Eine Psychologie der neuen Zeit - Peter Maria Kobosil - E-Book

Eine Psychologie der neuen Zeit E-Book

Peter Maria Kobosil

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Beschreibung

Der Autor, Peter Maria Kobosil (Mag. pharm., Dr. phil.), hat in 'Eine Psychologie der neuen Zeit' versucht, in Anlehnung an die heutigen psychologischen Erfahrungen die Hintergründe psychischer Probleme unserer Zeit und deren Lösungsmöglichkeiten aus einem spirituellen Blickwinkel zu betrachten. Er kann dabei auf einen reichen psychotherapeutischen, spirituellen, naturwissenschaftlichen und christlich-religiösen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Die 'neue Zeit' erfordert den Blick hinter die Kulissen der Materie und einen immer tieferen Blick in die Seele des Menschen. Hier kommen dem Autor die eigenen Erfahrungen zugute, die er über Jahrzehnte in seiner spirituellen Praxis gesammelt hat. Er ist der Auffassung, dass die stets zunehmenden und immer komplizierteren psychischen Probleme und Krankheiten neben einer entsprechenden medizinischen Versorgung einer psychotherapeutischen Begleitung bedürfen, in der spirituelle und religiöse Hintergründe und Kraftquellen nicht fehlen sollten. Dieses Buch ist in einer Sprache gehalten, die Fremdwörter und Kompliziertheit möglichst vermeidet, um damit einen Zugang in der breiten Öffentlichkeit finden zu können - in aufklärender und beratender sowie in vorsorgender und therapeutischer Funktion. Es ist ein Wegweiser aus der Praxis des Lebens, der dem Leben wiederum zugutekommen soll.

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Seitenzahl: 690

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Der Mensch braucht nicht nur die Psychologie oder die Philosophie oder die Religion, er braucht sowohl das eine als auch das andere.

Allen, die mein Leben bereichert haben, die mir Freude, Kampf und Not brachten. Sie alle haben dazu beigetragen, dass dieses Buch entstehen konnte.

INHALT

Vorwort

Esoterik, Spiritualität, Religiosität

Psychologie als Seelsorge

Heilung durch Sinnfindung

Wie können wir der Angst begegnen?

Wie können wir die Depression bewältigen?

Ich fühle mich schuldig! Wie soll ich damit umgehen?

Ausgebrannt und erschöpft – Wege aus dem Burnout

Partnerschaft, Liebe, Sexualität

Meine Trauer findet dich

Mit dem Jenseits kommunizieren

Schutzengel begleiten uns

Rückführungstherapie

Sich kennenlernen mit Hilfe des Enneagramms

Wie die Seele den Körper bewegt – psychosomatische Betrachtungen

Das Herz – Symbol für Liebe und Gefühl

Stress, Angst, Aggression – das Immunsystem leidet

Wenn die Luft wegbleibt, dann lasse los und atme durch

Probleme im Miteinander belasten die Nieren – Angst und Unruhe die Blase

Neid stört die Tätigkeit von Leber und Galle

Unverdaute Konflikte schlagen sich auf den Magen

Die Haut als Spiegel unserer inneren Welt

Auch das Krebsgeschehen hat einen tieferen Sinn

Den geistigen Wandel der neuen Zeit nutzen

Vaterunser-Meditation – das Gebet erleben

Literaturverzeichnis

Vorwort

Mein ganzes Leben war und ist durchdrungen von der Frage nach dem Sinn allen Seins, allen Werdens und Vergehens und allen Fortbestehens in der Schöpfung. Und eine ganz wesentliche Frage war für mich auch immer: Haben auch Leid und Schicksal einen Sinn? Für die Beantwortung kann ich mich auch auf eigene Erfahrungen stützen, die ich früher nicht für möglich gehalten hätte. Ohne es so zu benennen, betreibe ich meine eigene Psychologie bereits seit meiner Jugend. Und nach wie vor beobachte ich in schönen und schweren Stunden, wie mein seelisches Inneres auf Einflüsse der Umgebung reagiert und mache mir Gedanken darüber, ob ich damit wohl zufrieden sein kann oder nicht. In gleicher Weise beobachte ich andere und diskutiere mit ihnen über unser Denken und Verhalten. Ich habe offiziell anerkannte Lehrmeinungen studiert und mit verschiedenen anderen Erfahrungen verglichen.

Mit dem Beginn meines Universitätsstudiums nutzte ich die Gelegenheit, einen tieferen Einblick in die Welt der Philosophen zu bekommen. Mit Aristoteles, Platon oder Sokrates lernte ich über den eigenen Horizont hinauszublicken und Fragen nach einer Existenz vor der Geburt und nach dem irdischen Tod zu stellen, und damit auch die Frage nach einer übersinnlichen Welt. Ich lernte die Lehren eines Paracelsus kennen, die Weltanschauung Goethes und Rudolf Steiners oder die mich faszinierenden psychologischen, philosophischen und spirituellen Zusammenhänge, wie sie Thorwald Dethlefsen beschrieb. Dass es einen Gott und Schöpfer gibt, das war mir schon in meiner Kindheit vertraut. Das Herzensgebet mit der Bitte um Hilfe in meinen kleinen und großen Nöten war mir Bedürfnis und Halt und die unsichtbare Anwesenheit meines Schutzengels war für mich keine Frage, denn ich spürte ihn, wenn mir danach zumute war. In der Zeit des Religionsunterrichtes sprach ich mit Gott oft in der Kirchenbank, später und heute ist daraus ein ständiger Dialog geworden, wo immer ich mich befinde. Mein Studium, das mir meine irdische Existenz sichern sollte, bezog sich jedoch auf keine der beschriebenen Interessen. Mit ihrem Suchen und Forschen lag mir auch die Naturwissenschaft am Herzen, die genauso in meine Welt nüchterner und realistischer Überlegungen passte. In jungen Jahren überwog der Verstand die Weisheit des Herzens, etwas, das ich bis heute auszugleichen versuche, was mir angesichts meiner Selbsterkenntnisse immer besser zu gelingen scheint. Der größte Lehrmeister der frühen Zeit war mir der umfassende Denker, Arzt und Naturphilosoph Paracelsus, der wirklich alle Wesensbereiche des Menschen in seine Lehren einbezog. Als wissenschaftliches Studium wählte ich die Pharmazie und später das Spezialgebiet der Heilpflanzenkunde. Das schien mir damals die beste Ergänzung zu meinen philosophischen Neigungen zu sein, hatten doch diese Bereiche sowohl den kranken Menschen als auch die Heilkräfte der Natur zum Thema. Schon sehr bald, während meines Studiums, lernte ich in eigenen notvollen Erlebnissen die Not kennen, die auch Verstorbene mit sich herumtragen. Ich spürte ihr Ringen. Bis ich damit ins Reine kam und Hilfe anbieten konnte, vergingen einige Jahre des Zweifelns, des Beobachtens und Studierens, ein Werdegang, der in meine übrigen Studien so manche arge Holprigkeit hineingebracht hat, den ich aber sehr ernsthaft weiterverfolgte und mit Gleichgesinnten zu einem Spezialgebiet ausbauen konnte.

Im Übrigen hatte ich eine eher strenge moralische Einstellung, die mir wenigstens für meine lange Studienzeit ein halbwegs geschütztes und geregeltes Leben gewähren sollte. Doch es kam schon sehr bald ganz anders. Es kamen Lebensumstände auf mich zu, derer ich mich nicht erwehren konnte, außer ich wäre unnachgiebig hart und lieblos geworden. Die Grenzen, die ich selbst nicht überschreiten wollte, wurden durch vielerlei liebende Kräfte zu Fall gebracht. So begann für mich schon damals die unausweichliche praktische Auseinandersetzung mit komplizierten psychologischen und spirituellen Lebenswerdegängen. Damals habe ich nicht gewusst, dass diese Inhalte mein gesamtes Leben prägen würden. Mein Beruf als Apotheker und mein naturwissenschaftliches Forschen standen mir dabei nicht im Weg. Als ich später schon auf die Fünfzig zuging, erstand in mir noch einmal das Bedürfnis, die Schulbank zu drücken, um mit Schulzeugnissen meine geistigen Erkenntnisse und Erfahrungen offiziell zu legitimieren. Nach einem dreijährigen Grundstudium und einem gleich langen anspruchsvollen Spezialstudium der Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor E. Frankl war mir dies als psychologischer Berater und Heilpraktiker für Psychotherapie möglich.

Dieses Buch ist ein Versuch, sowohl klassische Lehrmeinungen der Psychologie und Philosophie als auch alternative Erfahrungen mit meinen Überzeugungen zu verbinden, zu ergänzen und – wie ich hoffe – auch zu bereichern. Natürlich sind die meisten Inhalte nicht allein aus mir selbst erwachsen. Sie sind, wie bei allen anderen Suchern und Lehrern, aus einer Gemeinschaftsarbeit mit vielen Persönlichkeiten erstanden. Zu den näheren Inspiratoren gehören meine Eltern, meine Gefährtin und meine Freunde. Während meiner gesamten Studien, die nicht immer leicht verständlich waren, habe ich mir fest vorgenommen, sehr darauf zu achten, eine immer einfachere Sprache zu finden und Fremdwörter möglichst zu vermeiden, um nicht nur von Fachkräften verstanden zu werden. Ich hoffe, dieses Buch ist für die meisten Leser verständlich und vermag Antworten zu geben und Klärungen zu bringen.

