Eine Frau - Marcel Möring - E-Book

Eine Frau E-Book

Marcel Möring

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Beschreibung

Über den Weg einer Frau zu sich selbst

Laura besitzt ein Gourmetrestaurant mit kleinem Hotel an der holländischen Küste. Mit ihren sechzig Jahren meistert sie jedes Chaos – bis sie eines Tages, als zwischen Chefkoch und Maître in der Küche wieder mal die Fetzen fliegen, merkt, dass sie nicht mehr wie gewohnt funktionieren kann. Dass sie innerlich wie versteinert ist, und zwar seit fünfundzwanzig Jahren, seit der großen Tragödie ihres Lebens, die sie überwunden glaubte. Und Laura wird klar, dass sie sich den Erinnerungen, an Liebe wie an Leid, stellen muss, wenn sie weiterleben will.

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Seitenzahl: 82

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Inhaltsverzeichnis
 
Lob
 
Kapitel 1
 
Copyright
That sob through the wall which bolts my heart with its pure distress, start-stops, and I’m left in the prickly dark with my eyes open wide to a broken-off dream still alive in my head.
 
 
Andrew Motion, BAD DREAMS, I, DERBY TO PANCRAS, AUS: LOVE IN A LIFE
1
Als ich in die Küche kam, konnte ich gerade noch dem nassen Geschirrtuch des Küchenchefs ausweichen. Der Maître, der neben der Tür stand, bekam es voll ins Gesicht. Es folgte ein Moment der Stille, in dem nahezu die vollzählige weiße Brigade auf den kopflosen Mann starrte. Niemand rührte sich. Dann hörte man einen ergebenen Seufzer. Der Maître nahm das Tuch von seinem Gesicht, legte es auf einen Tisch, zog die Augenbraue hoch und bedachte den Chef de cuisine mit dem Blick, den Biologen für eine interessante Schneckenart reservieren.
»Du«, schrie der Chef, unbeeindruckt von so viel Phlegma, »verdienst es nicht, zu leben! Wenn du deinen pockennarbigen Scheißkopf heute abend noch ein einziges Mal in der Küche zeigst, hack ich ihn eigenhändig ab.«
»Leo«, sagte ich, während ich in den Raum trat, der die beiden Männer voneinander trennte, »spüre ich da einen leichten Unfrieden?«
Der Koch starrte mich an, als hätte er keine Ahnung, wer ich war. Dann nickte er wild in Richtung des Maître. »Vier Lachs! Versaut! Weil sie die Teller zu lang haben stehenlassen! Amateure! Hinterwäldler!« Er griff nach einem Stieltopf und hob ihn hoch. Dann ging ihm auf, daß ich zwischen ihm und dem Maître de service stand. Er ließ den Topf sinken und schüttelte mutlos den Kopf.
»Meine Herren«, sagte ich. »Ich habe weder Zeit noch Lust für bilaterale Gespräche. Wir haben die Bude voll, und da hauen ein paar Typen australischen Wein weg, als ob es Cola wär.« Ich sah den Maître an. »Ich möchte, daß sie die restlichen Gänge im Eiltempo bekommen. Schneiden, Rasieren, ein Pfefferminz - und ab die Post, Herr Appelmans. Und zwar ein bißchen dalli.«
Der Maître öffnete den Mund ungefähr fünf Millimeter weit und schien etwas sagen zu wollen, schloß ihn aber wieder, als er meinen Blick sah. Er nickte knapp und verschwand durch die Schwingtür. Der Koch drehte sich brüsk um, schnappte sich einen Topf und schlappte nach hinten. Die Küche erwachte wieder zum Leben. Töpfe wurden auf Herde geknallt, Butter begann zu zischen, und irgendwo hackte jemand mit einem Beil auf eine Lende ein.
Ich verließ die Küche und begab mich nach oben, in den zweiten Stock, wo sich ein Gast über die Rezeption beschwert hatte. Ich drückte die schwere braune Tür zum Treppenhaus auf und stieg zum x-tenmal an diesem Tag nach oben.
Hotel-Restaurant De Witte Bergen hat zwölf Zimmer, verteilt auf zwei Etagen. Der oberste Stock, unter dem Dach, beherbergt das Appartement, in dem ich wohne. Meine Aufgabe als Besitzerin und Direktorin von De Witte Bergen scheint manchmal in erster Linie aus Treppensteigen zu bestehen. Die Zimmermädchen müssen kontrolliert, Zimmer überprüft werden. Es gibt Gäste, die persönliche Betreuung brauchen, und wenn jemand auscheckt, überprüfe ich selbst, ob in dem betreffenden Zimmer neue Glühbirnen nötig sind, die Tapete beschädigt ist oder ob es sonst etwas gibt, worum ich mich kümmern muß. Und dann gibt es noch mein eigenes Appartement, in dem ich wohne, schlafe und esse. Wir haben einen ausgezeichneten Koch, und ich sitze gern an seinem Tisch, bestehe aber darauf, mich an vier Tagen pro Woche selbst zu versorgen. Und so gehe ich täglich unzählige Male von oben nach unten und von unten nach oben.
Nachdem ich kurz bei dem Gast vorbeigeschaut hatte, der sich nicht beschweren, sondern nur wissen wollte, ob er auf seinem Fernseher BBC empfangen könne, ging ich weiter in meine Wohnung, in der die untergehende Sonne eine sanfte orangefarbene Glut auf die Wände legte. Ich machte die Balkontüren weit auf, und eine sanfte Brise wehte den klaren, salzigen Geruch nach Strand und Meerwasser herein.
Ich machte mich im Badezimmer frisch. Obwohl noch früh in der Saison, war es ein warmer Tag gewesen,
Die Originalausgabe erschien 2007 unter dem Titel Een vrouw bei De Bezige Bij, Amsterdam.
 
 
1. Auflage Deutsche Erstausgabe
Copyright © 2007 Marcel Möring Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2009 Luchterhand Literaturverlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
eISBN : 978-3-641-03448-1
 
www.luchterhand-literaturverlag.de
 
Leseprobe
 

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