Eine perfekte  Täuschung - Patricia Vandenberg - E-Book

Eine perfekte Täuschung E-Book

Patricia Vandenberg

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Beschreibung

Nun gibt es eine Sonderausgabe – Dr. Norden Gold Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen. »Ach, Fabian, ich bin so glücklich. Stell dir vor, es sieht ganz danach aus, als ob ich den Job in der Fabrik bald an den Nagel hängen kann. Marlene hat ein kleines Ladengeschäft aufgetan, das nicht zu teuer ist. Es ist ideal, um all die tollen Kunstgewerbesachen zu verkaufen, die ich seit Jahren sammle.« Lydia Buntschuh fiel mit der Tür ins Haus, als sie an diesem Abend ihren Freund Fabian Clausen in seinem Atelier besuchte. Der saß mit der Farbpalette in der einen und einem Pinsel in der anderen Hand vor einer leeren Leinwand und starrte seine Freundin an. Krampfhaft mühte er sich zu lächeln. »Schön. Freut mich für dich. Wie war dein Tag sonst? Was ist passiert?« Schlagartig wich die Freude aus Lydias schmalem Gesicht. Müde strich sie sich eine vorwitzige blonde Strähne aus der Stirn, die sich aus dem Pferdeschwanz gelöst hatte. Auch wenn sie es sich nicht erklären konnte, hatte sie keine Lust, länger über sich und ihre Erlebnisse zu berichten. Statt dessen wich sie aus. »Geht schon. Aber was ist los mit dir? Als wir uns kennengelernt haben, warst du gut drauf und hast fast immer gute Laune gehabt. Seit ich dran denke, meine Arbeit in der Fabrik aufzugeben und mich selbständig zu machen, ist alles anders.« »Unsinn, das bildest du dir nur ein«

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Dr. Norden Gold – 58 –

Eine perfekte Täuschung

Unveröffentlichter Roman

Patricia Vandenberg

»Ach, Fabian, ich bin so glücklich. Stell dir vor, es sieht ganz danach aus, als ob ich den Job in der Fabrik bald an den Nagel hängen kann. Marlene hat ein kleines Ladengeschäft aufgetan, das nicht zu teuer ist. Es ist ideal, um all die tollen Kunstgewerbesachen zu verkaufen, die ich seit Jahren sammle.« Lydia Buntschuh fiel mit der Tür ins Haus, als sie an diesem Abend ihren Freund Fabian Clausen in seinem Atelier besuchte.

Der saß mit der Farbpalette in der einen und einem Pinsel in der anderen Hand vor einer leeren Leinwand und starrte seine Freundin an. Krampfhaft mühte er sich zu lächeln.

»Schön. Freut mich für dich. Wie war dein Tag sonst? Was ist passiert?«

Schlagartig wich die Freude aus Lydias schmalem Gesicht. Müde strich sie sich eine vorwitzige blonde Strähne aus der Stirn, die sich aus dem Pferdeschwanz gelöst hatte. Auch wenn sie es sich nicht erklären konnte, hatte sie keine Lust, länger über sich und ihre Erlebnisse zu berichten. Statt dessen wich sie aus.

»Geht schon. Aber was ist los mit dir? Als wir uns kennengelernt haben, warst du gut drauf und hast fast immer gute Laune gehabt. Seit ich dran denke, meine Arbeit in der Fabrik aufzugeben und mich selbständig zu machen, ist alles anders.«

»Unsinn, das bildest du dir nur ein«, widersprach Fabian heftig.

»Ich weiß nicht«, murmelte Lydia und begann, im Atelier auf und ab zu gehen. »Zeig mal, was du gemalt hast in letzter Zeit. Vielleicht kann ich in unserem neuen Laden Bilder von dir aufhängen und damit den Verkauf ankurbeln.«

Doch statt ihm damit eine Freude zu machen, schien Fabian dieses wohlgemeinte Angebot als Beleidigung anzusehen.

»Ich hab’ keine Almosen nötig, vielen Dank!« blaffte er Lydia zornig an.

Die verstand die Welt nicht mehr.