In dieses Vorwort möchte ich noch etwas Grundsätzliches und Wichtiges einbringen, das allen beschriebenen Themenbereichen eine richtungsweisende Grundlage geben kann. Zwar zählen auf unseren Wegen im Alltag, in der Begegnung mit unseren Mitmenschen, vor allem die kleinen praktischen Schritte, die wir in unseren Gefühlen, Gedanken, Worten und Taten zum Ausdruck bringen. Es kommt aber auch darauf an, wie wir denken und handeln, welche Richtung wir unseren kleinen Schritten geben. Es kommt darauf an, welchen Sinn wir im Leben sehen, welche Bedeutung wir dem Zusammenleben mit anderen geben und welche Perspektiven wir für unsere Zukunft erkennen können. Es geht hier also auch um den philosophischen Überbau unserer Lebenseinstellung. Die Spitze dieses Überbaus sehe ich, auch wenn meine Überzeugung nicht bei allen auf Gegenliebe stoßen wird, in der überkonfessionellen religiösen Ebene. Viele Weisheitslehrer, allen voran der große Paracelsus, haben mich in dieser Überzeugung bestätigt und damit begeistert. Jacobi1 und Surya2 verstehen es vorbildlich, die schwer zu lesende Sprache des Altmeisters in eine gut verständliche Form zu bringen: „ Das höchste und erste Buch der Arznei heißt: Sapientia. Ohne dieses Buch wird keiner Fruchtbares wirken können[…] Denn dieses Buch ist Gott selber. Bei Dem, der alle Dinge geschaffen hat, liegt auch die Weisheit und nur Er kennt den Urgrund aller Dinge […]“ 1 (S. 87)

In der heutigen Zeit, in der das Spirituelle und Esoterische gleichsam als religiöser Ersatz mehr und mehr an Interesse gewinnen, rückt der Glaube an einen persönlichen Gott immer weiter in den Hintergrund. Zwar freue ich mich, wenn das Übersinnliche an Bedeutung zunimmt, doch wenn gleichzeitig der Halt durch einen behütenden Gott wegfällt, ist das vor allem in Krisenzeiten eine Lücke, die durch menschliche Zuwendung nicht ausgefüllt werden kann. Das beobachte ich in meiner psychotherapeutischen Praxis immer wieder. Schon lange ist es mir ein Anliegen, die Werte und Unterschiede dieser drei Anschauungsbereiche (Esoterik, Spiritualität, Religiosität) herauszuarbeiten und miteinander zu verbinden. Ich glaube, es ist auch sinnvoll, so eine Gegenüberstellung als erstes Buchkapitel zur Sprache zu bringen. Insgesamt möchte ich viele Themen durchleuchten, die für uns Probleme darstellen und Fragen aufwerfen. Dazu kann ich aber nicht in einem allgemeinen Denkschema bleiben, das eben gewisse Antworten nicht ermöglicht und in manchen Situationen keine Lösung erkennen lässt. Die heutige Zeit wird auch auf dem spirituell-religiösen und dabei übergreifend, vor allem auch auf psychologischem Gebiet größere Fortschritte bringen, davon bin ich überzeugt. Mehr als nur Ansätze sind hier schon deutlich erkennbar. Mit diesem Buch möchte ich einen Beitrag dazu leisten.

Ein tiefer schürfender Mensch kommt um die Fragen nicht herum: Ist der Mensch wirklich nur das, was wir mit unseren irdischen Sinnen erkennen, oder besteht das Wesentliche seiner Persönlichkeit in einer Dimension, die wir nicht in üblicher Weise wahrnehmen, aber doch in unserem Inneren erleben können? Könnte man die Aussage mancher Philosophen, die Materie sei nur Schein, nicht dahingehend interpretieren, dass sie vergänglich ist, während das wesentliche Unsichtbare und oft Geleugnete die eigentliche unvergängliche Realität darstellt? Damit eng verbunden ist die Frage nach einem Weiterleben nach dem irdischen Tod. Und damit ist auch eine weitere Frage nicht weit hergeholt: Wenn es ein Weiterleben gibt, ist es dann nicht auch denkbar, dass eine vorgeburtliche Existenz dieser unsterblichen Persönlichkeit vorhanden ist? Diese Fragen sind nicht neu, doch werden sie von für kompetent gehaltenen Schulen und Institutionen, die sich durch unverrückbare Aussagen in eine Sackgasse manövriert haben, strikt abgelehnt. Aber gerade die grenzüberschreitenden, durch Erfahrungen zwingend gewordenen Schlussfolgerungen lassen Antworten zu, die uns hoffnungsvolle Lösungen für unsere oft großen Probleme anbieten. Auch meine eigenen Erlebnisse zwingen mich, viele der im menschlichen Denken noch vorhandenen Grenzen zu überschreiten, wodurch ich zu befreienden Lösungen kommen kann. Das menschliche Dasein ist für mich nicht der Beginn des Lebens, sondern eine sinnvolle Fortsetzung, die notwendig geworden ist, um durch Aufarbeitung von seelischen Störungen und Blockaden wieder in die heile Welt zurückzukehren. In den einzelnen Themenbereichen dieses Buches werde ich immer wieder auf diese Sichtweise zurückkommen, mit der ich bei Weitem nicht allein dastehe. Es gibt eine Reihe kompetenter Persönlichkeiten, die ähnliche Überzeugungen äußern. Und gern übernehme ich Gedanken, die Pythagoras-Forscher dem großen Philosophen zuschreiben, als einem der Vertreter bedeutender Weisheitslehrer der frühen Zeit um 2000 vor Christus. In den Schriften über Pythagoras finden wir immer wieder Aussagen, wonach der Mensch von seiner Anlage her ein geistiges Wesen ist, das zunächst in anderen Daseins-Ebenen gelebt hat, um sich zu entwickeln. Für ein besonderes Bewusstwerden seiner Persönlichkeit braucht er jedoch den Entwicklungsweg als Mensch auf der Erde. So verabschiedet er sich von seinen Lieben, von seinen Freunden und Lehrern, steigt durch die Sphären ab zu dieser Erde und wird Mensch. Er vergisst dabei, woher er kommt und wer er war. Was ihm bleibt, das ist die Sehnsucht nach der Heimat, nach seinem Ursprung und die Sehnsucht, der zu werden, der er werden soll.

Auch wenn daraus manches von meiner eigenen Auffassung doch abweicht, so ist mir die Kernaussage über die Vorexistenz unserer Persönlichkeit wichtig. Heute finden wir dieses Thema in vielen Variationen in nicht unbeträchtlichem Umfang. Und wichtig für alle meine Gedankengänge ist außerdem die Auffassung, dass der Mensch in seiner geistig-seelischen Persönlichkeit, bis auf wenige Ausnahmen, ein „gefallenes Geschöpf“ ist. Ursprünglich in Gottesnähe in einer Makellosigkeit geschaffen, hat es kraft seines freien Willens die Bahnen der ewigen geistigen Gesetze verlassen und seine Reinheit durch Entstehen von Charakterschwächen eingebüßt. Die Ergebnisse dieses „Falles“ und die Schicksalszwänge als Folge sind auf der Erde nur unschwer zu erkennen. Diese Sichtweise ist deshalb von großer Bedeutung, weil selbst verursachte Fehler auch wieder nur durch eigene Arbeit in Ordnung gebracht werden können. Dieser Heilungsprozess ist notwendig und kann nicht anderen überlassen werden. Anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben, wäre ein Unterfangen, das nicht zum Ziel führt und den Leidensweg nur in die Länge ziehen würde.

Ein fataler Fehler ist es auch, Gott die Schuld für das Leiden zuzuschreiben, denn die Reaktion darauf ist meist eine Entfernung von ihm oder gar die gänzliche Ablehnung, so dass gerade im Leid die Hilfen von „oben“ nicht fließen können. Die Schöpfung wird von göttlichen Gesetzen in einer Ordnung gehalten und bei Nichtbeachtung durch Schicksalszwänge wieder in eine Ordnung zurückgeführt – „Freiheit sei der Zweck des Zwanges […]“ (aus einem Sinnspruch von Friedrich Wilhelm Weber (1813-1894)). Gott, der Schöpfer, ist dabei nur immer der liebende und verzeihende, aber gerechte „Vater“ als über allem stehende geschlechtsneutrale Einheit und Weisheit. Ein Bild, das uns Jesus als Halt und Obhut ans Herz gelegt hat. Auch diese letzten beiden Sichtweisen sind keineswegs neu. Besonders ausführlich beschrieben, können sie in der außergewöhnlichen medialen Niederschrift „Geist-Kraft-Stoff“ 3 gefunden werden, herausgegeben von Catharina, Adelma und Ödön Vay. Allerdings möchte ich dazu sagen, dass für ein Verstehen dieser Weisheitslehre eine gewisse spirituelle Vorbildung gut wäre.

Ich weiß, es gibt eine große Anzahl von Literatur mit psychologischen und spirituellen Inhalten, doch ich möchte mit diesem Buch über viele der bestehenden Grenzen hinausgehen. Manche Kritiker werden meine Ansichten teils als philosophische Überhöhung und teils als naive Vorstellung anmahnen. Ich nehme ihnen das nicht übel, denn ohne meine jahrzehntelangen Erfahrungen und Erlebnisse würde ich manchmal auch zu dieser Kritik neigen. Wünschen würde ich mir vor allem aber, dass viele der Leser, die das eine oder andere ähnliche Erlebnis mitbringen, sich mit einem mir entgegengebrachten Vertrauensvorschuss von meinen Erfahrungen bereichern lassen. Meine Darlegungen und Erklärungen verstehe ich als Hinweise zur praktischen Anwendung, wobei für mich Praxis nicht nur das ist, was körperlich zum Ausdruck kommt. Nicht alles ist irdisch umsetzbar, was wir als Überzeugung in uns tragen, aber es kann als Lebenseinstellung gedanklich und emotional als Energie wirksam sein. Ich kann beten, ohne es auszusprechen; ich kann lieben, auch wenn ich es nicht zeigen darf; ich kann um Vergebung bitten, auch wenn der von mir Geschädigte menschlich nicht mehr erreichbar ist. Mein Geist erkennt etwas und will es, meine Seele setzt es gedanklich und emotional um, und wenn es möglich und mir recht ist, dann bringt es mein Körper auch noch zum Ausdruck. Er zeigt es auf der materiellen Ebene.

