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Ein teuflisches Angebot E-Book

Celeste Bradley

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Beschreibung

Perle für Perle, Kuss für Kuss erobert er ihr Herz …

Als Miss Calliope Worthington in einem vermeintlich verlassenen Herrenhaus Schutz sucht, steht sie plötzlich einem sehr ungehaltenen und sehr attraktiven Mann gegenüber. Ren Porter ist sich sicher, dass die schöne junge Frau gerade im Begriff war, eine Perlenkette aus seinem Familienbesitz zu stehlen, denn genau diese Kette hält sie gerade in der Hand. Ren will die widerspenstige Diebin bestrafen und überlegt sich etwas ganz Besonderes: Für jede Perle der Kette schuldet ihm Callie einen Akt der Hingabe und Leidenschaft …

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Buch

Als Miss Calliope Worthington von einem Regenguss überrascht wird, sucht sie in einem vermeintlich verlassenen Herrenhaus Schutz. Als sie gerade eine Perlenkette, die in einer staubigen Truhe liegt, in die Hand nimmt, steht plötzlich ein sehr ungehaltener, aber auch gefährlich attraktiver Mann vor ihr. Ren Porter ist der Besitzer des Hauses, und er ist sich sicher, dass die schöne junge Frau gerade im Begriff war, die Kette zu stehlen. Was könnte er auch anderes denken? Er will die widerspenstige Diebin bestrafen, doch weil er auch bemerkt, wie sehr er sich von ihr angezogen fühlt, denkt er sich etwas ganz Besonderes aus: Für jede Perle der Kette schuldet ihm Callie einen Akt der Hingabe und Leidenschaft …

Autorin

Celeste Bradley, 1964 in Virginia geboren, lebt am Fuße der Sierra Nevada in Nordkalifornien. Sie ist mit einem Journalisten verheiratet und hat zwei Töchter. Bevor sie 1999 ihren ersten Roman veröffentlichte, arbeitete sie auch als Schauspielerin, doch ihre wahre Leidenschaft ist das Schreiben. Preisgekrönt, u. a. mit dem RITA Award für besonders herausragende Liebesromane, gehört die New-York-Times-Bestsellerautorin inzwischen zu den heiß geliebten Stars des Genres.

Weitere Informationen unter: www.celestebradley.com

Von Celeste Bradley bei Blanvalet lieferbar:

Verruchte Nächte · Brennende Sehnsucht · Flammende Versuchung · Ein sinnlicher Schuft · Ein verruchter Lord

Celeste Bradley

Ein teuflischesAngebot

Roman

Aus dem Amerikanischenvon Jutta Nickel

Die Originalausgabe erschien 2013unter dem Titel »When She Said I Do«bei St. Martin’s Press, New York.

1. AuflageDeutsche Erstausgabe Januar 2015bei Blanvalet Verlag, einem Unternehmen derVerlagsgruppe Random House GmbH, MünchenCopyright © 2013 by Celeste BradleyCopyright © 2015 für die deutsche Ausgabeby Blanvalet Verlag, in der Verlagsgruppe Random House, MünchenDieses Werk wurde im Auftrag von St. Martin’s Press LLC durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen, vermittelt.Umschlaggestaltung: © Johannes Wiebel | punchdesign,unter Verwendung eines Motivs von Shutterstock.comund einer Illustration von © Chris CocozzaRedaktion: Melike KaramustafaLH · Herstellung: cbSatz: DTP Service Apel, HannoverISBN: 978-3-641-14409-8www.blanvalet.de

Kapitel 1

Cotswolds, England, 1816

Na, war das nicht einfach wunderbar?

Eiskaltes Flusswasser drang in die Kutsche, spülte Miss Calliope Worthington von ihrem Sitz und schleuderte sie gegen die schräg sich neigende Decke, bevor es sie durch die gegenüberliegende Tür hinausriss. Der Schock des eiskalten Wassers ließ sie nach Luft schnappen, während sie an Schaum, Dreck und Entsetzen würgte.

Die Strömung riss ihr den Schuh vom Fuß. Callie schloss die Augen, während sie sich verzweifelt an die lederne Schlaufe klammerte, die auf der Reise vom heimischen London bis zu dieser düsteren, zerstörten Brücke in Cotswolds über ihrem Kopf gebaumelt hatte.

Die andere Hand hatte sie an der Rückseite des Mantels ihrer Mutter Iris zur Faust geballt, die beide Arme um Callies beleibten und bewusstlosen Vater Archie schlang.

Callie warf den Kopf zurück. »Dade!«, schrie sie nach ihrem Bruder.

***

Endlich zeichnete sich ein prächtiges Haus in der Dunkelheit vor ihnen ab. Der feinporige Kalkstein aus Cotswolds schien im Mondlicht förmlich zu glühen. Niemand reagierte, als sie dröhnend an die breite Eichentür klopften und mit lautem Rufen ihre Ankunft signalisierten. Calliope half ihrem Bruder Daedalus, den bewusstlosen Körper ihres Vaters durch das unverschlossene Portal und weiter in das düstere, frostige Haus zu manövrieren, während ihre Mutter den einzigen kleinen Koffer hinter ihnen herschleppte, den sie hatten retten können. Niemand störte sie bei ihrem Weg durch die Eingangshalle in einen kleinen Salon.

Calliope half ihrer Mutter, die Staubhussen von den Sofas zu ziehen, als ihr Herz plötzlich erleichtert hüpfte. Ihr Vater erlangte langsam sein Bewusstsein zurück und murmelte ein paar verdrießliche Worte vor sich hin.

Dade drehte sich zu ihr um. »Callie, ich gehe nach draußen und helfe Morgan mit den Pferden.«

Das Gespann war schon etwas älter und in Panik geraten. Die Tiere waren es nicht gewohnt, vom Eiswasser der Schneeschmelze von einer Brücke gefegt zu werden, weshalb sie sich in dem zerbrochenen Geschirr gehörig verheddert hatten. Morgan, Kutscher der Worthingtons und ihr Hausdiener für alle Angelegenheiten, hatte es vorgezogen, am Flussufer zu warten, bis die Pferde sich beruhigt hatten.

Callie half Dade, sich gegen den Frost warm einzupacken, obwohl sie nichts Trockenes finden konnten, außer ein paar muffiger Schoßdecken, die gefaltet im Sessel am Fenster lagen. Callie arbeitete für sich selbst eine Staubhusse zu einer Art Toga um und hängte ihr Kleid zum Trocknen neben den Kamin. Dann bückte sie sich, um mit den Streichhölzern vom Sims ein Feuer zu entzünden.

Erst nachdem Dade gegangen war, nachdem ihre Mutter sich auf dem Sofa gegenüber niedergelassen hatte und von dort aus besorgt auf ihren Ehemann blickte, nahm Callie sich die Zeit, ihre Umgebung eingehender zu mustern.

Das Haus war sehr schön. Sogar prächtig, obwohl das Wort für solch eine schlechte Haushaltsführung wohl kaum Geltung beanspruchen konnte. Aber es gab nun mal Leute, die einfach nicht auf ihre Sachen achteten.

»Mama …« Doch ihre Mutter war, besänftigt durch das knisternde Feuer im Kamin und das regelmäßige Schnarchen ihres Ehemannes, eingeschlafen. Calliope schob ihrer schlafenden Mutter eine silbergraue Strähne aus der Stirn und zog den selbst gemachten Umhang aus Leinen fester um sich. Ihr Kleid hing noch immer tropfend am Kamin, genau wie das ihrer Mutter und ein paar Kleidungsstücke ihres Vaters.