»Ich will dir doch nur helfen. Ich seh doch selbst, daß du Probleme hast, die zu verkaufen. Zeig die Bilder doch wenigstens mal her«, ließ sie nicht ab, in Fabian zu dringen und blätterte zwischen den Leinwänden, die an einen farbverschmierten Schrank gelehnt standen, hin und her.

Das war zuviel für Fabian.

»Was schnüffelst du hier herum? Nimm sofort die Finger aus meinen Sachen«, schrie er sie an und legte Palette und Pinsel beiseite. Wie von der Tarantel gebissen sprang er zur Seite und schubste sie unsanft von den Bildern fort.

Lydia wich zurück, trat auf einen Farbroller, der auf dem Boden lag und geriet ins Straucheln. Sie schrie auf und ruderte mit den Armen in der Luft auf der Suche nach Halt. Doch vergebens. Mit einem dumpfen Knall stürzte sie auf die Kante eines Tisches.

Doch Fabian bekam von diesem Unfall nichts mit. Gleich nachdem er seiner Freundin den Stoß versetzt hatte, war er aus dem Atelier gelaufen, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Stöhnend und betäubt von Schmerz blieb Lydia auf dem Boden liegen. Tränen standen ihr in den Augen, als sie sich mühsam hochrappelte.

»Oh, Mann, tut das weh«, schluchzte sie und wußte nicht, ob der verletzte Stolz mehr schmerzte als die Verletzung, die sie sich offenbar zugezogen hatte. »So ein Voll-idiot. Warum tut er mir das an? Ich kann doch nichts dafür, daß es bei ihm grad nicht läuft. Dabei hat er mir am Anfang erzählt, er sei ein bedeutender Künstler. Ich hätte ihm nicht glauben dürfen.« Hemmungslos ließ Lydia den Tränen freien Lauf, während sie sich mühsam die staubige Jeans abklopfte. »Auch nicht, daß er mich liebt. Er hat mich nur belogen. Von Anfang an. Warum nur habe ich mich in ihn verliebt? Warum falle ich immer auf dieselben Typen rein?« fragte sie sich verzweifelt und mußte dabei nur noch mehr weinen. Ohne einen Blick zurückzuwerfen, stolperte Lydia schließlich aus dem Atelier. Ihre Augen waren von Tränen blind. Trotzdem kannte sie den Weg genau, den sie gehen wollte.

Summend stand Marlene Buntschuh vor dem Spiegel im Badezimmer. Eine ganze Reihe Flaschen und Tuben, Tiegel und Töpfe standen vor ihr aufgereiht. Ohne zu zögern griff sie mal nach dem einen, mal nach dem anderen und brachte geschickt den Inhalt auf die dafür vorgesehenen Stellen auf.

»Lenchen, was machst du schon wieder so lange im Bad?« tönte auf einmal eine Stimme aus dem angrenzenden Zimmer.

Doch von der ließ sich die junge Frau ganz und gar nicht stören.

»Das weißt du doch. Ich spiele mal wieder Filmstar.«

»Wer soll es denn heute sein?« kam eine hörbar belustigte Antwort.

»In einer alten Zeitschrift habe ich ein wunderbares Foto einer Hollywooddiva gefunden. Dieses Make-up probiere ich gerade aus«, antwortete Marlene fröhlich.

»Muß ich das verstehen?« fragte die männliche Stimme nach.

Marlene lachte.

»Du mußt mich nachher nur bewundern. Das ist alles.«

»Das tue ich doch gerne. Aber was mache ich bis dahin?« fragte Jan Buntschuh nicht minder ausgelassen zurück.

Marlene bedachte die Kosmetika mit einem prüfenden Blick und entschied sich dann für einen nachtschwarzen Mascara. Während sie sich nach vorne zum Spiegel beugte und die kleine Bürste mit ruhiger Hand durch ihre dichten Wimpern führte, antwortete sie: »Schau doch mal in meine Tasche. Ich hab’ mal wieder einen ganzen Stapel alte Bücher aus dem Hotel mitgebracht, die sie aussortiert haben. Vielleicht ist was für dich dabei«, empfahl sie ihrem Mann.