München, im Juli 2017 – der Verfasser

Esoterik, Spiritualität, Religiosität

Obwohl ich mit Esoterik, wie sie heute dargestellt und ausgeübt wird, wenig zu tun habe, möchte ich diese Art des Denkens dem Spirituellen und Religiösen gegenüberstellen und meine Auffassung darüber deutlich zum Ausdruck bringen. Ich möchte das nicht zuletzt deshalb tun, weil meine Vorträge und Seminare auch Elemente beinhalten, die als esoterisch bezeichnet werden, die aber in Verbindung mit dem Spirituellen und Religiösen eine andere Bedeutung bekommen. Immer, wenn meine Aussagen einfach so ganz ohne genauer hinzuhören in die große Schublade der heutigen nicht immer geschätzten Esoterik gesteckt und kurzerhand abgeurteilt werden, merke ich, wie in mir etwas rebelliert. Vor allem spreche ich damit kirchliche Kreise an, denen ich durch meine Vorträge immer wieder begegnet bin. Ich weiß, dass es nicht nur mir so ergeht und dass wir dem nur durch eine ernsthafte, sachliche Auseinandersetzung klärend begegnen können. Aufgrund des zunehmenden öffentlichen Interesses an diesen Themenbereichen fühlen sich viele Menschen zu einer Stellungnahme aufgefordert oder möchten einfach nur mitreden. Das ist aber oft mit geringem Hintergrundwissen verbunden und dementsprechend sehr fragwürdig. Vielleicht kann dieses Kapitel zu einer verantwortungsvolleren Haltung einen Beitrag leisten.

Auf die Fülle der heutigen geistigen Strömungen, auf die Fülle an Begriffen, an Kunstbegriffen und Modewörtern möchte ich nicht eingehen. Mir geht es vor allem um grundlegende Erkenntnisse und Erfahrungen, die ich mir in jahrzehntelangem Suchen und Forschen angeeignet habe. Ich erwarte jedoch nicht, dass alle meine Auffassungen von den sich hier zuständig fühlenden Institutionen und Kreisen widerspruchslos hingenommen werden, spreche ich doch nicht immer die Sprache, die in den Schulen gelehrt wird, obwohl auch ich in diesen Schulen gelernt habe. Und zum anderen habe ich in meinen persönlichen Erlebnissen und Studien im Laufe meines Lebens immer wieder auch abweichende Erfahrungen gemacht und bin zu einigen anderen Erkenntnissen gekommen, so dass so manche Meinungsverschiedenheit nicht zu vermeiden ist.

Manchmal merke ich, dass ein Esoteriker über meine Religiosität geringschätzig lächelt. Und er will mir auch gar nicht folgen, wenn ich mich mit dem wirklich Geistigen im Menschen auseinandersetze, das ja in erster Linie wiederum etwas mit dem Göttlichen und Tugendhaften zu tun hat und erst in sekundärer Hinsicht etwas mit der heutigen Esoterik. Für viele ist das „Geistige“ zu „schwer“ und zu unangenehm, weil damit auch Verantwortung und Arbeit an sich selbst verbunden ist. Und nicht selten kommt es vor, dass sich jemand, der sich einer Religionsgemeinschaft eng verbunden fühlt, an Äußerungen von mir stößt, die er in seiner konfessionellen Schule als nicht akzeptiert kennengelernt hat. Er hört von Nahtoderlebnissen oder von der Auffassung, wonach die Seele des Menschen viel älter sein soll als bloß die Lebensjahre, die uns im Menschsein bewusst sind, oder er hört, dass auch Verstorbene von uns Menschen oft noch Hilfe brauchen. Er hört diese Äußerungen und schiebt mich und auch alle anderen, die so denken, sofort in das für ihn zweifelhafte Gebiet der Esoterik. Und schließlich meint der „reine“ Spiritualist, dass er mit dem Kirchlich-Religiösen und dieser Esoterik nichts zu tun haben möchte.

Zunehmend beobachte ich, dass es gar nicht so wenigen ernsthaft Suchenden so ergeht wie mir. Wir glauben aber, dass ein einseitiges Entweder-oder weniger zielführend ist als ein Sowohl-als-auch, denn die Werte aus den einzelnen Erfahrungsbereichen können einander sehr wohl befruchten und ergänzen. So lehnen diese ernsthaft Suchenden esoterische Errungenschaften nicht in Bausch und Bogen ab, distanzieren sich aber von Anschauungen und Praktiken der esoterischen Szene, wenn sie keinen wirklichen geistigen Fortschritt bringen können. Und oft ist es so, dass wir allein mit dem, was uns von den großen Religionsgemeinschaften angeboten wird, nicht weiterkommen. Leider können die Kirchen das vielschichtige geistige Erwachen überall auf der Welt meist nicht mit der nötigen Kompetenz beurteilen und geben vorschnell abwertende und abweisende Urteile ab.

Erfreulicherweise kommt es tatsächlich zu einem Erwachen seelischgeistiger Werte und Qualitäten, zu ernst zu nehmenden spirituellen Erfahrungen und zu mehr Durchlässigkeit der bisher dicken Mauer zwischen dem Diesseits und dem Jenseits, das mit den körperlichen Sinnen nicht wahrgenommen werden kann, wohl aber durch ein inneres Erleben. Die kirchlichen Gemeinschaften zeigen hier nicht das nötige Verständnis und gehen mit diesem Erwachen zu wenig mit. So fühlt man sich oft nicht mehr in den traditionellen Gemeinschaften verstanden und geht notgedrungen und oft trotz Beibehaltung der Anbindung zusätzlich einen noch etwas anderen Weg.

Das Thema „Esoterik, Spiritualität, Religiosität“ klingt vielleicht ein wenig philosophisch abgehoben, aber mit dieser Bezeichnung sind Interessensbereiche zusammengefasst, die mittlerweile für viele Menschen eine Rolle spielen, sowohl mit zustimmender als auch ablehnender, aber sehr oft auch zwiespältiger Haltung. Deshalb, so glaube ich, besteht Gesprächsbedarf. Ich möchte dieses Thema in einer verständlichen Umgangssprache aufgreifen, darauf will ich besonderen Wert legen, auch wenn meine Art der Auseinandersetzung mit solchen Inhalten für viele „Fachleute“ mitunter etwas laienhaft klingen mag.

Was bedeutete Esoterik ursprünglich? Was wird heute im Allgemeinen unter Esoterik verstanden?

Vom Altgriechischen her meint „esotericos“ so viel wie „innerlich“. Das kann sich auf einen inneren oder internen Kreis beziehen, in dem eine bestimmte philosophische Lehre vertreten wird, die der Allgemeinheit als Geheimlehre nicht zugänglich ist. In einer anderen Bedeutung, die sich ebenfalls bis in die Antike zurückverfolgen lässt, bezieht sich „esoterisch“ auf einen inneren oder spirituellen Erkenntnisweg im Sinne der Philosophie Platons und der Mystik, der Erfahrung einer göttlichen Wirklichkeit. Gemeint ist damit ein höheres Wissen, das nur mit dem Geist, mit dem tieferen Fühlen und Denken und durch inneres Erleben erfasst werden kann, aber nicht auf naturwissenschaftlicher Ebene. In der Schule des Pythagoras hat dieser Begriff dazu gedient, den inneren Kreis der Schüler, denen gewisse Geheimnisse anvertraut wurden, zu kennzeichnen. Daneben gab es einen „exoterischen“ Kreis von Schülern, ihnen wurden manche Erkenntnisse und Praktiken nicht anvertraut. Der innere Kreis wurde damit zum Kreis der Eingeweihten.

Auf dem Gebiet der Esoterik, im Sinne von Philosophie und Mystik, gab es nachweislich seit der ägyptischen Zeit immer ernsthafte Sucher, Forscher und Interessensgemeinschaften, die den Menschen nicht nur in seiner leiblichen Form sahen, sondern ihm auch eine geistige Wesensform zusprachen und eine übersinnliche Welt und Schöpfung als gegeben annahmen. Sie entwickelten und vertraten Ansichten und Lehren, die dem geistig-seelischen Fortschritt dienten und wandten spirituelle Praktiken an, um mit höheren beschützenden und belehrenden Wesen in Kontakt zu kommen. Die Vertreter solcherart esoterisch-spirituellen Denkens – viele bekannte und berühmte Namen finden wir unter ihnen – kamen aus allen philosophischen und religiösen Richtungen, wurden aber von den Vertretern ihrer Stammgemeinschaft meist kritisch beurteilt und von den Verantwortlichen nicht selten als Ketzer abgelehnt und abgeurteilt. Der bekannte Kirchenlehrer Origenes war zum Beispiel einer von ihnen.

Es liegt in der kosmisch-gesetzlichen Bestimmung, dass die Erde mit dem Eintritt in ein neues, wieder zweitausend Jahre dauerndes Zeitalter eine Epoche durchlaufen wird, in der zunehmend das Geistig-Seelische im Menschen und insgesamt die übersinnlichen Dimensionen eine Rolle spielen werden. Aber schon heute, am Beginn dieses Zeitalters, hat diese Entwicklung deutliche Formen angenommen. Doch auch die Warnungen davor bleiben nicht aus, die man durchaus nicht alle von sich weisen sollte, denn auch der Umgang mit dem Übersinnlichen wird, so wie das auch in allen anderen Bereichen der Fall ist, stets den unterschiedlichsten geistigen und charakterlichen Niveaus der Menschen entsprechen, und das kann jenen, die nicht geschult und gefestigt sind, ziemliche Verwirrungen bringen.