Wie zwei erschöpfte Kinder schliefen ihre Eltern auf den beiden Sofas, die in Richtung der glühenden Kohlen im Kamin gedreht standen. Calliope hätte sich gleichfalls ausruhen können, zusammengerollt auf dem dicken, wenn auch staubigen Teppich vor der einladenden Hitze des Kamins.

Neugierig, wie sie war, wollte sie stattdessen jedoch lieber das Haus nach weiteren Annehmlichkeiten für ihre Familie durchstöbern.

Mit einem kleinen Kerzenstumpf in der Hand entdeckte sie zuerst die Küche, die sich genau dort befand, wo die meisten anderen Küchen auch – im hinteren Teil des prächtigen Hauses, die Treppe hinunter. Beim Anblick der Überfülle an Trockenfleisch und Käse in der großen Vorratskammer kniff sie überrascht die Augen zusammen. Unter den gefüllten Regalen standen Körbe voller Wurzelgemüse. Lauter haltbare Sachen, das war deutlich – aber warum nur in einem Haus, in dem offenkundig seit Jahren niemand mehr gewohnt hatte?

Nun, möglicherweise waren die Besitzer inzwischen unterwegs hierher. Es konnte doch hoffentlich davon ausgegangen werden, dass diese Leute einer gestrandeten Familie nicht etwa ein paar Bissen einfacher Nahrung verweigern würden? Calliope richtete ein großzügiges Tablett für ihre Mutter an und ein weiteres für Dade, der bald mit Morgan zurückkehren musste. Dicke Scheiben salzigen Schinkens und sahniger, weißer Käse hielten ihren eigenen Hunger im Zaum, als sie ein wenig Pökelfleisch schnitt und in einen Topf mit Wasser und Gemüse gab, um eine stärkende Brühe für ihren verletzten Vater zu kochen.

Zurück im Salon stellte sie den Topf neben den Kamin, damit die Brühe andicken konnte. Sie prüfte die Stirn ihrer Mutter, aber Iris schlief tief und fest und ohne das geringste Anzeichen von Fieber oder Frösteln. Ihrem Vater drückte sie die Hand, die er ihr knurrend entzog. Sogar im Schlaf war er noch ein liebenswürdiger Brummbär.

Nachdem Callie den schönen Silberkandelaber vom Kamin geholt und ins Fenster gestellt hatte, um Dade den Weg »nach Hause« zu erleichtern, fiel ihr nichts mehr ein, was sie sonst noch hätte tun können. Unruhig zog sie den groben Umhang fester über ihrem immer noch feuchten Unterrock zusammen und schnappte sich eine kleine Kerze.

Geräuschlos, weil barfuß, durchstöberte sie die erste Etage des Hauses. Auch wenn der Gedanke vielleicht unwürdig war, schwelgte sie regelrecht in dem für sie ungewohnten Gefühl, vollkommen allein zu sein. Sie hatte eine große und liebevolle – manchmal auch in den Wahnsinn treibende – Familie, aber allein war sie nie, wirklich niemals.

Zusammengequetscht mit sieben unmöglichen Geschwistern und zwei noch unmöglicheren Eltern lebte Callie in einem gemütlichen, aber schäbigen Haus in London. Sie konnte sich kaum daran erinnern, wann sie das letzte Mal Stille und Einsamkeit hatte genießen dürfen. Jahre mussten seither verstrichen sein.

Und jetzt lag dieses zauberhafte Haus vor ihr, leere Zimmer, die wie eine Schachtel voller Bonbons darauf warteten, ausgewickelt zu werden – von niemand anders als ihr!

Es gab ein geräumiges Speisezimmer mit einem langen, prächtigen Tisch, an dem das halbe Oberhaus hätte Platz nehmen können, zwei gänzlich verschiedene, aber gleichsam hübsche Empfangszimmer, ein Musikzimmer mit Klavier und ein hoch aufragendes, unter einem Tuch verborgenes Gebilde, das eigentlich nur eine große Harfe sein konnte. Es gab eine Bibliothek, die durchaus hätte beeindruckend sein können, wenn die Bücher nicht in so dicke Staubschichten eingehüllt gewesen wären, dass es unmöglich war, die Titel zu entziffern.

Das Haus war kein gewaltiges, unendliches Mausoleum, wie sie anfangs gedacht hatte. Wenn man ein wenig die Augen zusammenkniff und sich saubere, kostbare Teppiche und poliertes Holz vorstellte, konnte es sogar ein durchaus fröhliches und einladendes Herrenhaus sein. Schaudernd wischte sie sich eine von der Decke herabhängende Spinnenwebe von der Wange und ging, ihrer Neugierde folgend, die würdevoll geschwungene Treppe hinauf zur oberen Galerie. Das Mobiliar in ihrem eigenen Zuhause mochte seine besten Zeiten zwar längst hinter sich haben, befand sich aber, ihrem Fleiß und der Aufsicht ihrer alten Haushälterin geschuldet, in einem makellosen Zustand.

Das hieß, bis auf diesen hässlichen Fleck im Empfangszimmer, wo die Zwillinge irgendetwas Ekliges verschüttet und anschließend versucht hatten, die Spuren ihrer Untat mit etwas noch viel Ekligerem zu beseitigen …

Silbriges Mondlicht ergoss sich durch die großen Fenster auf die lange, elegante Galerie und teilte den sich vor ihr ausbreitenden Flur in dunkle und helle Abschnitte, die sich durch die Flamme ihrer Kerze nur verschwommen ausleuchten ließen. Calliope stellte sich in eine Fensterflucht und starrte in die Nacht hinaus, die sich von einem stürmischen Albtraum in einen silbrigen Mondscheintraum verwandelt hatte. Sie konnte beobachten, wie die Wolken sich beiseite schoben und es dem nunmehr beinahe vollen Mond gestattet war, sein Licht genau dorthin zu schicken, wo sie gerade stand.

Plötzlich verspürte sie das unangenehme Gefühl, dass irgendwo ein unsichtbarer Faden des Schicksals im Gewebe ihres Lebens gezogen wurde. Was, wenn sie heute Morgen im Gasthaus eine halbe Stunde früher aufgestanden wären? Oder eine halbe Stunde später abgereist wären? Entweder hätten sie die Holzbrücke überquert, bevor sie von den Fluten zerstört worden wäre. Oder sie wären dort angekommen, hätten einfach zugeschaut, wie die Brücke weggespült worden wäre, und hätten ungefährdet wieder kehrtgemacht.

Und doch, sie durfte nicht vergessen, für die Gesundheit ihrer Familie dankbar zu sein. Sie alle konnten von Glück sagen, dass ihre Mutter dieses Haus, das so weit von der Straße entfernt lag, in der Dunkelheit erspäht hatte.

Lächelnd ließ Callie den Blick über die große Galerie schweifen und machte sich wieder auf den Weg, noch immer barfuß. Mit einer Hand schützte sie die Flamme ihrer kleinen Kerze. Lachend knickste sie vor einer sehr prächtigen alten Lady, die auf einem düsteren Porträt prangte. Manche Frauen hatten wirklich gar keinen Humor. Callie salutierte frech vor der alten Hexe und lief singend weiter, nur um zu hören, wie ihre Stimme die Galerie erfüllte. Ihre eigene Stimme, ganz allein.

»Oh, all ihr Maiden, tretet vor, und lasst uns tanzen …«

***

Ren Porter, zynisch, wie er war, und zurückgezogen, wie er lebte – das Ungeheuer ließ grüßen –, war schon betrunken gewesen, bevor der Sturm begonnen hatte. Er hatte nicht bemerkt, wann er losgegangen war, und es interessierte ihn – abgesehen davon, dass er es in seinem Haus gern ruhig und still hatte – auch nicht, wann er wieder aufhörte.

