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Netty ist Fitnesstrainerin mit Leib und Seele und der Sonnenschein des Sportstudios Graffiti. Jetzt noch mit ihrem Freund zusammenziehen, und ihr Glück wäre komplett. Kein Problem für den ambitionierten Mediziner. Sobald er Räume für eine eigene Praxis gefunden hat, kommt die gemeinsame Wohnung dran. Da Netty lieber hilft als abzuwarten, luchst sie einem Cafébesucher mit einem windigen Deal die Adresse einer Geschäftsimmobilie ab. Als der Fremde sie wiedersehen will, bekommt sie Gewissensbisse und Herzklopfen zugleich. Zur Ablenkung übernimmt sie den Waldbaden-Kurs ihrer Chefin. Doch statt der erhofften inneren Ruhe entdeckt sie ihren Dealpartner bei einem üblen Vergehen. Unfassbar! Wie konnte sie sich in dem sympathischen Kerl nur so täuschen? "Eine Fitnesseinheit Liebe" ist eine herzerfrischende Lovestory, in der Schweiß und Tränen der Freude und Enttäuschung rinnen, bis die Liebe stark genug ist, um alle Zweifel zu überwinden.
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Veröffentlichungsjahr: 2022
Ulla B. Müller
Eine Fitnesseinheit Liebe
Roman
Copyright © 2020 Ulla B. Müller
Das Buch
Netty ist Fitnesstrainerin mit Leib und Seele und der Sonnenschein des Sportstudios Graffiti. Jetzt noch mit ihrem Freund zusammenziehen, und ihr Glück wäre komplett. Kein Problem für den ambitionierten Mediziner. Sobald er Räume für eine eigene Praxis gefunden hat, kommt die gemeinsame Wohnung dran. Da Netty lieber hilft als abzuwarten, luchst sie einem Cafébesucher mit einem windigen Deal die Adresse einer Geschäftsimmobilie ab. Als der Fremde sie wiedersehen will, bekommt sie Gewissensbisse und Herzklopfen zugleich. Zur Ablenkung übernimmt sie den Waldbaden-Kurs ihrer Chefin. Doch statt der erhofften inneren Ruhe entdeckt sie ihren Dealpartner bei einem üblen Vergehen. Unfassbar! Wie konnte sie sich in dem sympathischen Kerl nur so täuschen?
"Eine Fitnesseinheit Liebe" ist eine herzerfrischende Lovestory, in der Schweiß und Tränen der Freude und Enttäuschung rinnen, bis die Liebe stark genug ist, um alle Zweifel zu überwinden.
Die Autorin
Ulla B. Müller schreibt Liebesgeschichten, die realistisch und modern sind und die auch die unangenehmen Dinge im Berufs- und Privatleben nicht auslassen. Bewegung ist für die ehemalige Physiotherapeutin ein wichtiges Thema. Deshalb haben viele ihrer Romane mit Fitness, aktuellen Trends und Lifestyle-Dingen zu tun. Ganz besonders liebt sie Romanhelden, die streiten und verzeihen können, die manchmal schwierig sind und ihr Herz dennoch am rechten Fleck haben.
Die sportlichen Liebesromane der Autorin schaffen regelmäßig den Sprung in die Bestsellerlisten.
Mit ihrem Mann lebt sie zwischen Köln und Düsseldorf, einen Steinwurf vom wunderschönen Rhein entfernt.
Impressum
© 2020 Ulla B. Müller
Alle Rechte vorbehalten.
Am Mühlenhof 1
40789 Monheim am Rhein
E-Mail: [email protected]
Lektorat: Barbara Frank
Satz, Layout und Coverlayout: Dr. Werner Müller
Coverelemente: Shutterstock-Illustrationen von Anastasia Sedova Nr. 156095220 und Jacky Braun Nr. 22670100
Kapitel 1
Was war das gerade? Mit weit geöffneten Augen horche ich in das Halbdunkel meines Zimmers hinein. Das dumpfe Rumpeln und Knarzen kommt nicht vom Bürgersteig unter meinem Fenster und auch nicht vom Mietshaus gegenüber. Meinem Empfinden nach muss die Geräuschquelle ganz in der Nähe sein, und sie passt absolut nicht zu dem Ort, an dem ich mich befinde. Schließlich liege ich in meinem Bett und nicht im Aldi-Warenlager, wo vielleicht gerade jemand die Kartons mit den Gartenmöbelpolstern auspackt. Schlaftrunken greife ich zum Handy auf dem Nachtschrank.
Was? Erst Viertel vor sechs? Ganz schön dreist, in dieser frühen Morgenstunde solch einen Lärm zu machen, und dann noch gefühlt nebenan! Fluchend ziehe ich mir die Decke über den Kopf. Als es einen Atemzug später erneut poltert, strampele ich sie erbost vom Körper, verlasse das Bett und tapse auf den Flur hinaus. Während ich mir die Augen reibe, trete ich voller Wucht … autsch! … vor einen riesigen Karton mit der Aufschrift Gartenmöbelauflagen. Seit wann sind Polsterauflagen steinhart? Und überhaupt. Was hat die Supermarktware in unserem Flur verloren?
Ich klappe neugierig den Deckel des ersten Kartons auf und schnaufe grimmig. Kein Wunder! Das Pappungetüm ist bis oben hin mit Liebesromanen, Illustrierten und Ordnern gefüllt. Während ich die gestauchten Zehen massiere, wandert mein Blick über die Kartonkolonne, die von meiner Zimmertür bis zum Kücheneingang reicht. Trotz des Schmerzes muss ich kichern. So falsch lag ich also gar nicht damit, Aldi eine Mitschuld an dem sonderbaren Geschehen einzuräumen.
Als mir einen Moment später klar wird, was das Papp-Chaos zu bedeuten hat, erlischt meine gute Laune schlagartig. Wie konnte ich das nur vergessen! Mit einem wehmütigen Blick zur nächsten Zimmertür lasse ich die Schultern sinken. Wie schrecklich! Heute ist der Tag, an dem mich Vivien, meine beste Freundin, verlässt! Genauer gesagt unsere wunderbar große, urgemütliche WG-Wohnung. Und das nur, weil sie mit einem Mann zusammenziehen will, den sie gerade mal anderthalb Jahre kennt. Okay, okay, Daniel ist wirklich ein ganz Netter. Aber jede Frau mit Beziehungserfahrung weiß doch, was das heißt: Vorbei sind die Zeiten der Unabhängigkeit, des beschaulichen, sorglosen Lebens, oder anders ausgedrückt: Von nun an ist Schluss mit lustig. Meistens jedenfalls.
Es ist ja nicht so, dass ich in den letzten Wochen nicht immer wieder versucht hätte, Vivien vor diesem Schritt zu warnen. Ich weiß schließlich, wie räumliche Enge auf frisch verliebte Paare wirkt: Ganze drei Monate habe ich es mit meinem Exfreund auf zweiundzwanzig Quadratmetern im Dachgeschoss ausgehalten, den überdachten Balkon mit eingerechnet. Ja, okay. Anfangs war es schon sehr angenehm, sich an einen maskulinen, wohlig warmen Körper zu kuscheln und von kundigen Masseurhänden verwöhnt zu werden. Doch mit der Zeit erdrückten mich nicht nur die Wände, sondern auch die ungewohnte menschliche Nähe. Obwohl Nils und ich uns bemühten, tolerant zu sein und alles zu bereden, ging es irgendwann nicht mehr. Kurz bevor ich in mein zum Glück noch leer stehendes WG-Zimmer zurückgezogen bin, lagen meine Nerven so blank wie die einer Mutter von sechsmonatigen Drillingen. Einen Tag länger, und ich hätte Nils einen Föhn ins Badewasser geworfen.
Genau das ist auch der Grund, weshalb ich so unermüdlich dabeigeblieben bin, Vivien die Tücken des Zusammenwohnens aufzuzeigen. Um ihr endlich die rosarote Sichtweise abzugewöhnen, habe ich ihr sogar eine Liste von unliebsamen Erfahrungen unter die Nase gerieben. Aber das führte nur dazu, dass sie erst recht an ihrem Entschluss festhielt. Am Ende hat sie nur noch patzig gemeint: „Komisch. Warum werde ich bloß den Verdacht nicht los, dass mir meine beste Freundin das Liebesglück mit einem sympathischen, gut aussehenden Mann nicht gönnt?“
Ein paar Tage später war Vivien meine wohlwollenden Hinweise so leid, dass sie mich mit eindringlicher Miene zu einer Aussprache in ihr Zimmer bat.
„Jetzt mach mal endlich einen Punkt, Netty! Deine Befürchtungen nerven allmählich. Das Zusammenwohnen mit Daniel wird schon nicht die Hölle werden. Und außerdem … Wer ist denn letztens erst hier ausgezogen und hat wochenlang einen auf trautes Zusammensein mit dem Mann fürs Leben gemacht? Nur weil sich dieser Nils als Beziehungs-Flop entpuppt hat und dein neues Herzblatt dich nicht gleich vor den Altar schleppt, musst du mir meine Liebe nicht kleinreden.“
Kleinreden? Es lebe die Untertreibung! Ausreden will ich es ihr, aber nun ja … Dann muss sie da eben durch! Mehr als sie vor drohendem Unheil zu warnen, bleibt einem als beste Freundin ja nicht. Jedenfalls meint Vivien beharrlich, dass ihr auf links gedrehte Männersocken in der Wäsche, kaum Platz im Bad für die wichtigsten Schminksachen und ständige Diskussionen über die Notwendigkeit fleischloser Ernährung nichts ausmachen würden. Sie ist sogar fest davon überzeugt, dass man mit tiefer Zuneigung jeden Mann umerziehen kann. Na, wir werden ja sehen.