Als in den späten 1970er Jahren die sogenannte Esoterikwelle anzurollen begann, wurde der Begriff „Esoterik“ immer mehr in sehr freier Weise für ein breites Spektrum verschiedenartiger spiritueller Anschauungen, Lehren und Praktiken gebraucht, wobei aufgrund mangelnden Wissens und geringer Erfahrung eine kompetente Einschätzung über deren wirklichen Wert nur selten erfolgte. Dieses stetige spirituelle Erwachen hat bis heute angehalten. Viele Bereiche des einstigen Geheimwissens sind heute durch Bücher oder Vorträge und Seminare der Allgemeinheit zugänglich geworden und viele weitere Gesetzmäßigkeiten werden durch die größere Aufgeschlossenheit für das Übersinnliche und durch einen breiten und intensiven Austausch über solche Themen mit schnelleren Schritten erkannt und angewandt. Phänomene, die früher ohne Erkennen der Hintergründe einfach nur zur Kenntnis genommen werden mussten, sind heute erklärbar und weitere Schlussfolgerungen sind möglich geworden. Eigentlich sollten wir uns darüber freuen, dass nicht nur einige wenige, sondern nun endlich auch eine breitere Öffentlichkeit die übersinnliche Welt zur Kenntnis nimmt. Aber leider treten damit auch viel mehr als früher Vermarktung und Profitdenken in den Vordergrund, und damit ist viel mehr die Verführung zum Unredlichen gegeben: zum Übertreiben, Untertreiben, unlauterem Hinzufügen oder Weglassen. Der Bedarf ist vorhanden und die Nachfrage wird oft mit sehr viel oberflächlichem Getöse und Nebensächlichkeiten zufriedengestellt.

Die Esoterik von heute ist nicht mehr nur ein Hort des seelischen Reifens und des geistigen Wachsens. Die Tugendarbeit, die Herzensbildung, das Vertiefen der Liebesfähigkeit, verbunden mit Ergebenheit in die göttliche Führung, hat in der Vielfalt der erfolgversprechenden Angebote und Anreize bei Weitem nicht mehr den Stellenwert wie früher. Wo Neugierde, Geltungsbedürfnis und Profitdenken eine größere Rolle spielen, dort schleichen sich schneller als wir annehmen mit größter Raffinesse und von Unerfahrenen unerkannt auch die „grauen“ und „schwarzen“ unsichtbaren Mächte in die Mitte des Geschehens hinein und verleiten uns, in eine Richtung zu gehen, die nicht unserer wahren göttlichen Bestimmung entspricht. Nicht nur auf der Erde selbst finden wir lichte und dunkle Begegnungen, sondern auch die jenseitige Welt wartet in allen Variationen darauf, auf die irdische Welt Einfluss zu nehmen – schützend, führend und belehrend oder verführend und schädigend. Der Mensch selbst stellt mit seinem Charakter und mit seinem Willen dazu die Weichen. Gleiches zieht Gleiches an und erzeugt auch wieder Gleiches.

Viele esoterische Inhalte können nicht halten, was sie versprechen

Ein Anliegen ist es mir, einige der vielen esoterischen Praktiken anzusprechen, durch die geistiges Wachsen, seelisches Reifen, körperliches und seelisches Heilen oder Lösen von inneren Blockaden versprochen werden. Jedoch ohne Schritte der geistigen Veränderung, ohne entsprechende Veränderung des Charakters, des Denkens und Verhaltens zum Tugendhaften hin – Beispiele dazu werde ich noch anführen –, können die meisten Versprechungen nicht erfüllt werden, das sollten wir nie vergessen. Jede von außen angewandte Therapie kann bestenfalls die Heilung und Konfliktlösung unterstützen, aber nie der maßgebende Schritt dazu sein. Von außen können Symptome, das heißt Erscheinungen, die auf eine Krankheit hinweisen, medikamentös oder chirurgisch behandelt werden, aber die Ursachen der Krankheiten sind dadurch nicht beseitigt, so dass immer wieder neue Störungen auftreten werden. Chronischen Krankheiten und tiefen Konflikten liegen immer auch entsprechende charakterliche Schwächen und ungelöste, belastende Geschichten zugrunde und dementsprechendes Denken und emotionales Geschehen, also insgesamt ein inneres und äußeres Fehlverhalten, das durch Eigenarbeit korrigiert werden muss. Ich kenne das Unverständnis, das diesem Denken oft entgegengebracht wird, das Argument, dass viele körperliche und seelische Erkrankungen ja durch Vererbung übertragen werden, dass die Erziehung eine der größten Rollen für spätere Störungen spielt und dass eine Menge Krankheiten und Behinderungen durch Fehlverhalten anderer zustande kommt. Immer wieder werde ich versuchen, die engen Grenzen dieses üblichen Denkens zu erweitern und in verschiedenen Kapiteln auf diese Zusammenhänge eingehen. Wir werden keine wirklichen Lösungen finden, wenn wir unsere Problem auf andere schieben und in der kurzen Zeit unseres Erdenlebens stehenbleiben. Wenn wir jedoch das Menschsein als Fortsetzung eines schon langen Weges betrachten, wo und wann auch immer dieser Weg gegangen wurde, dann ist es möglich, die oft unerklärlichen Erscheinungen als Folge von früheren Geschehen anzusehen, in denen sich unser Vermögen oder Unvermögen geformt haben. Wir werden noch darüber sprechen, dass die Erde eine besondere Stätte ist, in der unser wahres Wesen deutlich erkennbar werden kann, um das Gute vermehren und das weniger Gute korrigieren zu können. So werden von einer höheren Weisheit immer ganz gezielte Bedingungen vorbereitet, in die wir hineingeboren werden, um damit etwas ins Rollen zu bringen, wodurch wir gedrängt werden, an unserem fehlerhaften Denken und Verhalten zu arbeiten. Unsere Eltern mit ihren körperlichen Erbanlagen und Erziehungsinhalten, die sie uns für unseren Lebensweg mitgeben, gehören wohl in erster Linie zu diesen Bedingungen, in denen unsere eigenen, mitgebrachten Charakterstrukturen erwachen und beeinflusst werden. Dieses Mitgebrachte, in uns tief Verankerte sind die eigentlich prägenden Faktoren in unserem Leben, die sich als Fähigkeiten, als Stärken oder Schwächen zu erkennen geben. Es werden in den einzelnen Buchkapiteln noch viele Gelegenheiten auf uns zukommen, um dieses Denken zu erläutern und weiterzuentwickeln.

Ganz begeistert war ich, als 1983 das inzwischen seit Jahrzehnten unter den Bestsellern geführte Buch „Krankheit als Weg“ 4 von dem Psychologen Thorwald Dethlefsen und dem Mediziner Rüdiger Dahlke herauskam. Dieses Buch vertiefte mein anfängliches spirituelles Denken und meine psychosomatischen Studien um einiges. Unter anderem war ich aber auch von den frühen Veröffentlichungen des bekannten Heilpraktikers Kurt Tepperwein angetan. „Was dir deine Krankheit sagen will – Die Sprache der Symptome“ 5 oder „Die Botschaft deines Körpers – Die Sprache der Organe“ 6 dienten mir als einfach und verständlich geschriebene Nachschlagewerke zur Einführung in die Psychosomatik.

Während meiner beruflichen Tätigkeit als Apotheker in der Arzneimittelforschung hatte ich auch Gelegenheit, in Patientengesprächen und Vorträgen meine psychosomatischen Kenntnisse weiterzugeben und die Studien auf diesem Gebiet weiter zu vertiefen. Die Möglichkeit dazu gab mir die firmeneigene Philosophie, die sich den Weisheitslehren des Paracelsus verbunden fühlte. Für mich war der Firmengründer, Chemiker und Naturphilosoph Dr. Walter Strathmeyer einer der ersten Pioniere, der die Wechselwirkung zwischen Seele und Körper erkannt hat. Seine „Zehn Gebote zur Gesundheit“ stellen eine einfache und verständliche, in volkstümlicher Weise formulierte Zusammenfassung der philosophischen Seite seiner Gesamtidee dar. Da heißt es zum Beispiel: „Jähzorn macht das Herz müde; Herrschsucht führt zu Atemnot und Asthma; Neid stört die Tätigkeit von Galle und Leber; Geiz verkrampft die Gedärme, Egoismus den Magen; Eifersucht bildet Schlacken in Muskeln und Gelenken, macht die Haut unrein und stört das Zellwachstum; Angst und Unruhe belasten Nieren und Blase; Du musst dich also selbst überwinden (Anmerkung d. Verfassers: deine krankmachenden Wesenszüge abbauen und die stärkenden und gesund erhaltenden Gegenpole aufbauen – also Geduld und Toleranz; Sanftmut und Güte; Großmut und Freigebigkeit; Nächstenliebe und Einfühlungsvermögen; Vertrauen und Gelassenheit), damit hast du den Weg aus der Krankheit zur Gesundheit gefunden.“

In einem klosterähnlichen Säulengang in meinem Therapiezentrum, an der Außenseite eines früheren Herstellungsgebäudes für Naturarzneimittel, waren die „Zehn Gebote zur Gesundheit“ auf einer Marmortafel in die Hauswand eingelassen und verbreiteten eine besondere Atmosphäre.