Er hockte auf einem Stuhl in seinem Schlafzimmer … nun, es mochte übertrieben sein, von »seinem« Schlafzimmer zu sprechen. Es war nur das letzte in einer langen Reihe. Sobald es ihm in einem Zimmer unerträglich wurde – wegen des Qualms, der Krümel und der leeren Flaschen –, zog Ren auf dem schier endlos langen Flur einfach eine Tür weiter zu den nächsten sauberen Laken und unangetasteten Wäschestücken.

Verdammt noch mal, das Haus gehörte doch ihm, oder etwa nicht?

Sein Haus, sein Feuer und sein Weinkeller. All das war Ren von einem älteren Cousin, an den er sich kaum noch erinnern konnte, praktischerweise zu einem Zeitpunkt überlassen worden, als er es sehr gut brauchen konnte.

Dank der ausgiebigen Nutzung des besagten Weinkellers war Ren ungewohnt sanft und milde zumute. Beinahe hätte er dem Cousin, der hoch droben ohne jeden Zweifel genau im Auge behielt, wie seine Ländereien ruiniert wurden, mit der Flasche in der Hand zugeprostet – aber gerade noch rechtzeitig erinnerte er sich daran, dass er nicht an ein »hoch droben« glaubte. Geschweige denn an ein »tief unten«.

Die Hölle hier auf Erden reichte ihm aus.

Stattdessen prostete er also dem weiterziehenden Sturm zu, dass er ihn in Ruhe und Frieden allein ließ …

Mit Gesang.

Nicht nur ein Mal hatte Ren Fieberträume durchlitten und im Zustand der Trunkenheit zahlreiche Halluzinationen erlebt; doch niemals war eine Vision von einer solch zarten Engelsstimme begleitet worden, wie sie jetzt durch seine abgeschiedenen Zimmer hallte.

Da seine Schmerzen in Schulter und Rücken so stark waren, dass kein Stuhl ihm komfortabel vorkam, bedeutete es kein großes Opfer für Ren, seiner Neugier nachzugeben und sein Zimmer auf der Suche nach der eindringlichen Melodie zu verlassen. Es wäre nicht das erste Mal, dass er versuchte, eine Illusion zur Strecke zu bringen. Einmal hatte er sogar eine ganze Nacht damit verbracht, einen violetten Hund über den Dachboden zu jagen. Im Vergleich damit schien ihm diese Vision nicht im Geringsten merkwürdig zu sein.

Die Halle war dunkel, obwohl ein schwacher Lichtschein aus einer offenen Tür von unten heraufdrang. Engelslicht? Vielleicht wäre es besser, sich zu verbergen. Denn Engel scherten sich nicht um Ungeheuer.

Und nie war es ihm gelungen, diesen verdammten Hund zu fangen …

***

In einem prächtigen Schlafzimmer, das eindeutig die Lady des Hauses bewohnt haben musste, fand Callie ein kleines Schmuckkästchen, das auf einer verzierten Spiegelkommode stand. Sie stellte den Kerzenhalter vor den Spiegel, damit die Lichtstärke sich durch die reflektierende Flamme verdoppelte.

Weil ihr Tanz sie aufgewärmt hatte, ließ sie ihren Leinenumhang zu Boden sinken. Jetzt hatte sie die Hände frei, konnte mit den Fingern in den glitzernden Schatz eintauchen. Spielerisch probierte sie alles an, die Rubine, Smaragde und Perlen. Ihr Spiegelbild war aufsehenerregend. Callie grinste.

Ein leises Geräusch hinter ihr ließ sie in ihrem leisen Gesang innehalten. Was war das?

Stirnrunzelnd betrachtete Callie ihr Spiegelbild. Es musste die Flamme gewesen sein … obwohl sie fast überzeugt war, dass sie hinter sich einen Schatten erspäht hatte, der sich bewegte. Aber das war natürlich Unsinn. Außer ihrer Mutter und ihrem Vater, die unten schliefen, war niemand im Haus. Ja, vielleicht hatte ein Windstoß an den verschlossenen Fenstern gerüttelt und eine Gardine aufgeweht, gerade dort … in ihrem Augenwinkel.

Mit angestrengt starrendem Blick suchte sie den Raum hinter sich ab, bis sie das Gefühl hatte, ihre Augen müssten zu tränen beginnen – zu angespannt, um sich auch nur umzudrehen. Es schien sicherer, genau dort stehen zu bleiben, wo sie sich befand, an der Spiegelkommode und im Licht aus zwei Flammen anstatt nur einer einzelnen.

Dann löste sich ein Schatten aus den anderen und bewegte sich auf sie zu. Sie schauderte. »Dade, du sollst mich nicht zum Narren halten.« Eigentlich hatte sie ihn scharf zurechtweisen wollen. Aber stattdessen drang ihr nur ein atemloses Wispern aus dem Mund. Denn noch während ihr die Worte über die Lippen kamen, wurde ihr klar, dass es sich nicht um ihren Bruder handelte.

Dreh dich um. Dreh dich um und renn los. Und schrei, so laut du kannst!

Sie versuchte es. Tat einen raschen Schritt nach rechts – bereit, auf dem Absatz kehrtzumachen und sich zur Tür zu flüchten. Doch ihr Körper stieß gegen eine feste Masse und prallte zurück. Noch ein rascher Schritt, diesmal nach links, aber der führte nur dazu, dass sie sich ein weiteres Mal mit dem Hüftknochen an der Kante der Kommode stieß.

Die Kehle schnürte sich ihr zu, als sie entsetzt bemerkte, wie ihr kerzenbeleuchtetes Spiegelbild vor der dunklen, massigen Gestalt hinter ihr zwergenhaft klein wirkte. Ein Schatten, der allein im Haus umherwanderte. In Trauer. Oder im Zorn.

Nein, das konnte nicht sein. Sie war abgeprallt, als ob sie mit dem Oberkörper eines menschlichen Wesens zusammengestoßen wäre. Eines Mannes. Wenn man den Märchengeschichten glauben durfte, hätte der Schatten sie in einen Frosthauch hüllen und überwältigen müssen, hätte ihr vielleicht sogar das Leben ausgesaugt. Aber gegen sie prallen?

»Ich … bitte … nicht …«

»Aha, was treibst du denn da?«

Aus der Dunkelheit tauchten zwei Hände auf, senkten sich auf sie hinunter und ruhten schließlich auf ihren Schultern. Groß und schwer waren diese Hände, heiß auf ihrer nackten Haut, durch den dünnen Stoff ihres Hemdes, und ihr Gewicht schien sie aufzuspießen wie einen Schmetterling für eine Sammlung, schien sie festzunageln an ihrem Platz vor der Frisierkommode, wo sie im Spiegel zuschauen musste, wie das drohende Unheil auf sie zukam.

»Du bist eine Diebin, du süßer Engel.«

Callie erschrak, so tief war die Stimme.

»Oder bist du ein Gespenst, das mir gesandt worden ist, mich mit dem zu quälen, was ich niemals besitzen kann? Diebstahl ist ein Verbrechen. Verbrechen werden bestraft, nicht wahr?«

Seine Hände glitten weiter zu ihrem Hals und schlangen sich um ihren Nacken, bis sie ihre Kehle ganz umschlossen.

Ich soll also sterben.

Die rubinrote Kette löste sich, rutschte beinahe zwischen ihre Brüste, wurde jedoch vorher von einer der Hände aufgefangen. Die Hand umklammerte die Juwelen.