Jedenfalls habe ich dann meine gut gemeinte Überzeugungsarbeit eingestellt und sie mit einem resignierten Seufzen in die Arme geschlossen.
„Ich meine es ja nur gut, Vivi. Seit dem Reinfall mit Nils bin ich halt vorsichtiger und misstrauischer geworden.“
„Das weiß ich doch.“ Mit tränenverschwommenem Dackelblick nannte sie mir dann ihren endgütigen Auszugstermin - heute.
Um nicht den Eindruck eines frustrierten Mauerblümchens zu erwecken, habe ich bei unserem Gespräch letztens noch freundschaftlich hinzugefügt: „Jedenfalls wünsche ich dir von ganzem Herzen, dass du mit Daniel glücklich wirst. Und falls es mit euch doch nicht klappt, kommst du einfach zurück, und wir suchen gemeinsam nach einer Alternative.“
„Nach einem anderen Mann, meinst du?“
„Ja, klar. Oder dachtest du, nach einem geeigneten Haustier?“
An ihr befremdetes Kopfschütteln erinnere ich mich gut. Genauso deutlich spüre ich noch den liebevollen Knuff in die Magengegend, den sie ihrem folgenden, gut gemeinten Vorschlag voransetzte.
„Jetzt bist du aber erst mal an der Reihe, was das Thema Zusammenziehen angeht, Netty. Hast du mit Ingmar eigentlich mal darüber gesprochen?“
„Es ergab sich irgendwie noch nicht, und eigentlich bin ich mir gar nicht sicher, ob ich das jetzt schon will.“
Schuld an meinem zögerlichen Verhalten ist natürlich die schlechte Erfahrung mit meinem Exfreund. Nils war ein feiner Kerl, stets gut gelaunt und harmoniebedürftig, aber auch sehr bequem. Am Ende fühlte ich mich wegen seiner vielen kleinen Achtlosigkeiten nur noch ausgenutzt. Reflexartig sehe ich seine müffelnden Sneakers und Sportsachen vor mir, die er überall in der Wohnung herumliegen ließ. Auch die häufigen Fernsehabende mit seinen Fußballkumpels und die vergessenen Einkäufe und Kostenbeteiligungen untermauern meinen Entschluss, mit dem Zusammenziehen noch ein bisschen zu warten. Einen Fehltritt muss man ja nicht gleich zweimal begehen.
Allerdings kann man Ingmar auch nicht mit Nils vergleichen. Er ist zuverlässig, pflichtbewusst und sehr ordentlich. Soweit ich ihn kenne jedenfalls. Stets ist er darauf bedacht, einen gebildeten und weltmännischen Eindruck zu hinterlassen. Manchmal übertreibt er es damit ein wenig, aber es gibt Schlimmeres. Wenn er mich ausführt, dann nur in die edelsten Lokale, und jedes Mal überreicht er mir zur Begrüßung eine Rose. Welcher Frau würde das nicht schmeicheln? Aber es gibt da etwas, das mich - beunruhigt wäre zu negativ ausgedrückt -, man könnte eher sagen, das mich verwundert. Es ist eine Art Energie, die uns nicht zusammenzieht, wie es normal wäre, sondern uns auf Abstand hält. Ganz dezent zwar, aber durchaus spürbar. Für mich zumindest. Sie hat etwas von einem streng gläubigen Priester, der seinen verliebten Schäfchen bis zur Eheschließung Zurückhaltung abverlangt. Dabei ist Ingmar alles andere als kirchenverbunden.
Ich muss zugeben, dass diese geheimnisvolle Kraft auch etwas Positives hat. Anfangs beflügelte sie meine Neugier auf diesen gut aussehenden Mann und wirkte erregend. In letzter Zeit verunsichert sie mich allerdings eher. Seit Ingmar mir im Januar den ersten Kuss gegeben hat, und der war nicht von schlechten Eltern, zerbreche ich mir den Kopf über dieses Phänomen. Tja, was soll ich sagen? In diesem unbefriedigenden Stadium befinde ich mich leider immer noch. Genau deshalb habe ich das Gespräch mit Viviens an dieser Stelle abgebrochen und feierlich nach ihren Händen gegriffen.
„Das Wichtigste ist doch, dass du dein Leben mit diesem Traummann hinbekommst. Und das wirst du. Da bin ich mir ganz sicher.“ Noch überzeugender konnte ich sie in diesem Moment nicht anstrahlen. „Ansonsten werde ich mir Daniel mal zur Brust nehmen.“
„Nichts für ungut, Netty, aber das lässt du mal schön bleiben.“
Ihr Losprusten nach dem Blick auf meine ganz annehmbare Oberweite habe ich jetzt noch im Ohr. Nichtsdestotrotz nahm sie mich in den Arm und tat das, was sie in solchen Situationen immer gerne macht: Sie wuschelte mir mit den Fingerkuppen so energisch durch meine schulterlangen Haare, dass sie wie bei Tina Turner in alle Richtungen abstanden.
„Du bist wirklich die beste Freundin, die man sich wünschen kann, Netty. Das wird so bleiben, auch wenn ich nicht mehr hier wohne und mit dir verrückte Kochrezepte ausprobiere und im Schlafanzug Bauer sucht Frau gucke. Versprochen! Und mach dir bitte wegen Daniel und mir keine Sorgen! Er ist okay. Das weißt du doch. Außerdem fängt der wirkliche Ernst des Lebens erst mit der Hochzeit an. Und bis dahin fließt noch viel Wasser den Rhein runter, würde deine Mutter jetzt sagen."
Bei diesen Worten huschte ein mildes Lächeln über mein Gesicht, denn Vivien zitiert gern Menschen aus ihrem Umfeld. Kein Wunder also, dass Mama besonders oft herhalten muss. Sie ist schließlich ihre Chefin und liebt tragende Worte über alles. Mein Bruder und ich können ein Lied davon singen! Viviens optimistische Sicht auf ihr zukünftiges Leben mit Daniel entlockte mir dennoch ein besorgtes Seufzen. Aber wie heißt es so schön? No risk, no fun!
Während ich noch immer im Schlafshirt am Türrahmen lehne und versuche, möglichst positiv in die Zukunft zu schauen, kommt Vivien auf den Flur geschnauft. Sie trägt einen Karton vor dem Bauch, der doppelt so breit ist wie sie und ihr bis zum Kinn reicht.
„Stopp, Vivi!“, schreie ich und verhindere so in letzter Sekunde, dass sie über das Staubsaugerrohr vor ihren Füßen stolpert und ihre sämtlichen Drogerieartikel, Schminksachen und Pflegecremes über die Liebesromane kippt.
Völlig verdattert setzt sie ihre Fracht ab und atmet gut hörbar aus.
„Morgen, Netty. Sorry, du. War ich zu laut?“ Mit ihren munteren, mandelförmigen Augen mustert sie mich schuldbewusst. „Oder bis du so früh auf, weil du vor der Arbeit joggen gehen willst?“, fragt sie mit einem kecken Funkeln in den Augen.
Also wirklich! Wenn einer weiß, was für ein Morgenmuffel ich bin, dann ist es Vivien.
„Wie lange wohnen wir jetzt zusammen?“
„So um die vier Jahre.“ Sie zwinkert amüsiert. „Mit kleinen Unterbrechungen allerdings.“
„Hast du mich da jemals um sechs Uhr morgens in Laufklamotten das Haus verlassen sehen?“
Nach einem kurzen Kopfschütteln mustert sie mich mit Dackelblick.
„Oh, Shit! Dann hab ich dich also geweckt. Tut mir leid, Netty, aber ich musste so früh anfangen. Deine Mutter hat mir doch für den Umzug heute extra die ersten beiden Vormittagsstunden frei gegeben. Gleich um acht kommt Daniel mit dem Transporter seines Onkels und holt meine Sachen ab.“
Ich nicke verblüfft, denn Mama gibt ihren Angestellten nur in äußerst dringenden Notfällen frei.
Einen Monat nach dem Abschluss unserer Physiotherapie-Ausbildung haben Vivien und ich im städtischen Gesundheitszentrum angefangen. Sie als Vollzeitkraft in der Praxis meiner Mutter und ich gleich nebenan, im Fitnessstudio Graffiti, wenn auch nur für zwanzig Stunden. Um meine Mutter nicht allzu sehr vor den Kopf zu stoßen - sie rechnet fest damit, dass ich irgendwann ihre Praxis übernehme -, habe ich ihr vorgeschlagen, wenigstens ein paar krankengymnastische Behandlungen zu übernehmen. Dieses Angebot war anfangs ein Unding für sie, aber ich habe mich durchgesetzt. Anders hätte ich meinen Traum auch nicht verwirklichen können, einmal zum Team von Sybille Graff zu gehören. Sie ist nicht nur die Seele des Fitnessstudios und genauso sportbesessen wie ich, sondern auch die beste Patentante, die man sich vorstellen kann.
Bille, so nennen alle die drahtige Fünfzigjährige, die allemal für dreißig durchgeht, ist eine erfrischend positive, herzensgute Fitnessgranate und seit ewigen Zeiten Mamas beste Freundin. Wie diese beiden Frauen zueinandergefunden haben, ist allerdings allen ein Rätsel. Na ja, Vivien und mir sagt man auch nach, wir seien von völlig unterschiedlichen Planeten. Vivien, die Spontane, Unternehmungslustige und ich eher die Vernünftige, Bedächtige. Aber bei Mama und Bille ist der Unterschied noch krasser.