So ist das Zünglein an der Waage unser geistiges Vermögen, das die wesentlichen Zusammenhänge erkennen und den Willen zur segensreichen Änderung aufbringen kann. Und es ist die wandelnde Kraft, die von „oben“ kommt, wir können auch sagen die göttliche Gnade, die in ihrer lösenden Wirkung dann fließen kann, wenn der Mensch seine ihm möglichen Änderungsprozesse vollziehen will. So heißt es in den „Geboten“ dann zuletzt noch: „Glaube an Gott, und er wird dir helfen (deine Übel und damit deine Krankheit) zu überwinden.“ Wir kennen das Sprichwort „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“ oder wie Ignatius von Loyola sagte: „Alles Menschenmögliche tun und das Übrige in Gottes Hände legen.“ Es war für mich eine Besonderheit, in der Philosophie einer Firma so bewusst auch Gott mit eingebunden vorzufinden. In den mehr als drei Jahrzehnten meiner Firmenzugehörigkeit konnte ich so manche neue Erkenntnis und eigene Erfahrung durch Aufsätze in der firmeneigenen Hauszeitschrift als vertiefende Beiträge weitergeben. In dem Kapitel über Psychosomatik werde ich einige Beispiele daraus anführen. „Hilf dir selbst“ heißt hier vor allem, sich selbst zu ändern. Es heißt aber auch, die Hilfen um uns herum zu erkennen, offen für sie zu sein und sie anzunehmen: die Kostbarkeiten aus der Natur, der Apotheke Gottes, und jene der Tierwelt und vor allem die Zuwendungen unserer Mitmenschen. Jeder von uns braucht diese Gaben, die dem Körper und der Seele gesunde Kräfte bringen und dem Geist die rechte Motivation. Eigentlich sollte alles in Anspruch genommen werden, was der Seele und dem Körper guttut. Solche Hilfen stammen durchaus auch aus dem Bereich des esoterischen Wissens- und Erfahrungsgutes. Jedoch sind es, wie gesagt, nur Hilfen, die bei Weitem nicht ausreichen, um wirkliche Blockaden, Konflikte und Schicksale zu lösen, so wie das oft in folgender verlockender Weise zum Ausdruck gebracht wird: „Durch das Auflegen von Edelsteinen auf Ihre Energiezentren, die sogenannten Chakren, können Sie von Blockaden und Konflikten befreit werden – wir haben für Sie ein gesamtes Chakren-Set zusammengestellt“; „Selbstheilung durch Chakren-Meditation“ – durch bestimmte Zeichen, Formen, Farben und Symbole können Sie Kräfte und Energien aus dem Universum aufnehmen, die Entstörung und Heilung bringen – dieses System ist ganz einfach anzuwenden“; „Rutengehen und Pendeln – eine Heilslehre, die jeder leicht erlernen kann“; „Sorgenfrei in Minuten – Meridian-energetisches Beklopfen lässt Traumata, Angst, Wut, Depressionen und Schuldgefühle in Minutenschnelle verschwinden – klopf Dich gesund; „Chronische Geldknappheit? Zaubersprüche und magische Rituale befreien Sie von Ihren Geldsorgen und verschaffen Ihnen Reichtum“; „Rituale, Rezepte, Zaubersprüche und Reinigungszeremonien – eine Fundgrube an magischen Tipps und Ratschlägen in unserem Hexenkalender“;“ Mit Astrologie und geheimnisvollen Wahrsagekarten Zukunft und Schicksal voraussagen können – die Kunst der Schicksalsdeutung leicht gemacht“; „Das Buch der Antworten - hier finden Sie Ihre persönliche Ausrechnung zum Thema Reinkarnation und erfahren, wann und wo Sie einmal gelebt haben, als Mann oder als Frau“ usw., usw.

Um solche Erfolge tatsächlich erzielen zu können, müssen wir geistige Gesetze erkennen lernen und nach ihnen leben. Und dann werden wir mit der daraus entstehenden Feinsinnigkeit, sozusagen als persönlicher Beweis, so manches unsichtbare Geschehen erleben können. Wenn jemand einmal die übersinnliche Welt wahrgenommen hat, sei es durch ein Nahtoderlebnis, durch eine visionäre Entrückung, durch die Fähigkeit des Hellsehens oder Hellhörens oder einfach durch meditatives Hineinfühlen in diese Welt, dann wird er sich damit ernsthafter auseinandersetzen und dann wird es für ihn zunehmend kein Geheimnis mehr sein, dass die ganze Schöpfung, die ganze Naturwelt, die Welt der Steine, Pflanzen und Tiere und Elemente voll mit Kräften ist, die wir uns zunutze machen können. Er wird auch erkennen, dass es kosmische Gesetzmäßigkeiten gibt, in die der Mensch und die Erde eingebettet sind und die durch uralte Erfahrungswissenschaften aufgeschlüsselt werden können, wie zum Beispiel durch die Astrologie, durch die Weisheitslehre des Enneagramms, die ich in einem späteren Kapitel vorstellen werde, oder durch geistiges Heilen. Er wird erfahren, dass es Heilkräfte gibt, die von tugendhaften Menschen aus lichten Bereichen geholt werden können, und dass es eine Vielfalt von unsichtbaren Sphären und Räumen gibt, die auf unsere menschliche Welt einwirken. Und nachdem es heute kein Geheimnis mehr ist, dass unsichtbare Wesen nicht nur um uns sind, sondern sich auch durch Menschen mit medialen Fähigkeiten äußern können, soll auch das hier zur Sprache kommen: Der aktuelle Begriff „Channeln“ ist heute in vieler Munde. Er bedeutet nichts anderes als Kanal, Werkzeug oder Sprachrohr für die jenseitige Welt zu sein. Aber so einfach und ungefährlich, wie sich das anhört, ist es nicht. Wesenheiten aller Kategorien möchten Einfluss auf die Welt und die Menschen nehmen, so dass dadurch die Vermittlung von wertvollstem Erkenntnisgut genauso möglich ist wie die Verführung in die andere Richtung. Immer kommt es auf das geistige Niveau des Menschen an und darauf, für welche Ebene der Kräfte und Geister er offen ist und mit welcher reifen Ernsthaftigkeit oder naiven Unerfahrenheit, Neugierde oder Gutgläubigkeit er diese Kräfte zum Einsatz bringen will. In einem späteren Kapitel werde ich das Thema „Medialität“ ausführlicher zur Sprache bringen. Von mir gemeint ist damit sowohl die Möglichkeit, bereichernde Botschaften aus der übersinnlichen Welt zu erhalten, als auch Hilfestellung für erdgebundene Jenseitige in diese Welt zu reichen.

Eine Erfahrung kann nicht oft genug und laut genug zum Ausdruck gebracht werden: Ohne Einsatz des uns von Gott gegebenen geistigen Potenzials, ohne Tugendhaftigkeit mit ihrem Zentrum der Liebe und ohne göttliche Führung werden wir in diesem Dschungel von Einflüssen falsche Deutungen und Fixierungen an Vorstellungen, die die Sicht der wirklichen Umstände verdecken, nicht verhindern können. Bittere Umwege mit Enttäuschung und Verwirrung und zuletzt gänzliche Ablehnung alles Spirituellen und Religiösen sind oft die Folgen. Ein tugendhafter spirituell-religiöser Weg jedoch verhindert nicht nur etwas, sondern bietet vor allem auch große Chancen für ein erfülltes, segensreiches Leben und Wirken und für ein geistiges Vorwärtskommen.

Und deshalb ist heute, in einer Zeit, in der generell die Wände zwischen der materiellen und der feinstofflichen Welt immer dünner werden und wir zunehmend unsichtbare Einflüsse spüren, die unsere Seele bewegen, mehr denn je eine orientierende Werteordnung wichtig, so dass Bereiche wie „Spiritualität“ und „Religiosität“ eine wichtige Bedeutung haben sollten.

Was bedeutet Spiritualität? Welche Rolle spielt das Spirituelle in der Esoterik von heute?

Im Begriff „Spiritualität“ steckt das lateinische Wort „spiritus“ und das bedeutet „Geist“. Jemand, der Spiritualität betreiben möchte, muss sich also mit dem Geistigen im Menschen auseinandersetzen. Bevor wir uns jedoch darüber unterhalten, was Geist bedeutet und welche wesentlichen Eigenschaften ihm zukommen, wollen wir einen bedeutenden neuzeitlichen Lehrer der Philosophie, Psychotherapie und auch der Medizin, Viktor E. Frankl, zu Wort kommen lassen und hören, wie er das Wesen des Geistes seinen Schülern zu erklären versuchte: „Das Geistige ist nicht etwas, das den Menschen bloß kennzeichnet, nicht anders als etwa das Leibliche und das Seelische dies tun, die ja auch einem Tier eignen; sondern das Geistige ist etwas, das den Menschen auszeichnet, das nur ihm und erst ihm zukommt.

Ein Flugzeug hört selbstverständlich nicht auf, eines zu sein, auch wenn es sich nur auf dem Boden bewegt: es kann, ja es muß sich immer wieder auf dem Boden bewegen! Aber dass es ein Flugzeug ist, beweist es erst, sobald es sich in die Lüfte erhebt – und analog beginnt der Mensch, sich als Mensch zu verhalten, nur wenn er aus der Ebene psychophysisch-organismischer Faktizität heraus- und sich selbst gegenübertreten kann […](Anm. d. Verfassers: indem er sich in die geistige Ebene erhebt).“7 (S. 23)

Dazu ist ein Kommentar von Elisabeth Lukas, einer Schülerin Viktor Frankls, interessant und weiterhin erklärend:

„Die Franklsche Logotherapie hat ein uralt-biblisches und trotzdem heute noch faszinierendes Menschenbild zum Fundament, nämlich das Bild eines leiblich-seelischen Wesens, dem der Geist eingehaucht worden ist. Dieser ,Geist‘ meint nicht die kognitive Fähigkeit, Wissen zu entwickeln und anzusammeln. Er meint weder Intellekt noch Intelligenz, was beides zur seelisch-psychischen Grundausstattung des Menschen zählt und sich in Ansätzen auch bei höheren Säugetieren findet (Anm. des Verfassers: Intelligenz wird im Allgemeinen fast ausschließlich als eine Fähigkeit des Geistes angesehen). Die ,eingehauchte‘ geistige Dimension ist aus logotherapeutischer Sicht das spezifisch Humane, das keinem anderen Lebewesen auf Erden eignet als nur dem Menschen allein. Was aber ist ,spezifisch human‘? Was unterscheidet uns Menschen von höheren Säugetieren? Eine im Raum nüchterner Wissenschaftlichkeit spannende Frage, die zunächst zögern läßt. Hunde, Pferde, Affen und sogar Delphine haben verhältnismäßig große Ähnlichkeiten mit uns (Anm. d. Verfassers: Im Sinne dieses Buches betrifft das nur die biologischen und seelischen Eigenschaften). Wo und wann enden solche Ähnlichkeiten, wo und wann beginnt menschliche Existenz in ihrer Unvergleichbarkeit?