Jan seufzte vor Liebe zu dieser Frau.

»Weißt du, daß du ein Traum bist? Du scheinst immer an mich zu denken.«

»Das scheint nicht nur so, ich tue es tatsächlich«, lächelte Marlene die fremde Frau im Spiegel an, in die sie sich langsam verwandelte. »Ich kann gar nicht anders.«

»Das ist offenbar so eine Frauensache. Manchmal habe ich den Eindruck, ihr könnt gleichzeitig an mehrere Dinge auf einmal denken«, mutmaßte Jan, während er die Bücher aus Lenes Tasche nahm und eingehend begutachtete.

»Wir können nicht nur an mehrere Dinge gleichzeitig denken, sondern auch mehrere Dinge gleichzeitig tun. Multi-tasking-fähig nennt man das.«

»Willst du mir durch die Blume mitteilen, daß ich mich bilden soll?« wechselte Jan das Thema und starrte auf das Buch in seiner Hand.

»Wie kommst du darauf?«

»Die Leiden des jungen Wer-ther… hältst du das für geeignete Lektüre?« fragte er irritiert und legte das Buch aufs Bett.

Marlene steckte den blutroten Lippenstift zurück in die Hülse und betrachtete zufrieden ihr Werk.

»Ich hatte noch keine Zeit, durchzuschauen, was alles dabei ist. Leg es einfach beiseite, wenn es dir nicht gefällt. Das bringe ich dann Professor Werner mit. Der freut sich immer, wenn er neuen Lesestoff hat.«

»Ich dachte, er ist halb blind?« hakte Jan irritiert nach.

»Stimmt, aber es kommt öfter mal jemand vorbei, der ihm vorliest«, erklärte Marlene bereitwillig. »Aber jetzt will ich erst mal wissen, wie ich dir gefalle«, bemerkte sie und trat mit einem verführerischen Augenaufschlag aus dem Bad hinüber ins Schlafzimmer zu Jan, der auf dem Bett saß.

»Donnerwetter!« entfuhr es ihm, als er seine völlig veränderte Frau sah. »Wenn ich dir auf der Straße begegnen würde, würde ich dich nicht erkennen.«

»Tatsächlich?« lachte Marlene, vergnügt über den Erfolg ihrer Verwandlung.

»Wirklich. Du wirst jedes Mal besser. Manchmal denke ich, du hast deinen Beruf verfehlt.«

»Sagen wir mal so, ich habe nie einen gelernt«, stellte sie lächelnd fest und ging auf Jan zu. Sie beugte sich über ihn und wollte ihm eben die Bücher aus der Hand nehmen, als es an der Tür klingelte.

Ärgerlich verzog Jan den Mund.

»Muß das sein? Um diese Uhrzeit? Die Leute haben keinen Anstand mehr. Laß es klingeln, ich habe jetzt keine Lust mehr auf Besuch.«

Doch Marlene war schon auf dem Weg zur Tür.

»Und was, wenn einer unserer Freunde unsere Hilfe braucht?«

»Dann hätte er vorher anrufen sollen.«

»Männer! Ihr seid manchmal eine Spur zu pragmatisch«, schüttelte Marlene unwillig den Kopf und öffnete die Tür. »Mensch, Lydia, du bist es!« rief sie dann, als sich ihre Augen an das dämmrige Halbdunkel im Hausflur gewöhnt hatten. »Was ist denn mit dir passiert?«

Auf diese Frage konnte Lydia nicht sofort antworten. Ungläubig starrte sie die fremde Person an, die ihr gegenüberstand. Trotz ihrer tränenblinden Augen wußte sie, daß ihr dieses Gesicht fremd war.

»Wer sind Sie?« fragte sie schluchzend.

Marlene erinnerte sich an ihr Make-up und lachte trotz des erbärmlichen Zustandes, in dem sich ihre Schwägerin offensichtlich befand.

»Na, mein Äußeres muß wirklich überzeugend sein, wenn mich die Schwester meines Bruders, die ja meine beste Freundin ist, nicht erkennt. Aber jetzt komm erst mal rein. Du siehst zum Fürchten aus.«

»Du nicht!« murmelte Lydia und wischte sich beschämt mit dem Handrücken über das Gesicht.