Während Mama immer noch gern in Trainingshose, Kliniksandalen und weißem Kurzkittel arbeitet, wirbelt Bille im bauchfreien Sport-Top und knallbunter Aladinhose durch ihr Studio. Genauso unterschiedlich geht es an Weihnachten zu: Neben Billes Anmeldetresen prangt stets eine neongelbe Kunsttanne mit kleinen silbernen Hanteln, Pilates-Röllchen und Springseil-Schleifen, deren Anblick die Studiobesucher jedes Mal aufs Neue fasziniert. Mamas Patienten hingegen müssen sich Jahr für Jahr mit einem Strauß Tannengrün und den ewig gleichen wachsbekleckerten Kugeln aus dem Fundus meiner Omi begnügen.
„Hör mir bloß mit dem kitschigen Firlefanz auf, Agnetha“, ereiferte sie sich, als ich sie im vorigen Dezember dazu anregen wollte, die Zweige mit einer hübschen Lichterkette aufzupeppen. „Meine Praxis ist doch nicht die Weihnachtsabteilung im Gartencenter. Hier wird sich bewegt und nicht rumgeguckt!“
Tja, so ist Mama halt: konservativ von den Haarspitzen bis unter die Kreppsohlen ihrer Arbeitsschuhe, aber gleichzeitig auch sehr romantisch. Diese Charaktereigenschaft ist auch für den ungewöhnlichen Vornamen verantwortlich, wegen dem ich mir mit sechzehn fast das Leben nehmen wollte. Mamas größter Schwarm war und ist Abba. Trendige Hintergrundmusik wird man in ihrer Praxis vergeblich suchen. Dafür summt sie ständig die Melodien von Super Trouper, Mamma Mia oder Waterloo vor sich hin. Wie sie uns Kindern einmal mit einem genierlichen Lächeln verriet, konnte Papa vor dreißig Jahren nur bei ihr punkten, weil er so tat, als würde er sich ganz fürchterlich für diese Kultgruppe begeistern. Was muss ihn das für eine Überwindung gekostet haben als eingefleischter Jazz-Liebhaber!
In der fünften Klasse habe ich dann mutig verkündet, ab jetzt nur noch auf den Namen Netty zu hören. Wer mich danach noch Agnetha nannte, musste mit eiskalter Ausgrenzung und Tinte in seiner Trinkflasche rechnen. Mit dem Abstand, den ich jetzt dazu habe, bin ich eigentlich ganz froh, dass Mama für das Bandmitglied Anni-Frid nicht so viel übrig hatte. Vermutlich, weil sie nur drei Jahre mit Benny, dem zweiten Abba-Mann, verheiratet war. Sein Vorname wäre für meinen Bruder gewiss kein Anlass zum Selbstmord gewesen, aber Björn und Agnetha waren nun mal das Abba-Traumpaar. Also stand für Mama sofort fest, wie er heißen sollte.
Es gibt da aber auch eine Sache, für die ich Mama jedes Mal beglückt in die Arme schließe. Im Gegensatz zu Bille, die absolut nichts für den ganzen klebrigen Weihnachtssüßkram übrig hat, verwöhnt Mama ihr kleines Team bei der alljährlichen Praxis-Adventsfeier nicht nur mit dem Paradestück ihrer Backkunst, einer superleckeren Mokka-Marzipantorte. Sie bäckt schon Wochen vor Heilig Abend kistenweise Plätzchen aller Couleur. Damit füllt sie riesige Klarsichttüten und überreicht sie ihren Angestellten, zusammen mit einem großzügigen Weihnachts-Obolus im angehängten Kuvert. Und obwohl ich ihre Tochter bin und nur wenige Stunden für sie arbeite, bekomme ich jedes Mal die prallste Tüte, und obendrein ein herzliches Küsschen auf die Wange.
Zugegeben, ich halte lieber Fitnesskurse und zeige Billes Kunden, wie sie die Geräte richtig bedienen. Aber die Arbeit mit Mamas Patienten macht mir genauso viel Freude, auch wenn sie oft anstrengend ist und ein hohes Maß an Empathie und Geduld erfordert.
Neulich zum Beispiel war ich richtig stolz auf mein einfühlsames Behandlungsgeschick. Da habe ich tatsächlich einen fünfzehnjährigen Patienten von den Vorteilen kürzerer Haare überzeugen können. Gleich bei der Begrüßung präsentierte mir der Jugendliche nämlich unbeabsichtigt den Grund für seine Kopf- und Nackenschmerzen. Er hatte sich durch das dauernde Zurückwerfen seines handlangen Ponys ein Schleudertrauma zugezogen. Zwei Wochen später waren seine Beschwerden mithilfe des Frisörs und meiner Übungen verschwunden.
Ich weiß, dass die Patienten sehr gern zu uns in die Praxis kommen. Vermutlich hat es damit zu tun, dass Mama großen Wert auf einen motivierenden und achtsamen Umgangston legt, auch wenn sie manchmal etwas bestimmend wirkt. Sowohl Vivien und ich als auch der eine oder andere Patient können ein Lied davon singen. Vermutlich hat es damit zu tun, dass mein Vater berufsbedingt die meiste Zeit in der Schweiz lebt und sie alles allein entscheiden und durchziehen muss. Aus demselben Grund war auch unser Familienleben, wenn man es überhaupt so nennen kann, alles andere als ein Ponyhof.
Aber das tut in diesem Moment nichts zur Sache. Jetzt steht erst einmal Viviens Auszug bevor, und das bedeutet, dass die wunderschöne gemeinsame Zeit mit ihr in wenigen Minuten zu Ende geht. Vielleicht sogar für immer. Weil mir mit einem Mal ganz flau im Magen wird, atme ich unmerklich durch.
„Ich dusche rasch, dann helfe ich dir.“
„Nee, brauchst du nicht. Ist alles schon zum Abtransport fertig. Lass uns lieber noch zusammen Kaffee trinken, bevor du zur Arbeit musst und ich dann auch … weg bin“, ergänzt sie heiser und schaut betreten zu den Kartons hinab.
Zehn Minuten später sitzen wir am Küchentisch und schlürfen Cappuccino aus einer der vielen Frühstückstassen, die wir uns zu jeder passenden Gelegenheit geschenkt haben. Dass es davon schon eine ganze Menge gibt, beweist das lange Wandbord über der Spüle. Auf ihm reihen sich mindestens zwanzig Tassen mit allen möglichen Beschriftungen und Farbenkombinationen aneinander und dahinter das Gleiche noch einmal.
Es reihten sich, muss es jetzt ja wohl heißen, denn als ich einen Schluck Kaffee nehme und beiläufig zur Wand hinüberschaue, sackt vor Schreck mein Unterkiefer abwärts. Die Hälfte des Bords ist leer. Der Anblick rührt mich zu Tränen, aber es hat nun mal seine Richtigkeit.
Als vor zwei Jahren das erste Dutzend Tassen komplett war und wir ein längeres Regalbrett brauchten, haben Vivien und ich den feierlichen Entschluss gefasst: Sobald eine von uns mit einem Mann zusammenzieht, muss sie die Hälfte der Tassen mitnehmen. Als nette Erinnerung, symbolisches Mahnmal oder zur Strafe, je nachdem. Nächster Punkt unserer Vereinbarung: Zu gegebenem Anlass sollen diese Tassen zerdeppert werden. Genau wie ich damals wird jeder an den glückbringenden Hochzeitsbrauch denken. Nicht so Vivien. Sie wischte empört mit den Händen durch die Luft.
„Also echt, Netty! Es wäre total unklug, die schönen Tassen zum Poltern zu nehmen. Die braucht man danach doch erst recht.“ Sie kichert vorwitzig.
„Du meinst als Notnagel, falls man vergessen hat, ein Geschenk zu besorgen? Oder für den Punsch beim Wintergrillen?“
„Ach, Quatsch! Zum Werfen natürlich, wenn der Partner einen mal wieder zur Weißglut treibt.“
Tja, so ist Vivien! Immer aufs Praktische bedacht.
Das war allerdings lange vor dem Tag, an dem ich ihr die Tasse geschenkt habe, aus der sie gerade trinkt. Die Aufschrift bringt mich immer noch zum Schmunzeln: Single, weil die Auswahl echt Scheiße ist!
„Diesen Kaffeebecher lässt du am besten hier! Hat sich ja ohnehin erledigt.“
Vivien schnauft wehmütig, dann deutet sie auf die weiße Tasse, die sie mir vor zwei Tagen erst zu meinem neunundzwanzigsten Geburtstag geschenkt hat. In roten Lettern steht darauf geschrieben: Einen richtig guten Arzt findet man nicht alle Tage. Super, dass ich so viel Glück hatte.
„Ich will ja nichts sagen, Netty, aber Glück ist nur am Anfang wichtig, damit man sich überhaupt begegnet. Für die Entwicklung einer stabilen Beziehung spielen ganz andere Dinge eine Rolle, weißt du. Gemeinsame Urlaube und der banale Alltag zum Beispiel. Ich finde, du solltest Ingmar mal ein bisschen aus der Reserve locken. Ihr kommt ja sonst nicht in die Pötte. Immer nur diese zeitbegrenzten Dates zum Essengehen oder ins Kino! Das ist ja schlimmer als eine Wochenendbeziehung.“
Ich winke genervt ab. Die Pleite mit Nils hat mir gereicht.