Viktor E. Frankl verwies auf das Flugzeug, das sich genauso wie andere Fahrzeuge auf den Straßen bewegen kann. Was unterscheidet es von Autos, Bussen, Kranwägen oder Sattelschleppern? Gewiß, seine Bauart divergiert ein wenig, aber schließlich besitzt es genauso einen Rumpf mit Fenstern, Sitzen, Rädern und Motoren. Analog divergiert die menschliche Bauart von der tierischen und ist doch nach denselben biologischen Prinzipien konstruiert. Nein, was Flugzeuge von Nichtflugzeugen unterscheidet, ist nicht ihre äußere Form, sondern ihre Potenz, sich ,in die Lüfte zu erheben‘. So ist auch der Mensch ein Wesen, das sich über seine ,psycho-physisch-organismische Faktizität‘, das heißt: über sich selbst, über seine jeweilige Verfassung, über seine Herkunft, über seine Geschichte etc., erheben kann. Er muss es nicht, und zum Glück braucht er es nicht ständig, aber er kann es: Er kann stärker sein als die stärkste Prägung oder der stärkste Instinkt in ihm selbst, er kann verändern, wo er scheinbar festgelegt ist. Die ,Lüfte‘ über ihm sind jenes winzige Stückchen Freiheit, in die er sich aus seiner Erdenschwerkraft emporschwingen kann und darf, um wahres Menschentum zu bezeugen.“7 (S. 23f)

Viktor Frankl hat aufgrund seiner reichen Lebenserfahrung brillante Ideen, die aber durch seine philosophische Ausdrucksweise manchmal schwer verständlich sind. Elisabeth Lukas gleicht diesen Schwierigkeitsgrad oft aus, wie wir an diesem Beispiel sehen. Ich möchte dazu noch erklärend und betonend sagen, dass der Mensch durch seinen Geist die Möglichkeit hat, sich über festgefahrene problematische Seelenstrukturen, die durch Erziehung und andere Umwelteinflüsse entstanden sind, weitgehend zu erheben und sinnvolle Veränderungen einzuleiten. Es ist zwar nicht so einfach, aus seiner Haut herauszukommen, aber es ist möglich, wie die Erfahrung zeigt. Das Argument, ich bin halt so erzogen worden und deshalb bin und bleibe ich so, wie ich bin, ist in der Psychologie Frankls und auch in meiner an sich nicht stichhaltig und demnach nicht gerechtfertigt.

Der Geist ist etwas von der höchsten Ebene Gegebenes. Einige wenige Menschen mit hellsichtigen Fähigkeiten können in der Hypophysengegend einen lichten Funken erkennen, der als Geistfunke gedeutet wird. Schon seit jeher wird der Geist als Funke göttlichen Lichtes bezeichnet, in den der Schöpfer seine Gedanken, seine Ideen, seinen Plan für sein Geschöpf hineingelegt und es damit zur Krone der Schöpfung gemacht hat. Nur in Verbindung mit diesem Geist können die Qualitäten und Fähigkeiten der Seele zu geistigen, zu bewussten Eigenschaften emporgehoben werden. Der Geist durchstrahlt, durchgeistigt die Seele zu einer neuen Einheit, die wir auch als Geistwesen bezeichnen können, das in Verbindung mit einem materiellen Körper zu einem Menschen wird. Die Seele ist der feinstoffliche Organismus des Menschen, der aus der feinstofflichen Schöpfung nach dem Plan des Schöpfers hervorgegangen ist, so wie sich der menschliche Körper aus der irdischen Naturwelt heraus entwickelt hat.

Allein die geistige Dimension ist also das spezifisch Humane. In ihr zeigt sich erst das eigentlich Menschliche. Nur damit kann ein bewusstes Leben auf der Grundlage von tugendhaften Werten geführt werden, so wie sie zu allen Zeiten in der spirituellen Literatur beschrieben wurden. Nur damit sind eigenständige, bewusst getroffene, auf Sinn gerichtete Willensentscheidungen möglich sowie schöpferisches Denken, Intuition und Inspiration, echte Religiosität, ethisches Empfinden, Wertverständnis und die eigentliche Liebe. Aus der geistigen Dimension heraus entwickelt der Mensch die bewusste Liebe und die Erfahrung einer göttlichen Autorität. Aus der geistigen Dimension heraus entsteht die tiefe Sehnsucht nach Sinn und Sinnverwirklichung. Der Mensch weiß in seinem Innersten, dass er die Freiheit hat, sich so oder so zu entscheiden, und dass er verantwortlich ist für „etwas“ und für „jemanden“. Und hier entsteht auch die Sehnsucht nach den ursprünglichen Werten und Umständen: nach Heimat, Liebe, Geborgenheit und Gemeinsamkeit – und nach Entwicklung und Reifung.

Und nur wenn die Gaben des Geistes bewusst mit im Spiel sind, wenn hinter der Absicht geistige Reifung und Wachstum stehen, erst dann kann man auch von einer echten Spiritualität sprechen. Erst wenn diese edle geistige Ebene mit im Spiel ist, können Denkweisen und Methoden, die auch in der Esoterik eine Rolle spielen, zu einem segensreichen spirituellen Geschehen werden. Dann kann zum Beispiel das uralte Instrumentarium der Astrologie, das genauso auch der Neugierde und Wahrsagerei dienen kann, zu einem sehr hilfreichen, auf geistiges Wachstum ausgerichteten Instrument werden, das vielen ehrenwerten Persönlichkeiten wichtig war. Auch Paracelsus und der berühmte Psychiater und Seelenarzt C. G. Jung befinden sich darunter sowie der bekannte Psychologe und Psychotherapeut Fritz Riemann.

Gerade bei Paracelsus, aber auch bei Hildegard von Bingen und Pfarrer Kneipp sowie bei vielen anderen ganzheitlich denkenden Pionieren hat die geistige Komponente eine dominante Rolle gespielt, um Körper und Seele wieder zu ihrer Harmonie zurückzuführen. Wir kennen Episoden aus dem Leben des Kräuter- und Wasserpfarrers Kneipp, in denen er seine therapeutische Hilfe so lange als wirkungslos bezeichnete und deshalb verweigerte, bis der Familienstreit beigelegt und das Rauchen eingestellt war oder das Fluchen aufgehört hatte.

Und zur Unterstützung dieses Heilungsprozesses haben die Heilkundigen auch die verschiedensten Heilkräuter und Heilsteine aus Gottes Natur geholt und mit Hilfe von oft sehr speziellen Verfahren zu besonders wirksamen Arzneien verarbeitet, die nicht nur materielle Wirkstoffe, sondern auch die heilenden, durch „dynamisierende Prozesse“ verstärkte Seelenkräfte der Pflanzen enthalten und damit sowohl den kranken Körper als auch das seelisch Kranke im Menschen erreichen können. Aber allein, also ohne die Kraft des erkennenden und wollenden Geistes, wäre ein wirkliches, nachhaltiges Gesundwerden nicht möglich. Jedes Versprechen in diese Richtung spricht gegen die Erfahrung.

Was sagt der große Altmeister Paracelsus zu diesem wichtigen Thema: „Der Urgrund der Arznei ist die Liebe“. Und auch bei seiner Betrachtung der Krankheitsursachen geht er bis zur letzten Konsequenz: „Es gibt nur eine einzige Quelle alles Daseins, eine einzige Urkraft, aus der alle Kräfte entspringen, und wenn wir in einem wahren ,christlichen Geiste‘, das heißt vom Standpunkte der Gotteserkenntnis die Krankheitsursachen beschreiben wollten, so würden wir nur eine einzige Ursache finden, nämlich den Ungehorsam gegen das Gesetz […]“2 (S. 131) Das heißt wiederum, dass es der eigene Wille ist, der Krankheiten heraufbeschwört oder zulässt. Er stört dann die Ordnung der Schöpfung, der Natur, der Seele und des Körpers, wenn es an Liebesfähigkeit mangelt. Und um die Grundlage für eine Heilung wieder herzustellen, müssten wir mit Hilfe unseres Geistes, mit unserem Erkennen, Wollen und Tun zur Ordnung zurückkehren, zur Befolgung der Gesetze, die der Schöpfung zugrunde liegen, und zur Liebe, die jeder Ordnung zugrunde liegt.

Und Paracelsus, der universale Geist, geht noch einen Schritt weiter, er bezeichnet Gott als „erstes Buch“, das jeder lesen müsse, wie im Vorwort schon erwähnt. Er geht zur höchsten Instanz, so wie das auch fast alle anderen Helfer der Menschheit getan haben. Damit leiten wir über in die Gefilde der Religion, an die vom Herzen kommende Anbindung an Gott, unseren Schöpfer, und bei Paracelsus an christliches Gedankengut. Dadurch erhält alles andere, auch das Spirituelle und das Erfahrungsgut der Esoterik, jene Richtung, die von Gott und von der Liebe vorgegeben wird. Passend dazu ist noch eine der vielen Aussagen dieses Naturphilosophen in dieser Hinsicht, die ich für meine Doktorarbeit als Leitgedanken gewählt habe: „Nie wird der Ungläubige oder Skeptiker im Buche der Natur zu lesen imstande sein und sie zum Guten führen und verwerten, denn nur der Glaubende sieht und erkennt die Zeichen und Bilder der Natur, ihre Absichten, Entscheidungen und Ziele. Nur er versteht die zu verwirklichenden Möglichkeiten, die der Erkennende dann auf dem Boden des Glaubens verwirklicht, vollzieht und erfüllt.“ 8