»Zu warm für ein Gespenst.« Die Stimme hinter ihr klang rau und heiser, der Tonfall jedoch kultiviert. Allerdings auch ein wenig schwammig. »Warm genug, um Steine zum Glühen zu bringen, wenn sie dir auf die Haut gelegt würden.«

Sie zitterte, als er die Hand mit der Kette darin von ihr löste und das wertvolle Stück in das Schmuckkästchen auf der Kommode zurücklegte. Als sie versuchte, sich wegzudrehen, kehrte die Hand schnell zurück und hielt sie wieder fest. Sanft, aber unmissverständlich, heiß und frostig zugleich.

Als Nächstes kam die Kette aus Saphiren an die Reihe. Diesmal hielten die Hände den Stein in der Mitte fest, sodass die geteilten Enden ihr am Hemd hinuntergleiten konnten. Erst als das von der Haut gewärmte Silber ihr über ihre Knospen strich, bemerkte sie, wie sie sich aufgerichtet hatten, wie sie hart und erregt gegen den dünnen Batist ihres Hemdes drängten.

Der warme Atemhauch in ihrem Nacken gab ihr zu verstehen, dass sie nicht die Einzige war, die es bemerkt hatte. Hitze flammte in ihrem Gesicht auf. Nachdem die Hand, die die Saphirkette festhielt, ihre Beute wieder in das Schmuckkästchen gelegt hatte, versuchte sie, die Arme vor der Brust zu verschränken.

»Nein.« Die schweren Hände glitten sanft bis zu ihren Ellbogen und zogen sie vorsichtig nach hinten, zogen auch ihre Hände mit und zwangen sie ihr auf den Rücken. Ihre Brüste hüpften unanständig gegen das straffe Hemd; ihre Knospen waren hart wie Diamanten, deutlich zu erkennen unter dem verschlissenen Batist.

»Das ist besser. Das ist meine Vision, mein schönes Gespenst, und es ist mein Wunsch, jeden einzelnen Moment nach besten Kräften genießen zu dürfen.«

Langsam bewegte er seine Hände wieder ihre Arme hinauf und erlaubte ihr, sich trotz der beschämenden Haltung ein wenig zu entspannen. Sie wagte allerdings nicht, die Arme wieder vor der Brust zu kreuzen.

Heiß und rau und sanft zugleich fühlten seine Finger sich an, als er ihr die Ohrringe abnahm. Er nahm ja nur das wieder an sich, was zweifellos sein Eigentum war und was sie ungezogenerweise stibitzt hatte. Aber nachdem er ihr das letzte Stück der glänzenden Herrlichkeit abgenommen hatte, fühlte sie sich nackter als zuvor.

»Es tut mir leid«, fing sie an, »ich hätte nicht … aber vielleicht lassen Sie mich erkl…«

Er legte seine große Hand quer über ihr Gesicht. Sie versteifte sich vor Entsetzen und fing heftig an zu zappeln.

Mehr als nur einen einzigen Schritt nach vorn brauchte ihr Geiselnehmer nicht, um sie so fest gegen die Kommode zu pressen, dass sie von der Hüfte abwärts praktisch bewegungslos war. Angst und Hitze fluteten ihr durch den Körper und das übermächtig scharfe Bewusstsein, dass sie mit Haut und Haar seiner Gnade ausgeliefert war. Im Spiegel konnte sie erkennen, dass sie ihre Augen vor Schreck weit aufgerissen hatte, und als sie den Blick höher wandern ließ, bemerkte sie, dass der Schatten wenigstens ein menschliches Gesicht hatte.

Er befand sich noch immer halb im Dunkeln. Das Kerzenlicht war durch ihren Körper abgeschirmt, sodass sie nicht mehr erkennen konnte als ein Auge, einen schrägen Wangenknochen und eine Seite eines wohlgeformten Kiefers. Dunkelblondes Haar fiel lang und frei über die unrasierte Wange und überschattete seine Gesichtszüge, sodass sie bis auf das Auge, das sie dunkel und eindringlich und vielleicht ein wenig wahnsinnig anschaute, kaum mehr von ihm erkennen konnte.

Attraktiv. Gefährlich. Bisher hatte sie gar nicht gewusst, dass Dämonen so schön sein konnten.

Gebannt von seinem erhitzten Blick rührte sie sich nicht und versuchte auch nicht, an seiner besitzergreifenden Hand vorbeizuschreien. Kurz darauf glitt die Hand von ihrem Mund und schlang sich locker um ihre Kehle. Sie ließ es geschehen und spürte, wie die Hitze seiner Handfläche in ihre Muskeln eindrang und ihre Angst besänftigte.

Die andere Hand glitt an ihrem Arm hinunter und zog ihr das diamantene Armband vom Gelenk. Als er an ihr vorbeigriff, um den Schmuck in das Kästchen zu legen, strich sein muskulöser Arm an ihren aufgerichteten Knospen entlang. Callie schnappte nach Luft, so heftig waren die Empfindungen, die ihr bei dieser schockierenden Berührung durch den Körper jagten.

Niemals. Noch nie … war sie … dort berührt worden.

Und das wird auch niemals wieder geschehen. Deine Zeit ist abgelaufen, schon vergessen? Ein Leben als verstaubte Jungfer, das ist alles, was du noch vor dir hast.

Er erstarrte ebenso, den Arm noch immer um ihren Körper geschlungen. Dann zog er ihn langsam zurück und absichtlich ein wenig zur Seite. Sein weißer Ärmel zerrte an dem papierdünnen Stoff ihres Hemdes, rieb den Stoff so fest an ihrer zarten Haut, dass es beinahe schmerzte.

Ein erstickter Laut löste sich aus Callies Kehle. Teils ängstlich, teils schockiert und teils erstaunt zitternd war es, als würde sie aus einem langen Traum erwachen.

Niemals. Nie!

Sie fing an zu zittern. Ihr Körper war so gefangen in den zuckenden Bewegungen, dass sie sich nicht mehr beruhigen konnte. Er ließ den Arm sinken. Fest schloss sie die Augen.

Er hat doch nichts anderes getan, als den Schmuck wieder an sich zu nehmen, beschwor sie sich, vielleicht will er mir gar nichts Böses antun.

»Eine Jungfrauen-Fantasie? Nicht unbedingt das, was mir sonst vorschwebt. Aber warum immer darauf bestehen, sich auf ganzer Linie durchzusetzen.« Er klang sanft und irgendwie merkwürdig, so als wäre sie gar nicht anwesend.

»Also Verführung? Ich soll dafür sorgen, dass sie mich will? Unmöglich. Die Sache ist ja noch schlimmer als damals mit dem verdammten Hund …«

Callie kniff die Augen noch fester zusammen. Er dachte also, dass sie verführt zu werden wünschte? Andererseits, was sollte ein Mann sonst denken, der ein tropfnasses, halb nacktes Mädchen in seinem Haus aufgriff? Entsetzen breitete sich in ihr aus, schnürte ihr die Kehle zu, ohne dass sie den Schrei hinauslassen konnte.

Ein Ärmel ihres Hemdes rutschte hinunter, tiefer …

Sie erschrak, zerrte an seinem Griff. »Schscht«, flüsterte er ihr ins Ohr, »du brauchst keine Angst zu haben, süßes Gespenst. Du bist einfach zu schön, um so verhüllt zu bleiben.«

Einerseits konnte Callie vor Angst kaum einen klaren Gedanken fassen. Wie verrückt schossen ihre Gedanken hin und her. Andererseits erstaunte sie, dass ein Mann, der so entschlossen schien wie er, mit einer Frau, die seiner Gnade voll und ganz ausgeliefert war, so sanft umgehen konnte.