„Ach, Vivi! Ich bin ehrlich gesagt ganz froh, dass Ingmar dieses Thema nicht so forsch angeht. Was spricht denn dagegen, sich mehr Zeit zu lassen? So lernt man sich doch viel besser kennen und verstehen.“
Vivien hebt die Augenbrauen bis zu den kessen Fransen ihres blonden Ponys und atmet hörbar aus.
„Und wenn sie nicht gestorben sind, dann lernen sie sich immer noch kennen.“
Ich schnappe wortlos nach Luft. Ein bisschen Recht hat sie ja. Eine gemeinsame Wohnung wäre nicht das Schlechteste. Von sardinenbüchsenähnlichen Dachgeschossbuden habe ich allerdings die Nase voll.
„Und was sollte ich deiner Meinung nach tun?“
„Hm!“ Wie immer beim Nachdenken klatscht sie mit den Handflächen auf ihre aufgeblähten Wangen. „Mach ihn doch mal ein bisschen eifersüchtig. Wenn die Kerle ihre Felle wegschwimmen sehen, werden sie oft überraschend einfallsreich und kooperativ.“
„Ach, nee. In einer Beziehung sollte man nichts erzwingen, finde ich. Das enge Beisammenhocken soll gar nicht so gut sein, habe ich gehört, vor allem, wenn man schlechte Erfahrungen gemacht hat. Am Anfang ein bisschen Distanz zu wahren, hat übrigens nichts mit mangelnder Zuneigung zu tun.“
„Aber möglicherweise mit Bindungsunfähigkeit.“ Vivien zieht genervt die Augenbrauen hoch. „Und dann gibt es ja auch noch diese ganz pfiffige Typen, die sich stets ein Türchen offen halten oder gar mehrgleisig fahren.“
„Ach, Unsinn! Ingmar doch nicht.“ Ich werfe Vivien einen vorwurfsvollen Blick zu und trinke meine Tasse leer. „Da hast du aber ein völlig falsches Bild von unserer Beziehung, Vivi.“
Gerade will ich ihr die Begründung liefern, da stelle ich erschreckt fest, dass es schon halb acht ist. Verdammt, um acht beginnt mein Rücken-Fit-Kurs! Die Teilnehmer sind alle um die Siebzig und wesentlich verbissener als die jungen Kerle an den Kraftgeräten, die die Hälfte der Zeit mit Handygucken verbringen. So lustig und motiviert sich die Alten auch geben, so stieselig werden sie, wenn ihre Kurseinheit nicht pünktlich beginnt. Also suche ich im Laufschritt meine Sachen zusammen und stürze noch einmal auf Vivien zu, die sofort von ihrem Küchenstuhl aufspringt und mich wehmütig anschaut.
„Wirst du denn klarkommen, so allein in der großen Wohnung?“ Während ich stumm nicke, beginnen ihre Augen wässrig zu schimmern. „Ich verspreche dir, dass ich mich weiter nach einer netten Mitbewohnerin umsehen werde, schon allein wegen der Miete.“
Ich wiege gequält den Kopf hin und her.
„Ach, Vivi! Das mache ich schon. Darüber haben wir doch oft genug gesprochen. Eine Weile kriege ich das mit den Mehrkosten schon hin, und wenn alle Stricke reißen, kann ich mir immer noch was Kleineres suchen. Außerdem weiß man bei neuen Mitbewohnern nie, was die für Marotten haben. An deine habe ich mich ja bis jetzt noch nicht gewöhnt.“
Das verschmitzte Zwinkern fällt mir gerade besonders schwer, aber was soll’s. Wir wussten beide, dass dieser Augenblick kommt. Schwer seufzend fallen wir uns in die Arme.
„Mach’s gut, Vivi. Viel Glück für dich und Daniel. Und wenn’s mal nicht rund läuft mit euch, kommst du einfach vorbei, und wir ertränken deinen Frust im Rotwein.“
Beim Nicken schnieft Vivien kräftig.
„Wird gemacht. Dasselbe gilt natürlich auch für dich, Netty. Und lass dir mal was für deinen feschen Knochenklempner einfallen. Sonst feiern Daniel und ich Silberhochzeit, bevor ihr überhaupt an …“
Den Rest des Satzes, den ich ohnehin kenne, erspare ich mir, indem ich mich winkend aus dem Staub mache. Im Flur schnappe ich rasch meine Sportumhängetasche und eile zur Haustür hinaus in Richtung Gesundheitszentrum.
Das Schlimmste an einem Montagmorgen wäre für mich, gleich in der ersten Kursstunde in fünfzehn mürrische Gesichter schauen zu müssen, weil ich fünf Minuten zu spät angefangen habe. Das fühlt sich fast so an wie das dritte Parkknöllchen in einer Woche.
Drei Minuten vor acht betrete ich in tintenblauen Tights und einem trendigen, gelb-weiß gemusterten Top den Gymnastikraum und rufe den Anwesenden einen fröhlichen Willkommensgruß zu. Während ich meine Haare zusammenbinde, atme ich betont langsam aus. Geschafft! Die Stirnband-Jogginghosen-Gruppe vor mir wirkt zufrieden und folgt hochmotiviert meinen Übungsanweisungen.
Wie üblich schnaufen alle nach vierzig Minuten ausgepowert, aber zufrieden durch und bedanken sich mit bravem Klatschen für meinen Einsatz. Nachdem sie ihre Matten weggeräumt haben, eilen einige von ihnen zum Bauch-Oberschenkel-Po-Kurs bei Joyce, die übrigen zum hinteren Teil des Studios, wo die Kraftgeräte stehen. Dort geht die Schicht weiter. Meinen besorgten Hinweis, es bitte nicht zu übertreiben, tun die beiden Männer der Gruppe mit einem beschwichtigenden Handzeichen ab.
„Das hier war doch nur zum Warmmachen. Jetzt geht’s zum Fatburner-Workout“, teilt mir Klaus geschäftig mit, wirft sich das Handtuch um den Hals und nimmt einen Schluck aus seiner Trinkflasche.
Ich nicke zwar anerkennend, aber eigentlich bin ich nicht so begeistert von diesen Mich-haut-so schnell-nichts-um-Typen, besonders, wenn sie auf die Achtzig zugehen.
Da fällt mir durch die geöffnete Tür des Kursraums ein hagerer Senior in dunkelblauer Tennishose und adrettem weißen T-Shirt auf, den ich bisher noch nie im Studio gesehen habe. Mit der einen Hand streift er sich den Schweiß von der blassen Stirn, mit der anderen sucht er Halt an der Wand des breiten Flurs, von dem die weitläufige Fläche mit den Kraftgeräten und die drei Gymnastikräume abgehen. Augenblicklich lasse ich mein Skript mit den Übungsskizzen für den heutigen Tag fallen und renne hinaus, um ihm zu helfen.
„Geht es Ihnen nicht gut? Setzen Sie sich doch besser einen Moment!“ Ich greife nach seinem Ellenbogen und lenke ihn vorsichtig zu der Holzbank neben der Tür. Dort lässt er sich mit einem Stoßseufzer nieder und schaut mich so zerknirscht an, dass ich schon mit dem Schlimmsten rechne.
„Geht schon wieder“, lässt er mich wissen, nachdem er einige Male kräftig durchgeatmet hat. „Nur einmal kurz verschnaufen, dann muss ich weiter zum Pilates-Kurs. Der beginnt gleich.“
„Ja, das stimmt.“ Nach einem flüchtigen Blick auf die Uhr, lächle ich ihm aufmunternd zu. „Ich bin übrigens Netty. Ich gebe den Pilates-Kurs.“
„Oh, ja, schön.“ Er beeilt sich, auf die Beine zu kommen und deutet eine Verbeugung an. „Koch. Oh, Verzeihung, ich meine Lothar. An das Duzen beim Sport muss ich mich erst noch gewöhnen.“
Mit besorgt geweiteten Augen betrachte ich sein fahles Gesicht. An den ausgeprägten Stirnfalten erkenne ich, dass er schon jede Menge Sorgen und Ärger durchgemacht haben muss.
„Machen Sie doch lieber Schluss für heute. Oh, Entschuldigung. Du wollte ich sagen. Du musst doch hier niemandem etwas beweisen, Lothar.“
Es ist schon irgendwie merkwürdig, dass meine Trainerkollegen nie ein Problem damit haben, Personen wie diesen feinen, älteren Herrn zu duzen. Nur ich komme anfangs jedes Mal ins Stottern! Und noch etwas fällt mir auf, seitdem ich im Studio arbeite. Ausgerechnet die Älteren, die sowieso vernünftig leben und es verdient hätten, ihren Ruhestand zu genießen, schuften hier, bis sie Sterne vor den Augen sehen. Was für eine absurde Welt!
Lothar wirft mir ein gequältes Lächeln zu.
„Das Fitness-Abo habe ich von meinen Kindern geschenkt bekommen. War bestimmt ganz schön teuer. Wissen Sie, mein Sohn läuft regelmäßig Marathon, und die Töchter gehen mindestens dreimal in der Woche zum Yoga und Aqua-Jogging. Sport ist das A und O für sie.“ Er blickt betrübt zu Boden. „Wenn ich hier nur halbe Sachen mache, merken die das sofort.“ Zur Begründung zeigt er mir sein Handgelenk mit dem teuren Fitness-Tracker. „Auch so ein Geschenk. Den soll ich jetzt immer tragen.“
„Ich verstehe. Deine Kinder meinen es sicherlich gut. Deshalb willst du sie auch nicht enttäuschen.“
Er nickt kaum merklich. Dass eine fremde, junge Frau Verständnis für seine Situation aufbringt, hat er anscheinend nicht erwartet. Das erkenne ich an dem dankbaren Aufleuchten seiner Augen, als er mich kurz ansieht.