Wenn ich in meinen Vorträgen und Seminaren von Gott spreche und davon, dass es zu unserem Segen sein würde, ihn mehr in unser tägliches Leben einzubeziehen – denn schließlich ist er ja unser Schöpfer, er kennt uns gut und weiß von unseren Fähigkeiten und auch von unseren Problemen und er kennt die Lösungen – dann erwähne ich gern auch das kleine Büchlein „Der Mann, der mit den Blumen spricht“ von Glenn Clark. Es erzählt die Lebensgeschichte eines schwarzen Naturwissenschaftlers, der in den Südstaaten von Amerika lebte und sich in seinen Forschungen mit der Erdnuss und der Süßkartoffel beschäftigte, zwei ganz wichtige Nutzpflanzen in diesem Land. Er fand 300 verschiedene Möglichkeiten heraus, wie man die Erdnuss verwenden konnte, und 150 für die Süßkartoffel. Dr. George Washington Carvers war nicht nur ein begeisterter Chemiker, sondern auch ein frommer Mann, der mit seinen Herzensgebeten eine gute Verbindung zu seinem Schöpfer aufgebaut hatte. Eines Tages fragte er Gott, wozu er eigentlich das Universum geschaffen habe. Und Gott antwortete ihm, dass die Antwort für seinen kleinen Verstand wohl zu schwierig sein würde. Darauf wurde der Wissbegierige bescheidener und erlaubte sich die Frage, wozu denn der Mensch geschaffen sei. Auch darauf kam die Antwort, dass er als kleiner Mensch noch immer zu viel wissen möchte. Da fragte ihn Carvers schließlich, wozu denn die Erdnuss gut sein würde. „Daraufhin lehrte mich der Schöpfer, die Erdnuß zu zerlegen und wieder zusammenzusetzen. Durch diesen Prozess entstanden alle Erzeugnisse aus der Erdnuß.“9 (S. 49)

Carvers hatte in seinen Laboratorien fast keine Bücher, denn wenn er etwas Neues finden wollte, befragte er die Natur selbst, durch die der Schöpfer ihm die Antworten in sein offenes Herz legen konnte. Auf diese Weise wurde Carvers einer der bedeutendsten Persönlichkeiten auch über die Grenzen seines Landes hinaus. Ich selbst habe als Naturwissenschaftler zwar keine wesentlichen Entdeckungen auf diesem Gebiet gemacht, aber in meinem spirituellen Wirken spricht Gott, oder wer auch immer in seinem Auftrag, ständig zu mir. Diese selbstverständliche Verbindung mit einer geistigen Führung und die jederzeitige Unterstützung aus diesen Reihen durch die Offenheit im Glauben an Gott kenne ich gut. Und immer wieder freue ich mich, wenn der eine oder andere, der meine therapeutische Hilfe sucht, schließlich auch lernt, die Hilfen von „oben“ in Anspruch zu nehmen.

Was bedeutet Religiosität?

Starke Stimmen dazu haben wir nun schon gehört. Was sagt das allgemeine Lexikon über Religiosität? Es bezeichnet Religiosität als die unterschiedlichen Arten von Glaubenshaltungen und deren Ausdrucksweisen wie Riten, Werte oder moralisch-ethische Handlungen, mit denen Menschen sich auf eine welttranszendente (die Grenzen des sinnlich Wahrnehmbaren überschreitende oder übersinnliche) Letzt-Wirklichkeit (unpersönlich oder persönlich Göttliches) beziehen.

Weitere Aspekte zeigen sich durch Begriffe wie „Kirchenfrömmigkeit“ in Form der Anbindung an eine kirchliche Religionsgemeinschaft oder „Volksfrömmigkeit“ mit einer breiten Verankerung in religiösem Brauchtum oder „Frömmigkeit in Zusammenhang mit einer sogenannten pantheistischen Einstellung“ – wenn es da heißt: „Die Natur ist meine Kirche“ oder „Gott und die Welt sind eins“ und „Gott ist in allen Dingen“– nahezu jede neuere Metaphysik hat einen Hang zum Pantheismus, in dem das persönlich Göttliche fehlt. Arthur Schopenhauer bezeichnete diese Auffassung, meiner Meinung nach sehr treffend, als „höflichen Atheismus“. Andererseits bin ich der Auffassung, dass der Schöpfer in alle Naturwesen und Geistwesen gute Grundlagen „hineingelegt“ hat, dass also in allem (guten) Sein seine „Handschrift“ vorliegt, jedenfalls tragen wir sein Licht in uns und das wird in irgendeiner Weise in der gesamten Schöpfung enthalten sein.

Im Allgemeinen wird „Frömmigkeit“ eher mit kirchlichen Inhalten in Zusammenhang gebracht, während „Religiosität“ im konfessionell-religiös übergreifenden Sinn gern als „Spiritualität“ bezeichnet wird. So hören wir heute oft den Begriff „christliche Spiritualität“, womit eine Lebensauffassung gemeint ist, die überkonfessionelle christliche Werte beinhaltet.

Gegenwärtig sieht man vor allem im deutschsprachigen Raum Religiosität als das Vorhandensein eines unsichtbaren tragenden Grundes an, der immer seltener als persönliche Gottesbeziehung verstanden wird.

Auch ich trage seit meiner Kindheit ein religiöses Bedürfnis in mir, das im Laufe meines Lebens durch eine bewegte Lebensschule weiter geformt wurde. Ich nahm Anteil an Menschenschicksalen, an Niedergängen und Sterbeprozessen, die nicht immer nur mit großer Not, sondern auch mit erhebenden Augenblicken verbunden waren. Und ich hatte meine eigenen übersinnlichen Erlebnisse, die mich anfangs in großen Zwiespalt mit meinem naturwissenschaftlich-rationalen Denken brachten. Letztendlich konnte mir die religiöse Ebene immer den größten Halt und die innere Gewissheit geben, dass alles, und so auch die Not, einen Sinn hat und dass alles immer wieder gut wird. Ich spürte das Walten, die Weisheit und die Liebe und Güte eines persönlichen Gottes, von dem diese Schutz und Geborgenheit spendenden Kräfte ausgehen. Wenn es da in der christlichen Lehre heißt: „Liebe Gott über alles und den Nächsten wie dich selbst“, so kann ich mir nicht vorstellen, dass wir etwas unpersönlich Göttliches wirklich lieben können. Und ich konnte auch beobachten, dass in großen Nöten der tragende Glaube und das stützende Vertrauen nur in einer Beziehung von Person zu Person wirklich da sein konnten. Natürlich können wir unvollkommene Wesen uns den Schöpfer nicht so vorstellen, wie er wirklich ist, aber es reicht doch zunächst aus, wenn wir ein für uns vorstellbares Bild haben, an das wir uns anhalten können. Christus hat uns das Bild eines „liebenden, gütigen und barmherzigen Vaters“ gegeben. Wenn wir in unserem Vorstellungsvermögen in diese Richtung gehen, dann kann eigentlich nichts falsch laufen, auch dann nicht, wenn sich unser Bild entsprechend unserer Reife immer wieder verändern wird.

Für mich ist das Wort „Vater“ in diesem Zusammenhang schon längst zu einem Überbegriff geworden, den ich in meinem Denken und Fühlen weit über das Männliche hinaus erlebe. Aber ganz sicher hat dieser Vaterbegriff aus der alten Zeit etwas mit Schutz, Geborgenheit und Weisheit zu tun, mit Wesenszügen, die insbesondere der reifen Männlichkeit zugeordnet wurden. Aber genauso sicher gehen wir heute in die Gewissheit hinein, dass dieser Vaterbegriff in ein viel Umfassenderes hineinwachsen muss. Und selbstverständlich muss hier das Schutz und Geborgenheit spendende Weibliche genauso enthalten sein. Das Gleichwertige, wenn auch Andersartige des Weiblichen ist heute nicht mehr infrage zu stellen. Fraglich ist für den tiefer Schürfenden nur, ob Gott in seiner Vollkommenheit wirklich diese Wesensqualitäten in dieser Art und Weise in sich trägt, wie wir das an uns Geschöpfen beobachten können. Das heißt, um beim Thema zu bleiben, es ist fraglich, ob Gott das Männliche und Weibliche in dieser Struktur so in sich trägt, wie wir Menschen das sehen, oder ob Gott nicht in allem eine übergeordnete Einheit und Ganzheit darstellt, die keine zur Entwicklung notwendigen, einander ergänzenden und befruchtenden Pole in sich trägt. Im Grunde genommen bin ich davon überzeugt, dass Gott alles „Gute“ in einer Absolutheit in sich vereint und eine liebende Persönlichkeit ist, die wir uns aber als seine zu ihm relativen Geschöpfe nicht vorstellen können. Ein Abglanz davon, eine Ahnung, leuchtet immer wieder in unserer Sehnsucht nach dem Guten und Schönen auf, in der Sehnsucht nach dem Idealen. Das ist ein eigenes Erleben, das wir nicht ignorieren sollten. Freilich kann jeder von uns sein Gottesbild nur so fühlen und formen, wie er dazu imstande ist. Mir liegt nur ganz besonders am Herzen, Anregungen dafür zu geben, dass die grundsätzliche Richtung dieses Bildes stimmt, die jeder für sich persönlich einschlägt. Auf jeden Fall hat in diesen hoffentlich inspirierenden Denkanstößen ein strafender, zürnender oder unverzeihlicher Gott keinen Platz.