Sie spürte, wie er einen Arm um sie schlang. Spürte, wie ihr der zweite zarte Ärmel des Hemdes über den Ellbogen glitt. Mehr als einmal am Stoff zupfen brauchte es nicht und schon kringelte sich das feuchte, klebrige Hemd rund um ihre Taille. Ihre Ellbogen in den Ärmeln gefangen. Der Frost im Zimmer jagte ihr einen weiteren Schauder durch den Leib, der in ihren immer noch harten Knospen zu gipfeln schien.

Sie spürte, mehr als dass sie hörte, wie er lange und tief einatmete.

»Mach die Augen auf.«

Callie zögerte. Gehorchte dann jedoch dem mit rauer Stimme ausgestoßenen Befehl. Das Bild, das sich ihr im Spiegel darbot, sah wirklich unanständig aus. Ihre Schultern, ihr Oberkörper, die Brüste zeichneten sich nackt und elfenbeinfarben von dem großen, dunklen Körper hinter ihr ab. Das zerknitterte Hemd, in dem ihre Arme gefangen waren, ließ alles noch schamloser wirken, fast schlimmer, als wenn sie ganz nackt gewesen wäre.

Sie hob den Blick zu ihren eigenen Augen im Spiegel, die über den Schreck seiner großen Hand auf ihrem Mund noch immer weit aufgerissen waren … Bin ich das etwa?

»Ah, du hast noch etwas von mir.«

Zwischen ihren Brüsten baumelte eine lange, wunderschöne Perlenkette, die ätherisch im goldenen Licht des Kerzenscheins schimmerte.

Ihre Finger zuckten hoch, um die Kette zu greifen, doch er fing sie ein wie einen Schmetterling, hielt sie sorgsam in seinen großen Händen gefangen und drückte ihr die verschränkten Finger zwischen die Brüste.

»Du könntest sie behalten, mein köstlicher Geist, wenn du nur möchtest.«

Seine Worte klangen gebrochen, so als ob sie jemandem aus dem Mund gerissen wurden, der es nicht gewohnt war, um etwas zu bitten.

»Wie wäre es mit einem kleinen Gefallen? Nein, da geht mir zu vieles durch den Kopf … Ich könnte dich um mehr bitten … einen kleinen Gefallen für jede einzelne Perle?«

Seine warmen Finger glitten an der Kette entlang und strichen ihr leicht über die Haut. »So viele Perlen … mit einer solchen Prämie könnte ich dich für ein Jahr und länger hier behalten. Wie wäre es, wenn du jede Nacht zu mir kommst und dir eine Perle verdienst? Am Ende würde ich mich glücklich schätzen, dich freizulassen, wenn du nur bereit wärst, mir an kalten Abenden und in noch kälteren Morgendämmerungen deine Wärme zu schenken …«

Callie spürte, wie ihre Angst mehr und mehr in der Einsamkeit seiner tiefen Stimme versickerte. Er wusste gar nicht, was er da gesagt hatte, so verstrickt war er in seine mit Brandy getränkten Spinnereien. Sie würde sich erklären, würde ihn überzeugen, dass sie ein Mädchen aus Fleisch und Blut war, noch dazu ein wohlerzogenes, das nur in seinem Haus gelandet war, weil es Schutz vor dem Sturm gesucht hatte.

Er ließ sie los. Er schloss die warmen Hände über ihren Brüsten und sein heißer Mund strich an ihrem Nacken herab. Ihr entsetztes Schnappen nach Luft ging in einem tiefen und verlangenden Knurren unter, das ihm aus der Kehle drang, als er sie heftig an sich zog.

Und dann war er fort. Hatte sich mit einer Gewalt von ihr fortgerissen, die sie gegen die Kommode geschleudert hatte. Weil ihre Arme noch immer gefangen waren, konnte sie sich nicht abstützen, stolperte und stürzte zu Boden. Die Perlenkette verfing sich an der Ecke der marmornen Abdeckplatte und riss auf ihrem Weg nach unten entzwei. Glitzernde Kügelchen hüpften überall auf und ab und rollten davon.

Sie rappelte sich wieder auf, stopfte sich hektisch das Hemd zurecht und entdeckte, als sie sich umdrehte, zwei kämpfende Schatten.

»Dade!«

Wieder auf den Beinen, schnappte sie sich die Kerze und streckte sie in die Höhe. Zwei Köpfe – der eine dunkel, der andere hell –, das musste Dade sein! Sein Haar schimmerte noch goldener als ihr eigenes. Callie suchte nach einem schweren Gegenstand, der sich schwingen ließ, und machte sich bereit, sich zur Verteidigung ihres Bruders ins Getümmel zu stürzen.

Als der Kampf näher rückte, erkannte sie, was ihr im Spiegel verborgen geblieben war: Das Gesicht ihres Angreifers war zerfurcht und halb zerrissen – finster und dämonisch!

Callie schrie auf und löste den Griff um den Kerzenhalter. Es wurde vollkommen dunkel.

Kapitel 2

Das Ärgerlichste an einem Duell war möglicherweise, dass es zur frühen Morgenstunde stattfand. Callie hielt sich die behandschuhte Hand vor den gähnenden Mund. Wenn Männer schon so idiotisch sein mussten, sich gegenseitig zu erschießen, warum konnten sie das nicht ebenso gut am Nachmittag erledigen? Vielleicht nach einem köstlichen Mittagsmahl und einem kleinen Schläfchen?

Callie, die insgeheim überzeugt war, dass ein beträchtlicher Anteil der Wirren in der Welt dadurch gelöst werden könnte, dass alle beteiligten Parteien sich zu einem entspannten Schläfchen zurückzogen, gähnte ein zweites Mal und starrte ihren Bruder an. Zorn war ein sicheres Gefühl. Viel sicherer als der Gedanke an die skandalösen Momente des Wahnsinns der letzten Nacht.

Darüber hinaus eignete Dade sich besser zum Anstarren als der alarmierende Mr. Porter. Denn Dade würde weder zurückstarren noch sie mit erhobener Hand gefangen halten noch den Mund aufreißen und überall herumerzählen, was sich wirklich abgespielt hatte.

Am besten wäre es natürlich, die ganze Sache einfach zu vergessen. Schließlich war ihr kein Leid angetan worden und sie selbst hatte auch niemanden verletzt. Es war ein dummer Fehler gewesen, den sie in einem seltsamen, traumähnlichen Augenblick begangen hatte; in diesem Augenblick hatte sie sich erlaubt, jemand zu sein, der sie normalerweise ganz bestimmt nicht war.

Nach der schlaflosen Nacht war sie sehr müde. Ihr war kalt und sie wollte nach Hause. Callie wünschte sich, dass Dade und Mr. Porter ihre Dummheiten doch noch überwanden oder aber ihr albernes Männlichkeitsgehabe zumindest rasch zu Ende brachten. Schwenkt eure Pistolen hin und her, schießt in die Luft, erklärt euch für gerächt oder was auch immer, und dann lasst uns einfach nach Hause gehen!

Nur dass die Szene nicht wie albernes Männlichkeitsgehabe wirkte, sondern sehr ernst. Dade, in seinem blauen Übermantel steif und formell, das Gesicht blass, krank und entschlossen. Mr. Porter, der sich die Kapuze seines Umhangs tief in das beängstigende Gesicht gezogen hatte, wirkte in seiner Haltung und in der Art, wie er die Pistole fest in der großen Hand hielt, nicht weniger entschlossen. Sie standen Rücken an Rücken – der kräftige, blonde junge Gentleman und der geschmeidige, humpelnde Mann der Schatten.