„Tja, das ist alles nicht so einfach. Sie möchten halt, dass ich noch lange fit und gesund bleibe.“
„Und deine Frau?“, rutscht mir da ohne nachzudenken heraus. Als ich seinem traurigen Blick begegne, bereue ich meine vorlaute Frage sofort.
„Die haben wir vier Tage nach Silvester beerdigt.“
„Oh, das tut mir leid.“
Ich würge noch an dem Kloß in meiner Kehle, als Bille auf dem Flur erscheint.
„Was ist, Netty? Die Pilates-Gruppe fragt schon, wo du bleibst.“
Seufzend springe ich auf, und Lothar erhebt sich ebenfalls.
„Es tut mir leid. Die Pflicht ruft.“
Zum Glück hat sein Gesicht wieder Farbe bekommen.
„Tja, dann wollen wir mal“, verkündet er mit frischem Elan.
Als wir gemeinsam den gegenüberliegenden Raum betreten, wird das ungeduldige Raunen sogleich leiser.
„Hallo, alle zusammen! Bevor wir loslegen, möchte ich noch eine dringende Bitte loswerden: Sich fit halten zu wollen, ist immer eine gute Idee. Aber gesund ist nur das Pensum, bei dem man sich wohlfühlt. Alles andere schadet dem Körper. Also, horcht bitte genau in euch hinein! Jedes Noch-mehr mit der Brechstange und Immer-wieder-über-die-Grenze-gehen solltet Ihr absolut vermeiden.“
Mein eindringlicher Blick wandert dabei von einem grauhaarigen Kopf zum anderen und endet bei Lothar, der zu meiner Freude einsichtig nickt.
Nach der Pilates-Einheit, in die ich heute mit Rücksicht auf ihn eine zusätzliche Entspannungsphase eingebaut habe, wartet für zwei Stunden der Geräteraum auf mich. Dort ist es meine Aufgabe, die Übenden im Auge zu behalten, Tipps zu geben und hier und da die Haltung zu korrigieren. An den Wochenenden kümmert sich unser Trainer-Team, also Joyce, Tom und ich, auch um Neukunden, die uns Bille persönlich anvertraut. Bei diesen speziellen Einzelterminen ermitteln wir anhand von Tests und Messungen den aktuellen Leistungsstand des Anfängers und gestalten danach die Trainingspläne. Die Mittagszeit eignet sich dafür besonders gut, denn ab zwölf geht der erste Andrang zurück. Die Senioren sind mit ihrem Fitnessprogramm durch und eilen nach Hause an den Mittagstisch, und die Jugendlichen trudeln erst am frühen Nachmittag ein, wenn der Schulunterricht endet. Von siebzehn bis zweiundzwanzig Uhr gehört das Studio überwiegend den jüngeren und berufstätigen Fitnessbegeisterten.
„Leute, hört mal gerade zu! Ich weiß, ihr arbeitet alle super, deshalb will ich mich auch kurz fassen. Es geht um unsere Kunden ab fünf. Denkt bitte daran, dass sie unser wichtigstes Klientel ist. Deshalb liegt mir auch extrem viel daran, dass ihr die Abendkurse so vielfältig und anspruchsvoll wie möglich gestaltet“, redete Bille uns gestern Morgen noch ins Gewissen.
Es klang fast so, als liefe das Studio nicht so, wie es sollte. Dabei passiert es in meinen Kursen dauernd, dass die Leute kaum noch Platz haben, ihre Arme abzuspreizen - so viele sind es mittlerweile.
„Gerade den Berufstätigen solltet ihr zeigen, wie kompetent und engagiert unser Graffiti-Team ist!“ Wie Bille es oft bei ihren Kunden macht, wenn sie ihnen einen zusätzlichen Motivationskick geben will, streckte sie am Ende ihrer kleinen Ansprache beide Daumen hoch. „Ich weiß, ihr schafft das.“
Nun ja, eigentlich überflüssig, denn wir legen uns beim Arbeiten wirklich ins Zeug. Dafür bezahlt Bille uns auch mehr als gut. Allerdings hat jeder von uns seine Stärken auf einem anderen Gebiet.
Die zierliche Joyce, gerade zwanzig geworden und seit einem halben Jahr mit der Trainerausbildung fertig, ist eine quirlige Jazztänzerin mit rötlichen Rastalocken. Aufgrund ihres Alters und ihrer tänzerischen Performance kommt sie besonders gut bei den Jugendlichen an.
Tom, den ich auf Ende dreißig schätze - über sein genaues Alter wahrt er eisernes Stillschweigen –, ist mit seiner top athletischen Figur das ideale Vorbild für die Kerle an den Kraftmaschinen. Manchmal macht er sich einen Spaß daraus, sich mit ihnen zu messen. Dann stemmt er die schwerste Langhantel mehrere Male so mühelos in die Höhe, als wäre sie aus Styropor. Gleich darauf setzt er sich auf die Matte und drückt sich aus der Grätsche in den Handstand.
Dieses Schauspiel imponiert den jungen Kraftmeiern besonders. Bei der ganzen Show darf man Toms diplomatisches Händchen nicht übersehen, mit dem er die jungen Wilden anleitet. Dazu gehört natürlich auch, dass er sie stets ernst nimmt, so schräg ihre Äußerungen auch manchmal sind.
„Jetzt mal ehrlich, Tom. Irgendwas nimmst du doch ein. Das ist doch nicht normal, Alter.“
„Es gibt da einen ganz simplen Trick, Jungs: Macht euch vorher gut warm, dehnt euch regelmäßig und packt nicht immer höhere Gewichte drauf! Und üben, üben, üben! Das ist die halbe Miete beim Krafttraining“, vermittelt er ihnen im Brustton der Überzeugung, wenn er im Geräteraum Dienst hat. Auch rät er ihnen immer wieder, die Finger von den Muskelaufbaupräparaten zu lassen.
Fast alle der Anfang Zwanzigjährigen richten sich danach. Jedenfalls tönt ihr lautstarkes Brummen und Stöhnen beim Stretching bis in den hintersten Winkel der Kursräume. An Toms Geschmeidigkeit werden sie jedoch nie herankommen. Ich muss mir oft ein Kichern verkneifen, wenn ich die jungen Burschen breitbeinig und wie mit Rasierklingen unter den Achseln zu den Hantelbänken wanken sehe.
Beim Betreten der weitläufigen, hell beleuchteten Fläche mit den Fitnessgeräten verschaffe ich mir kurz einen Überblick, wer alles da ist. Weit hinten, am Übergang zu Mamas Praxis, kann ich durch das Gestänge der Maschinen hindurch zwei Männer erkennen, die an den Hantelbänken trainieren.
An den Geräten im vorderen Bereich ist etwas mehr Betrieb. Da man an diesen Maschinen vernachlässigte Muskelgruppen an Armen und Beinen aufarbeiten kann, trifft man hier überwiegend Frauen an.
Eine davon ist Sabine. In türkisfarbenen Leggings und einem üppigen Goldkettchen im T-Shirt-Ausschnitt thront sie auf einem stuhlähnlichen Gerät und drückt konzentriert zwei Bügel nach vorne, um die Hängepartien an ihren Oberarmen zu straffen. Verzeihung! Sie drückt nicht, sie zelebriert das Drücken, indem sie die kleinen Finger abspreizt.
Und schon spüre ich, wie sich in mir der Wunsch aufbaut, nein, eher ein übermächtiges Verlangen, sie auf ihre ungewöhnliche Fingerhaltung aufmerksam zu machen.
Ich spreche hier nicht von einer kleinen Schwäche, sondern von einer regelrechten Sucht. Ich will es nicht, aber immer wieder stolpere ich über winzige Auffälligkeiten an den Menschen um mich herum, und die muss ich unbedingt beheben. Manchmal ist es ja auch gut so. Zum Beispiel, wenn mir bei einem Gehbehinderten ein lockerer Schnürsenkel auffällt, der ihn womöglich zu Fall bringt. Meistens sind es jedoch völlig belanglose Dinge wie herabgerutschte Träger, hervorschauende Etiketten oder Lidstriche, die durch das Schwitzen zu schwarzen Balken geworden sind.
„Hi, Sabine. Alles okay bei dir?“, taste ich mich vorsichtig heran und deute milde lächelnd auf ihre Hände an den Bügeln. „Besser ist es, wenn du die Griffe komplett umschließt. Dann verteilt sich der Druck mehr auf die ganze Handfläche.“ Zur Verdeutlichung umfasse ich die Fläche neben ihrer Rechten.
„Also wirklich, Netty. Deinen Argusaugen entgeht aber auch nichts. Du meinst so?“
Jetzt stimmt ihre Handhaltung, und ich streiche zur Bestätigung kurz über ihre Schulter.
„Perfekt, Sabine.“
Als Nächstes fällt mein Blick auf Paula, besser gesagt, auf die stark hervorquellenden Adern an den Schläfen der leicht fülligen Mittfünfzigerin. Sie strengt sich mächtig an mit dem Rudergerät und das schon, seitdem ich den Geräteraum betreten habe. Mit der hohen Frequenz würden selbst die jüngeren Männer nicht trainieren. Ich ahne ein bisschen, warum sie so schuftet. Mir ist nämlich aufgefallen, dass sie fast nach jeder zweiten Übung in den hinteren Bereich des Raums eilt, wo das Regal mit den Kurzhanteln, Therabändern und Faszienrollen steht … und unsere Waage.