Es ist für mich immer beglückend zu hören, wenn große Persönlichkeiten sich mit ganzer Überzeugung und ganzem Herzen zu Gott bekennen. Eigentlich erwarte ich das, und trotzdem ist es nicht selbstverständlich, wie wir wissen. Ein paar Bekenntnisse, die mich berührt haben, möchte ich hier wiedergeben:

August Bier, ein deutscher Mediziner und Chirurg, sagte genau zu unserem Thema Folgendes: „Ich … will bemerken, daß eine wahre Frömmigkeit, die einen persönlichen Gott und ein persönliches Fortleben der Seele annimmt, mit der strengen Wissenschaft nicht in Widerspruch steht. Deshalb haben auch zu allen Zeiten sehr bedeutende und einwandfreie Vertreter der Wissenschaft sich zu diesem Glauben bekannt.“ 10 (S. 18)

Ferdinand Sauerbruch, auch ein berühmter Deutscher Chirurg, hatte eine ähnliche Auffassung wie wir sie schon von Paracelsus gehört haben: „Es gibt keine wahre ärztliche Kunst ohne weltanschauliche demütige Bindung an Gott. Aus dieser Demut entspringt eine gewaltige Kraft, die wir haben müssen, um unseren Beruf ausüben zu können …“ 10 (S. 21)

Carl Gustav Jung, der bekannte Schweizer Psychiater und Begründer der Tiefenpsychologie: „Es ist gleichgültig, was die Welt über religiöse Erfahrung denkt; derjenige der sie hat, besitzt den großen Schatz einer Sache, die ihm zu einer Quelle von Leben, Sinn und Schönheit wurde und die der Welt und der Menschheit einen neuen Glanz gegeben hat… Wo ist das Kriterium, das zu sagen erlaubt, daß… solch eine Erfahrung nicht gültig und … bloße Illusion sei?“ 10 (S. 21f)

Max von Laue, deutscher Physiker und Nobelpreisträger: „Die Naturforscher wollten Gott von Angesicht zu Angesicht sehen. Da das nicht möglich war, beteuerte ihre exakte Wissenschaft, daß es ihn nicht gebe. Um wie vieles sind wir Naturforscher bescheidener geworden! Wir beugen uns in Demut vor dem Übergroßen, vor dem Übermächtigen, dem ewig Unsichtbaren, dem niemals Erfaßlichen.“ 10 (S. 24)

Wernher von Braun, deutsch-amerikanischer Physiker und Raketenforscher: „Die gelegentlich gehörte Meinung, daß wir im Zeitalter der Weltraumfahrt so viel über die Natur wissen, daß wir es nicht mehr nötig haben, an Gott zu glauben, ist durch nichts zu rechtfertigen. Bis zum heutigen Tag hat die Naturwissenschaft mit jeder neuen Antwort wenigstens drei neue Fragen entdeckt! – Nur ein erneuerter Glaube an Gott kann die Wandlungen herbeiführen, die unsere Welt vor der Katastrophe retten können. Wissenschaft und Religion sind dabei Geschwister, keine Gegensätze.“ 10 (S. 27f)

Christoph Kolumbus, italienischer Seefahrer, der Amerika entdeckte: „Ich weiß es und bin zuinnerst davon durchdrungen, daß du, o Gott, alles wirkst, was gut ist… Ich kann nichts denken noch urteilen, ohne daß du mit im Spiel bist.“ 10 (S. 29f)

Johann Wolfgang von Goethe, einer der bedeutendsten deutschen Dichter: „Dieses Ungeheure, Personifizierte, tritt uns als ein Gott entgegen, als Schöpfer und Erhalter, welchen anzubeten und zu preisen wir auf alle Weise aufgefordert sind.“ 10 (S. 31)

Mahatma Gandhi, indischer gewaltloser Freiheitskämpfer: „Ich zögere nicht zu sagen, daß ich der Existenz Gottes mehr gewiss bin als unserer Anwesenheit in diesem Raum. – Nie wird das Werk eines Menschen – mag es auch noch so groß sein – wahrhaft gedeihen, wenn es nicht einen ganz klaren religiösen Hintergrund hat.“ 10 (S. 32)

Und zuletzt noch etwas Ernstes zum Schmunzeln, eine Anekdote um Papst Pius XII. und Albert Einstein: Als Papst Pius noch Nuntius in Berlin war, unterhielt er sich oft mit Einstein, dem großen Physiker und Philosophen:

„Ich achte die Religion, aber ich glaube an die Mathematik“, hatte Einstein einmal gesagt, „und bei Ihnen Eminenz, wird es wohl umgekehrt sein!“

„Sie irren“, war die Antwort Pacellis, „Religion und Mathematik sind für mich nur verschiedene Ausdrucksformen derselben göttlichen Exaktheit.“

Einstein war erstaunt. „Aber wenn die mathematische Forschung nun eines Tages ergäbe, daß gewisse Erkenntnisse der Wissenschaft denen der Religion widersprechen?“

„Ich schätze die Mathematik so hoch ein“, hatte Pacelli lächelnd geantwortet, „daß Sie, Herr Professor, in solchem Fall nie aufhören sollten, nach dem Rechenfehler zu suchen!“ 10 (S. 33f)

Eine edle, überkonfessionelle und mir sehr willkommene Auffassung über Religiosität habe ich bei Viktor Frankl gefunden. Wenn man gegenüber Gandhi bemerkt, dass er als Hindu christlich lebte, so muss man Frankl, der Jude war, die gleiche Anerkennung zollen. In Frankls Werken „Der unbewusste Gott“ 11 und „Logotheapie und Existenzanalyse“12 so wie auch in anderen seiner Bücher finden wir einige beachtenswerte Aspekte über Gott und Religiosität, des Menschen Beziehung zu Gott, über Konfessionen und über das Gebet. So fange Religiosität erst dort an, wo Gott als ein persönliches Wesen erlebt wird, oder – wie man auch sagen könnte: als das erste und das letzte Du; für den solcherart religiösen Menschen sei das Gotteserlebnis schlechterdings das Erlebnis des Ur-Du. Also Frankl stützt auch meine Überzeugung, dass wir nicht auf eine universale bzw. unpersönliche Religiosität zugehen, vielmehr auf eine personale – eine zutiefst personalisierte Religiosität, aus der heraus jeder zu seiner persönlichen, seiner eigenen, seiner ureigensten Sprache finden wird, wenn er sich an Gott wendet. Und Frankl hat auch die Absolutheit Gottes im Auge, denn auch seiner Ansicht nach steht der Mensch vor Gott wie ein Kind vor dem Vater, doch mit der Ausnahme, dass es als relatives Wesen nicht wie sein Vater werden könne.

Frankl anerkennt die positive Rolle der Konfessionen, die den echten Glauben berühren und stützen sollen, aber sie dürfen mit dem eigentlichen Glauben nicht verwechselt werden. Konfessionen weisen nur den Weg ins innere Zentrum, während der lebendige Glaube den Menschen in die Mitte hineinversetzt – in die Mitte seiner eigenen Geistigkeit, wo der lebendige Gott sich seinem Geschöpf offenbaren kann. Die im geistigen Kern des Menschen wurzelnde Glaubenskraft schafft dort noch Wege zum Vorwärtsschreiten, wo die konfessionell verfasste Religion längst schon eine leere Form geworden ist.

Als Wissenschaftler sucht Frankl natürlich immer wieder nach Beweiskraft seiner Aussagen, doch letztlich weiß auch er, dass sich der „Übersinn“ nicht so beweisen lässt, wie wir das gerne hätten, doch daraus folgert keineswegs seine Nichtexistenz. Allerdings benötigt der religiöse Mensch keine Gottesbeweise, da er die Gottesbeziehung innerlich erlebt. Das Gebet ist dabei das Intimste des Glaubens, ein persönlicher religiöser Akt vonseiten des einzelnen Menschen her. Hier können die Geheimnisse intuitiv erahnt werden, in der Mitte unseres Herzens, in einer letzten Einsamkeit und Ehrlichkeit oder in der Erfahrung einer höchsten und innigen Verbundenheit.

Das Gebet ist die Kommunikationsform, mit der wir uns Gott zuwenden, in Gefühlen, Gedanken und Worten oder durch Musik – vorformuliert, frei gesprochen oder gesungen, allein oder gemeinsam in einer Gruppe.

Durch jede Öffnung für Gott, aber besonders durch die bewusste Zwiesprache, fließen uns über die geistige Nabelschnur, die uns mit unserem Schöpfer verbindet, und über die Hierarchie der geistigen Wesen, von Größen wie Christus bis hin zu unserem Schutzengel, sowie über die gesamte Natur der Schöpfung geistige und seelische Kräfte zu, die uns bei der Bewältigung unseres Lebensplanes helfen, je nachdem was wir benötigen: entweder eine unterstützende, schützende, führende oder heilende Wirkung. Das Maß und die Qualität dieser Gnaden- und Segenskräfte sind von dem Maß unserer Offenheit und von unserer geistigen Reife abhängig.

Das verinnerlichte Gebet ist zweifellos die stärkste Kraftquelle, die uns zur Verfügung steht, vor allem dort, wo irdische Hilfen nicht mehr ausreichen, vorausgesetzt, wir greifen danach mit ehrlicher innerer Offenheit. Beeindruckende Beispiele für die Wirkung des Gebetes gibt es unzählige. – Auf das Gebet als Kraftquelle werde ich in den folgenden Kapiteln immer wieder zurückkommen.

Wie kann Religiosität zu Spiritualität und Esoterik in Beziehung gebracht werden?

Wie wir schon von bedeutenden Persönlichkeiten gehört haben, dürfte wahre Religiosität mit keinem Bereich des Lebens in Widerspruch stehen. Religiosität bedeutet Beziehung zu Gott, und Gott ist der Schöpfer alles guten und gesunden Lebens, aller Natur- und Schöpfungsgesetze. Die bewusste Hinwendung zu Gott müsste also dazu führen, alle Lebensbelange viel kraftvoller und zielführender angehen zu können, weil wir durch unsere Offenheit in besonderer Weise Unterstützung, Führung und Schutz erhalten. Und auch dort, wo bereits etwas aus der Ordnung geraten ist, müssten für uns mit der Hilfe von „oben“ alle uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Regeneration viel wirksamer zum Einsatz kommen können.

Es besteht zum Beispiel überhaupt kein Zweifel, dass in jedem Menschen heilende Kräfte vorhanden sind und dass in der ganzen Schöpfung und im Kosmos universale Kräfte zur Verfügung stehen, die darauf warten, genutzt zu werden. Dort jedoch, wo nur ganz sachlich ohne inneren Bezug auf diese Kraftquellen zurückgegriffen wird, weil man eben davon gehört hat und weil man sich in Kursen darin geschult hat, wird ohne eigene Tugendarbeit und ohne Hinwendung zu dem, der uns diese Kraftquellen gegeben hat, kein wirklicher Erfolg zu erzielen sein. Die Quellen werden nicht wirklich zum Fließen kommen. Gerade aus esoterischen Kreisen kennen wir so manche Lehre und Praxis, die durch bloße Übung und Einweihung zur Anwendung gebracht wird. So spricht zum Beispiel die Reiki-Methode von der universalen Lebensenergie oder einige Yoga-Schulen sprechen von der im Menschen verborgenen Kundalini-Kraft, die es durch spezielle Schulungen zu wecken und zu heben gilt.