»Kein Wunder. Mir scheint es ja auch besser zu gehen als dir. Setz dich und erzähl, was los ist!« forderte Marlene die Schwägerin auf und drückte sie auf einen Stuhl am Eßtisch.

Lydia stöhnte vor Schmerzen auf.

»Herrje, tut das weh.«

Angelockt von den Stimmen war auch Jan inzwischen herbeigekommen. Als er seine Schwester so sah, erschrak er zutiefst. »Lydia, um Gottes willen, was ist passiert? Bist du verletzt? Hattest du einen Unfall?« fragte er aufgebracht, als sie die Hand mit gequältem Gesichtsaudruck auf den Rücken legte.

»Umfall wäre das bessere Wort«, kratzte sie einen Rest Humor zusammen.

»Du bist gestürzt?« ließ Jan nicht locker, um seiner Schwester die Wahrheit zu entlocken.

Lydia, die erkannte, daß sie ihrem Bruder nichts vormachen konnte, seufzte noch einmal. Doch diesmal war es der Kummer darüber, ihren Freund Fabian verunglimpfen zu müssen.

»Fabian und ich haben gestritten.«

»Hat er dich geschlagen?« fragte Jan, und sofort wurde seine Miene grimmig.

Lydia hob abwehrend die Hände.

»Nein, das nicht. Er kam auf mich zu, ich bin auf so eine dumme Rolle gestiegen und gestürzt«, beschönigte Lydia das Geschehene, um Fabian in ein milderes Licht zu rücken.

Doch damit kam sie bei ihrem Bruder nicht durch. Seine Augen verengten sich zu skeptischen Schlitzen, während Marlene ihrer Schwägerin ein Glas Wasser brachte.

»Hat er dir wenigstens geholfen?« fragte er argwöhnisch.

Diesmal kam Lydia um die Wahrheit nicht herum.

»Er ist davongelaufen«, gestand sie leise.

Jan starrte seine Schwester ungläubig an.

»Er hat sich nicht um dich ge-kümmert?« fragte nun auch Marlene verständnislos.

»Ich sagte doch, wir hatten einen Streit.«

»Na und? Schließt das aus, sich zu helfen, wenn ein anderer es nötig hat?«

Gequält schloß Lydia die Augen.

»Bitte, fragt nicht weiter. Ich mag jetzt nicht darüber reden. Dazu bin ich viel zu durcheinander«, flüsterte sie schwach. »Kann ich heute nacht bei euch bleiben? Ich will es vermeiden, Fabian zu sehen und muß zuerst einmal meine Gedanken sortieren.«

»Natürlich bleibst du hier«, beschloß Marlene, ohne lange nachzudenken.

»Du schläfst drüben bei Lenchen im Bett, und ich mach es mir auf der Couch gemütlich. Die ist neu, und ich wollte sie sowieso mal auf ihre Gästebettqualitäten hin überprüfen. Das ist die beste Gelegenheit dazu«, erklärte auch Jan sofort, und die Entschlossenheit in seiner Stimme duldete keinen Widerspruch.

Lydia überlegte nur kurz, dann nickte sie und stand langsam und unter deutlichen Schmerzen auf.

»Vielen Dank. Ich wüßte gar nicht, was ich ohne euch tun sollte.«

Marlene trat auf die Schwägerin zu und streichelte zärtlich über die verschmierte Wange.

»Wir sind immer für dich da. Das weißt du doch.«

Lydia nickte.

»Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie ich euch liebe. Vielen Dank für alles und gute Nacht.«

»Gute Nacht, meine Süße. Ich helfe Jan noch schnell, das Bett zu machen. Dann komme ich zu dir«, versprach Marlene mit einem Blick auf ihren Mann, der zustimmend nickte.