„Hallo, Paula! Willst du die Qualifikation für die Olympischen Spiele schaffen?“, versuche ich es auf die spaßige Weise und erreiche, dass sie ihre Ruderbewegung stoppt und keuchend zu mir aufschaut.
„Von nichts kommt halt nichts, oder?“
In diesem Moment entdecke ich die schmale, blasse Hautstelle an ihrem linken Ringfinger. Mir wird ganz heiß um den Kopf. Trug sie da nicht neulich noch diesen Verlobungsring, um den ich sie so beneidet habe? Nicht, weil ich auch gern verlobt wäre - Gott bewahre! Er war halt nur außergewöhnlich hübsch, so apart gewellt und dann dieser tolle Stein!
„Ich wollte mich bloß vergewissern, dass es dir gut geht bei dem hohen Tempo“, schiebe ich vor und schaue mich unauffällig nach ihrer Trinkflasche um. „Du weißt schon, wie wichtig regelmäßiges Trinken beim Training ist?“
„Ja, ja. Aber in letzter Zeit kommt es mir so vor, als ob mein Körper jedes Schlückchen sofort einlagert. Sobald ich was trinke, zeigt die Waage gleich zwei Pfund mehr an.“
„Ohne Flüssigkeit kann dein Körper aber nicht effektiv arbeiten. Du solltest unbedingt was trinken, Paula, deinen Nieren zuliebe“, erkläre ich mit einem leicht vorwurfsvollen Lächeln und gehe schnurstracks zum Wasserspender an der Fensterseite mit den Laufbändern. Dort fülle ich einen Pappbecher und bringe ihn zu ihr.
Mit einsichtigem Nicken nimmt sie ihn entgegen und trinkt ihn zügig leer.
„Ah, danke, Netty. Es tut so gut zu spüren, wie intensiv ihr euch um jeden hier kümmert.“ Dann rutscht der Ausdruck ihrer hübsch geschwungenen Augen so sehr ins Wehmütige ab, dass ich sie am liebsten in den Arm nehmen möchte. Es würde mich nicht wundern, wenn der verschwundene Ring an ihrem Finger und ihr plötzlicher Schlankheitswahn in einem ernüchternden Zusammenhang stehen. Ich kenne diesen Gesichtsausdruck. Genauso niedergeschlagen wirkte Vivien, als Daniels Vorgänger sie wegen einer neuen Kollegin sitzen ließ, einem top gestylten, japanischen Hungerhaken. Und dabei hat Vivien eine Vorzeigefigur.
Diese Eigenart, jede noch so kleine Abnormität zu registrieren, ist wirklich schrecklich. Noch schlimmer ist, dass ich die Person, die dahintersteckt, erst im zweiten Anlauf wahrnehme. Als ob mir nur ihr makelloses Erscheinungsbild wichtig wäre.
Hätte Sabine ihren Oberkörper krumm gehalten oder die Ellenbogen zu stark nach außen gedreht, okay. Das wäre ein Grund zum Korrigieren gewesen, denn damit schadet sie ihren Gelenken. Aber das Abspreizen der kleinen Finger? Du meine Güte, so etwas sollte einem doch wirklich egal sein! Irgendwas muss während meiner Ausbildung falsch gelaufen sein. Seitdem habe ich nämlich diesen Hang zur Körper-Pedanterie. Klar, manche nennen es vielleicht eine besondere Fähigkeit, die nur uns Physiotherapeuten eigen ist. Ich jedenfalls empfinde es eher als Plage. Als etwas, das man liebend gern loswerden möchte, wie einen Fettknubbel neben der Nase. Der ließe sich allerdings problemlos wegoperieren. Ganz extrem ist es im Schwimmbad oder in der Sauna. Statt mich am Anblick eines gut gebauten Männerkörpers zu erfreuen, fokussiert sich alles an mir auf das untere Ende, das mit den fürchterlichen Plattfüßen.
Als ich Paula den leeren Pappbecher abnehme, sehe ich Bille vor dem Arbeitstisch im mittleren Bereich stehen, an dem wir üblicherweise die Eingangsbesprechung mit den Neukunden durchführen. Sie unterhält sich angeregt mit Mama, die mir mit einem verdeckten Handzeichen zu verstehen gibt, dass sie mich sprechen möchte. Gleich darauf tippt sie bedeutungsvoll auf das Päckchen, das sie in meine Richtung hält.
Sofort muss ich an meine kleine Geburtstagsfeier am vergangenen Wochenende denken, zu der ich neben Vivien und Daniel auch Mama, Bille und natürlich Ingmar eingeladen hatte. Er sagte jedoch sofort ab. Ausgerechnet an dem Samstag müsse er an einem Ärztekongress in Hamburg teilnehmen. Seinem Chef zuliebe, hängte er augenrollend an.
„Der alte Kornbichler ist ja lieb und nett, aber manchmal tickt er schon etwas sonderbar“, beschrieb er seinen Chef, während er die drei letzten Gambas aus der Paella-Pfanne fischte, die wir bei unserem Lieblingsspanier bestellt hatten. „Oder kannst du mir erklären, wofür man in einer Kleinstadtpraxis wie unserer etwas über robotergesteuerte OPs an Hüftgelenken wissen muss?“
„Für mich zeugt das von hohem Verantwortungsbewusstsein. Doktor Kornbichler ist es anscheinend wichtig, seine Mitarbeiter stets auf dem aktuellen Stand zu halten. Sei doch froh. So ein Pflichtgefühl findest du bestimmt nicht bei jedem niedergelassenen Arzt. Auf diesem Gebiet wird doch gern gespart“, hielt ich überzeugt dagegen, doch Ingmar lächelte mich nur mitleidig an.
„Komm, Netty! Sag nur, du durchschaust das Spielchen nicht! Dieser Zirkus mit den Kongressen und Seminaren dient doch nur dazu, von seinem Alter abzulenken. Damit gaukelt er den Patienten vor, dass seine Praxis immer auf dem neusten Stand ist. Weißt du, was das eigentliche Problem ist? Diese alteingesessenen Honoratioren können einfach nicht abdanken. Die kleben an ihrer salbungsvollen Sprechstunden-Zeremonie wie Dauerlutscher in dreckigen Kinderhänden.“
„Aber er wirkt doch für sein Alter noch erfrischend dynamisch!“, nahm ich den über die Stadtgrenzen hinaus beliebten Mediziner in Schutz. „Und was das mit den Fortbildungen angeht: Da besteht doch für uns alle die Pflicht.“ Ich blickte seufzend über die Köpfe der Restaurantbesucher hinweg. „Was würde ich dafür geben, wenn Mama mich mal zu einem richtig coolen Seminar nach Hamburg oder München schicken würde und nicht immer zu diesen einschläfernden Lymphdrainage-Kursen in Bad Oeynhausen.“
Zum Glück nahm mir Ingmar meine Kritik nicht krumm. Ganz im Gegenteil. Er musste über meine letzten Worte so sehr lachen, dass die Leute am Nachbartisch genervt die Köpfe zu uns drehten.
Am liebsten hätte ich ihm noch gesagt, wie dankbar Mama und ich diesem Arzt sind. Nicht nur, weil er der einzige Orthopäde im weiten Umkreis ist, sondern vor allem, weil er große Stücke auf die Leistung der Physiotherapeuten hält, und das tun längst nicht alle Ärzte unserer Stadt. Mit diesem Statement hätte ich die angespannte Atmosphäre an diesem Abend jedoch noch mehr belastet, und dafür waren mir unsere ohnehin schon seltenen Stunden zu zweit einfach zu kostbar.
Als ich Bille zu meiner Feier einlud, freute sie sich sehr, meinte aber bedauernd, dass sie möglicherweise kurzfristig absagen müsse, und so war es dann auch. Für den frühen Samstagnachmittag hatten sich acht schwedische Geschäftsleute zum Training angemeldet und sie befürchtete, dass Tom und Joyce mit dem ausländischen Besuch überfordert sein könnten, schon allein der Sprache wegen.
Ansonsten lief unser Zusammensitzen bei Kaffee und Erdbeerkuchen – den gab es an meinem Geburtstag Ende Juni schon, solange ich denken kann - sehr fröhlich ab. Von Vivien bekam ich den besagten Becher mit dem Ärzte-Spruch und das Versprechen, nach ihrem Auszug so viele Abende wie möglich mit ihr zu verbringen. Daniel überreichte mir eine riesige Zimmerpflanze und zeigte dabei liebevoll bedauernd auf Vivien.
„Ich hab ja versucht, sie zu überreden, bei ihrem Auszug wenigstens eine von den zehn Pflanzen hier zu lassen.“ Er zuckte verzweifelt mit den Schultern. „War nichts zu machen. Sie hängt halt an dem Grünzeug. Aber jetzt hast du ja Ersatz. Dieses Gestrüpp, meinte der vom Gartencenter, ist absolut pflegeleicht und mindestens so durstig wie Vivi.“ Für den Zusatz bekam er prompt einen liebevollen Knuff versetzt.
Für Mama kam mein Geburtstag in diesem Jahr etwas zu früh. Nicht, weil sie ihn vergessen hat oder anderweitig verabredet war – schon eine Woche vor der Feier hatte sie unsere Nachmittagspatienten auf einen anderen Tag verlegt – nein, es lag einfach daran, dass ihr Geschenk für mich, das sie online bestellt hatte, bis kurz vor der Feier noch nicht ausgeliefert worden war. Und so etwas kann sie absolut nicht leiden.