Callies Magen verkrampfte sich. Dies alles fühlte sich schrecklich falsch an. Jemand sollte dafür sorgen, dass sie damit aufhörten. Jemand sollte eingreifen! Sie blickte ihre Eltern an, die aber nur Arm in Arm dastanden, besorgt aussahen – hilflos und befremdlich alt.

Archie starrte in die Richtung von Mr. Porter. »Es ist nur recht, dass mit dem Mann etwas geschieht. ›Er ist so ungeschlacht in seinen Sitten als von Gestalt.‹«

Iris beugte sich dichter zu Callie. »Prospero, aber das weißt du ja. Der Sturm. Fünfter Akt, erste Szene.«

Callie schenkte ihren Eltern keine Beachtung. Es wäre fatal, sie jetzt noch anzuspornen. Dann konnten sie stundenlang so weitermachen. Sie schluckte. »Dade …«

Eine scharfe Handbewegung schnitt ihr das Wort ab. Morgan, der Dade als Sekundant zur Verfügung stand, begann die Schritte abzuzählen. »Eins. Zwei. Drei.«

Beide Männer setzten sich in Bewegung. Dade in langsamen, absichtsvoll gesetzten Schritten, Mr. Porter in schlurfendem, schwankendem Gang.

»Zehn.«

Zwanzig Schritte weit voneinander entfernt drehten die Männer sich um und richteten die Pistolen aufeinander. Mr. Porter feuerte sofort. Die Explosion des Schießpulvers in der Stille des frühen Morgens scheuchte die Vögel aus den Bäumen auf und ließ Callie das Herz in die Kniekehlen sinken.

Die Kugel zerfetzte das Gras zu Dades Füßen. Erde und Wurzeln flogen hoch und landeten auf seinen Stiefeln. Dade fuhr zusammen, senkte den Blick und hob ihn gleich wieder, um Mr. Porter anzublicken. Sein Kiefer verhärtete sich.

»Bilden Sie sich bloß nicht ein, dass ich Sie verschone.«

Mr. Porter senkte seine rauchende Pistole und schleuderte sie schließlich ins Gras. »Dann feuern Sie endlich.«

Dade umklammerte die Pistole noch fester und zielte.

Callie wurde übel. Oh, warum nur griff niemand ein?

Mr. Porter ging langsam auf Dade zu, grimmige Entschlossenheit schien aus jedem seiner taumelnden Schritte zu sprechen. »Machen Sie schon. Drücken Sie ab. Oder sind Sie etwa nicht überzeugt, dass ich den Tod verdient habe? Ist es nicht so, dass Sie mich überhaupt nur deshalb herausgefordert haben?«

Er kam näher und näher. Jeder Schritt brachte ihn mehr in Reichweite. Jetzt konnte Dade ihn nicht mehr verfehlen, es sei denn, er wollte es. Aber ein einziger Blick in das Gesicht ihres Bruders verriet Callie, dass er es nicht wollte.

Und Mr. Porter hatte offenbar auch nicht vor, stehen zu bleiben. Langsam setzte er seinen schlurfenden Gang fort, bis unmittelbar vor die Kugel, die aus Dades Pistole dringen sollte.

Was tat er da? Hatte er etwa den Verstand verloren? Konnte er etwa nicht erkennen, dass Dade abdrücken würde?

Als Mr. Porter mit dem Oberkörper kaum mehr als einen halben Meter von Dades Pistole entfernt war, blieb er endlich stehen.

»Ich warte.« Mr. Porters raue Stimme klang deutlich in Callies Ohren. »Feuern Sie. Machen Sie doch endlich. Krümmen Sie den Finger um den Abzug und drücken Sie ab.«

Dade mahlte mit dem Kiefer. »Sie glauben wohl, dass Sie mich mit solchen Spielchen verwirren können?«

»Ich spiele keine Spielchen. Sie hegen einen Groll gegen mich. Ich habe nichts gegen Sie. Gönnen Sie sich Ihre Rache, und dann sind wir quitt. Verdammt noch mal, wir sollten es endlich hinter uns bringen.«

Verdammt noch mal, wir sollten es endlich hinter uns bringen. Callies Gedanken schweiften zurück zur vergangenen Nacht. Zu Mr. Porters merkwürdiger Art zu reden … so als ob er glaubte, jeden Moment tot umzufallen. Wollte er etwa sterben?

Und doch, seine Hände und die düsteren, einsamen Worte hatten sie innerlich aufgewühlt, so hungrig und verlangend hatten sie geklungen. Er wollte leben. Sie wusste es einfach.

Aber vielleicht weiß er es einfach nicht.

Dreckskerl! Plötzlich war Callie von wüstem Zorn erfüllt. Konnte es wirklich sein, dass sie alle diese Schrecken durchleiden mussten, nur weil er den Kampf aufgeben wollte? Weil er sich unter der Flutwelle seines Elends begraben lassen wollte?

Und Dade? Wie sollte er sich verhalten? Würde er sich sein unehrenhaftes Verhalten jemals verzeihen können, wenn er jetzt die Pistole ablegte? Und wenn er feuerte – würde er sich jemals verzeihen können, ein Leben ausgelöscht zu haben?

Aber … er würde doch gar kein Leben auslöschen. Oder etwa doch? Würde ihr ehrenwerter, törichter Bruder Mr. Porter tatsächlich töten? Um ihretwillen, um der Familienehre willen?

Entsetzt schaute sie zu, wie Dade schluckte und blinzelte.

Oh, du lieber Himmel, er würde es tun.

Mr. Porter hatte es auch gesehen, denn er straffte sich ein wenig und hob den Kopf. Wartete.

Callie kam es vor, als würde sie ihre Zukunft in Form eines Theaterstückes betrachten. Sie sah Mr. Porters reglosen, blutenden Körper auf dem Boden. Sah Dade, blass und gelöst, wie er sich mit rauchender Pistole über ihn beugte. Mr. Porter, der hier in diesem Grund und Boden beerdigt wurde, mit niemandem als dem Pfarrer zu seinem Geleit. Dade vor Gericht, wie er des Mordes für schuldig gesprochen wurde. Dade, wie er leblos am Strang des Henkers baumelte, wie ihm die geschwollene Zunge aus dem Mund quoll.

Am Ende konnte Callie nicht mehr genau sagen, wie sie zu ihm gelangt war. Sie musste über das taufrische Gras gerannt sein, noch ehe der Augenblick gekommen war, denn just in der Sekunde, als Dades Finger sich um den Hahn krümmte, kam sie schlitternd vor Mr. Porter zu stehen.

»Du darfst ihn nicht erschießen!«

Fluchend riss Dade die Pistole hoch. »Zum Teufel noch mal, Callie!«

Callie pflanzte sich vor Mr. Porter auf. Um die Wahrheit zu sagen, sie presste sich mit dem Rücken gegen ihn – so nahe war er der Pistole gewesen. »Dade, du darfst ihn nicht töten!«

Dade schnaubte. »Ich denke vielmehr, dass ich es sogar tun muss.«

Mr. Porter atmete tief aus. »Bitte tun Sie es.«

»Halt den Mund!«, befahl Callie über ihre Schulter nach hinten.

»Callie, geh aus dem Weg. Die Sache geht dich nichts mehr an.«

»Geht mich nichts mehr an?« Callie stemmte die Hände in die Hüften. »Na, das kommt mir gerade recht! Ist es nicht so gewesen, dass ich diejenige bin, die mit Mr. Porter … äh …«

»In Konflikt geraten ist?«, half Mr. Porter ihr freundlich weiter.

