie hatte auch so einen Revolver in der Hand wie der junge Mann, der durch die Tür eingetreten war.

»Ruhe bewahren, sonst schießen wir«, sagte Sally Kirk. »Hier ist doch auch noch was zu holen.«

Dorthe mahnte sich zur Ruhe. »Ein paar hundert Euro«, sagte sie. »Bei uns läuft alles über Konto.« Ihre Stimme klirrte. Sie sprach laut. Sie hatte die Sprechanlage zu Dr. Nordens Sprechzimmer eingeschaltet, ohne daß es bemerkt worden war. Dr. Norden konnte also hören, was sie sagte. Und auch sein Patient, Gustav Conrad, hörte es.

»Da scheint sich etwas zu tun, womit nicht zu rechnen war«, sagte er. Zufällig war er Privatdetektiv und konnte sofort kombinieren. »Jetzt heißt es nur Ruhe bewahren, Dr. Norden.«

»Meine Patienten, Dorthe und Franzi dazu, ich kann doch nicht einfach abwarten«, sagte Daniel Norden heiser.

»Sie könnten aber alles nur schlimmer machen. Eine Waffe haben Sie wohl nicht?«

»Nein, wozu auch?«

»Das Telefon, Notruf, lassen Sie mich das machen.«

Aber Gustav Conrad konnte nichts erreichen. Die Leitung war bereits tot.

Dann stand Sally Kirk schon im Rahmen, mit der Waffe in der Hand.

»Ganz ruhig verhalten«, sagte sie, »sonst kracht es.«

Wo habe ich diese Stimme schon mal gehört? ging es Daniel Norden blitzschnell durch den Sinn.

Wo habe ich diese Frau schon mal gesehen, aber bestimmt nicht so, wie sie jetzt aussieht. Hinter seiner Stirn arbeitete es fieberhaft, aber er blickte auch auf die Waffe.

»Sie werden jetzt Ihrer Frau sagen, daß sie eine Million beschaffen soll, Dr. Norden«, sagte Sally, »oder Sie sprechen gleich mit Ihrem Bankdirektor. Eine Million in Hundertern.«

Daniel sah, wie ihm Gustav Conrad zuzwinkerte. Und der drehte sich jetzt um.

»Ich könnte die Million schon beschaffen, wenn Sie etwas Geduld haben«, sagte er.

»Wir haben Zeit«, sagte sie zynisch.

Profis sind das wenigstens nicht, dachte Daniel Norden, doch da vernahm er einen Schuß und schrak zusammen.

Aber auch diese Fremde, die sich Sally Kirk nannte, schien erschrocken.

»Was ist los, Mike?« rief sie, mit der Pistole herumfuchtelnd. Vielleicht hätten die beiden Männer sie überwältigen können, aber sie waren zu überlegt. Sie wollten keine anderen in Gefahr bringen, aber wie es schien, dachte der andere nicht so.

Dorthe wurde durch die Tür geschoben. Sie blutete stark oberhalb der rechten Brust. Sie taumelte, hielt sich aber bewundernswert tapfer.

»Wildwest in der Arztpraxis«, murmelte sie, »der Bursche ist high.«

Sally Kirk hatte das wohl nicht gehört, oder sie war durch das Blut irritiert.

»Du paßt auf die drei auf, ich halte die Leute im Wartezimmer in Schach«, sagte der Mann. »Telefonieren können sie nicht. Und Norden wird nicht riskieren, daß ich seine Patienten umlege.«

»Das werde ich bestimmt nicht«, sagte Daniel, »aber vielleicht sagen Sie mir, warum Sie ausgerechnet mich ausgesucht haben. Ich bin nicht reich.«

Er hatte noch keine Ahnung, was vorher geschehen war, denn die Funkstreifen fuhren hier oft genug mit Martinshorn vorbei. Dorthe hatte schon eher eine Ahnung, daß da vorher schon was gewesen sein mußte, aber sie hatte schon so viel Blut verloren, daß sich alles um sie drehte.

Dr. Norden leistete Erste Hilfe und wurde daran auch nicht gehindert. Sally schien Blut tatsächlich nicht sehen zu können. »Wenn Sie auf uns hören, passiert nichts«, murmelte sie.

»Das hier langt mir schon«, sagte Daniel zornig. »Denken Sie daran, daß auf Mord lebenslänglich steht.«

Sie duckte sich. »Die wird doch nicht gleich sterben.«

»Es kann möglich sein«, übertrieb er, »wenn ich sie nicht richtig versorgen kann, aber sie müßte in die Klinik.«

Er merkte schon, daß sie nervös wurde. »Mach bloß nicht mehr solchen Blödsinn, Mike«, schrie sie, »damit erreichst du nichts!«

Aber immerhin erreichten sie, daß sich niemand nach draußen verständigen konnte. Noch nicht. An Franzi aber dachte nur Dr. Norden.

Sie hatte sich geistesgegenwärtig verhalten. Sie war mit Marlies Höller im Labor, das am Ende des langen Ganges lag, und als der Schuß fiel, hatte sie die Tür verschlossen.

Sie hatte schon gemerkt, daß da etwas vor sich ging, aber sie hatte sich nicht auf die Stimmen konzentriert gehabt.

»Verhalten Sie sich ruhig«, sagte sie zu der Patientin. »Ich werde jetzt telefonieren.«

Marlies dachte mehr an ihren Zeckenbiß als an andere Gefahren, und auch an den netten Dieter Sommer dachte sie. Durch die Spritzen war es ihr auch ein bißchen schwummerig, an einen Überfall dachte sie überhaupt nicht. Dr. Nordens Praxis war auch sehr weitläufig, und darauf baute Franzi. Aber als sie dann auch merken mußte, daß die Telefonleitung tot war, wurde es ihr doch anders. Sie trat ans Fenster. Es ging zur Hofseite hinaus, und da parkten auch meist nur Autos, und Menschen hielten sich nur kurz auf. Aber zu ihrer Freude sah sie einen Polizeibeamten.