„Ist doch halb so wild, Mama. Vermutlich gibt es irgendwo einen Lieferengpass. Dafür kannst du doch nichts. Bestimmt ist es morgen da.“
„Aber wie sieht das denn aus, Agnetha? Als ob ich nicht im Stande wäre, mich rechtzeitig um das Geschenk für meine Tochter zu kümmern“, klagte sie und schüttelte während der zweistündigen Kaffeetafel immer wieder den Kopf.
Ich weiß noch, wie schwierig es war, Mama zum Kauf eines Notebooks zu bewegen. Kurz darauf war sie so begeistert von den umfangreichen digitalen Möglichkeiten, dass sie nicht nur den Praxisbedarf, sondern auch ihre sämtlichen privaten Einkäufe über das Internet abwickeln wollte. Aber so war sie schon immer. Hatte sie erst einmal Feuer gefangen, dann gab es nur noch diese eine Sache für sie. Damals war es Abba und nun eben das Internet. Seit Neuestem überlegt sie sogar, ihre Lebensmittel im Online-Shop ihres Discounters zu ordern und nach Hause bringen zu lassen.
„Ist doch viel bequemer und zuverlässiger, Agnetha“, höre ich sie noch sagen.
Und nun diese Panne mit meinem Geschenk!
Während ich Paulas Trinkbecher zum Abfalleimer bringe, linse ich zu den beiden Frauen am Schreibtisch, die sich angeregt über das merkwürdige Päckchen in Mamas Hand unterhalten. Was da wohl drin sein mag? Plötzlich lässt mich eine ungute Vorahnung zusammenschrecken. Bitte, lieber Gott, lass es kein Schmuckstück sein! Mama hat sicherlich einen guten Geschmack … für ihr Alter. Nur ich bin ein viertel Jahrhundert jünger als sie, was auch bedeutet, dass sich die Mode seither gefühlte fünfzig Mal geändert hat. Außerdem habe ich es ihr schon so oft erklärt: Ketten und Ringe sind nichts für mich. Warum? Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen durchgeknallt, aber Schmuck hat etwas gegen mich. Ja, wirklich. Dafür gibt es Beweise. Der Anhänger mit dem silbernen Glücksschwein zum Beispiel, den meine Oma mir zum ersten Schultag geschenkt hat. Auf ihm habe ich solange herumgelutscht, bis er irgendwann von der Kette abging und in meiner Kehle verschwand. Bei dem Gedanken an das viele Sauerkraut, das ich daraufhin essen musste, wird mir heute noch schlecht.
Also, was mache ich jetzt mit dem Geschenk von Mama? Sie meint es doch gut. Aber mit einer Kette herumlaufen, die man sich niemals gekauft hätte … wer will denn so was?
Bille kennt anscheinend den Anlass, weshalb Mama ins Studio gekommen ist. Kaum stehe ich neben den beiden, fällt ihr siedend heiß ein, dass sie sich um das kaputte Laufband kümmern wollte. Sie verabschiedet sich mit einem knappen Handzeichen und eilt zur Fensterfront auf der Gegenseite, wo sich die Rudergeräte, Stepper und Fahrradergometer für das Cardio-Training aneinanderreihen.
„Du willst mich sprechen, Mama?“, fühle ich einigermaßen gewappnet vor. Irgendwie werde ich es schon hinkriegen, beim Anblick des sicherlich nicht ganz billigen Schmuckstücks den richtigen Ton zu treffen.
„Hier, Liebes. Dein Geburtstagsgeschenk. Über eine Woche habe ich darauf gewartet, und weißt du, wann es gekommen ist? Gestern Abend! Nicht zu fassen, was?“, beschwert sie sich, während sie mir mit erwartungsvoller Spannung im Blick das hübsch verpackte Kästchen aushändigt.
Wie stellt sich Mama das denn jetzt vor? Soll ich es gleich hier auspacken und in Jubel ausbrechen, unter den Augen der anderen Leute? Peinlich berührt schaue ich mich nach den Trainierenden um. Glücklicherweise sind alle so sehr mit ihrem inneren Schweinehund beschäftigt, dass sie das Geschehen am Schreibtisch hinter ihnen nicht weiter interessiert.
Mit einem mulmigen Ziehen in der Magengegend streife ich die Schleife ab und wickle das Geschenkpapier ab. Nanu! Es kommt zwar ein kleiner Karton zum Vorschein, aber der ähnelt in keiner Weise den üblichen, mit dunklem Samt überzogenen Schmuckbehältern. Er ist weder aufwändig geprägt noch mit einem goldenen Rand versehen, sondern schlicht und einfach weiß, ohne ein Firmenzeichen oder das Schild eines Juweliers.
Als ich langsam den Deckel abhebe, kribbelt meine Kopfhaut bis zu den Ohrläppchen. Meine Güte, das ist ja … gar nicht …! In meinem Kopf startet ein blitzschnelles Resetting. Kein Schmuck! Juchhu! Ich bin gerettet. Schon allein deshalb falle ich Mama jubelnd um den Hals. Gleich darauf beginne ich zu lesen, was auf dem obersten Kärtchen im Karton steht:
Agnetha Weiss
Staatlich examinierte Physiotherapeutin
Fitnesstrainerin (A-Lizenz)
„Das sind ja …“
„Richtig. Deine ersten eigenen Visitenkarten, Liebes. Die habe ich übrigens selbst entworfen. Geht super einfach. Man sucht sich ein Format aus, und dann wird einem alles andere vorgeschlagen. Papierart, Farbe, welche Schriftart man haben will und dann diese hübschen Verschnörkelungen.“ Sie weist mit stolzem Lächeln auf das breite goldene Ornamentband, das den Schriftblock mit den stark geschwungenen Buchstaben wie bei einer Hochzeitseinladung umfasst. Die kindliche Strichzeichnung, eine Person im Kniestand mit Pezziball, passt gerade noch so neben die drei eindrucksvollen Zeilen.
„Man kann praktisch alles, was man drauf haben will, selbst aussuchen. Toll, nicht?“
„Wow! Das ist ja … eine Überraschung. Alles selbst entworfen. Gratuliere, Mama. Du bist ja richtig kreativ. Und ich dachte schon, das wäre … nee, damit habe ich wirklich nicht gerechnet.“ Ich schüttele den Kopf und lache immer wieder verblüfft, aber der fassungslose Ausdruck will einfach nicht aus meinem Gesicht weichen. In meiner Not fällt mir nichts anderes ein, als sie ein weiteres Mal in den Arm zu nehmen und innig zu drücken.
„Tolle Idee, Mama. Ganz lieben Dank.“
Ich nehme eins der Kärtchen heraus und drehe es mit großen Augen um und um. Mit dem ganzen Geschnörkel wirkt es überaus edel, aber für meinen Geschmack hoffnungslos überladen.
„Da hast du aber wirklich viel Zeit und Mühe hineingesteckt“, lobe ich und bemühe mich peinlich berührt, darüber hinwegzusehen, dass sie die Adresse auf die Rückseite gesetzt hat. Genauso ignoriere ich, dass das Wichtigste auf der Karte fehlt: meine E-Mail-Adresse und die Handy-Nummer. Na ja, ich will nicht kleinlich und undankbar erscheinen. Schließlich lässt sich das alles blitzschnell handschriftlich ergänzen. Nur wofür braucht jemand wie ich Visitenkarten? Für Praxisbetreiber oder freiberufliche Physiotherapeuten sind sie sicherlich nützlich, aber für eine kleine Angestellte?
Als ob Mama meinen letzten Gedanken gelesen hätte, erklärt sie voller Überzeugung: „So was sollte heute jede moderne Frau dabeihaben, Agnetha. Das gehört mit zum erfolgreichen beruflichen Auftritt.“ Ein Schmunzeln vertreibt nun das Ernsthafte aus ihrer leicht faltigen Augenpartie. „Fürs Private gilt das natürlich genauso. Was glaubst du, warum diese Fernsehwerbung so beliebt ist: Mein Haus! Mein Auto! Mein Swimmingpool!“ Mit vorgehaltener Hand erklärt sie mir den Grund: „Weil man zeigen muss, was man hat? Das tun doch mittlerweile alle, die etwas auf sich halten.“
In meinem Kopf beginnt es ungut zu brodeln. Gefühle der Bevormundung und des Nicht-Genügens machen sich breit und jagen sich mit der Verpflichtung, für das gut gemeinte Geschenk die entsprechende Wertschätzung zu zeigen.
„Verstehe, Mama. Visitenkarten braucht jeder heutzutage, ganz egal ...“ Mit Mühe bringe ich ein Lächeln zustande.
„Genau, Agnetha. Frag mal bei deinen Freundinnen nach. Du wirst staunen, mit welcher Selbstverständlichkeit die so ein Kärtchen aus der Handtasche ziehen.“
Ich stutze, als Mama das Kinn in die Höhe reckt und aufgeregt über meine Schulter hinweg zu den Hantelbänken im hinteren Studiobereich winkt.
„Da hinten ist ja der Doktor Seidel! Hast du ihn denn noch gar nicht begrüßt?“ Ihr verständnisloser Blick weicht sofort einem übertriebenen Strahlen, als Ingmar höflich zu uns herüberwinkt.“
Erstaunt drehe ich mich zu ihm und winke freudestrahlend in seine Richtung. Komisch! Sonst kommt er doch erst abends zum Training.
Nach einem Blick auf die Uhr über den Zugapparaten scheint es Mama plötzlich sehr eilig zu haben.
„Ach, du meine Güte! So spät schon. Ich muss dringend zurück in die Praxis.“ Trotzdem neigt sie sich noch einmal wohlmeinend zu mir. "Solltest du dich nicht ein bisschen um ihn kümmern? Doktor Seidel ist bestimmt nicht nur gekommen, um zu trainieren.“
„Ach, Mama! Das regele ich schon.“ Wenn es um den Mann fürs Leben geht, können Mütter manchmal richtig anstrengend sein.