»Halt den Mund!«, zischte Callie erneut über die Schulter und streckte Dade die geöffneten Handflächen entgegen. »Eigentlich wollte ich es dir nicht erzählen, aber …« Zum Teufel noch mal, jetzt würde sie ihrem übermäßig beschützenden, liebevollen älteren Bruder erzählen müssen, dass sie sich halbwegs bereitwillig ihrer Verführung hingegeben hatte. Und als sie den Mund aufmachte, wollte sie genau dies sagen. Und es war nicht ihr Fehler, dass komplett andere Worte herauskamen.

»Er hat mir einen Antrag gemacht!«

»Ach, hat er das?«

»Habe ich das?«

Mr. Porters leise geraunte Frage erreichte glücklicherweise nur ihr Ohr. Sie drehte den Kopf und funkelte ihn an, konnte aber nur diejenige Seite seines Gesichts erkennen, die fast ohne Narben war. Sein Auge musterte sie überrascht und vielleicht blitzte sogar eine gewisse zynische Anerkennung darin auf.

»Ja, das hast du«, wisperte sie drängend, schaffte es aber nicht, das verzweifelte Flehen in ihrer Stimme zu unterdrücken. »Du musst einfach.«

Er kam noch näher. »Ich kann mich nur an einen Vorschlag erinnern, in dem es um Perlen ging.« Sein Atem strich ihr heiß über das Ohr.

Callie stieß ihn heftig mit dem Ellbogen. Er fing ihren Arm ein und hielt ihren Blick fest. »Aber ich verspüre nicht den Wunsch zu heiraten.«

»Kann das ein wirklich schlimmeres Schicksal bedeuten als den Tod?«, zischte sie ihm zu.

»Nun, wenn du es unbedingt so ausdrücken willst …«

Callie warf dem wütenden Dade einen Blick zu. »Dann bist du also einverstanden?«

»Perlen«, mahnte er.

Sie kniff die Augen zusammen und überlegte blitzschnell. »Hochzeitsperlen? Und die Bedingungen des Vollzugs bleiben gleich?«

Sein anderer Arm glitt sicher – oder vielleicht auch besitzergreifend – um ihre Taille. Er nickte knapp. »Ich denke, damit kann ich leben.«

»Dann ist es abgemacht.« Sie drehte sich zu Dade, der ihr angespanntes Flüstern beobachtet hatte, und lächelte ihn aus Mr. Porters starker Umarmung an.

»Mr. Porter und ich werden heiraten!«

***

Bald darauf musste Callie verwundert feststellen, dass sie sich in einem Dorf namens Amberdell in der kärglichen Stube eines Pfarrers wiederfand und dass ihre Hand unter den Blicken der kärglichen Pfarrersfrau einen zierlichen Strauß Maiglöckchen umklammerte – die einzigen Blumen, die ihre Mutter im kärglichen Garten des Pfarrers hatte finden können – und mit einem Mann verheiratet wurde, der ihr vollkommen fremd war.

Dem Pfarrer konnte sie keine Schuld geben. Bei aller Kärglichkeit gab er sein Bestes, Mr. Porter zu bewegen, den Umhang abzulegen, aber der schenkte ihm einfach keine Beachtung. Der Pfarrer wagte es nicht, den reichsten Landbesitzer in der Gegend zu sehr zu drängen, obwohl Callie bemerkt hatte, dass dem Mann so viel Gold in der Tasche steckte, dass es ihm die Weste ausbeulte; auch dies mochte seiner Zustimmung zur Zeremonie, der Kapuze und allem anderen zuträglich gewesen sein.

Iris entschied sich, ihre mütterlichen Gefühle durch lautes Seufzen und das Schwenken eines spitzenbesetzten Taschentuchs kundzutun, ganz so, als würde sie einem großen Ozeandampfer zum Abschied winken. Archie räusperte sich unablässig und tupfte sich die Augen. Es kam Callie vor, als würden ihre Eltern auf Zehenspitzen um diese Sache herumschleichen, die da in der Mitte des Zimmers stand – mit Kapuze und allem Drum und Dran.

Ich kenne diesen Mann doch gar nicht! Irgendjemand sollte jetzt wirklich mal eingreifen, um diese Hochzeit zu verhindern!

Dade hätte es getan, wenn er nur gekonnt hätte. Das war ihr klar. Die ganze Zeit sah er wütend und elend aus, und wenn er nicht endlich seine Fäuste lockerte, würden seine Hände in dieser Stellung für immer erstarren.

Aber was hätte er tun sollen? Was hätten die anderen tun sollen?

Unter dem Umhang tauchte eine Hand auf, die nach ihrer griff. Callie atmete tief durch, nahm die Hand und wandte sich dem Pfarrer zu.

Der Pfarrer sprach. Dessen war sie sich jedenfalls sicher, da der Mund des Mannes sich bewegte und alle nickten. Sie konnte allerdings nichts anderes hören als dieses Gebrüll in ihren Ohren und das Geflatter ihres panischen Herzens.

Ich kann das nicht tun. Ich darf nicht. Kann nicht …

Die große warme Hand schloss sich um ihre und drückte sie so fest, dass es beinahe wehtat. Und genau das brauchte sie auch. Sie klammerte sich an diese Hand und war dankbar für die Hitze und die Stärke, die sie ausstrahlte. Denn es kam ihr vor, als wäre es das Einzige, was ihr Gewissheit verlieh. Unter großer Anstrengung zur Konzentration konnte sie endlich wieder ihre Füße auf der Erde spüren, die sich verlässlich weiter um die eigene Achse drehte.

Die bizarre Zeremonie kam zum Ende. Nachdem der Pfarrer seine Bibel geschlossen hatte, herrschte einen Moment lang unbehagliches Schweigen, das Archie mit einem doppelten Räuspern unterbrach, während Iris sich mit lautem Trompeten die Nase schnäuzte.

Die Leute fingen wieder an zu atmen und sich zu bewegen. Überrascht stellte Callie fest, dass sie es schaffte, auch weiterhin ohne Hilfe zu stehen, nachdem Mr. Porter ihre Hand losgelassen hatte. So schwach ihre Knie sich auch anfühlen mochten, so gut konnte man sich aber doch noch auf sie verlassen.

Ich bin verheiratet.

Zusammen mit einem weiteren Gentleman – Callie konnte sich dumpf daran erinnern, dass er mit seiner Frau hereingekommen war, kurz bevor die Zeremonie angefangen hatte – unterschrieben Dade und Archie die Heiratsurkunde im Büro des Pfarrers.

Sie hatte einen Schwur geleistet. Gegenüber einem Fremden.

Callie schaute zu, wie Mr. Porters verhüllte Gestalt sich niederbeugte, um die Urkunde zu unterschreiben. Seine Hand war flink, die Unterschrift entschlossen. Ein paar Sekunden später erinnerte sie sich wieder an ihren eigenen Namen und unterschrieb ebenfalls. Nur dass es nicht länger ihr eigener Name war, oder?

Ihr Leben in den Händen dieses merkwürdigen Eremiten – für immer.

Nun, vielleicht nicht ganz für immer. Es mochte sein, dass er sich heute eine Frau gekauft hatte, aber nur für den Preis einer Perlenkette. Callie würde sich weigern, darüber hinaus bei Mr. Porter zu bleiben und seinem sicherlich niederträchtigen Verlangen zu entsprechen – aber seinen teuflischen Handel würde sie beim Wort nehmen. Sobald die letzte Perle wieder auf die Schnur gereiht war, würde sie mitsamt seines Namens für immer verschwinden!