Doch Lydia beachtete die beiden gar nicht mehr. Wie in Trance ging sie hinüber ins Schlafzimmer. Dort lagen die Bücher noch auf Jans Bettseite verstreut. Unter Schmerzen beugte sie sich hinunter, um sie beiseite zu räumen. Dabei fielen ihr ein paar Exemplare zu Boden, und ein zusammengefalteter Bogen Papier flatterte aus einem schmalen Band heraus.

»So ein Mist«, fluchte Lydia leise und bückte sich ächzend, um die Bücher aufzuheben. »Die Leiden des jungen Werther«, las sie den Titel des Bandes laut vor, aus dem der Brief gefallen war. Lydia stapelte die Bücher auf dem Nachttisch, den Bogen Papier behielt sie in der Hand und setzte sich stöhnend auf dem Bett zurecht. Als sie das Blatt entfaltet hatte, starrte sie auf die eng beschriebenen Zeilen. Die Buchstaben verschwammen vor ihren Augen. »Das lese ich morgen früh, wenn ich wieder bei Sinnen bin«, seufzte Lydia, faltete den Brief wieder zusammen und steckte ihn unter das Kopfkissen. Nie zuvor in ihrem Leben war sie erschöpfter und müder gewesen als in diesem Augenblick. Deshalb rollte sie sich wie sie war auf dem Bett zusammen und schlief ein.

Die Wirkung des Alkohols ließ nicht lange auf sich warten. Langsam aber sicher wurde der schneidende Schmerz gedämpft und drang nur noch dumpf in Fabians Bewußtsein. Während er einen weiteren Drink kippte, sah der Barkeeper ihn durchdringend an.

»Was ist los mit dir? So kenne ich dich ja gar nicht. Und wo ist deine süße Freundin?«

»Süße Freundin, von wegen«, stieß Fabian durch die Zähne. »Da kennst du die Frauen aber schlecht.«

»Ich will mich ja nicht selbst loben. Aber meine Menschenkenntnis ist ganz passabel. Das bringt meine Arbeit mit sich. Nirgendwo sonst kommt man mit so vielen verschiedenen Menschen ins Gespräch. Deine Freundin ist in Ordnung. Das kannst du mir glauben.«

»Das dachte ich am Anfang auch. Aber jetzt behandelt sie mich wie ein unmündiges Kind. Wie ich das hasse!« stieß Fabian erneut durch die Zähne und schob sein leeres Glas über die Theke. »Noch einen.«

»Was hat sie getan, daß du so wütend bist?« forschte Leo interessiert, während er das Glas neu einschenkte.

»Stell dir mal vor, die traut mir gar nichts zu. Denkt, ich bräuchte sie, um meine Bilder zu verkaufen. Warum glaubt mir eigentlich keiner, daß ich auf eigenen Beinen stehen kann und keine Krücken zum Gehen brauche?«

Leo stellte das gefüllte Glas vor seinen Gast und zog erstaunt eine Augenbraue nach oben.

»Bestimmt hat sie es nur gut gemeint.«

»Na und? Ich hatte mein ganzes Leben lang mit Leuten zu tun, die es nur gut mit mir gemeint haben. Aber willst du wissen, was sie in Wahrheit von mir wollten?«

»Ich kann es kaum erwarten«, antwortete Leo leicht sarkastisch.

»Sie wollten mich gefügig machen. Ich sollte funktionieren wie eine Maschine und das tun, was ihnen gefällt. Nach dem, was ich wollte, hat nie ein Hahn gekräht«, schleuderte Fabian dem Barkeeper seine ganze Wut und Enttäuschung entgegen. »Jeder liebt nur die Vorstellung von dem, was ich für ihn sein könnte. Mich selbst aber nicht.«

Doch statt wie erwartet und erhofft schockiert zu sein, lächelte Leo nur weise.

»Wenn du nicht zeigst, wer du bist, wie kannst du dann geliebt werden für das, was du bist?« fragte er leise.

»Was willst du damit sagen?« fragte Fabian gefährlich leise und starrte den Barkeeper haßerfüllt an.

Der erkannte, daß es an der Zeit war, das Gespräch zu beenden. Wenn ein Gast wie Fabian einen bestimmten Prozentsatz Alkohol im Blut hatte, war es besser zu schweigen.