Ich werfe ihr einen liebevoll genervten Blick zu und mache mich auf den Weg zu Ingmar, der sich gerade bäuchlings auf die Liegefläche des Kniebeuge-Trainers legt und seine Füße unter der Rolle zurechtrückt.
Schon bei den ersten Beugebewegungen fällt mir auf, wie sehr er den Po in die Höhe streckt und ins Hohlkreuz geht. Unter seiner Leistenpartie bildet sich jedes Mal ein handballgroßer Tunnel. Wenn er so weitermacht, kann er sich heute Abend vor Schmerzen im Lendenbereich nicht mehr rühren. Ich muss es ihm sagen, schon allein, damit die anderen Studiogäste merken, dass wir unseren Job ernst nehmen. Trotzdem ist es mir bei ihm extrem unangenehm.
„Hallo, Ingmar. Entschuldige, ich habe dich vorhin gar nicht erkannt, hier hinter den ganzen Geräten.“
Er atmet explosionsartig aus – ein weiterer typischer Fehler, beim Anspannen die Luft anzuhalten – und stützt sich auf die Unterarme.
„Hi, Netty“, keucht er mir mit seinem entwaffnenden Lächeln entgegen. „Alles klar bei dir? Wir haben gerade die Handwerker in der Praxis und deshalb die Mittagspause verlängert. Zeit, die sich sinnvoll nutzen lässt.“ Er zeigt auf die Fitnessgeräte vor ihm.
„Prima Idee!“, lobe ich und überlege, wie ich ihm zu verstehen gebe, dass er seinen Rumpf bei der Kniebeuge falsch hält, ohne besserwisserisch zu klingen.
„Ich mach mal weiter, sonst werden die Muskeln kalt.“
Kaum liegt sein Oberkörper flach, drückt er auch schon die Luft in der Lunge zusammen und sein Hintern wölbt sich hoch. Und nicht nur das! Mit Schaudern erkenne ich, dass er ein viel zu hohes Gewicht eingestellt hat.
„Nimm es mir nicht übel, Ingmar, aber für die Kräftigung der Kniebeuger braucht man gar nicht so ein hohes Gewicht.“
Gerade will ich ihm helfen, indem ich den Sicherungsdorn aus dem Eisenbarren ziehe und weiter oben einstecke, da streckt er den Arm zu meiner Hand aus und schüttelt den Kopf.
„Nee, nee, lass mal, Netty! Das ist schon in Ordnung so. Um schnell Kraftzuwachs zu bekommen, macht man Wiederholungen mit achtzig Prozent des Maximalgewichts.
Laut Trainingslehre stimmt das, aber da wird auch immer Wert auf die richtige Ausführung gelegt. Und auf die zu achten, ist die wichtigste Aufgabe eines Fitnesstrainers. Also, was hält mich davon ab, meinen Job korrekt auszuüben? Ingmar sagt seinen Rückenpatienten ja auch, dass sie sich gerade halten, keine schweren Kisten heben und beim Bücken in die Knie gehen sollen.
„Ja, das ist mir bekannt. Aber wenn du schon so ein hohes Gewicht auflegst, solltest du wenigstens regelmäßig atmen und nicht die Luft anhalten.“
Selbst unsere Jugendlichen wissen, wie wichtig regelmäßige, tiefe Atemzüge beim Krafttraining sind. Und sie handeln auch danach. Kein Sauerstoff – keine Muskelleistung! Das Resultat liegt sofort auf der Hand. Aber meine Güte, muss ich denn immer so pedantisch sein? Gerade bei Ingmar kann ich doch mal ein Auge zudrücken. Ein paar Wiederholungen mit angehaltener Luft und Hohlkreuz bringen ihn ja nicht gleich um.
Ingmar stoppt die angefangene Sequenz und lacht keuchend zum Boden hinab. Dann setzt er sich auf und wischt sich den Schweiß vom Gesicht.
„Ach, Netty. Du bist ja strenger als ein Gruppenführer bei der Bundeswehr. Außerdem ist mir der menschliche Körper nicht ganz fremd“, erklärt er mit gespielt vorwurfsvoller Miene. „Wenn ich hier also etwas mehr ins Schnaufen komme, dann ist das absolut gewollt. Ich wäre ja schön blöd, wenn ich die knappe Zeitspanne nicht effektiv nutzen würde.“
Ich lasse mich mit einem schuldbewussten Lächeln auf der freien Bank vor ihm nieder. Mist! Genau diese Reaktion wollte ich vermeiden.
„Entschuldige, so sollte das wirklich nicht rüberkommen. Aber ich bin nun mal verpflichtet, auf falsche Übungsausführungen aufmerksam zu machen. Vielen Kunden fehlt einfach das Gespür für den Körper. Die merken oft nicht, wenn sie eine Übung falsch ausführen“, versuche ich, meinen Korrekturhinweis zu rechtfertigen. Mit einem entschuldigenden Lächeln streiche ich ihm über den Arm.
„Nimm es bitte nicht persönlich, Ingmar! Ich will doch nur, dass du dir nicht schadest.“
„Das ist lieb von dir.“
Der leicht pikierte Zug um seinen sympathisch geschwungenen Mund ist zum Glück wieder verschwunden. Voller Schwung steht er auf und biegt ächzend den Oberkörper nach hinten. Dann wirft er mir diesen hinreißenden Herzensblick zu, der mich alle disharmonischen Zwischentöne vergessen lässt.
„Es gibt übrigens noch einen Grund, warum ich heute meine Mittagspause opfere, um unter deinen strengen Blicken zu trainieren.“
Verlegener als in diesem Moment kann ich kaum gucken, wohl auch, weil meine Wangen sekundenschnell erröten. Natürlich weiß ich, was er meint. Trotzdem gebe ich mich ahnungslos und blinzele ihn kokett an.
„Weil du es insgeheim erregend findest, von mir gemaßregelt zu werden?“
Er mustert mich erst erstaunt, dann ziemlich ungläubig, und ich frage mich sofort, warum ich ihn bei jeder Gelegenheit foppen muss. Weiß der Himmel, warum ich dazu neige!
„Echt jetzt, Netty? Du glaubst, ich stehe auf diese abartigen … Domina-Spielchen? Wie … dieses Herzchen von Studentin und der Millionär?“ Er versucht, aus meinem Gesichtsausdruck schlau zu werden. „Das meinst du doch nicht ernst, oder?“
Meine Mundwinkel zucken amüsiert. Sieh an, da kann mein lieber Ingmar noch so befremdet gucken - gelesen hat er Fifty Shades also doch. Zwar nicht genau - es geht immerhin um einen Milliardär -, aber immerhin.
„Nee, nee, keine Bange. Das sollte nur ein Scherz sein.“ Obwohl?
Als ich mitbekomme, wie er aufatmet, bin ich schon ein wenig enttäuscht. Ich zähle mich absolut nicht zu den Fans dieser Quäl-mich-Sexspielchen, aber ein bisschen weniger brav wäre für mich auch okay.
„Eigentlich bin ich hier, weil ich mir den heutigen Abend freihalten wollte, um deinen Geburtstag nachzufeiern. So gemütlich zu zweit und so. Am Wochenende ging es ja nicht. Du hast doch heute noch nichts vor?“
Der erotisch anmutende Unterton in seiner Frage elektrisiert augenblicklich die Gegend um meinen Bauchnabel herum. Heißt das jetzt, er möchte mit mir …? Ach, Quatsch. Es kann alles bedeuten. Aber schön wäre es ja schon, wenn wir mal wieder … Ich versuche mich zu erinnern, wann ich das letzte Mal in seiner Wohnung war. Oder sind wir zu mir gegangen? Blitzschnell gehe ich in Gedanken die letzten beiden Wochen durch, aber es will mir einfach nicht einfallen.
„Kein Problem. Ich muss nach der Arbeit noch schnell was einkaufen. Danach liegt bei mir nichts weiter vor.“
Ich warte einen Augenblick, um ihm die Gelegenheit zu geben, mich in seine Wohnung einzuladen, aber er nickt nur zufrieden. Damit die Pause nicht noch unangenehmer wird, schlage ich ein Treffen um acht bei mir vor.
„Immer wieder gern“, bedankt er sich und schenkt mir ein Zwinkern zum Dahinschmelzen.
Na ja, warum eigentlich nicht bei mir? Immerhin hatte ich ja Geburtstag und nicht er. Ich kichere leise in mich hinein. Und außerdem sturmfreie Bude!
„Prima. Dann können wir auch gleich den Wein probieren, den ich von Bille geschenkt bekommen habe. Den hat sie extra für mich von dem Pfälzer Winzer kommen lassen, für den sie so schwärmt“, erkläre ich mit stolz erhobenem Kinn. „Das soll wohl ein ziemlich außergewöhnliches Tröpfchen sein. Für besondere Anlässe, meint sie.“
„Na, das passt doch.“
Kaum hat er mein beglücktes Lächeln registriert, zeigt er auch schon genervt zur Beinpresse hinüber, die gerade frei wird.
„Endlich! Manche Typen scheinen ja wirklich zu glauben, die Maschinen stünden nur für sie da.“
Zum Aufbruch bereit schlingt er sich das Handtuch um den Hals. Dann erscheint ein geheimnisvolles Grinsen auf seinem verschwitzten Gesicht.
„Ich habe auch etwas für dich“, raunt er mir zu, nachdem er sich vergewissert hat, dass niemand in Hörweite ist.