Oh, du liebe Güte.Verlangen! Nicht mehr lange, und ihre Hochzeitsnacht würde anbrechen!

Wieder hatte sie das Gefühl, in Ohnmacht zu sinken. Es wäre ihr sehr lieb, wenn ihr ein wenig Zeit zur Vorbereitung bleiben würde. Ob sich überhaupt ein anständiges Nachthemd unter den Sachen befand, die sie gerettet hatte? Ob es wohl sauber war? Würde sie … würde sie überhaupt eins brauchen? In diesem Augenblick beschloss sie, sich so dick eingewickelt ins Bett zu legen wie ein Nomade. Sie hob das Kinn und mahnte sich, nicht zu vergessen, dass sie geschworen hatte, zu lieben, zu ehren und zu gehorchen, bis dass der Tod sie scheiden würde.

Oder bis ich mir diese Perlen verdient habe. Was auch immer zuerst eintreten wird.

Als ob er geahnt hätte, in welche Richtung ihre Gedanken abschweiften, drehte Mr. Porter sich zu ihr um und blickte sie aus dem Schatten seiner Kapuze heraus an.

Ich finde die Bedingungen in Ordnung.

Callie wandte den Blick ab. Nachdem alle Papiere unterschrieben, bezeugt und mit dem Siegel des Pfarrers und Mr. Porters Ring versehen waren, fand Callie sich in der festen Umarmung ihrer Mutter wieder, mit wehendem Taschentuch und allem weiteren theatralischen Drum und Dran.

»Oh, meine Kleine, wie sollen wir bloß ohne dich zurechtkommen!«

Wahrscheinlich wird das gesamte Tollhaus niederbrennen. Vier Wochen gebe ich euch. Höchstens.

Sie lächelte Iris und Archie an, der sich einmal mehr räusperte. »Alles wird gut. Dade wird sich um euch kümmern und Orion jagt inzwischen auch fast nichts mehr in die Luft.«

Iris richtete ihren verträumten Blick für eine einzige Sekunde auf Callie. Und als Callie plötzlich ein verschmitztes Wissen in den blassblauen Augen ihrer Mutter aufblitzen sah, musste sie blinzeln.

Iris tippte mit dem Finger auf Callies Nasenspitze. »Auf keinen Fall solltest du dir von diesem Kerl irgendwelche Dummheiten bieten lassen, Liebling. Schließlich bist du eine Worthington, vergiss das nicht!« Dann verflüchtigte sich die ungewohnte Schroffheit in ihrer Stimme und Iris’ Blick wanderte zur Seite. »Wirklich schöne Schultern, das muss man ihm lassen … obwohl …«

Dade stützte seine Mutter und nickte Callie knapp zu. »Du weißt ja, dass es noch nicht zu spät ist«, murmelte er, »wir können die ganze Sache annullieren lassen, bevor ein Unglück passiert.«

Callie schüttelte den Kopf. Es war bereits zu spät, viel zu spät. »Nein.«

Archie räusperte sich. »Sei nicht dumm, mein Junge! Callie und dieser Kerl sind wie füreinander geschaffen. Es reicht ein einziger Blick, um zu erkennen, dass ihre Liebe ewig dauern wird!«

Callie spürte Mr. Porter, ehe sie ihn sah oder hörte, spürte seine Hitze an ihrem Rücken und stieß den Atem aus, als ein Arm sich von hinten um ihre Taille schlang. Erst schluckte sie schwer, dann schaute sie ihren Vater an. »Ja, Papa.«

Es war zwar dumm, aber für sie alle würde es einfacher sein, wenn ihre Eltern sich weiterhin in der selbst erschaffenen Illusion einer Liebesheirat wiegten.

Das unbekannte Paar näherte sich, um sein Bei… äh, seine Glückwünsche zu bekunden. Der Gentleman – ein großer, dunkler Kerl in der Kleidung eines Landadeligen und mit den Händen eines Bauern – wartete schüchtern darauf, dass Mr. Porter ihn vorstellte. Aber als das fortdauernde Schweigen ihnen allen zu verstehen gab, dass dies nicht geschehen würde, verbeugte er sich vor Callie und bot ihr die Hand.

»Mrs. Porter, wir freuen uns sehr, Sie an diesem schönen Tag kennenlernen zu dürfen. Ich bin Mr. Henry Nelson und dies ist meine Frau, Betrice.« Die Lady war sehr hübsch, sie besaß einen scharfen und aufmerksamen Blick, zarte Konturen und wundervolles schwarzes Haar. Callie mochte Nelson auf Anhieb und beschloss, dass Betrice, die zwar ein wenig überspannt schien, im Vergleich mit Mr. Porter als Quell der Normalität gelten musste.

Callie knickste. »Danke, dass Sie dabei sind. Ich …« Irritiert hielt sie inne. »Hat der Pfarrer Sie um Ihre Zeugenschaft gebeten?«

Nelson lachte. »Nein, Cousine. Lawrence hat nach uns geschickt.«

»Cousine!« Callie lächelte noch breiter und hieß ihn aufrichtig willkommen. »Oh, ihr gehört zur Familie!« Sie lächelte Betrice an. »Oh, wenn du so schnell herkommen konntest, dann wohnst du doch bestimmt ganz in der Nähe, oder?«

Betrice nickte. Ihr Blick flackerte zu Mr. Porter, der weder seinen Griff von Callie gelöst hatte noch von seiner Verwandtschaft die geringste Notiz zu nehmen schien. Dafür, wie er seine, äh … Zuneigung zu ihr der Öffentlichkeit präsentierte, hätte sie ihm am liebsten den Ellbogen in den Bauch gerammt. Aber natürlich durfte sie diese Leute, die im Dorf sicherlich allseits bekannt waren, keine schlechtere Meinung von sich gewinnen lassen, als es ohnehin schon der Fall war.

Nelson nickte und lächelte. »Uns gehört die Farm in der Nachbarschaft. Springdell. Kein so beeindruckendes und prächtiges Anwesen wie Amberdell Manor, versteht sich.«

Callie blinzelte. »Amberdell?«

Mr. Porter umschlang sie fester. »Calliope hat das Land noch nicht gesehen, auf dem Amberdell Manor steht. Aber ich glaube, das Haus gefällt ihr inzwischen schon recht gut.«

Anwesen. »Ja, das Haus. Ich bin … höchst beeindruckt.«

Ihm gehört ein Anwesen. Heiliges Kanonenrohr … mir gehört ein Anwesen! Ihr Lächeln wurde breiter. »Ich kann es kaum erwarten, das Anwesen zu besichtigen«, schnurrte sie.

Irgendetwas geschah mit Mr. Porter. Sie bemerkte es allerdings nur, weil er sie an seine große, warme Seite presste und weil sie sich jedes Atemzugs bewusst war, den er machte. Als sie also spürte, wie seine Brust sich verkrampfte und ein kleines, hustendes Geräusch in seiner Kehle vernahm, war sie die Einzige im Zimmer, der es auffiel.

War es möglich, dass ein kleines verrostetes Lachen aus ihm gedrungen war?

Ob Eremiten wohl lachen konnten?

Kapitel 3

Nach der Trauung stand Callie vor dem Eingang von Amberdell Manor. Der alte Kalkstein aalte sich in den letzten goldenen Sonnenstrahlen des späten Nachmittags, als sie sich von allem verabschiedete, was ihr bisher vertraut gewesen war.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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